Politikorange
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politik orange guerre war * krieg BO NHa wojna Berlin, Frühjahr 2005 kein kampfblatt »8. Mai« »Antisemistismus« »Fruchtbombe« »Folter« Warum eigentlich kein Feiertag? Seite 6 Alarmierende Umfragen. Seite 26 Die neue Sprache des Krieges. Seite 27 Das Leid der vergessenen Opfer. Seite 34 02 | editorials politik orange Jeder von uns erklärt in höchstens 100 Wörtern: Was ist Krieg? Nur das Gegenteil vom Frieden oder auch in Friedenszeiten existent? Charlott When being confronted with the word „war“ a lot comes to one‘s mind. It seems that war became a everyday word: On television there is the war between two soccer clubs fighting to be the champion. Former wife and husband getting divorced fight a war. Not the cruelity of real suffering but the so seen cruelity of our everyday life is connected to this word nowadays. But there is a change of attitude: The Iraq war brought something to the minds of our generation. Being confronted with a „real“ war even if not directly gives back the ... Lisa Nastya In der Welt toben nicht nur Kriege, die mit Waffengewalt ausgetragen werden. Es tobt auch nicht nur ein Krieg der Konzerne um billige Arbeitskräfte, ein Krieg zwischen reichen und armen Ländern. Es findet auch ein Krieg der Geschlechter statt. In China und Indien fehlen schon jetzt Millionen von Frauen, weil sie vor ihrer Geburt getötet wurden. In Afrika werden Kinder an ihren Genitalien verstümmelt, damit sie sexuellen Versuchungen besser widerstehen können. In Deutschland werden Frauem ermordet, weil sie die Ehre ihrer Familien beschmutzt haben. Dieser Krieg kennt keine Völker-, Religions- oder Klassenschranken. War has a big impact for all people. Many people suffered that time, there were lots of rapes, killings, tortures. The world seems divided into two parts, normal human feelings were forgotten and forbidden. Adults killed children, men scoffed at the women. People became wild, forgot laws and human actions in their desire to win the war. The division into strange and own was so strong, that even Russians who were in the camps of Germans for some time and then came back to their motherland were considered as betrayers and were killed. They were not from from „Russian team“ anymore. Cruelty and disorders were averywhere. People became mad for a time ... longtime... and it‘s really great that now it‘s finished and people can friendly deal with each other, create mutual projects and communicate. Andreas Krieg ist für sich eines der schrecklichsten Vorstellung überhaupt. Bei Krieg muss ich als erstes an die Freiheit denken, die in diesem Moment begraben wurde.Der Krieg war schon immer vorhanden und hat sich entwickelt oder neue Facetten angenommen. Jedoch was immer gleich geblieben ist, sind die Opfer. Die Menschen, die ihre Familien aufgeben mussten oder deren Wahl nur noch darin bestand: sterben oder sterben lassen. Für mich bleibt immer nur das Unverständnis für die Leute, die den Krieg als Lösungsmittel wählen. Meistens sind es aber die Personen, die ihre Freiheit nicht opfern müssen. Nur Frieden kann die Freiheit ... Alice Joshua Krieg ist grausam, aber manchmal notwendig. Hätten frühere Generationen nicht ihr Leben riskiert um für die Freiheit des Menschen zu kämpfen, wie würde unsere Welt heute aussehen? In welcher Welt wäre ich aufgewachsen? Vermutlich nicht in einer solch freien und liberalen Welt wie heute. Ich bin stolz auf jeden, der für die Ideale, wie sie in der französischen Revolution (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) benannt wurden, gekämpft hat. Wären diese Ideale die oberste Maxime aller Menschen, gäbe es keine Kriege mehr. Doch so kann und muss der Krieg immer das allerletzte Mittel der Diplomatie sein und bleiben. War is a concept, an idea, that has been existing in humans mind for thousands of years. Therefore it is almost impossible to stop it even though everybody agress on the fact that war shouldn‘t exist. Is war useful? Does war have a purpose? It is difficult to determine it at the moment when it is happening. In fact, it is always difficult to judge a war. People are still fighting on the purpose of Napoleonian wars. Does everything on earth have to have a purpose? Because if it doesn‘t we can go on fighting each other judging them on ... (their race or the colour of their skin). Armand War is irrational. It‘s probably impossible to find a moment in history where we can‘t find two groups fighting each other. War is probably the common trait of all cultures, all periodes. War is one of the symptomes of human history. It is as old as the homo sapiens. But there is one thing probably as old, the discourse that said that war is bad because it‘s killing innocent people. So we have to get off to the consensual definition and ask us why we are usually going to war and HOW? Caspar Krieg ist...Scheiße. Sveta There lived a small drop of water. She like to play in the sun. But then there came rough soldiers. They were so thirsty that decided to drink the whole river where our drop of water lived. They drank, drank, drank ... Nearly all his friends found their death in stomachs of soldiers. But our drop vanished and became the part of the clouds that don‘t have anything in common with the earth and which just look upon the people and everything beneath and laugh ... During the war plenty of people give their lives for freedom and happyness of the rest, for peace and love ... krieg* vorworte | 03 * 100 KRIEG WÖRTER Steffi Krieg ist der Vater aller Dinge. So hat einst der große griechische Philosoph Heraklit gesprochen. Krieg meint hier Widersprüchlichkeit und Widersprüchlichkeit einen ewigen Zustand, der allen Dingen innewohnt. Dieses abstrakte Verständnis von Krieg ist von dem heutigen weit entfernt. Wenn Heraklit jenem Widerspruch schöpferische Eigenschaften zuspricht, der neues entstehen lässt, so kommen einem heute beim Begriff Krieg aussschließlich negative Gedanken in den Sinn. In den heutigen Köpfen der Menschen verkörpert Krieg Vertreibung, Verwüstung, Hunger und Not. Krieg ist die militärische Auseinandersetzung zweier oder meherer Parteien, die grundsätzlich negative Auswirkungen zeigt und somit keinerlei positive Funktionen hat. Heraklit würde heute also kaum mehr Gehör finden. Julia Lidia Krieg bedeutet für mich das Aufeinandertreffen von Opfern und Macht. Die einen, die Macht ausnutzen, um andere zu unterdrücken. Oft ohne direkten Grund. Krieg ist ein weitläufiger Begriff. Es geht um Verletzungen, Traumata, die Bereitschaft von jungen Menschen zu kämpfen für etwas, das sie oft nicht verstehen. Meist habe ich das Gefühl, das alles gelenkt wird. Ich verstehe nichts und die Menschen, die den Krieg direkt miterleben auch nicht. Krieg wird verherrlicht, als Mittel zur Durchsetzung von Demokratie oder Menschenrechten. Top down - von oben aus kann man das leicht sagen. Oft glauben die Menschen das auch zumindest so lange bis sie das Ausmaß und die Folgen sehen. Dann begreifen sie, nur dann ist es zu spät. THE WAR: The tragedy, sufferings, terror, mean of politics. The conflict of antagonistic parties with no winner, on the one hand, but also the act of defence and imposion of repercussions, on the other. Modern wars, horror and terror of civilians; broken lives, healths, minds, hearts. Political arenas of showing the power; surpressed nations, manslaughter, rapes, humilitation, disgrace, violence. Iraq, Dafur, Sudan, the Balkan, Korea, Kashmir, the Cold War, conflicts, conflicts, conflicts ... The Third World War - battle of economie power and an increasing gap between so called „developed“ and „developing“ countries. Helplessness of the International Comunity. My helpnessness. The great stupidity. Holger Krieg ist ein komisches Wort, dabei sagt es schon alles: jemand will etwas kriegen, ein Spielzeug, Geld, Macht, vielleicht auch ein Land oder gar Kontinente. Deshalb ist auch im Nicht-Krieg Krieg eine ständige Bedrohung, weil die, die etwas kriegen wollen, in der Regel keine Grenzen kennen. Karolina The first thought when I hear „world war“ is my family and all family stories connected with that topic which is very hard and difficult. The second one is about situation in the world at the moment, in Iraq and Afrika. Sometimes it looks as nothing has changed during 60 years after the second world war finished. So many people suffer and are powerless or defenceless. In my opinion it is very important to have your own opinion for all this things an the most important is to share it with others in order to find solution or just make people more conscious of this proplem. Ewa War is a concept, an idea, that has been existing in humans mind for thousands of years. Therefore it is almost impossible to stop it even though everybody agress on the fact that war shouldn‘t exist. Is war useful? Does war have a purpose? It is difficult to determine it at the moment when it is happening. In fact, it is always difficult to judge a war. People are still fighting on the purpose of Napoleonian wars. Does everything on earth have to have a purpose? Because if it doesn‘t we can go on fighting each other judging them on ... (their race or the colour of their skin). Mare Konfrontation mit Existenzängsten, Hilflosigkeit, Agressivität, Verlust, Rücksichtslosigkeit. Konfrontation mit den Schattenseiten der Menschen. Gibt es böse Menschen? Hat man das Recht Menschen zu bewerten? Soll man wegrennen? Flüchten? Wen kann man mitnehmen? Fängt man an, an Gott zu glauben? Hat der Krieg ein Ende oder wird es für immer so sein? Kann man die Erlebnisse vergessen? Mobilisierung aller Kräfte. Durchhaltevermögen. Es gibt für alles einen Grund. Warum hat der Mensch Schwächen? Wir lieben unsere Familien. Für jeden Tag an dem es regnet, wird einem anderen die Sonne scheinen. Nie wieder Krieg! Die Hoffnung stirbt als Letztes. Wir haben überlebt. Diese Sonderausgabe von ‚Politikorange’ ist ein internationales Experiment. krieg* sucht die friedliche Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg und Krieg über den 60. Jahrestag der Befreiung Deutschlands von Nazidiktatur und Krieg hinaus. Die Autoren stammen aus der Generation, die dafür Sorge trägt, dass auch die nächsten 60 Jahre (welt)kriegsfrei bleiben – nach außen und innen. Junge JournalistInnen aus Ländern, denen das Deutsche Reich einst den Krieg erklärte, beteiligten sich an dem Projekt und trafen sich im April 2005 zu einem Workshop der Jugendpresse Deutschland im Berliner WannseeFORUM, um aus dem bedrückenden Blick zurück Denkanstöße für Frieden mit Köpfchen zu schmieden. Maßgeblich unterstützt hat uns dabei die Bundeszentrale für politische Bildung, übrigens ohne sich in unsere inhaltliche Arbeit einzumischen. Dafür Respekt! Und allen schlaflos Beteiligten 1000 Dank!! Peace! Holger 04 | politik orange zeitzeichen HITLER fascinated has always me Die schwierige Begegnung mit einem Inder, der wie viele seiner Landsleute Hitler für einen großen Mann der Geschichte hält. Von Jochen Markett D ieser Satz war ein Schock. Vor allem, weil er für mich so unerwartet kam. Es war bis dahin ein völlig unbeschwert-netter Abend in einem Dortmunder Café. Wir hatten uns zu zweit verabredet, ich und Raj, ein Austauschstudent aus Süd-Indien. Raj ist seit Herbst in Deutsch- > > Hakenkreuze anno 2005: Gesehen in Berlin-Pankow land, und ich habe ihn in meinem Gospelchor kennengelernt, wo er eines Tages auftauchte. Ich mochte ihn gleich, dank seiner Herzlichkeit und seiner Art, jedes Lied lauter als alle anderen mitzusingen. Als wir uns in dem Café trafen, erzählte er mir auf Englisch von seiner Familie, von Hochzeiten in Indien und vom Erwachsenwerden. Irgendwann fragte ich ihn unbedarft, wieso er sich eigentlich ausgerechnet Deutschland ausgesucht habe als Ort für sein Auslandsstudium. Er sagte zunächst etwas von guten Studienbedingungen. Und dann zögerte er plötzlich – er wisse, dass es in Deutschland schwierig sei, das zu sagen, aber: „Hitler has always fascinated me“. Raj muss meine Irritation direkt in meinem Gesicht abgelesen haben. Denn er setzte sofort an, zu erklären, sprach von einem „großen Patrioten“ und einem überzeugten Mann – er, Raj, habe auch schon „Mein Kampf“ gelesen. Auf meine Nachfrage sagte er, ja, er wisse von den Millionen Opfern der Hitler-Diktatur. Für seine Argumentation schien das jedoch nur ein unliebsames Gegenargument zu sein. Ich war betroffen, aber nicht sprachlos. Ruhig und sachlich erzählte ich ihm von einem Interview mit dem HitlerBiograph Ian Kershaw, das ich vor einiger Zeit gelesen hatte. Kershaw wurde zum Schluss gefragt, ob es irgendetwas Gutes gebe, das man über Hitler sagen könne. Seine Antwort lautete: Nein, es gibt nichts Gutes! Raj nickte – und dann wechselte er das Thema. Wir schnitten es an dem Abend auch nur noch einmal kurz an. Als wir uns zwei Tage später bei einer Party wiedertrafen, merkte ich schnell, dass er sich mit unserer Diskussion auseinandergesetzt hatte – jedoch nicht so, wie ich es gehofft hatte. Raj sagte, er habe mit indischen Freunden gesprochen, und ich kenne doch sicherlich „the treaty of Versailles“, den Versailler Vertrag. Der habe die Deutschen ja damals geknechtet, und Hitlers Ziel sei es gewesen, ihn zu revidieren. Für Raj offensichtlich eine große Leistung. Belehren statt ehren? Seine Haltung lässt mich seitdem nicht mehr los. Ich schätze Raj sehr – und gerade das macht es so schmerzhaft. Ich habe Artikel gefunden, die mir zumindest etwas Aufschluss gegeben haben. Die FAZ hat vor 2 Jahren einen Bericht gebracht zum Thema „Warum Hitler bis heute in Indien verehrt wird“. An einer Elite-Uni (!) in Neu-Delhi hatten 6 von 10 Studenten auf die Frage, wen sie am meisten bewundern, mit „Hitler“ geantwortet. Der Autor führt das nicht auf einen offenen Antisemitismus zurück, denn das jüdische Volk sei in Indien immer sehr ehrenwert behandelt worden. Vielmehr spiele es eine Rolle, dass Hitler die Kolonialmacht England angegriffen und Indien somit indirekt zur Unabhängigkeit verholfen habe. Außerdem habe die HitlerVerehrung einen psychologischen Grund: den Mangel an nationaler Selbstachtung. Die indische Gesellschaft sei immer noch stark hierarchisch aufgebaut. Die Menschen suchten deshalb nach „Gurus“, auch nach Machtmenschen, die dem Volke jene Selbstachtung wiedergeben, welche sie durch Armut, ständige soziale Konflikte und durch die Bevormundung des Auslandes verlieren. Gandhi eignet sich dafür offenbar nicht. Der friedliche Verfechter der Menschenrechte kommt in einigen indischen Schulbüchern schlecht weg. Was bedeutet diese Hitler-Faszination für uns Deutsche? Ich glaube: Verantwortung. Wir können es bedauern, wenn wir im Ausland einem falschen oder nicht vorhandenen Geschichtsverständnis begegnen. Es wird uns genauso passieren, dass wir in fremden Ländern als Nazis beschimpft werden, wie dass wir als Botschafter des Helden Hitler gefeiert werden. Wir sind dann gefordert aufzuklären und über das zu berichten, was wir – hoffentlich – ausreichend über den Nationalsozialismus gelernt und erfahren haben. Ich glaube, ein sensibler Umgang ist dabei wichtig. Ich möchte Raj gegenüber nicht arrogant auftreten und sagen: „Jetzt nimm den Holocaust endlich zur Kenntnis und ändere deine Meinung!“ Genauso wenig möchte ich mich von ihm abwenden und nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ich habe mir stattdessen vorgenommen, mit ihm die NS-Gedenkstätte „Steinwache“ in Dortmund zu besuchen. Ich hoffe, er ist offen für die Kraft der Dokumentation. Worum geht es? Der zweite Weltkrieg war der größte und blutigste Konflikt in der bisherigen Geschichte der Menschheit. Er begann in Asien mit Ausbruch des Zweiten Japanisch-Chinesischen Kriegs am 7. Juni 1937 und in Europa mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1.September 1939. Die so genannten Achsenmächte Deutschland, Japan und Italien starteten Eroberungsfeldzüge gegen viele Nationen. In Verlauf des zweiten Weltkriegs befanden sich mehr als 50 Staaten mit Deutschland im Kriegszustand. Hitlers Strategen planten nicht nur territoriale Zugewinne, ihnen ging es auch um die Vertreibung und Versklawung der slawischen Völker zugunsten neuen „Lebensraums“ für die angebliche deutsche „Herrenrasse“, und um die seit 1942 generalstabsmäßig umgesetzte Vernichtung der europäischen Juden. Ein Völkermord, der keine Grenzen kannte. In aussichtsloser Lage beging Adolf Hitler am 30. April 1945 Selbstmord in Berlin, am 7. Mai kapitulierte die deutsche Wehrmacht in Reims vor den Westmächten, am 8. Mai in Berlin-Karlshorst vor der Sowjetunion. Dort wird der 9. Mai als Tag des Friedens in Europa gefeiert. Japan gab erst im September 1945 auf. Hatte der Erste Weltkrieg 1914-1917 etwa 10 Millionen Menschen das Leben gekostet, waren es im Zweiten Weltkrieg ungefähr 60 Millionen! Eine kaum vorstellbare Zahl. Allein in der Sowjetunion kamen durch die deutschen Angreifer mehr als 25 Millionen Menschen ums Leben, russische Quellen gehen sogar von 40 Millionen Opfern aus. In Polen wurden mindestens 6 Millionen Menschen durch die Deutschen ermordet, in Jugoslawien 1,7 Millionen, in Frankreich 810.000 und England rund 400.000 Bürger. In Deutschland selbst verloren etwa 7 Millionen Menschen infolge des Nazi-Größenwahns ihr Leben, sei es durch Verfolgung, Deportation, Bomben oder als Angreifer im Kampfeinsatz. Habt Ihr eigentlich eure Großeltern schon einmal gefragt, was sie im Krieg gemacht haben, fragte uns Lidia aus Warschau gleich beim ersten Redaktionstreffen. Nicht viele hatten das getan, mussten wir verschämt eingestehen - wohl auch aus Scheu unserer Verwandten über das Gestern offen zu reden. H.K. krieg* zeitzeichen Caucases FROM the to Berlin Von Babin Vladimir, 12 years. Aus einem russischen Aufsatzwettbewerb. O nce when I came to my granny’s place, she was watching a TV-programme about the war & I asked her to tell me about herself, about how she went to battle & how she managed to survive untill the end of the war. This is how she started her recollections about those distant war days. “I was a student of the teacher‘s training college. During the holidays I stayed with my mum in the city of Nalchick. The war was getting closer & seemed to prepare to occupy our city. I went to the front of my own free will in August of the 2nd. I served as a nurse. We were fighting for Grozny. Our regiment was staying at the right bank of Terek & at the opposite side there was the enemy. Wounded men began to arrive. They were lying in the trenches & the medical centre was in a small earth-house. It was only possible to evacuate people at night & it took one’s breath away because of the roads in the Caucases. Later we were transferred to Ossetiya, to the city of Ordzhonikidze. The medical centre was situated in an outskirt of Beslan, in a large farm. Hard fightings took place here. Those who were wounded were taken to the former cow-stalls. They stayed there until being taken to the hospital. I won’t ever forget one of those days when during one day 8 guys were brought to our centre, my coevals. All of them were heavy wounded. It was very hard to look at the young soldiers who were suffering from pain. All of them died by the evening... We had to work without having a rest for several days. Fortunately the Germans didn’t manage to win this battle for the city. After the liberalization of the Ukraine we reached Poland. Not far from the city of Lyublin we decided to halt. There came a voice about the “camp of death” near the city – Majdanek. We were taken to the camp. Reaching the camp we saw a strange field: violet cabbage grew on it. I was shoked by it’s colour – I’ve never seen anything like this before. From the gates up to the end of the camp there was a ditch full of corpses – they were shot down here. Gas chamber was constructed in the same way as a shower-bath. People were told that they were to be taken to get a shower. They were even given coat-hangers. Then they we taken to the other room, very dark, with a small hole in the ceiling. Through this hole the fascists let in the gas. When we saw the cabbage field again we understood why we were so shoked by it. Now we knew that it had grown on blood & ashes. Little by little we reached Berlin - den of the enemy. On the Reichstag there is my signature as well: “From the Caucases to Berlin. Tanya Mihajlets”. W | 05 so familiar because of its House of a teacher and buildings of the stalinist epoch. Russians are welcome to Berlin. I’ve learned that after the fall of the Berlin wall everyone in Germany wanted to forget about the period of Soviet occupation. Nobody wanted to study our language, to visit our country. All the people were too happy because after the collapse of the USSR they felt themselves free. But now this interest to Russia comes back. It’s a new fashion – t-shirts with Russian symbols. I’ve founded out that people became very interested when they learned that I’m from Russia. Russian people have also forgotten about the war and everything that happened after it. And we do not relate to Germans as our former enemies. No! Plenty of people are fond Feindbilder, Kriege und Mauern haben uns viel zu lange gestrennt. Komisch, dass of German literature and wir gerade schon wieder neue bauen. Durch Visastempel. By Svetlana Sorokina phylosophy, language and culture. Goethe and Schiller are still the past. These live together and, mixing, make popular, Nietzsche is no longer the ideologyst a great country. Nobody cares in Berlin who you of fascism but one of the greatest thinkers of are and what your appearance is. So many people the 19th century. Besides we have a great speak English that there is no problem for a foreigner to find the cooperation and business relations between our countries. right road. Berlin is a good But still there is one thing place to have a rest. I cannot understand – this visa affair. Both RusUsually capitals are too noisy. But in sians and Germans Berlin you can have great problems go to the last and face unusual metro station unfriendliness at the embassy while and just enjoy walkapplying a visa. ing. It’s Why? I don’t know and actuso quiet there, as ally don’t care if Russians nobody or Germans is around started it. But you. For Russians it seems so it’s nice silly today, to come when the to Berlin main direc– so many tion of the development places remind is globalization our and intensicountry. It’s fication of because part international of the history contacts. It’s of our two so silly in a century when countries became > > 60 everyone has common. GerJahre alte mans still conserve the right to russische Inschriften: some pieces of that move freely. Svetlana Sorokina im period. I was very pleased Is this a new Deutschen Bundestag to learn for example that iron curtain? Germans do not rub the grafitti of Bosses do not read teens’ newspapers Russian soldiers off the walls of their Parliaand I cannot hope that this article can change something. But I’m sure that people must influment. I was proud of our heroes standing at the monument to a Russian soldier. East-Berlin seems ence their government. Let’s try to do it? ar is a strange thing. Those people who fight against each other – do they have any cause to fight? On the contrary, they have so much in common: they had to leave their families, they do not want anything but to live in their native town safely and in peace, to bring up their children... They could be good friends. But it so happened that now they are enemies. They have to hate each other. Who makes them do it? Yet war isn’t the only one strange thing in the world. Germany is a wonderful country. Such a mixture of cultures nowadays and great traditions in VISA & true enemies FRIENDS 06 | grundsatzfrage ist der Warum kein 8. Mai FEIERTAG ? Ein Kommentar von Joshua Kleinsorge „I m Westen nichts Neues“ ist der Titel des 1929 erschienen Werkes von Erich Maria Remarque über die Erlebnisse einiger Soldaten während des 1. Weltkrieges. Das Buch wurde in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland verboten, da es indirekt Anklage gegen die Elterngeneration des 1. Weltkrieges erhebt. Nun könnte man meinen, dass eine Aufarbeitung der Geschehnisse und ein Gedenken an die Gräueltaten des Zweiten. Weltkrieges nach 60 Jahren in Deutschland eine Selbstverständlichkeit sei. Von wegen. Im Westen unserer Republik scheint dies nicht angekommen zu sein. In viele Städten NRWs verspürt man offensichtlich kein Bedürfnis, den Opfern des 2. Weltkrieges zu gedenken und die Jugendlichen zu ermahnen nie wieder einen solchen menschenverachtenden Krieg zu zulassen, wie es sich Remarque mit seinem Buch zur Aufgabe machte. Fragt man bei den Großstädten an Rhein und Ruhr nach, ob sie eine Gedenkveranstaltung mit Bezug zum 8. Mai geplant haben, stößt man teils peinlich berührt, teils unverstanden auf Ablehnung. Die Medien seien schließlicj voll davon. 51 Prozent der Jugendlichen wissen nichts mit dem Begriff Holocaust anzufangen Lediglich Städte – Recklinghausen, Düsseldorf und Köln - die mit einem Widererstarken rechter Parteien wie der NPD oder den Republikanern zu kämpfen haben, sind da gewissenhafter. Sie veranstalten Gesprächsrunden mit Jugendlichen aus ihren Partnerstädten, gedenken öffentlich der Millionen Toten des Krieges und unterstützen bürgerliche Initiativen gegen rechte Gewalt. Sie haben offensichtlich verstanden, dass die Jugend trotz des schulischen Geschichtsunterrichts nicht viel weiß von ihrer Geschichte. Nur ein Gedenken und das vor Augen führen der schrecklichsten Ereignisse der deutschen Geschichte können hier aufklären. So wissen nach einer Umfrage, die jüngst der Historiker Guido Knopp benannte, 51% der deutschen Jugendlichen nichts mit dem Begriff „Holocaust“ anzufangen. Wird es nicht den Stimmenfängern und Vasallen der NPD leicht gemacht, neue Gleichgesinnte zu finden und zu formen? Sie müssen ja nicht einmal mehr den Holocaust leugnen, wenn Teile der Jugendlichen nichts mit diesem Begriff verbinden. Das Schmierblatt der NPD, die „Deutsche Stimme“, wurde jüngst mit Bezug zur Landtagswahl in NRW am 22. März an alle Haushalte verteilt. Sie werben hier mit ganz alltäglichen und kaum rechts anmutenden Themen. „Weg mit Hartz IV, Bildung ist unsere Zukunft und Familienbetriebe statt Global Players.