Übersichtstafel Rosenwinkel (PDF 320 KB)

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Übersichtstafel Rosenwinkel (PDF 320 KB)
« R o s e nw i n ke l »
D e r We g z u r m o d e r n e n G a r t e n r o s e
Übersichtsplan Stammbaum: Wildrosen in alten Gärten = botanische Rosen, Alte Gartenrosen, Romantica
Rosen, Chinarosen, Englische Rosen (Teerosen und
Remontant-Hybriden), Kletterrosen (Chinarosen, Teerosen), Teehybriden
Einführung
In China werden schon seit rund 2000 Jahren Rosen
Wildrosen im Mittelalter
Alte Gartenrosen
Augenweide und Gaumenfreude – im Mittelalter wur-
Viele Rosenliebhaberinnen und -liebhaber hegen und
den Hagebutten der heimischen Wildrosen gerne zu
pflegen in ihren Gärten alte Rosen. Oft handelt es sich
Saft, Sirup, Essig und Mus verarbeitet. Heute ist be-
dabei einfach um alte Rosenstöcke, nicht aber um die
kannt, dass der hohe Vitamin C-Gehalt sie zu einer wert-
in der Fachliteratur als «Alte Rosen» bezeichneten Sor-
vollen Nahrungsergänzung machte. Aus ihren Wurzeln,
ten. Darunter versteht man Gartenrosen, die vor 1867
Blättern, Blüten und Früchten wurden verschiedene
– dem «Geburtsjahr» der ersten Teehybride – kultiviert
Heilmittel hergestellt. Beliebt war dabei neben den
wurden. Die ältesten präzisen Informationen über Gar-
heimischen Exemplaren auch die Essigrose (Rosa gal-
tenrosen verdanken wir der Renaissance. Im 16. Jahr-
lica). Sie stammt aus dem Nahen Osten und wurde in
hundert entstanden Bücher mit wissenschaftlichen
der Medizin unter anderem wegen ihrer blutstillenden
Darstellungen und die ersten botanischen Gärten. Im
Wirkung genutzt. Rosenblütenblätter dienten in der
Mitteleuropa des 15. Jahrhunderts waren nur die von
Burg- oder Klosterküche zum Würzen von Fleisch oder
der Essigrose abstammenden Gallica-Rosen, die Alba-
Süssspeisen. Vor dem Mahl wuschen sich die hohen
rose (Rosa alba), die Zentifolie (Rosa centifolia) und die
Herrschaften die Hände in Schüsseln mit Rosenblü-
Damaszenerrose (Rosa x damascena) bekannt. Die Da-
ten. Da es in dieser Zeit noch wenige Zierpflanzen gab,
maszenerrose blühte übrigens als einzige zweimal im
pflanzte man die Wildrosen ausserdem gerne wegen
Sommer – wenngleich die Nachblüte nur sehr schwach
ihrer schönen Blüten. Viele Wildrosenarten sind heute
war. Ab der Renaissance verbreiteten sich die Garten-
selten geworden, ein Beispiel dafür ist die heimische
rosen rasch. Ende des 18. Jahrhunderts existierten be-
Zimtrose (Rosa majalis).
reits Hunderte von Gallica-, Alba- und Zentifoliasorten.
Wildrose: Zimtrose Rosa majalis
Alte Gartenrose: Rosa hemisphaerica
gezüchtet, doch die Europäer kannten bis im Mittelalter nur die einfachen, einmal blühenden Wildrosen.
