Perioperative Schmerztherapie bei Kindern

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Perioperative Schmerztherapie bei Kindern
Perioperative Schmerztherapie bei Kindern
C. Philippi-Höhne
Einleitung
Die perioperative Schmerztherapie bei Kindern hat sich in den vergangenen Jahrzehnten
verbessert. Es herrscht jedoch trotz aller Fortschritte große Unsicherheit, die zu einem
Vorenthalten oder zu einer unzureichenden Schmerztherapie führt. Schmerzen müssen
unabhängig vom Alter der Patienten aus ethischen und medizinischen Gründen effektiv
behandelt werden.
Es ist bekannt, dass bereits Früh- und Neugeborene Schmerzen wahrnehmen können. Da
die deszendierenden inhibitorischen Nervenfasern im Hinterhorn des Rückenmarks noch
nicht ausgereift sind, kann die Schmerzwahrnehmung sogar intensiver als bei Erwachsenen sein. Starke Schmerzzustände können bei Kindern zu Stress und Verhaltensänderungen führen. Durch die weit verbreitete Verwendung der schnell an- und abflutenden
volatilen bzw. kurzwirksamen intravenösen Anästhetika ist die Bedeutung der postoperativen Schmerztherapie noch weiter gestiegen: Aufgrund der kurzen Aufwachphase können Schmerzen viel früher wahrgenommen werden, deshalb ist eine effektive und präventive Schmerzdämpfung besonders wichtig. Die Schmerztherapie ist außerdem schwieriger, wenn Kinder bereits länger anhaltende starke Schmerzen hatten. Als Ursachen wird
die Sensibilisierung des Rückenmarkes bei repetitiven starken Schmerzreizen angesehen,
die die Schmerzschwelle herabsetzen.
Schmerzmessung
Die regelmäßige Erfassung und Dokumentation von Schmerzen im Aufwachraum oder
auf den Kinderstationen ist eine wichtige Voraussetzung zur Verbesserung der Versorgung
von Kindern mit akuten und chronischen Schmerzen. Bei Neugeborenen, Säuglingen und
Kleinkindern bis zum 4. Lebensjahr können Fremdbeurteilungsskalen zur Schmerzmessung verwendet werden (z.B. KUSS, Tab. 1). Ab dem 4. Lebensjahr können Kinder häufig
ihre Schmerzen schon selbst einschätzen, z.B. mit der bekannten Smiley- Skala (Abb. 1).
Spätestens ab dem 8. Lebensjahr haben Kinder eine gute Vorstellung von Zahlen und
Dimensionen, so dass auch numerische Skalen (NRS, 0 = keine Schmerzen, 10 = stärkste
Schmerzen) oder visuelle Analogskalen verwendet werden können. Bei zu hohen
Schmerz­werten (KUSS bzw. NRS > 4) sollten klare Algorithmen vorgehalten werden, wie
die Schmerzbehandlung verbessert werden kann [u.a. 1].
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Weinen
Gesichtsausdruck
Rumpfhaltung
Beinhaltung
Motorische Unruhe
Gar nicht
0
Stöhnen, Jammern, Wimmern
1
Schreien
2
Entspannt, lächelnd
0
Mund verzerrt
1
Grimassieren
2
Neutral
0
Unstet
1
Aufbäumen/Krümmen
2
Neutral
0
Strampelnd, tretend
1
An den Körper gezogen
2
Nicht vorhanden
0
Mäßig
1
Ruhelos
2
Gesamt
0-10*
Tab. 1. Schmerzmessung bis zum 4. Lebensjahr: Kindliche Unbehagens- und Schmerzskala (KUSS, [2])
* Analgetischer Therapiebedarf beginnt mit vier Punkten
Abb. 1: Smiley- Skala, anhand derer Kinder ab dem vierten Lebensjahr ihre Schmerzen selbst einschätzen
können.
Multimodale Therapieansätze
Die für eine effektive und altersgerechte Schmerztherapie bei Kindern erforderlichen
Wirkstoffe und Verfahren sind inzwischen in ausreichender Zahl bekannt und bewährt.
Die wichtigsten Wirkstoffgruppen sind Nicht-Opioid-Analgetika, Opioide und Lokalanästhetika. Anhand des WHO-Stufenschemas (Tab. 2) sollten die Wirkstoffgruppen eingesetzt werden.
WHO Stufe 1
WHO Stufe 2
WHO Stufe 3
WHO Stufe 4
Nicht-Opioide
Nicht-Opioide +
Nicht-Opioide +
Weiterführende
Behandlung
Schwache Opioide
Starke Opioide
u.a. Lokalanästhetika
NSAID
Tramadol
Piritramid
Bupivacain
Metamizol
Nalbuphin
Morphin
Ropivacain
Paracetamol
Ketamin
Tabelle 2. Wirkstoffgruppen / Wirkstoffe und derer Einsatz anhand des WHO-Stufenschemas
Nicht-Opioid-Analgetika, z.B. Paracetamol, sind als Monotherapie bei stärkeren Schmerzen nicht ausreichend wirksam, so dass sehr häufig zusätzlich Opioide eingesetzt werden
müssen. Opioide werden auch bei Kindern am besten bedarfsadaptiert pfleger- oder patientenkontrolliert verabreicht.
