können jetzt einpacken! sie

Transcription

können jetzt einpacken! sie
ICON
NOVEMBER 2009
SIE
KÖNNEN
JETZT
EINPACKEN!
Christbaumkugeln von
Sibilla Pavenstedt
J
etzt können Sie einpacken! Warum klingt
das in unserem Sprachgebrauch eigentlich
so negativ, während die Aufforderung zum
Anpacken so frisch und sympathisch ’rüberkommt? Verpacktes wird allgemein
nicht gern gesehen, fürchtet man doch getäuscht zu werden. Es sei denn an Festtagen, dann wird
das Verbergen mit Schleifen und Glanzpapier zur Kunst
erhoben. Die Hamburgerin Waltraud Bethge macht seit
Jahrzehnten gute Geschäfte damit, dass sie Schreibwaren zu Luxusartikeln gemacht hat. Ihre ist nur eine der
vielen Geschichten, die wir in diesem Heft auspacken.
Apropos: Gleich ob Sie das Geschenkpapier im gehobenen Fachhandel kaufen oder die Bögen vom letzten
Jahr noch einmal aufbügeln, alles ist besser als das
schnöde Anreichen unverpackter Waren, wie es in
manchen Familien aus falsch verstandenem Minimalismus leider Brauch geworden ist. Man steht doch am
WIR SIND’S
WIEDER!
Tannenbaum und nicht an der Kasse! Wir hier in der
ICON-Redaktion, die sich durchaus gern mit Stil beschäftigen, haben auf die zum Jahresende gestellten
Fragen, „wie pack ich es an“ und vor allem „worin packe
ich es ein“, ein entschiedenes Sowohl-als-auch zu bieten. Die einen halten es mit einem less is more, behaupten also, im Weglassen bestünde ein gewisser Schmuck.
Doch die anderen haben mindestens ebenso recht,
wenn sie finden, dass nur Mehr mehr ist. Und für die haben wir dieses Heft gemacht. Für diejenigen nämlich,
denen es Freude macht zu schmücken, zu verpacken, zu
schenken, haben wir Anregungen vom Porsche-GutsleFörmchen bis zu Hornemann-Juwelen zusammengetragen. Wem das alles doch zuviel Aufwand ist, der kann
gern spenden. Auch dazu haben wir Vorschläge ins Heft
gepackt. Selbst für Geschenkemuffel haben wir etwas:
ein paar schöne Geschichten zum Lesen.
Also dann, packen sie ruhig aus!
TRAUGOTT GIESEN
COVER: RAGNAR SCHMUCK/CORBIS; FOTOS SEITE 3: MASSIMO RODARI, DANIEL BISKUP, TIM WEGNER, DPA
Der Name ist kein Pseudonym. Er heißt wirklich Traugott. Mit zweitem Namen aber Heinrich. Für den Fall, dass er lieber Heide
werden wolle, hat der Vater bei der Taufe gesagt. Wollte er nicht und wurde nicht nur Christ, sondern auch Pastor. Und was für einer. Ein Kirchenfüller. Erst im Berliner Problembezirk Neukölln, dann bis zur Pensionierung 2005 auf Sylt. 29 Jahre, eine Legende,
die im Reiseführer steht. Sprachbegabt, humorvoll und enorm präsent. Bei ihm bleibt nichts ungesagt, auch dafür wurde er geliebt. Bei all der Zuneigung, die er erfahren habe, sagt er, habe er sich manchmal mühen müssen, „klein zu bleiben“. Das steht in
keinem Widerspruch zu seiner Aufforderung in dem Essay, den er für uns geschrieben hat: „Mensch, denk groß von Dir!“ Seite 17
CHRISTIAN GÖLDENBOOG
Die meisten Weinkritiker nehmen sich selbst bierernst – was wiederum ihre Texte leider ungenießbar werden lässt. Darauf ansprechen darf man sie aber nicht, sonst werden sie selbst so, wie Wein niemals sein darf: sauer.
Christian Göldenboog, der von Anfang an in ICON über Wein, Champagner und auch mal Sake geschrieben hat, ist da erfreulicherweise anders. Ganz anders. Seine Herangehensweise an die Genussgetränke bezeichnet er selbst als fröhliche Wissenschaft.
In diesem launigen, doch stets kompetenten Stil veröffentlichte Göldenboog Standardwerke wie „Champagner“ (KlettCotta),
„Das Loch im Walfisch“ oder „Wozu Sex?“
Für ICON ist er nach Argentinien gereist, um den Cheval des Andes zu zähmen. Lesen Sie seine Geschichte ab Seite 46.
IMPRESSUM ICON
Chefredakteur der WELT-Gruppe: Thomas Schmid
Redaktionsleitung: Inga Griese (verantwortlich)
Redaktion: Annemarie Ballschmiter, Joachim Bessing, Caroline Ditting, Lorraine Haist, Silke Wichert, Mira Wiesinger
Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver
Gestaltung: Barbara Krämer (Leitung), Anke Peters Fotoredaktion: Julia Sörgel
Anzeigen: Michael Wittke (verantwortlich), Stefanie Scheuer ([email protected]), Nancy Degner ([email protected])
Objektleitung: Carola Curio ([email protected])
Verlag: Axel Springer AG Repro: Druckvorstufe WELT GRUPPE Berlin Druck: Umschlag: PRINT-64, Norderstedt, Inhalt: Axel Springer AG, Ahrensburg Herstellung: Olaf Hopf
Verlagsgeschäftsführer: Jan Bayer (Vorsitzender), Frank Mahlberg, Christoph Rüth
ICON ist ein Supplement der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 6. Dezember 2009. Sie erreichen uns unter [email protected]
3
HUGO BOSS AG Phone +49 7123 940 www.hugoboss.com
BOSS Black
s h o p o n l i n e w w w. h u g o b o s s - s t o r e . d e
ICON
Handschuhe von Tommy Hilfiger.
Bambi von Steiff
AUSGEWÄHLT
10
17
18
D E R B E I RAT PAC KT AUS
Unsere Lifestyleweisen erinnern sich an
gelungene Überraschungen
E S S AY
Der Sylter Inselpastor Traugott Giesen über die
Lust des Schenkens
33
TH E F I NA L CU T
Silke Wichert über die Louis-Vuitton-EchtschmuckKollektion von Lorenz Bäumer. Plus: große Klunker
35 D E R M E I ST ER B ECHER
Ein junger Silberschmied aus Bremen fertigt die
Berühmten Hansen-Becher. Plus: goldene Geschenke
SCHÖNHEIT
T H A N K G O D I T ’S S UNDAY!
Icona, unser Hausmodel, geht zum Dinner, danach ins Spa
36 D I E S UP E R-N A S EN
MODE
40 WE R SC HEN KT WA S ?
20 M A D E I N V E D D E L
Sibilla Pavenstedt engagiert strickende Türkinnen
GESCHENKE
22 D I E M Ä RC H E NG E S TALTE R
Familienfotos mal ganz anders.
Plus: Imaginarium – ein magischer Kinderladen
24 S PI E L EC KE
Hermès und Gucci widmen sich jeweils einem
besonderen Kinder-Projekt.
Plus: Geschenke, die Kindern Freude machen
26 WA S M ÄNNE R WI RKLI C H WO LLE N
18 Ideen für das Christkind. Plus: Inspektor Gadget
Susanne Opalka hat neue Parfümeure beschnuppert
Gestehen Sie, wer Sie sind, und wir sagen Ihnen,
was Sie schenken werden
42 D I E SC H AT Z S U CHER I N
Sabine Bohle-Heintzenberg sammelt kosmetische
Antiquitäten
44 E I NH UND ERT EL F JA HR E SCHWA R Z KO PF
Ein Prachtband feiert den Shampoo-Klassiker.
Plus: Neues vom Haarmarkt
GENUSS
46 AUF D E N SCHW I N G EN D ES M A L B EC
Christian Göldenboog erzählt von seiner argentinischen
Reise, einem weinseligen Abenteuer
27 WA S F RAUE N I NSG E H E I M WO LLE N
48 D E R WE LT EN T R EN N ER
28 I N D I V I D UE LLE S SC H E NKE N
49 NI C H T VO N PA PI ER
20 teure Kleinigkeiten
Mal endlich was schenken, was kein anderer hat
SCHMUCKKUNST
NOVEMBER 2009
Andreas Maier war Tierarzt, jetzt bemalt er Paravents
Waltraud Bethge erhebt Schreibwaren zu Luxusartikeln
50 G LO B AL D I A RY
Post aus London, Zürich und Stockholm
30 D E R E DE LSC H LOS S E R
8
MBERT
FOTO: LA
Der Juwelier Hornemann scheint fasziniert von
Totenschädeln. Inga Griese ahnt, warum
„Eau de Parfum“ von Chloé.
Samsonite-Koffer designt von Viktor & Rolf.
Broschen von Emporio Armani
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14/10/09
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Ein Moment der Reise
Tambour LV277 Automatik-Chronograph.
Manufakturwerk, Kaliber LV277, Chronometerzertifikat (36.000 Halbschwingungen pro Stunde).
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Page 1
26.10.2009
13:36 Uhr
Seit
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Rat & Tat
Zwar sind sie Experten, wenn es um
Lebensart geht. Aber auch sie freuen sich,
wenn dann einmal eine Überraschung glückt
Das schönste Geschenk war im vergangenen Jahr das Strahlen meiner dreijährigen Tochter, die mit funkelnden Augen zum ersten Mal Weihnachten
bewusst miterlebt hat und in heller Aufregung staunend vor dem Tannenbaum und den Geschenken stand. Diese aufrichtige kindliche Freude bei der
Suche nach dem Christkind kann kein Geschenk der Welt übertreffen.
PS: Marie hat zu Weihnachten einen großen Kaufladen aus Holz bekommen.
Nicole Maendler
Geschäftsführerin von
Maendler in München
nschen ist und sollte immer
Das schönste Geschenk eines Me
em gut gewählten Geschenk
die Freude sein, die man bei ein
n Glücksmoment empfand
dem Beschenkten bereitet. Diese
rn zu ihrem Abitur, das beide
ich, als ich unseren beiden Kinde
ben, eine, wie ich finde, nie
mit Erfolg in England absolviert ha
e, weißgoldene Tank Franaus der Mode kommende klassisch
çaise von Cartier geschenkt habe.
Stefan
Asbrand-Eickhoff
Modehaus Eickhoff
in Düsseldorf
Herbert Seckler
Kultwirt vom
Sylter „Sansibar“
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Gefällt uns 1: Mini Karl, entworfen von Simone Legno,
kann eigentlich nichts, außer herumstehen. Das macht er
dafür besonders originell. Bei Colette in Paris oder
über colette.fr ——— Gefällt uns 2: Die französischen Macarons von Ladurée gibt es ab Dezember in einer Polkadot-Verpackung, die das italienische Modehaus Marni
stylte: laduree.fr ——— Gefällt uns 3: Für Evian hat der
britische Designer Paul Smith eine bunt geringelte
Flasche entworfen ——— Gefällt uns 4: „Willst Du immer
weiter schweifen. Sieh, das Gute liegt so nah“: Statt
einen Stern in einer entfernten Galaxie kann man jetzt
sein Lieblingsfleckchen Erde verschenken. Über whatsyourplace.de ———
Gefällt uns 5: Von dem Berliner Designer Volkan Celik gibt es ausgefallene
Accessoires wie Fliegen, Haarschleifen und Halstücher mit Fransen, über
volkanvc.com ——— Gefällt uns 6: Schöne Geschenkidee: Die Schweizer Firma
Delafée verziert Essbares mit Edelmetallen: delafee.com ———
TOKIDOKI
Titel
UND SONST NOCH
E-Mail
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FOTOS: AKHTAR, RODARI, PRIVAT, PR
Hemden, Blusen, Maßhemden, Royal-Vollzwirn-Hemden, Krawatten,
Herren- und Damen-Oberbekleidung, Pullover, Polos, Nachtwäsche,
Boxershorts, Accessoires, u.v.m.
Der Sassicaia
erinnert ein bisschen an Elvis Presley: oft kopiert und
doch nie erreicht,
eben ein unnachahmliches Original. Sein Weg zum
Ruhm war wahrlich kein leichter. Als im Zweiten Weltkrieg die französischen Weine knapp
wurden, hat der Marchese Mario Incisa della Rocchetta
kurzerhand die französischen Rebsorten Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc in seiner
italienischen Heimat angebaut. Da der Hang unterhalb der Burg Castiglioncello, wo der Weinberg lag, derart steinig war, erhielt der Wein seinen Namen nach diesem Boden: Sassicaia
(sassi=Stein). Nachdem er anfänglich nur für den Eigengebrauch hergestellt wurde, überredeten der Sohn und der Neffe den Marchese Anfang der 70er-Jahre, erste Flaschen auch in
den Handel zu geben. Doch dort stießen sie zunächst nicht auf wirkliche Begeisterung: Als
Tafelwein wurde ihr Vino eingestuft, da er aus zwei in Italien nicht zugelassenen Rebsorten
hergestellt wurde. Unbeirrt trat er dennoch den langen Weg seines Siegeszugs an und gilt
heute als ein wundervoller, vielgeliebter Tropfen, sozusagen als der „King of Rotwein“. Der
2005er-Jahrgang ist für Liebhaber von würzigen Weinen bereits jetzt gut trinkbar, kann aber
durchaus auch noch zehn Jahre gelagert werden. Ein wahrlich zeitloses Geschenk.
RAT & TAT
Die schönsten Geschenke sind intuitiv, überraschend und
im besten Fall inspirierend. Ich wurde vor einigen Jahren
mit einer Schwarz-Weiß-Fotografie von Harry Benson
überrascht. Daraus entstanden ist mein Interesse an der
Fotografie und es bildete den Beginn einer kleinen
Sammlung. Kurzum: Mir wurde ein neues Hobby geschenkt!
Florian Braun
Junior-Chef
Modehaus Unger
in Hamburg
ndige Gesichtsausdruck von den Me
chenken. Vielleicht ist es der freu
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stellen, diesen Ritus an Weihnachte
bekomme ich liebevoll gewidmete
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Ich bekenne, ich bin
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enkte – einfach so! Er kam völlig
das ich so sehr daran mag. Wer sch
mein Mann einen Diamantring sch
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bereits schon heute darauf. Me
nke dich, einfach weil ich es will,
tzutage versuchen wir uns doch viel
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liebe dich,
größter „verüberraschend, meine Freude und
ßeres als selbst zu geben. Mein
die einfachste Weise zu sagen: „Ich
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die halbe Nacht lang im Dunchte.“ Daher gibt es neben dem
Etwas anzunehmen fällt zunehm
e. Er freute sich so sehr, dass er sie
hab
ude gemeinsam mit dir teilen mö
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hatte. Dieses Gefühl war
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erste Mal mein Herz verschenkt
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zu sein. Für einen weite mich an jene
schenk-Moment“ ergab sich
-Gen scheint in der Familie vererbt
aubernden Unschuld und erinner
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hat. Seinen Vater
keln angeschaut hat. Seine Auf
tlerweile bekommt mein Mann jedo
nes Rosensträußchen geschenkt
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n, als er mir aus eigenen Stücken
te mein damals achtjähriger Soh
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Susanne
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Botschen
hatte er dafür angepumpt, seitdem
Inhaberin
Mytheresa.com
in München
Frank Stüve
Geschäftsführer
Villa Harteneck
in Berlin
Verschenken Sie eine Stadt!
Kann man jemandem eine größere Ehre erweisen, als ihn zum ‚Stadthalter‘
zu machen? Und noch dazu haben die Häuser der französischen Firma Asiatides
eine Funktion: Man kann die Dächer abheben und Dinge darin bewahren.
Aber bitte nicht einzelne Häuser verschenken, sondern ganze Straßenzüge.
Ein besonderes Weihnachtsgeschenk trage ich noch heute jeden Tag. Es ist eine Tag Heuer Carrera, ein zeitloses und zuverlässiges Zeiteisen im klassischen Design
eines Automatik-Chronografen. Die Uhr ist ein gegenseitiges Geschenk unter Partnern. Sie ist Symbol einer engen Freundschaft und steht natürlich auch für
gemeinsam errungene Erfolge. Weihnachten ist immer auch ein Zeitpunkt des Zurückschauens, die Uhr erinnert an gute Zeiten, an echte Freundschaft und treibt
einen dennoch täglich an. Mehr kann ein Geschenk kaum leisten.
Johannes Plass
Geschäftsführer
Mutabor Design
in Hamburg
UND SONST NOCH
Insiderwissen 1: Kommt Ihnen das Muster links bekannt vor? Es dient nämlich nicht nur als Inspiration für die Verpackung des Dufts „Fleur d’Orange“ von Prada. Ein ähnliches Muster wurde ursprünglich kreiert für die Mode der Herbst/Winter-Kollektion 2003. Jetzt kann man es in
der aktuellen Ausstellung „Art Nouveau Revival“ im Pariser Musée d’Orsay betrachten. Bis 14.
Februar 2010 ——— Insiderwissen 2: Gucci-Designerin Frida Giannini arbeitete gemeinsam mit
dem Musikproduzenten Mark Ronson an einer limitierten Sneaker-Kollektion. Erhältlich ist
diese ausschließlich im ersten Gucci Icon-Temporary Flash Store in der New Yorker Crosby
Street ——— Apps: Jetzt kann man total up to date sein mit den Mode- und Schmuckhäusern wie Chanel, Gucci, Dolce & Gabbana, Wellendorff und Ralph Lauren. Diese schicken nämlich die neuesten Infos über IPhone Apps. Zum Herunterladen auf apple.com ——— Mode: Ab 14. November wird es
in ausgewählten H&M-Filialen eine „Jimmy Choo“-Kollektion geben. Wer nicht zum Zuge kommt:
Designerin Sonia Rykiel kreiert für das Modehaus auch einige Kleidungsstücke ———
FOTO: AKHTAR, MUTABOR DESIGN, KLAR, JOHN AIGNER, WEISSER
Aus der
Pforzheimer
Juwelierfamilie
„Werd’ ich zum Augenblicke
sagen: Verweile doch! Du bist
so schön!“ Alles läuft rund und
weitergehen. Man möchte den
man wünscht sich, es könnte
Moment festhalten und bewuss
bis in alle Ewigkeit so
t alles erleben, weil man einfac
Wertvolle Momente! So ein Au
h glücklich ist und weil dies nie
genblick war zum Beispiel nac
enden soll.
h der Geburt unseres ersten Kin
festhalten zu wollen, setzte me
des. Dieses Gefühl, etwas für
in Mann in einem Schmuckstüc
die
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Er
kreierte mit seinen Meistergo
mit dem Namen „Sternennach
ldschmieden einen in sich dre
t“ und schenkte ihn mir. Damit
hbaren Ring
kann ich den besonders glückli
chen Moment nun doch festha
lten.
PRADA
Claudia
Wellendorff
RAT & TAT
Mein schönstes Geschenk war Kasimir!