Heute kann fast jeder Gartenfreund in der Vielfalt
unterschiedlichster Rosenarten «seine» Lieblingsrose finden. Manche Rosenliebhaber pflegen seit Jahr-
Die Rose begleitet den Menschen be-
zehnten ihre alten Rosenstöcke. Doch aus welcher Zeit
stammen die Sorten, die wir im eigenen Garten hegen
reits seit Jahrtausenden. Oft wird
wirklich? Sind es echte «Alte Rosen» oder gehören
sie zu einer anderen Rosengruppe? Im «Rosenwinkel»
sie sogar als Königin der Blumen
wollen wir solchen Fragen nachgehen – im wahrsten
Sinne des Wortes. Beete in der Form von Rosenbän-
bezeichnet. In unserem «Rosenwin-
dern bilden einen kulturgeschichtlichen Stammbaum
nach. Dieser lädt Sie ein, die Zeitachsen abzuschrei-
kel» gewinnen Sie einen Einblick in
ten und ausgewählte Vertreterinnen der jeweiligen
Rosengruppe kennenzulernen. Selbstverständlich er-
die Entwicklung der Rosenzucht von
hebt der Garten keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Mit dem «Rosenwinkel» möchten wir Ihnen die Be-
den Wildrosen im Mittelalter bis zu
gegnung mit der Kulturgeschichte unserer Gartenrosen ermöglichen und Ihr Interesse für seltenere, alte
den modernen Rosenzüchtungen.
Sorten wecken.
bung gezüchtet. Sehr schnell gab es eine grosse Anzahl
verschiedener Sorten. Das Rosarium Sangerhausen
besitzt heute noch rund 400 Teehybriden-Sorten aus
der Zeit vor 1914. Seit der Entstehung der Teehybriden
spielten neben Frankreich und England auch andere
Länder, z.B. Luxemburg und Deutschland eine bedeutende Rolle: Die Rosenzüchtung wurde international.
Kletterrosen
Neben den Beet- und Strauchrosen spielen die Kletterrosen im Garten eine interessante Rolle, da sie auch
auf kleinsten Flächen zurechtkommen – vorausgesetzt,
der Weg nach oben ist frei. «Kletterrosen» ist ein Überbegriff für verschiedene Rosenarten und -sorten, die
Chinarose: ‘Park's Yellow Tea-scented China’
Romatica Rose: ‘Belle des Jardins’
Remontant-Hybride: ‘Souvenir du Docteur Jamain’
Strauchrosen ähneln, jedoch längere Triebe ausbilden.
Sie können nicht selbstständig klettern, sondern benötigen eine Kletterhilfe. Kletterrosen, die besonders
lange, weiche und dünne Trieb ausbilden, bezeichnet
Chinarosen
dern auch ambitonierte Laien experimentierten mit der
Gärtnereien spielten vor allem engagierte Amateure
man als Rambler. Mit ihren meterlangen Trieben wach-
Rosenzüchtung und –vermehrung. Die neu eingeführten
eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung der Rosen-
sen sie in lichte, alte Bäume bis in Höhen von sechs bis
Aus China gelangten Ende des 18. Jahrhunderts nicht
chinesischen Rosen begeisterten die Menschen, da sie
varietäten. Heute existieren schätzungsweise noch 200
sieben Metern hinein.