266
Die Bedeutung der lokal- und regionalanästhesiologischen Verfahren hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Anders als bei Erwachsenen werden sie bei Kindern
meistens in einer Allgemeinanästhesie angelegt. Dadurch sinkt bereits intraoperativ der
Bedarf an systemischen Analgetika und nach der Operation können die Kinder mit
ge­ringen oder ohne Schmerzen aufwachen. Durch eine Kombination von Wirkstoffen mit
verschiedenen Wirkmechanismen werden die analgetischen Wirkungen optimiert und die
unerwünschten Wirkungen minimiert (multimodale Schmerzbehandlung). In vielen Fällen ist es deshalb günstig, bei einem Patienten mehrere Verfahren gleichzeitig anzuwenden, z.B. zunächst ein Nicht-Opioid-Analgetikum, intraoperativ ein lokales oder regionales Verfahren und postoperativ bei Bedarf zusätzlich Opioide. Aus Gründen der besseren
Übersichtlichkeit und Sicherheit ist es hilfreich, wenn man sich auf wenige Präparate aus
jeder Wirkstoffgruppe beschränkt [3].
Kinder haben große Angst vor punktionsbedingten Schmerzen, deshalb sollen Analgetika
bei Kindern immer schmerzfrei, also bei liegendem Zugang intravenös, oder oral bzw.
rektal, keinesfalls aber subkutan oder gar intramuskulär appliziert werden.
Nicht-Opioid- Analgetika
Paracetamol ist trotz intensiver Diskussion das am weitesten verbreitete Analgetikum
in dieser Gruppe [u.a. 4]. Nach rektaler Applikation ist die Resorption verzögert (Stunden) und sehr variabel. Deshalb hat es sich bewährt, beim perioperativen Einsatz von
Paracetamol dieses bereits präoperativ oral oder rektal zu verabreichen. Mit einer aus­
reichenden Initialdosis (z.B. 40 mg/kg KG) rektal kann Paracetamol als Basisanalgetikum
eingesetzt werden.
Paracetamol hat folgende Nachteile:
-geringe Effektivität
-Lebertoxizität trotz propagierter Tagesmaximaldosen (100 mg/kg KG bei
rektaler Applikation > 3. Lebensmonat) ist Paracetamol die häufigste Ursache
von medikamenten-induzierter Leberinsuffizienz im Kindesalter.
-Einnahme im ersten Lebensjahr führt möglicherweise zur erhöhten Häufigkeit
von Asthma bronchiale, Rhinokonjunktivitis oder Ekzemen [5].
-Die antiemetische Therapie mit 5-HT3-Antagonisten hemmt die Wirkung
von Paracetamol [6].
Dosisempfehlung Paracetamol intravenös (Perfalgan® )
Kinder > 10 kg: 15 mg/kg KG alle 4 -6 h, Tagesmaximaldosis 60 mg/kg KG
Kinder < 10 kg: 7,5 mg/kg KG alle 6 h, Tagesmaximaldosis 30 mg/kg KG
Dosisempfehlung Paracetamol rektal
Säugling < 3 Monate: 20 mg/kg KG (loading dose), 15-20 mg/kg (Repetitionsdosis),
Tagesmaximaldosis 60 mg/kg
Säugling > 3 Monaten: 35-40 mg/kg KG (loading dose), 15-20 mg/kg (Repetitionsdosis),
Tagesmaximaldosis 100 mg/kg
Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAR, z.B. Diclofenac oder Ibuprofen) hemmen Cyclooxygenasen unspezifisch und sind deshalb analgetisch, antientzündlich und antipyre267
tisch wirksam. Die schmerzdämpfende Wirkung ist besser als beim Paracetamol. Aus
diesem Grund werden nichtsteroidale Antiphlogistika bei Kindern ab einem Jahr zunehmend eingesetzt. NSAR sind besonders gut bei Knochen- und Weichteilschmerz wirksam.
Bewährt hat sich die rektale und orale Applikation. Bei kurzzeitiger Anwendung und
Beachtung der Kontraindikationen (hämorrhagische Diathesen, vorbestehende Nierenerkrankung) treten kaum Nebenwirkungen auf. Bei Säuglingen werden nichtsteroidale
Antiphlogistika zur Zeit eher zurückhaltend und bei Neugeborenen wegen der noch unreifen Nierenfunktion nur in begründeten Ausnahmefällen eingesetzt. Vorsicht ist bei großen
Wundflächen und Situationen mit verminderter renaler Perfusion geboten.