Ich liebe Hunde, bin mit ihnen aufgewachsen und hegte seit Langem den Wunsch nach einem Vierbeiner, den ich aber
immer wieder aus Vernunftgründen (zu viele Geschäftsreisen und Termine) verwarf. Umso größer war die Überraschung
und Freude, als mein Ex-Mann eines Tages kurz vor Weihnachten mit einem Rauhaardackelwelpen auf dem Arm zu Hause
erschien, der natürlich sofort mein Herz eroberte. Alle Bedenken waren wie weggeblasen – Dackelblick sei Dank!
Kim-Eva
Wempe
Geschäftsführerin
Wempe
Vorstandsvorsitzende Ahlers
AG, Herford
Marietta Andreae
PR in Hamburg
ich bekommen habe,
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W
Das schönste und persönlichste n meiner Freundin Marion. Sie hat immer zwei
y vo
ist ein selbst erstelltes Memor en Zeit genommen und diese bildeten dann
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zugleiche Fotos aus der gemein
eißarbeit, das alles zusammen
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jeweils ein Paar.
glaubliche Freude.
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ste
Zu Weihnachten 2008 bekam ich von lieben Freunden in Berlin ein Fahrrad geschenkt. Es wurde klingelnd
hereingefahren und hatte eine Schleife am Lenker. Ich habe mich seitdem jeden Tag, den ich geschäftlich
oder privat in Berlin verbringe, über dieses liebevolle und durchdachte Geschenk gefreut. Ich wohne in
Bremen und arbeite in Berlin und hatte nie die Gelegenheit, die Hauptstadt richtig kennenzulernen.
Das hat sich in diesem Jahr auf dem Fahrradweg geändert.
Stella Ahlers
Marietta Andreae
Ute Hartjen
Vorstand Camera
Work in Berlin
In den 60er-Jahren begann mein Vater, neben Kunst auch Porzellan aus Thüringer Manufakturen zu sammeln, aus Ilmenau, Limbach und Wallendorf, um nur einige zu nennen.
Anfang der 70er-Jahre war eine so große Menge zusammengekommen, dass er sich etwa 300 Meter entfernt von unserem Wohnhaus eine kleine Wohnung mietete, deren Mobiliar
neben einem Bücherregal, einem großen Tisch und zwei Stühlen nur aus großen Glasvitrinen bestand. In den Vitrinen gab es – für mich langweilige – Service mit bemalten Tassen,
Kannen, Tellern und Schalen. Viel spannender waren dagegen schon zwischen 10 und 30 Zentimeter hohe bemalte Figuren, Mädchen, die Blumenkörbchen trugen, oder clowneske
Wesen wie zum Beispiel ein Harlekin. Es gab auch Furcht einflößende Großfiguren, nämlich zwei Männer in Ketten. Manchmal durfte ich am Wochenende mit in die sogenannte
Püppchenbude kommen, was in der Regel nicht besonders spannend für mich war, da mein Vater entweder dicke Bücher über Thüringer Porzellan las oder eine der Figuren vorsichtig aus der Vitrine nahm und mit einer Lupe begutachtete.
Irgendwann, als ich vielleicht acht oder neun Jahre alt war, entdeckte ich zwischen all den bunten Figuren einen kleinen Porzellanhahn. Monatelang lag ich meinem Vater in den
Ohren, mir diesen Hahn zu schenken. An einem Winterabend kurz vor meinem zehnten Geburtstag ging mein Wunsch schließlich in Erfüllung – ich war selig, den kleinen Hahn
endlich mit nach Hause nehmen zu dürfen. Von da an stand er bis zu meinem Abitur auf meinem Nachttisch.
LFGANG JOOP
TRENDBAROMETER VON WO
lle, meiken, Decken, Decken. Kaschmir, Wo
Ich möchte Decken dieses Jahr, Dec
ana,
s, Loro Piana, Cucinelli oder auch Hum
mè
Her
Von
filz.
rde
Pfe
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weg
net
r gerollt als Kissen.
leben. Große, kleine, gekuschelt ode
ufk
dra
tion
ora
Dek
zur
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ildc
iehb
Konto.
da kann man dann ja Abz
g runter! Das ist gesünder. Auch fürs
zun
Hei
die
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dre
und
ke
Dec
die
er
Mensch, Haka, hol den Hund mit unt
Frau Dob
denn Geben. Man muss doch
Ich finde ja, dass Nehmen seliger ist
hmen. Auch ohne falsche Scham –
auch mal lernen, Geschenke anzune
Also, meine Liebe, ich
es Jahr womöglich nicht passieren.
dies
wird
das
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Abe
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fällt
aus
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gro
zu
wenn es mal
en könnten in
Spiegel Freude heucheln, denn die Gab
rate Dir: Übe doch schon mal vor dem
mer, wie man sich
sehen. Übe am besten im kalten Zim
aus
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gan
mal
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ja
ten
Zei
zza. Nicht wahr?
schweren
ein echte! Alles eine Frage der Grande
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übe
wie
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freu
so
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ger
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lenk
über eine falsche Per
Herr Haka
Wolfgang Joop
Modeschöpfer
in Potsdam
Gute Tat 1: Fünf Künstler der New Yorker „Tats Cru“ besprühten
für Hogan 2000 Quadratmeter Segeltuch für Turnschuhe
(links). Die Sneakers-Unikate werden ab Dezember auf hoganworld.com versteigert. Der Erlös geht an das „Documentation
Center for Visual Arts“ in Mailand ——— Gute Tat 2: Zehn Prozent
des Kaufpreises eines Montblanc-Füllers aus der „Signature
for Good“-Edition gehen an Unicef zur Unterstützung von Bildungsprojekten ——— Gute Tat 3: Die Weihnachtskarten des Hamburger Hospizes Leuchtfeuer hat dieses Jahr Wolfgang Joop
kreiert. Zu bestellen unter hamburg-leuchtfeuer.de ———
FOTOS: AKHTAR, PRIVAT, PR
HOGAN
UND SONST NOCH
RAT & TAT
Schlaf ist der neue Sex! Was soll man zu Xmas schenken? Ein lebensweiser Freund, der vieles hat, sagt: „Der größte Luxus sind Eiderdaunen!“ Was? Das
ist der Kaviar der Daunen. Die isländische Eider-Ente kuschelt damit ihre Babys ein. Der Preis hat einen Tageskurs wie Aktien. Eine Decke kostet circa
2000 bis 4000 Euro. So viel Geld zum Verschlafen? Ich wollte mir gerade in Moskaus Kreml-Kaufhaus Gum eine Zobel-Mütze kaufen (1500 Euro), aber
ich sah aus wie ein Hamster und meine Frau schüttelte ihren schönen Kopf. Das Schicksal hat Flügel. Wegen der Krise stöbern wir im Ausverkauf bei
Karstadt. Und was hat der liebe Gott dort hingelegt: Eiderdaunen-Decken zum Sensations-Rabatt. Statt 3600 Euro „nur“ 1099 Euro (Giraffen-Größe:
220 cm x 155 cm). Meine Frau strahlte und nickte. Die EC-Karte der Berenberg-Bank ächzte. Wir schenkten uns den weichsten Schlaf der Welt (bisher:
Mühldorfer wie im „Mardavall“ auf Mallorca). Bettwäsche? Christian Fischbacher. Was fehlt, wenn die Frau schläft, aber der Mann wacht? Der beste
Flat-TV der Welt: Panasonic TX-P50V10E! Ein 127-cm-Bildschirm mit Sat-Tuner (für HD-Satelliten-TV). Danke, Christkind!
an Weihnachten vor
ich
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ka
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k
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Ab
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mein
fahre ihn noch heute
grünen VW Käfer Baujahr 1964! Ich neigung der entged Zu
und ernte nur Freundlichkeit un
nten. Er springt immer
ssa
Pa
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un
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nd
me
om
nk
ge
innert mich immer an
an, passt in jede Parklücke und er en Geschenk macht
lch
meine Großmutter! Mit einem so
man sich unsterblich!
Recycling ist ja so was von gestern, wie Jürgen Trittin mit Bart. Und ohne Bart. „Upcycling“ lautet
das Gebot der Stunde, also her mit den alten Getränkedosen, daraus machen wir
jetzt Schmuck und Kunst! Gummireifen und -schläuche werden zu Sandalen und Federtaschen.
Und aus halbierten Lenor-Flaschen bauen wir innovative Rahmen für unseren Badezimmerspiegel. Besonders wichtig natürlich: die Originalmarken müssen noch zu sehen sein. Vielen
Dank für diese tolle Geschäftsidee sagen Sie, aber ist das denn auch erlaubt? So viel
sei verraten: Wenn Sie nur ein kleines Kunstwerk für sich oder Ihre Freundin bauen, haben Sie kein Problem, denn das Markenrecht gilt nur im geschäftlichen Verkehr. Außerdem setzt Markenschutz im
Prinzip voraus, dass die Marke auch in der jeweiligen Warenklasse eingetragen ist, um die es geht. Schutz in Klasse 32 für alkoholfreie Getränke nützt also nichts gegen eine Verwendung für Schmuck.
Aber: Erstens sind bekannte Marken häufig sehr viel breiter registriert, als das Kerngeschäft nahelegt. Und zweitens genießen berühmte Marken einen Schutz gegen Rufausbeutung und -verwässerung
auch bei einer Verwendung für Waren, die mit dem eigenen Sortiment nichts zu tun haben. Da bleibt dann nur noch der Einwand, dass die Marke bei unserer selbst gebastelten Trashion doch gar nicht auf den Hersteller verweisen soll, sondern nur Zierrat ist. Das können Sie leicht selbst testen: Haben Sie den Eindruck, der rot-weiße
Anhänger oben stamme von Coca-Cola oder sei von denen jedenfalls lizenziert? Wenn nicht, antworten Sie auf das Abmahnschreiben der New Yorker Großkanzlei, dass
keine markenmäßige Verwendung vorliege, dann wird man Sie bestimmt in Ruhe lassen. Wer weniger Mumm hat, backt vielleicht kleinere Brötchen mit Lego: Und wer überhaupt nur spielen will und am Wochenende eine Stunde Zeit hat, kann ja mal bei RedBull eine kleine Plastik einreichen: redbullartofcan.com
Cornelis Lehment
Markenanwalt
in Berlin
UND SONST NOCH
FOTO: SCOTT HUNT
Kunst 1: Im Berliner Martin-Gropius-Bau ist ab dem 20. November das Lebenswerk von F. C.
Gundlach zu sehen. Der bedeutende Modefotograf arbeitete zwischen 1950 und 1990 in vielen
Teilen der Welt und fotografierte für wichtige Modemagazine ——— Kunst 2: „Cream“, die Galerie von Thomas Andreae und Moritz Kaufmann, gehört zu den Aufsteigern der Berliner Szene.
Ein Schwerpunkt des Programms sind Arbeiten auf Papier zum Beispiel von Bettina Krieg oder
Karl Goehrlich. Ab dem 14. November läuft dort „Exquisite Corpse“ mit neuen Zeichnungen von
Joe Biel, Cornelia Renz und Scott Hunt (Abbildung: links). Adresse: Schröderstrasse 14,
Berlin Mitte, creamcontemporary.com ——— Kunst 3: Noch bis zum 18. Januar läuft die Pariser
Ausstellung „Confusion Of the Senses“, die eine Reise ins Innere ermöglichen soll. Acht
Künstler regen mit ihren Werken zur Auseinandersetzung mit dem eigenem Körper und Geist an.
Espace Louis Vuitton, Champs-Elysée ———
Fotos: Akhtar, Zauritz
Schoeller & von Rehlingen
PR Hamburg
Connaisseur aus
Hamburg
PRIVAT
Alexandra
von Rehlingen
David Blieswood
ESSAY
A
CH
MENSCH, DENK
GROSS VON DIR!
Pastor Traugott Giesen über die
Seele des Gebens und Nehmens
Drum befeuere besonders an Weihnachten
viel Freude. Nimm einzeln in den Blick, wen
du bedenken willst. Was braucht der andere jeweils? Ist sein Alltägliches knapp bemessen,
lass einen deutlichen Schein rüberwachsen.
Braucht er etwas gegen seine Alterstraurigkeit
schenk ihm Rolling-Stones-Karten, gib ein Stipendium aus oder einen Duden, ein schickes
Teilchen oder einen klingenden Gong. Und
Brot für die Welt – das ist eine Frage der Ehre.
Wohltaten locker machen für die Menschen in
Not ist groß und macht groß.
Geben ist einen Tick nur seliger. Auch Nehmen hat seine Würde.
Wir müssen doch alle erst nehmen, ehe wir
auch was geben können. Einatmen – ausatmen; Nahrung aufnehmen – Energie abgeben;
einnehmen – ausgeben. Darum ja ist dies wohl
das frömmste Bild der Menschheit: Die Mutter,
die ihr Kind stillt. Eins werden hier das durstige Saugen und das sanfte Verströmen.
Man fragt sich doch tatsächlich: Wer stillt hier
wen? Beide geben einander und nehmen voneinander. Das ist das Kunstwerk der Schöpfung: Sie ist so eingerichtet, beim Nehmen
auch zu geben und beim Geben auch zu nehmen. Nur der herrische Mensch kann mit seiner Gier alles in Unordnung bringen.
Aus Angst, mal bitten zu müssen, sammelt
man Vorräte im Depot. Aber das Leben bringt
uns schon zur Räson. Gesundheit, Liebesglück,
sicheres Nachhausekommen, Sympathie und
die Sorge darum, ob ich morgen noch gebraucht werde – das sind alles Felder der Bewahrung. Da können wir viel falsch machen,
aber was uns richtiggehen lässt, ist nicht Verdienst, sondern Gnade, Geschenk, Wunder. Darum ist Dankbarkeit das einzig realistische
Verhältnis zum Leben. Und Weihnachten ist
darum höchster Menschheitstag, weil es unsere Werteskala noch mal eicht.
An Weihnachten erscheint Gott als die schöpferische Kraft überhaupt. Er zeigt was er ist: Er
besteht aus Geben, Schaffen, Überfließenlassen, Liebe. Er (oder sie?) sprüht, alle sind wir
Funken seiner selbst. Noch in einer Kerze
glimmt sein Sonnesein, noch in unserem sorgsamen oder eiligen Geschenkesuchen schimmert ein Abglanz seiner Großzügigkeit.
Wir wissen meist nichts von diesem Zusammenhang aller Dinge, denken zerteilt und zerhackt vom Leben. Aber in Jesus erstand der
Heile, der Leuchtfeuermensch, der Tod und
Himmel, Arm und Reich, Geben und Nehmen,
mich und dich als Teile eines Ganzen sieht.
Und der auch dir gutes Gewissen macht, dich
ruhig großzügig beschenken zu lassen.
„Weihnachten“, so G. K.Chesterton, „lass ich
mich gern beschenken, Jesus war doch selbst
ein Weihnachtsgeschenk.“
Traugott Giesen, 69, war zehn Jahre Pfarrer in
Neukölln, dann 29 Jahre in der Seefahrerkirche in Keitum auf Sylt. Er lebt weiterhin mit
Frau Ingrid auf der Insel
Foto: picture-alliance / HB-Verlag
Jetzt sind wir schon bald mitten drin im Wettlauf um die richtigen Geschenke. Schlangen
an den Kassen, müde Füße, Schlepperei. Genervtsein bleibt nicht aus. Aber im Kern können wir unser Glück machen in diesen winterlichen Tagen. Denn ein lichtvolles Geheimnis
treibt das Karussell der großen Sachen-Show
an. Viel gibt es auszusetzen an übertriebenem
Glamour und Glitzerkram. Aber im Kern feiern wir uns an diesen Festtagen des Schenkens
als bessere Menschen. Wir nehmen uns von
der besten Seite. Können uns als Schenkende
genießen, als Förderer, als gütige, großzügige,
glanzvolle Gönner.
Wir imaginieren, was anderen guttun könnte,
was Freude macht und Spaß bringt. Wir
schmücken sie, reden sie uns lieb. Sie brauchen gar nicht genau wissen, wer sie beschenkt. Ihre Freude ist uns Lohn genug. Wir
wissen ja um unsere Urheberschaft.
Das Geheimnis der glücklichen Gebenden ist:
Sie erleben sich als Beschenkte, als Begnadete,
die Überfluss austeilen können. Sie haben so
viel Beute gemacht, daß andere es davon mit
gut haben sollen. Sie können gönnen. Und bedanken sich heimlich, daß andere ihre Freundlichkeit annehmen.
Es gab in der Schulclique immer einen, der die
Zigarettenpackung kreisen ließ und das Schulterklopfen der Kameraden genoss. Ein anderer
rauchte hinterm Schuppen für sich allein und
genoss es, nicht teilen zu müssen.
Ein gut bestückter Weinkeller kann eine Augenweide sein. Aber eigentlich doch „macht
erst der Mund des Gastes den Wein gut“ (Martin Walser). Natürlich hat ein kleiner heimlicher Haufen Geld auch etwas – „Geld beschirmt“, sagt der Prediger der Bibel. Doch
bleibt es immer nur Geld, dann fault es. Erst
das wieder in Freude, Lachen, Chancen verflüssigte Geld ist schönes Geld. Kurz: Wir müssen geben können, also brauchen wir Geld. Das
ist wohl die ärgste Kränkung der Armut, nichts
zum Teilen zu haben. Darum hat Jesus ja recht,
wenn er unserer Lust am Schenken einheizt.
Er will, dass wir groß von uns denken: Lass
dein kärgliches Rechnen, dein kleinliches Raffen. Du bist Sohn/Tochter Gottes, verfügst
über Welten – und solltest geizig bis ins Herz
sein. Ach Mensch, denk groß von dir. Sie alle
sollen was von dir haben. Du bist doch eine
vertrauensbildende Maßnahme des Herrn.
St. Severin in Keitum
17
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23.10.2009 10:34:45 Uhr
MODE
DIE STRICK-AYSE
Die Designerin Sibilla Pavenstedt hat Erfolg mit eleganter
M
Alles Handarbeit, alles Unikate. Selbst
gestrickt ist Luxus. Nach dieser
Manufaktur-Devise arbeitet die Hamburger
Designerin Sibilla Pavenstedt zusammen
mit Frauen aus Problembezirken.
Das Ergebnis ist doppelt schön: die Frauen
haben eine Perspektive und die Entwürfe
ein besonderes Flair
FOTOS: ATELIER SIBILLA PAVENSTEDT/MONTAGE: ICON, RODARI
ade of Veddel“ – das klingt im Englischen ganz schick, in
Norddeutschland eher unsexy, ist der Hamburg Stadtteil
doch eher das, was man einen Problembezirk nennt. Urban
eigentlich toll direkt am Wasser und Hafen gelegen, die Reformarchitektur der 20er und 30er Jahre hat durchaus
Charme, ist die Gegend mit seiner Bevölkerungsstruktur aus
überwiegend Migranten eher gesellschaftlicher Brennpunkt
denn Society- Hotspot. Doch das könnte sich jetzt ändern.
