Nibelungensage

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Nibelungensage
Nibelungensage
Die Nibelungensage ist ein im deutschen und skandinavischen Mittelalter
weitverbreiteter heldenepischer Stoff, der über Jahrhunderte in zahlreichen
voneinander abweichenden Fassungen überliefert ist. Seine bekannteste
schriftliche Fixierung ist das mittelhochdeutsche Nibelungenlied (um 1200,
wahrscheinlich aus dem Raum Passau).
Die Sage schlägt sich in mittelalterlichen Quellen außer dem Nibelungenlied in
der Saga von Dietrich von Bern (Thidrekssaga, altnordisch mit
niederdeutschen Quellen, ca. 1250) und zahlreichen Liedern der Liederedda
nieder. Darunter mehrere Sigurdlieder und das Ältere Atlilied (altnordisch,
aufgezeichnet im 13. Jahrhundert nach teilweise viel älteren Quellen oder
Vorstufen) sowie eine Prosa-Nacherzählung der Eddalieder in der Edda des
Snorri Sturluson (altnordisch, ca. 1220), Völsunga-Saga, (altnordisch, ca.
1250).
Die Ursprünge der Sage reichen bis in das heroische Zeitalter der
germanischen Völkerwanderung zurück. Ein historischer Kern der Sage wird in
der Zerschlagung des Burgundenreiches im Raum von Worms in der
Spätantike (um 436) durch den römischen Magister militum Aetius mit Hilfe
hunnischer Hilfstruppen gesehen. Weitere Anknüpfungspunkte bieten die
Schlacht auf den Katalaunischen Feldern 451, der Tod Attilas sowie die
Geschehnisse im zweiten Burgunderreich an der Rhone und die
Geschehnisse bei den Merowingern bis zum Tode Brunichildis 613.
Inhalt des Nibelungenliedes
Im Nibelungenlied ist die Kriemhild und die Hauptproblematik die der
höfischen Kultur; es macht aus dem vermutlich viel älteren Sagenstoff beinahe
einen Roman, der im Kleid einer Sage Probleme der damaligen Gegenwart
von Autor und Publikum zu behandeln scheint. Hier werden nur die Elemente
herausgegriffen, die für die Sagengeschichte relevant sind.
Siegfried, Brünhild und die Herkunft der Nibelungen
ist Sohn des Königs Siegmund von Niederland (Hauptstadt: Xanten
am Niederrhein), der stärkste aller Helden, hat außerdem einen
märchenhaften Schatz, den Hort des verstorbenen Königs Nibelung von
Nibelungenland (das in Norwegen gedacht wird), erworben und ist
unverwundbar, weil er im Blut eines Drachen badete, den er erschlug, und
dadurch eine Hornhaut bekam. Zugleich mit dem Hort erwarb er die
Tarnkappe, einen unsichtbar machenden Tarnmantel ('kappe' heißt hier
'Mantel'), die er dem Zwergen Alberich abnahm, der den Hort bewachte.
Siegfried zieht nach Worms, damit er um die schöne Kriemhild werben kann.
Dort bringt er nicht gleich seine Werbung vor, sondern bleibt zunächst ein Jahr
an ihrem Hof, um sich ihren Brüdern unentbehrlich zu machen. Das gelingt
ihm auch. Gunther, der älteste Bruder Kriemhilds, verspricht, der Heirat
zwischen seiner Schwester und Siegfried zuzustimmen, wenn Siegfried ihn
nach Isenstein (auf Island) begleitet, denn Gunther möchte die dortige Königin
Brünhild zur Frau nehmen.
Die Hochzeiten
ergibt. Nun kann Gunther sie entjungfern. Erst daraufhin verliert sie ihre
magischen Kräfte und ist so schwach wie eine normale Frau. Während des
Kampfes nimmt Siegfried heimlich ihren Ring und ihren Gürtel mit und schenkt
sie später seiner Frau Kriemhild als Beweisstücke, weil sie wissen will, wo er
in der Nacht nach der Hochzeitsnacht war.
Der Streit der Königinnen
Der Untergang
Kriemhild fremde Helden nach Worms, um ihre Position am Hofe zu stärken –
eine Gefahr, die Hagen erkennt: Er entwendet Kriemhild den Schatz und
versenkt ihn im Rhein. Die Gelegenheit zur Rache für Kriemhild bietet sich erst
dreizehn Jahre später. Sie heiratet den mächtigen Hunnenkönig Etzel, der in
Ungarn residiert, und bringt ihn dazu, ihre Brüder Gunther, Gernot und
Giselher nach Ungarn einzuladen. Hagen und andere warnen vor der
Rachsucht Kriemhilds – aber die Brüder nehmen an und ziehen mit großem
Gefolge ins Hunnenland. Es gelingt Kriemhild, einen Kampf zwischen
Nibelungen und Hunnen zu entfesseln. Einer nach dem anderen fällt – zuletzt
sind nur noch Gunther und Hagen am Leben. Kriemhild verlangt von Hagen
den Schatz. Er erklärt ihr, das Versteck nicht preiszugeben, solange einer
seiner Herren noch lebt. Darauf lässt Kriemhild Gunther den Kopf abschlagen.