Dosis Ibuprofen: 10 mg/ kg KG alle 8 h, Tagesmaximaldosis 40 mg/ kg KG
Dosis Diclofenac: 1 mg/ kg KG alle 8 h, Tagesmaximaldosis 3 mg/ kg KG
Diskussionspunkt: NSAR nach Tonsillektomie
Die postoperativen Schmerzen nach einer Tonsillektomie sind stark und bedürfen einer
adäquaten Schmerztherapie. Eine gute postoperative Analgesiequalität ist z.B. mit Ibupro­
fen oder Diclofenac zu erreichen. Dabei findet sich in verschiedenen Metaanalysen
jedoch eine größere Häufigkeit von Re-Operationen aufgrund von Nachblutungen, die
unter anderem auch vom operativen Verfahren abhängig ist [u. a. 7]. Hier ist das Vorgehen gemeinsam mit den HNO-Kollegen abzusprechen. Eine Alternative bietet hier das
Metamizol.
Metamizol (z.B. 10-20 mg/kg KG als Kurzinfusion, Tagesmaximaldosis 80 mg/kg KG)
wirkt besonders gut bei kolikartigen Schmerzen im Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt.
Es wird derzeit in bis zu 70% aller deutschen Kliniken eingesetzt. Bei zu schneller intravenöser Applikation können Blutdruckabfälle auftreten, deshalb sollte Metamizol als
Kurzinfusion über 15 min oder mit einer Perfusorspritzenpumpe verabreicht werden. Es
sind Allergien bekannt. In sehr seltenen Fällen kann eine Agranulozytose auftreten. Deshalb ist bei längerer Anwendung eine Blutbildkontrolle empfehlenswert.
Clonidin ist ein α2-Adrenozeptor-Agonist, der die Freisetzung von Noradrenalin aus den
Nervenendigungen des Hinterhorns des Rückenmarks hemmt. Es hat analgetische, blutdrucksenkende, sedierende, und antiemetische Wirkungen und kann somit als Adjuvans
eingesetzt werden. Nach einer systemischen Gabe von 1-2 µg/kg KG Cloni­din sind die
Kinder postoperativ häufig leicht sediert und verbrauchen weniger Analgetika, benötigen
aber eine Überwachung. Behandlungsbedürftige Blutdruckabfälle oder Brady­kar­dien sind
in diesem Dosierungsbereich nicht zu erwarten. Die atemdepressiven Wirkungen des
Clonidins sind im Vergleich zu den Opioiden sehr gering. Bei Erwachsenen konnte aber
ein vermindertes Ansprechen des Atemzentrums auf CO2 nach Clonidin­applikation nachgewiesen werden. Es ist deshalb empfehlenswert, Clonidin bei Säuglingen und besonders
bei ehemaligen Frühgeborenen nur mit besonderer Vorsicht zu verwenden.
Ketamin hat als N-methyl-D-Aspartat (NMDA)-Rezeptor-Antagonist und möglicherweise auch als µ-Agonist potente analgetische Wirkungen. Nach der intravenösen Gabe von
0,25-0,5 mg/kg KG (S)-Ketamin oder 0,5-1 mg/kg KG Ketamin entsteht eine effektive
Analgesie, die bei Kindern 10-15 min anhält. (S)-Ketamin eignet sich deshalb besonders
als Analgetikum in Notfällen und zur Erstversorgung von sehr unruhigen Kindern mit
starken akuten Schmerzen vor Beginn einer multimodalen Schmerztherapie. Unangenehme Träume sollen bei Kindern in Zusammenhang mit Ketamin seltener auftreten, dies
kann aber auch mit den noch eingeschränkten Mitteilungsmöglichkeiten zusammenhängen.
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(S)-Ketamin kann auch auf der Intensivstation kontinuierlich in folgender Dosierung
eingesetzt werden: 25-100-(200) μg/ kg KG/ h, titriert nach Wirkung. Höhere Dosierungen ziehen stärkere psychomimetische Nebenwirkungen nach sich [8].
Opioide
Opioide können bei Kindern mit starken Schmerzen in allen Altersgruppen eingesetzt
werden. Perioperativ werden auch bei Kindern meistens reine µ-Agonisten (z.B. Morphin
oder Piritramid) verwendet, denn die analgetischen Wirkungen von Partialagonisten und
gemischten Agonisten/Antagonisten sind bei starken Schmerzzuständen begrenzt („ceiling effect“). Aufgrund der atemdepressiven Nebenwirkung wurden Opioide in der Vergangenheit bei Kindern selten eingesetzt, jedoch ist eine effektive Therapie von starken
Schmerzen ohne Opioide kaum möglich. Wenn Opioide bedarfsadaptiert in kleinen
Dosen gegen den Schmerz titriert werden, tritt eine Atemdepression auch bei kleinen
Kindern selten auf.
Tramadol ist ein schwaches Opioid (1/10 Wirkung im Vergleich zu Morphin), welches
mit einer intravenösen Dosis 1-2 mg/kg KG als Kurzinfusion verabreicht werden kann.
Von Nachteil sind Übelkeit oder Erbrechen vor allem bei rascher Bolusgabe. Kontraindikationen sind Kinder im Alter <1 Jahr, Epilepsie und erhöhter Hirndruck. Auf der Suche
nach geeigneten Alternativen, z.B. zur Schmerztherapie nach Tonsillektomie, ist Tramadol mehrfach untersucht worden. Es ist effektiv, geht aber mit einer erhöhten Rate von
Übelkeit und Erbrechen einher. Zudem scheint der Effekt variabel, da genetische Polymorphismen bei der Metabolisierung des Medikamentes vorliegen [9].