Nicht alles und grundsätzlich, aber plötzlich wird es schick auf der Veddel, im Wortsinn. Und das kam so: Als die Designerin Sibilla Pavenstedt vor zwei Jahren mit dem Darboven-Preis für Unternehmerinnen ausgezeichent wurde, kam sie dort mit Rolf Kellner ins Gespräch, einem engagierten Mann, der sie animierte: „Wir müssen etwas tun für die Frauen
auf der Veddel. Sie leben in einer Isolation, sind Willkür ausgeliefert.“ So etwas muss man Sibilla Pavenstedt, die lieber als „Kostümbildnerin für den Alltag“ firmiert, nicht zwei Mal sagen, sie gehört zu den Bürgern, die lieber lösen als lamentieren. Und sie hatte ja schon beste
Erfahrung gemacht mit einer Frau, die ohne Ausbildung und mit dürftigen Deutschkenntnissen vor Jahren bei ihr angeklopft hatte und um Arbeit gebeten und eine große Fähigkeit
mitbrachte, nämlich die, aus nichts sehr viel zu machen: die russische Jüdin Irina Mittelmann machte binnen kürzester Zeit Karriere als Atelierleiterin und
wurde von Jil Sander abgeworben. Jetzt hilft sie ehrenamtlich als
Ausbilderin bei dem Veddel-Projekt. Die gute Idee war schnell geboren: man näht mit den Migrantinnen, damit können sie Geld verdienen und damit steigt der Anreiz etwas zu lernen. Und die Einnahmen
sind hilfreich bei der Rechtfertigung den Männern gegenüber, die
nicht immer erpicht sind auf eine Selbständigkeit ihrer Frauen. Und
was vielleicht am wichtigsten von allem ist: sie können zu Hause arbeiten und erfahren eine Wertschätzung ihres tradierten, handwerklichen Könnens. „Wir verlangen nicht, dass sie emanzipierte Maschinentechnikerinnen werden, sondern holen die Frauen dort ab, wo sie
ihre Fähigkeiten können“, erzählt Frau Pavenstedt, die an der Kunsthochschule in Bremen studierte, lange ein Atelier in Paris führte und
nun überwiegend in Hamburg lebt, wo sie in ihren Räumen an der
Langen Reihe (auch vor noch gar nicht langer Zeit eine Problemecke) viele Schauspielerinnen, Künstlerinnen und Bühnenbildner
einkleidet. Sie startete einen Aufruf, sechzig Frauen meldeten sich,
acht kamen ins Team, einige sind jung und aufgeschlossen, andere
sehr traditionell, eine gute Mischung. Masche für Masche, Schnitt für
Schnitt veränderten sich Gewohnheiten und Fähigkeiten, statt Häkelgardinen fertigten die Frauen plötzlich eben einen großmaschigen lila Fingerschal aus Kaschmirwolle. Die Entwürfe kommen von
Pavenstedt, die Umsetzung von der Veddel. Motivierend personalisiert: in jedem Teil steht der Name der Strickerin, in dem aufregenden schwarzen Cashmerekleid zum Beispiel: „Von Ayse Antag handgefertigt auf der Veddel.“ Modernes europäisches Design im Luxusbereich kombiniert mit tradierter Handwerklichkeit, lautet das Erfolgsrezept. Dessen Resultate hängen nun in feinen Geschäften wie
dem von Ann Karlosch in Bremen gleich neben Jil Sander. Und die
„Bank“ in Hamburg, Treffpunkt der anspruchsvollen Gesellschaft,
wird in der Adventszeit komplett mit den raffiniert umhäkelten Tannenbaumkugeln Made of Veddel dekoriert. Das hat doch etwas, freut
sich Sibilla Pavenstedt: „Moslems häkeln Weihnachtskugeln unter
Anleitung einer aus Litauen stammenden Jüdin.“ Integration kann
Inga Griese
durchaus stylish sein.
20
Die umhäkelten Tannenbaumkugeln kosten zwischen 20 und 30 Euro. Es gibt sie unter anderem in den Hamburger
Geschäften „Mutterland“, „Home“ und “Alsterhaus“
Integration — sie setzt auf die handwerklichen Fähigkeiten von Migrantinnen
21
Das sind keine Bilder aus einem
Lifestylemagazin für Kinder, ist
keine Werbung für ein
Fantasialand, sondern es sind
Aufnahmen aus einem ganz privaten
Märchenbuch, von Larissas Mutter
als Geschenk für den Vater
gedacht und von der Agentur
Meisterfotografen inszeniert
22
FOTOS: WWW.MEISTERFOTOGRAFEN.COM
Pstt! Nicht weiterzeigen.
Dies ist eine Weihnachtsüberraschung!
GESCHENKE
Nie wieder spießige Familienfotos. Die Agentur
Meisterfotografen setzt Privatleute in Szene als wär’s ein
Auftrag für ein Hochglanzmagazin
M
an wäre gern Mäuschen an Heiligabend,
wenn eine Hamburger
Designerin
ihrem
Mann eine rote Samtkassette im A-2-Format überreichen wird.
Denn darin ist ein Geschenk, dass zwar sehr teuer war, aber trotzdem, wie sie sagt, „mit Geld nicht zu bezahlen
ist“. Ein Märchenbuch. Eines, das selbst verwöhnte Leseratten noch nie gesehen haben,
ist es doch ein Unikat und dazu höchst privat.
Aufnahmen von Mutter und Kind, aber in einer Qualität, wie man sie sonst von Anzeigen
kennt, aus Hochglanzstrecken in Magazinen,
in diesem Fall aufwendig auf Bütten gedruckt,
gegeneinander kaschierte Seiten, damit kein
Falz entsteht und die Magie trübt. Auf diesen
Fotos sitzen die lieben Kleinen nicht, wie früher so gern vom Um-die-Ecke-Studio offeriert, vor einem roten Plastiktelefon und halten scheinbar freiwillig einen Hörer ans Ohr,
das Ganze umspielt von flirrender Ausleuchtung, die dem Endprodukt eine unnatürliche
Atmosphäre verlieh. Nein, bei den Bildern
von Simone Bruns besteht nicht die Gefahr,
dass der Vater kurz draufschauen und das
Œuvre nach Neujahr pflichtbewusst irgendwo auf seinem Schreibtisch platzieren und
vergessen wird. Im Gegenteil, wahrscheinlich
wird die ganze Weihnachtsgesellschaft blättern und staunen und aufgeregt sein.
Denn Simone Bruns hatte im vergangenen
Jahr eine kluge Geschäftsidee. Im Grunde eine nahe liegende, aber verwirklicht hatte sie
so noch keiner. Mit den „Meisterfotografen“
bietet die Hamburgerin nämlich hoch professionelle Shootings für Privatleute an. Also
quasi „Brigitte“ umgekehrt. Die Modezeitschrift will in Zukunft nur noch Privatmenschen als Models verpflichten. Meisterfotografen hingegen bietet Privatleuten Shootings wie für ein Magazin. Oder eben ein Märchenbuch. Zusammen mit einem Profi-Team
aus verschiedenen für internationale Hochglanzmagazine tätigen Fotografen, einer Produzentin, Stylisten, Visagisten und Location
Scouts lässt die Agenturchefin Träume der
Kunden wahr werden. Von der Inszenierung
im eleganten oder historischen Ambiente
über eine Eislandschaft mit Huskies bis zur
märchenhaften Kulisse wie für die abgebildete Strecke – der Fantasie sind keine Grenzen
gesetzt. Egal, ob es sich um Familienporträts,
repräsentative Einzelporträts, das Festhalten
von besonderen Anlässen wie Hochzeit oder
Kindergeburtstag oder auch erotische Aufnahmen handelt, Szenerie und Stimmung
werden individuell abgestimmt; Location,
Ausstattung, Styling, eventuelle Reisevorbereitungen, Fotoshooting, Bildaufbereitung
und Layout für die privaten Staraufnahmen
werden organisiert. Gerade steht Frau Bruns
in Verhandlung mit einem Ehepaar, das gern
seine Mehrgenerationen-Familie im Ton der
ländlichen Gruppenfotos sehen würde, mit
denen Dolce & Gabbana und Burberry im
vergangenen Jahr warben.
Der Kunde erhält von seiner persönlichen
Bildstrecke wahlweise ein exquisites handgefertigtes, großformatiges Kunstbuch oder ein
Portfolio mit feinsten Abzügen. Sieben international renommierte Fotografen – Det
Kempke, Edith Held, Wolfgang Pohn, Gerard
Harten, Wolfgang Wilde, Olaf Tiedje, Christian Schoppe – sowie der„Hair- and Make-upArtist“ Boris Entrup und die Stylisten Bettina
Markiewicz, die unter anderem für Jil Sander
arbeitete, und Hendrik Schaulin, der bei
Christian Lacroix lernte, gehören zum Meisterteam, und auch die Chefin greift unter
dem Pseudonym Mo Anders zur Kamera, wobei das gar nicht geplant war. Zwar hatte Simone Bruns nach dem Abitur im ostfriesischen Leer vor zwanzig Jahren in Hamburg
eine Fotografenausbildung absolviert, wandte
sich dann aber dem Marketing und Vertrieb
in der Branche zu, arbeitete bei Firmen wie
Professional Photo Service (PPS) und Agfa.
Bis sie vor fünf Jahren F. C. Gundlach traf,
den legendären Modefotografen und Gründungsdirektor des Hauses für Fotografie in
den Hamburger Deichtorhallen. Gundlach
fehlten 100 000 Euro für eine geplante Ausstellung seiner Bilder. Sie half ihm derart
überzeugend, auf Gesellschaften das Geld zusammenzutragen, dass sie fortan das gesamte
Fundraising für die Deichtorhallen übernahm
und die Ausrichtung exklusiver Sponsoring
Events gleich mit.
F. C. Gundlach war es auch, der Simone Bruns
ermunterte, die Aufnahmen für das Märchenbuch selbst zu machen, nachdem sich herausstellte, dass der Wunschfotograf Tim Walker
einen Tagessatz von 45 000 Dollar forderte.
Das war dann selbst für ein unbezahlbares GeInga Griese
schenk zu viel.
meisterfotografen.de,
Telefon 0172/875 34 47
Imaginarium
Kico Nico ist eine Maus. Eine Maus mit
Makeln. Sie hat ein kleines und ein
großes Ohr, ein schiefes Lächeln und
eine Narbe am Arm. Trotzdem hat sie
Freunde und wird geliebt. Spielzeug
von Imaginarium will eine Botschaft
transportieren, die Kinder spielerisch
auf die Anforderungen der Zukunft
vorbereiten soll. Wie die Großfamilie,
aus der „Amanda“-Puppenserie: Hier
gibt es neben Mama, Papa, Oma und
Schwester auch noch das asiatische
und das schwarze Adoptivgeschwisterchen – eine echte Patchworkfamilie eben. Pädagogisch wertvoll wollen
Spielzeuge von Imaginarium sein,
aber stets ohne erhobenen Zeigefinger. Denn Spielen soll glücklich machen. Das ist die Basis der Unternehmensphilosophie des Gründers Félix
Tena. Eine glückliche Kindheit steht
im Mittelpunkt des Konzepts, das sich
der Spanier 1992 in Saragossa ausgedacht hat. Dafür hat der studierte Betriebswirt ein Team aus Eltern, Lehrern und Pädagogen aufgestellt, das
ihm bei der
Entwicklung
von Spielzeugen zur Seite
steht. Seine
Produkte, die
alle umweltfreundlich
hergestellt
und aus nachhaltigen Rohstoffen gefertigt werden,
sollen Kinder zum spielerischen Entdecken, Erforschen und Lernen ermutigen. Zu seinem „Unternehmen mit
Seele“ gehört auch eine ausgefeilte
Ladengestaltung. In Imaginarium-Geschäften, die man heute in 30 Ländern
weltweit findet, gibt es immer eine
große Tür für Erwachsene und eine
kleine für Kinder. Die Verkaufstische
sind niedriger als gewöhnlich und Anfassen ist ausdrücklich erwünscht. Die
Kleinen werden sogar vom geschulten
Verkaufspersonal dazu angehalten,
Spielzeuge vor Ort auszuprobieren.
Nach galaktischen Raumschiffen, Videospielen oder Kriegsspielzeug können Sie jedoch vergeblich suchen.
Spielsachen sind hier immer inspiriert von Alttagssituationen – vom
echten Leben. Es sind Produkte, die
der kindlichen Fantasie Freiraum lassen und auch Eltern zu Kreativität anregen. Wie das Märchenbuch, in dem
man nur die Anfänge von Geschichten
findet. Den Rest dürfen Sie sich selbst
ausdenken. imaginarium.de
FOTO: IMAGINARIUM
EINE WELT FÜR
SICH UND MICH
Das Maskottchen von
Imaginarium:
Kico Nico
GESCHENKE
Gucci für
Unicef
i
n
d
Hermès und Gucci helfen
Kindern. Plus: einige
Geschenkideen
„Joy“-Bag mit fliegenden Elefanten. Unten: Bildband „Snowman in Africa“ von Michael Roberts
Michael Roberts ist Fotograf und Autor und
Illustrator des erfolgreichen Kinderbuchs
„Snowman in Paradise“. Das Lifestyle-Unternehmen Gucci hat
ihn für die UnicefKampagne „Schulen
für Afrika“ gewinnen
können. Gemeinsam
haben sie den Folgeband „Snowman in Africa“ herausgebracht. Inspiriert von den Charakteren im Buch kreierte Kreativchefin
Frida Giannini dazu zwei „Joy“-Taschen, Anhänger und Lederwaren. Zu
kaufen ist die Charity-Kollektion vom
16. November bis 31. Dezember in
Gucci-Läden und unter gucci.com
24
Für die Coolen: Das galaktische
Gefängnisraumschiff ist von Lego
Putzhilfe!
Junior-Set von
Vileda über
klein-toys.com
IN
KLEINEN
HÄNDEN
Bei Kindern hat das Begreifen noch mit Anfassen zu tun. Sie erforschen die Welt durch
Tasten und verstehen schwer, dass eine Ermahnung „nur mit den Augen, nicht mit den
Händen“ sinnvoll ist. So lautet jedenfalls der
mütterliche Ordnungsruf, wenn die Kleinen
mit den mundgeblasenen Glasfigürchen aus
dem Venedigurlaub spielen wollen.
Die den Kindern eigene Begeisterungsfähigkeit, die vom Wert nichts wissen will, aber das
Funkelnde und Leuchtende und Kuschelige
umso mehr zu schätzen weiß, verlernen Erwachsene leider allzu rasch.
In einem Seidenworkshop, den Hermès zusammen mit der Organisation Children for a
better World e.V. organisiert hat, dürfen die
Kleinen nun entdecken und anfassen – ohne
dass sie voreilig zur Ordnung gerufen werden. Hermès stellt kostbare Seide und die Farben zur Verfügung, auf der die Mini-Künstler
malen dürfen, was auch immer ihnen in den
Sinn kommt: vom lieben Gesicht der Mutter
bis zu Power Rangern – es ist alles erlaubt. Es
sind Kinder aus den sogenannt sozial schwachen Familien, denen man hier den Zugang
zu Materialien ermöglicht.
Diese Werke werden am 19. November, am
Vorabend des Weltkindertags im Rahmen des
Konzertes „Fest der Farben“, präsentiert. Die
Gala, die in München in der Allerheiligenhofkirche stattfindet, will sowohl auf die zehn
Kinderrechte aufmerksam machen als auch
Spenden sammeln für die zukünftigen Projekte des Entdeckerfonds.
Spenden an „Children for a better World e.V“
bei Deutsche Bank München, Kontonummer
80 80 160, Bankleitzahl 700 100 10, Stichwort
„Entdeckerfonds“.
Weitere Informationen finden Sie unter
children.de oder hermes.com
Minis für Minis: Ferrari Gokart, BMW Roadster, Stoppzeichen von Daimler, Mini Cooper, Baby-Porsche in Orange, Audi mit Kettenantrieb, Daimler SL 300
FOTOS: PR
K
Für die Kleinen:
Creme für kleine
Maulwürfe von Hipp.
„Tomte und der Fuchs“
von Astrid Lindgren.
Buntstifte „Colour Grip“
von Faber-Castell.
Petit Fours aus Plüsch
über momastore.org
Kinder des Workshops mit ihren selbst bemalten Carrés
Großmütige Frauen schenken
Fußball-Dauerkarten oder
wenigstens die X-Box 360
oder eine Playstation 3 mit
Fifa-2010-Spiel. Bruno Manetti strickt für den FC Bayern
Fanpullis – aus Kaschmir
natürlich, 01805/36 53 60
GESCHENKE
Manschettenknöpfe aus
Bronze mit Saphir von
Spreckelsen & Carnevale,
Hamburg
M
Leichtgewicht: Oris „Williams F1
Team Skeleton Engine Date“.
Zeitloses Modell: „Carrera Calibre 5“
von Tag Heuer
Socken??? Aus
Kaschmir gern.
Von Falke
Stylish trinken:
Christian Lacroix
hat für Chivas
Regal diese
Flasche designt
Psst ... Das Crossbike
„Strato“ hat einen
E-Motor, quantya.eu
Wach auf! Reisewecker
„Tambour“ von Louis Vuitton
Für Liebesgrüße: „Pen of the
Year“ von Faber-Castell
Och nö, nicht schon wieder wischen!
Der elektrische Scooba macht es
eigenständig, kleinundmore.de
Für Gute:
Canada
Goose verkauft die
blauen Parker
zugunsten
von „Polar
Bear International“
A
NN
Manschettenknöpfe aus Email über
conradhasselbach.de. Die Zebraköpfe
sind aus München, edmeier.de
Für Neureuthers: Weste aus
Bogners Olympia-2010 Kollektion
Für Fans von classicdriver.de: USB-Stick von
Porsche Design. Unter porsche.de/museum gibt es
auch Adventskalender und Backförmchen
Tolle Technik: IPodStation „Geneva“
genevalab.com
Was Männer wirklich wollen?
Mehr als das eine bestimmt. Wir haben
für Weihnachten 18 weitere Vorschläge
Toller Sound: Papplautsprecher für Selberbauer
von Muji
GADGET-INSPEKTOR DELEKAT UNTERSUCHT
Das „Ascent Ti Carbon“-Handy von Vertu
26
Schmuck
mit
Telefon
Dieses Handy hat der GadgetInspektor mit einigem Respekt in die Hand genommen. Es kostet 6900 Euro,
wenn das Gehäuse aus Titan und Carbon gefertigt
ist, und 12 000 Euro in der
Version ganz aus Carbon.
Technisch hat das „Ascent Ti
Carbon“ von Vertu kaum mehr
Titan ist hell,
Carbon
gemustert
drauf als ein 100-Euro-MittelklasseHandy, wie es zusammengeklipst und
gesteckt vom Fließband kommt. Das
Vertu-Handy ist dagegen aus einer
Unzahl winziger Schräubchen in
Handarbeit gefügt und montiert, von
einem Meister. Es ist also ein kompromisslos präzises, altmodisch fabriziertes Stück Schmuck – mit eingebautem Telefon.
GESCHENKE
Doppelt hält besser:
Manschetten von
Etro gibts paarweise
Du mein Engelchen!