“ Forderungen, die nicht nur von der NPD erhoben werden und die Partei auf > > Befreiung war es den ersten Blick im Lichte einer ganz „normalen“ allemal! Graffitti aus Berlin. Partei stehen lassen. Dass sie als direkte Nachfolgepartei der NSDAP die gleiche Ideologie vertreten, wissen viele nicht. Spätestens hier sind die Parteien gefordert Ist es nicht an der Zeit, den „Tag der Befreiung“, wie der 8. Mai vor 20 Jahren vom Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker genannt wurde, zu feiern? Als Tag des Erinnerns und der Mahnung, damit nie wieder in Deutschland und anderswo in der Welt ein solch brutales und verachtendes Regime die Menschen terrorisieren kann. Sollte nicht der 8. Mai der gesetzlich höchste Feiertag in Deutschland sein? Tragen nicht die bürgerlichen Parteien, die schließlich auch die Stadtparlamente regieren, eine Verantwortung für das Gedenken? Schließlich heißt es im Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Hier kann ich nur sagen Auftrag verfehlt. Der Aufschrei aus dem bürgerlichen Lager wird wieder groß sein, sollten NPD und Republikaner am 22. Mai in NRW große Stimmengewinne verbuchen können. Mich würde es nicht wundern, denn „im Westen nichts neues“! A politik orange doll’s LIFE Anastasia Manzova, 13, Zheleznogorsk town I like to look at old pictures, they can tell us about lots of things. Once, turning over the yellowed pages of an album of my grandmother’s photos, I saw a very thin girl with huge eyes looking up at me. She was clasping a doll to her bosom. It became interesting to me. Who was this girl in the picture; whose doll was it? And then my grandmother told me this story. It was in war time. Our troops conducted heavy attacks and moved forward. Once, a soldier, Ivan, walking on the street of a liberated town stumbled against a doll on the trash covered road. The doll said: „Ma-ma-ma…“. And at this moment the soldiers with automatics, who are accustomed to seeing blood and corpses, felt dull pain. They almost had lost their humanity. What had become of the owner of this doll? Had she managed to escape the bombs? Was she killed and now under the ruins and trash on the roads where the soldiers were going, roads leading to a new peaceful life? This doll saved the soldier from death. If there were no doll on this road, the soldier would not have noticed the mine under it. The doll laid on the mine, her little fragile body covering the awful discovery. The soldier carefully took the doll, which was covered with trash. He clasped it to his bosom under his coat as if he wanted to warm her. «It will be a gift for Lusya, my daughter», he thought. Since then he carried this doll with him in his sack with military things until the moment he was wounded by a heavy bomb fragment and was not able to move. In the hospital Tanusha, a funny nurse, made a white dress from gauze for the doll. A young soldier laid in a bed near Ivan. His wound healed. „Where you will go now?“ - Ivan asked him. „I will carry food to Leningrad“ - the soldier answered. Ivan understood that it was his chance to deliver his gift to his small daughter. This doll passed a long way on the road of life to Leningrad. It was very dangerous on the ice of Ladozhskoe lake, the Germans always bombed the columns of vehicles. However, the drivers have never stopped. One of them fell asleep as he drove. He didn`t notice how the ice started to crack. All the people who were in the car jumped out taking the most expensive things they had with them. And the young soldier took the doll. Completing all the difficulties of the dangerous trip the doll, still beautiful and well-dressed, was delivered to Lusya`s house. It was a miracle! No one around Lusya had a doll more beautiful. It had huge blue eyes, long black lashes, gold silky hair and the dress of a bride. Lusya didn`t leave the doll even for one minute. Playing with the doll Lusya forgot everything, including the war. And then the hard times came. With nothing to eat, Lusya fainted many times due to starvation. It was Sunday. Mother put Lusya on the sled, gave her the doll, her father`s gift, and they went to exchange the doll for potatoes. It was a pity for Lusya to give up the doll, but the hunger was stronger than the wish for the doll. Perhaps, it was a doll which saved all the family. „Ah! It was such a beautiful doll! It was really a pity to give it up!“ - grandmother sighed. And at this moment I understood that the girl holding the doll in the picture was my grandmother. WAR People! While your hearts still beat. Remember about the price of happiness! Please, remember! An Interview with his own Grandfather by Piotr Matonin H ow does love of the Motherland start? This feeling appears in childhood. To love the Motherland means to live one life with it: be happy in holiday with it and suffer with it when it suffers. There were first days of the Second World War. The year 1941. The whole country was involved in the war: young and old men and women, children. Everybody helped the country as he/she could. Alexandr R. Matonin, my grandfather, was 8 years old when the war began. I was always interested in how the children of my age lived at that time. And I asked him to tell me about it. Grandfather, how did you know that the war began? We lived in the village called Beletsk, Ermakovskij region, there were no radio, television, post. The courier from the nearest village rode to us. Information for people to gather near the collective farm bureau was given. And so the inhabitants of our village knew that the Germans had attacked us. Russians experienced many troubles during this period. There was no family in Russia the war didn`t concern. My father served in the army at that time. He would stay in to fight. It is hard to find a family in Russia which didn`t lose a father or son, mother or daughter. My father was killed in 1942 defending the Ukraine. Children worked from sunset until sunrise. They were my classmates: Viktor Alexandrov, Vasilij Shmakov, brothers Volodya and Sasha Kuchinskije, Masha Garbuzova, Anya Chuvashova and many others. Gathered potatoes were cut into circles, dried in the oven and then sent to soldiers at the front. In the evenings, after work, women knitted warm socks and mittens, and placed them in parcels. How did children of my age live in the years of war? I had to do all the housework since I was the oldest in the family. In the winter I carried straw on the sledge from the fields to feed our cow; chopped firewood and there were times when I had to take pieces the fence to heat the house; carried the buckets filled with water from the river. We had to hunger, wear patched up clothes; put straw in the valenki patching the holes to protect our feet from the frost. When the sun started to heat we would run to the slope to dig licorice. It is sweet as a candy. Or we went to gather and then eat damsons, wild onion and garlic; we even ate goose-foot. There was no meat, the product so necessary for a growing kid`s organism, so we By Oksana Ukrainskaya, 12 years, Naberezhnye Chelny DISASTER CHILDREN of kriegskinder | 07 The BEGINNING of the krieg* Who worked in the fields if all the men went to fight for Russia`s liberty? Men went to war and women and children worked in the fields. It was difficult for us. We, little children, lifted potatoes, weeded huge fields with our hands, harrowed with the use of bulls. And nobody cried or complained. Everybody understood that it was needed for the victory. People tried to win not only fighting at the battlefield, but also on the home front. How did you, teenagers, try to help the red army win? There was the 4-years school for young pupils in our village. All pupils worked as much as adults. The new school year didn`t start while all the fields were not cleaned, potatoes were not lifted and the fodder was not prepared. Beletsk village. Primary school. Year 1945. caught gophers, boiled them in a can in the oven. And it seemed that we couldn`t find a dish better than that. We ate the eggs of magpies, crows, thrushs. We dreamed of eating enough bread and sugar for our organism. The war ended and our country got liberty in 1945. The Soviet people won because of their courage, strength of mind, hardiness, nobleness and wish for it to remain their motherland for the peaceful life of future generations. And the victory was gained not only due to the merits of soldiers on the front, but also to the little children and women, who suffered most of all in this war. > > Krieg - ein Kinderspiel? Kleiner Junge 1942 in Neuruppin. T hat day I got up very early, everything was as usual, but I was troubled by something. I walked through our small house: here is mum’s bed-bench, mum is sleeping there and father’s bench is deserted: he is not home, he works all night. I washed myself with cold water, got dressed, turned on the radio set, lent an ear to it and froze. An announcer spoke in a loud voice & with great agitation: “The war has begun!” I couldn’t even budge. Because of the announcer’s loud voice mum began to spill. Not understanding what has happened she said: “Fedya, reduce the sound.“ No reaction from me. Then mum without any suspection raised her head from the pillow & looked at me with a question in her eyes. “Listen” – I whispered and pointed at the radio set. Mum lent an ear. The annoncer was speaking at the time: “... without any notification the Germans attacked our great Motherland...” Mum turned pale, her eyes looked somewhere in the distance. “Mum, dear mummy“ – and I rushed into her arms. She came into her senses. Jumped off the bed, throwed upon herself a dressing gown & rushed to the door, opened it wide and began to peer into the distance. I know, she was looking for dad with her eyes. Suddenly mum opened wide the gate & put her arms round dad. „Petya! War, war! What should we do then!“ Mum cried, dad took her home, sat her on the bench and sat in front of her. Suddenly the door opened. I was frightened, closed up my eyes tight. Silence. I wonder who has come? I half-opened my eyes and saw... a russian soldier. “The war has started!“ – he said. I descerned the soldier. It was a young sergeant, tall, broadshouldered with a noble face. “Dress yourself quickly and go out.“ Mum dressed herself very quickly: she threw a headscarf upon her shoulders. The soldier waited for us in the yard. He led us somewhere. Nobody stayed sleeping in our village, there wasn’t any noise. Everyone was gloomy: nobody greeted each other, nobody laughed. The war has begun! I had fear: I couldn’t even imagine what would happen to me and my family. We entered a large building. There were many people there. Everyone was crying, nobody talked. The soldier took my father downstaires. My mum and I stayed above the entrance. The doors opened again and again, more and more people were entering. It became too tight and stuffy in the hall. Suddenly a voice came. A military man was speaking: “Comrades, the war has begun! Let’s stay together“ – this way we can win. The soldier went away, but dad was also away. In half an hour dad returned. He put mum into his arms, whispered her something and said loudly: “Comrades, now we will be put into the cars & taken to the safe place. Outdoors, everybody!“ Mum and I sat into the car, on the way she told me that dad was taken to the war. I had a lump in my throat, but I controlled myself & didn’t cry. Finally we reached a village. Mum & I were settled in the izba with one room... We live here not very well, but the time passed & we get used to it. Father died. Mum cried for long. Now our life gets right but I’ll never forget the first day of the war. 08 | erinnerungen you can SEE Pageson which LIFE politik orange The Germans didn`t touch me. Before leaving the room the tallest of them kissed me. And I sat being afraid to sigh. Soon this tallest German came back. The awful thought came to me. „He came for me“. But he came nearer to the table, took the cake and went out. I never saw these Germans again. Nadezhda Petrovna became silent. I turned over one more page. Noch leben Zeitzeugen, die berichten können, welche oft grausamen Geschichten hinter Fotos und Mahnmälern Fireworks of life stecken. By Evgenij Chepkin Her mother was buried. Nadya didn`t cry, she could hardly understand what was happening. Galya, her neighbor, whom Nadya liked so much, took Nadya into her house. Galya was a woman of middle age at that time and had no children of her own, that is why Nadya was her only happiness. She paid her lots of attention, that is why Nadya recovered from the shock in a short time. Days passed quickly. Despite the troubles in the country, the small Glazov town was quiet. People were creating plans for the future. So two years passed. And the year 1945 came. For Nadya this year was special one: this year she was 10 years old. It was her first jubilee. She started to prepare for this year beforehand, especially because Galya promised her a special celebration. We will celebrate your 10 y.o. birthday in such a special way, that the whole country will never forget it! Who could know at that time that her words would become true. On the 8-th of May Germany announced its capitulation, and on the 9-th Russia had the great holiday – the victory celebration! Everybody went into the streets that day. Everybody congratulated each other on victory day. Now people can sigh easily! Now they can think about the future. This photo became the last one in the album: the group of happy people, throwing back their heads looking at the black night sky with many lights! I t is very difficult to remember the tragedies experienced in the years of war. Especially difficult when it is necessary to force a person to remember them. The topic which I had to discuss with Nadezhda Petrovna Alekseeva, war veteran, involuntarily gave me shivers. She had to remember about her tragic childhood and I had to listen and write down her story, without showing emotion. But it turned out differently. When I posed my first question, the reply which > > Aus Leben und Familie fortgerissen: Denkmal in Berlin-Mitte, das an die Deportation der HJuden erinnert. I got was a significant smile. Nadezhda placed a huge blue and silver photoalbum on the table and said: I will tell nothing. All my childhood is in this album and when you see it you can tell me about my life for yourself. I carefully opened the family relic and started to turn the pages dusted by time. Black and white photos, pictures, made by a kid`s hand, extracts from newspapers are constantly fitted on them. Here a girl with an out-stretched hand is standing, here a woman is reading the newspaper and here a horse is walking on a field scorched by an artillery shell… I understand that imagination starts to work very quickly, my eyes really don`t see the room where we are sitting, but are looking at the horse on the burnt field, woman with the newspaper and the child with the out-stretched hand. And... – the woman breaks the silence. – I can see by your eyes that you understood everything. Turn over the pages of the photoalbum and tell me about my life! Don`t be afraid to be mistaken, I will correct you if you make a mistake. I again open the first page and start the long story. Grief is always near you The birth of a daughter in the family of Alekseevi was the great gift. On 9 May 1935 the lovely child was born. To say that the parents were very happy means nothing. They were delighted. They both were around 40 y.o., that is why they without hesitation named her Nadya (hope), because since the wedding they hoped to have children. But nobody knew at that time that the life of Nadya would be so difficult! The war started. Father was taken to the front, and was killed in 4 months. Nadya will never forget that white list of paper with info about father`s death. Father was killed, and it meant that now Nadya had only her mother alive. And Nadya decided for sure that she will gift her warmth to her other; mother had to feel herself not lonely and sad. And the mother that time decided to devote her life to her daughter and to do everything possible for Nadya feel herself happy. But happiness is impossible when everybody suffers. That day, 9 May 1942, little Nadya remembered for the whole of her future life. She had waited for her birthday since winter, she was to be 7 that year. Her mother earned money and bought Nadya a cake with roses of different colors on it. It was a very beautiful one! It was the best gift she could dream! The girl was so happy that she was running around the room, kissing and thanking her mother. The Germans came exactly at that moment when both were hugging each other. Why they came into their house neither Nadya nor her mother could understand. Nadya had nothing expensive in her house to be stolen, except maybe the beautiful cake on the table. Nobody knows why, but the Germans bound Nadya`s mother and took her away. Nadya has never seen her again since that moment… Nadezhda Petrovna sighed heavily and dried her tears. Mother was in the room for a long time. She suffered for a long time and then they killed her. There were 4 of them. All of then were very strong men, and my mother was a thin, fragile woman. They raped her with cruelty. I remember very well the words of my mother when she told them: „Let my daughter go to the kitchen, let her not to see this“. But the Germans didn`t hear her, they just laughed…And then they shot her. Before their guns she had just told them „Don`t touch my daughter!“. Those were her last words. People must live! MUST! I closed the album and sat in the silence for some minutes. I was thinking about all what was said today. And what came next? – the question was posed suddenly. Then life became usual for all of us – Nadya answered, as if she knew what I meant, – study at the university, job, wedding, children... It is not so important for this story. It is not so important. Everybody can achieve it. I silently agreed with the words of this woman, who could not be changed by the years and am surprised at her heroism. Nadezhda Petrovna could survive despite all the troubles. As a sprout, growing on the hard soil, she shot up and survived, leaving behind all the offences and emotional shocks. The war injured her soul, but didn`t kill her. On 9 May 2005 Russia will celebrate 60 years since the victory day. And Nadezhda Petrovna will celebrate 70 years from the day of her birthday. She will never forget the day when her mother was killed. She will cry remembering it and it will be frightful for her. But she will again take herself in her hands, start to smile and be happy that she is as alive as she was in childhood. The person who understands that PEOPLE HAVE TO LIVE, HAVE TO deserves the greatest respect. When you will raise your glasses to your Motherland remember this woman, who lives in Glazov town. Think about her, be delighted with her firmness and wish her good health in your thoughts! krieg* gemeinsam SCHORNSTEIN „Der stand MIR | 09 bevor“ Ralf Fischer ist 26, Ernst Bellasch 81. Beide trafen sich im April 2005 auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen. Fischer half, dort als Student die Gedenkfeier zum 60. Jahrestag der Befreiung des KZs vorzubereiten. Er interviewte Bellash, der als Zeitzeuge aus Belarus kam. Nur durch Glück hat der Weissrusse seine Leidenszeit in deutschen Lagern überlebt. D ichtes Gedränge auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen in Oranienburg. Einige hundert Überlebende aus Russland, Frankreich, der Ukraine, Israel, Holland, Polen, Dänemark und anderen Ländern sind zum 60. Jahrestag der Befreiung des KZ durch sowjetische und polnische Soldaten angereist. Die meisten noch lebenden ehemaligen Häftlinge sind schon 80 bis 90 Jahre alt. Oder noch älter. Doch trotz des Alters beeindruckt ihr Willen, sich dem Ort des Grauens zu stellen. Ernst Bellash aus Belarus, mit seinem Lächeln und seiner charmanten Art des Erzählens, ist einer von ihnen. Statt eines Namens steht eine vierstellige KZ-Nummer auf seinem Schild. Die Nummer ersetzt einen Namen. Kaum fassbar für Menschen, die nach 1945 geboren wurden. Ziffern statt Buchstaben, um Menschen zu unterscheiden, „8268“ statt Ernst Bellash. Als er im Dezember 1925 in der Sowjetunion geboren wurde, war er der Sohn eines Revolutionshelden. Eines großen Helden, wie er sagt. Sein Vater kämpfte während des Bürgerkriegs auf Seiten der Bolschewiki. Fünf Jahre nach seiner Geburt zog er gemeinsam mit seinem Vater aus der belorussischen Heimat nach Leningrad. Sein Vater studierte an der Akademie, der zwei Jahre ältere Bruder und er kamen in die Schule. zur Arbeit auf ein Schloss geschickt. Gefesselt mussten sie wenig später nach Groß Rosen. Dort rasierte man ihnen einen Streifen auf den Kopf. Als Erkennungszeichen. Nach einigen Wochen bekam Bellash ein Augenleiden. Es wurde so schlimm, dass er eine Augenbinde tragen musste und arbeitsunfähig wurde. Das war im Frühling 1944. holten sich junge, kräftige Männer und Frauen als Sklaven per Zug ins Reich. Wieder arbeitete er auf einem Landgut. Diesmal in der Nähe von Greifswald und gemeinsam mit Franzosen und Polen. Im Herbst wurde er nach einem Reitunfall in den Westen des Nazi-Reichs nach Reith bei Krefeld beordert. Die Zwangsarbeiter säuberten nach den Bombenangriffen der Alliierten Straßen und schichteten die noch nutzbaren Ziegelsteine aufeinander. In Krefeld schloss er sich einem Antifa-Zirkel an und bereitete gemeinsam mit anderen Gefangenen seinen Ausbruch vor. Nach dem ersten Versuch kehrten sie wieder in die Unterkünfte zurück. Doch beim zweiten waren sie zu viert erfolgreich. Es gelang ihnen, über die Kanalisation die Stadt zu verlassen und bis zur Weichsel zu fliehen. Der Glaube an den Kommunismus sowie ihre patriotischen Gefühle ließen die jungen Männer diese waghalsige Flucht wagen. Fast wäre sie gelungen. Doch hungrig, müde und schmutzig griff sie Kriminalpolizei an der Weichsel auf. Von dort kamen sie in ein Nazi-Lager. Weil die Ver- Arbeitsunfähigkeit bedeutete Abtransport. Die Richtung entschied der Lagerleiter. Der „Schornstein stand mir bevor“, sagte Bellash wortkarg zu dieser Situation. Warum es das Konzentrationslager Sachsenhausen wurde, kann er sich auch nicht erklären. Auch nicht, wieso er nach einem Monat weiter musste, nach Rechlin, den Flughafen ausbauen. Die Qualen waren unbeschreiblich. Als unser Gespräch auf die Zeit nach der Zwangsarbeit in Rechlin kam, in der Bellash im KZ Dora arbeiten musste und später sogar noch in das KZ Bergen-Belsen verschleppt wurde, brach er das höre keine Ergebnisse brachten, lieferte man die Flüchtlinge in das Gestapo-Gefängnis in Poznan ein. Weil auch dort alle vier Männer, trotz Folter, nicht verrieten, dass sie eigentlich entflohene Zwangsarbeiter waren, wurden sie zusammen Gespräch ab. Die Herzlichkeit mit der er erzählte, bekam einen radikalen Bruch, die ahnen lässt, wie entsetzlich diese Zeit gewesen sein muss. Bellash sagte zum Abschied sehr leise: „Vielleicht erzähle ich es ein anderes Mal. Heute nicht mehr.“ Von Sachsenhausen nach Bergen-Belsen 1935 verlor er seinen Vater, sein Vorbild Ernst Bellash verlor 1935 seinen Vater, sein Vorbild. Während seine beiden anderen Brüder auf das Internat gingen, zog Ernst Bellash zu seiner Großmutter nach Belarus zurück. Mit ihr ging er nach Ostpolen, als dieser Landesteil unter sowjetische Herrschaft kam. Hier war die Großmutter geboren worden. Zwei Jahre lang lebte er im Dorf Loknovic bis die Deutschen 1941 einrückten. Mit 15 Jahren musste er untertauchen und sich verstecken. 1942 wurde er zum Arbeitsdienst herangezogen. Auf einem Gut half er dem Buchhalter beim Auszahlen der Löhne. Seinen Job nutzte er auch, um antifaschistische Zeitungen, Papiere und wichtige Informationen weiterzuleiten. Doch eine Lehrerin verriet ihn an die Polizei. Nur knapp sagte er dazu: „Mein Glück war es, dass die einheimische Polizei mich verhaftete. Sonst wäre ich wahrscheinlich sofort erschossen worden.