Nalbuphin ist ein κ-Agonist und µ-Antagonist. Die analgetische Potenz ist mit der von
Morphin vergleichbar, oberhalb einer Dosierung von 200 µg/kg KG kann es jedoch zu
einem „ceiling effect“ kommen. In der frühen postoperativen Phase kann speziell für
Kinder die über κ-Rezeptoren vermittelte sedierende Nebenwirkung vorteilhaft sein. Nalbuphin kann sowohl zur Schmerzbehandlung als auch zur Behandlung von µ-Rezeptor
vermittelten Nebenwirkungen anderer Opioide, z.B. Atemdepression und Juckreiz, verwendet werden.
Morphin ist das Opioid, welches bei Kindern am besten untersucht und weltweit am
häufigsten eingesetzt wird. Bei Früh- und Neugeborenen ist die Eliminationshalbwertszeit
von Morphin verlängert und die Clearance vermindert. Nach dem zweiten Lebensmonat
unterscheiden sich die pharmakokinetischen Parameter von Kindern und Erwachsenen
aber nicht mehr wesentlich. Pharmakodynamische Untersuchungen liegen für Früh- und
Neugeborene nur sehr vereinzelt vor. Es ist aber möglich, dass Morphin bei Früh- und
Neugeborenen mit einer unreifen Blut- Hirn- Schranke, einem unreifen Zytochrom-P450-Enzymsystem und verminderten Plasma-Protein-Konzentrationen (freier Wirkstoffanteil erhöht) stärker atemdepressiv wirkt [10].
Dosisempfehlung: Bolus bei Säuglingen 30 µg/kg KG, bei Kleinkindern 80 µg/kg KG
Piritramid ist lipophiler als Morphin, deshalb tritt die Wirkung nach intravenöser Gabe
auch schneller ein. Die analgetische Potenz ist geringfügig niedriger und die Wirkdauer
etwas länger. Die Eliminationshalbwertszeit von Piritramid ist bei Neugeborenen verlängert und bei Säuglingen und Kleinkindern kürzer als bei Erwachsenen. Im Vergleich zu
Morphin treten Nebenwirkungen, insbesondere Atemdepression und Juckreiz, möglicherweise seltener auf. Piritramid wird in Deutschland sehr häufig bei Kindern aller Altersklassen eingesetzt, während es in vielen anderen Ländern fast unbekannt ist [11].
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Dosisempfehlung: 0,05 - 0,1 mg/kg KG titrierend intravenös, Repetition frühestens nach
5 min, eine Tagesmaximaldosis gibt es nicht, da bis zur Schmerzfreiheit titriert wird.
Naloxon wirkt an allen Opioidrezeptoren antagonistisch. Es sollte für den seltenen Fall
einer schweren opioidbedingten Atemdepression (Dosierung z.B. 10 µg/kg KG) bereitgehalten werden. Mit niedrigeren Dosierungen (z.B. 1-2 µg/kg KG) können auch andere
opioidbedingte Nebenwirkungen, z.B. Pruritus, behandelt werden. Naloxon wird in der
Leber metabolisiert und hat eine kürzere Eliminationshalbwertszeit (60 min) als die meisten µ-Agonisten. Bei Kindern mit starken Schmerzen und prolongierter Opioidtherapie
können nach der Gabe von Naloxon Entzugssymptome auftreten.
Opioidtitration im Aufwachraum: Der postoperative Opioidbedarf ist auch bei Kindern
interindividuell sehr variabel. Mit einer bedarfsadaptierten Titration von kleinen Einzeldosen werden diese Unterschiede besser berücksichtigt, als mit einer intermittierenden
Applikation nach einem starren Schema. Die Opioidtitration kann bei postoperativen
Schmerzen im Aufwachraum mit Piritramid (Bolus 50 µg/kg KG) oder Morphin (Bolus
30 µg/kg KG) begonnen werden. Nach drei bis sechs Einzeldosen entsteht fast immer eine
ausreichende Analgesie. Nach der letzten Opioidgabe werden die Kinder noch 30 min im
Aufwachraum überwacht und können dann auf die Normalstation verlegt werden, wenn
die Sauerstoffsättigung mit Raumluft mehr als 92% beträgt.
Patientenkontrollierte Analgesie (PCA). Wenn absehbar ist, dass weitere Opioidgaben
erforderlich sind, wird die Schmerzbehandlung nach Verlegung auf eine Normalstation
mit einer PCA-Pumpe fortgesetzt (Standardeinstellungen siehe Tab. 3). Die Opioidapplikation über eine PCA-Pumpe ist besonders sicher, wenn die Pumpe von den Kindern
selbst bedient wird. Dies ist in Abhängigkeit von der Kooperationsfähigkeit ab einem
Lebensalter von fünf Jahren möglich. Bei sehr häufigen Bolusanforderungen tritt neben
dem analgetischen Effekt auch eine sedierende Wirkung auf, so dass die Kinder müde
werden und die Pumpe nicht mehr so oft auslösen. Die Plasmakonzentrationen fallen
dann wieder ab und eine Überdosierung wird ziemlich sicher vermieden. Wenn eine PCA
mit einer kontinuierlichen Infusion (z.B. Morphin 10-20 µg/kg KG/h) unterlegt wird,
verbessert sich der Nachtschlaf der Kinder, andererseits können aber unerwünschte Wirkungen, z.B. Übelkeit, Erbrechen oder Abfälle der Sauerstoffsättigung, häufiger auftreten.