Anhänger
von Swarovski
Crystallized
Auch für junge Fans: Ferragamo
feiert 70-jähriges Jubiläum mit dem
Pailletten-Ballerina „Varina Glam“
Lesen! Gesammelte Kurzporträts von Truman Capote:
„Marilyn & Co“ in Seide
gebunden. Kein&Aber Verlag
F
Bescherung für die Nägel: neue
Lackfarben von Chanel
Herzilein:
Vergoldete
SilberOhrstecker
von Arena
Kopenhagen
Stiefel von Brunello
Cucinelli über
brunellocucinelli.it
R
Love me: „Flirty“Armreifen von D&G
A
Auch Bürotische
haben Wünsche: Set
aus gebürstetem
Edelstahl von Hermès
Klar braucht sie ein
Lederkästchen.
Handarbeit „Fiori“
über artedona.de
Trägt nicht auf:
Handtasche von Moncler
U
Stiefel-Klassiker
„Estelle“ von
Bally gibt es
jetzt in Python
Für schillernde
Feiertage: Pailletten
von H&M
Mach mal Pause: zu den
Peeptoes von Ruthie
Davis gibt es die passenden Ballerinas, bei
Behringer in München
Auch für Ex-Models:
Nachthemd von Elle
MacPherson Intimates,
net-a-porter.com
Wünschen sich Ihre Damen
wieder nur „Nichts“? Hier sind
20 Anregungen daraus
Wasserglas „Jackie“ mit
Goldrand von Kosta Boda
Telefon 02203/600 96 64
Taschen hat sie nie genug: die
neue „Saffiano Fori“ von Prada
Warum nicht klotzen:
Tischuhr von Cartier
Das Marni-Maskottchen lässt sich
gern herumtragen. Über marni.com
Im Bett mit Ralph Lauren: „Indian Cove
Lodge“ über ralphlaurenhome.com
27
Das neue PradaGeschäft am
Mailänder Corso
Venezia ist
spezialisiert auf
„made to measure“. Neben Jeans
können auch
Daunenjacken
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Frankfurt oder München
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13.8.2009 11:32:38 Uhr
PORTRAIT
DER
WERTVOLLE
Für Georg Hornemann ist
Kunst ein Werk der Hände
– Inga Griese hat ihm auf
W
Ihnen galt
schon in
Kindertagen
auf dem
Bauernhof in
Dessau Georg
Hornemanns
Interesse:
Tiere und
Totenköpfe.
Oben ein
Ring, unten
eine Schale
30
as soll man halten
von einem Mann,
der offensichtlich
ausgesprochen gern
mit Totenköpfen arbeitet? Denn am
Anfang war das Buch. Großes Format, schwarzer Lackeinband, ein wenig mysteriös. Prolog:
„Die Form ist das Wesen, das Wesen ist die
Form.“ Darin kluge Gedanken und vor allem
Hochglanzfotos von faszinierende Schalen,
perfekte Arbeiten - und so viele Totenköpfe?
Nicht nur, aber eben auffällig. Es wird Zeit,
Georg Hornemann persönlich kennen zu lernen. Der Name ist Begriff, lange schon, vor allem wegen seines Schmucks. Raffinierte, opulente Teile. Die Adresse ist erstklassig. Königsallee in Düsseldorf. Ein Wachmann öffnet die
runde Glastür. Hmh, ein bisschen klein hier
für den großen Namen, die paar Vitrinen in
der Wand? Alles Absicht. „Wir sind keine Juweliere, sondern ein Goldschmiede-Atelier.
Das ist etwas anders“, wird Georg Hornemann
später sagen. Bloß nicht hochstapeln. Wofür
auch? Lieber hochgehen an den lichten eigentlichen Ort. Hohe Decken mit einer prächtigen Art-Deco Lampe, selbstgebaut vom multibegabten Kunst-Handwerker Hornemann,
hohe Vitrinen, weiße Wände, schwarze Türen, ein riesiger schwarzer Tisch, eine große
Ruhe. Sie geht von dem Ort aus aber auch von
den Mietern: Georg und Sohn Alexander Hornemann. Beide sehen bestens aus. Guten Tag,
sehr nett, und schon ist der Sohn einem anderen Raum verschwunden. Er kümmert sich
um die Finanzen, Organisation. Seit 18 Jahren,
mit allen Vollmachten. „Was für ein Glück“,
sagt der Vater und meint damit nicht nur, dass
sein Junge ihn von der Zahlenmaterie befreit.
Georg Hornemann holt Espresso, schwarzes
Tablett, schwarze kleine Dibbern-Tasse kommen auf den schwarzen Tisch, gleich neben
die schwarze Wildlederdecke, die er ausbreitet wie eine Spielwiese für die Ringe, die ich
vorher fasziniert in den Vitrinen betrachtet
hatte. Ohne jedes Gewese landen hunderttausende von Euro vor mir, das schwarze Häschen, das hellblaue Äffchen, der Frosch in
Pink, alles Ringe, erstaunlich gut zu tragen
wie auch der mit den neun einzelnen Entenköpfen (man hört sie förmlich schnattern)
oder auch mit neun Tigerköpfen, eine schöne
Georg Hornemann in seinem Büro. Unten eines der
vielen Gedichte seiner Wissenssammlung
H ORNEM A NNS
U NIVERSU M
Erschrick nicht vor dem Lebenszeichen,
Es träget unser künftig Bild,
Vor dem nur die allein erbleichen,
Bei welchen die Vernunft nichts gilt.
Wie schickt sich aber Eis und Flammen?
Wie reimt sich Lieb’ und Tod zusammen?
Es schickt und reimt sich gar zu schön,
Denn beide sind von gleicher Stärke
Und spielen ihre Wunderwerke
Mit allen, die auf Erden gehen.
Ich gebe dir dies Pfand zur Lehre:
Das Gold bedeutet feste Treu’,
Der Ring, dass uns die Zeit verehre,
Die Täubchen, wie vergnügt man sei;
Der Kopf erinnert dich des Lebens,
Im Grab ist aller Wunsch vergebens,
Drum lieb und lebe, weil man kann,
Wer weiß, wie bald wir wandern müssen!
Das Leben steckt im treuen Küssen,
Ach, fang den Augenblick noch an!
Johann Christian Günther (1695-1723)
Hydra. Dass ich die Pretiosen einfach die ganze Zeit auf den Fingern lasse, stört den souveränen Gastgeber erstaunlicherweise gar nicht
und mich stören die Brocken erstaunlicherweise auch nicht beim Mitschreiben. Der
Frosch klammert sich förmlich an meinen
Finger, als wäre der die Leiter im Weckglas.
Aber es gibt auch ganz strenge Stücke, von
früher, Kugeln und Dreiecke im Spannungsverhältnis gesetzt. Das Bauhaus grüßt. In Dessau ist er ja aufgewachsen, der Vater war Flugzeugbauer bei den Junkerswerken , die Familie mit den sechs Kindern lebte auf einem
Bauernhof, und eigentlich wollte Klein Georg,
der immer bastelte und malte und schlosserte,
auch Flugzeugbauer werden. Und dann lernte
er zufällig einen Goldschmied kennen, das
faszinierte ihn, weil er immer etwas von Anfang bis Ende machen wollte. Arbeitete also in
den Schulferien bei dem Goldschmied, studierte, machte eine Lehre von der Pike zum
Meister, der Vater akzeptierte die Entscheidung schließlich , weil sie auch mit Gestalten
zu tun hatte. Er gewann internationale Wettbewerbe, designte Uhren, arbeitete in der
Schweiz, machte sich 1973 selbständig, Mitte
der 80er wurde ihm ein Atelier in Düsseldorf
angeboten. Der Ort schien vertraut, weil die
Mutter vor dem Krieg dort gearbeitet hatte
und immer sang: „Warum ist es am Rhein so
schön…“- zugleich war er beängstigend. Soviel
Konkurrenz! Mittlerweile müssen sich wohl
eher die anderen ängstigen.
Kundenmangel kann er nicht beklagen. „Ausgefallene Ideen und vor allem Handwerk werden zunehmend geschätzt.“ Was Hornemann
auch deswegen freut, weil er es mit dem Gropius-Manifest hält: Man kann Kunst nicht erlernen. Sie entsteht aus dem Handwerk.“ „Das
ist eben nicht das Gegenteil von Bildung.“
Deswegen ist er auch stur geblieben, hat keine
Geschäfte eröffnet, betreibt nur das Atelier
mit den zehn Mitarbeitern. Um sich zu konzentrieren, Qualität zu garantieren, Raum und
Zeit für Visionen zu lassen.
Und was ist nun mit den Totenköpfen? Lächeln. Als Achtjähriger hortete er schon Knochen und Schädel unter dem Bett, fasziniert
davon, was hinter der Fassade der Menschen
steckt. Der Schädel als ältester Nutzgegenstand überhaupt, als mystische Schale, als Behältnis für das Gehirn. Nein, mit dem Plastinator hat er nichts am Hut, das ist ihm zu unappetitlich nah am Menschen.
Hornemanns Ansatz ist distanzierter, philosophischer, auch deswegen tragen seine Totenköpfe ein gewisses Lächeln. Das nimmt man
mit, wenn man ungern geht.
FOTOS: HORNEMANN
dieselben geschaut
Selten hat ein Skelettreigen eine derartige Ästhetik wie in den Schalen von
Georg Hornemann, der aber auch ganz prächtige Schmuckstücke fertigt. Wenn
er nicht malt, oder bildhauert. Gerade ist ein Kunstband über seine schönsten
Objekte erschienen. Über Telefon 0221 205960
Anhänger von Wempe besetzt
mit Diamanten, Rubinen und
einem Saphir
Chopard: 25 Karat
schwere Ohrringe
aus 1 702 Diamanten
AmethystOhrhänger aus
Silber von
Drachenfels
Marganith-Anhänger aus
Elfenbein und Rubelliten
von Majo Fruithof
Diamanten, Amethysten,
Beryls, Rubelliten, Tsavoriten,
Tanzaniten und Saphire
schmücken Ohrring
„Chardonus“ von
Dior Joaillerie
Ring „Pipita“ aus Weißgold mit
Diamanten von Bottega Veneta
32 Karat schwerer Turmalin in
Weißgold gefasst. Von Tamara Comolli
GESCHENKE
Geschmückt wie ein Christbaum?
Wir haben hier eine kleine Auswahl an
Kostbarkeiten, die funkeln und glitzern
Cartier: Armband aus
Leder mit goldenem
Pantherkopf, Onyxen,
Diamanten und zwei
Tsavoriten
BLING
Pomellato-Ring „Lulù“ aus
Brillanten und Amethysten
Schmetterlingsarmreif,
besetzt mit 586 Saphiren,
578 Diamanten,
52 Tsavoriten und
136 Smaragden,
von De Grisogono
Ring „Espresso“ von
Wellendorff – die inneren
Ringe sind drehbar
Für den Musikfan: Ring „Turntable“ aus Silber
mit Zirkonia-Pavé von Thomas Sabo
Mit rosafarbener Jade und
Diamanten verziert: Bulgari-Armreif
aus der „Serpenti“-Kollektion
32
Tiffany & Co:
Elsa Perettis „Bone
Cuff” aus Kupfer
„Cayman“-Ring
von Gübelin
SCHMUCK
THE
FINAL
CUT
Was kommt dabei heraus, wenn
Louis Vuitton sich in der Haute
Joaillerie versucht? Diamanten in
ganz neuen Formen und viel
Arbeit für die Goldschmiede
FOTOS: LVM, PICTURE ALLIANCE/DPA
W
enn Louis Vuitton
ankündigt, die erste Haute-Joaillerie-Kollektion in
der Geschichte des
Hauses zu präsentieren, dann ist das
in der Modebranche so etwas wie ein Pflichttermin. Aber nicht alle Gäste bekamen während der Modewoche in Paris auch alle Stücke
zu sehen. Wer nicht schnell genug war, stand
dort, wo das blau-weiße Collier mit den 3331
Diamanten, 18 Saphiren und 15 Aquamarinen
für über eine Million Euro gelegen hatte, vor
einem leeren Schaukasten. Der neue Besitzer,
der das Set vom Fleck weg erworben hatte,
konnte es offensichtlich nicht mehr erwarten.
Mehr demonstrative Begehrlichkeit kann
man sich als Marke nicht wünschen.
Louis Vuitton und Schmuck, das war bislang
vor allem Louis Vuitton und Modeschmuck
zum Preis von echtem Schmuck: In der aktuellen Winterkollektion trugen die Models dicke Ketten um den Hals, die von Weitem an
fragile Papierschlangen erinnerten, sich dann
als lackiertes Messing mit „soft touch“ herausstellten. Eines der begehrtesten Accessoires
dieses Winters, leider zum Preis von 1200 Euro. Vor knapp zwei Jahren wurde außerdem
die Kollektion „Blason“ vorgestellt, eine Kooperation von Vuittons ehemaliger Schmuckdesignerin Camille Miceli mit dem Hip-HopProduzenten Pharell Williams. Wirkliche „Fine Jewelry“ war auch das nicht, und viele in
der Branche waren sowieso der Meinung, ein
Haus, das seine Wurzeln in der Ledermanufaktur hat, müsse nicht auch noch mit Juwelen anfangen.
Genau deshalb wurde als Designer der Haute
Joaillerie Lorenz Bäumer engagiert, der zuvor
unter anderem 20 Jahre für Chanel tätig war,
und nicht nur eine eigene Kollektion, sondern
gleich ein eigener Diamantenschliff entwickelt – in Form der Blumen und Sterne aus
dem Louis-Vuitton-Monogramm. Eine Dimension des Brandings, wie sie bislang nur
Montblanc mit einem „Logo-Cut“ verfolgte.
Man habe von Anfang an ein Statement setzen
wollen, sagt Bäumer, mit diesen „fancy cuts“
wie mit außergewöhnlichem Design. „Leider
weigerten sich die Goldschmiede zunächst,
meine Zeichnungen umzusetzen. Das Design,
die Fassungen, die Schliffe – alles war ihnen
viel zu kompliziert.“ Am Ende dauerte es eineinhalb Jahre die roséfarbenen Saphire auf einem Ring wie den schwingenden Rock einer
spanischen Flamenco-Tänzerin anzuordnen.
Ohrringe sind gotischen Kirchenfenstern
nachempfunden, ein anderes Set erinnert mit
seinen filigranen Diamant- und Granatschnüren und den auseinanderstrebenden roten
Spinellen an ein chinesisches Feuerwerk. Die
kostbaren Pretiosen bilden nun die Kollektion
„L’âme du voyage“, „Die Seele der Reise“.
Bäumer, Mitte vierzig, ist der Sohn eines deut-
schen Diplomaten und einer französischen
Mutter und schon als Kind viel herumgekommen. Zudem gilt er als ausgesprochen innovativ in der traditionell eher konservativen
Schmuckwelt, in der die Regel vorherrscht:
Was über Jahrzehnte getragen werden will,
soll so zeitlos wie möglich bleiben.
Doch bei diesen Designs ging es Bäumer keineswegs um Zurückhaltung. „Ich wollte diesmal nicht das kleine Schwarze unter den
Schmuckstücken entwerfen. Es sollte das
Ballkleid sein. Wenn Sie es anlegen, sehen Sie
sofort aus wie eine Prinzessin!“ Die frühe Idee
von Schmuck sei doch gewesen, einen Rahmen aus Licht um das Gesicht anzuordnen:
Kette, Ohrringe, Tiara. Bei der „L’âme du voyage“ habe er genau dieses Ziel immer im Hinterkopf gehabt. „Die Stücke verleihen einer
Frau sofort strahlenden Glanz, wie ein Facelift.
Ach nein, eigentlich sind sie viel besser als ein
Silke Wichert
Facelift.“
Colliers, die an
gotische Kirchenfenster erinnern, ein
schwingender
Flamenco-Rock als
Brosche. Das kommt
davon, wenn ein viel
gereister Diplomatensohn wie Lorenz
Bäumer Schmuckdesigner wird
33
Die Digitalkamera
„Exilim Z90“ von Casio
hat einen dreifach
optischen Zoom
„Lifethreads Gold “ von La Prairie
steht für Erfolg und riecht nach
Pflaume, Nelke, Mandarine
Goldpartikel für
die Lippen:
„Joli Rouge der
Brillant“ aus der
„Palazzo d’Oro“Kollektion von
Clarins
Füllfederhalter „Bohème
Gold Plated“ mit einem
Citrine von Montblanc
GESCHENKE
Miu-MiuHalskette
aus Metal
und Leder
Das Cremeparfum „Beautiful“
befindet sich im Bauch des
Tigers. Von Estée Lauder
Paillettenmantel von
3.1 Philipp Lim über
net-porter.de
Die 18 Karat schwere und
limitierte Kette mit Kristall ist
aus der Kollektion „Pampilles“
von Baccarat
Goldige LammfellStiefelchen von
Ugg Australia
Beim Midas! Das Service
„Chevrons Or“ von Hermès
über 06023/966 223
Goldfarbener Nagellack von der Berliner
Firma „Uslu Airlines“
entstand in Kooperation mit dem deutschen Modedesigner
Bernhard Willhelm,
usluairlines.com
Glänzen Sie ruhig mal!
GOLD
Goldene Zeiten
mit der Fake
Casio G-Shock
aus massivem
Gold, über
art-is-the-alibi.de
Gelbgoldene Gürtelschnalle für
das Handgelenk, Bottega Veneta
Highheels von Marni
Außen Gold, innen hui: PradaPortemonnaie mit pinkfarbenem Futter
34
Tod̀s kann auch molto elgante
Sie wollten schon immer einen goldenen Apple?
computer-choppers.com kleidet ihren Computer luxuriös ein
FOTOS: KOCH&BERGFELD MANUFAKTUR, RETO KLAR
SILBER
DIE MEISTERBECHER
Es gibt überhaupt keinen Grund, Champagner, Bier oder selbst Wasser
aus schnöden Gläsern zu trinken. Brigitte Jurczyk weiß jetzt warum
E
s kann schon mal vorkommen, dass Theo Zwanziger bei Florian Blume
anruft und fragt, wann „das Ding“ denn fertig sei. Der DFB-Vorstand
hat die „Meisterschale“ bei der Bremer Silberschmiede „Koch & Bergfeld Corpus“ in Auftrag gegeben. Die fertigen nämlich so ziemlich alles, was glänzt und dabei Ruhm bedeutet: Die Goldene Kamera, den
DFB-Pokal genauso wie die höchste Auszeichnung im europäischen
Fußball: die Champions-League-Trophäe. Große, gewichtige, imposante Pokale sind das.
Dabei können der 35 Jahre alte Silberschmied und seine Mannschaft
auch ganz ander(e)s: Die traditionsreiche, fast 200 Jahre alte Silberschmiede im Europahafen von Bremen hämmert das berühmte „Hansen-Silber“: Becher und Schalen in unterschiedlichen Größen, außen
silbern glänzend, innen golden funkelnd. Wein trinkt man aus ihnen,
Wodka, Bier oder Champagner. Wie das schmeckt? „Unverwechselbar!“, strahlt Florian Blume: „Ein eiskaltes Bier aus dem Becher – da
gibt es nichts Besseres!“ Denn Silber hat eine wunderbare Eigenschaft:
eine hohe Leitfähigkeit. Wärme wird direkt übertragen, aber auch Kälte. Füllt man also kaltes Bier in den Becher, wird das Silber sofort ebenso kalt und hält die niedrige Temperatur. Wie ein kleiner Kühler eben.