“ Als Zwangsarbeiter rekrutiert Aus dem Knast wurde er im März 1943 wieder für den Arbeitsdienst rekrutiert. Die Nazis > > Im Erschießungsstand: Helfer mit Überlebendem in Sachsenhausen 10 | zeitzeugnisse politik orange The Warsaw Rising took place in 1944. There was a huge celebration last year in Poland, dedicated to this event and its 60th anniversary. Moreover, the citizens of Warsaw opened a museum, which shows the atmosphere of those days in a very exceptional way. There are many volunteers who take part in organizing all of the projects connected with this place. Ewa Zuk had a chance to have a conversation with one of them – Alicja Wlodarczyk, a student of psychology. The students in Warsaw have lots of possibilities as far as voluntary work is concerned. Why did you choose the Museum of the Warsaw Rising? It happened accidentally. My financial situation doesn’t force me to start a paid work. I was searching for something, which could help my self-development. I just saw the advertisment in the magazine. Then I decided to try. While having an interview, I said honestly that I had never been interested in the Warsaw Rising and I didn’t have any knowledge. Nevertheless, I was accepted. The emotional way. They tell me their own stories and cry. Sometimes they don’t even want to get in because they’re so excited. There are also many school trips, young pupils. I wonder if the young people also feel excited as far as the Rising is concerned. Can you observe any youngsters’ emotional reactions? I can. Young people write their notes in the guests’ book very often. They also collect the brochures. There are some small papers on the fashionable Do the young people show their interest and ask you questions when you stand next to the exposition? They really do. They ask many questions. Actually, the matter of the Rising is something unknown to them. Besides, because of the 60th anniversary and the celebration, the matter of the Rising became something, let’s say, fashionable. It is presented in the media all the time. The youngsters don’t know much so they want to get some information. They are usually well disposed to have a conversation. Moreover, the attitude of the Warsaw citizens is exceptional. RISING You mean the young citizens? Yes, but not only. People from Warsaw seem to be proud that they live in a city, which has such an impressive history. Although, usually everyone claims that the Polish capital is quite ugly. Probably the city would have been beautiful if not so many buildings had been destroyed. How do the foreigners experience visiting the museum? They are also really interested. We have the brochures in English, German and French. The foreign visitors sign the guests’ book very frequently also. The museum usually seems to them to be very impressive. Most of them are really delighted. How does the interactivity influence the expositions? Maybe the voluntary work is a chance for you to get some information about this happening… Sure it is. Now I feel like if I were even an expert. It’s not just a matter of the historical knowledge but also psychology. Working in the museum is a possibility to get know something about human’s behavior in the extreme conditions. There are many foreign visitors, so I can also improve my spoken English. What are your duties? It depends. Sometimes I hand out the tickets or help in the cloakroom. But I also stand next to the exposition and inform the visitors. How old are the people who come to the museum mostly? There are people in every age. Also youngsters. The older visitors treat the expositions in a very walls, which imitate the pages from the calendar. They describe every single day of the Rising, all of the most important happenings. The museum is interactive and it really comes up to the young people’s interests. There are some artificial telephones on the ground floor. The visitors can hear in the receiver the relations of the people who lived through the Rising. There is also a special “room of the young insurgent” for children, where they can draw something or build the barricade. Generally, I must admit, that children’s interest is really impressive to me. How about the teenagers and students? It is more difficult as far as the teenagers are concerned. Sometimes they are not disciplined. Even though, it seems to me, that the expositions in the museum make an impact on almost everyone. The atmosphere of the Rising is perfectly recreated. I am especially fascinated by the sounds. You can here the shots, explosions, even the heart beat. As a volunteer you know much more about the Rising. It’s even quite difficult to imagine how different and more difficult was our grandparents’ youth than ours is. Does working in the museum have an impact on you and make you think of this? Of course it does. Sometimes I wonder if I would have been able to sacrifice my life. It is a really exceptional matter. The museum shows the impact of the Rising on the civil population, not just the army. I find it very interesting because of the psychological aspect. We can get know something not only about the military actions but also about the real human tragedies. It happened to the normal people, similar to us. Even though it took place sixty years ago. krieg* reflektionene A s an American, living in Leipzig in East Germany has given me a lot of insight into war. As young child, that grown up in America I was fascinated by war especially our civil war with the strange looking ironclads to the tanks of WWI and the fighters and bombers of WWII. The Germans had cool weapons, but ours ultimately were better. My brother and I had toy soldiers and created huge battles which lasted for days. It was kind of like playing dungeons and dragons but with plastic German soldiers pitted against Americans in a permanently losing battle between good and evil. American vs. Germans. We, the Americans, were always the good guys, fighting for freedom and democracy while the Germans were evil. While playing in the forest with the neighborhood kids, we would pretend to look for burned-out German Tiger tanks. In Connecticut, no battles had taken place anywhere near there during WWII. Why were we so fascinated by war? There are many reasons, but at seven years of age, who would be able to explain? For an American, one of the reasons is we were taught that: Hitler was bad. He killed six million Jews and we had to stop him. Combine that with being isolated as well as growing up with influences like the John Wayne and James Coburn glorified war movies made in the forties, fifties and sixties like „ Guns of Navarone“, „The Longest Day“ or „The Great Escape“ and of course a lot of satire movies. All these were conveniently shown on TV on Saturday afternoon after the cartoons. We were not able to get a real sense of war from our armchairs and so our imaginations went wild. A major shock came to me when I spoke with a friend of my father’s back in 1977 who was so angry that America had gotten involved in Vietnam and that 60,000 American soldiers had gotten killed for no reason, did I stop and think why. This was a hot topic and I was afraid to bring it up when he was around. Then, movies were released like the “Deer Hunter” and “Apocalypse Now” which changed the way Americans saw Vietnam. We suddenly saw what our soldiers had to go through. In a way I think we are all divided when it comes to war. The innocent side who wants to get into the fight and prove himself and the rational side that says, I couldn‘t VoiceOF displays his souvenir, a ceremonial dagger taken off a dead German officer with the characteristic “Swastika” on his wall in the TV room. His brothers Dickie and Alfi were in the Army Air Force and flew the legendary B-17 “Flying Fortress” over Germany. We listened eagerly to stories of bullets piercing the skin of the airplane and chunks missing from wings and how they still managed to make it back. We glorified it, and they were heroes. When I got older, I thought less and less of war. Life got in the way. There were no “wars“ to be concerned about - well, if we do not mention the cold war or the covert ones America was fighting in South America and the Middle East. Suddendly September 11, 2001 came and all of a sudden we found ourselves in an “artificial” war with a propaganda machine so well oiled that it ironed out the fake reason for the war - weapons of mass destruction, freedom, democracy. The simple rhetoric of saying your „either with us or against“ us polarized America and the world. Like in Nazi Germany, it became dangerous to speak out against it. America said that it would learn from this war in Vietnam. It did. Instead of letting the media in to do their reporting, the U.S Government decided to step in and dictate what the public should see. Sanitized images glorifying an unpopular war at least made it tolerable - a “necessary evil” for the good of „democracy“. The propaganda machine increased the level of patriotism by constantly showing images of the attacks on the Trade Center followed by the American flag. It is also repeated over and over again that these soldiers are fighting and dying for “our” freedom; for democracy. Basically the propaganda techniques, which kill another human being. That changes in a life and death situation. There is no more thought, just reactions and instincts. War is extreme. It brings out the most extreme characteristics in a person. My family was not affected directly by the Vietnam War. My father was too old and my uncles never got chosen in the „lottery“. In contrast, most of the older generation in my family had something to do with WWII. My uncle Joe George, a highly decorated veteran, fought in the Pacific and was badly wounded. He never talked about his experience. My other uncle, Paul, was a tank commander in Germany at the end of the war and led a light tank division through the south of Germany. Even though he was under orders not to associate with the enemy, he did so and tried to help them as much as he could. He was like a diplomat, learning more about the country which he was supposed to be occupying and the people as well as giving them a chance to see that we were not there simply to destroy. He still proudly accompany every war are so simple, even a child could see behind it. But without propaganda, there wouldn’t be any support, or fanaticism, which is required in order drive it. Fear is the first thing which needs to be created. Herman Goering in 1946 put it quite poignantly to Gustave Gilbert, a German-speaking intelligence officer and psychologist who was given free access to all the prisoners held at the Nuremberg jail: “Naturally the common people don‘t want war; neither in Russia, nor in America, nor in Germany. That is understood. But after all, it is the leaders of the country who determine policy, and it is always a simple matter to drag the people along, whether it is a democracy, or a fascist dictatorship, or a parliament, or a communist dictatorship. Voice or no voice, the people can always be brought to the bidding of the leaders. That is easy. All you have to do is to tell them they are being attacked, and denounce the pacifists for lack of patriotism and exposing the country to danger. It works the same in any country.” 11 When a country goes to war one must ask himself these questions: What are the reasons for going to war? Who‘s going to profit from it, and who is going to be doing the fighting? The answer is almost always nowadays: money/power, the rich, the poor/uneducated. Idealism and religion is now just a facade to special interests especially that of the weapons industry in the Western World. Don‘t get me wrong, religion and idealism still play a role, but more in the way as a tool to manipulate people to do what the people in power want as in this present „War on Terror“ where the Christians are fighting „Radical Islam“. Walking around Leipzig, or Dessau, or Berlin, one still sees the aftermath of the political short-sightedness of post WWII. As a result several generations had to continue to needlessly suffer. Stories are being told, now that the people who went through these horrors are aging and letting go of old memories and that the younger generations are looking for answers to their questions. On my recent visit to Schwedt/Oder, I went to the local museum where they had a small exhibition of the town during WWII. It was basically a last resort, a buffer between the ever retreating Wehrmacht and the Soviet Army. The place was bombed and mortared by the Soviets till most of the city was rubble. In the exhibition was story after story of the individuals who survived the ordeal as well as pictures and personal possessions. These people who had lost everything now had the difficult task after the war of rebuilding. At this exhibition were a father and his three little children. He had done what any normal father would have done. Pointed out aspects of the exhibition which were interesting and important to him. The children, having long reached the end of the attention span, decided that playing war was more fun than reading about it, so they all ran off and played shootout between the other exhibitions. Boys will be boys. I see a lot of myself in my son, and I see how he too likes to play war games. Here, however the context is very different. I grew up in America which was „the good-guy“ he is growing up in Germany, which perpetrated many of the atrocities in the 20th century. It doesn‘t feel like a game anymore. How do I explain to him the consequences, the history? His mother is totally against him playing with such toys, but then I think: let him. Boys will be boys. He will realize when he‘s older what it all means, as long as he is well brought up. I just hope that in his lifetime he will not have to trade in his plastic gun for a real one. Amerika Propagandakriege haben Zukunft. Von Raymond Romanos (Leipzig/Ohio). | 12 | politik orange erinnerungen „I n wie viel Not hat nicht der gnädige Gott seine Flügel über mich gebreitet!“ So beschreibt der 97-jährige Pastor Josef Löcker sein Leben, in dem er die dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte miterlebt hat und oftmals wie durch ein Wunder dem Tod entronnen ist. Wenn er heute in seiner kleinen Wohnung direkt neben der Kirche des 4.500 Einwohner zählenden Ortes Altenhundem im Sauerland über die NS-Zeit spricht, so kommt ihm oft erschaudernd und kopfschüttelnd der Satz über die Lippen; „Wie Wie KÖNNEN die deutsch-englische Front verlegt wurde, wo es vergelichsweise „ritterlich“ zuging im Vergleich zu dem, was noch folgen sollte. Wurde ein Pilot abgeschossen, so gab man dies der Gegenseite telefonisch durch und die Opfer wurden, auch von Löcker selbst, feierlich begraben. In einer kleinen Geschichte, von denen Löcker tausende erzählen könnte, kommt diese „Ritterlichkeit“ zum Ausdruck. „Wir haben einen hochrangigen Piloten der Royal Air Force abgeschossen und in Gefangenschaft genommen, der nur noch sich SOWAS ANTUN ? MENSCHEN Erinnerungen eines 94 jährigen Militärpfarrers aus dem Sauerland, der erst die Naziverfolgung und dann als Soldat mit russischer Hilfe Krieg und Kriegsgefangenschaft überlebte. Von Joshua Kleinsorge „Wie können sich Menschen so etwas nur antun!“ Mit knapp 30 Jahren sollte der Sauerländer Anfang 1938 im Hohen Dom zu Paderborn zum Priester geweiht werden, doch so weit kam es vorerst nicht. Wegen einer Wallfahrt mit ausschließlich jugendlichen Teilnehmern zur sauerländischen Wallfahrtskirche Kohlhagen wurde er am 10. Januar 1938 im Priesterseminar in ein Bein hatte. Dies haben wir den Engländern telefonisch durchgegeben und die haben dann aus der Luft eine Prothese für den Gefangenen abgeworfen.“ Als Löckers Division dann jedoch nach Russland verlegt wurde, änderte sich das Bild von einem „ritterlichen“ Krieg. Seine Division wurde zur Frontleitstelle Krakau beordert mit Nachdem am 19. November 1942 die Rote Armee zur großen Gegenoffensive ausholte und am 2. Februar schließlich Stalingrad gefallen war, hieß es für die deutschen Truppen an der russischen Südfront: „Stalingrad ist gefallen, rette sich wer kann.“ Löcker flüchtete mit den anderen Soldaten über das zugefrorene Asowsche Meer, das von den Russen beschossen wurde und in dem viele Soldaten im kalten Wasser ertranken, zurück zur Krim, wo eine neue Front aufgebaut war. Dann fiel auch diese und es begann die Flucht vor der Roten Armee nach Siebenbürgen. Als Löcker mit anderen Soldaten durch den Pruth schwamm – den Grenzfluß zwischen Rumänien und Moldawien - wurde er von den russischen Soldaten aufgegriffen und gefangen genommen, die Offiziere der SS wurden erschossen. Nach einem kilometerlangen „Todesmarsch“ zum Bahnhof ohne Nahrung und Trinkwasser, bei dem jeder, der entkräftet war und nicht mehr laufen konnte, erschossen wurde, wurden Löcker und andere Soldaten in einen verdrahteten Viehwaggon gesperrt und zur Wolga transportiert. Noch heute verfolgen Löcker im Traum die Bilder der Waggons in denen er wochenlang ohne Licht, ohne Toilette, mit sterbenden jungen Männern ausharren musste, in der Ungewissheit, was noch folgen könnte. Nach einem Jahr Kriegsgefangenschaft in einem alten Frauenkloster wurde er erneut über die Strecke der Transsibirischen Eisenbahn nach Nowosibirsk gebracht, wo sie nach einem weiteren Todesmarsch im Wald den Befehl erhielten Baracken zu bauen. „800 Mann mussten sich eine Baracke teilen - ohne Toilette. Wir schliefen dort in dreilagigen Pritschen übereinander und jeder hatte nur 50 Zentimeter Platz. Wenn einer gestorben war, und das kam häufig vor, dann wurde er einfach von der Pritsche gestoßen.“ Den Tod dicht vor Augen > > Schusswunden unter Denkmalschutz: Konserviert an der evangelischen Sophienkirche in Berlin. Paderborn verhaftet. Acht Monate wurde Pastor Josef Löcker von den Nazis inhaftiert - zuerst in der Dortmunder „Steinwache“, wo neben Löcker noch 108 weitere Geistliche einsaßen, dann in Düsseldorf und später im Kölner „Klingelpütz“. Kurz vor Weihnachten 1938 konnte er dann endlich die Priesterweihe empfangen und arbeitete noch bis zu seiner Einberufung zum Militärdienst für einige Monate als Vikar im Sauer- und Siegerland. Es folgte die Einberufung, eine Sanitätsausbildung in Kassel und später ein Kriegspfarrerlehrgang in Berlin bis er zum Port de Calais an einem Marschbefehl nach Dnjepropetrowsk, um wie von Hitler gefordert von Süden nach Russland und Stalingrad vorzurücken. „Wir wurden anfangs von Menschen am Straßenrand wie Befreier empfangen und sie brachten sogar ihre Kinder zu uns um sie taufen zu lassen. Ich selbst habe viele russische Kinder getauft“. Doch die SS, die das Oberkommando hatte, ermordete wahllos viele Russen und knechtete sie schlimmer als es zuvor die Stalinisten taten und aus der erhofften Befreiung wurde eine noch grausamere und tyrannischere Besatzung. Die vielen Leichen konnten nicht beerdigt werden, da der Boden in Sibirien fast das ganze Jahr über gefroren ist. Unzählige Leichen mussten den Winter über draußen unter dem Schnee verscharrt werden; sobald der Boden getaut war, wurden sie in Massengräbern bestattet. Löcker selbst fürchtete schon das schlimmste, als er von Hunger und Durchfall geschwächt in die Sterbebaracke des Lagers kam. Nachdem er bereits seine Sterbegebete gesprochen hatte, kam eine russische Ärztin an sein Bett und teilte ihm auf Russisch mit, dass es bald mit ihm zu Ende gehe. Löcker hatte aber auf dem Vormarsch ein wenig Russisch gelernt und er antwortete ihr in ihrer Sprache, dass er noch nicht sterben wolle. Sie zeigte Mitgefühl mit mit dem jungen Priester - er bekam Medikamente und überlebte. Doch das Martyrium der Kriegsgefangenschaft dauerte weiter an. Insgesamt sechs Jahre lebte er mit 800 Männern in einer von 12 Baracken des Gefangenenlager. Ca. 10.000 Gefangene lebten dort, am Körper von Läusen und Wanzen übersät – sie erhielten lediglich heißes Wasser und gerade das Nötigste zu essen - immerhin. Nach 6 Jahren in Gefangenschaft wurde Löcker schließlich zusammen mit 46 anderen Divisionspfarrern aus der russischen Gefangenschaft entlassen. Er kehrte zu seiner Familie zurück, die über 6 Jahre kein Lebenszeichen von ihm erhalten hatte und arbeitete zu Hause weiter als Gemeindepfarrer. Noch heute mit 94 Jahren steht Pfarrer Löcker bei der samstäglichen Messfeier mit am Altar seiner Heimatkirche und dankt Gott dafür, dass er diese grauenvolle Zeit überlebt hat und die Kraft für einen Neuanfang geschenkt bekam. krieg* on his GERMAN GERMANY zeitzeugen | 13 WAY to Being born in Berlin, Jew Stefan Doernberg in 1941-1945 as a Russian soldier fought against Nazism which dominated in Germany. Now he lives in Germany and tries to save peace in Europe. Von Nastya Ivanova W hen he was an 11 year old boy, Nazis ejected his family from Germany. His parents were Jews. That was the time when many German Jews suffered from those who considered themselves as true Aryans and thought that people of all other nations can`t live in Germany. So, Stefan Doernberg started a new stage of life in the Soviet Union. Being the son of the political emigrant, he was oriented to the humanistic idea of socialism. The USSR was the only state where you could see this idea in real everyday life. That was the new world for German boy. And he probably liked it. But he liked his native country – Germany – more. And he wanted to come back to his Motherland. That is why on the 22 June 1941 Stefan Doernberg decided to be a volunteer of the Red Army. His aim was clear – to punish his offenders and to make Germany the country of freedom for everybody who was born in it. Stefan Doernberg came back to Germany after 10 years. He returned to his native country as a soldier of Soviet Army. There were not many Germans who fought against fascism. But all of them felt themselves as soldiers who had to contribute to the liberation of the European people from fascism. Stefan Doernberg was one of those soldiers. Here there is only one fact of his biography. On 2 May 1945 Waidling, the German general, signed the order of cessation. Groups of Soviet and German officers were standing together on Potsdam square, listening to his order. The adjutant of General Waidling read the order in German and then Stefan Doernberg read the same document in Russian. “That was my last day of the II World War”, Stefan Doernberg said later. In 1945 Stefan Doernberg stayed in the East Part of Berlin to work for the Soviet military administration. He always wanted to come back to his native country. And that was his chance. But he wanted to see Germany as a unified state. People say that you have to learn history if you wish to understand the current reality. So, Stefan Doernberg entered and in 1951 finished the History Department (Faculty) of Moscow State University. Then he worked as a journalist, graduated as a historian. Since 1959 he live in Berlin, since 1962 work as a director of German Institute of History. During all his life Stefan Doernberg tried to look at events around him, and he always wanted to understand march of history. His remembrances, observations, thoughts are assembled into a book. The first title of this book is “German on his way to Germany”. It is the honest story of a person who has been the witness, the participant and the observer of history at the same time. The book was published in Berlin in 2004 under the name “Fronteinsatz”. I live in Russia. And probably I should not see the author and this book. But fortunately we have met in Berlin. Stefan Doernberg has given the presentation of his bok. It was an interesting story. I recommend you to read his book. für NICHTERLEBTE VERANTWORTUNG Eine Betrachtung von Friederike Ludewig A m 7. Mai ist es genau 60 Jahre her, dass der zweite Weltkrieg in Reims beendet wurde, einen Tag später offiziell in Berlin. Ohne Zweifel ein denkwürdiger Tag. Obwohl es für den Großteil der Deutschen die Erinnerung an etwas ist, dass sie gar nicht selber erlebt haben. Denn sie werden erinnert, schon von klein auf. In der 5. Klasse behandelten wir das Buch „Damals war es Friedrich“ von Hans Peter Richter im Unterricht. Ein Buch, das die problematische Freundschaft zwischen einem Judenjungen und einem Deutschen vor und während des zweiten Weltkrieges beschreibt. Mit zehn Jahren verstanden wir natürlich nicht ganz, was zur NS-Zeit in Deutschland vor sich ging, dennoch berührte uns das, was wir da lasen. Unser Interesse war geweckt. Aber nicht, weil die Geschichte in „unserem“ Land spielte, sondern weil wir uns darüber wunderten, wie es möglich war, dass so viel Ungerechtes passieren konnte. Das war das erste von vielen Malen, dass der Nationalsozialismus im Klassenzimmer besprochen wurde. Anderswo möglicherweise sogar noch mehr Zum Beispiel in Großbritannien. Als Deutsche, die später in England zur Schule ging und heute dort studiert, bekommt man einen Blick dafür. „Nazi Germany“ spielt eine wichtige Rolle. Besonders das Fernsehen dokumentiert die Vergangenheit immer wieder und stets sind die Einschaltquoten hoch. Ich bin jedes Mal erstaunt, wie groß das Wissen vieler Engländer über diesen Abschnitt europäischer Geschichte ist. Vergangenheit Doch will man die Konversation über Deutschlands Geschichte und Kultur fortführen, werden die Gesprächsthemen dünn. Fragt man den Engländer nach Goethe, Fehlanzeige. Ebenso bei Brecht, einem der größten deutschen Antikriegsautoren („Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden“). Deutschen, peinlich sein müsste. Natürlich ist sie ein Teil von mir, denn seit Jahren beschäftige ich mich damit. Aber ich trage keine Verantwortung dafür, sondern für Gegenwart und Zukunft. Steht Deutschland nur für Krieg? Dies zu erleben, stimmt traurig, weil ich dann das Gefühl bekomme, Deutschlands Geschichte steht für Diktatur und Massenmord. Einigen meiner Mitstudenten ist es sogar unangenehm, fast peinlich, mich auf den zweiten Weltkrieg anzusprechen. So, als würden sie mich, die Deutsche, damit beleidigen. Das macht mich sauer. Denn die Geschehnisse von damals haben doch nichts mit meiner kleinen persönlichen Vergangenheit zu tun, jedenfalls nicht viel mehr, als sie mit der kleinen persönlichen Vergangenheit eines englischen Studenten zu tun haben. Wie könnten sie mich da beleidigen? Es ist doch Vergangenheit. Vergangenheit, über die wir reden müssen, aber keine, die mir persönlich, der Dafür, dass das Thema in Erinnerung bleibt und > > Stolperstein: Erinnerung an wir weiterhin daraus lernen, damit sich so ein ermordete Juden. Schrecken nicht wiederholt. Aber diese Verantwortung trägt auch ein Engländer. Die Gräuel des Nationalsozialismus stehen für etwas, aus dem wir alle lernen können. Wir alle tragen die gleiche Verantwortung, es ist unser aller Vergangenheit. 14 | politik orange propaganda W > > Unkaputtbarer Betonbelastungskörper: In Berlin Schöneberg wollten die Nazis testen, wieviel Gewicht der Märkische Sand aushält um nach dem Krieg einen gigantischen Triumphbogen zu errichten. erbung gehört zu einer Großstadt wie Butter auf `s Brot. Auf allen erdenklichen Wegen werden uns alle möglichen Produkte mit Hilfe von Werbung schmackhaft gemacht. Und wenn wir noch kein WC Parfüm haben dann wissen die Werbemacher warum wir eins brauchen. Und es wirkt. Von der Werbeunterbrechung im Fernsehen bis zur Textnachricht aufs Handy werden wir zu Opfern ihrer Werbestrategien. Werbung. Die Hippen und die Stilen machen die Werbung, vom Trendforscher bis Programmierer. Ein ganzer Wirtschaftszweig, in dem Millionen von Euro fließen, ist darauf spezialisiert Werbung zu produzieren, die auf ihre potenziellen Käufer ausgerichtet ist. Ob ein Produkt sich gut verkaufen lässt, hängt dann meistens nicht mehr von der Qualität des Produktes ab, sondern mehr und mehr von der Qualität der Werbung. Darum investiert Bitburger gern mal 500 000 Euro und Müllermilch 1,5 Milli in ihre Werbekampagnen und der glückliche „super Kreative“ der den Auftrag an Land gezogen hat, hat auf der nächsten Party die jungen Mädchen aufm Schoß zu sitzen. Die Macht der Bilder ist nicht erst seit den letzten Jahren bekannt und die Manipulation der Menschen durch das Massenmedium Film ist auch nicht gestern vom Himmel gefallen. Schon Adolf Hitler und seine Gefolgschaft nutzten den Film zur Manipulation, Propaganda und Unerhaltung der Bevölkerung vor und während des Krieges. Es war wichtig die Bevölkerung zu motivieren und Bilder zu suggerieren, die die politischen Taten objektiv rechtfertigten und die eine Volksgemeinschaft zeigten die hinter dem „Führer“ steht. Film als Mittel zum Erziehungszweck Goebbels, der am 13.März 1933 zum Minister für Volksaufklärung und Propaganda berufen wurde, war ein richtiger Film- und Kunstliebhaber und überzeugt davon, dass der Film „gerade im Kriege seine erzieherische Wirkung“ ausbauen müsse. Und er schaffte es die Menschen davon zu überzeugen, dass der Film momentan eine geistigen Krise durchlebe und dass die jüdischen Filmschaffenden schuld daran seien. Er meinte sie seien den Anforderungen nicht gewachsen. Dieser Vorwand war einer der Gründe zur Diskriminierung und Ausgrenzung jüdischer Filmschaffender. Der Vorstand der Ufa begann dann auch bereits am 29.März mit „Rücksicht auf nationalen Umwälzungen in Deutschland“ Verträge von jüdischen Mitarbeitern zu kündigen und sie sozusagen in den Ruhestand zu schicken. Da wunder man sich doch, warum diese Filmpolitik Goebbels nicht auf eine breite Ablehnung der Filmkünstler gestoßen ist. Aber Psychologieprofessor Harald Welzer sagt heute in einem Interview, dass „die Diskriminierung der Juden so normal war, dass es dafür kaum Unrechtsbewusstsein gab“, ähnlich wie wir heute ein Halteschildverbot auch nicht als etwas besonderes im Gedächtnis behalten. Aber Gott sei Dank wissen wir, dass es auch Menschen gab, die das Herz am richtigen Platz hatten und sich gegen die Diskriminierung von andern Menschen eingesetzt haben. Für Diskriminierung von Juden fehlte Unrechtsbewusstsein Allerdings muss man eingestehen, dass die Nazis auch nach dem „Reichtagsbrand“ und dem darauf in Kraft tretenden Ermächtigungsgesetz am 23.März 1933, zur Behebung der Not von Volk und Reich, die Zügel in den Händen hielten. Denn das bedeutete das Reichsgesetzte von der Reichsregierung beschlossen werden konnten ohne den Reichstag und den Reichsrat zu berücksichtigen. Die uneingeschränkte Macht lag nun in den Händen, des von der Bevölkerung gewählten Mannes, Adolf Hitler. „Und wenn Adolf Hitler meint, dass die Juden ins KZ gehörten, dann gehörten sie da auch hin.