Bei niedrigdosierter Morphininfusion (z.B. 4 µg/kg KG/h) treten diese Nebenwirkungen
seltener auf [10]. In den meisten Kinderkliniken wird PCA mit kontinuierlicher Infusion
auf Normalstationen aber nur in Ausnahmefällen bei Kindern mit sehr hohem Opioidverbrauch verwendet. Bei Säuglingen und jüngeren Vorschulkindern können die PCA-Pumpen von sorgfältig eingewiesenem Pflegepersonal oder in Ausnahmefällen auch von den
Eltern bedient werden. In einzelnen Fällen kann es allerdings schwierig sein, zwischen
Schmerzen und Unruhezuständen zu unterscheiden. Kinder mit einer PCA-Pumpe oder
einer Opioidinfusion sollen einem standardisierten Überwachungsprotokoll unterliegen.
Zur respiratorischen Überwachung werden sie an ein Pulsoxymeter angeschlossen. Bei
den neueren Geräten können die Alarme mit der Schwesternrufanlage gekoppelt und
deshalb schneller registriert werden. Mindestens einmal täglich wird eine Schmerzvisite
von einem Anästhesisten durchgeführt [12].
Wirkstoff
Bolus
[µg/kg KG]
Sperrzeit
[min]
4h-Max.Dosis
[µg/kg KG/4h]
Infusion
[µg/kg KG/h]
Morphin
20
10
350
keine
oder 4-20
Piritramid
30
10
500
keine
oder 6-30
Tab. 3. Patientenkontrollierte Analgesie bei Kindern: Mögliche Einstellungen für die Gabe von Morphin und
Piritramid [u.a. 10,12]
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Lokal- und Regionalanästhesie
Die lokalen und regionalen Blockaden werden vorzugsweise in Allgemeinanästhesie zu
Beginn der Operation oder an deren Ende angelegt. Das Regionalanästhesieverfahren
muss in einem guten Nutzen-Risiko-Verhältnis stehen. So sollten zum Beispiel die Risiken eines epiduralen Katheterverfahrens nicht bei kleinen chirurgischen Eingriffen eingegangen werden.
In der Kinderanästhesie kommen folgenden Verfahren zum Einsatz:
• Kaudalanästhesie (häufig)
• Periphere Blockaden, unter anderem Peniswurzelblock (PWB), Ilioinguinalis- Iliohypogastricus- Block, Oberstscher Block (häufig)
• Wundinfiltration (häufig)
• Spinal- und Epiduralanästhesie (selten).
Bei kleinen Kindern mit dünnen, noch unvollständig myelinisierten Nervenfasern sind
niedrigere Konzentrationen von Lokalanästhetika ausreichend analgetisch wirksam. Die
Wirkdauer ist dagegen kürzer als bei Erwachsenen, weil die Lokalanästhetika durch die
höhere Gewebeperfusion schneller resorbiert werden. Wenn immer möglich, werden deshalb lang wirksame Lokalanästhetika, z.B. Bupivacain oder Ropivacain eingesetzt, häufig
in Kombination mit Adjuvanzien. Für viele kleine und mittlere Eingriffe reicht die analgetische Wirkung dieser Verfahren intraoperativ und in den ersten postoperativen Stunden
völlig aus. Bei abklingender Wirkung kann die Schmerztherapie bei Bedarf mit NichtOpioid-Analgetika oder Opioiden fortgesetzt werden. Für eine längerdauernde Schmerztherapie kann ein Katheter von kaudal, lumbal oder thorakal in den Epiduralraum gelegt
werden, über den in der postoperativen Phase kontinuierlich oder intermittierend Lokalanästhetika, Opioide und andere analgetisch wirksame Substanzen appliziert werden
können. Bei älteren Kindern kann dies auch als patientenkontrollierte epidurale Analgesie
(PCEA) durchgeführt werden.
Lokalanästhetika
Bei der Auswahl des Lokalanästhetikums müssen Vor- und Nachteile abgewogen werden.
Zu einigen Verfahren, z.B. single-shot Kaudalanästhesie, gibt es eine sehr große Anzahl
an Studien, deren Ergebnisse jedoch die Auswahl nicht vereinfachen. Kriterien zum Einsatz des Lokalanästhetikums sind:
• Wirkdauer
• systemische Resorption
• kardiale und zentralnervöse Toxizität
• motorische Blockade (erwünscht oder unerwünscht)
• Kosten.
Die Resorption des Lokalanästhetikums ist abhängig von der Konzentration, vom Volumen und vom Injektionsort. Zur Vermeidung von Überdosierungen und toxischen Plasmakonzentrationen von Lokalanästhetika müssen die Höchstdosen (Tab. 4) unbedingt
eingehalten werden. Die größte Gefahr entsteht jedoch durch eine versehentliche intravasale Injektion, der durch sorgfältige Aspirationsversuche vorgebeugt werden kann.