Die Tradition des Hansen-Silbers reicht viele Jahrzehnte zurück, die
Form entspringt der nordischen Mythologie. Schon der Großvater
Klaus Hansen, Kieler Silberschmied und Hof-Juwelier der Hohenzollern, hatte die schmucken Gefäße mit den goldenen Verzierungen und
Riefen in den 1920er-Jahren entworfen. Schnell etablierten sie sich als
zeitloses, klassisches Taufgeschenk, Hochzeitspräsent, glänzende Festtagsüberraschung und auch als Kieler-Woche-Segeltrophäe. Mal größer, mal kleiner. Es gibt sie ja auch in Schnapsgröße. Drei Stempel am
Boden zeichnen sie aus: 925er Sterlingsilber, Halbmond und Krone
und der Name Hansen. Aus der Mode kamen die Becher nie.
Juwelier Klaus Hansen, 67, Enkel des Erfinders, hat die Fertigung der
Unikate kürzlich einem engagierten jungen Mann übergeben: Florian
Blume. Der Silberschmiedemeister weiß um die Tradition und die Ehre, die Handschmeichler herstellen zu dürfen. Stolz führt der 35-Jährige den Besucher durch das modern ausgebaute, lichtdurchflutete Loft,
den „Schuppen Nr. 2“, direkt am Wasser, wo eine Handvoll Mitarbeiter
die edlen Silbergerätschaften von Hand fertigen. Voller Werksstolz.
„Schauen Sie, dieses Regal ist über 100 Jahre alt. Hier stehen über
4000 verschiedene Modelle, nach denen schon die Generationen vor
mir gearbeitet haben.“ Florian Blume hat nicht nur die Lizenz für die
Becher, sondern gleich die ganze Silberschmiede „Koch und Bergfeld
Corpus“ von Klaus Hansen, der die Traditionsfirma 1993 aufgekauft
hatte, übernommen und in eine moderne Hülle gesteckt. Ein Handwerk-Generationenvertrag. Der ehemalige, 900 Quadratmeter große
Kaffeespeicher in der Bremer Überseestadt am Europahafen ist nun
neue Heimat der traditionellen Werkstatt, in der sich Zukunft und Vergangenheit verbinden. Die riesigen, rissigen Werkbänke aus Buchenholz sind mehr als 80 Jahre alt, die Werkzeuge, korrekt aufgereiht, fast
alle ebenso. An der langen Reihe von unterschiedlich geformten Hammern erkennt man: Das ist hier noch echte Handwerkskunst, jeder
Schlag muss sitzen. Bis zu 25 unterschiedliche Arbeitsgänge braucht
es, bis ein Hansen-Becher silbern und golden glänzt: Die weißsilberne
Oberfläche ist von dezentem Martelé überzogen, der Rand auf gehämmertem Grund fein vergoldet. Die kleinen Hammerschläge sitzen so
dicht nebeneinander, dass sich eine zauberhaft feine, reliefartige
Oberfläche ergibt. Ein Dekor, das schon im Art déco beliebt war.
In der feinen Hamburger Einkaufsstraße „Große Bleichen“ stehen die
Becher dann in verschlossenen Glasvitrinen. Vor einigen Jahren hat
Klaus Hansen den traditionsreichen Kieler Familienbetrieb in die
Hansestadt verlegt. Die Kunden sind ihm treu geblieben. Nicht nur
wegen der Becher. Aber: „Wer schon als Kind aus Hansen-Silber getrunken hat, wird es auch als Erwachsener nicht missen mögen.“ Viele
haben die Trink-Gefäße zur Taufe geschenkt bekommen und lieben
sie als kleine Schätze aus ihrer Vergangenheit. So wie alle, die ein Faible für die hohe Kunst des Silberschmiedens haben.
Juwelier Hansen, Große Bleichen in Hamburg, juwelier-hansen.de und
in der Silberschmiede Koch & Bergfeld Corpus, Hoerneckestrasse in
Bremen, koch-bergfeld-corpus.com. Preise: ab 130 Euro.
Der Tradition
verpflichtet:
Hof-Juwelier
Klaus Hansen (oben)
hat das Geheimnis
seiner berühmten
Silberbecher an den
Meisterschmied Florian
Blume (unten)
weitergereicht.
Gefertigt werden sie
mit altem Werkzeug
in einer modernen
Manufaktur in Bremen
35
P
36
DUFTGESCHICHTEN
GUTE RIECHER
Wer mit Designerdüften aufwächst, wird später die Klassiker entdecken. Verstärkt werden
auch frische Düfte für Fortgeschrittene kreiert. Susanne Opalka stellt neue Parfümeure vor
S
FOTOS: PR/MONTAGE: ICON
Szenen einer Ehe:
Martine Micallef &
Geoffrey Newman
eit 12 Jahren begeistert eine kleine unabhängige Parfümfirma aus Cannes
Duftenthusiasten
aus aller Welt: der
Name
„Parfums
M.Micallef “ – extravagante, typisch französische Düfte in
handbemalten Flakons. Jeder ein Unikat, erdacht, bemalt und designt von
einem Ehepaar: Martine Micallef und
Geoffrey Newman. Dass ein so kleines
Label Liebhaber in aller Welt zum
Schwärmen bringt, liegt an den sehr
raren Ingredienzen und den funkelnden Kristallflakons. Auch.
Mit 31 Jahren leitet Martine drei exklusive Beautyinstitute in Cannes. Eine
besonders anstrengende, gute Kundin
fordert von Martine, auch ihren Mann
zu behandeln. Martine weigert sich –
sie will keine Männer in ihren Salons.
Nach über einem Jahr stimmt sie
schließlich zu und lässt den Ehemann
nach Geschäftsschluss durch den Hintereingang hinein. Sie ahnen, was jetzt
kommt? Vom ersten Moment spüren
sie eine ungeheure Anziehung. Doch
beide sind verheiratet, beide haben
zwei Kinder. Tabu! Rund zwei Jahre
kommt Geoffrey in den Salon, beide
trauen sich nicht zuzugeben, was da
zwischen ihnen passiert. „Wir haben
einfach geredet, geredet, geredet. Ich
war nicht verliebt, nein, überhaupt
nicht“, sagt Geoffrey schelmisch. „Ich
habe nur von Geschäftsreisen in der
ganzen Welt im Salon angerufen und
gefragt, ob mein Termin am Freitag
ist. Es war immer freitags. Ich musste
einfach ihre Stimme hören“.1992 entscheiden sie sich für ein gemeinsames
Leben und entdecken eine weitere
Passion: Düfte.
Geoffrey ist Finanzberater einer großen Firma, die mit Ingredienzen handelt, und verbringt viel Zeit in Grasse,
der Welthauptstadt des Parfums. Er
entwickelt ein Faible für kostbare Essenzen. Während sie ihre Bilder malt,
erlebt die Künstlerin Martine immer
wieder, dass „ich einen Hauch eines
neuen Duftes wahrzunehmen scheine“. A perfect match!1997 gründen sie
„Parfums M.Micallef“ und verschreiben sich komplett ihren Düften. In der
kleinen unabhängigen Firma „Floressence“ in Grasse werden die einzigartigen Kompositionen als Konzentrate
hergestellt. Genau nach den Vorgaben
von Geoffrey und Martine, perfektioniert von einer professionellen „Nase“.
60 bis 70% ihrer Düfte bestehen aus
naturreinen Essenzen. Eine Seltenheit. „Die Natur ist launisch. Je nach
Klima oder Boden schwankt die Qualität der ätherischen Öle. Auch das muss
bei der Herstellung und Komposition
immer wieder bedacht werden“, sagt
Geoffrey. Seine größte Herausforderung allerdings: Martine wünschte
sich eines Tages „Mon Parfum“ – ihren
ganz eigenen Duft. „Das war das
schwierigste Projekt, an dem ich je gearbeitet habe“, sagt der erfahrene
Duftprofi seufzend. „Ich habe einen
solchen Ehrgeiz entwickelt, weil es ja
nun mal ihr Duft sein sollte. Er musste
einfach perfekt werden und natürlich
wollte ich ihr gefallen, als souveräner
Mann, der das mühelos hinbekommt.
Schon die Ingredienzen, die sie so
liebt, waren in den Proportionen
überhaupt gar nicht zusammenzubringen. Ich war eine Zumutung für
unseren Senior Parfümeur. Und wir
haben zum ersten Mal in unserer Beziehung dauernd gestritten. Ich hatte
ständig Kopfschmerzen, jeden Monat
habe ich ihr drei Tests vorgestellt, ich
spendete Kerzen in der Kirche. Sie
hatte immer wieder etwas auszusetzen, ich war so sauer. Aber nie auf sie,
nur auf mich, weil ich nicht in der Lage schien, ihren Wunsch zu erfüllen.“
Nach zwei Jahren und 52 Versuchen
insgesamt war „Mon Parfum“ dann im
Flakon. „An Scheidung haben wir allerdings dann doch nie gedacht, nicht
wahr?“, sagt Martine. Und ergänzt
schmunzelnd: „Ich habe schon den
zweiten im Kopf. Er soll ein bisschen
pudriger werden mit Apricot ...“ Die
Blicke, die Geoffrey ihr dabei zuwirft,
sind nicht schwer zu interpretieren ...
Das Portfolio des Dreamteams besteht
heute aus 22 Parfum-Kreationen in
verschiedenen Linien. „Les 4 Saisons“
– vier Düfte, die die unterschiedlichen
Stimmungen der Jahreszeiten eingefangen haben. „Les Exclusifs“ im kreisrunden Flakon aus geschliffenem Glas,
die Suchtpotenzial haben. Hat man
„Aoud“, will man „Gardenia“, nach
„Night-Aoud“ muss „Avant-Garde“ her
und „Royal Musk“– und irgendwann
alle. Oder die „Le Parfum Crystal Collection“ – eine Luxuslinie, deren Flakon-Unikate mit persönlichen Motiven versehen werden und dann mit einem der 22 Düfte (bis zu 3 Liter) befüllt werden können. 400 dieser
Magnums werden jährlich verkauft.
Preis: 1500 Euro. Aber auch ein „Private Label“ kann man sich gönnen, je
nach Auflage für 3000 bis 7000 Euro.
Und sollten Sie jetzt Lust verspüren,
Ihren eigenen Duft zu besitzen: Fahren Sie nach Cannes und versuchen
Sie, Martine Micallef und Geoffrey
Newman zu treffen. Diese Begegnung
hinterlässt nicht nur Duftspuren.
mmicallef.com, Adressen über Stilart,
Tel. 0 89/41 31 27 00
37
James Heeley– aus
purem Vergnügen
Pierre Guillaume
– Frechheit siegt
J
ames Heeley, ein junger Londoner Interiordesigner (Bestimmt habenSie auch schon mal eine „Zinc“-Vase von ihm gekauft, verschenkt,
besessen, gesehen) hat einen Faible dafür, Natur in unsere urbane Welt zu bringen. Als er
sich eines Tages in Paris verläuft und in einen
Blumenladen gerät, schwärmt er innerlich,
wie großartig doch die Natur ist, was sie alles so
herausbringen kann, diese rein natürlichen Düfte... Er mag
den Laden gar nicht mehr verlassen und steht verliebt vor
Rosen, Lilien, Maiglöckchen, Iris. „Sie können sich mein
Gesicht vorstellen, als man mir zeigte, woher dieser über
alles berauschende Duft stammte. Es war eine Duftkerze.
Ich stand da, so ein bisschen wie ein Kind vor einem Bonbonladen.“ Heeley wechselt sofort nach Paris, lernt die Parfümeurin Annick Goutal kennen (von ihr stammte die Kerze) und das Handwerk der Parfümeriekunst. Inzwischen
umfasst seine Kollektion 9 verschiedene Düfte. Schnappen
Sie sich einen, ach, am besten alle und Sie erleben eine
neue Art der Parfümerie. Selten erwischt man Düfte, die
so klar und rein, so eindeutig und perfekt gemacht sind.
Das ist dem bescheidenen, ruhigen Engländer dann doch
viel zu viel. „Ich tue die Dinge einfach aus purer Liebe an
der Sache. Ich liebe Verveine-Tee. Also mache ich einen
Verveineduft. So einfach ist es. Es geht aber nicht darum,
die Natur zu reproduzieren, sondern eher um das Gefühl
von und für Natur. Meine Düfte verbinden traditionelle
Parfümeriekunst, also Geschichte, und moderne Elemente, also die Zukunft. Ich will aber nicht modern sein, um
modern zu sein. Das ist sterbenslangweilig, bitte keine originellen Ideen nur um originell zu sein.“ Und eine gehörige Portion Ironie! Heeleys „Esprit du Tigre“ ist tatsächlich
dem chinesischen Tigerbalm nachempfunden. Oder sein
„Menthe Fraiche“. „Jeder, aber auch jeder, den ich fragte
sagte, das ist wirklich eine schlechte Idee. Niemand konnte
sich vorstellen, Minze zu tragen. Na klar, es erinnert an
Zahnpasta, Kaugummi, Schokolade und Bonbons. Aber ich
sah auch, dass ein Mintparfum wunderschön feinsinnige
Avantgarde sein kann. Und schließlich ist Minze ja in der
englischen Kultur ungeheuer wichtig.“ Aus nur 18 Ingredienzen (die meisten Düfte haben mindestens 100) ist „Menthe Fraiche“ entstanden, das wie ein grünes Blatt erfrischend gegen glühende Sommerhitze wirkt, eine pure erfrischende Brise ohne süßlich zu sein, „organic freshness
and live vegetation“ nennt er es und schlicht: Gut gemacht,
funktioniert jeder Duft. Das gilt erst recht für Heeley’s Feigenduft. Feige ist ein Mysterium, jeder Parfümeur möchte
einen Feigenduft machen. Es gibt einige. Wer aber einmal
an Heeleys Feige gerochen hat, weiß was gefürchtete Parfumkritiker wie Luca Turin meinen, wenn sie sagen: „Es
gibt keine bessere Arbeit da draußen über Feige als diese.
Ein Meisterwerk der hyperrealistischen Parfümerie.
James Heeley eröffnet eine neue Qualität der Parfümerie.
Es ist eine seltene Freude ein Duft zu beurteilen, in dem
die Komponenten alle präsent und korrekt sind, wie angegeben, von hoher Qualität, wundervoll zusammengefügt,
ohne jede Prätentiösität, im besten Sinne schlicht, melodiös und leise. “ Und zu „Cuir Pleine Fleurs“ – einem blumigen Lederduft (mein absoluter Favorit) sagt die Anna Wintour der Nasen: „Cuir Pleine Fleurs sollte als eine Übungsstunde für alle dienen von Hermès bis Cartier, die sich
nach einer neuen Art der Schönheit sehnen.“ Nicht mehr
und nicht weniger!
Düfte bei ausliebezumduft.de
P
ierre Guillaume ist
der momentane
Darling der Parfumszene.
Das
liegt sicher an seinem Charme, garantiert an seiner
herzlichen Offenheit und wahrscheinlich am umwerfenden Äußeren. Nicht genug
der betörenden Mischung: der
32jährige Franzose sprüht vor Leidenschaft und Hingabe für seine
Passion „Parfumerie Générale“. Unter diesem Label mit seinen Initialen kreiert er seit 2002 außergewöhnliche Parfumkunstwerke. 20
verschiedene sind es inzwischen –
alle mit einer Nummer versehen,
damit ein Name nicht gleich die
Empfindungen in eine Richtung
lenkt. Hast du nicht gesehen, greift
er schon zu PG02 und sprüht sich
und mir eine Portion auf den Arm.
Dann leckt er mit der Zunge darüber und fordert mich auf gleiches zu
tun; kaut darauf herum und schnalzt
mit der Zunge gegen den Gaumen,
ähnlich wie beim Weintasting, und
ist ganz beglückt, wie sehr doch Geschmack zum sinnlichen Erlebnis
beiträgt. Ein bisschen Sorge hab’
ich, dass wir jetzt alle 20 so durchtesten, doch Pierre macht konventionell mit der Nase weiter und serviert zu jeder seiner Kreationen den
parfümistischen Hintergrund und
die Entstehungsgeschichte. PG 02
oder „Cozé“ (im Untertitel haben alle Düfte dann doch einen Namen) ist
sein Erster und entstand ursprünglich aus reiner Neugier, um zu testen, ob er den geliebten Geruch der
Zigarrenkiste seines Vaters reproduzieren konnte. Nur so für sich,
kein Gedanke an das Parfümbusiness. „Meine Großmutter brachte
mir, als ich etwa 8 war einmal von
einer Reise ein kleines Fläschchen
ätherisches Ylang-Ylang-Öl mit.
Seltsames Mitbringsel für einen
achtjährigen Jungen, oder? War
wohl ein Verlegenheitsgeschenk in
letzter Sekunde. Zu der Zeit war ich
ein Sammelfreak. Telefonkarten,
Stempel, Fahrscheine, Briefmarken.
Und eben Öle. Mit 15 hatte ich 350
verschiedene. Am Geruch war ich
nie interessiert. Aber irgendwann,
mischte ich dann doch einfach drauf
los, um diesen Geruch der Zigarrenkiste meines Vaters hinzukriegen,
der für unsere ganze Familie so heimelig war. Diese Ursuppe benutzte
ich selbst und hatte sie immer da-
bei.“ Im Jahr 2002 begleitete Pierre
einen Freund zu einer Party in Genf.
„Schon der Fuhrpark schüchterte
mich ein, die Villa, die Gäste. Ich
war peinlich berührt. Ich kannte
mich in dieser Welt nicht aus. Die
Gastgeber fragten natürlich, was ich
tue. Es war eine Party zu Ehren eines Künstlers. Und so sagte ich anstatt, ich bin Chemiker, ich bin Parfümeur. Die Gastgeberin, ausgerechnet eine große Parfümliebhaberin, war ganz entzückt, und ich
fühlte mich immer unbehaglicher.
Es kam die unweigerliche Frage:
Und was haben Sie kreiert? Anstatt
zu sagen Nichts, sagte ich, das, was
ich heute trage, es wird nächstes
Jahr lanciert und ich sprühte ein
bisschen davon. Sie war begeistert,
das sah ich an dem Blitzen in ihren
Augen. Daran erkenne ich übrigens,
ob ein Duft wirklich gefällt. Du
kannst mir noch so viele Komplimente machen, nur, wenn ich das
Blitzen sehe, weiß ich, dass dir der
Duft wirklich gefällt. Okay, die 2 Milliliter ließ ich ihr da.“ Zwei Wochen
später trudelte die erste Bestellung
ein: 33 Flaschen. Für den Lions Club,
die Rotarier und viele mehr von
dem Kaliber. „Ich hatte keine Flakons, ich hatte kein Packaging, ich
hatte gerade mal einen Liter von
dem Zeug. Und dann schrieb sie
auch noch in ihrem Blog über Parfumerie Générale... In Russland, in
Kanada lasen sie den Blog und bestellten. Ich hatte keinen PR-Menschen oder Vertriebsleute, die New
York Times rief an und dann erschienen die ersten Kritiken , aber
es war eigentlich schon gelaufen.
