streichle bauch brust nacken hintern

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streichle bauch brust nacken hintern
Ungenügend
von
Asuka Lionera
erschienen im
Drachenmond Verlag
ISBN: 978-3-95991-224-2 (Softcover) – 12 Euro
ISBN: 978-3-95991-322-5 (Ebook) – 3,99 Euro
Ungenügend
Astrid Behrendt
Rheinstraße 60
51371 Leverkusen
http: www.drachenmond.de
E-Mail: [email protected]
Satz, Layout: Astrid Behrendt
Lektorat & Korrektorat: Michaela Retetzki
Umschlaggestaltung: Asuka Lionera
Illustration: Rorius /shutterstock.com
Umschlagbild: Artem Furman / shutterstock.com
Ebook-Erstellung: Asuka Lionera
ISBN 978-3-95991-322-5
Alle Rechte vorbehalten
Bücher mit Herzblut
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Ungenügend
Für alle Lehrerkinder da draußen!
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Ungenügend
Kapitel 1
Wenn er nicht augenblicklich seine Klappe hält, entjungfere ich seinen
Arsch. Mit einer Zucchini. Aus dem Garten meiner Mutter. Die hat
irgendwie einen grünen Daumen, jedenfalls haben ihre Zucchini den
Durchmesser meiner Waden. Und das will bei meinem durch Fußball
trainierten Körper schon etwas heißen.
Bereits seit Beginn der Pause geht mir Steven mit seinem Gelaber auf
den Senkel. Haarklein erzählt er von den Weibern, die er letztes
Wochenende abgeschleppt hat – nacheinander und ohne, dass die drei etwas
voneinander erfahren hätten. Angeblich.
Als würde mich das interessieren.
Ich lehne mich auf meinem harten Schulstuhl zurück und heuchle
Interesse, während meine Gedanken jedoch ganz woanders sind.
Obwohl Steven seit dem Kindergarten mein bester Freund ist, nervt er
nur noch, seit er entdeckt hat, dass das andere Geschlecht nicht nur zum
Ärgern da ist. In den letzten Jahren hat er sich vom pausbäckigen Niemand
zum zweitbegehrtesten Junggesellen der Schule entwickelt.
Nach mir, versteht sich.
Steven und ich sind wie Yin und Yang. Er ist der blonde,
braungebrannte Sunnyboy, unser Star-Torwart, immer in Muskelshirts
unterwegs und mit einem Lächeln, für das sämtliche Zahnpasta-Hersteller
bei ihm Schlange stehen würden, um ihn für einen Werbespot zu buchen.
Ich dagegen bin mit meinen kohlschwarzen, verwuschelten Haaren und
dem durchtrainierten Körper der Geheimnisvolle, der Wilde, den jedes
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Ungenügend
Mädchen der Schule zähmen will.
Als Kapitän der Fußballmannschaft spiele ich im Mittelfeld.
Meine Mutter sagt immer, dass Steven und ich zweieiige Zwillinge oder
so was sind, jedenfalls sieht man uns immer zusammen. Bei jedem Spiel, auf
jeder Party. Zumindest kommen wir zusammen, verlassen die meisten
Partys dann aber getrennt, mit einem oder mehr Mädchen im Arm.
Während Steven nicht allzu wählerisch ist und – auf gut Deutsch – über
nahezu jede drüberrutscht, die nicht bei Drei auf den Bäumen ist (und den
Rest schüttelt er anschließend runter), habe ich da meine Prinzipien, für die
mich die anderen gerne mal verspotten. Aber das ist mir egal. Ich stehe nun
mal nicht auf wasserstoffblonde und in den Farbtopf gefallene Mädchen,
die gerade noch so auf ihren Mörderabsätzen die Balance halten können.
Für mich muss ein Mädchen …
»Leon«, haucht es in mein Ohr und ehe ich reagieren kann, schiebt sich
jemand auf meinen Schoß. Ich brauche nicht hinzusehen, um sie zu
erkennen. Ihr klebsüßes Parfüm kann ich zehn Meter gegen den Wind
riechen. So nah an mir riecht es sogar noch widerwärtiger und verursacht
einen Brechreiz.
Juliane, eine Schülerin aus der Klasse über mir, spreizt ihre nackten
Beine und schiebt sich auf meinen Schoß, wo sie sich langsam vor und
zurück bewegt. Vermutlich denkt sie, dass mich das scharfmachen würde.
Tja, weit gefehlt.
Ausdruckslos schaue ich sie an. »Kann ich etwas für dich tun?«, frage ich
dann, als sie ihre Versuche auf meinem Schoß verstärkt. Sie trägt nur ein
kurzes, weißes Etwas, das die Bezeichnung ›Rock‹ nicht verdient, und ich
kann darunter ihr dunkelblaues Höschen aufblitzen sehen.
Und es lässt mich so was von kalt.
Mit einer fließenden Bewegung streicht sie ihre blonde Mähne nach
hinten, um ihr Dekolleté zu entblößen.
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Ungenügend
Na ja, auch das hat die Bezeichnung ›Dekolleté‹ nicht verdient, denn sie
hat nicht mehr als zwei etwas abstehende Nippel. Von Brüsten keine Spur.
Ich stelle mir vor, dass selbst meine zehnjährige Schwester mehr Vorbau hat
als sie und muss grinsen.
Anscheinend deutet sie das Heben meiner Mundwinkel falsch, denn nun
beugt sie sich vor und kommt mit ihrem Mund ganz nah an mein Ohr.
»Diesen Samstag bei mir«, haucht sie hinein. Dann zieht sie ihren Kopf
langsam wieder zurück und streift wie zufällig meine Wange mit ihren
Lippen, die mit diesem klebrigen Lipgloss beschmiert sind.
Okay, das reicht. Ich stehe abrupt auf, wodurch sie nach hinten taumelt
und sich gerade noch am Tisch vor mir festhalten kann. Wie ein Schaf
glotzt sie mich mit ihren blassblauen, nichtssagenden Augen an.
Gott, wie ich diese Tussen verabscheue.
Dennoch lächle ich mein berühmtes einseitiges Lächeln, das die
Mädchen reihenweise in Ohnmacht fallen lässt, und nicke ihr zu. Mit einem
dicken Grinsen klatscht sie in die Hände, winkt mir und verschwindet aus
meinem Klassenraum.
Ich setze mich wieder hin und ignoriere Stevens Starren. Angewidert
ziehe ich mein Shirt mit spitzen Fingern nach vorne und schnüffle daran.
Genau, wie ich es mir dachte. Ich muss mich nach dem Training dringend
umziehen, damit mich der Gestank des Parfüms nicht den ganzen Tag
verfolgt. Am besten sollte ich das Shirt gleich verbrennen …
»Was will die denn von dir?«, fragt Steven neben mir und beugt sich vor.
»Ich dachte, du stehst nicht auf diesen Typ Mädchen.«
»Tue ich ja auch nicht, aber irgendwie musste ich sie ja loswerden«, gebe
ich zurück. Tatsächlich würde ich bei einer wie Juliane nie im Leben einen
hochkriegen.
Never ever.
Sie ist so weit von meiner Idealvorstellung entfernt wie der Mars von der
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Ungenügend
Erde, aber irgendwie kapiert sie es nicht. Schon seit Jahren scharwenzelt sie
um mich rum, treibt es hin und wieder mit Steven und wer weiß mit wem
noch. Anscheinend kratzt es an ihrem Schlampen-Image, dass ich sie immer
zurückweise.