Bei Neugeborenen und Säuglingen sollte aufgrund der verminderten Proteinbindung und
des geringeren Anteils an sauerem α1-Glycoprotein mit erhöhten Plasmaspiegeln des
Lokalanästhetikums gerechnet werden, was vor allem bei repetitiver oder kontinuierlicher
Gabe bedacht werden muss.
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Lokalanästhetikum
Empfohlene Höchstdosis
Einzelgabe
[mg/kg KG]
Empfohlene Höchstdosis
Kontinuierliche Gabe
[mg/kg KG/h]
Bupivacain
2,5
0,25
Ropivacain
3-4
0,4
(Levobupivacain)
2,5
0,25
Lidocain
7
2
Prilocain
5-7
Cave Methämoglobinämie
Nicht empfohlen.
Tab. 4: Höchstdosen von Lokalanästhetika [13]
Bupivacain ist das Lokalanästhetikum, welches bisher am häufigsten bei Kindern zur
Regionalanästhesie eingesetzt wurde. Wenn die Maximaldosierungen eingehalten werden, treten toxische Reaktionen extrem selten auf. Schwere Komplikationen (Krampfanfall, Herzrhythmusstörungen, Herzkreislaufstillstand) sind eher Folge einer unbeabsichtigten systemischen intravenösen oder intraossären Injektion. Ropivacain hat im Vergleich
zum Bupivacain den Vorteil einer geringeren Kardiotoxizität. In mehreren Fallberichten
wurde über eine versehentliche intravenöse Injektion von Ropivacain berichtet, die keine
nachteiligen Auswirkungen für die betroffenen Kinder hatte. Ropivacain erscheint besonders für Kinder mit langandauernden Lokalanästhetikainfusionen, bei eingeschränkter
Leberfunktion, bei Früh- und Neugeborenen und für Blockadetechniken, die eine hohe
Lokalanästhetikadosis erfordern, vorteilhaft zu sein. Nach epiduraler Applikation wird
Ropivacain langsamer resorbiert als Bupivacain.
Kaudalanästhesie
Die Kaudalanästhesie kann bei allen abdominalen und urogenitalen Eingriffe unterhalb
des Rippenbogens (Th7), Leisteneingriffen und Operationen der unteren Extremitäten bei
Kindern < 25 kg KG und < 6. Lebensjahr angewendet werden. In höherem Lebensalter ist
das Ligament, welches punktiert wird, häufig verkalkt. Das Verfahren ist technisch einfach und sehr sicher, weil die Punktion in großem Abstand von vulnerablen Nervenstrukturen durchgeführt wird.
Die Punktion erfolgt z.B. mit einer SPROTTE®- Nadel (22-23 G) mit Mandrin, damit
keine Hautzylinder nach epidural verschleppt werden. Das Kind befindet sich in Seitenlage und die Hüfte ist gebeugt. Nach Aufsuchen des Hiatus sacralis zwischen den Cornua
sacralia wird das Ligamentum sacrococcygeum im Winkel von 45-60 ° punktiert [u.a. 14].
Nach einem Widerstandsverlust wird die Nadel abgesenkt und 3-5 mm vorgeschoben und
dort belassen. Somit ist eine Punktion des Durasacks nahezu ausgeschlossen. Das Risiko
einer Durapunktion ist bei kleinen Säuglingen erhöht, weil der Abstand zwischen Hiatus
sacralis und dem Durasack nur 1-2 cm beträgt. Nach negativer Aspiration sollte eine
adrenalinhaltige Testdosis appliziert werden. Treten innerhalb von 60 s kein Herzfrequenz- oder T-Wellenanstieg auf, kann langsam die Wirkdosis injiziert werden. Die
Wirkdauer der Kaudalanästhesie beträgt 4-8 h [u.a. 15].
Komplikationen und Nebenwirkungen:
• Fehlinjektion ins subkutane Gewebe
• Spinalanästhesie nach Duraperforation
• Gefäßpunktion => Hämatom
• akzidentelle intravasale Injektion => Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle
• motorische Blockade der unteren Extremitäten bei höherer Lokalanästhetika­
konzentration
• Infektion => bisher ein Fallbericht nach single-shot Injektion
272
Als langwirksame Lokalanästhetika stehen in Deutschland Bupivacain und Ropivacain
für die Kaudalanästhesie zur Verfügung.
Es existiert eine große Anzahl von Studien mit der Fragestellung, welches dieser Medikamente von Vorteil ist. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass 0,2% Ropivacain bei
single-shot zur Kaudalanästhesie Anwendung analgetisch äquipotent zu 0,25% Bupivacain ist. Tendenziell gibt es nach Bupivacain häufiger motorische Blockaden, die jedoch
stark konzentrationsabhängig sind (unterschiedliches Studiendesign). Bei Gabe von
0,125% Bupivacain treten motorische Blockaden bei gleicher Analgesiedauer äußerst
selten auf.