Ich hatte schon meine Fans.“ Inzwischen gilt Pierre Guillaume als junger Wilder der Parfümszene, weil er
Techniken einsetzt, zu der er während seines Studiums der Feinchemie inspiriert wurde. Diese eigenwillige Mixtur aus Hightech-Methoden und Molekülen mit reinsten
biologischen Naturessenzen macht
die Düfte der „Parfumerie Générale“
so neu- und einzigartig. Und so erfolgreich. So kreiert Pierre Guillaume inzwischen eine weitere Serie:
„Collection Privée“ und adressiert
sie eindeutig an Kenner mit höchsten Ansprüchen. Nur Kunden und
Geschäfte, die bereits seine nummerierte Kollektion besitzen, werden
beliefert. Oder er spricht eine private Einladung aus.
Adressen über Aroma Company, Tel.
06103/310 46 70
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Jacques Cavallier findet die
Weiblichkeit
Ben Gorham – besessen
von Erinnerungen
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FOTOS: PR, WWW.AROMACOMPANY.DE, MONTAGE: ICON
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an kann ihn ohne Übertreibung eine Eminenz der Parfümbranche
nennen. Masterparfümeur Jacques
Cavallier, in Grasse geboren, hat als
Sohn und Enkel von Parfümeuren
das Talent zweifellos in die DNA
gemendelt bekommen und in den
vergangenen 20 Jahren Meilensteine der Parfümerie komponiert. Grandiose oder kommerziell erfolgreiche wie Issey Miyakes „L’Eau d’Issey“, Armanis „Aqua di Giò“, Jean Paul Gaultiers „Classique“, „Pasha de Cartier“, „Sander for Men“, „Stella“ von Stella
McCartney oder „Opium pour Homme“ – und nicht weniger wundervolle, aber leider kaum beachtete, wie „Nu“ und
„M7“ für Yves Saint-Laurent. Doch selbst eine so renommierte und routinierte Meisternase gibt unumwunden zu:
„Ich bin immer nervös, wenn ich mit einer neuen Arbeit
beginne. Du hast so eine große Verantwortung.“ In diesem
Fall erwartete das römische Schmuckimperium Bulgari
nichts Geringeres als ein neues Juwel für die Parfum-Kollektion. Man kennt sich und respektiert sich, so hatte Cavallier bereits 1995 „Bulgari pour Homme“, 1996 „Pour
Homme Extreme“, 2005 „Aqua pour Homme“ und einige
Düfte mehr für die Italiener komponiert. Allesamt Herrendüfte. Und nun sollte es ein Damenduft sein, die zeitgemäße Nachfolge von BLU, dem Riesenerfolg.
Wie geht man an ein solches Projekt heran? „Ich wollte
und musste eine neue Weiblichkeit, eine neue Natürlichkeit erfinden, eine transparente neue, moderne Weiblichkeit“, so Cavallier zur Ausgangsidee. Klar denkt man dabei
sofort an Rose. Zu einfach für einen Cavallier. „Ich persönlich glaube, dass natürliche Inhaltsstoffe besser sind, aber
ich suchte etwas Verstörendes, etwas Neues – gleichzeitig
soft und würzig, elegant, aber frisch. Einen Kontrast zu finden, ist das Wichtigste in der Parfümerie. Seit 1990 arbeite
ich an dem Thema Transparenz, ich wollte aber nicht wieder Ozon- oder aquatische Noten verwenden.“ So erfand
Cavallier eben eine Blütennote, getauft „Dewy Violet“, eine
Interpretation des Veilchendufts. „Das war die erste Idee,
und es ist immer so, du machst danach tausend andere Versuche, aber die erste Idee ist die beste. Und da war sie, die
transparente feminine Note aus einer Blume. Mit einer
wiederentdeckten Technik (mit der man auch Kaffee vom
Koffein befreit) selektierte Cavallier nur die Noten des
Veilchens, die er wollte. „Ich träumte von Blumen, Blüten
und Landschaften, ich wollte der Femininität dienen, bin
immer überwältigt von der Power, die Frauen haben. Es ist
so viel einfacher, einen Duft für Männer zu kreieren.“
Mit „Dewy Violet“ war die Grundidee geboren, aber erst
200 Versuche später wanderte das Endprodukt in den Flakon. Jeden einzelnen Versuch trägt der Parfümeur selbst.
„Ich rieche nie frisch daran, erst nach sechs Stunden.“
Auch Madame Cavallier ist an jeder Etappe beteiligt.
„Wenn sie etwas moniert, verändere ich die Formel!“
Und wie viel Geduld hat der Auftraggeber? „Mit Bulgari zu
arbeiten, ist eine besondere Freude. Sie respektieren dich
und deine Kreativität, sie lassen dir alle Freiheiten. Selbstverständlich sind ein paar Codes zu respektieren, das ist
selbstverständlich. Unsere Beziehung ist gleichzeitig emotional und professionell. Sie können dir sonst etwas sagen,
aber du siehst, was sie empfinden … Und sie würden tatsächlich einen Launch verschieben, wenn ich nicht fertig
werde.“ Aber das ist bei allen Selbstzweifeln dieses großen
Künstlers selbstverständlich noch nie nötig gewesen.
BLVgibt es in Parfümerien und bei Douglas
E
r sieht die Frau am
Nebentisch überhaupt nicht, die
verzückt lächelnd
jede Silbe von seinen Lippen zu erhaschen versucht.
Wenn er ihr doch
nur mal einen Blick aus diesen intensiven braunen Augen gönnen
würde. Doch Ben Gorham, 32, interessiert sich nur für eins: seine Besessenheit für Düfte. Geboren in
Schweden, aufgewachsen in Kanada und USA, als Sohn einer indischen Mutter und eines kanadischen Diplomaten, war er Basketballprofi, studierte bildende Kunst
an der „Swedish Academy of Realist
Art“ in Stockholm und arbeitete als
Interior Designer, als eine Begegnung schließlich alles veränderte.
„Ich lernte zufällig einen Parfümeur kennen, er brachte mir diese
abstrakte Natur nahe, diese immense Power, die ein Duft haben kann.
Er weckt Gefühle, zwingt dich zu
Erinnerungen. Du siehst plötzlich
Bilder vor dir, erinnerst dich an bestimmte Plätze. Und dann war ich
zurück in Indien, in Chembur außerhalb von Bombay, aus dem meine Mutter stammt. 15 Jahre war ich
nicht dort gewesen. Es war mal ein
friedlicher Ort mit kleinen Bungalows. Ruhig, verträumt, eine typische Vorstadtidylle. Jetzt stehen da
riesige Hochhäuser. Ein vollkommen anderer Ort. Aber Sie können
sich gar nicht vorstellen, wie verblüfft ich war: es roch noch genau
wie damals. Es war der HinduWeihrauch aus dem Tempel, an
dem ich als Kind jeden Tag vorbei
ging. Morgens, wenn ich dort aufwachte, fühlte ich mich wieder wie
das Kind von damals. Das hat mich
nicht mehr losgelassen. Es ist zur fixen Idee und nun zu meiner Kunst
geworden. Ich wollte ganz bestimmte Erinnerungen, meine persönliche Geschichte als Duft ausdrücken. Es hat was von Besessenheit. Ich wollte unbedingt meine
Erinnerung an den Duft, den mein
Vater immer trug. Er hat uns verlassen, als ich sehr jung war. Wir wussten beide den Namen nicht mehr.
Ich beschrieb den Parfümeuren,
was ich erinnerte. Den Duft seiner
Lederaktentasche etwa. Sie behaupteten, dass es Grey Flanell von Geoffrey Beene gewesen sein muss.
Aber das war es nicht. Für mich ist
es jetzt mein ‚Green’. “
Ich unterbreche wirklich ungern,
aber für die Vorstellung, dass ich
meine persönlichen Erinnerungen
als Duftspur an wildfremden Menschen wahrnehme, fehlt mir das
Verständnis.
„Am Anfang war es tatsächlich
ziemlich gruselig, denn meine erste
Absicht war es nicht, Düfte für andere zu kreieren. Sondern nur für
mich selbst. Wenn ich also auf der
Straße jemandem begegnete, war
da etwas sehr Intimes. Es hatte etwas Peinliches und Unbehagliches.
Das hat sich inzwischen glücklicherweise gegeben. Was mich fasziniert, ist, etwas zu kreieren, was
Menschen bewegt, ihnen hilft, sich
besser zu fühlen. Oder sie traurig
stimmt, sie an Dinge erinnert. Ich
finde es faszinierend, dass meine
Arbeit, zu einem Teil ihrer Kommunikation wird. Unabhängig vom Geschlecht. Eine Einteilung in weibliche oder männliche Düfte ist doch
dumm. Das haben Firmen erfunden, um Düfte als Anziehungskraft
fürs andere Geschlecht zu verkaufen. Wahre Anziehung kommt
durch Selbstbewusstsein, Einzigartigkeit, durch den Willen anders
sein zu wollen. Wenn Männer das
endlich herausfinden würden, wären sie sehr viel erfolgreicher.“
Spätestens jetzt ist die Dame vom
Nebentisch komplett entrückt.
„Ihr 7. Duft heißt Fantastic Man.
Wer ist dieser Mann? Sind Sie es
selbst?“ „Ich? Oh nein. Vielleicht
bin ich es mal für einen Tag. Ein
fantastischer Mann ist für mich jemand, der die Balance zwischen
Privatem und Geschäftlichem
schafft. Mein Geschäftsführer Anders Ullstrand ist in der Hinsicht
mein Vorbild, er hat zwei Kinder
und arbeitet wirklich hart, doch er
bekommt dieses Gleichgewicht
perfekt hin. Ich versuche einer zu
sein, vor allem, seit ich Vater bin.
Meine Tochter Ines ist noch nicht
ein Jahr alt.“ Mein Blick geht auf das
frische Tattoo auf seinem rechten
Handgelenk und Ben Gorham lächelt zum ersten Mal in diesem Gespräch. „Ja, das ist sie. Und ihre Mutter Natasha ist genau hier drunter.“
Er legt seine rechte Hand aufs Herz,
genau über das weiße Einstecktuch
in seinem blauen Sakko. Ich höre
ein tiefes Seufzen vom Nebentisch.
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L’Artisan Mitte der 90er trat die Marke mit „Premier Figuier“ eine ganze Feigenwelle in der Duftwelt los. Da auch junge Talente regelmäßig neue
Duftkonzepte einbringen dürfen, erfreut man sich enormer Vielfalt, die für jeden Geschmack (bestimmt auch für Ihren) etwas bereithält.
Mark Buxtons Philosophie besagt, dass Charaktereigenschaften eng mit der Vorliebe für bestimmte Farben verbunden sind. Sie brauchen also
nur die von Ihrer Liebsten, ihrer Mutter oder Schwester favorisierte Farbe zu kennen, schon wird eine individuelle Parfumkreation für Sie erstellt.
Serge Lutens Jedes Jahr zur Weihnachtszeit kreiert Serge Lutens einen neuen sinnlichen Duft in limitierter Auflage, den Sie ausschließlich in
der Boutique der Salons du Palais Royal Shiseido in Paris erhalten. Es ist beinahe unmöglich, dass ein anderer auf diese Idee kommen könnte.
Miller Harris Parfums sollen laut Gründerin Lyn Harris durch leichte Aromen die Individualität des Trägers unterstreichen. Auf Wunsch werden
allerdings auch ganz individuelle Düfte angefertigt. Und die können auch ruhig mal schwer sein.
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Korres Die griechische Kultmarke setzt auf schnörkellose, minimalistische Flakons. Der weiße Deckel verweist auf den Ursprung der Marke: die
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älteste homöopathische Apotheke Athens. Drei verschiedene Düfte gibt es im Sortiment, mehr braucht der Schlichte nicht zur Auswahl.
Armani Privè Designobjekt oder Duft? Klare Linien von außen, Duftvielfalt von innen. Das ist das Credo von Armani Privè. Damit kann die Auserwählte auch nicht Ihr sorgfältig durchdachtes Badezimmer verschandeln, das einfach keinen Kitsch verträgt.
Clean von Randi Shinder ist der frische Duft von Seife, den Sie kurz nach dem Duschen so schätzen. Mithilfe des Parfums können Sie diesen
Wohlgeruch den ganzen Tag für sich konservieren. Sowohl Duft als auch Flakon bestechen durch Zurückhaltung und Unaufdringlichkeit.
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Helena Rubinstein – Wanted schenken Werber gern, denn die mögen plakative Slogans. Mit „You’ve all I ever wanted“ und dem Gesicht von
Hollywoodstar Demi Moore (mit 45 ist sie noch unter den „100 Sexiest Women Alive“ zu finden) wird der erste Duft aus dem Hause Rubinstein
beworben. Mit diesem Slogan sparen Sie sich gleich noch Kopfzerbrechen über die richtigen Worte auf der Weihnachtskarte.
D&G – Anthology „Sex Sells“ – vor allem bei Männern. Gleich sechs nackte Topmodels drängeln sich auf den aktuellen Anzeigen von D&G und
werben für fünf Düfte mit fünf mysteriösen Namen aus der Tarot-Welt. Im Ernst, können Sie noch widerstehen?
Chanel – Coco Mademoiselle Sicherlich, sechs Ihrer sieben Exfreundinnen hatten einmal dieses Parfum, dreien haben SIE es selbst geschenkt.
Es riecht ja auch so wunderbar und hat auch eigentlich immer allen gefallen. Nehmen Sie die siebte Mademoiselle ruhig auf in den erlesenen Kreis.
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Van Cleef & Arpels – Féerie Eau de Toilette ist inspiriert von den Juwelen aus dem eigenen Haus. „Diamonds are a girl’s best friend“: Wie ein
kostbarer Aquamarin schillert der Flakon. Abgerundet wird das edle Objekt durch eine Elfe (das Logo des Hauses), die auf dem Deckel platziert ist.
Micallef benutzt bis zu 200 verschiedene Ingredienzien für einen Duft. Besonders arabische Königshäuser können nicht genug davon bekommen.
Falls das noch nicht opulent genug ist, können Sie Ihrem Schatz eine Drei-Liter-Magnum-Flasche ihrer Lieblingssorte für 1500 Euro bestellen.
JOY wurde schon 1930 von Jean Patou als das teuerste Parfum der Welt beworben. Nicht weniger als 10 300 Jasminblüten und 336 Mairosen stecken in 30 ml Joy – auch heute noch. Das Parfum wurde kreiert, um die Damenwelt während der Weltwirtschaftskrise aufzuheitern. Und was das
Parfum in den 30er-Jahren geschafft hat, wird es hoffentlich auch heute noch können.
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Aqua di Parma – Colonia ist ein Duftklassiker und wurde schon von Hollywoodstars wie Cary Grant und Audrey Hepburn geliebt. Der Art-décoFlakon und der zeitlose Duft machen dieses Parfum zu einem Klassiker, über den sich Frauen ebenso wie Männer immer wieder freuen.
Guerlain – Shalimar ist inspiriert von der Liebesgeschichte Shah Jahans und Mumtaz Mahals. Der indische Schah ließ seiner Frau einen Garten
anlegen: Shalimar. Auf Sanskrit bedeutet das „Tempel der Liebe“. Diese Geschichte gefällt sicherlich auch Ihrer Frau. Erzählen Sie ihr diese, während sie das Päckchen auswickelt, und achten Sie darauf, wie ihre Augen zu leuchten beginnen. Das schafft das Parfum schon seit 1925.
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Agent Provocateur – Maitresse Der britische Dessous-Hersteller bleibt auch bei seinen Düften dem verruchten Image der Marke treu. Explizite
Namen, die keine Fragen bei der Rollenverteilung aufkommen lassen, erfreuen das Machoherz und senden klare Botschaften an die Beschenkte.
Creed – Millissime Imperial In einer Folge der „Simpsons“ schenkte Homer Simpson seiner Frau Marge zu Weihnachten eine Bowlingkugel, in
die „Homer“ eingraviert war. Für diejenigen, die eigentlich immer nur an sich denken, ist dieses Parfum mit Sicherheit das Richtige: Sie können es
(getarnt als liebevolle Aufmerksamkeit) verschenken und dann doch wieder selbst verwenden. Hört sich nach einer guten Investition an, oder?
ILLUSTRATIONEN: BARBARA KRÄMER, FOTOS: PR
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23.10.2008 16:07:48 Uhr
KOSMETIK
GANZ UND GAR
NICHT DOSIERT
Sabine Bohle-Heintzenberg hat eine kuriose Leidenschaft: Sie sammelt alte
Puderdosen. Wie es dazu kam, hat sie Mira Wiesinger erzählt
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Alles begann mit einer Handvoll rostiger Nägel in einer schäbigen
Schachtel. Ein Händler wollte die nicht verkaufen, denn wo sollte er
dann mit all den Nägeln hin? Offenbar war diesem Mann Ende der
80er-Jahre nicht bewusst, dass er einen kleinen Schatz besaß. Auch
Frau Bohle-Heintzenberg wusste nicht um den Wert der Schachtel, hatte nur eine leise Ahnung – nicht ahnte sie jedoch, dass
sie bald eine leidenschaftliche Sammlerin werden würde. Es
war lediglich das Design, das der promovierten Kunsthistorikerin damals auffiel: ein stilisierter japanischer Frauenkopf. Schließlich gelang es ihr, dem Händler die alte Pappschachtel für eine Mark abzuschwatzen. Doch von wegen
alte Schachtel: Es war eine Puderdose aus den 20erJahren, ein Behältnis, das heute auf Ebay schon
mal für 300 Euro und mehr versteigert wird.
Kurz nachdem sie die erste Puderdose gekauft hatte, entdeckte sie die gleiche
Schachtel der französischen Firma „Piver“
im Museumskatalog „Reiz und Hülle“ aus
der Neuen Sammlung München, dem
ersten Designmuseum Deutschlands.
Auch diese Schachtel war ein Trödelmarktfund, wie sie viel später bei einem
Besuch in der Neuen Sammlung erfuhr.
Frau Bohle-Heintzenberg durchkämmte
nun Sonntag für Sonntag die Berliner Flohmärkte. Der Anfang gestaltete sich holprig, oft
hörte sie von diesem Mann, der schon vor ihr da
gewesen sei. Er schnappte ihr ständig die guten Sachen weg. „Leider war ich nie eine Frühaufsteherin“, gesteht sie und schaut etwas verschämt über den Rand ihres metallisch blauen Brillengestells. „Und deshalb
musste ich mich irgendwann als Sammlerin outen.“
Das bedeutete zwar, dass sie mehr als eine Mark für
Puderdosen, Quasten und Pinsel bezahlen musste,
interessante Ware wurde von nun an aber unter
dem Tisch für sie aufbewahrt. Ihren Konkurrenten
hat sie niemals getroffen.