»Du stehst ja nur auf die braven Mädels«, meint Steven und ich muss
grinsen.
Im Grunde ist das richtig, wobei ich auch die ein oder andere Wildkatze
nicht von der Bettkante stoßen würde, wenn sie in mein Beuteschema passt.
Dennoch habe ich meine Prinzipien.
Abgesehen vom Äußeren schlafe ich nie zweimal mit dem selben
Mädchen, ich nehme nie ein Mädchen mit nach Hause und ich übernachte
nie bei einem Mädchen. Auf diesen ganzen Stress am Morgen danach habe
ich einfach keinen Bock.
»Wenn man dich nicht besser kennt, würde man noch denken, du seist
prüde.« Steven sieht mir ernst ins Gesicht, wackelt jedoch zweideutig mit
den Augenbrauen.
Ich dresche ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Tja, Compadre, mein
Schwanz möchte eben nicht zweimal dieselbe Grotte besichtigen.«
Steven bricht in schallendes Gelächter aus. »Wenn es ja nur das wäre.
Aber die Mädels müssen bei dir ja immer aussehen wie sie.«
Schlagartig werde ich ernst. Niemand spricht über sie. Nicht, wenn ich in
der Nähe bin.
»Du weißt schon, das Mädel von damals, dem du noch heute
nachtrauerst.«
Mein bester Kumpel bemerkt meinen Stimmungswandel, als ich ihn mit
meinem Noch-ein-Wort-und-du-liegst-tot-auf-dem-Boden-Blick anstarre,
und will einlenken. »Hey, so langsam könnte Frau Bock ja auch mal
eintrudeln.«
Ich werfe einen Blick auf die Uhr an der Wand. Die Mathestunde hat
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Ungenügend
schon vor sieben Minuten begonnen, aber von Frau Bock – unserer
gehassten Mathelehrerin, der Ausgeburt der Hölle – fehlt jede Spur. Nicht,
dass mich das traurig machen würde. Wenn diese Hexe blutend vor mir auf
der Straße liegen würde, würde ich mit einem dicken Grinsen über sie
steigen und mich meines Lebens freuen. In den letzten Jahren hat sie mich
schon so oft vor der Klasse lächerlich gemacht und durch die Prüfungen
rasseln lassen, dass sich die anfängliche Antipathie in blanken Hass
gewandelt hat.
Ich zucke mit den Achseln und meine Gedanken schweifen ab.
Verdammter Steven! Warum musste er auch von ihr anfangen? Dem
einzigen Mädchen, das mir je etwas bedeutet hat. Nach dem ich mich heute
noch verzehre. Und das sich mit jeder messen muss, die auch nur einen
Finger an mich legen will.
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Es war vor etwas mehr als drei Jahren. Mathe war schon immer mein
Hassfach und ich war so schlecht, dass meine Eltern beschlossen, einen
Nachhilfelehrer für mich einzustellen.
Nachdem ich die ersten drei Lehrer vergrault hatte – alle waren
vertrocknete alte Kerle ohne Sinn für Humor –, kam sie plötzlich durch
unsere Tür. Ich hatte zwar nie an solchen Quatsch wie ›Liebe auf den ersten
Blick‹ geglaubt, aber in der Sekunde, als ich sie sah, wurde ich eines
Besseren belehrt.
Schon damals war ich ein ziemlicher Draufgänger und Kapitän der
Junior-Fußballmannschaft. Selbst mit fünfzehn lagen mir die Mädchen zu
Füßen und ich musste nur mit dem Finger schnippen, wenn ich eine von
ihnen haben wollte. Und ich hätte nie gedacht, dass es gerade bei ihr ›klick‹
machen würde.
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Ungenügend
Auf den ersten Blick und ohne rosarote Brille sah Alex langweilig aus:
braunes, langes Haar, das sie zu einem Dutt – ja, einem Dutt! – gesteckt
hatte, brave Bluse und knielanger Cordrock, dazu eine schwarze Brille und
flache Schuhe. Trotzdem – oder gerade deswegen? – verliebte ich mich im
ersten Augenblick in sie.
Ich weiß noch, dass ich gerade die Treppe herunterkam, als sie meiner
Mutter die Hand schüttelte und sich vorstellte. Ich konnte sie nur mit
offenem Mund anstarren und blieb mitten auf der Treppe stehen, als sei ich
dort festgewachsen. Ich musste ausgesehen haben wie ein Schwachkopf, als
sie auf mich zukam und mir die Hand hinhielt. Mit einigen Sekunden
Verspätung ergriff ich sie – Gott, hatte sie weiche Haut! –, klappte meinen
Mund endlich wieder zu und schaffte es endlich, ihr ins Gesicht zu schauen.
Grasgrüne Augen funkelten hinter den Brillengläsern freundlich zu mir und
ihre sanften rosa Lippen – ohne Lipgloss! – schoben sich an den Seiten
nach oben.
»Hallo Leon, ich bin Alexandra.« Sie hatte eine so wundervoll weiche
Stimme, die ich mir aber auch sehr gut am anderen Ende einer teuren
Telefonnummer vorstellen konnte. Verrucht, aber trotzdem wie das brave
Mädchen von nebenan, der man die Dinge, die gerade in meinem Kopf
passierten, niemals zutrauen würde. »Nenn mich einfach Alex. Ich werde
dich in die Wunderwelt der Mathematik einführen!«
Mädel, ich bin hier derjenige, der irgendwas einführt. Beinahe wäre mir dieser
Satz wirklich über die Lippen gekommen und ich presste selbige lieber ganz
schnell zusammen, ehe ich mich in Gegenwart meiner Mutter irgendwie
ungebührlich verhielt. Augenblicklich reagierte mein Körper auf die junge
Frau vor mir und ich nickte nur wie ein Vollidiot, weil ich meiner Stimme
nicht traute und ich Angst hatte, sie mit meiner direkten Art zu
verschrecken.
Meine Mutter beobachtete das Schauspiel vom unteren Ende der Treppe
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Ungenügend
aus zusammengekniffenen Augen, entschuldigte sich dann aber ohne ein
weiteres Wort. So kannte sie ihren sonst so wortgewandten Sohn wohl
nicht, gerade im Umgang mit den verhassten Nachhilfelehrern. Aber dieses
Mädchen, nein, diese junge Frau bildete garantiert eine Ausnahme und in
mir keimte bereits die Vorfreude auf unsere gemeinsame Zeit.
Also stand ich da mit dem Traum meiner kommenden schlaflosen
Nächte auf der Treppe und hatte keine Ahnung, was ich nun machen sollte.
In meinem ganzen Leben kam ich mir noch nie so hilflos vor. Erfolglos
durchforstete ich mein Gehirn nach irgendeinem coolen Spruch, um die
Situation irgendwie aufzulockern, aber alles, an was ich denken konnte, war
ihr Duft, waren ihre Augen und ihr wundervoller Körper, der nur einen
halben Meter vor mir stand. Sie duftete nach Vanille. Ich schloss die Augen
und atmete tief ein. Mehr. Ich wollte mehr davon! Ob sie wohl überall so
wundervoll süß roch?
Ihr Lachen holte mich in die Gegenwart zurück. »Das ist Bodybutter.