In einigen klinischen Untersuchungen wurden Ropivacain und Bupivacain mit Levobupivacain verglichen, wobei mit allen drei Lokalanästhetika eine suffiziente Analgesie erzielt
wurde [16]. Das S-Enanatiomer Levobupivacain scheint in Tiermodellen und bei gesunden Erwachsenen eine geringere kardiale und ZNS Toxizität aufzuweisen, die Erfahrungen in der Kinderanästhesie sind gering. Es ist in Deutschland aktuell nicht mehr im
Handel.
Mit welcher Menge an Lokalanästhetikum welche Blockhöhe erreicht wird, ist in Tab. 5
dargestellt.
Höhe des sensiblen Blocks
Menge [ml/kg KG]
sakral
0,5-0,7
lumbal und sakral
1-1,2
tief thorakal, lumbal und sakral
bis 1,5
Tab. 5: Menge (ml/kg KG) des Lokalanästhetikums (0,2% Ropivacain oder 0,125% Bupivacain) zur Kaudalanästhesie für die entsprechende Höhe des sensiblen Blocks/ Operationsgebietes
Adjuvanzien zur Kaudalanästhesie
Der Einsatz von Adjuvanzien soll die Wirkdauer der Regionalanästhesie verlängern.
Dafür stehen zur Kaudalanästhesie verschiedene Medikamente zur Verfügung (Tab. 6),
auf deren Vor- und Nachteile im Folgenden eingegangen wird.
Adrenalin kann durch Vasokonstriktion potentiell die Resorption des Lokalanästhetikums
verzögern, was jedoch bei der Kaudalanästhesie kaum nachweisbar ist. Zudem treten
möglicherweise Symptome des A. spinalis anterior Syndroms bei höherer Dosierung auf.
Bei epiduraler Regionalanästhesie sollte jedoch Adrenalin als Testdosis verwendet werden, um eine versehentliche intravasale oder intraossäre Injektion frühzeitig zu erkennen.
Diese würde sich in einem raschen Anstieg der Herzfrequenz und der T-Welle im EKG
bemerkbar machen.
Clonidin als Zusatz führt bei der Kaudalanästhesie zu einer Verlängerung der Analgesiedauer um 3-6 h und wird aufgrund seiner geringen Nebenwirkungen häufig verwendet
[17]. Der Wirkmechanismus ist weiterhin nicht vollständig geklärt. Clonidin interagiert
mit spinalen und supraspinalen α2- Rezeptoren, supprimiert die Freisetzung der Substanz
P aus den spinalen nozizeptiven Neuronen und vermindert die Reizweiterleitung in peripheren Aδ- und C-Nervenfasern.
Eine potentielle, dosisabhängige Sedierung tritt postoperativ auch bei niedriger Dosierung
auf und wird von den Eltern und Kindern als angenehm empfunden. Die Dosisempfehlung sollte jedoch nicht überschritten werden, da es sonst zur Bradykardie kommen kann.
Bei Früh- und Neugeborenen und auch Säuglingen erhöht Clonidin epidural außerdem die
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Apnoegefahr und sollte deshalb erst ab dem 8-12 Lebensmonat eingesetzt werden. Die
Grenze in der eigenen Klinik liegt bei 10 kg KG, anhand der Literatur ist derzeit keine
Evidenz möglich. Neurotoxische Nebenwirkungen sind nach Anwendung von Clonidin
nicht beschrieben.
(S)-Ketamin hat analgetische Effekte (NMDA-Rezeptor-Antagonist, µ-Rezeptor- Agonist
und Natriumkanalinteraktion) und kann, mehr als Clonidin, die Wirkdauer der Kaudalanästhesie deutlich verlängern [17]. Bekannt sind psychomimetische Nebenwirkungen bei
hoher Dosierung und das Auftreten eines Nystagmus. Die Frage der Neurotoxizität von
(S)-Ketamin ist in vielen Modellen untersucht worden und konnte bisher nicht abschließend geklärt werden. In einer aktuellen Untersuchung an einem Tiermodell konnten nach
repetitiver intrathekaler Gabe von konservierungsmittelfreiem (S)-Ketamin histologisch
Zeichen der Neurotoxizität nachgewiesen werden [18]. So kann derzeit für (S)-Ketamin
keine Empfehlung gegeben werden [19].
Morphin hat den Vorteil der langen Analgesiedauer bis zu 24 h nach Einzelgabe epidural/
kaudal mit einer Ausbreitung bis in thorakale Segmente. Demgegenüber stehen jedoch
einige Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Harnretention, Pruritus, Atemdepression
v.a. bei Früh-, Neugeborenen und Säuglingen. Deshalb sollte sich der Einsatz auf größere
chirurgische Eingriffe beschränken, die obligatorisch eine postoperative Überwachung
nach sich ziehen. Ein epidurales Katheterverfahren steht als Alternative bei entsprechenden Voraussetzungen zur Verfügung (s.u.).
Weitere Adjuvanzien, wie Neostigmin, Midazolam oder Tramadol, haben aufgrund der
geringen Wirkungsverlängerung bzw. des Nebenwirkungsprofils bisher keinen Einzug in
den klinischen Alltag gefunden.