“ Diesen Satz soll Leni Rifenstahl während einer Filmproduktion gesagt haben. Leni Riefenstahl war eine berühmte Regisseurin und Darstellerin im Dritten Reich. Für einen Film unter ihrer Leitung hatte sie jüdische Protagonisten für die Dauer der Aufnahmen aus einem Konzentrationslager geholt und danach wieder zurückbringen lassen. Die völkisch-rassistische „Säuberung“ nicht nur in der Filmbranche, wurde im April 1933 gesetzliche eingeführt. Der „Arierparagraph“ verbot jegliche Beschäftigung von „Nichtariern“ im öffentlichem Dienst. Für die meisten jüdischen Familien bedeutete das eine Beraubung der Existentgrundlage. Der einzige Ausweg war aus Deutschland zu fliehen. Mehr als 1500 Filmschaffende gingen ins Exil. Naheliegen waren die Länder England, Frankreich oder Österreich. Aber die Menschen konnten sich nicht alle eine neue Existent aufbauen, weil sie mit Sprachbarrieren konfrontiert waren und zum Beispiel in Frankreich ein deutscher Akzent nicht akzeptiert wurde. In Österreich wurden die antisemitischen Vorgaben Deutschlands übernommen. Einerseits bevorzugt die Länder nur reiche Einwanderer oder welche die wirtschaftlich profitabel waren. Andererseits probierten sich die Länder mehr und mehr von den Mengen an Migranten zu schützen, auch um die Interessen und Arbeitsplätze der Einheimischen zu bewahren. In Amerika musste man einen „Affidavit“ erwerben, durch den sich ein amerikanischer Staatsbürger bereiterklärte für den Unterhalt eines Einwanderers aufzukommen. Vielen gelang es sich nicht vor den Verfolgungen zu retten und sie wurden in Vernichtungslagern ermordet, darunter waren Filmschaffende wie Kurt Gerron, Otto Wallburg und Paul Morgen. Auch jegliche Art von Kritik wurde schlimmstenfalls mit dem Tod bestraft. Es gibt im Leben Situationen in denen man sich entscheiden muss, Tot oder Leben. Entweder man tritt für seinen Glauben und seine Werte ein und riskiert damit die Isolation, Verachtung oder den Tod oder akzeptiert seine Umwelt und passt sich an. Die Folge ist, dass man Ungerechtigkeit akzeptiert und ich finde sich damit auch schuldig macht. Aber wir selber wissen aus eigener Erfahrung, das man sich hilflos fühlen kann. Das Ziel der vollständigen Kontrolle der Filmproduktion und damit der Filminhalte wurde über mehrere Instutitionen verwirklicht. Im Juli 1933 wurde die Reichsfilmkammer (RFK) geschaffen, ihre Mitgliedschaft war die rechtliche Vorrausset- krieg* Die kriegstheater | 15 wirkt! ILLUSION Noch heute zeigen deutsche Filme aus der Nazizeit subtile rassistische Propaganda. Nicht alle sind im Giftschrank gelandet. Von Mare Sevening zung für jegliche Tätigkeit im Filmbereich. Die Mitgliedschaft konnte aber mit der Begründung, „dass der Antragsteller die für das Filmgewerbe erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze“ verwehrt werden. Mit dieser “Zuverlässigkeitsklausel“ konnten alle politischen Gegner und alle die den rassistischen oder nationalen Vorstellungen der Nazis nicht entsprachen ausgegrenzt werden. Selbst ein der Regisseur Helbert Selpin, der den antienglischen Propagandafilm “Titanic“ gedreht hatte, wurde wegen einzelner wehrmachskritischer Äußerungen verhaftet. Er ist unter bis heute ungeklärten umständen in seiner Zelle gestorben. In dem Streifen “Titanic“, wurden die englischen Passagiere als Gauner, Spekulanten und Diebe hingestellt und der - jüdische - Kapitän des Schiffes riskiert ohne Rücksicht auf das Schicksal der Titanic das Leben aller, nur des Rekordes willen. Die einzige Lichtgestalt in dem Film ist ein deutscher Offizier, der sein Leben aufs Spiel setzt um einen kleinen Jungen zu retten. So und ähnlich wie in diesem Film wurde der Bevölkerung die benötigten Feindbilder subtil vermittel. Subtil vermittelte Rassenlehre Im selben Monat in dem die RFK errichtet wurde, wurde auch die Filmkreditbank gegründet. Die Bank gab Filmen finanzielle Unterstützung, die künstlerisch und staatspolitisch als wertvoll galten. Dadurch das Filmeproduzenten diese bestimmten Prädikate erwerben konnten, die ihren Film als „wertvoll“ für das deutsche Volk auszeichneten und damit Steuererlasse und finanzielle Spritzen bekamen, gab es so eine art Selbstzensur der Künstler. Die Künstler richteten sich nach den wirtschaftlich „profitablen“ Erfordernissen ihrer Kunst. Die meisten Filme waren so konzepiert, dass sie die politischen Maßnahmen der Nazis rechtfertigten. Noch bis zum Kriegsbeginn achtete man darauf das die Filme exporttauglich waren, aber mit dem Überfall auf Polen am 1.September 1939 begann der Zweite Weltkrieg in Europa und damit änderten sich auch die Anforderungen an den Film. Antipolnische und antirussische Filme wurden gezeigt. In den Filmen wurde nicht nur das “Führerprinzip“ und die “Rassenlehre“ subtil vermittelt, bis beides als etwas normales verstanden wurde, sonder auch die “Euthanasie“, das ist die Ermordung von behinderten Menschen, die man von ihren Leiden “erlösen“ musste. Die Filmproduktion im NS-Staat nutzte die geschickte Kombination von Unterhaltung und Propaganda, um sich der Mobilisierung der Massen und der politischer Meinungsbildung zu bedienen. Etwa neunzig Prozent der produzierten Filme gehörten dem Genre Unterhaltung an. Denn Unterhaltungsfilme galten als das wirkungsvollste Mittel effektiv Propaganda zu transportieren, weil das Publikum gerade hier keine politischen Inhalte vermutete. Das Dritte Reich hat uns ca. 1000 Spielfilme hinterlassen, aber die meisten sind heute als “Vorbehaltsfilme“ gekennzeichnet, d.h. sie gelten heute immer noch als gefährlich und dürfen daher nicht öffentlich gezeigt werden. Ich denke, das ist auch nicht nötig. Wir haben heutzutage noch genug Filmmaterial allein im Fernsehen, mit dem wir uns kritisch auseinandersetzen sollen und mal darüber philosophieren könnten welche Werte uns heute vermittelt werden und welche Werte für uns wichtig sind. Wenn man weiß, was die Menschen vor 60 Jahren getan haben, dann kann man schon sehr sehr traurig werden. Man denkt, dass diesen Menschen sehr > > Peinlicher Werbestandort: viel Liebe Gelände vom einstigen Führerbunker gefehlt haben muss, dass der Mensch doch nicht wirklich so sein kann. Man denkt, dass so viele Menschen der Realität nicht in Gesicht geguckt haben, aber warum? Es können doch nicht schlechtere Menschen gewesen sein, als heute leben, aber offensichtlich verführbarere. Oder? Man bekommt Angst. Angst vor dem Unwillen des Menschen, sich mit seinem eigenem Schatten auseinanderzusetzen. Aber es ist so wichtig Licht und Schatten zu sehen, es gibt doch auch den Tag und die Nacht. Was die Menschen später über unsere Zeit schreiben werden? Wenn sie notieren werden, dass wir es gut gemacht haben, wäre das toll. Aber das liegt an uns. THEATER MIT dem BUNDESPRÄSIDENTEN Interview mit einem Schüler der Sophie Scholl Schule D ie Geschichtskurse der Berliner Sophie Scholl Schule genossen im Frühjahr ein Privileg. Sie durften gemeinsam mit Bundespräsident Köhler die Neu-Verfilmung von Sophie-Scholl im Kino anschauen und danach mit ihm und dem Filmteam darüber diskutieren. Fragen an den 17-jährigen Caspar Rehner, der mit im Kino war. Wie war das im Kino mit dem Bundespräsidenten? Auf jeden Fall leiser, als ohne ihn. Und wir mussten sogar unsere Handies abgeben, obwohl ich ihn damit fotografieren wollte. Was kam denn bei der Debatte mit ihm heraus? Na mitgenommen haben wir alle das Erstaunen von Herrn Köhler, dass er feststellte, dass er am gleichen Tag zur Welt kam, an dem Sophie Scholl hingerichtet wurde. Und, dass er nicht meint, dass Studiengebühren gegen die Grundrechte verstoßen. Auch danach wurde er gefragt. Ein Schüler soll ihn sogar geduzt haben? Ja, gleich zu Beginn einer aus der 13. Daraufhin meinte der Regisseur: Sag doch gleich Horst zu ihm. Was wolltet Ihr denn wissen? Ob die Bundesregierung Widerstandgruppen in diktatorisch regierten Staaten unterstützt. Da hat er nicht so direkt drauf geantwortet, aber darauf hingewiesen, dass laut Grundgesetz wir Bürger sogar ein verbrieftes Recht auf Widerstand besitzen, als Lehre aus dem Dritten Reich. Was denkst Du über den Film? Gut gemacht und ziemlich traurig am Ende. Was lehrt Dich das selber? Na man denkt automatisch nach: wie viel Mut hättest Du in einer vergleichbaren Situation, selbst noch vor Gericht dem Richter ins Gesicht zu sagen: „Da wo wir jetzt stehen, werden Sie bald stehen“. Was habt Ihr Horst Köhler noch alles gefragt? So viel ging gar nicht, seine Zeit war leider begrenzt. Aber unsere Schule hat ihn zum Besuch eingeladen. Rund um den 8. Mai feiert zum Thema Krieg und Frieden ein passendes Musical bei uns Premiere: Lysistrate (Die Heeresauflöserin) des Österreichers Heinz Unger. Unsere MusicalAG führt es auf. Beschäftigt Dich eigentlich noch etwas aus dem Film? Derjenige, der Sophie Scholl verhört begreift ja selber, dass er Unrecht tut, denn er zweifelt auch an Hitlers System. Dennoch traut er sich nicht aus seiner Haut heraus Widerstand zu leisten oder zumindest zu unterstützen. Diese Angepasstheit und zugleich Feigheit beschäftigt mich sehr – das, was man Mitläufertum nennt. Zum Schluss: Habt ihr eigentlich Neonazis an Eurer Schule? Ich denke nein. Wenn man rechtsaußen steht, geht man nicht freiwillig auf eine Schule, die Sophie Scholl heißt. 16 | rassismus ist keine kunst Ich MÜSSTE mal politik orange GEÖLT werden ... In Berlin wird seit 1984 wieder und wieder ein Theaterstück aufgeführt, in 14 Folgen unterteilt, jeweils rund um einen der Täter gestrickt, die bei den Nürnberger Prozessen verurteilt wurden. Grob gestrickt. Genial ist leider nur der Titel: „Ich bin’s nicht, Adolf Hitler ist es gewesen“. Von Julia Hinz D ie Täter sollen gezeigt werden, aus einer deutschen Sicht. Regisseur und Hauptdarsteller Hermann van Harten meint, wir Deutschen hätten ein Recht auf eine rein deutsche Sicht. Ohne die Opfer des Holocaust zu zeigen, sollten wir Zeugen eines Stückes, basierend auf Originalzitaten, werden, das Motive und Hintergründe der obersten Männer des Dritten Reiches aufdeckt. Aufführungsort: die Theatermanufaktur in Berlin-Charlottenburg, eingerichtet nur für dieses Stück. Mimik, Gestik und Sprache des Generalgouverneurs von Restpolen und Rechtsanwalt von Hitler, Dr. Hans Frank, werden uns in überzeugender Weise dargestellt, wobei uns Herr van Harten zu Beginn der Vorstellung anbot, mehr Informationen zu liefern als Kunst zu zeigen. Soweit, so gut. Bis wir zu der Stelle mit Dr. Hans Bloch, Adolf Hitler und dessen Mutter kommen. Dr. Hans Bloch, Hitlers Arzt – gleichzeitig Jude. Hermann van Harten zeigt den Leidensweg dieses Judens von der Deportation und Aussortierung im KZ-Lager bis hin zur Vergasung. Tränendrüse? Deutsche Sicht? Der Täter soll dargestellt werden? Das Publikum bleibt recht emotionslos. Die Wirkung bleibt aus, die er doch jetzt hatte erzielen wollen. So RICHTIG geschockt, so will er uns haben. Wir sollen dieses Theaterstück ewig – „Wer oder was war der?“ – „Kennt ihr die Stadt?“ – „Wer hat die Juden im Baltikum umgebracht?“ – „Wann wurde Kroatien das erste Mal erwähnt?“ Er stellt uns Fragen, neben seiner Rolle. Fragen, die für mich keinen Sinn ergaben. Fragen, die vielleicht eine geringe Bevölkerungsschicht beantworten können. Fragen, die Jugendliche von 20 Jahren, zum Teil nicht deutschsprachig, erst recht nicht beantworten können. Van Harten zeigt Dr. Hans Frank bei den Nürnberger Prozessen, der noch nach der deutschen Niederlage die Verehrung Hitlers fortführte und doch die Angst vor dem Tod durch den Strang seine restlichen Gedanken überschatten ließ. – Ein Porträt eines Mannes, der Polen auf dem Gewissen hatte. – Ein Porträt eines Mannes, der jedoch jegliche Schuld von sich wies. im Gedächtnis behalten. Und um den Spieß doch noch umzudrehen: Die alles entscheidende Frage: „Ist es richtig, dass die Juden jetzt die USA anklagen wollen, weil sie hätten Auschwitz verhindern können?“ Statt einfach die Klappe zu halten, muss ich natürlich meinen Senf dazu geben und antworte: „In Anbetracht dessen, dass Bush auch in die Diktatur Irak unter dem Vorzeichen der Demokratie einmarschiert ist: ja, die USA hätten vielleicht Auschwitz verhindern können.“ Hätte ich doch lieber die Klappe gehalten, denn was jetzt kommt, hätte ich mir auf einen Dienstag Abend, kurz vor Mitternacht auch echt sparen können. „Du bist ja so typisch deutsch, so dumm und antisemitisch. Es ging doch nur um Öl, DU müsstest mal geölt werden!!!“ Jetzt hat er, was er will. Ich bin geschockt und ich nehme doch an, dass auch die restlichen Zuschauer nicht ganz unberührt von dieser Ansage blieben. Auf jeden Fall werden wir alle mehr über das Thema nachdenken und zweifeln und hinterfragen. Nur stellt sich die Frage: Sind nicht eigentlich wir genau die, die schon vor dem Stück geläutert waren und uns eh schon sehr intensiv mit den Themen Nationalsozialismus, Holocaust, Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg auseinander setzen? Sind nicht genau wir die, die dafür stehen, dass das Vergessen nicht eintreten darf ? Eben wir, die eine politikorange zum Thema „60 Jahre Kriegsende“ schreiben? Und wenn man das alles als Theater, Provokation etc. abstempeln möchte, läuft für mich doch eine Sache gehörig gegen den Strich. Auf seine Frage, wie die Welt in 30 Jahren aussehen würde, wissen wir – mal wieder – keine Antwort. Aber er hat sie natürlich in der Hinterhand: Muslimisch. Leider kann das weder als Theater, noch als Provokation abgetan werden, denn die Angst vor dem Islam und vor Muslimen in Deutschland bestärkt er in einem privaten Gespräch nach dem Theaterstück erneut. Und beweist: er spielt das nicht nur, er steht dahinter. Was hat das noch mit Aufarbeitung zu tun, wenn es gleich in eine neue rassistische Richtung geht? GAR NICHTS! Krieg und Frieden im Internet http://www.zwischen-krieg-und-frieden.de – alle Veranstaltungen zum Thema 60 http://www.smb.spk-berlin.de – Staatliche Museen Berlin mit der Sammlung http://www.zeitgeschichte-online.de – bundesweiter Überblick über Events und http://www.tagfuerdemokratie.de – Berlins offizielle Website zum 8.Mai 2005 mit http://www.bpb.de – Website der Bundeszentrale für politische Bildung www.dhm.de – Homepage des Deutschen Historischen Museums mit Sonderaus- http://www2.gtz.de/crisisprevention/deutsch/links.htm – Linkliste der GTZ mit allen Institutionen, die sich um das Gegenteil von Krieg bemühen, Frieden. www.museum-karlshorst.de – der Ort der deutschen Kapitulationsunterzeichnung Rezepte gegen Rechtsextremismus. Jahre Kriegsende Medien nicht nur zum Thema Krieg stellung zum Kriegsende. Europäischer Kulturen, die sich bis Januar 2006 mit der Stunde Null beschäftigt. Unterschriftenaktion. www.mut-gegen-rechte-gewalt.de – Nachrichten, Hintergründe und gewaltfreie krieg* kurze geschichte | 17 Er hing an seinem Leben, er hing an seiner Zeit - kurzum - er hing an der Unsterblichkeit... Eine Kurzgeschichte von Holger Kulick D er alte Mann hatte zeitseineslebens nur ein Ziel: unvergänglich zu sein. Das Rezept dafür war sein Fotoapparat, als Garant für das Einfrieren von sonst schnell vergänglichen Momenten. So bannte er alle seine Lebensstationen auf Zelluloid, von seinem 18. Lebensjahr an, jedes Frühstück, jeden Ausflug, jede Busfahrt, jeden Einkauf, eine jede Liebelei. Wo immer er war, selbst in der Badewanne machte es pünktlich jede Stunde einmal „klick“. Sogar nachts, weil er ohnehin ein unruhiger Schläfer war. So ein Foto, das war für ihn ein gesicherter Sekundenbruchteil Ewigkeit. So knipste er täglich 24 Alltags-Protokollbilder, 168 in der Woche, über 8700 im Jahr - jährlich verbrauchte er dafür 243 Filme. Jetzt, im Jahr 2005, stand sein 80. Geburtstag bevor und der 15.000 Film satnd bevor. Fotografen sind Mörder hatte er sich einmal gesagt, sie ermorden Vergänglichkeit. Also knipste er Fotos, Fotos, Fotos, Fotos, und ließ tatsächlich keine Phase seines Lebens aus. Aber: Entwickeln tat er seine Filme nie. So stapelten sich inzwischen mehr als 14.900 Filmdöschen ungeöffnet in seiner Wohnung und ein gutes Dutzend Sicherheitsschlösser an seiner Tür sollte verhindern, dass irgend ein Dieb seinen Dosenvorrat Zeit im Bild stiehlt. Jedes dieser Döschen war beschriftet und das reichte ihm: Ostern I968, als ihm Studenten ein Fenster einwarfen. Oder beim Kinobesuch am 10. Juni 1979, noch einmal frisch verliebt in eine 28jährige und natürlich der Einkaufswagenstau bei Edeka nach dem Mauerfall, fotografiert am 10.November 1989 morgens um 9. Er wusste sofort, welche Bilder dies waren und spulte die Filme seiner Erinnerung auswendig im Kopf wieder ab. In seinen Sessel zurückgelehnt griff er stets wahllos eine Filmdose aus seinen Regalen, drehte sie vor Augen, las die Beschreibung und freute sich mit seinem fotografischen Gedächtnis alle Bilder auf der Rolle gleich im Kopf zu haben. Dann träumt er sofort von alten Zeiten. Einen Stapel allerdings ließ er stets unbeachtet liegen. Es war der aus seiner Anfangszeit als Fotograf, als er 18 war, im Krieg. Zu sehr eingebrannt hatte sich das erste Bild, das er schoss, als er seine Kamera einweihte, die ein Geschenk seines Vaters war. Er hatte sie mitgenommen an die Front um seinen ersten Schuss zu dokumentieren, seinen ersten Treffer mit einem Schuss. Seitdem schoss er jede Stunde ein weiteres Bild. Bis jetzt. Seine Bilder nicht zu entwickeln hatte auch mit einem Trauma zu tun. Zwei existentielle Grundfragen bewegten ihn. Erstens: was passiert, wenn ein Foto mit seiner Erinnerung nicht übereinstimmt und eine ganz andere Realität zeigt, als die, welche sich im Kopf entwickelt und festgesetzt hat? Zweitens: jeder Laborprozess barg ein unkalkulierbares Risiko: die Entwicklung könnte schief gehen und einen Teil seines Lebens auslöschen, die Unsterblichkeit töten - Unverkraftbar wäre so etwas für ihn. Außerdem: Fotos machten ihm Angst, weil sie die ganze Wahrheit zeigen. Selbst sein Passbild konnte er nie ertragen, weil er so hässlich darauf war, trotz 10 oder 11 Fotoversuchen im Automaten beim letzten Mal. Wer will schließlich schon so sein, wie ein Foto ihn zeigt? Aber nun kam unwiederbringlich die Zeit, in der er merkte, allmählich zum alten Knochen, zum alten Sack zu werden, wie die jungen Hüpfer aus seiner Nachbarsfamilie zu lästern pflegten, ein Zeitsack - ja so bezeichnete er Lebewesen. Zeit seines Lebens ist der Mensch nur von einer Zeithülle umgeben, seiner Haut. Je mehr Sekunden vom Leben diese Haut einsammelt, um so praller wird sie, aber dann wird sie dünner und löchriger, also faltiger und schIapp - eben wie ein Zeitsack, den jeder Mensch mit seiner Lebenserfahrung füllt.. Aber nun war er neunundsiebzig. Und von Jahr zu Jahr war seine Unruhe gewachsen, wie die Lagerzeit die Farben seiner Filme verändert, sprich die Farben seiner Zeit. Wie etwa sah Ostern1968 inzwischen wirklich aus? Wäre es nicht an der Zeit, all das noch einmal real mit anderen Augen zu sehen? Und so brütete er schlaflos über den wichtigsten Moment in seinem Lehm: Entwickeln oder nicht und sich trauen, sein wahres Leben vor Augen zu führen. Noch einige Wochen zögerte er, dann überwand er sich. Er kaufte literweise Entwickler und verschwand in seinem Fotolabor, das seit Jahren schon verstaubte. Er nahm wahllos die Filme Nummer 320-332, entwickelte sie - und erschrak. Er nahm die Filme 917 bis 926 - und erschrak. Er nahm Film Nummer 3760 und erschrak. Über Film Nummer 8017 ebenfalls und genauso Nummer 10.000. In Panik schob er zahlreiche Filmrollen in eine Kiste, brachte sie per Taxi zum Fachlabor und wartete unruhig bis sie dort entwickelt waren. Doch auch hier wurde ihm nur das eine vor Augen geführt: alle Fotos warm schwarz mit keiner Spur von Leben. Seine Vision von Unsterblichkeit zerplatzte wie sein Lebenstraum. Sein Fotoapparat hatte offensichtlich nie funktioniert. Er schlich sich nach Hause, blieb für Stunden oder Tage mit starrem Blick regslos in seinem net jenes Bild, das sich sowieso unauslöschbar eingebrannt hatte in seinem Kopf, wegen dem er all die anderen fast 15.000 Filme voll geschossen hatte, nämlich nur um auf andere Gedanken, auf andere Bilder zu kommen in seinem Kopf. Er begriff, dass ihm jetzt nur noch eine Möglichkeit blieb. Er riss alle restlichen Filme aus ihren Dosen. Dann griff er seine Kamera, drückte den Selbstauslöser und bemerkte nebenbei, wie mit einem letzten Lächeln, dass Vom Mann der so an seinem Leben hing der es war, der die Optik verklemmte, und zwar ab seinem zweiten Bild im Krieg, als er stolz über seiner ersten Leiche posierte. Gelungen war folglich nur jenes Bild Nummer eins, dem über 14.900 weitere folgen sollten, nur um dieses allererste vergessen zu machen: wie mit hilflos fragendem Blick sein erstes Opfer vor der Erschießung fragte: Warum? UNSTERBLICH Sessel sitzen, bis er sich überwand auch Film eins auszuprobieren, ob auch dieser ohne Inhalt war. Als er sah, wie sich das Negativ im Entwicklerbad veränderte, taumelte er rückwärts aus seinem Labor. Nur sein allererstes Bild erste, nur dieser erste Treffer war etwas geworden. Ausgerech- Sekunden später baumelte sein Kopf in Schlaufen seiner Filme gewickelt, an den Bildern, die sein Leben ausmachen sollten. So hing er an seinem Leben, hing an seiner Zeit, hing und endete in einer Schleife Unsterblichkeit. 18 | politik orange göttliches IS NO „There PEACE WITHOUT By Karolina Gajewska A pril 8th, in the evening. The day of the funeral of the Pope. Thousands of people gather in the center of Warsaw, Krakow and all over Poland. Although they do not know each other they experience this moment together. Compared with Poland, other countries, churches of other religions behave the same. Why do such a huge number of people feel this moment so much? It is possible to write how great John Paul II was but in my opinion we all know about it. On the other hand what is more interesting, also for me as a future psychologist, is the phenomenon of the authority who Karol Wojtyla was. A great charisma and a sense of humor characterize John Paul II. Crowds of young people followed him, thanks to him people opened up for other cultures and religions. They learned how to forgive and understand which way to follow. In the hardship of capitalism, wars, national and religious conflicts and poverty the Pope was a person who gave people hope and faith in better times. He Anzeige: LOVE“ was an authority, who the most of us needed. On the other hand we saw John Paul II suffering, which allowed us to identify our problems and sympathize with the Pope. In my opinion the phenomenon of John Paul II meant that it was the person in whom many people could find their own spiritual guide. All of us have a necessity of finding moral values to follow throughout all our lives. Sometimes people direct at their faith but on the other hand they need to have universal principles. The Pope, who was the head of the Catholic Church had sympathy for followers of other religions, which proves to be the message of his preaching beyond any divisions. On the day of death and funeral of John Paul II not only did catholics unite but also Muslims, Jews, Buddhists, atheists and others. In these days associated with new prospects and technological progress for one thing and poverty for another, the memory of tolerance and love for others is very important. It is worth remembering not only in situations which are difficult and determine other people’s lives but also in every day life. And try to keep this in mind regardless of your faith, nationality and your authority. Because…”there is no peace without love” – John Paul II. weltliches krieg* „WER ist denn POLITIK ?“ | 19 DIE Im Interview mit ‚politikorange‘ veretidigt Bundestagspräsident Wolfgang Thierse das deutsch-polnische Verhältnis und analysiert, warum junge Neonazis ungebrochen Zulauf haben. Rechtsextremes Denken stamme aus der Mitte der Gesellschaft. Herr Thierse: 60 Jahre nach Kriegsende- müssen Deutschlands Nachbarländer die Furcht haben, dass sich Nazideutschland einmal wiederholt? Nein. Warum sind Sie besorgt? Auch 60 Jahre nach dem Untergang des 3. Reiches grassiert Rechtsextremismus in Deutschland stark. Hat die Politik etwas übersehen oder versagt? Moment mal. Zunächst einmal ist nicht jemand anders am Rechtsextremismus schuld, als derjenige der rechtsextremistisch wählt. Zweitens: Was soll das heißen: Wer ist denn „die Politik“? Gegen Rechtsextremismus vorzugehen, ist doch keine Sache nur für die da oben, für „die Politik, die Justiz, die Polizei“. Nein, es ist eine Sache der Bürger! Möglichst vieler demokratischer, anständiger Bürger. Aber doch auch der gesellschaftlich tragenden Kräfte, der Parteien? Natürlich sollen die Parteien dabei mithelfen. Politiker haben sogar die Schuldigkeit und die Pflicht, Initiativen, Jugendprojekte und Leute zu unterstützen, die sich für unsere Demokratie engagieren. Sie können ihnen helfen, Aufmerksamkeit zu gewinnen und auch ein bisschen finanziell. Praktisch gibt es aber vor Ort manchmal Grenzen, wo wir als Parteien überfordert sind. Schauen Sie, meine Partei, hat in Sachsen nur so viel Mitglieder wie in ganz Dortmund, wir sind dort schlicht zu wenige. Die NPD nutzt das mit geschulten Kadern clever aus, organisiert Stadtteilfeste und andere Zusammenkünfte mit sozialem Anstrich, um auf Schleichwegen ihren Einfluss auszudehnen. Hören sie auch mal auf den Akzent der sächsischen NPD-Abgeordneten: sächsisch ist der nicht. Die profitieren von den Auswirkungen der dramatischen Umbrüche, die nach dem Mauerfall im Osten geschehen sind. Viele Menschen fühlen ihr Leben entwertet. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit gibt es dort ein besonders großes Ausmaß sozialer, ideologischer und ideell-moralischer Verunsicherung und Verängstigung. Und verängstigte Menschen sind immer empfänglich für die schlichten Botschaften der Vereinfacher, die allzu gerne auch menschenfeindliche Vorurteile instrumentalisieren. Bis hin zur unsäglichen antisemitischen Parole, der Jude sei Schuld oder der Ausländer. Warum ist die NPD gerade in Sachsen so stark? Die NPD hat sich gezielt Sachsen als eine Zielregion ihrer Arbeit ausgesucht, weil dort zu lange Zeit eine Landesregierung nicht wahrhaben und reagieren wollte, auf das, was sich im rechtsextremen Spektrum tat. Vorbeugende Jugendarbeit wurde nicht gefördert. Das rächt sich jetzt. Ist denn dort der Bürgergeist so mau? Das ärgert mich auch. Nicht wenige sitzen hinter dem Ofen, jammern und gucken fern oder sagen sich: vielleicht haben sie ja Recht, die Rechten. Ich habe das schon vor ein paar Jahren gesagt, dass Rechtsextremismus kein parteipolitisches Randphänomen ist, sondern aus der Geburtsstadt. Dort haben wir auch darüber diskutiert, als ich an der Universität einen Vortrag hielt. Meine politischen Gesprächspartner haben mir gesagt, das dt-polnische Verhältnis ist besser als viele Äußerungen mancher Politiker in Warschau behaupten. Wörtlich hieß es sogar: Die da in Warschau verderben unser gutes Verhältnis, das wir zum deutschen Nachbarn haben, sei es in der Zusammenarbeit von Universitäten oder beim Kulturaustausch. Ich halte es also für grundfalsch, wenn bestimmte Fragen und Konflikte übertrieben und zu Grundsatzkonflikten aufgebauscht werden, also aus einer Mücke ein Elefant gemacht wird. Aber auf der deutschen Seite sagt doch Frau Steinbach immer wieder... ....Moment, das ist für mich nicht nachvollziehbar, dass für die Polen Erika Steinbach gelegentlich die wichtigste deutsche Politikerin ist. Dabei ist Frau Steinbach eine Abgeordnete, die in Deutschland fast keiner kennt! Nur weil sie etwas über Gebietsansprüche gesagt hat oder sich ein ‚Club Preußischer Treuhand’ plötzlich wichtig tut, heißt das nicht, dass er wichtiger ist, als das deutsche Parlament. Das nenne ich sogar eine Absurdität, wenn ich weiß, dass es in Warschau Politiker gibt, die antideutsche Ängste parteipolitisch ausnutzen wollen um Wahlerfolge zu erzielen. Da sage ich: das deutsch-polnische Verhältnis ist so kostbar, dass man das tunlichst Ist es nicht peinlich für Deutschland, dass 60 Jahre nach Untergang des Nazi-Deutschlands Neonazis sogar wieder in Landesparlamente wie in Sachsen oder Brandenburg eingezogen sind? Ich bitte Sie, auch hier zu relativieren. Rechtsextremismus ist kein reines ostdeutsches Problem, Republikaner und DVU haben in den letzten Jahren auch in westdeutschen Landesparlamenten Wahlerfolge erzielt. Überdies gibt es in anderen europäischen Ländern noch sehr viel populärere rechtsextremistische Parteien. Das ist ein Stück gesamteuropäischer Gegenwart. Ich will aber damit nichts beschönigen, denn Sie haben natürlich Recht: Gerade in unserem Land sollte der Anspruch ein besonderer sein, zu zeigen, dass wir aus unserer eigenen Geschichten gelernt zu haben, die so fatal für andere Völker in Europa war. Insofern ärgern mich die Erfolge der Rechtsextremisten natürlich auch. Wo liegen denn die Ursachen, dass gerade in ostdeutschen Kleinstädten immer wieder Neonazis aufmarschieren? Man darf nicht vergessen: viele Hintermänner dieser Bewegung kommen zu einem großen Teil gar nicht von dort, sondern aus dem Westen, zum Beispiel aus Hamburg oder Süddeutschland. Mitte der Gesellschaft kommt. Daraufhin haben mich sächsische Politiker als Nestbeschmutzer beschimpft. In Polen ist überraschend eine neue Diskussion entbrannt. Sind noch immer Reparationen nötig um Deutschlands Kriegsschuld je wieder gut zu machen? Und in Deutschland werden immer neue Ansprüche der Vertriebenen laut. Ich war vor Kurzem erst in Breslau, meiner unterlassen soll. Ich habe extra Ende vorigen Jahres eine Begegnung von Politikern des Bundestags und des polnischen Sejms arrangiert, um solche öffentlichen Irritationen miteinander auszuräumen. Wer nicht kam, waren die Vertreter der rechten polnischen Parteien! Es wäre beunruhigend, wenn solche Parteien aufgrund solcher Kampagnen Wahlen gewinnen würden, dann würde gewiss eine schwere Belastung der deutsch-polnischen Beziehungen drohen. > > Erika Steinbach vertrit nicht den Bundestag: Bundestagspräsident Wolfgang Thierse im Interview mit politikorange. 20 | *Giwi Margwelaschwili ist ein Berliner Opfer des Kalten Krieges. Er wurde 1927 als Sohn georgischer Emigranten in Berlin geboren und wuchs dort deutschsprachig auf. 1946 erfolgte die Verhaftung und Verschleppung Giwis und seines Vaters durch den sowjetischen Geheimdienst in Bunkerhaft und in das als Internierungslager weitergenutzte KZ Sachsenhausen. Nach eineinhalb Jahren überführte man Giwi zwangsweise nach Tblissi, wo er Germanistik und Philosophie studierte. Erst nach dem Mauerfall konnte er nach Berlin zurück. Der Text stammt aus seinem Buch „Der ungeworfenen Handschuh“, der 1992 bei Rütten & Loening in Berlin erschien. politik orange Zwei T’s GEGEN ein O O wird andauernd von aufdringlichen T’s beschattet. Die wollen’s in ihre Mitte nehmen und abführen. Solange O lebt, schleichen sich zwei T’s von beiden Seiten auf das arme, runde Ding los. Um O nicht vorzeitig zu erschrecken, bleiben die T’s auch oft in der Ferne stehen. Da beruhigt sich O und denkt, es seien nur Kreuze über fremden Buchstabengräbern. Das ist aber eine Täuschung, und sooft sich O umsieht, hat es die zwei auf den Fersen. Manchmal möchte O wütend kehrtmachen gegen seine Verfolger und sich wie ein Lasso über die elenden Stecknadelhälse werfen und dann im Würgegriff sich darum zuziehen. Aber so geht es leider nicht. O kann nur vorwärts kugeln, solange es da ist. Die zwei T’s (die das natürlich wissen) rücken O mit der Zeit immer näher auf den runden Leib und werden immer frecher. Bald flankieren sie O und halten, vorerst immer noch in einem kleinen, respektvollen Abstand, mit ihm Schritt. „Wir drei“, sagen sie dabei schmeichelnd zu O, „ergeben doch zusammen einen Sinn. Bist Du nicht müde, immer nur ganz allein für dich völlig bedeutungslos zu kullern?“ – „Nein!“ schreit O und möchte davonlaufen. Aber es rollt kaum noch. „Na komm mal!“ sagen die T’s dann in einem Moment, als O schon wankt und umsinken möchte. „Wir halten dich fest. Siehst du? So!“ – „Oh!“. Giwi Margwelaschwili* | 21 22 | politik orange denk mal Komplementärer KONTRAST R unter vom Bürgersteig! schreit mir einer hinterher, als ich mit dem Fahrrad von den Linden zum Potsdamer Platz fahre. Hinter dem Brandenburger Tor muss ich die Straßenseite wechseln. Linker Hand stehen keine Zäune mehr, es taucht auf, was ab Mai 2005 als unübersehbare Narbe im Stadtbild Deutschlands zentrales Holocaust-Mahnmal sein wird. Knapp zweitausendsiebenhundert Stelen stehen in langen Reihen, passend zum Himmel in stählernem Grau. Tonnenschwer sehen sie aus, unbeweglich, und irgendwie auch, als seien sie schon immer dort gewesen, und bei diesem ersten Anblick durchzuckt mich ein Schreck ohne Gedanke. Das Stelenfeld sieht hart aus, und kalt, und unberührbar. Ein berechtigter Vorwurf in Betonform und für die Ewigkeit. Lange Reihen, die einmal durchschritten werden sollen. Ich bin peinlich - im Sinne von schmerzhaft - berührt. Und grübele: Was passiert, wenn das Mahnmal eröffnet wird? Wie lange wird es dauern, bis der erste Block besprüht ist, an der ersten Stele ein Hakenkreuz prangt? Es wird dann gelten, mit einer anderen Art der Peinlichkeit umzugehen. V or 60 Jahren am 27.Januar befreiten die Truppen der Roten Armee Auschwitz. In der fast 5-jährigen Bestehenszeit des Konzentrationslagers wurden mindestens 1.300.000 Menschen dorthin deportiert. Etwa 900.000 wurden dirket nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordet oder erschossen, ungefähr 200.000 weitere Häftlinge wurden später in die Gaskammern geschickt oder starben an Unterernährung und Krankheiten. Am 17. Januar 1945 begann die Endphase der Evakuierung von Auschwitz. Ca. 58.000 Häftlinge wurden Richtung Westen geschickt. Jeder Vierte sollte diese „Todesmärsche“ nicht überleben. Als die sowjetischen Truppen am 27. Januar Auschwitz erreichten, fanden sie nur noch etwa 7000 Überlebende vor. Um diesen Tag gebührend in der Schule zu gedenken, obwohl er in den Ferien lag, hatte eine kleine Schülergruppe sich die Mühe gemacht und jede Tafel mit einem Spruch wie z.B. „Wer ein Von Valerie Kittlitz Ein Besuch bei meinem Onkel, der Psychoanalytiker ist, und wie ich glaube, ein sehr guter. Plötzlich finde ich mich ausgestreckt auf seinem Sofa wieder, er sitzt am Fenster in einem Sessel: Ich erzähle vom Stelenfeld. Und von meiner Sorge um die Sprayer, die früher oder später kommen werden. Über die Peinlichkeit. Mein Onkel sagt auf seine bedächtige Art: „Das empfinde ich ganz anders. Es wird doch erst dann vollständig sein“ , und er steht auf und geht in die Küche. Was für eine Aussage! Ich denke lange nach, über diesen Satz aus dem Munde eines Psychoanalytikers, der seinen Beruf so ernst nimmt, dass die Analyse der Psyche in den meisten Überlegungen seinerseits, mir scheint gleich worüber, eine wesentliche Rolle spielt. Und ich stelle fest, dass ich ihm zustimmen muss. Es wird viel geredet über die Vergangenheit, über eine Zeit, die meine Mutter schon nur noch im Kleinkindalter erlebte. Gerade von ihren Kindern und deren Altersgenossen. Von meiner Generation. Wir sammeln Wissen und Zahlen, Fakten und Vorwürfe, die wir gegen unsere Großeltern, Eltern und gegen uns selbst richten. Menschenleben rettet, rettet die Menscheit. 27. Januar 1945“ versehen. Diese sollten dann am ersten Schultag den Lehrern als Anregung dienen mit ihren Schülern ins Gespräch zu kommen. Um Mißverständnissen vorzubeugen hingen dazu auch noch im Schulhaus bunte Zettel mit der Überschrift „Was ist heute los an dieser Schule?“. Über das Ziel hinausgeschossen war wohl das Schild am Schultor: „Arbeit macht frei“. Da für viele der Zusammenhang nicht klar war, wurde dieser Spruch eher für das Machwerk einiger fraglicher Spaßbolde gehalten, als das einer Gruppe, die zum Erinnern aufrufen wollte. Auch war vielen Lehrern nicht klar, von wem und aus welchem Grund ihre Tafeln beschrieben waren. Einige wischten den Spruch vorsichthalber gleich ab, bevor überhaupt ein Schüler ihn hatte sehen können. Sicher ist sicher. Es hätte ja was böses sein können. Andere betrachteten die Tafel, stellten fest, dass das wohl von vor den Ferien sein muss, wo sie gerade nicht im Raum gewesen Wir versuchen, Verantwortung zu tragen, uns zu informieren, und nachzudenken, was geschah. Die Vergangenheit ist wichtig, sie ist das Exempel für das, was nicht geschehen darf. Das Mahnmal schafft es, dieses Bewusstsein auf einer emotionalen Ebene zu wecken. Es erinnert an Fakten und holt Geschehenes in die Gegenwart. Ein ambivalentes Werk, eindrucksvoll und ästhetisch, aber dabei dermaßen erschreckend in seiner Bedeutung, dass es Gedanken für kurze Zeit zu lähmen vermag. Das wird erst recht dann der Fall sein, wenn Sprühfarbe schandfleckenartig an den Steinen klebt. Wenn das Mahnmal Sinnbild für das ist, was einst geschah, dann wird die Sprühfarbe das Detail sein, das darauf hinweist, was einer der Gründe für das Geschehen war. In dieser essentiellen Funktion könnte die Farbe insofern die Komplettierung sein. Nicht wegwischen, erst recht nicht im vorhinein- erst hingucken! Auf die Zahlen und Fakten. Und vor allem auch auf das, was Auslöser ist. (Etwas, dass uns die uns Radfahrer vom Bürgersteig verschimpfen lässt?) Es gilt genau hinzugucken, auf das Gestern, das Heute, die Form und den Inhalt, ohne Angst. waren und klappten die Tafel mit einem gleichgültigen Schulterzucken auf. Es ist doch sehr schade, dass nur wenige Lehrer die ihnen gebotene Chance nutzten und mit ihren Klassen und Kursen eine Diskusion begann, denn oft wurde Arbeit MACHTFREI Tumult am Schultor. Von Charlott Ebert dort klar, dass trotz des Geschichtsunterrichts bei vielen ein Nachholbedarf an Fakten zu diesem Thema herrscht. Aktionen dieser Art sind durch und durch wünschenswert und ich hoffe, dass beim nächsten Mal mehr Lehrer die ihnen gebotene Hand ergreifen und mitziehen! denk mit krieg* In der öffentlichen Berichterstattung wird immer vom Kriegsende gesprochen, und nicht vom Tag der Befreiung. Warum fällt das so schwer? Das sind eigentlich Kämpfe, die vor 20 Jahren ausgetragen worden sind. Aber sicherlich, es fällt vielen schwer, sich als Befreite zu fühlen und insbesondere von der Roten Armee befreit. Mir hat selbst jemand gesagt: „Wissen Sie, bei der Vorstellung dass die Rote Armee uns befreit haben soll, dreht sich mir alles um.“ Von den Amerikanern wurde man lieber befreit. Aber ich glaube, das spielt in der Gedenkkultur keine zentrale Rolle mehr, solange man sich darüber einig ist, dass da nicht eine Katastrophe passiert ist, als Deutschland den Krieg verloren hat, sondern dass man erleichtert war, als der Krieg beendet wurde. Und da man sich dann in gemeinsamer Anstrengung zur Demokratiegründung begeben hat, sehe ich dieses Problem, wie man das nennt, nicht mehr als so gravierend an. Der Bund hat erst in den neunziger Jahren ein Gedenkstättenkonzept erstellt, Warum so spät? Schulklassen müssen in die Gedenkstätten, das ist klar, das ist notwendig. Aber wozu? Um ein Stück nationalsozialistischer Realität lernend zu erfahren – nicht um zu guten Menschen herangebildet zu werden, das kann die Gedenkstätte nicht leisten, und das ist der große, fundamentale Irrtum, von dem man jetzt wohl so langsam Abstand nimmt. Allenfalls kann durch einen Gedenkstättenbesuch der Grundstein gelegt werden, auf dem sich anderes Wissen aufbaut. Diese moralische Komponente, die lehne ich ganz strikt ab. Ich halte es für ein großes Unrecht, 15- oder 17-jährige in die Gedenkstätte zu schicken, damit sie ein schlechtes Gewissen und ungute Gefühle kriegen, oder am Ende noch eingeredet kriegen sollen, sie hätten irgendwie eine Mitschuld oder moralische Mitverantwortung. Und innovative pädagogische Angebote,wie Erlebnispädagogik drei Tage vor Ort? Um eine dreitägige Pädagogik in der Gedenkstätte zu machen, brauche ich schon besonders motivierte Menschen. Ich kann nicht mit Haupt- | 23 müssen nicht die Welt erklären. Sie müssen nicht erklären, wie der Nationalsozialismus über die Leute gekommen ist. Bundeskanzler Schröder war das letzte Jahr das erste Mal zu den D-day Feierlichkeiten in die Normandie eingeladen, und da haben doch einige Veteranenverbände protestiert. In diesem Jahr wird Schröder in Moskau bei den Feierlichkeiten am 8. Mai dabei sein. Denken Sie, dass da ähnliche Reaktionen aufkommen werden? Das sind staatliche Zeremonien, das hat mit alltäglicher Gedenkkultur nichts zu tun. Das ist auch der internationalen Courtoisie geschuldet, genauso wie man einen Kranz niederlegt. Aber ich halte es für ein Zeichen von Vernunft und Größe, dass man nicht sagt: „Das waren die ehemaligen Feinde, da gehen wir nicht hin.“ Dass der deutsche Kanzler dort erscheint, macht deutlich, dass wir ein Stück unserer Lektion gelernt haben. Wir ziehen uns nicht wieder in den nationalen Schmollwinkel à la „Wir die Besiegten, ihr die Sieger“, zurück, sondern Ich denke, man sollte sich vor allem darüber freuen, dass diese stiefmütterlich behandelten Gedenkstätten jetzt in die Förderung des Bundes eingebettet sind und nicht darüber klagen, dass es solange gedauert hat. Außerdem brauchen die Gedenkstätten nicht nur staatliche Zuwendung, ob vom Land, oder vom Bund. Sie brauchen auch engagierte Bürger, das ist eigentlich das A und O der Gedenkkultur. Mit dem Restaurieren und Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin, über ideale Gedenkkultur. „Sie brauchen Denkmal setzen ist es nicht getan. Und dazu engagierte Bürger“. Von Llsa Badun es darf nicht so sein, wie es an vielen Orten lange Zeit war, dass die Honoraerinnern uns gemeinsam. Deshalb ist auch das tioren am Ort nichts davon wissen wollten, oder schülern drei Tage nach Ravensbrück gehen. deutsch-russische Museum in Karlshorst eine dass der Bürgermeister das klein redet und sagt: Auch ein Seminar, das ist immer eine ganz gute Sache. Ich glaube nur, dass es von der Bevöl„Das war ja gar kein KZ bei uns, sondern nur ein kleine Auswahl, das ist die erlesene Schar der Arbeitslager, oder so etwas.“ besonders Motivierten, der besonders Intellikerung zu wenig angenommen wird. genten, der besonders Betroffenen. Das kann nicht das Vorbild sein, das ist dann immer das Wie fügt sich das zentrale Holocaust-Mahnmal in Wenn Veteranenverbände, seien es französische, Zusatzangebot. Das Hauptproblem ist doch aber, russische, deutsche, diese Leistung einfach nicht das Gedenkstättenkonzept ein? wie der Realschullehrer mit dem Problem zurecht schaffen können... Ich hatte zuerst die Sorge, dass die Errichtung kommt, dass er 30 mäßig interessierten Schülern dieses Denkmals das Ende für die GedenkstätSie können es nicht schaffen, weil sie Veteein gewisses Grundwissen vermittelt. ten draußen im Land sein könnte. Dass dann ranenverbände sind. Sie müssen die Schlachten Flossenbürg endgültig zugescharrt wird und dass noch mal schlagen und müssen davon sprechen, Dachau oder Neuengamme verfallen, wie das wie sie gelitten haben, aber sie sind nicht fähig, Ist diesem Verdruss, den Jugendliche bei poli> > In der Berliner Dauviele auch sehr gern wollen, und wie das auch über die Gräben hinwegzuschreiten, und das darf erausstellung „Topogratischen Fragestellungen empfinden, überhaupt fie des Terrors“ bei Lokalpolitikern nach dem Motto „Schwamm man von ihnen auch nicht verlangen. beizukommen? drüber“, beliebt war. Aber es ist nicht so gekomIch glaube, die Frage „Wie interesmen, im Gegenteil, das Denkmal wirkt als Portal siere ich einen jungen Menschen?“, und hat die Förderung für die Gedenkstätten ist ein Grundproblem seit Jahren. draußen im Lande wesentlich mit angestoßen. Wenn der Lehrende, egal ob das ein Deswegen bin ich ganz zufrieden und denke, dass Zeitzeuge oder ein Gedenkstättensich das Berliner Monument als abstraktes Erinmitarbeiter ist, am Anfang gleich rüberbringen kann, warum es wichtig nerungszeichen sehr gut mit den Gedenkstätten ist, darüber Bescheid zu wissen, und im Land ergänzt. wenn er jede unzulässige Attitüde von Moral und Betroffenheitszwang In Gedenkstätten, sollen vor allem Jugendliche für Demokratie sensibilisiert werden. Trotzdem sehen weglässt, dann hat er schon viel Terrain gewonnen. Ich habe in meiner wir, dass gerade junge Leute dem RechtsextremisLaufbahn viele ehemalige KZ-Häftmus wieder nachlaufen. linge erlebt und bin mit manchen Völlig falsches Konzept, völlig falsche Idee, befreundet. Die Überzeugenden jetzt Toleranz- und Demokratieerziehung über waren immer diejenigen, die auf Gedenkstätten zu machen. Wenn ein Richter einen auffällig gewordenen rechtslastigen Knaben die Leute zugingen, ihnen ins Auge dazu verurteilt, Gedenkstätten zu besuchen, dann geschaut haben, und gesagt haben: „Ich war hier und will euch das ohne wird da hinterher nicht ein frommer Demokrat weitere Umschweife erläutern.“ Sie herauskommen. DENKMAL setzen „Mit dem ist es nicht getan“ 24 | gemauerte feindbilder DARF ICH, oder darf ich nicht ? Ein Kommentar von Katrin Hünemörder A ls Deutsche tue ich mich schwer mit Kritik an Israel. Wie leicht lässt sich Israelkritik mit Antisemitismus verwechseln. Die Kritik an Israel ist eine Gewissensfrage. Da baut die Regierung dieses Landes eine Mauer um die Westbank herum, mitten durch Jerusalem. Hunderte Kilometer Stacheldrahtzaun, in der Stadt Betonblöcke. Begründung: Sicherheitsmaßnahmen vor Terroristen. Die Menschen hinter der Mauer sind so gut wie abgeschnitten von der Wasserversorgung, dem Gesundheitssystem, dem sozialen Leben. Noch ist sie nicht fertig gebaut, noch können Scharen von Kindern morgens hindurch schlüpfen, um zur Schule zu gehen, noch können Schwangere ihren Arzt aufsuchen. Den Arzt, die Schule – auf der anderen Seite. Ich kann nicht umhin, das abscheulich zu finden. Ich frage mich, warum fünfzig Jahre in dieser Welt zwei Mauern ertragen. Sharon wird die Mauer fertig bauen. Vielleicht in diesem Sommer. Er wird ein paar Siedler im Gazastreifen abziehen, um sie in der Westbank anzusiedeln. Glauben die Palästinenser. Sie könnten sogar Recht haben. Nur darf ich das kritisieren, als Deutsche? Im Dritten Reich versuchten Deutsche, die Juden auszurotten. Sechzig Jahre später verlangt diese Erfahrung von mir, jegliche Art von Menschenrechtsverletzung zu kritisieren. Egal wo. Ich bin in einem von Mauern umgebenen Land aufgewachsen. Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass eine Mauer heute wieder dazu dient, Menschen aus- beziehungsweise einzusperren. Was, außer neuem Hass und Widerstand, soll das bewirken? Kritik an solcher Politik ist gerechtfertigt, sie verlangt eine Position. Nur darf diese Kritik nicht dazu benutzt werden, subtil antisemitische Aussagen damit zu verbinden. Nicht DIE Juden bauen die Mauer, viele sind dagegen. Es ist die politische Entscheidung der Regierung eines Staates, die eine Auseinandersetzung verlangt, egal, ob er sich jüdisch, islamisch oder demokratisch nennt. politik orange Suche SICH SELBST NACH Das Projekt „Missing Identity“ hilft Menschen, die im Krieg ihren Namen verloren. Von Katrin Hünemörder Eva Flörsheim ist Jüdin, in Schweden geboren und in Norwegen aufgewachsen. Mit 18 ging sie zum ersten Mal für drei Monate in einen Kibbutz nach Israel. Seitdem lässt sie dieses Land nicht mehr los. Trotz des Widerstandes ihrer Eltern machte sie sich während ihres Studiums auf ins heilige Land, um dort zu leben. Heute lebt sie in einem Kibbutz nahe Nazareth mit ihrem Mann, ihrem Sohn und ungefähr 400 weiteren Mitgliedern. Vor dreizehn Jahren begann sie sich für Menschen zu interessieren, die nicht genau wissen, wer sie sind. www.jewishgen.org/missingidentity S ie hatte nur kurz etwas im städtischen Krankenhaus zu tun, als Eva Flörsheim vor einigen Jahren dort zufällig auf eine Nachbarin trifft. Am Ende des Krankenhausganges treffen sich die beiden am Kaffeeautomaten. Sie kommen kurz ins Gespräch, und etwas unvermittelt sagt Marysia Hilferding, sie wüsste nicht, wer sie sei. Eva horcht auf, versuchte sie doch gerade in ihrer Freizeit, den Familienstammbaum ihres Mannes zu rekonstruieren. Rein aus Interesse. Die beiden setzen sich, es ist der Beginn einer intensiven Freundschaft zwischen den Frauen. Für Eva Flörsheim ist es auch der Beginn einer neuen Lebensaufgabe. Die Waise Marysia Hilferding erreicht 1948 Israel und lebt in einem Waisenheim. Wie sie dorthin gelangte und wer ihre Eltern waren, das wusste sie nicht. Dass sie aus Polen stamme, hatte man ihr im Waisenhaus gesagt, doch mehr Informationen besaß niemand. Eva und Marysia arbeiten fast ununterbrochen in Archiven von Yad Vashem, der HolocaustGedenkstätte in Jerusalem. Irgendwo finden sie alte Photos und den Mädchennamen der Mutter. Nach und nach rekonstruieren sie Marysias Leben. Nelly Weinrath und Norbert Hilferding trafen sich und heirateten in Lviv, Polen (heute Ukraine). Ihre Tochter Marysia wurde wahrscheinlich im Sommer 1942 geboren. Norbert und weitere Familienmitglieder wurden wahrscheinlich im August 1942 während einer Säuberungsaktion getötet. Nelly entkam mit ihrer Tochter und flüchtete nach Zakopane. Mit gefälschten Papieren und unter den Namen Janina Dombrowska (geb. 1917) und Tochter Irina. Nelly arbeitete auf dem Schwarzmarkt mit einem Mann namens Edward und musste mit dem Zug durch ganz Polen fahren. Die Tochter blieb bei Elzbieta Roman. Nelly wurde wahrscheinlich im September 1943 verhaftet. Elzbieta Roman, die Angst vor der Gestapo hatte, brachte die einjährige Marysia/ Irina zu Apolonia Trybus und ihrer Familie, wo sie bis 1947 blieb. Eine Koordinierungsorganisation holte Marysia im März 1947 zu sich und brachte sie im März 1948 nach Israel. Eva steht an der Straße der Gerechten in Yad Vashem, und erzählt die Geschichte von Marysia. Der Name der Trybus Familie ist auf einer der Gedenktafeln zu finden, als Erinnerung daran, dass sie jüdischen Menschen während des Krieges geholfen hat. Zu vielen dieser Namen kann Eva Geschichten erzählen, in einigen Fällen kennt sie die Kinder der Familien, viele hat sie im Zuge ihrer Recherchen für „Missing Identity“ besucht. Achtzig Profile befinden sich auf der Website von Menschen, die keine Ahnung haben, wo sie herkommen oder Teile ihres Lebens nicht rekonstruieren können. Namenslisten aus der Gedenkstätte zum Holocaust, Yad Vashem, sind auf der Seite veröffentlicht. Eva ist einmal pro Woche in den Archiven, hat Zugang zu allen Dokumenten, auch von anderen Gedenkstätten. Mittlerweile erhält sie Anfragen aus der ganzen Welt und wird um Hilfe gebeten. Viele Menschen, besonders in Amerika und ganz Europa, suchen nach Details ihrer Persönlichkeit. Oft müssen sie enttäuscht werden. Tausende Dokumente aus dem Krieg, Listen und Akten, wurden kurz vor der Kapitulation der Deutschen vernichtet. Namen wurden ausgelöscht, als hätten die Menschen dazu nie existiert. Doch manchmal hat man Glück, erzählt Eva, und ihre Augen leuchten dabei. Es gibt vielleicht entfernte Verwandte, oder Kinder derjenigen, die einen gerettet haben. Das sind die schönsten Momente, wenn man diese Nachricht überbringen kann. Selbst ein gefundenes Grab ist ein Erfolg. Marysia ist im November 2001 an Krebs gestorben. Sie hat lange gekämpft. Durch ihre Recherchen zusammen mit Eva konnte sie die jüngste Schwester ihres Vaters ausfindig machen, die 1946 nach Brasilien ausgewandert war. Die Tante und ihre Söhne kamen 2001 nach Israel und Marysia traf ihre Familie. Kurz darauf erlag sie dem Krebs. Die Ärzte waren beeindruckt, wie lange Marysia ihm widerstanden hatte. krieg* bröckelnde feindbilder ANGST Angst ZU | bekommen „Wir sind keine Nutten, die die Beine breit machen und die Klappe halten...