Ich kann dir gerne was besorgen, wenn du den Duft magst.«
Oh. Mein. Gott. Bitte, eine Schaufel, damit ich mir mein eigenes, verdammtes Grab
buddeln kann.
Ich lief feuerrot an und schämte mich in Grund und Boden. Hoffentlich
standen mir meine schmutzigen Gedanken und all die Stellungen, die ich
mit ihr ausprobieren wollte, nicht quer über die Stirn geschrieben …
Unschlüssig verlagerte Alex ihr Gewicht von einem Bein auf das andere
und blickte sich suchend um. »Wollen wir uns irgendwo hinsetzen und du
zeigst mir, was ihr in Mathe gerade durchnehmt?«
Wieder gerieten meine Gedanken auf einen ganz anderen Trip. Ich zeige
dir gerne, was ich durchnehme – nämlich dich. Meine Shorts unter der Jeans
spannte fürchterlich und ich konnte kaum noch gerade stehen. Zitternd
deutete ich auf das Esszimmer und entschuldigte mich einsilbig, um meine
Unterlagen zu holen.
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Ungenügend
Schnell flitzte ich in mein Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu.
Verdammt, was war das denn bitte? Seit wann verhielt ich mich denn wie so
ein dämlicher Idiot? Ich war cool, verfickt noch mal!
Ich stürmte ins angrenzende Badezimmer, hielt meinen Kopf unter
eiskaltes Wasser und hoffte, dadurch wieder halbwegs zur Besinnung zu
kommen. Ich hatte schließlich einen Ruf zu verlieren. Mädchen fielen vor
mir in Ohnmacht, und nicht andersherum! Ich würde mir doch jetzt nicht
von einem Mädel einfach so den Kopf verdrehen lassen. Anschließend
stylte ich kurz meine Haare, verwuschelte sie zu einem Out-of-Bed-Look
und strich meine Klamotten glatt.
Danach sammelte ich mich kurz, schnappte meine Mathebücher und
rannte nach unten ins Esszimmer – jede Sekunde ohne sie kam mir endlos
lang vor –, wo Alex ihre Unterlagen bereits auf dem Tisch ausgebreitet
hatte und gedankenverloren an einem Stift kaute.
Mein Blick saugte sich förmlich an ihren Lippen fest, die sanft das
hintere Stiftende umschlossen. Sie beugte sich vor und ihre großen Brüste
lagen schwer auf der Tischplatte, sodass ich sogar ihren weißen Spitzen-BH
durch die Knopfleiste ihrer Bluse sehen konnte.
Gott, ich würde nie wieder an diesem Tisch essen können, ohne an diesen
Anblick zu denken.
Als ich dann auch noch ihre rosa Zungenspitze aufblitzen sah, während
sie am Stift kaute, war es um meine Beherrschung geschehen. Ich ließ die
Mathebücher zu Boden fallen und stürmte wieder aus dem Zimmer.
Es gab nur einen Weg, um diese Gedanken zumindest vorübergehend
aus meinem Kopf zu kriegen. Ich rannte die Treppe nach oben in mein
Zimmer und schloss hinter mir ab. Mehrmals musste ich tief durchatmen,
bis mein Herzschlag wieder einigermaßen auf Normaltempo lief und ich
nicht mehr kurz davor war, in Ohnmacht zu fallen. Scheiße, was lief denn
hier ab? Noch nie hatte mich ein Mädel so dermaßen aus der Fassung
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Ungenügend
gebracht! Ich war doch derjenige, der ihnen feuchte Höschen bescherte
durch das, was ich ihnen zuflüsterte, und die Art, wie ich meine Hände über
ihren Körper wandern ließ. Doch mit Alex schien alles anders zu sein, wie
mir auch die untere Region meines Körpers eindrucksvoll mitteilte. Tief
durchatmen, Leon!
Dann ging ich zu meinem großen Bett, öffnete meine Jeans, schob sie
mitsamt den Shorts bis zu den Kniekehlen runter und umschloss meinen
harten Schwanz, der bereits gierig zuckte, fest mit der rechten Hand und
begann, sie auf und ab zu bewegen. Es dauerte nicht lange und ich brauchte
keine besonderen Anregungen, wie die Heftchen, die ich unter meinem Bett
versteckte. Allein die Gedankenfetzen, wie ihre kleine rosa Zungenspitze
über das Ende des Stiftes fuhr oder wie sich ihr BH eng um ihre vollen
Brüste schloss, reichte mir, um abzuspritzen.
Zweimal.
Mein Gott, war das peinlich … So war ich das letzte Mal mit zwölf
drauf.
Nachdem ich mich gesäubert und meinen befriedigten Schwanz wieder
in meiner Hose verpackt hatte, trat ich zum zweiten Mal den Weg ins
Esszimmer an. Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war und hoffte,
dass sie noch nicht verschwunden war. Wurde sie nach Stunden bezahlt?
Egal, meine Eltern hatten Geld wie Heu, sie konnten sich im Grunde zehn
Nachhilfelehrer für mich leisten. Doch vielleicht war sie trotzdem schon
gegangen, weil sie noch einen Termin hatte?
Oh bitte, bitte, lass sie noch da sein!
Sie saß noch genauso da, wie ich sie verlassen hatte. Wahrscheinlich hatte
sie gar nicht gemerkt, dass ich zwischenzeitlich verschwunden war und das
war auch besser, denn so konnte sie keine Fragen stellen, die ich nicht
beantworten wollte.
Doch diesmal blickte sie auf, als ich das Esszimmer betrat. Wortlos
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Ungenügend
schaute sie auf die Bücher, die ich vorhin einfach auf den Boden hatte
fallen lassen und nun umständlich aufhob, und lächelte mich an, als ich mich
ihr gegenübersetzte. Ihr Lächeln ließ meinen Magen Purzelbäume schlagen
und mein Mund wurde mit einem Mal staubtrocken.
»Also«, begann sie, »dann erzähl doch mal, was ihr gerade behandelt.«
Erneut verselbstständigten sich meine Gedanken, doch die Reaktion war
diesmal nicht ganz so offensichtlich – ich hoffte zumindest, dass man mir
meine Gedanken nicht ansah! – und mein Gehirn erhielt den Befehl zum
Antworten. »Quadratische Gleichungen.«
Ich wurde erneut mit einem Lächeln belohnt, was wieder eine kleine
Schar Schmetterlinge heraufbeschwor. Dieses flatternde Gefühl in der
Magengegend war mir vollkommen neu, doch ich mochte es irgendwie. Es
hatte mit ihr zu tun und alles, so schien mir, was mit ihr zu tun hatte, war
großartig.
»Sehr gut, das Thema habe ich hier schon aufgeschlagen. Zeig mir am
besten, was für Aufgaben ihr dazu schon durchgenommen habt«, hier
kamen meine Gedanken erneut kurz ins Straucheln und ich musste
mehrmals blinzeln, bis mein Gehirn wieder auf Kurs war, »und ich gebe dir
dann noch ein paar neue Gleichungen, die du bis zu unserem nächsten
Treffen alleine durchrechnest.«
Alles, was ich verstand, war, dass sie schon bald gehen würde. Das durfte
ich nicht zulassen! Fieberhaft suchte ich nach irgendeiner unauffälligen
Lösung, damit sie noch länger blieb. Sie konnte doch nicht einfach so
verschwinden, nachdem wir erst ein paar Minuten zusammengesessen
hatten! Ja, okay, die restliche Zeit hatte ich ja auch damit vertrödelt, mir
einen runterzuholen, aber trotzdem!