Erstaunlicherweise mag Frau Bohle-Heintzenberg
Puder an sich nicht. Sie kann den Geruch des alten,
häufig etwas modrigen Puders nicht ausstehen und ihr
missfällt die Maskenhaftigkeit, die er dem Gesicht verleiht.
Es ging ihr stets allein um die Verpackung. Zärtlich berührt sie
jede einzelne und gerät ins schwärmen, wenn Sie über das Design der jeweiligen Schachtel spricht. Enthusiastisch und mit
großen Augen erzählt sie die außergewöhnlichen Firmengeschichten, die sie über die Jahre ermittelt hat. Denn das
ist ihre eigentliche Leidenschaft: das Forschen. Unzählbar
viele Stunden verbrachte die Kunsthistorikerin in der
Kunst- und Kostümbibliothek im Berliner Kulturforum
und blätterte die archivierten Frauenzeitschriften durch.
Mithilfe der Anzeigen der Kosmetikfirmen, die darin geschaltet worden waren, konnte sie exakt das Alter vieler
Puderdosen bestimmen. Die 67-Jährige besitzt heute ein
Archiv, das an Genauigkeit kein anderer Sammler übertreffen kann. Es reizt sie herauszufinden, welche Produktdesigner hinter den verschiedenen Marken stecken und welche Werbestrategien verfolgt wurden. Besonders interessant
findet sie das deutsche Unternehmen Scherk, da es schon früh mit
Künstlern zusammenarbeitete und dessen Puder „Mystikum“ in-
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ternational bekannt war. 1938 wurde die Firma von Schering
aufgekauft und in Tarsia umgetauft, nachdem der Gründer
Ludwig Scherk enteignet worden war. Ein Gesamtkunstwerk
und fortschrittliches Konzept verbirgt sich hinter dieser Firmengeschichte, geprägt von einem Designbewusstsein, wie
man es heute noch selten kennt. Ludwig Scherk engagierte
vier Top-Leute für unterschiedliche Bereiche: Das Fabrikgebäude der Firma entwarf der deutsche Architekt Fritz Höger (der
durch das Chilehaus in Hamburg Bekanntheit erlangt hatte), der
Grafiker, Illustrator und Buchgestalter Fritz Helmut Ehmcke aus den
Steglitzer Werkstätten wurde für das Grafik-Design verpflichtet, die
Ladengestaltung am Berliner Kurfürstendamm übernahm der Schweizer Architekt Otto Salvisberg, und das Privathaus des Unternehmers
plante der deutsch-österreichische Architekt und jüngste Sohn von
Sigmund Freud, Ernst Ludwig Freud. Geschichten wie diese kann Frau
Bohle-Heintzenberg Dutzende erzählen, sodass man sich fragt, weshalb sie noch kein Buch über das Thema veröffentlicht hat. „Das ist tatsächlich schon lange überfällig“, gesteht die gebürtige Berlinerin und
rückt dabei forsch ihr Revers zurecht. Immerhin befindet sich ein
Teil ihrer Sammlung noch bis zum 22. November in der Ausstellung „Pailletten, Posen, Puderdosen“ im Museum für Kunst und
Kulturgeschichte in Dortmund, nachdem sie bereits im Berliner Kulturforum gezeigt worden war. Doch die Ausstellung
beschränkt sich auf Exemplare aus den 20er-Jahren, lediglich
ein Exzerpt einer sehr viel umfangreicheren Sammlung, die
Puderdosen von 1900 bis 1960 umfasst.
Unter den zahlreichen Exemplaren ihrer Sammlung (wie
groß sie wirklich ist, möchte die Sammlerin nicht verraten)
hat sie keine Lieblingsobjekte. Besonders anrührend findet sie
jedoch die offensichtlich weniger schönen Modelle, jene aus dem
Zweiten Weltkrieg, als man versuchte, mit beschränkten Mitteln trotzdem etwas Besonderes zu schaffen. Es sind einfache Pappschachteln
ohne nennenswertes Design. Die Rückseiten ziert oft nur ein Aufkleber oder ein Stempel, der den Firmennamen und die Farbe verrät.
Die Pappschachtel an sich, die mit der Industrialisierung Einzug in die
Kosmetikindustrie hielt, war eine große Innovation, denn durch sie
wurde Puder für eine breite Masse erschwinglich. Zuvor war Puder ein
Luxusgut, den sich nur wohlhabende Damen leisten konnten und der
in Gold- oder Silberschatullen verwahrt wurde. Mit den Pappschachteln kam auch das Produktdesign auf und sehr bald entwickelten erste
Firmen sogenannte Corporate Identitys, festgelegte Designs, die sich
durch die gesamte Produktpalette der Marke hindurchzogen.
Um die Jahrhundertwende waren Jugendstilmotive besonders beliebt,
manche Schachteln sind sogar noch mit Seide überzogen. Die Gestaltungen zwischen 1910 und 1920 sind sehr unterschiedlich, oftmals aber
geprägt vom Theater, der Musik und den exotischen Kostümen des russischen Balletts. Sie ebnen den Weg für den Art-déco-Stil, der in den
20er-Jahren beliebt wird. Parallel findet man auch Rokoko-Motive und
auch das symmetrische Schönheitsideal der Antike ist en vogue. In den
30er-Jahren werden die Illustrationen auf den Puderdosen wieder
fraulicher, genau wie die Mode, die mit weit schwingenden Röcken
und großen Hüten wieder fließender wird. Es werden Blumenmotive
eingeführt, es gibt Porträts von schönen Frauen und streckenweise
noch stilisierte Rokoko-Szenen. In den 40er-Jahren wird das Design
kriegsbedingt immer sparsamer, teilweise fehlt es nun sogar komplett.
Erst in den 50er-Jahren kehrt das Produktdesign zurück, jedoch wird
es von nun an immer schlichter, und es geht schon in die Richtung, wie
wir es heute kennen. Es wird verstärkt Wert auf Logos gelegt (oft gold
auf schwarzem Grund), mitunter sieht man aber auch schmachtende
Frauen mit wallendem blondem Haar und Schmollmund. „Die Vorläufer von Brigitte Bardot“ nennt sie Frau Bohle-Heintzenberg. Die Wahl
der Motive ist jedoch oft länderspezifisch und von Firma zu Firma verschieden. Gleichermaßen beliebt bei allen Firmen waren hingegen
stets exotische Motive, die das Geheimnisvolle der Frauen schüren sollten und sich besonders gut für den Export eigneten. Die deutsche Kosmetikfirma Böhm lieferte ihre Puderdosen sogar bis nach China in den
kaiserlichen Palast, die Berlinerin hat es mit eigenen Augen gesehen.
Oft wurde auch mit dunkelblauen und goldenen Dekoren gearbeitet,
denn das ist einerseits königlich, steht aber auch für die Nacht und damit für das Geheimnisvolle. Wellen, Sterne, Vögel, Puderquasten und
immer wieder Abbilder von schönen Frauen sind Motive, die über
die Jahrzehnte hinweg regelmäßig auftauchen.
Liebevoll senkt die Sammlerin ihren Blick auf das Meer von Puderdosen, das sie für uns auf dem Wohnzimmertisch ausgebreitet hat.
„Jede Dose ist anders. Die Firmen haben sich wirklich etwas einfallen lassen, um sich zu unterscheiden. Ich liebe jede Einzelne.“
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arum wollen wir immer die Haare haben, die
nicht auf unserem eigenen Kopf wachsen?
Wie nennt sich die Frisur, die Audrey Hepburn in „Frühstück bei Tiffany“ trägt? Und
ist es wahr, dass man mit vollem Haar über
mehr Macht verfügt? In dem Geburtstagsbuch zum 111. Jubiläum von Schwarzkopf widmet man sich diesen Fragen. Dabei führt uns das kleine Kunstwerk durch die Geschichte von
Haarmoden. Doch das bleibt nur eine Randerscheinung. Das Herzstück
dieses opulenten Bildbands bilden die aufwendigen Fotostrecken. Karl
Lagerfeld, Russel James, Gabo und Roxanne Lowit stellten sich für
Schwarzkopf hinter die Linse, um Haare und Frisuren in Szene zu setzen. Jeder auf seine eigene Weise. Lagerfeld fotografierte seine Modelle einerseits so, dass sie wie Scherenschnitte erscheinen, die an das Logo des Haarpflegeherstellers erinnern, andererseits dann wieder voll
ausgeleuchtet und sehr präsent. In Gabos Bilderreihe „Morning Stars“
rekeln sich Frauen verführerisch, kurz nach dem Aufwachen. James
hingegen setzt auf die entrückenden Momente der Natur, während Lowit auf den Schnappschusscharakter der Backstagefotografie vertraut.
Die hübschen Illustrationen von Olaf Hajek sind dann noch das SahneMira Wiesinger
häubchen auf dem Geburtstagskuchen.
Füllig: American Crews „Defining Paste“ sorgt für
volles Männerhaar mit mattem Glanz
„We Love Hair“ geht es nicht um Shampoo-Werbung. Sondern um Kunst
HAAR
SCHARF
Stark: Oenobiols Nahrungsergänzungsmittel „HaarVolumenspender“ soll das Haar von innen kräftigen
Schützend: Das Pflegespray „Lait Protection“
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Zum 111. Geburtstag von Schwarzkopf dreht sich alles um Haare. Doch in
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09.10.2009 9:12:06 Uhr
TRENDGETRÄNKE
ROT
AUF DEN
SCHWINGEN DES
MALBEC
Das Entdecken neuer Weine kann ein Abenteuer sein:
Christian Göldenboog erzählt von verborgenen Reben aus den
20er-Jahren und einem Winzer, der tief im Süden
Argentiniens einen Wein keltert, der unvergleichlich sein will
M
46
endoza – eine argentinische Provinz, der Name der Provinzhauptstadt, eine Wüste, eine
Trockensteppe, gelegen auf 700, 800 Metern
Höhe, 1200 Kilometer von Buenos Aires entfernt. Drei Prozent der Provinzfläche werden
dank eines historischen Bewässerungssystems landwirtschaftlich genutzt, allem voran
wird hier Weinanbau betrieben.
Es ist Mitte März, die Ernte hat gerade begonnen, um diese Zeit herrscht jeden Tag bestes
Sonntagswetter. Leise atmet die trockene Erde, während die Sonne stets am Himmel steht
und dabei wie eine freundlich gesinnte peronistische Generalin dreinschaut. Mendoza ist
ein betörendes Abenteuer für die Augen: Der
Blick streift über berauschende Panoramen
in müheloser Luft. Da ist das satte Grün gesunder Rebstöcke, das sich nach allen Richtungen hin ausbreitet, während der Blick
nach Westen, dort, wo Chile und der Pazifik
liegen, an einem langen Bergrücken der Anden hängen bleibt. Es ist ein wildes, zackiges
Gestein, das sich in nur 30 Kilometer Entfernung auftürmt. Herausragend der Cerro del
Plata mit seinen fast 6000 Metern, sein ewiger Schnee sorgt für das Wasser, um die Reben am Leben zu halten, der raue Wind von
den Bergen lässt den bei den Winzern gefürchteten Pilzbefall der Reben gar nicht erst
aufkommen. Hier in Argentinien herrschen
derartig optimale klimatische Bedingungen,
dass ein biologischer Weinanbau betrieben
werden kann.
Auch die Welt des Weins hat seine Symbole
und geheiligten Erkennungszeichen. In Argentinien, weltweit der fünftgrößte Weinproduzent, ist dies der Malbec. Kaum zu glauben,
aber im 17. Jahrhundert war diese rote Reb-
Fotos: LatinContent/Getty Images, Moët Hennessy Deutschland
sorte der Inbegriff französischer Weinkultur,
gewonnen wurde aus ihr der im Südwesten
Frankreichs beheimatete Cahors, ein kräftiger pechschwarzer Roter, seinerzeit kostbarer als jeder Bordeaux-Wein. Dann kam die
Reblaus, und der Malbec war weg. Später traten andere Rebsorten in den Vordergrund.
Dagegen blühte der Malbec, Mitte des 19.
Jahrhunderts erstmals ins Land gebracht, in
Argentinien richtig auf. Vor allem in der Provinz Mendoza entstanden frische, fruchtige,
runde Gewächse, bestens trinkbar, Weine, die
zu jedem auf Holzkohle gegrillten Hüftsteak
großzügig ins Glas eingeschenkt werden
müssen. Die schwarzhaarigen Tango-Argentinierinnen lieben Rinderhüften mit Malbec.
Irgendwann bekam all dies auch Pierre Lurton mit. Als der Direktor von Château Cheval
Blanc, das Spitzenweingut von Saint-Émilion,
erstmals nach Mendoza kam, stockte ihm der
Atem. Diese Landschaft, so Lurton, sei so
großartig, hier muss Großes entstehen. Lurton dachte an einen einzigartigen Wein, die
Begegnung mit dem argentinischen Malbec
wurde zu einer Art Initiation. Lurton wurde
sentimental. Das, was im Bordeaux für immer
verloren gegangen war, wollte er in Mendoza
wieder aufleben lassen. Die Idee: Ein neuer
Wein, basierend auf einer alten Assemblage –
so, wie es früher einmal in seiner Heimat
gang und gäbe war – mit viel Cabernet Sauvignon und Malbec sowie einem Anteil Merlot,
Cabernet Franc, Petit Verdot.
Prompt ging Cheval Blanc ein Joint Venture
mit Terrazas de Los Andes ein, dem Weingut
des Sektherstellers Bodegas Chandon. Auch
bei Terrazas hat ein französischer Malbec-Fan
das Sagen, und dieser hat sich konsequenterweise noch den besten aller Plätze für das
grandiose 360-Grad-Mendoza-Anden-Weinbergspanorama spendiert: Ein Polofeld inklusive Loft ließ sich Nicolas Audebert mitten in
den Weinberg und auf 1067 Meter Höhe bauen. Zusammen mit Lurton ist der junge französische Önologe für die Cheval-des-AndesCuvée verantwortlich. Audebert ist ein Pferdenarr. Und so hievt er die exklusiven Besucher auf edle Vollblüter, um seine Philosophie vom Wein und der Architektur zu
erklären: Mit dem Finger deutet er auf Rebstöcke, die so kostbar sind, dass sie mit einem
dichten braunen Netz überspannt sind – ein
Schutz vor Hagel, der gern mit dem Bergwind
kommt und alles hier zerstören könnte. „Es
sind sehr alte Malbec-Reben“, sagt Audebert.
„Wir wissen es nicht ganz genau, vielleicht
von 1928 oder 29. Die Konzentration der
Frucht ist außergewöhnlich, fantastisch.“
Warum es diese Rebstöcke hier in Vistalba
überhaupt gibt, Audebert ist erstaunlich freimütig in seiner Darstellung und preist den argentinisch-önologischen Eigensinn: Als sich
Moët & Chandon in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts zur Produktion eines Qualitätssektes in Argentinien entschloss, teilten
die verantwortlichen Franzosen den argentinischen Verwaltern mit, alles müsse ab sofort
mit jenen Rebsorten bepflanzt werden, die
auch in der Champagne vorhanden sind, vor
allem Chardonnay und Pinot Noir. Die Argentinier hielten dies für keine sonderlich gute
Idee. Und so zeigten sie den französischen
Önologen bei deren Besuchen stets die Neuanpflanzungen, verheimlichten aber diverse
Malbec-Kleinode, die sie einfach unberührt
ließen. Manchmal ist es bemerkenswert, wie
sich Zeitgeist verändert: Ohne diese Anti-Haltung argentinischer Weinbauern gäbe es halt
heute keinen Cheval des Andes.
Audebert ist, wie es sich für einen französischen Önologen gehört, auch gastfreundlicher Genießer. Daher ist das Loft mit einem
sehr ordentlichen Weinkeller und einer diskreten Küche ausgestattet: das Polofeld im
Weinberg als idealer Ort des Stelldicheins. Eigentlich sollte hier irgendwann einmal eine
Kellerei stehen, aber was soll’s. Loft und Pologrün sind allemal besser, sie heben die Laune
bei der Konversation: Audebert redet gern
über die Frauen in Argentinien, über das besondere Terroir, das Wetter, die Berge und natürlich über seinen Cheval des Andes. Der
Önologe öffnet eine Flasche und gießt den
2005er-Jahrgang ins Glas. Man spürt am Gaumen förmlich die Idee der Assemblage: Malbec bringt Ausgewogenheit, Weichheit, eine
nachhaltige Fruchtnote eingemachter Pflaumen in den Wein.
Plötzlich springt Audebert auf, mitten im Gespräch, und entschuldigt sich kurz. Er spurtet
über den Poloplatz. Auf der anderen Seite befindet sich eine Pferdekoppel, wo gerade eines seiner Lieblingstiere eingeritten wird.
Unterdessen leeren sich die Gläser. Blicke
schweifen zu den Viertausendern. „Was denken Sie?“, fragt Audebert, als er nach einiger
Zeit zurückkommt. Die Antwort kommentiert er mit einem Kopfnicken: „Gut. Ich will
mit diesen alten Reben hier auch keinen
Wein herstellen, den es so schon gibt.“
47
KUNST
DIE WELTENTRENNER
Andreas Maiers Paravents inszenieren kunstvolles Theater im
FOTOS: ANDREAS MAIER
eigenen Zuhause – Bodina Abel hat zugeschaut
A
ndreas Maier sitzt entspannt über ein riesiges hölzernes Paneel gebeugt und malt konzentriert mit weiß behandschuhten Händen und einem feinen Haarpinsel in satten Temperafarben einen eleganten
Schwarm leuchtend roter und schwarz-weißer Kois auf goldenen
Grund. An den Wänden des kleinen Ateliers krabbeln auf goldenen Tafelbildern prachtvolle grün-schwarze Käfer. Hauchzarte durchsichtige
Medusen schweben im Goldwasser. Seerosen und Iris blühen. Ganze
Korallenlandschaften wachsen auf goldenem Meeresgrund. Maiers vergoldete und seltener auch silberne Paravents mit den tierischen und
pflanzlichen Motiven sind eine einzige Pracht. Par avent: für davor. Bei
uns kennt man Paravents eher fürs Davorstellen, zum Verbergen ungeordneter Kruschecken. Weniger üblich sind sie noch als derart dekorative glanzvolle Raumdekoration, wie Andreas Maier sie schafft. Dabei
können sie herrliche Weltentrenner und zugleich Gestaltungselement
im häuslichen Rahmen sein. Eine Schau. Para vento sagen die Spanier,
gegen den Wind: Spanische Wand. Das kennt man auch bei uns. Warum
sollte ein kunstvoller Paravent nicht auch gleichzeitig vor Zugluft
schützen? Paravents machen jedenfalls schon immer ordentlich Theater. Sie sollen bereits vor Christus benutzt worden sein. Wahrscheinlich
hat man sie damals mit Tierhäuten bespannt. So schuf man schon früh
mobile Räume, vermied damit neugierige Einblicke von allen Seiten.