“ Katrin Hünemörder im Interview mit Khalefa Eisa K halefa Eisa ist 21 Jahre alt und arabischer Israeli. Geboren wurde er in Nazareth, wo er einmal pro Woche eine Jugendsendung im arabischen Radiosender A-Shams moderiert. Jetzt wohnt er in Tel Aviv. Khalefa hat sich der Rapmusik verschrieben und singt über sein Volk, seine Probleme, über seine Bedürfnisse und seinen Wunsch nach Frieden. Musik ist sein Leben, er ist überzeugt, mal ein großer Rapper zu werden. Sein Geld verdient er in einer Werbeagentur, in der er für Design zuständig ist. die gleiche Story in tausend Varianten. Über die Probleme und die Schwierigkeiten hier. Wir müssen darüber reden. Für viele hier ist es schwer darüber zu reden, was momentan im Nahen Osten passiert. Vieles macht mich nervös. Manchmal versuchen wir einfach, zu vergessen, was um uns herum passiert. Hast du Angst, dass dir was passiert? Ich glaube, dass die ganzen Geschichten im Fernsehen über Selbstmordattentate und Bomben uns nicht wirklich helfen. Khalefa, warum hast du angefangen, Rapmusik zu machen? Ich hatte was zu sagen, und Musik ist eine Form, in der das gut möglich ist. Ich hoffe, dass ich mit meiner Musik viele Leute anspreche, besonders auch die Alten. Ich will, dass sie mich verstehen. Wir singen arabisch, kein Englisch. Es ist meine Musik und mein Inhalt, nichts Amerikanisches, was viele denken. In Deutschland sind viele junge Leute von Politik gelangweilt. Glaubst du, die Jugendlichen in Israel sind aktiver? Klar gibt es Leute, die in Ruhe gelassen werden wollen. Aber ich bin einer derjenigen, die sagen, dass ich mein Leben leben will, dass ich entscheiden will. Es gibt eine Menge Jugendlicher, die so drauf sind. Viele sagen, dass sie zumindest versuchen wollen, etwas zu verändern. Viele hier haben etwas auf dem Herzen, aber nicht alle sprechen es aus. Es ist so wie überall anders auf der Welt. Wir leben in Israel. Wir können nicht nicht darüber diskutieren. An jeder Straßenecke gibt`s Ich hatte eine Freundin, die zur Armee gegangen ist. Wir waren noch eine Weile befreundet, aber irgendwann war sie nicht mehr dieselbe. Ich weiß nicht, was passiert ist. Die Soldaten, die palästinensischen Kindern oder Müttern oder Vätern etwas tun, dass sind in meinen Augen keine Menschen. Diese Menschen sollten mich nicht bitten, ihre Freunde zu sein. Sie sind keine Menschen, sondern Tiere für mich. Und das einzige Tier, das ich mag, ist mein Hund Shakir. Sie sollten als allererstes wissen, dass wir Israelis sind. Aber wir sind auch Palästinenser. Wir leben in einer Situation, die einzigartig ist auf der Welt. Für die arabische Welt sind wir Israelis, deswegen mögen sie uns nicht besonders. Für die israelischen Juden sind wir Ich habe Angst, Angst zu bekommen. (er denkt nach, guckt betrübt) Hör zu, ich habe heute keine Angst. Ich habe keine Angst vor den nächsten Tagen als ein Araber hier in Israel. Wenn ich anfange, Angst zu haben, dann ist das, als wenn ich tot bin. Ich bin sicher, dass sich die Situation zwischen Israel und Palästina verschlechtern wird. Das weiß ich. Ich habe Angst um mein Volk, um meine Freunde, meine Eltern. Aber ich als Person, um mich mache ich mir keine Sorgen. Hast du jüdische Freunde? Habt ihr im Freundeskreis viele Diskussionen über die politische Situation in Israel? Hast du Freunde, die in der Armee waren? Was würdest du gerne den Deutschen über dein Land und dein Volk erzählen, was sollten sie wissen? Worüber singst du? Als 21-jähriger hat man eine Menge Probleme. Probleme mit Frauen… du weißt schon. (grinst) Und die arabischen Leute hier haben ein Problem. Ich habe ein Problem mit den Arabern und den Juden dieses Landes, die nichts verändern wollen. Die nichts Neues versuchen, um ihr Problem zu lösen. Als Rapper habe ich viel dazu zu sagen, was Israel in den besetzten Gebieten tut. Es gibt viele Juden in Israel, die sich wie die Nummer eins aufführen, und ich, weil ich Araber bin, soll mich nur als die Nummer zwei fühlen. Nur weil ich Araber bin, mögen mich viele nicht. Damit habe ich ein Problem. Das hat mich motiviert, einen Stift in die Hand zu nehmen und zu schreiben. Wir alle sollten wissen, dass wir zwar mit einer bestimmten Religion geboren sind, aber dass wir trotzdem alle Menschen sind. So sollten wir uns auch behandeln. Darüber schreibe ich. Aber ich kenne auch viele nette Juden. Ich will nicht verallgemeinern, darauf achte ich in meiner Musik. sogar etwas dagegen unternimmt, dann ist das in Ordnung. Er oder sie hat mir nichts getan, ich habe keinen Grund, nicht mit ihnen befreundet zu sein. Klar, viele. Das, was die Armee in den besetzten Gebieten macht, das ist nicht okay. Aber wenn ich merke, dass ein Jude darin nicht involviert ist oder Palästinenser, deshalb behandeln sie uns so. Wir > > Israel: Ein Land, zwei Welten stehen voll dazwischen. Alle sollten wissen, dass wir nicht die Huren sind, die ihre Beine breit machen und die Klappe halten. Wir haben etwas zu sagen und das tun wir. Die meisten jedenfalls. Ich möchte gerne alle Präsidenten dieser Welt bitten, uns zu helfen. Damit wir sicher leben können.Ich bin sicher, dass das für palästinensische Kinder eines Tages möglich sein wird, aber wenn jemand diesen Prozess beschleunigen kann, dann bitte ich ihn darum. 25 26 | politik orange unvergangene vergangenheit Alarmsignal aus Bielefeld: Antisemitismus BOOMT 60 Jahre nach Kriegsende sollte man denken, dass in Deutschland Antisemitismus überwunden ist. Von wegen. Neueste Untersuchungen zeigen: er tritt immer stärker zutage. So belegt eine Studie der Uni Bielefeld : Nur 11 Prozent der Bundesbürger sind frei von Antisemitismus. Antisemitismus ist tief in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt, bei Männern noch mehr, als bei Frauen. Was tun? Nur symbolisch Reden zu halten, hilft nicht weiter. Von Holger Kulick S eit 2002 wird am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Uni Bielefeld eine bundesweite Erhebung durchgeführt. Thema: Wie ausgeprägt ist Menschenfeindlichkeit in Deutschland? Ein inhaltlicher Schwerpunkt der Forschergruppe unter Prof. Wilhelm Heitmeyer war im Jahr 2004 Antisemitismus - Judenfeindlichkeit. Repräsentativ wurden 3000 Telefoninterviews geführt, die nun ausgewertet sind - mit beunruhigendem Resultat. Denn eine weit verbreitete Durchmischung tief sitzender Klischees und Vorurteile, aber auch von Verdrängungsmechanismen wird dabei deutlich. „Wenn man es ganz eng definiert, sind nur 11 Prozent der Bundesdeutschen Bevölkerung frei von jeglichem Antisemitismus“, bilanziert Dr. Andreas Zick, der gemeinsam mit Dr. Beate Küpper an der Uni Bielefeld die Analysen zum Antisemitismus durchgeführt hat. Für das Forscherteam manifestiert sich antisemitisches Denken in zwei Kategorien. Zum einen sind dies traditionellen Sichtweisen. Dazu zählt das Forscherteam den alten Mythos, dass Juden zu viel Einfluss haben (in Deutschland sehen das 21,5 Prozent der Befragten so) und der Schuldvorwurf in Form der Unterstellung, Juden seien durch ihr Verhalten an ihrer Verfolgung mitschuldig. Aussagen zum traditionellen Antisemitismus stimmen immerhin 17,4 Prozent der repräsentativ befragten Deutschen zu. und sogar 44,4 Prozent: „Bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat.“ Im Durchschnitt 57 Prozent der deutschen Befragten üben außerdem NS-vergleichende Israelkritik. Sie sagen, Israel führe einen „Vernichtungskrieg“ gegen die Palästinenser und das, was der Staat Israel heute mit den Palästinensern mache, sei „im Prinzip auch nichts anderes als das, was die Nazis im Dritten Reich mit den Juden gemacht haben“. Reine, des Antisemitismus unverdächtige Kritik an Israel ist rar. Prinzipiell stimmen eher Ältere, Männer und Kontinuierlich Zeichen setzen“ Zwei Drittel für Schlussstrich Zum zweiten Bereich, dem „transformierten Antisemitismus“, wie Zick und Küpper Antisemitismus im neuen Gewand bezeichnen, gehört das Vorurteil, dass viele Juden aus der Vergangenheit des Dritten Reiches heute Vorteile ziehen würden. Diese Auffassung teilen knapp über 45 Prozent der Befragten. Auch der verbreitete Ruf nach einem Schlussstrich über die Aufarbeitung der Judenverfolgung im Dritten Reich gehört dazu. So sind es fast zwei Drittel aller Deutschen leid, immer wieder von Verbrechen der Deutschen an den Juden zu hören oder ärgern sich darüber, dass den Deutschen auch heute noch die Verbrechen der Nazideutschen an den Juden vorgehalten werden. 65 Prozent der Deutschen denken im Sinne dieser Schlussstrichmentalität. Auch in Äußerungen über Israel wird dieser transformierte Antisemitismus deutlich. Denn mehrheitlich wird israelische Politik mit jüdischer Politik gleichgesetzt. So erklären und 31,7 Prozent der Befragten, „durch die israelische Politik werden mir die Juden immer unsympathischer“ Jahren deutliche Steigerungsraten in antisemitischen Grundhaltungen ergeben – „Vor allem die Rekrutierung der Mitte ist größer geworden“, sagt Zick. Dies habe auch damit zu tun, dass sich in den Jahren 2002/2003 zwei Bundestagsabgeordnete quasi als Tabubrecher betätigten, Jürgen W. Möllemann (FDP), der Israelkritik deutlich im Unterton mit Judenkritik verband und Martin Hohmann (CDU), der Schlagzeilen machte, als er dafür plädierte, die deutsche Kollektivschuld infrage zu stellen. Beide Politiker erhielten für ihre Vorstöße keinen geringen öffentlichen Rückhalt. > > Berliner Centrum Judaicum: Ständiger Polizeisicht nich nur vor Neonazis. niedriger Gebildete den antisemitischen Sichtweisen zu. Auffällige Unterschiede zwischen Osten und Westen gibt es nicht. Außerdem wird deutlich: Zwar wächst Antisemitismus mit einer politisch rechten Haltung an – jedoch ist auch die politische Mitte davon nicht frei. Fast 89 Prozent derjenigen, die sich selber politisch „genau in der Mitte“ einordnen, stimmen einer oder mehreren Facetten des Antisemitismus zu. Nur 11 Prozent der Befragten tun das nicht. Für Dr. Andreas Zick sind die Ergebnisse „alarmierend“, zumal sich im Vergleich zu Untersuchungen aus den frühern neunziger „Ein Teil der Deutschen will sich einfach nicht der Geschichte stellen, auch 60 Jahre nach Kriegsende nicht“, urteilt Andreas Zick. Schuldabwehr erfolge zu solchen Gelegenheiten auch wie ein „gemeinschaftliches Reaktionsmuster“. Das werde besonders deutlich, wenn zu Gedenktagen, wie dem 8. Mai, Politiker demonstrative Zeichen gegen Antisemitismus und Rassismus setzen wollen. Doch solche Zeichen nur singulär zu setzen, wirke kaum oder nur kontraproduktiv, weil dies zunächst nur propagandistische Gegenwehr mobilisiere. „Deshalb müssen solche Zeichen kontinuierlich gesetzt werden“, fordert Zick, „damit die soziale Norm der Ächtung des Antisemitismus gefestigt und antisemitische Propaganda besser entlarvt werden kann“. Ebenfalls sei wichtig, „sensibler und deutlicher die aktuelle Vermischung von Israelkritik und Antisemitismus zu kritisieren“. Besonders in der jüngeren Generation sei allerdings sichtbar, wie durch die Arbeit von Bildungsträgern und anderen Initiativgruppen eine positive Entwicklung weg von gängigen Klischees und Feindbildern einsetze, sagt Zick. Deshalb sei die derzeit gängige Streichung von Fördermitteln für viele solcher Initiativen „fatal“. Weitere Ergebnisse zum Antisemitismus sind auch nachzulesen in einem Beitrag von Arie Heyder, Julia Iser und Peter Schmidt in „Deutsche Zustände, Folge 3, Frankfurt a. Main: edition suhrkamp, 2005 (hrsg. von Wilhelm Heitmeyer). Die deutsche Homepage des Instituts in Bielefeld: http://www.uni-bielefeld.de/ikg die englische Homepage: http://www.uni-bielefeld.de/ikg/eng/index.htm Diese Veröffentlichung erfolgte mit freundlicher Genehmigung der Amadeu Antonio Stiftung und von: www.mut-gegen-rechte-gewalt.de. krieg* | Ob in der Sportübertragung oder im Jogurt. Haben wir auch in der Sprache den Krieg hinter uns? Von Andreas Weiland N ach der bedingungslosen Kapitulation der Nationalsozialisten hat sich vieles in Deutschland sofort geändert. In den Nürnberger Prozessen wurden die Kriegsverbrecher verurteilt und die Bevölkerung zwischen den Ruinen ihrer Städte wollten die Demokratie. Heute gibt es Jogurt, der „Fruchtbombe“ heißt und der letzte Sommerurlaub ist für viele „bombig“ gewesen. Natürlich ist die erste Intention, wenn man im Supermarkt steht, nicht, dass dieser Jogurt den Krieg anpreist. Auch bei der Diashow des Nachbarn wird nicht sofort beim bombigen Wetter an Luftangriffe gedacht. Diese Wörter haben einfach eine verstärkende Wirkung, die im Bewusstsein der Menschen geweckt wird. Die Dynamik von „LTI“ Jedoch haben dieses auch die Nationalsozialisten für ihre Propaganda gewusst und so gab es schon bald die „Sprache des Dritten Reich“, wie sie der verfolgte Schriftsteller Victor Klemperer mit „Lingua Tertiae Imperii“ kurz „LTI“ beschrieb. Neben dem Kriegsvokabular, welche sich in Wörtern wie „Blitzkrieg“ oder der „totale Krieg“ wiederfindet, gab es auch eine neue Bewegung in der Wortwahl. Als bald wurde jegliches Vorankommen zum „Sturm“. Diese neue Dynamik sollte das System der Diktatur widerspiegeln, wie rasch sich doch Diktatur entwickelt. Schon bald gab es den „Sturmtrupp“, den „Volkssturm“ und das Kriegsblatt, den „Stürmer“. In heutigen Zeiten haben sich die Wogen dieses Sturmes geglättet und man spricht höchstens noch von stürmischen Zeiten, aber eigentlich gibt es meistens nur noch einen „eisigen Wind“. Im Fernsehen kann man heute aber öfters noch auf eine Berichterstattung stoßen, die nicht ganz von der Kriegsberichterstattung zu unterscheiden ist. Besonders beim Fußball wird öfters über die „Flanken angegriffen“, Schüsse werden zu „Granaten“ und Gerd Müller war der „Bomber der Nation“. Dem Sportjournalisten soll dort keine Mutwilligkeit unterstellt werden, wenn der Spieler im Zweikampf „Freund und Vaterland“ vergisst. Denn des Deutschen liebstes Kind wird halt nicht emotionslos gespielt oder kommentiert, da kann es halt schon mal zu einer „Schlacht im Strafraum“ kommen. In manchen Fällen kann man leider nicht mit Emotionen entschuldigen, wenn ein paar Wörter fallen, die nicht im Vokabular von heute mehr auftauchen sollten. Als ein jüdisches Paar am 4. Januar 2000 in Cottbus zur Polizei ging, weil ihre Tür eingetreten wurde, und ihnen der Tod angedroht wurde, bekamen sie das Angebot in „Schutzhaft“ genommen zu werden. Dieses Wort wurde von den Nationalsozialisten erfunden, um eine Legitimation für die Verhaftung von unschuldigen Juden zu haben. Dadurch, dass dieses Wort vor fünf Jahren auch noch aus dem Mund von einem Staatsdiener kam, ist es schwer zu glauben, dass die LTI nicht überlebt hat. In den sechziger Jahren gab es eine Diskussion, um die political correctness der Sprache, dass die Zigeuner nun Sinti und Roma heißen und aus dem Itakker wieder ein Italiener wurde. Vielleicht ging bei dieser Diskussion aber ein kleiner Lehrauftrag nicht in Erfüllung, so dass die Wörter hinterfragt werden müssen und nicht einfach hingenommen werden sollen. Es ist klar, dass der Schwarze kein Bimbo mehr ist, aber wie sieht es mit dem Wort Blutvergiftung aus? Heute ist es klar, dass dieser Begriff im medizinischen Bereich gebraucht wird. Jedoch im Dritten Reich wurde damit die Verfallserscheinung von Völkern und Rassen beschrieben. Besonders die Auffassung von verschiedenen Eigenschaften würde heute nicht mehr in deren Bedeutung benutzt werden „Intellekt“ wurde eine Bezeichnung für Menschen, die subversiv, kritischen und destruktiven Menschen. Der Jude und Kommunist gehörten dadurch zum Intellekt und waren damit nicht gut für die Gemeinschaft. Auf der anderen Seite wurde der „Hass“ positiv, wenn es der „heldische Hass der nordischen Rasse“ war. Sprache als Nährboden für Neonazis Die Sprache der Nationalsozialisten war eine besonders gefährliche Sprache, weil sie durch das Reduzieren auf Grundlegendes jeden erreichte. Der Pathos in den Wörtern zog die Hörer in ihren Bann und auch die Tatsachen wurden durch neue Wörter, wie der Schutzhaft, belanglos für den Hörer. Denn eine Schutzhaft oder die Niederlage wurde einfach zum Rückzug. Die Gefahr heute besteht darin, wenn wir mit unserer Sprache weiterhin leichtfertig umgehen und somit den Nährboden für Neo-Nationalsozialisten offen halten. So könnte es ja auch sein, dass nach 60 Jahren Kriegsende mal über das Heft „Landser“ nachgedacht wird, welches ja auch nicht unbedingt in einer Buchhandlung stehen sollte. Victor Klemperer hat in LTI fast alles zu Analyse der Sprache der Nationalsozialisten zusammengetragen. Das sollte einfach nicht vergessen werden. 27 28 | die erben der nazis F rüher waren Rechtsextreme leicht zu identifizieren. Kahl geschoren, Springerstiefel, Bomberjacken, dumpf grölend. Für das entsprechende Geld hätten sie auch für die andere Seite zugeschlagen. Seit ein paar Jahren allerdings schleicht sich das braune Gift subtiler und intelligenter in die Köpfe der Menschen. Die Strategen der Rechten sind nicht mehr leicht zu identifizieren, es sind Familienväter, respektierte Persönlichkeiten. Die Konzepte, um ihr Gedankengut zu verbreiten, zielen besonders auf junge oder sozial schwächere Menschen. In „national befreite Zonen“ übernehmen die Rechten soziale Einrichtungen – sie bauen Jugendclubs auf, tragen der Oma das Gemüse nach Hause. Sie bilden Meinungsführer, beispielsweise Schülervertreter und Schülerzeitungsmacher aus. Immer an der Grenze des Erlaubten. Die neuen Rechten wissen, was sie sagen dürfen und was nicht. Christian Worch, einer der Köpfe der deutschen Neonaziszene, antwortete auf die Frage, ob wirklich sechs Millionen in KZs ermordet wurden, damit, dass es zurzeit gesetzliche Beschränkungen in Deutschland gäbe, die ihn daran hinderten, die Antwort zu geben, die er für die richtige hielte. Dass rechtsextreme Parteien immer mal wieder in unsere Parlamente geraten, ist nur die Spitze In der MITTE angekommen Eine Betrachtung von Katrin Hünemörder des Eisberges einer neuen rechtsextremen Kultur in Deutschland. Immerhin gibt es im öffentlichen Raum die Möglichkeit, sich ihnen entgegenzustellen, sich mit ihnen auseinander zu setzen, oder einfach zu gehen. Aber auch in den Parlamenten sind sie klüger geworden und schaffen es, die Aufmerksamkeit der Presse auf sich zu lenken. Eine Aufmerksamkeit, die ihnen nicht zukommen sollte. Für problematischer als die zwölf Abgeordneten im sächsischen Landtag halte ich allerdings die latente Zustimmung in der Bevölkerung zu rechtsextremem Gedankengut. Ideen wie denen der national befreiten Zonen muss mit demokratischen Mitteln begegnet werden. Alle paar Jahre ein Programm gegen Rechts seitens der Bundesregierung aufzulegen, reicht halt nicht. Die Mitarbeit muss vor Ort erfolgen. Maßnahmen sind beispielsweise die Förderung von Beteiligungsprojekten, freiwilliger Arbeit, Sport- und Kunstangeboten. Leider scheint das Problem immer nur vor und nach Wahlen für die Politik zu existieren. In Sachsen ging es schief, und plötzlich stand Rechtsextremismus wieder auf der Agenda. In Kiel allerdings trösteten sich die Roten und die Grünen mit dem Gedanken, dass es „wenigstens“ die Rechten nicht geschafft haben. – Thema erledigt. Rechtsextremismus findet nicht mehr nur in Organisationen oder Parteien statt. Es ist ein Parasit, der sich im Gehirn festbeißt und sehr hartnäckig ist. Nur durch gemeinsame Anstrengungen von Politik und Zivilgesellschaft kann der Parasit beseitigt werden. Bei uns ist NUR der politik orange Kaffee Über die Not und den Einfallsreichtum deutscher Kleinstädte im Umgang mit Neonaziaufmärschen und brauner Strukturen. B islang war Pößneck ein beschauliches Städtchen und rühmt sich gerne, „Stadt der ersten Thüringer Landesgartenschau“ zu sein. Das war im Jahr 2000. Mittlerweile macht Pößneck andere Schlagzeilen. Anfang April feierten bis zu 1800 Neonazis eine Einweihungsparty für einen neuen rechten Treffpunkt in der Stadt, im ehrwürdigen Schützenhaus, das bereits Ende 2003 von eine dubiosen englische Stiftung ersteigert worden war: Die Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation in London, zu deren Hintermännern der Hamburger Rechtsextremist Jürgen Rieger zählt. Das Nazievent hatte Folgen. Zur Gedenkfeier des Landkreises am 8. Mai 2005 waren polnische Ehrengäste eingeladen. Doch die sagten prompt ab. Zum Trotz hat der Kreistag seine Gedenkveranstaltung nun in eine Schule verlegt, direkt gegenüber vom rechten Schützenhaus. Um zu signalisieren: haut ab! Vorbildliches aus Verden Vorgemacht, wie das effektiv geht, hat das unlängst die niedersächsische 30.000-Seelenstadt Verden. Im nahe gelegenen Dörverden hat der Rechts-Statege Rieger im Juni 2004 ebenfalls über besagte Tietjen-Stiftung ein großes Gehöft erworben und zum Neonazitreffpunkt ausgebaut. Die Gegend gilt laut Verfassungsschutz als Zielregion der Rechtsextremisten. Doch als die NPD Anfang Februar einen Aufmarsch in Verden ankündigte, machte der dortige Bürgermeister mobil: Mehr als 120 Vereine, alle Kirchen und Institutionen der Stadt wurden gebeten, gemeinsam ein Fest der Demokratie in der gesamten Innenstadt zu gestalten. Die wurde auf diese Weise für die Extremisten blockiert. Gewitztes Schild an einem Stand: „Bei uns ist nur der Kaffee braun“. Vergeblich klagte die NPD Von Holger Kulick BRAUN dagegen, denn eine Kommune habe kein Recht gegen eine nicht verbotene Partei eine Veranstaltung zu planen. Denkste, konterte der Bürgermeister. „Ich habe einen Eid auf die Verfassung geschworen und die schützen wir hier vor einer politischen Strömung, nämlich vor demokratiefeindlichem Rechtsextremismus“. Hilflosigkeit in Dessau So einfallsreich sind nicht viele Kommunen. Beispiel Dessau in Sachsen-Anhalt. Dort war Mitte März die NPD aufmarschiert, um ausgerechnet in der Stadt, in der Zyklon B zur Vergasung der Juden hergestellt wurde, an deutsche Bombenopfer zu erinnern. Für einen ungestörten Verlauf des Naziumzugs machte sich der parteilose Bürgermeister Dessaus stark, nachdem ein gerichtliches Verbot gescheitert war. Statt mit lautem Gegenprotest sollten die Nazis mit Nichtachtung gestraft werden, der Bürgermeister selbst suchte das Weite. Doch aus dem Ignorieren der Nazis wurde Ignoranz gegenüber dem Gesamtproblem. Sogar der öffentliche Nahverkehr wurde an jenem Sonnabend eingestellt und die Stadt weiträumig abgesperrt, so dass der Nazinachwuchs stolz bis zum Ehrenfriedhof Dessaus marschieren konnte. Selbst als ein junger Hamburger Rechtsaußen namens Alexander H. allen Gegnern der Demonstration wünschte, dass sie einmal so „gegrillt werden im Feuersturm“, wie einst die Dessauer Bombenopfer, schritt die Polizei nicht ein. Dies sei „keine Aufforderung zu Gewalt, sondern liege noch im Ermessensspielraum freier Meinungsäußerung“. Landauf, landab haben in den vergangenen Wochen braune Kameradschaften, Gruppen des so genannten „Nationalen Widerstands“ und der NPD-Jugendorganisation JN solche Aufmärsche veranstaltet und Kommunen gereizt. Welch Geistes Kind sie sind, machen ihre Selbstbeschreibungen deutlich. Die „Jungen Nationaldemokraten“ definieren sich als erklärte Gegner des „herrschenden Systems“. Auf ihrer „Heimseite“ im Internet beschreiben sie sich als „politische Soldaten“ im Sinne einer „Vorhut...eines Deutschlands, welches ein auf der Solidargemeinschaft der deutschen Stämme begründetes neues Reich sein wird.“ Ihr Ziel sei es, „so viele Widerstandszellen wie möglich zu bilden“, und das als „als eine weltanschaulich-geschlossene Jugendbewegung neuen Typs mit revolutionärer Ausrichtung und strenger innerorganisatorischer Disziplin, deren Aktivisten hohe Einsatz- und Opferbereitschaft abverlangt wird.“ Gewieft hatten die jungen Nationaldemokraten schon im vergangenen November eine Demonstration am 8. Mai in Berlin angemeldet „Gegen den Schuldkult“. Ausgerechnet am Brandenburger Tor. Die Stadt hatte verschlafen, das historisch so sensible Terrain rechtzeitig „zu besetzen“. Stattdessen kam arg verspätet und mit krieg* viel finanziellem Aufwand der Auftrag an eine Agentur zustande, rund um das Brandenburger Tor zwei Tage der Demokratie zu organisieren. Überzeugend mag das Resultat sein, aber der Anlauf war es nicht. Langfristiges Denken in Wunsiedel Viel geschickter und langfristiger will in Zukunft die bayrische Gemeinde Wunsiedel vorgehen. Alljährlich rund um den 17.August feiern dort Neonazis mit einem Aufmarsch den Geburtstag des dort beerdigten Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess. Diesmal soll am 20. August auch in Wunsie- del ein Tag der Demokratie gefeiert werden. Zu diesem Zweck sind Veranstaltungsanmeldungen aus der ganzen Bundesrepublik extra erwünscht - sogar jetzt schon 15 Jahre im Voraus. Auch jeder Bürger der Stadt - so lautet ein Vorschlag auf www.wunsiedel-ist-bunt.de - soll vor seiner Haustür eine Veranstaltung anmelden, um die Bewegungsfreiheit der Nazis Richtung Null zu reduzieren. Das Kalkül der Kommune: wenn die Gegenaktionen der Bürger im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen, verlieren die Nazis die Lust, für ihren Marsch durch Wunsiedel zu mobilisieren. Wunsiedels zweiter CSU-Bürgermeister Matthias Popp weiß inzwischen schon rund 500 Bürger hinter sich, die das örtliche Bündnis gegen Rechtsextremismus tragen. „Das ist sensationell viel“. Gleichwohl sieht er Tendenzen, die ihm Sorge machen: Denn vor Ort wächst auch der Zulauf zur Neonazibewegung: „Da machen inzwischen junge Leute aus angesehenen Familien mit, denen das niemand zugetraut hätte“, beobachtet er. „Nahezu jede Gemeinde hier, jede Schule hat ein solches Rechtsextremismus-Problem, aber hat Angst, darüber zu reden. Genau damit fördern wir erst den Erfolg dieser Leute!“ die erben der nazis | 29 Brothers Keepers schützen Ducherow Davon können derzeit die Brothers Keepers ein Lied singen. Die multikulturelle deutsche Band ist eine Partnerschaft mit einer Schule im mecklenburgischen Ducherow eingegangen, die jetzt mangels ausreichender Schülerzahl geschlossen werden soll. Als sie jüngst zur Sympathiekundgebung nach Ducherow reisten und mit Schülern das Ausmaß rechter Durchdringung diskutierten, machten die aus ihren bedrückenden Erfahrungen keinen Hehl. Eltern und Lokalpolitiker wollten allerdings nichts davon wissen. Längst sind hier Neonazis in die Strukturen von Freiwilligen Feuerwehren, Sozialverbänden und Schülervertretungen vorgedrungen und verteilen regelmäßig selbstgedruckte Zeitungen, die prall sind mit nur oberflächlich harmlos scheinender Deutschtümelei. „Für uns ist eine artgerechte völkische Kultur die Grundlage zur Erhaltung und Gesundung unseres Volkes“ heißt es beispielsweise im Selbstverständnis des Ueckermünder Kulturkreises, der sich rühmt, oft überfallartig im braven Volkstanzkostüm mal ein Dorfest, eine goldene Hochzeit oder ein Erntedankfest zu besuchen, um nach „einer kurzen knalligen Rede Taten sprechen zu lassen“. „Die sind dabei, zielgerichtet Netzwerke auszubauen, indem sie „wie mit trojanischen Pferden in neue Strukturen vordringen, um sich vorzubereiten auf ihren Tag X“, resümiert Günther Hoffmann vom Netzwerk Vorpommern des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB). Diesen Tag X beschreiben die Anhänger des Heimatbunds schon mal mit Gedichten in ihrer Zeitung, in denen sie sich als „der deutschen Zukunft Saat“ betrachten : „Wir schreiten gegen die Masse der Zeit/ Und stehen mit Opfer und Tat bereit/.... Wir werden trotzen und schreiten zur Tat/Auch wenn der Tod auf uns warten mag“. Chronik der Gewalt April 2005 Babenhausen: Jüdischer Friedhof geschändet Pankow: Musiker im Probenraum von Neonazis überfallen Pasewalk: Mit Schraubenzieher auf Punk eingestochen München: Schüler stirbt nach Attacke eines 19-jährigen März 2005 Ostermontag in Dortmund: Punk von Neonazis erstochen Arnstadt: Serie von Angriffen auf Linke Potsdam: Erneuter Anschlag auf türkischen Imbiss Berlin: Hakenkreuze auf Denkmal für Sowjetsoldaten Paderborn: Minigolfanlage beschmiert und beschädigt Zepernick: Wiederholter Brandanschlag auf ausländischen Imbiss Essen: Brandanschlag auf Asylberwerberheim Zittau: Marokkanische Studenten verprügelt Magdeburg: Afrikaner mit Bierflasche angegriffen Februar 2005 Berlin-Schöneweide: Mann von Neonazis in die Spree geschubst Wolfsburg: Rassisten prügeln wehrlosen 16-jährigen Beeskow: Radler mit Baseballschlägern verprügelt Chemnitz: Nigerianischer Ex-Fußballprofi beschimpft und tätlich angegriffen Greifswald: Ausländernfeindliche Attacke auf Studentenwohnheim Januar 2005 Cottbus: Schwarze Studenten vor Disco zusammengeschlagen Schwedt: Übergriff auf zwei Asylbewerber Berlin: Indonesier in der Bahn mit Reizgas attackiert Mannheim: Drei Kameruner Studenten in Bahn angegriffen ... Fortlaufend mehr unter: www.opferperspektive.de www.mut-gegen-rechte-gewalt.de 30 | politik orange rechtsaußen „K ampf um die Straße – Kampf um die Köpfe – Kampf um die Parlamente!