Aber Hagen triumphiert: Jetzt kennt nur noch er das Versteck, das er niemals
verraten würde. Kriemhild enthauptet den Gefesselten mit Siegfrieds Schwert.
Dieses hatte Hagen durch Leichenraub an sich genommen und, um Kriemhild
zu reizen, gleich nach der Ankunft in Ungarn ihr unter die Augen gehalten.
Kriemhild wird daraufhin vom alten Waffenmeister Hildebrand erschlagen, weil
sie als Frau wagte, einen Helden zu töten. Am Ende der Sage bleiben in
Trauer König Etzel, Dietrich von Bern, Hildebrand und namenlose
Umstehende übrig, die den Tod ihrer Angehörigen beweinen.
Das erste Stück, das die Nibelungensage behandelt liegt etwa in der Mitte der
ThS; vorher wird nur eine Figur der Nibelungensage einmal erwähnt, und zwar
Brynhild (Brünhild), die auf der Burg Seegard in Schwaben herrscht und von
deren Gestüt die berühmtesten Hengste der Helden der deutschen
Heldensagen stammen. Die eigentlichen Nibelungenteile der ThS beginnen
mit Siegfrieds (Sigurds) Jugend. Siegfrieds Mutter, die Gattin eines Königs
Sigmund, wird zu Unrecht der Untreue verdächtigt; das neugeborene Kind
wird ausgesetzt, treibt einen Fluss hinunter (ähnlich wie Moses) und wird von
einer Hirschkuh aufgezogen (ähnlich wie Romulus und Remus von einer
Wölfin). Ein im Wald Kohlen brennender Schmied, Mimir findet ihn dort und
zieht ihn auf. Der Knabe wird so stark, dass er die Schmiedeknechte
verprügelt und den Amboss mit dem Hammer zerschlägt. Mimir hat einen
Bruder namens Regin, der zauberkundig ist und sich in einen Drachen
verwandelt. Da Mimir die Kräfte des Knaben fürchtet, bittet er seinen Bruder,
den Drachen, ihn umzubringen. Dazu schickt er ihn in den Wald, in dem der
Drache haust, er solle Kohlen brennen. Der Knabe erschlägt jedoch den
Drachen mit einem Baumstamm und seiner Holzaxt. Da er hungrig ist, kocht er
sich vom Drachenfleisch zum Abendessen. Dabei verbrennt er sich den
Finger, steckt ihn in den Mund, um ihn zu kühlen, und durch den Genuss des
Drachenblutes versteht er die Vogelsprache. Zwei Vögel reden mit einander,
dass Mimir ihn töten wolle. Wo seine Hände in Berührung mit dem
Drachenblut kamen, wird die Haut hart wie Horn. Als er das merkt, bestreicht
er sich mit dem Drachenblut am ganzen Körper. Nur zwischen die Schultern
reicht er nicht. Dann geht er heim und erschlägt Mimir, obwohl ihm dieser voll
Angst, um ihn freundlich zu stimmen, ein wunderbares Pferd von Brynhilds
Gestüt verspricht und eine sehr gute Rüstung und das ausgezeichnete
Schwert Gram überreicht. Dann zieht er zu Brynhilds Burg. Sie hat
anscheinend ein 'mythisches Vorwissen' um Sigurd, denn sie weiß, als ein
Ankömmling gemeldet wird, sofort, dass er es sein muss. Sie nennt ihm auch
die Namen seiner Eltern und schenkt ihm den besten Hengst. Von ihr reitet
Sigurd weiter zu König Isung von Bertanga-Land, dessen Bannerträger er
wird.
Nun folgt ein neuer Abschnitt: Die Herkunft der Niflungen ('Niflungen' ist in der
gesamten nordischen Literatur der dem deutschen 'Nibelungen'
entsprechende Name). Diesen Abschnitt bringt die altwestnordische Fassung
(Membrane) der ThS zweimal hintereinander fast identisch, aber mit
verschiedenen Namen: einmal heißt der Vater der Niflungen Aldrian, einmal
Irung; auch die Zahl der Geschwister ist nicht gleich. Der Schreiber hatte
offensichtlich zwei schriftliche Fassungen derselben Geschichte vor sich und
wollte keine unterdrücken, sondern reihte sie aneinander. Die altschwedische
Fassung zeigt hier wiederum keine Widersprüche. Gemeinsam ist allen
Thidrekssaga Fassungen der 'Herkunft der Niflungen', dass Hogni (entspricht
deutsch Hagen; in deutschen Übersetzungen nordischer Texte wird er oft
Högni geschrieben) nur Halbbruder der Niflungen ist: die Königin Oda
(entspricht deutsch Ute) wurde während der Abwesenheit ihres Gatten von
einem bösen Geist beschlafen. Das Kind aus dieser Verbindung ist Hogni.