Also begann ich, sie auszufragen und ich war echt froh, dass sie mir
nicht einfach sagte, dass mich all das einen Scheißdreck angehen würde,
sondern mir bereitwillig antwortete. Was sie in ihrer Freizeit machte, was sie
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Ungenügend
gerne aß, ob sie einen Freund hätte – zum Glück nicht! –, warum sie
Nachhilfe in Mathe gab.
Es wurde ein sehr interessanter Nachmittag, an dem ich viel über Alex
lernte, und ich spürte, wie diese junge Frau sich mit jeder Antwort weiter in
mein Herz schlich.
Von meinen wildesten Gedanken ganz zu schweigen.
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Ich werde aus meinen Erinnerungen gerissen, als die Tür zu unserem
Klassenzimmer aufgeht.
Frau Bock ist also endlich da, fast fünfzehn Minuten zu spät zum
Unterricht, was sonst gar nicht ihre Art ist. Normalerweise wartet sie immer
schon an ihrem Lehrertisch und beobachtet uns über den Rand ihrer
Hornbrille hinweg, wie wir lustlos auf unsere Plätze schlurfen. Na ja, alles,
was meine Zeit mit diesem Monster verkürzt, soll mir recht sein. Schöner
wäre es natürlich gewesen, wenn sie gar nicht aufgekreuzt wäre …
Ich starre stur die Wand neben der Tafel an und bereite mich innerlich
auf eine weitere totlangweilige und vor allem völlig sinnlose Mathestunde
der Oberstufe vor. Jetzt mal ehrlich: Glaubt wirklich jemand, dass wir diesen
Mist je wieder in unserem Leben brauchen? Wie vor jeder verdammten
Stunde bete ich einfach nur, dass es schnell vorbeigehen möge und ich nicht
aufgerufen werde. Meistens habe ich dieses Glück nicht, denn Frau Bock
scheint einen besonderen Narren an mir gefressen zu haben. Sie sagte mir
einmal, dass sie mich von meinem hohen Ross schon runterholen und mir
Demut lehren wird. Am Arsch! Als ob es mich demütiger machen würde,
wenn ich vor der ganzen Klasse ihre dämlichen Aufgaben nicht lösen kann!
Mich würde mal brennend interessieren, ob sie es selbst könnte, aber sie
steckt ihre Nase ja immer in ihr hochheiliges Lösungsbuch. Schöne Lehrer
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Ungenügend
haben wir hier …
Doch es ist nicht Frau Bock, die plötzlich an der Tafel steht und mit
fließenden Bewegungen einen Namen daran schreibt. Der lange geflochtene
Zopf schwingt an einer kurvigen Rückansicht hin und her und ich höre
schon die geflüsterten Sprüche meiner Klassenkameraden. Es kommt nicht
oft vor, dass wir Lehrerinnen unterhalb der fünfzig Jahre bei uns begrüßen
dürfen. Meist übernehmen solch junge Frauen Grundschulklassen, aber
definitiv nicht die zwölfte voll pubertierender Jugendlichen.
Der Grund dafür steht den Jungs um mich herum mit einem dämlichen
Grinsen ins Gesicht geschrieben. Hier und da knuffen sie sich bereits an
und deuten auf die junge Frau, die noch immer mit dem Rücken zu uns
steht.
Na, das kann ja heiter werden. Ich werde nicht nur mit Ableitungen von
f1(x) gefoltert, nein, nun muss ich mir auch noch eine fast komplette Stunde
die dummen Sprüche und das notgeile Gesabber meiner Klassenkameraden
anhören!
Genervt stütze ich den Ellenbogen auf den Tisch und lege mein Gesicht
in die Hand. Mit der anderen blättere ich lustlos in meinem Hefter umher
und suche meine letzten Notizen.
Warum mache ich mir eigentlich Notizen von dem Müll? Ich kann mir
jedenfalls nicht vorstellen, dass mich jemand in einem Einstellungsgespräch
mal fragt »Können Sie diese Gleichung nach f1(x) ableiten?« oder »Können
Sie uns bitte die Gretchen-Fragen erläutern?«.
Bullshit.
Mathe ist noch nie mein Lieblingsfach gewesen und es ist auch der
einzige Grund, warum ich mit neunzehn noch in der zwölften Klasse sitze.
Die zehnte musste ich nämlich zweimal machen. Mehr oder weniger
freiwillig. Aber irgendwie musste ich schließlich meine Eltern ja dazu
kriegen, meine Nachhilfelehrerin wieder einzustellen. … was allerdings nicht
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Ungenügend
so wirklich funktioniert hat, der Schuss ging nach hinten los.
Nun wusle ich mich also mehr schlecht als recht durch
Kurvendiskussionen und Gleichungsableitungen, die ich nie wieder in
meinem Leben brauche.
Meine Augen wandern desinteressiert nach vorne, wo die junge Frau
gerade die Kreide weglegt und sich die Hände abklopft. Auf der Tafel steht
›Frau Wenzel‹ und daneben eine kleine grinsende Sonne. Wie süß.
Willkommen in der Vorschulklasse. Ich möchte mich übergeben. Kann es
jetzt eigentlich noch schlimmer werden? Nicht nur Mathe, nicht nur eine
junge neue Lehrerin, nicht nur das postpubertäre Gelechze meiner
Mitschüler – nein, nun werden auch noch grinsende Sonnen an die Tafel
gemalt! Ich bin eindeutig in der Hölle angekommen.
Und dann dreht sie sich um und mein Kopf schlägt beinahe auf der
Tischplatte auf.
Neben mir nehme ich am Rande das kollektive Luftanhalten der Jungs
und das neidisch-abwertende Zischen der Mädchen wahr.
Ach. Du. Heilige. Scheiße.
Meine Augen wandern von ihrer Hüfte – denn der untere Rest wird vom
Lehrertisch verdeckt – über ihre schmale Taille, hinweg über ihre üppigen
Brüste, die wieder versuchen, ihre Bluse zu sprengen, bis hin zu ihrem
Gesicht, das sich innerhalb dieser drei Jahre überhaupt nicht verändert hat.
Sie trägt nun eine Nerd-Brille mit dickem, schwarzen Rand und ihre
Haare sind zu einem strengen Zopf geflochten, der nach vorne über ihre
Schulter fällt.
Ungläubig schaue ich abwechselnd in ihr Gesicht, zur Tafel und wieder
zurück. Ich spüre, wie die Rädchen in meinem Gehirn arbeiten, doch
irgendwie kommt nichts Gescheites dabei heraus.
Das ist sie nicht. Das kann sie nicht sein! Sie heißt nicht Wenzel. Ihr
Nachname war Scholz, da bin ich mir hundertprozentig sicher. Wie könnte
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Ungenügend
ich das auch vergessen, selbst wenn es schon über drei Jahre her ist, seit wir
uns das letzte Mal gesehen haben? Unmöglich! Ich bringe auch nichts
durcheinander. Alles, was diese Frau betrifft, hat sich unauslöschlich in mein
Gehirn eingebrannt. Irrtum ausgeschlossen.
