Die Bienen-Bändiger

Transcription

Die Bienen-Bändiger
VEREIN
Die Bienen-Bändiger
Viele schmieren es sich aufs Brot, manche anderen um den Mund
und die Bucovina, der bei uns als Balkan bekannte Südosten Europas, verdankt ihm sogar seinen Namen. Die Rede ist vom Honig, dem
bernsteinfarbenen Gold. Wertvoll und nahrhaft zugleich entstammt
diese Gaumenfreude der hingebungsvollen Arbeit der Bienen und ihrer menschlichen Helfer. Unlängst besuchte der „Puschtra“ die Imker
aus Vintl und verfiel prompt in eine Art „Goldrausch“. Wen wundert’s,
denn Honig belebt die Sinne und fördert sinnlich süße Gedanken an
Biene Maja, Sumsi und andere kesse Bienen.
Von Rainer Feichter
Bienen haben verblüffende Ähnlichkeiten mit
Frauen, nicht nur im übertragenen Sinn. Denn
abgesehen von ihrer Anmut, ihrer Grazie und
nicht zuletzt ihrer berüchtigten „Stichelei“
teilen Bienen und Frauen auch das Bedürfnis
nach Schutz, Zuneigung und Unterstützung.
„Bienen sind sehr sensible Pflegerinnen der
Natur. Nur wenn man sie schonend umsorgt,
können sie ihrer bedeutsamen Aufgabe nachkommen. Die Bestäubung der Blüten ist elementar für die Erhaltung der vielfältigen Blumenwelt im Pustertal und anderswo. Wir Imker
unterstützen Bienen gezielt und so weit als
möglich im Einklang mit der Natur. Aber die
vielfältigen Veränderungen der letzten Jahre
in den Bereichen Landwirtschaft und Klima
machen es uns und den Bienen nicht leicht.
Imkerei und Bienenzucht werden zusehends
schwieriger“, erklärt Thomas Leitner, der Obmann des Imkervereins Vintl. Wer mit offenen
Augen durch’s Pustertal fährt und die jüngere
Klimaentwicklung ein wenig beobachtet hat,
weiß worauf Thomas anspricht. Der Siegeszug
der Monokulturen auf den Feldern ist ebenso
evident wie verrückte Temperaturschwankungen
zu allen Jahreszeiten.
„Jede Blumenart hat ein zeitlich eng begrenztes
Bestäubungsfenster. Gibt’s nur mehr eine oder
wenige Blumenarten, können die Bienen nur
noch an relativ wenigen, zu wenigen Tagen Nektar sammeln und zeitgleich Blüten bestäuben“,
so Thomas. Doch damit nicht genug. Vizeobmann
Meinrad Niedermair erklärt das zweite große
Problem der modernen Bienenzucht: „Bienen
brauchen klar umrissene Jahreszeiten und entsprechende Temperaturen. Warme Winter können
die Tiere fälschlicherweise aus ihrem Stock
locken. Diese Irritationen haben gravierende
Auswirkungen auf den Bestand der Tiere und
können Bienenvölker sogar in ihrer Existenz
bedrohen.“ Thomas und Meinrad sprechen aus
Erfahrung. Seit fünf bzw. vier Jahren sind sie
Imker aus Leidenschaft. Für Meinrad war es
Liebe auf den ersten Blick, Thomas dagegen
hatte zunächst Berührungsängste. „Der Onkel
meiner Frau hinterließ eine ansehnliche Bienenzucht. Anfänglich wollte ich nicht so recht,
aber kurz nachdem ich dieses „summende“
Vermächtnis übernommen hatte, verstand ich,
welche Faszination von dieser Arbeit ausgeht.“
Ihr Enthusiasmus hat zu einem sehr innigen
und vertrauensvollen Verhältnis mit den Bienen geführt. „Wir verzichten beide gern und
bedenkenlos auf die klassische Schutzkleidung
für Imker. Ohne den Netzschleier vorm Gesicht
oder unpraktische Handschuhe kommt man
den Bienen viel näher, kann ihr Wesen und
ihre Energie noch deutlicher spüren“, erklären
beide einhellig. Die Empathie für Bienen steht
bei Meinrad und Thomas auf einer Stufe mit
ihrer Passion für hochwertigen Honig. „Es geht
nicht um die Menge, sondern um die Qualität
des Honigs.
Die Verarbeitung und Veredelung des gelben
Goldes sind ebenso interessant wie die Zucht
der Bienen. Auch hier gilt: Die Liebe zum Detail
bestimmt das Resultat.“ Seit mittlerweile 110
Jahren widmen sich die Mitglieder des Imkervereins Vintl dieser wunderbaren Tätigkeit.
Thomas, Meinrad und die 14 restlichen Imker
und Imkerinnen aus Vintl setzen also eine
erhabene Tradition
fort. „Wir möchten
dort weitermachen,
wo unser langjähriges
Obmanngespann Karl
Wild und Herbert Weißsteiner 2012 aufgehört
hat. Ihnen verdankt
der Verein ziemlich
viel.“ Der „Puschtra“
meint: Gott sei Dank,
der „Goldrausch“ in
Vintl geht weiter.
29