Die Zweikämpfe
Die Hochzeiten
andere magische Requisiten kennt die ThS nicht. Jedoch verfügt Brynhild über
magische Kräfte, die aber an ihre Jungfräulichkeit gebunden sind. Nach der
Deflorierung durch Sigurd ist sie so schwach wie jede Frau und muss sich
Gunnar fügen.
Nun folgen in der ThS mehrere andere lange Sagen, die nichts mit
Nibelungensagen zu tun haben. Viel später geht die Nibelungensage weiter,
und zwar mit Sigurds Tod:
Der Streit der Königinnen
Lange Zeit war seit den beiden Hochzeiten vergangen, und das Reich der
Nibelungen, mit der Hauptstadt Werniza (nach der Meinung der meisten
Forscher entspricht das dem deutschen 'Worms'), floriert hauptsächlich
deshalb, weil Sigurd, der Gatte Grimhilds, mit Stärke und auch Weisheit
seinen Schwägern zu Hilfe kommt. Brynhild will eines Tages, als sie die Halle
betritt, dass Grimhild vor ihr aufsteht und ihr allein den Hochsitz überlasse.
Grimhild pocht auf Gleichrangigkeit. Da beschimpft Brynhild sie, dass Sigurd
von einer Hirschkuh aufgezogen worden war. Daraufhin eröffnet Grimhild,
dass sie um das Geheimnis der Brautnacht weiß, und zeigt zum Beweis einen
Ring vor, den Sigurd Brynhild abzog, als er sie überwand. Brynhild ist nicht
einmal sonderlich überrascht: sie ahnte, was geschehen war, und fordert
Sigurds Ermordung nach dem Streit mit Grimhild nicht, weil Sigurd Gunnar in
diesem Punkt geholfen hatte, sondern weil er es Grimhild verraten und damit
ihre Schande publik gemacht hatte. Sie klagt Gunnar, Hogni und Gernoz ihr
Leid und fordert Sigurds Tod und reizt die Niflungen dadurch gegen ihn auf,
dass sie darauf aufmerksam macht, dass Sigurd immer mächtiger wird und
ihnen die Herrschaft entreißen könnte. Der Mord braucht keine Requisiten (wie
im Nibelungenlied ein auf Siegfrieds Gewand genähtes Kreuzchen): es
genügt, dass Hogni Sigurd einen Speer zwischen die Schulterblätter stößt, als
der sich auf der Jagd auf den Boden legt, um aus einem Bach zu trinken.
Der Untergang
Nach Sigurds Tod werden einige sehr kurze andere Sagen erzählt; bald ist die
ThS wieder bei der Nibelungensage. Hier sind Nibelungenlied und
Thidrekssaga sehr ähnlich. An einigen Stellen scheinen beide Werke die
gleiche Quelle zu benutzen. Als Inhaltsangabe kann daher im Groben die für
den Untergang der Niblungen des Nibelungenliedes gelten. Es gibt jedoch
auch wesentliche Abweichungen zwischen beiden Sagenversionen. So liegt
der Hof Attilas in Susat (= Soest) im heutigen Westfalen, nicht in Ungarn wie
im Nibelungenlied. Gunnar (entspricht Gunther) wird nicht am Ende der
Schlacht von Thidrek besiegt, sondern fällt im Verlauf der Schlacht durch Osid,
einen Neffen Attilas, und wird dann, wie in anderen nordischen Versionen der
Sage, von Attila in einen Schlangenturm geworfen. Thidrek erschlägt Grimhild
auf Befehl Attilas, nicht Hildebrand im Alleingang, wie im Nibelungenlied.
Grimhild handelt in der ThS objektiv teuflisch, auch in den Augen des
Erzählers, sodass sogar ihr Gatte ihren Tod fordert, während das
Nibelungenlied sie teilweise entschuldigt und Hildebrand nicht den Charakter
eines 'objektiven' Rächers erhält. Attila (entspricht deutsch Etzel) ist goldgierig,
wie auch in anderen skandinavischen Dichtungen. Hogni wurde von Thidrek
schwer verwundet, lebt aber noch einen ganzen Tag lang, bis er stirbt. In
dieser Nacht zeugt er noch einen Sohn und gibt der Frau den Schlüssel zum
'Siegfriedskeller', den sie dem Kind geben soll, wenn es herangewachsen ist.
Dieser Sohn, Aldrian, rächt später den Tod Hognis an Attila, indem er den
goldgierigen Attila in den Keller führt und von außen die Tür zuschlägt, sodass
Attila bei den Schätzen verhungern muss. Auch kennt die ThS keinen "Koch"
und daher auch nicht 'Rumolds Rat' des Nibelungenliedes.
(aus: Wikipedia)