Während ich noch fieberhaft versuche, mir einen Reim darauf zu
machen, schlägt sie das Klassenbuch auf, um die Anwesenheit
durchzugehen, besinnt sich dann aber kurz und schaut in die Klasse.
»Mein Name ist Frau Wenzel«, stellt sie sich sinnloser Weise nochmals
vor, schließlich steht ja ihr Name groß – und mit Sonne! – an der Tafel. »Ich
bin die Vertretung für Frau Bock, die einen längeren Kuraufenthalt antreten
musste.« Mit anderen Worten: man hatte sie endlich eingewiesen, zumindest
glaube ich ganz fest daran. »Ich hoffe, dass wir alle gut miteinander
auskommen werden!«
Ich blicke zur Seite und sehe die anzüglichen Blicke meiner Kameraden,
wie sie sie mit ihren Augen bereits ausziehen. Ich weiß genau, was sie
denken, wenn sie sie ansehen, schließlich habe ich selbst so gedacht. Aber
hey – bei mir ist das auch etwas ganz anderes. Ich will sie anschreien, ihnen
sagen, sie sollen ihre dreckigen Augen von ihr nehmen, und will mit ihren
Fressen die Tische polieren. Niemand hat mein Mädchen dermaßen
schmierig anzuglotzen!
Aber ist sie auch wirklich mein Mädchen? Immerhin stimmt der Name
nicht. Vielleicht hat sie auch eine Zwillingsschwester oder so was … die
zufällig auch Lehrerin ist. Ja, Leon, sehr wahrscheinlich. Aber anders kann sich
mein Gehirn diesen Zusammenhang einfach nicht erklären.
Währenddessen geht sie seelenruhig die Namen durch, als würde sie all
das nicht merken. Weder die Blicke, die die anderen ihr zuwerfen, noch das
heisere Geflüster und Gekicher noch meinen inneren Kampf und das
Klicken der Rädchen in meinem Gehirn. Es dauert jedoch nicht lange, bis
sie innehält und mehrmals blinzelnd genauer ins Klassenbuch schaut.
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Ungenügend
»Leon … Bergmann?«, fragt sie zögernd und sieht sich in der Klasse um.
Nach nur wenigen Augenblicken bleibt ihr Blick an mir hängen und sie
zieht scharf die Luft ein.
Scheiße!
Sie ist es!
Siedend heiß durchläuft es meinen Körper und ich fühle mich, als würde
ich lichterloh in Flammen stehen. Gott, diese Stimme! Warum ist mir das
nicht gleich aufgefallen? Wie konnte ich auch nur eine Sekunde daran
zweifeln, dass sie es wirklich ist? Allein schon, wie mein Vorname über ihre
rosa Lippen kommt, bringt mich um den Verstand und mein Herz pocht
mir bis zum Hals.
Ich befehle meinem rechten Mundwinkel, sich zu dem einseitigen
Grinsen nach oben zu verziehen, das weibliche Gehirne in
Sekundenschnelle dahinschmelzen lässt, doch der Verräter gehorcht mir
nicht. Er ist genauso erstarrt wie der jämmerliche Rest meines Körpers.
Daher sitze ich da wie der letzte Vollidiot und starre sie fassungslos mit
offenem Mund an.
Die Frau, nach der ich mich seit drei Jahren mit jeder Zelle meines
Körpers verzehre. Die Frau, die ich seit drei Jahren suche, aber nie gefunden
habe. Weder bei Google, Facebook noch zufällig im real life – als wäre sie
vom Erdboden verschluckt worden. Einfach so, ohne irgendeine
verdammte Spur zu hinterlassen, was in der heutigen Zeit nahezu
unmöglich ist.
Und nun steht sie vor mir, nach all der Zeit. Als wäre verdammt noch
mal nichts gewesen.
Unterschwellig bemerke ich die plötzliche Stille im Raum. Alle Augen
sind auf die junge Frau und auf mich gerichtet, wie wir uns gegenseitig
anstarren und unfähig sind, zu sprechen. Ihnen wird die Spannung zwischen
uns genauso wenig entgehen wie mir, denn sie ist fast mit den Händen
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Ungenügend
greifbar.
»Leon?«, flüstert Steven neben mir und stößt mich leicht mit dem
Ellenbogen an, doch ich bin nicht in der Lage auf ihn zu reagieren. Bin zu
beschäftigt damit, ihr Gesicht und ihren Körper Zentimeter für Zentimeter
mit den Augen abzutasten und zu schauen, ob sich irgendwas seit damals
verändert hat.
Bis auf ein paar Strähnchen in ihren braunen langen Haaren und die
neue Brille sieht sie noch genauso aus wie vor drei Jahren, als ich sie am
Fuße der Treppe habe stehen sehen: Derselbe scheußliche
Kleidungsgeschmack, dasselbe schüchterne Auftreten.
Ich muss mich dazu zwingen, nicht sofort aufzustehen, nach vorne zu
rennen und sie fest in meine Arme zu schließen. Meine Nase in ihren
Haaren zu vergraben und ihren wundervollen Vanille-Duft einzuatmen. Ich
bilde mir ein, dass ich ihn sogar hier hinten in der letzten Reihe schon
riechen kann. Meine Fingerspitzen prickeln vor Verlangen, sie endlich
wieder zu berühren, und auch meine Beine machen sich bereit, sofort
aufzuspringen, wenn mein Gehirn endlich den ersehnten Befehl dazu erteilt.
Und plötzlich macht es ›klick‹ in meinem Kopf. In mir keimt ein
fürchterlicher Verdacht, warum da weiß auf grün ›Wenzel‹ und nicht
»Scholz« steht.
Ich reiße mich von ihrem Anblick los, schaue wieder an die Tafel und
mir wird augenblicklich schlecht, als ich eins und eins zusammenzähle. (Ja,
das schaffe ich noch mit meinen minderbemittelten Mathekenntnissen!)
Bitte, nein, das darf nicht sein! Meine Augen wandern zu ihrer Hand, die sie
sich vor Schreck vor den Mund hält. Ich muss fest meine Zähne
aufeinanderpressen, um nicht zu kotzen.
An ihrem Ringfinger prangt ein Ring mit glitzerndem Stein.
Und mit einem Mal weiß ich, warum ich sie in all der Zeit nicht
gefunden habe. Ich habe immer nur nach Alexandra Scholz gesucht, doch sie
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Ungenügend
hat ihren Namen geändert.
Sie ist verheiratet.
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Ungenügend
Kapitel 2
Ich habe keine Ahnung, wie die letzte halbe Stunde vergangen ist.
Irgendwann hat sich Alex, nein, Frau Wenzel – mir wird noch immer
kotzübel, wenn ich daran denke – gefasst und weiter Namen vorgelesen, so
als wäre nichts gewesen. Nichts, verdammt noch mal!
Danach hat sie irgendwas von Ableitungen gefaselt, was ich sowieso
nicht verstehe, und dabei immer wieder verstohlene Blicke in meine
Richtung geworfen.
Nicht eine Zahl habe ich mir in der vergangenen Stunde notiert. Habe
ich überhaupt den Stift in die Hand genommen? Ich weiß es nicht mehr.
Viel zu sehr war ich damit beschäftigt, die junge Frau dort vorne an der
Tafel anzustarren und jeden mit bloßen Blicken zu töten, der es wagte, sie in
irgendeiner unsittlichen Art anzugaffen.