“ lautet das Kredo der „Neuen Rechten“ in Deutschland, die sich zu Beginn und in der Mitte der 90er Jahre in Deutschland formiert hat und inzwischen einen Strategiewechsel vollzieht. Die Rechtsaußen wollen sich lossagen von stumpfen Glatzen die antisemitische Parolen grölen und stattdessen einen „progressiven Nationalismus“ in Deutschland prägen und gesellschaftliche Strukturen unterwandern. Ein Mitbegründer dieser „Neuen Rechten“ in Deutschland war Jan Zobel. Der ehemalige Neo-Nazi, Mitglied der NPD zwischen 1993 und 1997 und Landesvorsitzende der JN (der Jugendorganisation der NPD) gewährt in seinem gerade erschienenen Buch „Volk am Rand – NPD: Personen, Politik und Perspektiven der Antidemokraten“ einige Einblicke sowohl in sein privates Leben als auch in die Organisation der NPD und ihrer internationalen Verflechtung, für die er vom damaligen Bundesvorsitzenden der JN, Holger Apfel, sogar beauftragt worden war. Aus der Linken in die Rechte > > Rechtsaußen in Dessau Zobel kam mit 14 Jahren als Kind deutscher Auswanderer aus Südafrika zurück nach Deutschland und zog nach Hamburg. Er suchte nach gesellschaftlichem Anschluss, war pronational und prangerte die Missstände in Deutschland an. Er fand sich aber in der „Linken“, die für ihn Mainstream war, nicht aufgehoben und knüpfte Kontakte zur NPD. Was folgte war ein rasanter Aufstieg innerhalb der rechten Szene. Sein Buch enthält wenig Neues. Es ist geprägt von Beschreibungen über den Kurs der NPD in der Zeit, in der Zobel selbst aktiv war, und von machtpolitischen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Akteuren innerhalb der Parteiführung. In der Kurzbeschreibung des Buches heißt es: „Sein Einstieg in die rechte Szene war exemplarisch“- doch eher aus damaliger Sicht. Heute werden, wie Zobel im persönlichen Gespräch selbst sagt, Jugendliche oft mit rechter Musik geködert. Die Neonazis treten auf wie der liebe nette Nachbarsjunge. Sie helfen alten Menschen beim Besorgen der Einkäufe, organisieren Kinderfeste und Jugendveranstaltungen. Dennoch verdient es das Buch gelesen zu weZobel sagt sich los von diesen reaktionären Strömungen, denkt zwar weiterhin „deutschnational“ und „patriotistisch“, leugnet aber nicht den Holocaust. „Liberale Nationalisten“ bewogen Zobel und Thorsten Lemmert unter anderem zum Ausstieg aus der Neonazi - Szene. Ursachensuche in Sachsen Neben seinem persönlichen Lebensweg versucht Zobel in seinem Buch allgemein Gründe und Ursachen für den Zulauf zur NPD zu finden. Er beschreibt an seinem eigenen Lebensbeispiel wie leicht es ist, Geschichte zu verdrehen und wie wenig die Gesellschaft und Politik in Wahrheit dagegen unternimmt. So sei es nach Zobel auch nicht verwunderlich, warum die NPD sich gerade Sachsen ausgesucht habe. Der ehemalige Ministerpräsident Sachsens Kurt Biedenkopf habe das Widererstarken der Rechten stets verharmlost und Bewegungen wie „Tolerantes Sachsen“, das aus Bundesmitteln, Stiftungen und Kommunen unterstützt wurde, mit den finanziellen Mitteln der Landesregierung nicht gefördert. Wie Zobel vermutet aus Scheu vor der Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte, Zobel, Chefredakteur einiger rechtsradikaler Zeitschriften u.a. der EuK („Einheit und Kampf“), kritisierte mehrfach die Glorifizierung der Nazigrößen wie Rudolf Heß, der wie andere von den Neonazis als „Märtyrer“ verehrt wird. Er gab die Hefte ohne Absprache mit Holger Apfel in den Druck und trat 1997 aus der NPD aus. Er begann eine Ausbildung als Verlagskaufmann und wurde zweiter Geschäftsführer der Rechtsrock GmbH in Düsseldorf von Thorsten Lemmer. Er verdiente Geld mit dem Herausgeben des rechtsradikalen Der Ex-NPD und JN-Funktionär Jan Zobel schreibt kein sensationelles, aber Musikmagazins RockNord, ein lesenswertes Buch. Von Joshua Kleinsorge und Steffi Nürnberger der dazugeda Biedenkopfs Schwiegervater Dr. Fritz Karl hörigen Musik von „Störkraft“ und anderen Ries in seiner Firma „Flügel & Polter“ jüdische faschistischen Musikgruppen. Soweit konnte Zwangsarbeiter beschäftigt hatte. Das Kapital der also von Ausstieg noch keine Rede sein, nur ein Firma wurde vor Kriegsende jedoch schnell im Umstieg. Einen weiteren Schritt aus der rechtsAusland in Sicherheit gebracht.Dies machte es radikalen Szene schaffte Zobel dann 2001 durch für die NPD leicht in einem Bundesland, das eine ein Aussteigerprojekt von Regisseur Christoph Auseinandersetzung mit der eigenen VerganSchlingensief am Züricher Schauspielhaus. Schlingensieg inszenierte Shakespeares „Hamlet“ genheit und somit auch der „Neuen Rechten“ mit Neo-Nazis - die kritische Auseinandersetzung scheute, Fuß zu fassen. UMSTEIGER krieg* rechtsaussen | 31 Sieht so etwa ein Nazi aus? Oder ein einstiger Nazi? Da ich in dem Buch von Jan Zobel “Volk am Rand - Personen, Politik, Perspektiven der Antidemokraten“ über ein paar kritische Stellen gestolpert bin, die in meinen Augen noch rechte Tendenzen vermuten ließen, war ich unserem Gesprächsgegenüber sehr kritisch eingestellt. Aber nicht nur seine gemütliche Erscheinung, auch sein offener Umgang mit unseren Fragen, überrraschte dann doch. Kann man ihm vertrauen? Oder ist er nur ein Nazi neuen Typs, den er selbst beschreibt? Warum haben Sie überhaupt das Buch geschrieben? Weil es mir um eine öffentliche Distanzierung ging. Obwohl ich bereits 2001 für mich mit der Szene abgeschlossen hatte und dies in einem Theaterstück mit Christoph Schlingensief auch deutlich machte, genügte mir zum einen die künstlerische Aufarbeitung meiner Vergangenheit nicht und zum anderen standen noch Fragen offen, die es zu klären gab. Ein bisschen sehe ich mein Buch als eine Wiedergutmachung für meine “braune Scheiße”. Tote Hosen und trugen Che Guevara T-Shirts. Ich aber suchte die Rebellion, die ich schließlich nur rechts suchen konnte. Meine politische Positionierung war also vielmehr eine Ablehnung des Linken als eine Befürwortung des Rechten. Wie kam es zu einer Distanzierung von der NPD und der rechten Szene? Anlass war die Öffnung der NPD. Während die NPD anfangs sowohl jeglichen Hitler-Kult ablehnte als auch Skinheads in den 90ern noch verpönte, sollte sich dies nun ändern. Da ich schon immer gegen eine Öffnung der Partei war, führte dieser Wandel der NPD dazu, dass meine Überzeugung bröckelte und ich die gesamte Ideologie schwer anzweifelte. Als ich Kontakt zum Eulenspiegelverlag aufge- Nicht die Öffnung allein bewirkte meine immer kritischer werdende Haltung, dazu kam meine nommen hatte und mein Vorhaben geschildert, altersbedingte Reife und mein persönlicher Freierhielt ich sofort positive Resonanz und man sagte mir nur: “Schreib mal”. Was ursprünglich geist, der mich von Anfang an zu einem kritischen eine Biographie werden sollte, entwickelte sich Parteimitglied gemacht hatte. Den Holocaust habe schließlich zu einem Sachbuch mit biographischen ich zum Beispiel nie angezweifelt, während mir Zügen. Hierbei möchte ich aber betonen, dass die Debatten über Patriotismus und Nationalstolz mein Buch kein Aussteigerbuch ist und ich kein durchaus ein inhaltliches Anliegen waren, vor Berufsaussteiger bin, da ich weiterhin meiner allem, weil sich andere Parteien an dieses Thema gewohnten Arbeit nachgehe und höchstens einen kaum heranwagen. kleinen Nebenverdienst verbuchen kann. Viel Zu Zweifeln veranlasste mich auch der Zwiewichtiger ist mir, dass ich junge Leute mit meinem spalt zwischen meinem multikulturellen Lebensstil Buch erreiche, wobei ich mich sowohl an bereits und der rechten, ausländerfeindlichen Ideologie. aktive Neonazis als auch an “normale” JugendliIch hatte ausländische Freunde, genoss ausländiche wende. Neben meiner Buchveröffentlichung sches Essen und lebte auch sonst nicht ausdrückhalte ich Lesungen an Schulen und hoffe, dass lich deutsch. Meine innerliche Distanz vollzog man mir auch deshalb Gehör schenkt, weil ich sich bereits 1997, öffentlich machte ich meinen selbst in der Szene war und weiß, wovon ich rede. Ausstieg allerdings erst 2001. Leider sind Aussteiger oft unglaubwürdig, weil sie ihren Ausstieg nur deshalb öffentlich machen, um Warum haben Sie erst so spät darauf aufmerkbei rechtlichen Konsequenzen milder davon zu sam? kommen. Weil mein ganzes Berufs- und Sozialleben mit meiner politischen Vergangenheit zusammen hing. Wie kam es zu ihrem Einstieg in die rechte Szene? Während meiner Arbeit bei Nord-Rock etwa habe ich Musik vertrieben, über deren Hörer ich nur Da muss ich weit zurück gehen in meine lachen konnte. Da ich jedoch aufgrund meiner südafrikanische Heimat. Ich bin in einem rassiStellung als zeitweiliger Chefredakteur sehr gut bei stischen Staat aufgewachsen und die Apartheid diesem Job verdiente, sah ich lange keinen Anlass gehörte zu meinem Alltag. Als ich im Alter von für eine Beendigung dieses Geschäfts. Ebenso 14 Jahren mit meinen Eltern nach Hamburg verhielt es sich mit meinem sozialen Umfeld, das zog und sich meine Vorstellung vom paradiesiich mittlerweile um mich geschart hatte. Viele schen Deutschland nicht bewahrheitete, war ich meiner Freunde kamen aus dem rechten Lager erst einmal schwer enttäuscht. In der deutschen Schule, an die ich fortan ging, waren mehr als die und weiterer Kontakt zu diesen Leuten war nach Hälfte Ausländer und weder die Schüler noch die einem Bruch mit der Szene völlig aussichtslos. Da ich den Schritt hinaus aus der Szene, hinein in die Lehrer gefielen mir. Letztere waren links, meine Mitte der Gesellschaft dann doch wagte, bin ich Klassenkameraden waren links, der Zeitgeist war heute dort angekommen, wo ich mich vor Jahren links. Die Jugendlichen um mich herum hörten ODER Aussteiger? laut ausgelacht hätte. Mein heutiges Leben mit Frau und Kind macht mich sehr glücklich und ich bin froh, den Ausstieg geschafft zu haben. Wie oder wo sehen Sie die Zukunft der NPD? Ein großes Problem ist, dass die NPD Mainstream wird. In vielen Dörfern ist Rechtsradikalismus Alltagskultur und es gibt keinen Widerstand von den dort lebenden Bürgern. Die meisten sind froh, wenn ihre Gemeinde nicht ständig von Autonomen, Linksradikalen oder der Polizei belagert wird. Sie wollen einfach nur ihre Ruhe. Dass manche Dörfer sich zu richtigen braunen Nestern entwickelt haben, ist zum großen Teil der Mitgliederwerbung der NPD geschuldet, die vor allem auf die Jugend dort abzielt. An Jugendliche, die Bier trinkend vor dem Supermarkt herumlungern, werden kostenlose CDs verteilt und in regelmäßigen Abständen veranstaltet die NPD Kinderfeste und andere Aktivitäten für möglichen Parteiennachwuchs. Gefährlich ist auch, dass die NPD mit Vorschlägen wie der Einführung von getrennten Schulklassen auf breite Resonanz stößt. Sie besetzt Probleme, die die etablierten Parteien nicht anpacken. Was kann der Staat tun? Ein Beisspiel, Thema Arbeitslosigkeit: Der Statt muss dem Volk sagen, dass im Kapitalismus, der ja unser System trägt, Vollbeschäftigung nicht möglich ist. Er muss es deshalb deutlich sagen, weil sonst die NPD mit ihren einfachen Lösungen für komplexe Probleme kommt und viele Menschen damit beeindruckt. Die Parteien sollen nicht in Wahlperioden denken und weniger machtpolitisch handeln, weil sie sonst die Plattform für rechtsradikale Agitatoren schaffen. > > Zobel-Buchtitel in der Berliner edition-ost 32 | sterben, dass es auch noch gibt politik orange to the Sudanese Innocent child With a halo of gun powder Lead for bread Underfed Stares Eyes dead At rider on steed Janjaweed Innocent child Ash-white mouth A Million thoughts but Can‘t understand Why Mother lies still Belly bloated Flies all around her Sing solemn hymn Underscored by The neighbouring din Innocent child Smells burning meat But no food to eat Feels cold Despite the heat Of burning-house fires Through mosquito-net shirt Watches Hands on penis As young boy approaches In royal military regalia Bearing an AK sceptre Bejewelled in cartridge belts Innocent child Stares down the shaft of a barrell Crack! And for a second All turns white by Zwe Simela from Zimbabwe (student of International University Bremen) krieg* „FRIEDEN alternativen | 33 ist DIE SENSATION“ Was tun, wenn nach einem Krieg endlich Frieden herrscht, die auslösenden Spannungen aber weiter bestehen? Wie können Dialoge Wunden wieder heilen? Patentrezepte gibt es nicht, aber beispielgebende Friedensstifter. Ein Münchener Friedensprojekt stellt sie vor. Von Holger Kulick E in Schild mit rot durchgestrichener Pistole markiert: Halt! Ab hier dürfen keine Waffen mehr sprechen! Ab hier herrscht Friede. Das Schild markiert die entmilitarisierte Zone rund um das Benediktinerkloster Haiga Maria Zion von Abt Benedikt Lindemann, - mitten auf dem Grenzstrich zwischen Israelis und Palästinensern gelegen. Das Kloster bei Jerusalem nutzt seine Lage als eine weltweit einmalige Friedenswerkstatt. Hier proben junge Israelis und Palästinenser mit ihren Familien friedliches Miteinander und können am See Genezareth sogar ein gemeinsames Sommerferiencamp besuchen. Das Foto ist Teil einer Wanderausstellung mit weltweit aufgenommenen Friedensbildern, die im Auftrag des Müchener Journalisten Michael Gleich gesammelt wurden - unterstützt von der GTZ und dem Auswärtigen Amt. „Peace counts“ heißt das Projekt, dessen publizistischer Ansatz lautet: „Frieden, nicht Krieg ist die eigentliche Sensation“. Portraitiert werden lokale und regionale Friedensstifter, „deren Eifer anstecken soll“, hofft Michael Gleich. Im Oktober erscheint ein Buch über seine Friedens-Forschungen. Die ausgestellten Bilder sprechen Bände.Zwei Blauhelmsoldaten, die mit rosa Zuckerwatte für Kinder an der Grenze Zyperns patroullieren, ein brasilianischer Polizist, der in den Favelas von Sao Paulo inzwischen 17.000 Schusswaffen eingesammelt hat, oder der ehemalige irische Terrorist Joe Doherty, der nach 22 Jahren Gefängnisstrafe für seine brutalen Einsätze im Dienste der IRA zum Jugendarbeiter geläutert ist, und nun Friedensarbeit mit Jugendlichen betreibt. Er wird vor einem Fassadenwandbild portraitiert, das er übermalen ließ. Als Motiv ersetzen nun Kinder, die auf den Trümmern des Gestern spielen, heroisch bewaffnete Kämpfer von einst. „Die Zeit der Helden ist vorbei“, sagt Doherty, obwohl er von ebenjenen „Helden“ bis heute für seinen Wechsel ins Friedenslager angefeindet wird. Wie versöhnen? Die Wanderausstellung wurde jüngst zum Auftakt einer Konferenz von GTZ und FriedrichEbert-Stiftung in Berlin eröffnet. Das ehrgeizige Tagungs-Thema: „Von Vergangenheitsbewältigung zu einer gemeinsamen Zukunft - Herausforderungen von Versöhnung“. Es diskutierten Experten aus Ländern wie Kambodscha, Südafrika, Ruanda, Peru, Ost-Timor, El Salvador und Bosnien-Herzegowina, die lange Zeit unter Bürgerkriegen oder massiven Menschenrechtsverstößen durch Regierungen litten. Ziel war es, allgemeingültige Rezepte zu entwickeln, wie innergesellschaftliche Aussöhnung zwischen Tätern und Opfern so betrieben werden kann, dass ein friedlicher Neuanfang möglich ist, ohne dass Aufklärung und Wahrheit auf der Strecke bleiben. „Truth, Justice and Healing“ Drei Grundbausteine für Versöhnung zählen die Experten: „Die Formel heißt Truth, Justice and Healing“- Wahrheit, Gerechtigkeit und Aussöhnung. Denn Wiederaufbau ohne den schmerzlichen Blick zurück - truth, ohne die Auseinandersetzung mit dem begangenen Unrecht - justice - und ohne Maßnahmen zur gesellschaftlichen Aussöhnung - healing, bleibe unvollkommen. Dies erfordere in der Regel aber eine besondere Leistung der Opfer gegenüber den Tätern, die ausgesprochen mühsam sei. Die Bedingungen für Aussöhnung seien zudem in jedem Land sehr spezifisch, daher sei das Arbeitsfeld, zivilen Frieden zu schaffen, „überwiegend von Grautönen, aber nicht schwarz-weiß geprägt“. 40 bis 50 Kriege weltweit 40 bis 50 Kriege toben derzeit weltweit, oft außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung. Klassische kriegerische Auseinandersetzungen sind dies in der Regel aber nicht, sondern zu mehr als 90 Prozent innerstaatliche Konflikte, die nur langwierig lösbar und noch schwieriger zu heilen sind. Spanien beispielsweise brauchte nach dem Zusammenbruch des Franco-Regimes 30 Jahre Anlaufzeit, um die gesellschaftlichen Bedingungen zu schaffen, jetzt erst mit einer nachdrücklichen Aufarbeitung zu beginnen, schilderte Professor Fernando Marino Menéndez, Vorsitzender des UNO-Komitees gegen Folter. „Wir waren damals arm und hatten eine Priorität - wie können wir Bürgerkrieg vermeiden?“. Erst jetzt, nachdem der Aufbau der Zivilgesellschaft gelungen sei, werde in Spanien breit über die Einsetzung einer Kommission zur Aufarbeitung der Franco-Diktatur diskutiert, solange habe die Gesellschaft gebraucht, dafür zu reifen. Schneller gelang es in Ost-Timor nach dem Unabhängigkeitskämpfen zwischen 1975 und 1999, die zu rund 200.000 Opfern und 500.000 Flüchtlingen führten. Dort steht nach nunmehr drei Jahren Arbeit die Veröffentlichung eines Abschlussberichts der „Comission for Reception, Truth and Reconciliation“ zur Aufarbeitung des Suharto-Regimes bevor, ein Bericht der zwar schnell angepackt werden konnte, aber voraussichtlich zu unbefriedigenden Ergebnissen führt, schilderte Ben Larke als ehemaliger Berater des Gremiums. Denn es sei „schwer, Aufarbeitung ohne die Verantwortlichen zu betreiben“, die sich weitgehend nach Indonesien abgesetzt hätte. Besonders schwer habe es Aufarbeitung, wenn gesellschaftliche Gleichgültigkeit zu groß sei, wie in Peru, wo es „zwischen 1980 und 2000 kein Gedächtnis“ gegeben habe und „ein Teil der Identität verloren ging“, schilderte Salomon Lerner Febres, der ehemalige Vorsitzende der „Truth and Reconciliation Comission“ Perus. Um diesen gesellschaftlichen Gedächtnisverlust entgegenzuwirken, wurden bis Ende 2003 insgesamt 95 Bände historischer Aufarbeitung zu Papier gebracht, vor allem um geschehene Massaker aufzuklären. Von 1980 bis 1997 wurde Peru durch die Guerillakämpfe der Bewegung ‚Leuchtender Pfad‘ erschüttert, 1992 bis 2000 litt es unter der Diktatur Präsident Fujimoris. Etwa 70.000 Menschen verloren im Lauf dieser Zeit gewaltsam ihr Leben oder verschwanden, 600.000 mussten umsiedeln. 40 Prozent der Opfer haben Polizei und Militär zu verantworten, 54 Prozent die Bewegung „Leuchtender Pfad“, sie verweigert sich aber hartnäckig dem so wichtigen, friedensstiftenden Dialog. > > Brasilien, Rio de Janeiro: Polizist Rubeval Franca im Polizeidepot mit 17.000 beschlagnahmten Waffen. 34 | kriegsfolgen in den Krieg politik orange MENSCHEN Wie definieren Sie Folter? Werden hier nur Kriegsopfer behandelt oder auch Opfer familiärer Folter, das heißt familiärer Gewalt? Folter ist in der Antifolterkonvention durch die UNO definiert, 2002 erfolgte eine Erneuerung, die von den meisten Staaten jedoch noch nicht ratifiziert ist. Wir behandeln hier jedoch keine familiäre Gewalt, sondern Gewaltfolgen nach Krieg, Inhaftierung, Verfolgung und aber auch Menschen, die aufgrund der Folter, die sie erlebt haben, ein solch hohes Aggressionspotenzial haben, dass sie wenn sie hier leben in den Familien eben auch aggressiv sind. Welches Ziel soll mit der Folter im Krieg erreicht Was geschieht mit Kriegsopfern nach dem Krieg? Die meisten werden vergessen. Nur wenigen wird geholfen. Ein bedrückendes Interview mit Dr. Franz Janßen, dem Leiter des Berliner Behandlungszentrums für Folteropfer (BZFO) Berlin. Von Julia Hinz und Andreas Weiland Verfassung der Opfer erstellt werden, das heißt welche objektiven körperlichen Spuren nach der äußeren Anwendung von Gewalt zu erkennen sind. Viertens ist eine psychische Diagnostik notwendig, um zu erkennen und zu erfassen, wie stark die posttraumatischen Zustände sind, die Schlaflosigkeit, Angstzustände, Depressionen, Suizidgefahr und auch die Angst vor Flash-Backs – der Erinnerung an d a s Erlebnis – beinhaltet. Die werden? Folter wird in etwa 30% der Staaten regelmäßig eingesetzt. Staaten, die also diese Sondereinheiten haben, besitzen auch die sogenannten Foltererschulen, in denen das Foltern erlernt wird. Das Ziel des Folterns ist dabei 1. Erkenntnisgewinn, der schon im Mittelalter zur Folter geführt hat, da man längst schon festgestellt hat, dass man alles aus dem Gefolterten herauskriegt, nur nicht die Wahrheit. 2. Da wo ethnische und religiöse Gruppen gefoltert werden, wird dies zur Erniedrigung, Vertreibung und damit zur sogenannten „ethnischen Säuberung“ verwandt. notwendig, in der die Patienten vergessen sollen, was sie erlebt haben. Dies können sie meist nur durch das noch einmalige starke Erinnern an die schmerzhaften Erlebnisse. Zusätzlich ist es notwendig, in diesen Zeiten sehr schwer, zu versuchen, dass diese Menschen an ihre Berufe und an ihre damalige Beschäftigung anknüpfen und eine neue Tätigkeit ausüben. Stellen Sie sich vor, wenn Sie morgens aufwachen und aus dem Fenster schauen und nichts sehen. Allein das treibt Sie in den Wahnsinn. Sie haben aber vorher Verantwortung gehabt im familiären, kulturellen, sozialen oder politischen Bereich. Es geht meist nur um kleine Tätigkeiten, die Möglichkeit zum Beispiel, dass ein Physikprofessor an einem Forschungsprojekt teilnimmt oder Ähnliches. Apropos Rechtsstatus. Sie sprachen vorhin von Menschen, die nach Deutschland kommen, häufig auf illegalem Wege und hier nicht einmal anerkannt sind. Wie gelangen diese Flüchtlinge zu Ihrem Zentrum? Die Flüchtlinge kommen irgendwie nach Deutschland, keiner kann mehr richtig nachvollziehen, wie. Meist landen Sie in Frankfurt am Main und kommen dann nach Berlin, wo sie in Lagern oder Heimen für Flüchtlinge / Asylbewerber gesteckt werden. Dort spricht sich unsere, so wie andere Adressen herum. Sind die Behandlungen für die Patienten kostenpflichtig bzw. wie finanziert sich das Behandlungszentrum für Welche Behandlung bekommen die Kriegsopfer in diesem Zentrum? Die Menschen, die zu uns kommen, sind aus ihren Heimatländern geflohen und wenn die hier ankommen, haben sie noch nicht mal irgendeinen Rechtsstatus. Wenn man Glück hat, haben sie irgendwelche Papiere aus ihrem Heimatland, doch auch dies ist nicht selbstverständlich. Die Kurden aus Syrien beispielsweise erhalten von ihrem Land keine Pässe. Wenn die hier ankommen, müssen wir als Erstes dafür sorgen, dass sie auch mithilfe von Rechtsanwälten einen Aufenthaltsstatus bekommen. Das ist meist eine langwierige und schwierige Prozedur. Das ist die erste Aufgabe, die sich meist durch die gesamte Behandlung zieht. Das Zweite ist die sozialarbeiterische Aufgabe. Wenn die Opfer nach Deutschland kommen, haben sie meist alles verloren, das heißt, sie sind mausearm. Es geht also um das Besorgen von Wohnungen, raus aus diesen Lagern, Heimen. Und da fehlt dann eigentlich alles – Kühlschränke, Öfen, etc. Also die typischen sozialarbeiterischen Sachen, die getan werden müssen. Eine weitere Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass die Leute Geld kriegen, nach den Maßgaben des Asylbewerberleistungsgesetzes. Drittens muss ein Bericht über die physische Folteropfer? Erinnerung an die Erfahrungen, die diese Menschen gemacht haben, sind immer auch körperlich, denn die Schmerzsensoren haben ein Gedächtnis. Wenn die Opfer starken Schmerzen während der Folter ausgesetzt waren, so fühlen sie genau die gleichen Schmerzen noch einmal, wenn sie sich zurückerinnern. Die Behandlung selbst erfolgt zum einen durch Medikamente, die man auch aus der Psychiatrie kennt wie zum Beispiel Antidepressiva. Das andere ist die Sozio-Therapie, das heißt Gruppentherapie. Gerade die Frauen, aber auch generell alle Personen aus dem mediterranen Bereich, die in unser Zentrum kommen, fühlen Scham und sogar Schuld, wenn sie an ihre Folter zurückdenken. Wir haben hier zum Beispiel eine Gruppe bestehend aus Frauen aus Tschetschenien, die sich mithilfe dieser Therapie reintegrieren können. Dann ist eine Einzel-Psychotherapie Die Kosten, die hier anfallen, können wir uns nicht wiederholen von der Caritas, da die Patienten nicht krankenversichert sind. Auch nicht von der AOK, weil die Flüchtlinge nicht unter das Sozialleistungsgesetz fallen. Wir können hier und da bei der Jugendhilfe oder bei staatlichen Institutionen Geld für einzelne Behandlungen bekommen, jedoch sind das nur rund 20%. 