nur Porzellan und Seide, sondern auch mehrmals im
zweimal im Jahr blühten. Die Franzosen jedoch hatten
Teerosensorten. Die Züchter gingen jedoch parallel
Jahr blühende Rosen und Rosen mit gelben Blüten nach
keinen Zugriff auf die Importe aus Übersee, die Konti-
noch einen zweiten Weg. Sie kreuzten sämtliche der
Europa: eine Sensation! Die Fähigkeit, mehrmals im Jahr
nentalsperre stand ihnen im Weg. Daher intensivierten
damals existierenden Rosengruppen, die auch nur eine
zu blühen, das sogenannte Remontieren, stellte alle bis-
sie die Züchtung von Alba- und Damaszenerrosen so-
geringe Nachblüte hatten, untereinander. Daraus ent-
her bekannten Gartenrosen in den Schatten. Die Züch-
wie die Samenvermehrung von Gallica-Rosen. Damit
stand die Gruppe der Remontant-Hybriden, der mehr-
ter erkannten sofort ihre Chance: Durch Kreuzungen
erzielten sie zahlreiche neue Sorten, die dem Zeitge-
fach blühenden Hybriden. Und spätestens ab diesem
wollten sie nun auch die europäischen Gartenrosen zu
schmack entsprachen. Insgesamt entstanden in nur
Zeitpunkt wird es schwierig, die «Stammbäume» der
mehrmaliger Blüte anregen. In der Folge kam es zu ei-
einem halben Jahrhundert Tausende neuer Gartenro-
einzelnen Sorten nachzuvollziehen: Um 1906 verzeich-
ner grundlegenden Neuausrichtung der europäischen
sensorten. Sogar die französische Kaiserin liess sich
nete man sage und schreibe rund 2790 Remontant-
Rosenzucht: Die Teerosen und später die Teehybriden
vom Rosenfieber anstecken und legte in Malmaison
Sorten. Heute sind noch schätzungsweise 700 Sorten
bildeten die Grundlage der «Modernen Rosen» . Bei
eine umfangreiche Rosensammlung an. Auch an ande-
davon erhalten.
den ersten eingeführten Chinarosen handelte es sich
ren Orten entstanden Rosengärten und Rosarien. Mit
vor allem um Gartenrosensorten aus Baumschulen der
dem zunehmenden Auftreten der mehrfachblühenden
Hafenstadt Kanton. Reisen ins chinesische Landesin-
Rosen verblasste der Ruhm der alten, französischen
nere waren Ausländern bis Mitte des 19. Jahrhunderts
Schönheiten. Heute sind nur noch knapp 15 Sorten im
untersagt. Vier Rosensorten spielten dabei vermutlich
Handel, bei den wenigsten ist der Züchter bekannt.
Teehybriden
eine wichtige Rolle: Rosa chinensis, Rosa chinensis
Die Gruppe der Teehybriden entstand zunächst eher zu-
‘Semperflorens’ sowie zwei Sorten, deren Duft als tee-
fällig: Insekten bestäubten die winterharten, robusten
artig empfunden wurde - ‘Hume's Blush Teas-scented
China’ und ‘Park's Yellow Tea-scented China’.
Remontant-Hybriden und frostempfindlichen, dauer-
Englische Rosen
blühenden Teerosen. Das Ergebnis waren Hybriden,
(Teerosen, Remontant-Hybriden)
die die Eleganz der Teerosen mit der Robustheit der
Remontant-Hybriden vereinten. Als erste echte Tee-
Die Kreuzungen der nach Tee duftenden Chinarosen
hybride bezeichnet die Fachliteratur die französische
mit verschiedenen Rosengruppen waren erfolgreich
Sorte ‘La France’ von 1867 - auch sie ist ein Zufalls-
und führten in England zur neuen Gruppe der Teerosen.
produkt. Sie markiert das Ende der «Alten Rosen» und
Im 19. Jahrhundert brach in Mitteleuropa eine wahre
Diese entwickelte sich in einem unglaublichen Tempo:
die Ankunft der sogenannten «Modernen Rosen» . Ab
Rosenleidenschaft aus. Nicht nur Baumschulen, son-
Um 1920 gab es bereits rund 1250 Sorten! Neben den
1880 wurden die Teehybriden durch gezielte Bestäu-
Romantica Rosen
Quellen: Joyaux, François: Enzyklopädie der Alten Rosen, Stuttgart (Hohenheim) Ulmer, 2008; Markley, Robert: Die BLV-Rosen-Enzyklopädie, 5., neu bearbeitete und
erweiterte Auflage, Neuausgabe, München: BLV Buchverlag; Fischer-Rizzi, Susanne:
Blätter von Bäumen: Legenden, Mythen, Heilanwendungen und Betrachtung von einheimischen Bäumen, 7. Auflage, München: Hugendubel, 1994
Kletterrose: ‘Madame Bérard’