Das war allein mir vorbehalten!
Mit dem Klingelzeichen raffte Al.., nein, Frau Wenzel ihre Unterlagen
zusammen und verließ fluchtartig das Klassenzimmer.
Ohne nachzudenken, stand auch ich auf und folgte ihr, ohne auf die
Rufe von Steven oder einem der anderen zu achten. Sie waren mir gerade so
was von scheißegal! Für mich zählte gerade nur eins: Wieder bei ihr zu sein.
Und nun stehe ich hier vor dem Lehrerzimmer, mit lässig verschränkten
Armen und an die Wand gelehnt, obwohl es in mir brodelt wie in einem
aktiven Vulkan kurz vorm Ausbruch. Ich muss mich dazu zwingen, nicht
mit den Zähnen zu mahlen, weil die anderen sonst sehen würden, dass mit
mir etwas nicht stimmt, und das will ich nicht. Niemand soll wissen, was
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Ungenügend
gerade in mir vorgeht – bis auf sie.
Wie kann sie es wagen, einfach so nach dem Stundenende zu
verschwinden? Nach all der Zeit und nach allem, was wir zusammen hatten,
ohne ein Wort zu mir zu sagen oder mir zumindest so etwas wie eine
Erklärung zu liefern? Ich meine, sie ist verheiratet, verdammt noch mal! Kann
es denn noch schlimmer kommen?
Ich werde sie zur Rede stellen und wenn ich den ganzen verdammten
Tag vor diesem bescheuerten Lehrerzimmer campieren muss! Irgendwann
wird sie herauskommen und dann werde ich sie nicht mehr gehen lassen.
Nicht, bis sie mir erzählt hat, was hier verfickt noch mal abgeht!
Es klingelt zur nächsten Stunde und der Schulflur ist bereits wie
leergefegt, doch ich bewege mich keinen verdammten Zentimeter, bleibe
immer noch an die Wand gelehnt und unbeweglich wie eine Statue.
Scheiß auf die nächste Stunde!
Die Tür zum Lehrerzimmer öffnet sich und jeder Muskel in meinem
Körper spannt sich augenblicklich an.
Bitte komm raus, bitte sprich mit mir!
Nein, ich werde sie nicht auf Knien anflehen! Auch wenn diese Fantasie
durchaus verlockend ist, aber ich habe auch so etwas wie Stolz. Und einen
verdammten Ruf zu verlieren.
Doch es ist nicht Alex, die herauskommt, sondern unser vertrockneter
Geschichtslehrer, Herr Oberschnarchnase in Person, Herr Wenzel.
Moment.
Wenzel?
Nein, das muss ein dummer Zufall sein! Sie wird doch nicht diesen
Langweiler … Nein, nein, ausgeschlossen! Wenzel ist ein sehr verbreiteter
Name, also keine Panik. Einatmen, ausatmen. Nichts anmerken lassen.
Herr Wenzel mustert mich mit hochgezogenen, buschigen Augenbrauen,
die ihm teilweise in die Augen hängen, und seine Stirn, die in eine
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Ungenügend
Halbglatze übergeht, wirft Falten. Wie immer trägt er ein gepunktetes
Hemd und knallrote Hosenträger. Immer, wenn ich diesen wandelnden
Beweis der Geschmacklosigkeit sehe, habe ich das dringende Bedürfnis,
mich zu schütteln und meine Augen mit Seife auszuwaschen, um diesen
Anblick wieder zu vergessen.
Unmöglich! Alex würde niemals mit einem wie ihm …
Und doch schiebt sich hinter Herr Wenzel eine weitere Person aus dem
Lehrerzimmer und hakt sich bei ihm unter.
Nein!
Ich starre auf ihre verschlungenen Arme und muss hart schlucken,
bevor mein Blick wie von selbst wieder zu ihr wandert. Das darf doch nicht
wahr sein!
»Herr Bergmann«, beginnt Herr Wenzel mit seiner näselnden Stimme,
die perfekt in jeden Knabenchor passen würde, »sicher haben Sie jetzt
Unterricht und keine Zeit, auf dem Flur zu stehen, oder?«
Erst jetzt nimmt auch Alex mich wahr und erstarrt. Schnell zieht sie
ihren Arm von dem Langweiler zurück, als hätte sie sich verbrannt, was
mich ein bisschen erleichtert. Aber wirklich nur ein ganz kleines bisschen.
Flehend schauen mich ihre grasgrünen Augen an, als ich zwischen ihr
und Mister Schlaftablette hin und her sehe. Ihre Augen betteln mich
geradezu an, nichts zu sagen, und ich tue ihr den Gefallen, presse aber
vorsichtshalber die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, damit auch
ja kein verräterisches Wort hinausschlüpfen kann.
»Herr Bergmann?«, schaltet sich Herr Hubschrauberlandeplatz-am-Kopf
wieder ein.
»Was?«, knurre ich, ohne meinen Blick von Alex zu nehmen, die auf
dem Flur steht wie ein verschrecktes Reh. Am liebsten würde ich sie in die
Arme schließen und beruhigend ihren Rücken streicheln, und meine
Muskeln zucken bereits bei der bloßen Vorstellung daran und wollen mich
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Ungenügend
in ihre Richtung ziehen.
»Wieso stehen Sie hier im Flur, habe ich gefragt!«
Ich schlage wieder in der Wirklichkeit auf, ohne es zu wollen. »Ich …«
Krampfhaft rattert mein Gehirn. »Ich … habe noch eine Frage zu den
Mathe-Hausaufgaben, die Frau …«, fast muss ich an dieser Stelle würgen,
»Wenzel uns aufgegeben hat.«
Alex muss meinen Widerwillen gehört haben, denn sie windet sich bei
der Nennung ihres Nachnamens.
Unsicher wandert Herr Wenzels Blick zu seiner – würg! – Frau, die ihm
zögerlich zunickt.
»Ich erwarte Sie in zehn Minuten im Unterricht, Herr Bergmann. Und
wehe dem, ich erwische Sie dann wieder, wie Sie herumtrödeln!« Mit diesen
Worten lässt er uns beide allein auf dem Flur stehen.
Schnell stecke ich meine Hände in die Hosentaschen, um sie davon
abzuhalten, sofort ihre weiche Haut zu berühren. Verstohlen beobachte ich
sie eine Weile, wie sie verlegen mit einer Haarsträhne spielt und dabei auf
ihre Schuhspitzen sieht. Sie sieht so unschuldig und gleichzeitig verstört aus,
dass ich es nicht über mich bringe, sie sofort mit Vorwürfen zu überhäufen,
auch wenn ich es am liebsten tun würde.
»Du bist hier«, sage ich dann in die Stille, die bleischwer über uns zu
liegen scheint. Sorry, was Besseres ist mir einfach auf die Schnelle nicht
eingefallen … Aber irgendwas musste ich ja schließlich sagen, einfach weil
ich diese Stille zwischen uns nicht mehr ertrage. Zwischen uns mag vieles
gewesen sein, aber eine peinliche Stille war es nie. Es fühlt sich falsch an.