80% der Kosten werden aus Spenden finanziert. In den letzten Monaten sind ja bei der Bundeswehr einige Skandale bezüglich Folter bekannt geworden. Was geht in den Köpfen dieser Folterer vor, die nicht mehr aus den oben genannten Motiven handeln? Kann man hier nur noch von Sadismus ausgehen? Das Phänomen ist schwer zu beurteilen. Wir haben solche Soldaten auch nicht in Behandlung, aber es ist eine Zeit, in der an vielen Stellen das absolute Folterverbot aufgehoben wird. Da haben wir Guantanamo, Abu-Ghreib, der Skandal um Jakob von Metzler und die Rechtsdiskussion, die den Artikel 1 des GG „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ in Frage stellen. Dabei wird der Begriff Würde in Kern und Peripherie geteilt, was dazu führt, dass die Würde nicht krieg* mehr allgemein unantastbar, sondern nur noch für einige Menschen unantastbar ist. Das führt dazu, dass man Folter alle Türe und Tore öffnet und damit rechtlich absichert, dass Folter angedroht und durchgeführt werden kann zum Ziel der Erkenntnisgewinnung. Wenn wir die Würde des Menschen nicht wahren und schützen wollen, hätten wir die Demokratie nicht erfinden müssen. Die Bundeswehr betreffend kann ich nur sagen, dass die Bundeswehr an sich ein geschlossenes System ist, in der offensichtlich Abhängigkeiten benutzt werden, um sadistische Gefühle auszuleben. Dabei können die Folterer den Unterschied zwischen Würde und Unwürde nicht mehr machen, die Grenzen verschwimmen. Selbst die Betroffenen haben oft anfangs gar nicht gemerkt, was ihnen angetan wurde und sind nur durch andere Betroffene aufmerksam geworden und haben hinterfragt, was ihnen Tag für Tag widerfahren ist. Des weiteren wurden sie auch nicht gefragt, ob diese Methoden bei ihnen angewandt werden dürfen, obwohl sie ja das Recht zur Verweigerung haben. Ist es nicht gerade auch in diesem Zusammenhang traurig, dass die notwendige Sensibilisierung der Bevölkerung und der Medien noch nicht stattgefunden hat? Immerhin waren jede dieser Skandale höchstens eine Woche in den Medien, danach wurden sie in den Hintergrund geschoben und so gut wie jeder hatte alles vergessen... In der allgemeinen Schnelllebigkeit ist das eben untergegangen, wohin gegen ein Tod eines Papstes Wochen füllt... So was will die Bevölkerung einfach nicht hören. Es ist so brutal, was sich Menschen da antun, zum Beispiel auch was damals in den StasiGefängnissen passiert ist. Haben Sie auch Patienten, die in Stasi-Gefängnissen gesessen haben? Ja, wir haben eine Gruppe, in der ehemalige Stasi-Häftlinge versuchen, die Erlebnisse und Erfahrungen, die sie in der Zeit gemacht haben, zu verarbeiten. Wenn die Diskussion um die Würde des Menschen und Folter im Allgemeinen geführt wird, sehen Sie da eine Gefahr eines weiteren Zerfalls von demokratischen Werten? Ja, auf jeden Fall. Man hat Demokratie doch genau deswegen erfunden. Jeder Mensch besitzt Grundrechte und hat die Möglichkeit, diese auch einzuklagen. Wie kommen Sie persönlich damit zurecht, wenn ich fragen darf? Also erstens muss man sagen, dass ich freiwillig hier bin. Ich mache diese Arbeit aus freien Stükken, sonst wäre ich nicht hier. Ansonsten Liebe, Freunde, gutes Essen, Sport, eben alles, was Sie auch brauchen, um abschalten zu können. Wir haben uns nur diese Woche mit der Frage beschäftigt, als wir in einem Theater waren. Der Hauptdarsteller hat seit 20 Jahren Stücke über den Nationalsozialismus gespielt. Da stellt sich die Frage, ob man nicht irgendwann einen Knacks wegbekommt, weil man sich den ganzen Tag mit dem Elend der Menschen beschäftigt ... Man muss trennen können, das ist klar. Wenn kriegsopfer | 35 du hier raus gehst, vergisst du, so gut es geht, alles, was hier drin passiert ist. Es kommt mitunter auch vor, dass einen bestimmte Geschichten bis in die Träume hinein verfolgen, aber es ist mein Beruf, hier das Private von zu trennen. Sie sollten da auch nicht zu intensiv und zu lange darüber nachdenken. Mitunter werden Folterungen auch vom Vatikan unterstützt und was in Gefängnissen in den USA geschieht ist auch gegen die Folterkonvention. Woher stammen die Opfer Ihres Behandlungszentrums? Zum einen aus Deutschland, die Opfer der Folterungen in Stasi-Gefängnissen. Weiterhin aus Südosteuropa, aus Gebieten des ehemaligen Jugoslawien, speziell Kosovo, aus Tschetschenien, Russland, Weißrussland und der Ukraine, Türkei, Iran, Irak, Syrien, in denen besonders Kurden verfolgt und erniedrigt werden, sowie Zentralafrika, aus dem meist Kindersoldaten kommen, gelegentlich Vietnam, Nordkorea und auch China. Wie gehen Sie in diesem Zentrum mit Kindern um? Besonders mit Kindersoldaten ist die Situation doch noch schärfer als normalerweise, oder? Also mich persönlich rühren die Kindersoldaten immer am Meisten. Um mal ein Beispiel zu bringen. Ich selbst behandle einen jungen Mann, der ist so zwischen 17 und 18 Jahre alt, man kann das ja bei Flüchtlingen nie genau sagen. Er ist mit vier Jahren wach geworden inmitten der Leichen seiner Familie. Man hat sein Dorf damals angegriffen, alle umgebracht und ihn schlichtweg vergessen. Er ist dann dort rausgekrabbelt und hat, wie die wenigsten, überlebt. Mit acht Jahren ist er dann im typischen Rekrutierungsalter, zum Kindersoldat gemacht worden. Er wurde zur Tötungsmaschine, wobei es ja nicht reicht, einfach zu töten, sondern da werden Arme abgeschnitten, das Herz herausgerissen etc. Nebenbei wurden ihm enthemmende Substanzen zugeführt, um die letzten Hemmschwellen abzubauen. Zusätzlich kommt bei den Kindersoldatinnen hinzu, dass diese permanent sexualisierte Gewalt erleben. Irgendwann sind die Kinder zu alt oder geraten eben durch Zufall an einen Entwicklungshelfer und werden nach Europa geschafft. Wenn die Kinder oder junge Erwachsene hier nach Deutschland kommen, sind sie schwerst gestört: Sie haben keine Familie mehr, sie hatten keine Kindheit, sie haben nur als Tötungsmaschine funktioniert, haben keinerlei Ausbildung, das heißt sie können schießen, aber nichts anderes. Das ist eben Krieg pur in den Menschen, auch wenn sie hier in der Tür stehen. Das sieht man, die Menschen sind total gebrochen. Selbst wer nichts von Krieg versteht, braucht nur einmal in die Augen dieser Kinder zu gucken und versteht alles. Wenn man in ihre Augen guckt, dann können sie dich zwar sehen, sie haben Augenlicht, aber da ist nichts, sie sind tot. Wie lange dauert durchschnittlich eine solche Behandlung? 2 Jahre ungefähr mindestens. Bis dahin sind die Erinnerungen an die Erfahrungen fast ausgelöscht, die Person hat einen Rechtsstatus in Deutschland, hat einen Ausbildungsplatz, geht vielleicht schon eine Beziehung ein und bildet einen Freundeskreis. Behandeln Sie nur die Opfer von Folterungen oder kooperieren Sie auch mit anderen Organisationen, um gegen Folter anzukämpfen? Wir behandeln und haben durch die mittelbare Zeugenschaft die Pflicht, etwas dagegen zu unternehmen. Wir kooperieren mit Amnesty International, Human Rights Watch, dem Bundesbe- auftragten für Entwicklungshilfe und Anderen, publizieren selbst und organisieren beispielsweise Vortragsreihen. Wie viele Menschen behandeln Sie durchschnittlich? Im Jahr behandeln wir rund 500 Patienten. Einige kürzer, einige nur, um ein physisches und psychisches Gutachten zu erstellen. Noch eine letzte Frage: Ist es nicht ein Kampf gegen Windmühlen, wenn man selbst versucht, Folter zu verbieten und dagegen zu agieren und gleichzeitig eine Bundesrepublik Deutschland das Waffenembargo gegen China aufhebt? Ja, es ist schon absurd und verrückt. Wir danken Ihnen für das Gespräch. Mehr unter: www.bzfo.de 36 | politik orange fast vergessen E inen Krieg zu führen ist nie einfach und ohne Verluste ist solch ein Konflikt auch nicht zu überwinden. Kann es etwas schrecklicheres geben, als den blutigen Kampf zwischen zwei Gruppen von Menschen? Vielleicht ja: Was ist, wenn man den Feind nicht sieht? Er überall lauert? Man nicht einfach kapitulieren, keine Friedensverhandlungen führen kann? Teilen Afrikas gilt: Es gibt keine Waisen, hier greift die Großfamilie. Doch was passiert, wenn diese Großfamilien schrumpfen? Wenn es halbe Familien hinwegrafft? Die eine Seite: The lost generation Im Subsahara-Afrika leben etwa 600.000 AIDS-Waisen, einige selbst HIV+, andere von der Ansteckung verschont. Die Eltern früh an der unheilbaren Krankheit gestorben; somit scheint eine ganze Elterngeneration verloren zu sein. Großeltern, oft schon alterskrank und auf Hilfe angewiesen, sehen sie sich mit einer neuen Situation konfrontiert. Sind sie eigentlich in dem Alter, wo sich ihre Kinder um sie kümmern sollten, müssen sie noch einmal zu Höchstformen auflaufen und sich um ihre Kindeskinder sorgen. Ein fiktives Beispiel: Mamhlope hat ihr 70. Lebensjahr erreicht. Sie hat zwei Kinder geboren. Beide hatten Familie und haben ihr einen Teil des Einkommens zukommen lassen um ihr das Leben zu erleichtern. Nachdem beide Kinder Die andere Seite: Es war einmal... Trotz dieser Ausmaße, aus denen man doch auf eine Auseinandersetzung mit der Gefahr hoffen sollte, scheint ein Ende der Epidemie weit entfernt. Im Jahr 2004 infizierten sich im Subsahara-Afrika allein ungefähr 3,1 Millionen Menschen. Ein Großteil der Bevölkerung ist betroffen, fast jeder hatte mindestens einen auf AIDS zurückführbaren Todesfall in der Familie oder kennt wenigstens eine Person die an AIDS starb, doch trotzdem ist und bleibt diese Krankheit ein Tabuthema. Angesprochen auf den Tod einer Person, wird man nur in den seltensten Fällen AIDS als Antwort bekommen, eher genannt Es gibt Kriege, die immer aussichtloser werden, weil niemand hilft. Zum Beipspiel der gegen werden da Malaria und HIV/AIDS. Afrika wird damit sträflich alleine gelassen. Auch von uns. Von Charlott Ebert Tuberkuan den Folgen der HIV-Infektion gestorben lose. AIDS bekommen nur schlechte Personen, sind, fällt für Mamhlope nicht nur die finanzielle unreine und gottlose. Personen, mit denen man Unterstützung weg, sondern es kommt auch nichts zu tun haben möchte. eine enorme Belastung auf sie zu. Ihre sieben Auch der Umgang in der medialen und poliEnkelkinder heißt es zu versorgen. In Afrika tischen Öffentlichkeit mit dem Thema oft so konträr, dass man als Bürger wahrscheinlich das bedeutet das meistens neben den anfallenden heraussucht, wo dran man gerne glauben würde. Nahrungsmitteln, auch Schulgebühren und So lernt in der Republik Südafrika zwar jeder Schuluniformen. Die Enkelkinder sind in einem Teufelskreis gefangen. Ihre schulische Ausbildung Schüler, wie man sich mit HIV infiziert, doch propagiert gleichzeitig die Gesundheitsministerin werden sie nicht abschließen können, die daraus Manto Tshabalala-Msimang, dass eine Diät besteresultierende Armut mündet oft in Kriminalihend aus Knoblauch, Zwiebeln, Olivenöl und der tät und Prostitution. Letzteres birgt wieder die afrikanischen Kartoffel AIDS-Kranken helfen Gefahr einer HIV-Infektion, denn mit Sex ohne würde und zweifelt Präsident Thabo Mbeki Kondom lässt sich locker das doppelte einnehden Zusammenhang zwischen HIV und AIDS men. Einige der 7 Enkelkinder werden vielleicht an. Hier muss man als Mediziner verzweifeln, gar nicht soweit kommen, sie wurden schon herrscht trotz der von vielen angenommen christwährend der Schwangerschaft von ihren positiven Müttern angesteckt. Oder sie werden später lichen Religion auch weiterhin ein starker Glaube außerhalb der Prostitution angesteckt. Besonders an Geister, Hexen und Heiler. Unsummen Mädchen laufen dieser Gefahr, den weit verbreiwerden an Wunderheiler, sogenannte Sangomas, tet ist in Afrika der Glaube, dass der Sex mit einer bezahlt, die damit werben AIDS zu heilen. Dies ist für viele die scheinbar letzte Lösung, Jungfrau von AIDS heilen könnte. In Folge der den die lebensverlängernden Medikament kann verbreiteten Ansteckung werde die Opfer dieser sich in Afrika kaum jemand leisten, aufgrund Gewalttaten immer jünger. der hohen Zahl von Erkrankten können HilfsDoch nicht nur Großeltern müssen unerwartet die Elterngeneration ausfüllen, auch Tanten, organisation sich nur mit einem Bruchteil der Großtanten und Schwestern, denn in vielen Betroffenen befassen und die antiretroviralen Krieg Medizin scheint in einigen Ländern auch zum Spielball der Politik geworden zu sein. So werden in Zimbabwe gerade einmal 3% derer, die sofort einen Zugriff auf diese Medikament bräuchten, versorgt. Denn dieses Land gilt dank Präsident Mugabe als undemokratisch und Anti-West gerichtet, so fokussieren Weltbank, UN und Bushs AIDS-Initiative sich lieber auf andere Länder. Doch solange sich nichts in der Einstellung von Politikern und dann übergreifend auch der Bevölkerung tut, wird Afrika wohl weiter kämpfen müssen. Einen fast auswegslosen Krieg, der dem schwarzen Kontinent schon eine Generation stahl... UNSICHTBAREN gegen den FEIND Morgens halb zehn in Deutschland. Auf der einen Seite des Kontinentes sterben einige hundert Leute an AIDS und auf der anderen brüht man sich erst einmal Kaffee. Deckt den Frühstückstisch. Führt den Hund Gassi. Holt die Zeitung herein. Die News über tödliche Krankheiten wie SARS und BSE haben einen abgehärtet, die Angst ihnen gegenüber ist geringer geworden und morgens halb zehn in Deutschland denkt wohl kaum jemand ernsthaft an diese andere immer noch nicht heilbare Krankheit: AIDS, außer vielleicht den 44.000 HIV-Infizierten 2003 stieg erstmals nach 1997 die Zahl der Infizierten wieder an. Eine neue Sorglosigkeit zieht ihre Kreise. Die Mich-wird-es-schon-nicht-erwischen-Einstellung ist weit verbreitet. Nur jeder dritte Deutsche hält AIDS für eine gefährliche Krankheit. Obwohl oder vielleicht weil man fast täglich mit Safer- Sex- Kampagnen konfrontiert wird, nimmt man diese kaum noch wahr. Auch hilft die Pharmaindustrie in ihrer Werbung dabei, das Bild von HIV und AIDS zu verzerren. „Die Zukunft erleben, die Gegenwart vereinfachen.“ Man könnte meinen man spreche nicht mehr von einer tödlichen Krankheit sondern von einem überwindbaren Stadium. Zwar würde in der westlichen Welt niemand behaupten, dass HIV und AIDS in keiner Verbindung stehen, die afrikanische Kartoffel wird hier nie als Heilmittel eben jener Krankheit bezeichnet werden und man versucht Aufklärung in jeder Sachlage zu gewähren, aber trotzdem ranken sich auch hier die Mythen um das Thema. Lange glaubte man, dass AIDS nur eine Krankheit der Schwulen wäre, doch sind 20% der Neuinfizierten weiblich. Die Seuche verbreitet sich auch unter Heterosexuellen immer stärker und obwohl sich diese meistens beim Geschlechtsverkehr mit Drogenabhängigen oder Sexualpartnern aus stark betroffenen Ländern infizieren, ist die Gefahr nicht zu unterschätzen. AIDS ist nach ihrem (medialen) Höhepunkt in den 80iger Jahren zu einer vergessenen Sorge geworden. Man liest die Zahlen der Toten in den Entwicklungsländern und sieht ein Problem der 3.Welt. Mit unserer Sorglosigkeit sind wir zu einer guten Angriffsfläche geworden. Was ist, wenn man den Feind nicht sieht? Er überall lauert? Man nicht einfach kapitulieren, keine Friedensverhandlungen führen kann? Dann steht man einer der gefährlichsten Krankheiten der Jetzt-Zeit gegenüber. krieg* in eigener sache | 37 impressum politikorange – frisch, fruchtig, selbstgepresst [email protected] politikorange ist ein Netzwerk zur Demokratieoffensive. Der Vorsatz: informieren, motivieren und aktivieren. Etwa 20 junge Medienmacher verwirklichten im März 2002 die Idee einer unabhängigen Zeitung, die seitdem mit wechselnden Schwerpunktthemen und wechselnden Partnern erscheint und von jungen Redakteuren aus ganz Deutschland gestaltet wird. Von Jugendlichen für Jugendliche. Der Aufruf dazu erfolgt in der Regel im Internet unter www.jugendpresse.de und www.politikorange.de. > Wer ist politikorange? Du bist politikorange! Du und viele andere engagierte junge Menschen, die am Medienmachen interessiert sind und mitbestimmen wollen. Bisher sind die Jugendpresse Deutschland, die Servicestelle Jugendbeteiligung, das Hausaufgabenheft „Häfft“ und die BundesschülerInnenvertretung dabei. Aber schon viele andere Initiativen und Anzeige: Verbände haben Interesse bekundet, sich in den Dienst der Idee von politikorange zu stellen. Und wenn du mitmachen willst, egal ob als Einzelperson oder als Initiative, bist du herzlich willkommen. > Was ist politikorange? > politikorange.de - ist eine unabhängige Plattform für politikinteressierte, junge Menschen, mit Datenbanken über interessante Projekte und Organisationen, sie gibt Hilfen bei der Projektorganisation, und veranstaltet Diskussionsforen zu verschiedenen Themen. > politikorange gibt es auch als Magazinbeilage in der Berliner Tageszeitung taz - mit Artikeln aus Politik, Lifestyle, Szene, Medien und vielen wichtigen Infos zu Beteiligungsmöglichkeiten. Ihr seid dabei: Als Redakteure, Layouter oder Fotografen. > politikorange - die Zeitung. Bei Veranstaltungen entsteht innerhalbweniger Tage eine Zeitung, die die Veranstaltung kommentiert und begleitet. Noch vor Ort erhalten die Teilnehmer das fertige Produkt. So zum Beispiel haltet Ihr gerade die Zeitung krieg* in Händen, die sich mit zahlreichen Aspekten von Krieg und Frieden beschäftigt. Unter www.politikorange.de und Veranstaltungen erfahrt ihr, wo die nächste politikorange gemacht wird. Dort könnt ihr euch auch als Redakteure anmelden. > politikorange - die Veranstaltungen. Veranstaltungen, die von Jugendlichen selbst organisiert und konzipiert sind, sollen nicht länger nebeneinander stattfinden, sondern in einen Zusammenhang gestellt werden. politikorange hat einen politischen Anspruch, will Jugendlichen die Möglichkeit geben, sich eine Meinung zu bilden und diese natürlich frei zu äußern. Wenn du diese Ideen spannend findest und Lust hast, dich mit einzuklinken, melde dich einfach bei [email protected]. Ums mitmachen gehts. Alle Ideen sind willkommen. Bis bald. krieg* – sucht die friedliche Auseinandersetzung mit dem Thema Zweiter Weltkrieg und Krieg - über den 60. Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus hinaus. krieg* wurde im April 2005 von jungen JournalistInnen aus Polen, Russland, Frankreich, England, USA und Deutschland in Berlin produziert. Das politikorange Magazin entstand mit finanzieller Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung, aber inhaltlich unabhängig von ihr. Namens-Beiträge spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder bpb wieder. Herausgeber und Redaktion: politikorange - Netzwerk Demokratieoffensive c/o Jugendpresse Deutschland e.V. Grolmanstraße 52, 10623 Berlin Tel. (030) 450 865 50, Fax (030) 450 865 59 www.jugendpresse.de, [email protected] Chefredaktion (V.i.S.d.P): Holger Kulick ([email protected]) CvD und Sonderkorrespondentin aus Israel: Katrin Hünemörder ([email protected]) Organisation: Alexandra Wrann (jp), Ronald Hirschfeld (bpb) Redaktionsteam dieser Ausgabe: Lisa Badun, Peter Rickerby, Karoline Gajewska, Sveta Sorokina, Ewa Zuk, Lidia Puka, Joshua Kleinsorge, Julia Kolbert, Charlott Ebert, Mare Sevenig, Nastya Ivanova, Andreas Weiland, Julia Hinz, Valerie Kittlitz, Frank Ambühl, Alice Arslanagic, Caspar Rehner, Jochen Markett, Armand Gosme, Friederike Ludewig, Ralf Fischer, Christian Beilborn, Steffi Nürnberger, Raymond Romanos Gestaltung: Jona Hölderle ([email protected]) Fotos: Holger, Joshua, Kaddi, Leif, Lidia, Björn sowie Paul Hahn (peace counts) und Karol Grygoruk. Weitere Fotos von www.photocase.de. Druck: Gruner + Jahr Berliner Zeitungsdruck GmbH Auflage: 20.000 Exemplare 38 | politik orange nachworte FRIEDEN Charlott When thinking of peace, I see in front of me the highest an geratest aim to reach. It is not only a goal but the way itself too. Peace is nothing like the Garden of Eden for you always have to have work to make its existance possible an stable. When thinking of peace, immediatly things come to my mind which destroy the peace: political conflicts, famine and blindness. Sometimes we say that somebody felt asleep peace - fully and will now rest in peace. We should hope that there will be peace on earth before it is dead, destroyed by your our hands. Steffi Frieden. Ein grosses Wort. Wenn ich an Frieden denke, dann denke ich zugleich an Krieg. Frieden also als Gegenstück zum Krieg. Wie ich mit dem Krieg ausschliesslich Negatives verbinde, so assoziiere ich mit Frieden nur positive Dinge. Schon die Farbsymbolik stellt den Kontrast heraus. Weiß gegen blutrot. Blau gegen schwarz. Auch in symbolischen Gesten stecken Bilder des Friedens. Im Frieden schütteln sich Staatsmänner die Hände. Im Frieden sitzt der Weiße neben dem Schwarzen in der Kirche. Frieden schafft also Völkerverständigung. Da der realexistierende Zustand aber ein anderer ist, wäre es wohl angebrachter zu sagen: Der Friede sollte ... Im Frieden sollten ... Alice Andreas Es ist so ein schönes Wort - Frieden. Jedoch habe ich keine Ahnung, was das bedeutet. Nicole wollte „ein bisschen Frieden“ & Familie Bush überall Frieden mit Waffen. Am meisten tun mir die Leute leid, die das Wort Frieden im Äther hören müssen, wenn gerade Bomben auf ihr Dorf niederregnen & dies alles zu ihrem Besten sein soll. Frieden ist für mich das Gefühl, was ich habe, wenn ich morgens aufstehe & keine Angst um mein Leben haben muss. Leider kann da nicht jeder Mensch von sich behaupten. John Lennon sagte es am Besten: „give peace a chance“. Für alle .... Julia „Frieden ist, wenn alle gleich sind“, sagen Kettcar, eine Band aus Hamburg. Doch wahrscheinlich ist selbst dann Frieden eine Utopie ein Zustand, der NIE eintreten wird. Haben Menschen die Intelligenz, zusammen zu arbeiten? Haben Menschen die Intelligenz gegen Armut, Aids und Ungerechtigkeit zu kämpfen und nicht mit? Frieden heißt: Nicht gleich losschreien, wenn ein Problem auftaucht. Nicht gleich schlagen, wenn ein Problem auftaucht. Nicht gleich losbomben, wenn ein Problem auftaucht. Nicht gleich abknallen, wenn ein Problem auftaucht. Der Wille zum Frieden fehlt. Frieden ist nicht selbstverständlich, kein Zustand, an dem jeder arbeitet. Weltveränderung, Gehirnwäsche, Bürgerkrieg, USA, Russland, Nachrichten; Gefängnis. Erreichbar? You learn the importance of things only when you loose them. Therefore without war there can‘t be peace neither. You can‘t explain peace to a soldier who has seen his friends die in front of him. Neither can you speak of peace to a child that is still crying for his dead parents. But peace is like a ray of sun an gray world. When is spreads over the heads of those who have survived it is like a sudden sign for life. Peace is fragile and it requires so many lives to be given that I wonder .... Sveta Peace is not just a word in the opposite to war. It has much deeper meaning. It seems so that it‘s something very easy, something extremely common. It seems that we are born with it and we don‘t need anything to confirm it. Like water. Or sun. But why then it is necessary to fight for it? Why are there people who prefer war? Why should we always prove that peace is the necassary condition for love and happiness? In Russian „peace“ is also the word for „world“. This means that a happy world should be always together with peace. Nastya What is peace? The question is very interesting and the topic is very meanigful. Peace ia the absence of wars, fights an killings, absence of huge quarrels people don‘t want to regulate in a peaceful way. Peace is when people have one mutual whish to solve the problems discussing them is a wise way without using fists, guns, nives etc. Peace is when people respect each other and respect processions and „men-processions“ of other people, other nations. Can people live in such way? Can all people be wise and respectful in their attitude to the others without awild wish to have more territories, more weathes, more expensive and beautiful things? Good questions. I think it‘s impossible. Though it‘s good at least to try to obey the rules, to try to be happy with what you have, to try to be kind to people who are around you and ... to try to be humanlike. krieg* nachworte | 39 Jeder von uns hat in 100 Wörtern alles erklärt. Obwohl es noch einfacher wäre: Frieden ist das Gegenteil von Krieg. Oder nur die Zeit zwischen zwei Kriegen? Ewa Julia I remember when I saw the musical „Hair“, directed by Milosh Forman, for the first title. Then I was around eleven years old. I was captivated and fascinated by the atmosphere of the American seventies. I thought we missed some joy and spontaniety. Peace is the only thing which gives me the felling of savety. Without it we cannot solve the problem of hunger, humilitation an hatred. Peace should be our aim and we cannot forget about it‘s means. The tolerance appears to me as one of the most important of them. How to seek the key to this? Lass mich in Frieden! Lass mich in Ruhe! Frieden ist Ruhe, Ruhe ist Frieden. Wie sehr genieße ich es, Sonntag morgens auszuschlafen, den Tag ganz ruhig beginnen zu lassen. ich höre meinen Atem und meinen Herzschlag. Über nichts muss ich mir Sorgen machen, friedlich in den lauen Tag erwachen. Habe ich ein schlechtes Gewissen wenn ich so vor mich hinträume? Ganz selten .... Ab und zu schleicht sich in der Gedanke in meinen Kopf, dass im gleichen Momemt anderswo auf der Welt der Lärm des Hasses brüllt. Und obwohl er so laut schreit, kann ich ihn kaum hören. Zu gut ist mein Bett gepolstert. Lass mich doch in Ruhe Gedanke an den Lärm, zum Schlafen braucht man Stille. Doch zu spät, jetzt bin ich wach. Nun muss ich nur noch aufstehen. Mare Lidia Caspar Frieden folgt nach einem Krieg. Frieden ist Wünderschon. Frieden ist die Blüte einer Blume. Frieden ist das Gefühl von Zuversicht. Frieden ist Zukunftsperspektive. Frieden respektiert alles Leben. Frieden ist Zusammengehörigkeit, Ausgeglichenheit, respekt, Gerechtigkeit, Liebe, Freiheit, Demut, Gleichheit. Frieden ist das Gegenteil von Angst und Hass. Ohne Frieden würde es sich nicht lohnen zu leben. In Friedenszeiten schöpft man Kraft. Frieden schließt einen Vertrag mit seinen Feinden. Frieden benutzt keine Waffen. Oder muss man Frieden doch vetreidigen? Freiden benötigt die Bereitwilligkeit aller. Frieden ist solange wertvoll, wie man den Krieg noch nicht vergessen hat. Krieg und Frieden sind die Spiegelbilder unserer Herzen. Meiner Meinung nach gibt es zwei Arten von Frieden. Einmal den politischen Frieden welcher durch die Abwesenheit von Krieg definiert wird. Allerdings gibt es auch in Ländern wo dieser Friede herrscht, z.B. unter Diktaturen, Menschen die nicht in Frieden leben können. Damit wirklich alle Menschen in Frieden leben können ist also auch eine Art persönlicher Frieden notwendig, welcher größtenteils darauf basiert, dass jeder in seinem denken und Handeln frei ist, jedoch durch sein Handeln niemand anderen in seiner Freiheit einschränkt. Man kann also sagen, dass Frieden nur dann möglich ist, wenn sich alle Menschen gegenseitig achten und respektieren. ein projekt von: Peace is the state of perfect harmony and safety; lach of danger, uneasiness, violence. An idyllic dream, great wish of nations and societies that, somehow, cannot be obtained. Peace is a necessay condition to express the opinion, emotion, creativity of every individual. Teh basis for the creation of teh beauty and arts, the basis for humanity and incarnation of the human rhights. Peace is the state of mind and philosophy of living. Do not harm an always respect the others, forgive, be tolerant, help. An inward sparkle of a goodwill that may change your life and the lifes of the others. „Imagine all the people ... „ Peace is very unpopular, not attractive, too demanding, hence, neglecleted media subject Peace is my wish. Armand We have to make a distinction between peace and pacifism. Peace is a concept, pacifism is an attitude. Pacifism is a good way to wont be the ennemy, but it is also a good way to say „yes“ to anybody.Peace doesn‘t exist, cannot exist, because a soldier must find an ennemy, if he can‘t find one, he can make a putsch or maybe organize a revolution. The soldier don‘t want to make peace, the soldier is always a man (or almost a woman). Solution: a world led by women. 40 | politik orange kriegsende 1944 / 1945 krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg mai Ernst Jandl (1925 - 2000)