Wirkstoff
Dosierung
Adrenalin (als Testdosis)
1:200 000
Clonidin
2-3 µg/kg KG
(S)-Ketamin
0,25-0,5 mg/kg KG
Morphin
50 µg/kg
Tab. 6: Adjuvanzien zur Kaudalanästhesie und Dosierungen [u.a. 17]
Epiduralkatheter
Epidurale Katheterverfahren können bei Kindern bis zum 6. Lebensjahr von kaudal, in
jedem Alter aber auch lumbal eingesetzt werden. Zur korrekten Positionierung kann die
sonographische Lagekontrolle hilfreich sein [20]. Das gilt erst recht, wenn der Katheter
thorakal platziert werden soll.
Kaudale Epiduralkatheter können bei Früh-, Neugeborenen und Säuglingen angewendet
werden, sollten jedoch Spezialisten in Kliniken mit kinderanästhesiologischem Schwerpunkt vorbehalten sein. Wegen der anatomischen Nähe zu Anus und Windelbereich ist das
Infektionsrisiko bei Kaudalkathetern erhöht. Deshalb sollte der Katheter nach Anlage
getunnelt und die Liegedauer soweit als möglich begrenzt werden [21].
Für Säuglinge und Kinder sind Kaudalkathetersets verfügbar. Zur kontinuierlichen Infusion können bei Säuglingen 0,2 mg/kg KG/h Ropivacain 0,1% und bei älteren Kindern
0,4 mg/kg KG/h Ropivacain 0,1% verabreicht werden.
Die epidurale Applikation des hydrophilen Morphin (Dosis 50 µg/kg KG in 2-5 ml NaCl)
über einen kaudalen oder lumbalen Zugang führt zu einer langanhaltenden Analgesieaus274
breitung bis in thorakale Segmente. Die lipophilen Opioide Fentanyl und Sufentanil sind
im Vergleich deutlich kürzer wirksam als Morphin und verteilen sich nach epiduraler
Applikation nicht so weit nach rostral wie Morphin. Die Wahrscheinlichkeit einer postoperativen Atemdepression ist aus diesem Grund niedriger und der analgetische Effekt
stärker segmental begrenzt. Die lipophilen Opioide können die Analgesiequalität einer
epiduralen Lokalanästhetikaapplikation verbessern. Übelkeit, Erbrechen, Harnverhalt,
Juckreiz und Atemdepression treten nach epiduraler Opioidapplikation häufiger auf.
Peniswurzelblock und Wundinfiltration
Der gezielte Einsatz peripherer Nervenblockaden kann eine gute postoperative Analgesie
bei gleichzeitig geringer Komplikationsrate gewährleisten und zur Zufriedenheit der Kinder und Eltern beitragen. Ausführlich beschreibt Jöhr in seinem Beitrag [22] die verschiedenen Techniken, so dass hier nur auf den häufig eingesetzten Peniswurzelblock und die
Wundinfiltration eingegangen wird, da diese beiden Verfahren in jeder Klinik eingesetzt
werden können und keiner besonderen Ausstattung bedürfen.
Peniswurzelblock
Der Peniswurzelblock (PWB) ermöglicht eine optimale Analgesie nach Zirkumzision
oder nach Hypospadiekorrektur (bis zu 24h). Die beiden Penisnerven liegen etwa bei 2
und 10 Uhr auf beiden Seiten der dorsalen Mittellinie. Sie werden an der Basis des Penisschafts im subpubischen Raum blockiert. Die Einstichstellen der Nadel befinden sich
knapp unterhalb der Symphyse ungefähr 0,5-1 cm seitlich der Mittellinie (je nach Größe
des Patienten). Eine dünne Nadel (25 G oder 27 G) wird in leicht kaudaler und medialer
Richtung vorgeschoben. Nach Durchstechen der Haut können mehrere leichte Widerstände überwunden werden (oberflächliche und tiefe Schicht der Abdominalfaszie), bis sich
die Nadelspitze im subpubischen Raum befindet. Dabei kommt es sehr selten zur Punktion der A. dorsalis penis, die häufiger nach medianer Einmalpunktion auftritt. Die subpubische Injektion mittels zweier paramedianer Punktionen ist eine einfach zu erlernende
und sichere Methode [u.a. 14]. Für den PWB werden 0,2 ml/kg KG eines langwirksamen
Lokalanästhetikums injiziert, wobei 0,5% oder 0,75% Bupivacain und 1% Ropivacain
ähnlich gut geeignet sind. Beim PWB darf Adrenalin nicht als Zusatz verwendet werden,
da Ischämiegefahr im Endstromgebiet besteht.
Wundinfiltration
An eine Wundinfiltration mit einem langwirksamen Lokalanästhetikum sollte zur postoperativen Analgesie immer gedacht werden. Es ist ein sicheres Verfahren bei allen oberflächlichen, peripheren Eingriffen. Es sollten 0,5 ml/kg KG Ropivacain 0,2% oder 0,2 ml/
kg KG Bupivacain 0,5% zum Einsatz kommen.
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