Alex nickt und schaut endlich zu mir auf. In ihren Augen sehe ich
Verzweiflung und Verwirrung, während sie mich mustert, wobei mir ein
wohliger Schauer über den Rücken rieselt. Von mir aus kann sie den ganzen
Tag damit weitermachen. Ich liebe den Anblick, wie sich ihre Pupillen eine
Spur weiten, als sie versucht, mein altes, kindliches Ich mit meinem jetzigen
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Ungenügend
Aussehen in Einklang zu bringen. Sehr genau tasten ihre flinken Blicke
mein Gesicht und meinen Körper ab, bevor sie dann wieder zu meinen
Augen zurückkehren.
»Du bist groß geworden«, flüstert sie dann.
»Drei Jahre sind eine lange Zeit, … Alex.«
Ich sehe, wie ein Schauer durch ihren gesamten Körper läuft, als ich
ihren Namen ausspreche, und sie kneift für einen Moment die Augen zu.
Sie sieht so gequält aus, dass sich ihr Anblick direkt in mein Herz schneidet
wie ein Messer.
Ich stoße den Atem aus, den ich die ganze Zeit angehalten habe, und
suche krampfhaft nach Worten. Was soll ich ihr sagen? Was soll ich tun? Ich
möchte sie nicht mehr so niedergeschlagen sehen und diese Stille, die sich
erneut zwischen uns ausgebreitet hat, ist einfach nicht zum Aushalten! Doch
ich bleibe weiterhin an die Wand gelehnt stehen und beobachte sie nur, in
der Hoffnung, dass sie den ersten Schritt macht, denn ich habe keine
Ahnung, wie ich mit all dem umgehen soll.
Als sie beginnt, unsicher auf ihrer vollen Unterlippe zu kauen,
überbrücke ich ohne weiter darüber nachzudenken mit einem einzigen
Schritt die Kluft zwischen uns und ziehe sanft mit meinem Daumen ihre
Lippe zwischen ihren Zähnen hervor.
Es ist mir so was von scheißegal, ob uns jemand sieht. Allein diese kurze
Berührung ihrer Haut hat so starke Funken durch meinen Körper gejagt,
dass sämtliche Ängste über Bord gegangen sind.
Sie erstarrt, als meine Hände sich vorsichtig auf ihre Wangen legen, ihr
Gesicht sanft umschließen, jederzeit bereit, sich sofort zurückzuziehen,
wenn sie es wünscht.
Zwar sehne ich mich mehr als alles andere danach, sie zu berühren und
endlich in die Arme zu schließen, aber ich würde nie etwas tun, was sie nicht
auch will. So war es schon immer zwischen uns, von der ersten Sekunde an.
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Ungenügend
Als wäre das, was zwischen uns war, von vornherein vorherbestimmt
gewesen.
Zitternd stößt sie die Luft aus ihren Lungen, schließt die Augen und
schmiegt ihr Gesicht dann an meine Hände.
Gott sei Dank!
Für einen Moment war die Angst, dass sie nichts mehr für mich
empfinden und mich hier und jetzt zurückweisen würde, nahezu
übermächtig. Schließlich ist sie verheiratet, doch das kümmert mich gerade
einen Scheißdreck. Ich bin es, der ihr Gesicht berührt und der jetzt vor ihr
steht, und niemand sonst.
Sanft, aber bestimmt, ziehe ich ihr Gesicht näher an meines, atme tief
den vermissten Vanille-Duft ein und genieße das Gefühl ihres warmen
Atems auf meiner Haut, als sie nur noch wenige Zentimeter von mir
entfernt ist. Wie habe ich diese Wärme vermisst! Niemandem ist es seit ihr
gelungen, mein Herz mit so einfachen Mitteln dermaßen zum Rasen zu
bringen. Selbst jetzt, während ich einfach nur ihr Gesicht berühre, schlägt
mein Herz so stark, dass ich befürchte, es müsse jeden Moment aus meinem
Brustkorb springen. Auch gut, dann kann ich es ihr gleich zu Füßen legen.
Mit großen Augen schaut sie zu mir auf. Anders als früher überrage ich
sie nun fast um einen Kopf und muss mich ein Stück zu ihr hinunter
beugen, doch das nehme ich gerne in Kauf, wenn ich dann nur endlich ihre
weichen Lippen wieder auf meinen spüren kann.
Schnell legt sie mir eine Hand auf die Brust und stoppt mich. Mir
entgeht nicht, wie ihre Hand verräterisch an meinem dünnen Shirt zittert,
doch ich kann nicht verhindern, dass sich meine Augen zu Schlitzen
verengen. Warum tut sie das?
»Nicht hier«, flüstert sie dann mit gesenktem Kopf und so leise, dass ich
sie kaum verstehen kann. »Nein, überhaupt nicht.«
Sie nimmt die Hand von meiner Brust, wodurch sich von der Stelle aus,
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Ungenügend
wo sie eben gelegen hat, eine eisige Kälte durch meinen Körper frisst, und
auch ich lasse meine Hände sinken, fahre dabei sanft über ihre Schultern
und Oberarme, hinab zu ihren Händen, wo sich unsere Finger wie von
selbst miteinander verflechten.
Als sie merkt, was sie da tut, reißt sie ihre Hand ruckartig von meiner los
und weicht einen Schritt zurück, wobei sie mich mit aufgerissenen Augen
anschaut, als sähe sie mich zum ersten Mal.
»L-Leon«, stammelt sie rau, räuspert sich dann und strafft ihre Schultern,
ehe sie zu mir aufblickt. »Es geht nicht. Wir dürfen das nicht. Ich bin
verheiratet und deine Lehrerin.«
Ohne nachzudenken, strecke ich die Hand aus und ergreife ihre, die sie
nicht sofort zurückzieht. Erwischt. Ich weiß, dass das, was sie da sagt, nur
leere Phrasen sind, die rein gar nichts bedeuten. Der Schock von damals
sitzt wohl einfach noch zu tief.
»Du weißt, dass mir das scheißegal ist«, sage ich dann mit gedämpfter
Stimme, für den Fall, dass sich doch noch jemand auf dem Flur
herumtreibt. »Das war es damals schon. Ich bereue nicht einen Tag.«
Verzweifelt presst sie bei meinen Worten die Lippen aufeinander, bevor
sie mit fester Stimme sagt: »Und wohin hat es uns gebracht? Ich hätte
beinahe meinen Studienplatz verloren! Sogar mit Gefängnis haben sie mir
gedroht! Als wäre ich eine Schwerverbrecherin.« Sie schüttelt hektisch den
Kopf, um die aufkommenden Erinnerungsfetzen zu vertreiben. »Weißt du,
wie ich mich gefühlt habe?«
Tränen glitzern in ihren Augen, die wild umher huschen, und ich fühle
mich, als hätte sie mir direkt in den Magen geboxt.
Nicht eine Sekunde habe ich Idiot daran gedacht, wie es ihr ergangen ist.
Ich habe nur an mich gedacht, daran, wie sehr ich sie vermisse und brauche.
Aber was geschah mit ihr? Daran dachte ich nicht und das erschüttert mich.
Wie konnte ich nur ein solcher Egoist sein?
27
Ungenügend
Jetzt, wo ich darüber nachdenke, ist es sonnenklar. Ich war zu dieser Zeit
minderjährig und sie hatte gerade ihr Studium begonnen und hielt sich mit
Nachhilfestunden in Mathematik über Wasser.