Vielleicht haben sogar die Nomaden den Paravent erfunden. Seine ausgeklappten Elemente sind schließlich schnell wieder zusammengefaltet. So wie die fahrenden spanischen Theater ihre zusammenfaltbaren
Kulissen (Paravents) überallhin mitnahmen, hatten vielleicht auch die
reisenden Völker ihre Paravents dabei. Von den stilsicheren und qualitätsbewussten Japanern weiß man, dass sie exquisites delikates naturweißes Reispapier auf größere und kleinere Rahmen zogen und die
Flächen darin gern mit kunstvollen Kalligrafien versahen. Die mobilen
So schön sieht
es aus, wenn ein
Tierarzt seiner
Berufung folgt
48
Wände in traditionellen japanischen Häusern erinnern noch heute an
die ersten Paravents. Wenn sie mit Gold großflächig und kunstvoll bemalt waren, dienten die Stellwände den Japanern auch als Lichtreflektoren in ihren so kleinen Häusern, durch deren winzige Fenster jeder
eindringende Lichtstrahl eingefangen werden musste. Kühle Räume
wurden durch das goldene Licht etwas wärmer, gerade so, wie es in Andreas Maiers Atelier die überall aufgestellten goldenen Paravents erzeugen. Als Künstler ist Andreas Maier Autodidakt. Und einen Paravent
wollte er schon immer haben. Nun gestaltet er seit einigen Jahren die
allerschönsten gleich selbst. Dr. Andreas Maier ist eigentlich studierter
Tierarzt, der einst über die winzigen Urpferde promovierte. Die Liebe
zu den Tieren, die ist Andreas Maier geblieben. Vor allem aber mag er
die stillen, etwas distanzierten Unterwasserwelten. Das Dekorative am
kleinen Tier fasziniert ihn: „Vor allem auch Mikroorganismen“, fügt er
hinzu. „Und Fische erinnern mich an die Kindheit.“ Eine Kindheit in
Karlsruhe. Jetzt lebt Andreas Maier in Berlin, wo auch sein Atelier ist.
Und zu seinen vielen großen und kleineren Paravents sind längst Tische mit Käfermotiven sowie kostbare Tabletts mit japanischen Zierkarpfen, den sogenannten Kois, hinzugekommen. Wenn Andreas Maier
einen Auftrag bekommt, reist er entweder zu seinen Auftraggebern
und arbeitet vor Ort. Oder er bleibt zu Hause und hat schon eine Idee.
Die sorgsam vorbereitete Holzfläche für ein Tablett oder das einzelne
Teil eines vielflügeligen Paravents wird mit Anlegeöl bestrichen und
dann das Gold sorgsam aufgeklopft: reines Palladium, Citronengold,
Versaillegold, Traumgold. Wie es gefällt. Natürlich kann hier nicht verraten werden, wie Andreas Maier seine Paravents macht. Das Ergebnis
erzählt für sich. Wie schön Feuerkäfer sind, besonders wenn sie als
Schwarm auftreten. Satte tintenblaue Irisbäusche muss man nicht erst
rühmen, vor allem wenn sie auf Gold wachsen. Andreas Maiers Paravents haben längst viele Liebhaber gefunden. Sie sind lauter individuelle Einzelstücke. Unter 3500 Euro gibt es erst gar keinen. Übrigens sollen Paravents erst Ende des 19. Jahrhunderts nach Europa gelangt sein.
Manche waren aus kostbarer getuschter Seide oder sie waren dicht an
dicht bestickt. Andere waren aus bemaltem Papier. Später haben sich
alle möglichen berühmten Künstler als Paraventmaler versucht. In
Frankreichs eleganten Wohnungen und Häusern ist das schöne Möbel
als Kunstwerk immer noch häufiger vertreten als bei uns. Das wird
jetzt anders. Weg mit dem Ikea-Raumteiler! Her mit Andreas Maiers
traumhaften Paraventwelten.
andreasmaier.com, Tel. 030/23 63 53 63
GESCHENKPAPIER
Gegenteil will sie sogar einen Gegentrend ausgemacht haben. „Das getippte Wort gehört natürlich zu unserem Alltag. Das Geschriebene
hingegen ist sehr viel wertvoller.“ Glückwünsche per E-Mail zu übermitteln, findet Frau
Schober recht schnöde. Ein Brief oder eine
Grußkarte hingegen transportierten eine
Stimmung und Wertigkeit. Daher lassen sich
die beiden kreativen Köpfe immer wieder
Neues einfallen. „Um neues Papier zu finden,
suchen wir auf der ganze Welt. Gerade haben
wir eine besondere Druckerfarbe entdeckt.“
Iriodin heißt sie, changiert im Licht und lässt
Eisblumen schillern, die das zauberhafte Geschenkpapier zu Weihnachten zieren. Bis zu
24 Euro geben Kunden für einen Bogen aus,
doch längst nicht alle wickeln damit Geschenke ein. Viele Bögen landen im Bilderrahmen
Mira Wiesinger
an der Wand.
Die Gesichter des Büro-Couture-Labels Bethge: Vera Schober und
Waltraud Bethge
ZWEI DAMEN AUS
DER PAPETERIE
Alufolie? Filzbeutel? Kaufhaus-Einwickelservice? Wer mehr als
schnelle Verpackung für Geschenke sucht, der findet bei Bethge
kostbares Papier – eigentlich zum Knicken viel zu schade
FOTO: JÜRGEN JOOST , AMIN AKHTAR
Zum Einwickeln fast zu schade: Geschenkpapier bei Bethge
UND SONST NOCH
Post 1: Persönliches Briefpapier gestaltet das
Traditionshaus Prantl in München: prantl.de ———
Post 2: In Frankfurt am Main kümmert sich Alpheda
um Sonderwünsche: alpheda.de ——— Post 3: Karten
von Bernhard Maisner aus New York können im Berliner Departmentstore Quartier 206 bestellt
werden: quartier206.com ——— Foto 1: Leinwände,
Kalender, Poster gibt es bei Druckgarten.de ———
PRANTL, ALPHEDA
W
altraud Bethge und
Vera Schober teilten einst eine Leidenschaft: das Reiten. Heute sind die
beiden Damen Geschäftspartnerinnen und teilen die
Begeisterung für Papier. Ende der 70er-Jahre
lernten die Hamburgerinnen sich kennen.
Beide kamen aus der Werbebranche, und Waltraud Bethge führte ein Gestaltungsatelier und
eine kleine Druckerei in einem Hinterhof in
Hamburg. Sie zählte auf Mund-zu-Mund-Propaganda und erntete überraschenden Erfolg:
„Modern gestaltetes Briefpapier, Geschenkpapier oder Visitenkarten, das war etwas ganz
Neues.“ Das erkannte auch Vera Schober und
kümmerte sich um die Eröffnung eines Ladens im Eppendorfer Baum. „Die Geschäfte
sind mein Kind“, erklärt die studierte Volkswirtin. Offensichtlich hat sie alles richtig gemacht mit der Aufzucht, denn heute gibt es
Bethge-Filialen in Hamburg, Düsseldorf, München, seit Anfang des Jahres auch in der Schlüterstrasse in bester Berlin-Lage und auch als
Online-Version im Netz. Dass es in der Hauptstadt kein Geld geben soll, können die Geschäftsfrauen nicht nachvollziehen. „Wir können es uns nicht leisten ein Geschäft nur aus
Imagezwecken zu führen.“
Papier sorgt längst nicht mehr allein für Umsatz. Das Sortiment umfasst heute alles, was
unter den Begriff Büroartikel fällt: Tacker, Locher, Radiergummis, Scheren, Büroklammern
oder Tesafilmabroller. Aber nicht herkömmlich, sondern edel, dem exklusiven Anspruch
der Partnerinnen folgend, sind sie designt und
aus hochwertigen, oft ungewöhnlichen Materialien gefertigt. Couturiers von Office-Accessoires nennen sich die Damen auch. Fast alle
Produkte haben sie selbst kreiert, dabei haben
sie speziell ein Händchen für Dinge, von denen man gar nicht ahnt, dass man sie braucht.
Weiß man aber um ihre Existenz, glaubt man,
ohne sie nicht auszukommen. Hier kommt der
Bleistiftverlängerer ins Spiel, die runde Büroklammer „Moonclip“ oder der Tubenroller aus
Sterlingsilber (ein Werkzeug, mit dem sich Tuben leichter ausquetschen lassen), der Uhrenbeweger aus Galuchat (der die Gangreserve
von Uhren auf Trapp hält, indem er die Bewegung eines Handgelenks simuliert), eine Billetttasche (für Reisepass und Flugticket, welche sonst schnell in den Tiefen des „carry-on
luggage“ verschwinden), ein ausklappbarer
Schuhlöffel im Lederetui für die Handtasche,
eine Kroko-Hülle für den USB-Stick. Der
Mondphasenkalender wird sogar von Partnern
in Tokio, Paris und Los Angeles verkauft. Einige Produkte haben Designpreise gewonnen,
wie die matte Stahlschere, die sich ergonomisch der Hand anpasst.
„Früher war Schreiben unser Thema. Heute ist
es Kommunikation“, verdeutlicht Vera Schober. Dazu gehören eben auch Miniaturvisitenkarten mit Goldschnitt für ein prominentes
Neugeborenes. Doch fragt man nach Namen,
schweigt die Unternehmerin – „Diskretion ist
unsere Visitenkarte.“ Viel lieber schwärmt sie
von den Lederaccessoires. Sanft gleitet sie mit
den Fingern über das perlige Rochenleder eines Damenportemonnaies, öffnet eine Herrenbrieftasche aus Pythonleder und befühlt
das feine Innenleben. Die Art, wie sie ihre Produkte berührt, verrät, wie viel Herzblut sie in
das Unternehmen steckt. Gelassen verneint sie
die Frage, ob Papier im Zeitalter der Digitalisierung an Bedeutung verloren hat. Ganz im
SONNTAG, 8. NOVEMBER 2009
Global Diary
„Das ,Dolder‘ ist doof“, erzählte man mir neulich.
Angeblich herrschte unter den Gästen beim Wiedereröffnungsball des Züricher Grand
Hotels nämlich vor allem eines: Müdigkeit. Dabei bietet der goldene Ballsaal
des Luxushotels alle Raffinessen, die ein rauschendes Fest abverlangt: Was hier glänzt,
ist tatsächlich Gold, die beeindruckende
Kuppel lässt sich in bunten Farben ausleuchten, und das Parkett ist spiegelglatt. Die Herrschaften
waren jedoch wie gerädert, da sie in der Nacht zuvor allesamt kein Auge zubekamen. Von undurchschaubaren
technischen Gerätschaften wurde berichtet und von
Raumbeleuchtung, die sich in der Nacht nicht löschen
ließ. Zweifelnd reiste ich kurzerhand selbst nach Zürich,
um das „Dolder“ unter die Lupe zu nehmen.
Tatsächlich, seit dem Umbau von Sir Norman Foster ist
das ehemalige „Curhaus“ am Westhang des Adlisberg
im Dolderwald zu einer Art Technik-Tempel avanciert.
Gäste wippen nicht mehr, Bergluft inhalierend, in Schaukelstühlen, um den Kuhglocken in der Ferne zu lauschen.
Hier spielt man Golf, man geht ins Spa. Hier wird mit
Hightech hantiert.
Glauben Sie noch immer, dass ein Hotel wie das andere ist?
Dabei gilt doch heute mehr denn je: andere Städte, andere Sitten
Nacht denke ich an all die Funkverbindungen, die zwischen der Kugel, der Klimaanlage, den Lampen, dem Fernseher und den
Vorhängen bestehen. Parallel denke ich an
das W-Lan, schlafe aber überraschend gut.
Am Morgen scheitere ich dann an der Inbetriebnahme der Dampfdusche, brauche fast zehn
Minuten, um die Zustöpsel-Funktion der Badewanne zu finden („form follows function“
hat hier noch keiner gehört) und schrecke vor einem
plötzlichen Brummen (rührt von einer sensorgesteuerten
Markise über dem Balkon) zusammen. Spontan entschließe ich mich zur Flucht ins Spa. Hier erkunde ich die
Saunen und anschließend einen Raum voller Schnee.
Dabei vergesse ich schnell das technische „Durrenand“
(so heißt das in der Schweiz). Am Abend gelingt es mir
sogar, ein positives Verhältnis zu einer anderen Kugel zu
entwickeln: dem „Popping Candy“, einer hausgemachten
Praline, die ein lustiges Knistern in meinen Ohren verursacht. Es hält einige Minuten an, sodass ich die Augen
schließen muss. Es ist hier einfach wunderbar.
Mira Wiesinger ist Schweizerin und arbeitet
als freie Autorin
DOLDER GRAND/ZÜRICH
Beim Betreten meines großzügigen und perfekt eingerichteten Zimmers im „Golf Flügel“ wird mir eine Art
Kugel mit Touchscreen (die Basisstation 5.0 von
Bang & Olufsen – erinnert an den Reichsapfel) überreicht. „Kein Problem“ denke ich mir. Doch noch am gleichen Abend verweist mich der Hightech-Ball in meine
Schranken: Ich drücke im (ausschließlich auf Englisch
verfügbaren) Menü auf „reading left“ (meint Leselampe
zur Linken), woraufhin sich die gesamte Suite inklusive
Ankleideraum erhellt. Dasselbe passiert, wenn ich bei
„climate“ auf „off“ drücke. Nur die Klimaanlage selbst
reagiert nicht auf die Anweisung. Ich kapituliere, stehe
auf, schalte wie in guten alten Zeiten die Klimaanlage
per Handregler ab und knipse das Licht aus. In der
BERNS/
STOCKHOLM
50
Wer Glück hat, wem bei der Anreise nach Stockholm klares Wetter beschieden ist, der
kann während des genüsslich langen und niedrigen Landeanflugs auf Stockholm in aller
Ruhe die Eigenarten der Landschaft rings um Schwedens Hauptstadt studieren: Das Land
scheint durchlöchert von zahllosen Seen.
Selbst Münchner werden finden, dass der Flughafen von Stockholm extrem weit vor der
Stadtgrenze gelegen ist. Die Taxifahrt bis zum „Berns Hotel“ bietet somit ausreichende
Gelegenheit, die vor den Fenstern vorüberziehenden Laubwaldpanoramen auf sich wirken
zu lassen. Hält der Wagen erst mal an, erwacht man erfrischt aus traumlosem Schlaf. Angenehmerweise ist es dann für gewöhnlich schon dunkel, denn in Schweden geht die Sonne früh zu Bett. Überhaupt ist Stockholm eine höchst angenehme Stadt und man weiß viel
zu wenig darüber, beziehungsweise: sollte viel öfter mal hinfliegen (Apropos: Im Sommer
ist es dann zwar länger hell, dafür – die vielen Seen! – gibt es dann aber Stechmücken).
Wer es protzig mag, wird stets im „Grand Hotel“ wohnen wollen: in direkter Nachbarschaft
zu Oper und Schloss mit unverbautem (Hafenbecken) Blick auf die Altstadt. Cooler, moderner und mit einem Wort: stockholmeriger ist freilich das „Berns“, das man durch einen
Seiteneingang betritt. Eine große Schale mit milden Pfefferminzdrops gefüllt lädt zu Rollgriffen ein, um die vom Taxischlaf pelzig gewordene Zunge zu erfrischen.
Hatte ich schon erwähnt, dass es in Stockholm keine hässlichen Menschen gibt? Falls ja,
dann habe ich untertrieben. Die Leute dort sehen derart gut aus, dass man sich schämt.
Dazu kommt eine Freundlichkeit, die man in Deutschland vermisst (weil man stets ahnt,
dass es sie sehr wohl schon einmal gegeben haben wird; aber wohin bloß, warum bloß ist
sie heute dahin?) Und dann, auch nicht ganz unwichtig, wird einem noch beigebracht, dass
in Schweden hervorragend gekocht wird: Zum Beispiel im „Den Gyldene Freden“ in der
Altstadt, einem Restaurant, das seit dem achtzehnten Jahrhundert besteht und beinahe
unverändert geblieben ist. Oder im „Berns“, im großen China-Saal, der sich abends mit den
perfekt gestylten Stockholmern füllt. Um da mithalten zu können, muss man noch rasch
etwas einkaufen – glücklicherweise ist es zum Acne-Shop am Strandvejen nicht weit.
Und keine Angst, dass Sie jemand zu Gesicht bekommt, bevor Sie sich dort, bei Schwedens Modemarke Nummer eins, neu eingekleidet haben: Es ist doch immer dunkel.
Joachim Bessing, ein eher häuslicher Typ, leitet das Stil-Ressort der WELT-Gruppe
ILLUSTRATIONEN: TIM DINTER, KARIN STURM
MILESTONE/
LONDON
Viele Sommerferien habe ich in
Oxford verbracht bei einer alten
Dame, die in einem lavendelumschlungenen Cottage wohnte und
jeden Nachmittag warme Scones,
Erdbeermarmelade und „clotted
cream“ auf den Tisch stellte und
auf ordentlichen Verzehr achtete.
Das alles prägte nicht nur meine
Silhouette in jenen Teenagerjahren, sondern auch bis heute mein
England-Gefühl. Deswegen wurde
mir ganz warm ums Herz, als ich
kürzlich in London das „Milestone“-Hotel entdeckte. Es gehört zur Read Carnation Hotel Collection, ist Mitglied der Leading Small Hotels of the World. Es
war, wie oft, die Empfehlung einer PR-Agentur, es ist, wie nicht immer, eine die
man gern weiterreicht. Denn mit der gemütlichen Eingangshalle des alten
Backsteingebäudes, zentral direkt am Kensington Park gelegen, betritt man automatisch gute alte Zeiten. Als lande man durch die schwingende Holztür aus
der lauten Großstadt in einem großbürgerliches Landhaus, die vielen kleinen
Räume, Teezimmer, Frühstückszimmer, das Restaurant im ehemaligen Oratorium, die Stables Bar ganz in Schottenkaro und Teak, der kleine schwarz-weiße
Wintergarten, der bücherschwere „map room“ erzeugen selige Privatheit. Ein
distinguiert freundlicher Butler heißt den Gast willkommen, und man hat den
Eindruck, dass er es womöglich ernst meint. Das Haus hat seinen Namen von
dem alten Grenzstein, der natürlich nie weggeräumt wurde, Umbauten, Feuer
und Renovierung des Geschichten-reichen Hauses, dessen Grundmauern von
1689 stammen, überdauerte. Selbstverständlich ist der „Nachmittagstee“ preisgekrönt. Die Zimmer sind üppig gemütlich, detailverliebt vom „stationary set“
bis zur Sofanische unter dem Eckfenster, aber nicht überladen, wohltuend sauber, das Bett ist herrlich, die Fenster lassen sich öffnen; man findet iPod-Halter
und im Bad Marmor statt Teppichwände. Was will man mehr? Kinder, Hunde,
alles erlaubt, sechzig Prozent kehren ständig wieder. Im Keller gibt es sogar Fitness, Poolchen und Spa. Es ist Vormittag, als ich ankomme. Egal. Ich bestelle
Scones. Sie schmecken wie damals bei Mrs. Hallwright.
Inga Griese ist Redaktionsleiterin von ICON und viel unterwegs.
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