Dass das vor den Baum geht, hätte ich eigentlich wissen sollen, auch
damals schon in meinem jugendlichen Leichtsinn, schließlich gingen meine
Frauengeschichten auch damals schon nicht gut aus. Doch viel zu mächtig
waren die Gefühle, die ich für diese Frau hegte. Gefühle, die ich damals
nicht wirklich verstand, die aber auch jetzt nach all dieser Zeit noch da und
zu präsent sind, als dass ich mir über solche Nichtigkeiten den Kopf
zerbrochen hätte.
Sie ist die Eine, die seit Jahren fest in meinem Herzen sitzt und an der
sich jede messen muss, um unweigerlich zu scheitern. Keiner anderen ist es
je gelungen, die Festung, die ich um mich errichtet habe, seit sie aus meinem
Leben verschwunden ist, niederzureißen. Zu mehr als ein paar kurzzeitigen
Intermezzos, bei denen mein eigenes Vergnügen im Vordergrund stand, ist
es nie gekommen. Nicht einmal ansatzweise ist es irgendeiner von ihnen
gelungen, mein Herz zu erobern, und – verdammt noch mal! – es haben
genügend versucht, nur um kläglich zu versagen.
Mit dem Daumen streiche ich die Tränen weg, die ihre Wangen
hinunterkullern, und ich bin erleichtert, dass sie sich dieser Berührung nicht
entzieht. Ich brauche ihre Nähe und diese kleinen Liebkosungen so
dringend wie die Luft zum Atmen, jetzt, da sie wieder in meinem Leben ist.
»Ich habe nach der Schule Fußballtraining«, erzähle ich, um sie von ihrer
Trauer abzulenken. »Wollen wir danach ein bisschen reden?«
Natürlich ist es normalerweise nicht meine Masche, mit Mädchen zu
reden, ist klar, aber bei dieser Frau ist es anders. Ich will hören, was sie nach
unserer Trennung gemacht hat und wie sie an diesen Oberlangweiler geraten
ist. Obwohl … Nein, wenn ich recht darüber nachdenke, will ich das lieber
gar nicht wissen.
28
Ungenügend
Da sie nicht antwortet, frage ich: »Also um halb vier auf dem Platz?«
und ernte ein schwaches Nicken, das mein Herz noch eine Spur schneller
schlagen lässt.
Immerhin besser als eine Abfuhr. Nun muss ich das Beste daraus
machen, und, verdammt noch mal, das werde ich auch! Um nichts in der
Welt werde ich zulassen, dass Alex wieder aus meinem Leben verschwindet.
###
Einige Sekunden bleiben wir einfach noch stehen, während ich ihr
beruhigend über die Wange streichle, bis sie sich etwas beruhigt hat und
einigermaßen vorzeigbar aussieht. Ein kurzer Blick auf die Uhr verrät mir,
dass ich die angedrohten zehn Minuten Karenzzeit bereits gnadenlos
überschritten habe. Ehe ich noch mehr Ärger bekomme, reiße ich mich also
seufzend von Alex los, nicht ohne sie erneut an unser Treffen nach dem
Training zu erinnern, und stelle mich dem totlangweiligen
Geschichtsunterricht bei Herrn Wenzel.
Oft haben wir eine Wette in unserer Truppe laufen: Wer zuletzt
einschläft, hat gewonnen und bekommt fünf Euro. Und das ist echt schwer!
Jedenfalls hab ich es noch nicht einmal geschafft.
Ich husche, begleitet von den fragenden Blicken meiner
Klassenkameraden, wie ich denn bis jetzt dieser Folter entkommen konnte,
auf meinen Platz neben Steven. Auch Herr Wenzels Blick folgt mir
forschend, doch nachdem ich meine Bücher ausgepackt habe, widmet er
sich wieder seinem Stundenthema und entlässt mich aus seiner visuellen
Inquisition.
Mit monotonem Singsang erzählt er uns irgendwas über
Industrialisierung und schon nach drei Minuten muss ich meinen Kopf
stützen, damit er nicht vor mir auf den Tisch knallt. Dieser Mann sollte
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Ungenügend
CDs für Menschen einlesen, die an Schlafstörungen leiden. Die würden ihm
aus den Händen gerissen werden wie warme Semmeln, da bin ich mir sicher.
Aber nein, stattdessen macht er hier einen auf Geschichtslehrer und
schläfert uns ein.
Steven schiebt mir ein kleines Zettelchen zu, das ich mit hochgezogenen
Augenbrauen mustere. Sind wir hier in der verdammten zweiten Klasse,
oder was? Seit wann schreiben wir uns denn Briefchen wie gackernde
Mädchen? Erst als er mich mit seinem Ellenbogen anstubst, dass ich fast
vom Stuhl falle, tue ich ihm den Gefallen und falte es auseinander.
Wo biste gewesen?, steht da in seiner krakeligen Schrift, mit der jeder
Kryptologe seine wahre Freude gehabt hätte. Wirklich, seine Schrift ist so
grausam, dass man ganze Abteilungen damit beschäftigen könnte, sie zu
entziffern. Vielen würde sicherlich gar nicht auffallen, ob es sich um die
Schriften einer untergegangenen Zivilisation oder Stevens Schreibversuche
handelt.
Augenrollend sehe ich ihn an. »Du sitzt neben mir, Mann«, wispere ich.
»Warum schreibst du mir Briefchen? Soll ich da jetzt irgendwas ankreuzen?
Ja, nein, vielleicht?« Ich komme mir total blöd vor, wie ich hier mit dem
auseinandergefalteten Zettelchen sitze und keine Ahnung habe, was ich
damit jetzt machen soll. Vor allem, weil ich keine Lust habe, ihm
irgendwelche Einzelheiten zu erzählen, schon gar nicht im Unterricht von
Herrn Wenzel.
Ein lautes Räuspern unterbricht mich und ich schaue zähneknirschend
nach vorne. Anscheinend haben wir seinen Monolog gestört, das tut mir
aber leid. Sensationsheischend drehen sich auch die meisten anderen
Schüler zu uns um, doch da ich meine Lippen fest aufeinanderpresse, gibt es
hier nichts zu sehen, und Herr Wenzel fährt mit erhobenem Kopf weiter
fort. Keine Ahnung, von was er redet, und es kümmert mich auch nicht die
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Ungenügend
Bohne.
Mit dem Ellenbogen stupst Steven mich an, unterbricht dabei meine
Versuche, Herr Wenzel mit puren Blicken zu töten, und deutet auf das
Zettelchen. Ich gebe mich geschlagen und kritzele eine kleine Antwort
darauf. Er würde mich ja doch nicht in Ruhe lassen, bis ich es ihm erzähle.
Und wenigstens schlafe ich so nicht ein und handle mir dadurch eine
Strafarbeit ein.
Musste noch was klären, lautet meine knappe Antwort.
Mehr muss er nicht wissen. Er würde es eh nicht verstehen. Ich habe
ihm zwar damals viel von Alex erzählt und er hat auch mitbekommen, wie
schlecht es mir ging, nachdem sie weg war, aber ich habe keine Lust, das
wieder aufzuwärmen.
Hat es was mit der neuen Mathelehrerin zu tun?, steht auf dem zweiten Zettel,
den er mir zuschiebt. Ich knirsche mit den Zähnen. Kann er mich nicht
einfach in Ruhe lassen?
Ich überlege eine Weile, ob ich darauf überhaupt antworten soll, aber
hey, es ist Steven, mein Sandkastenfreund aus Kindertagen. Wenn ich es
jemandem erzählen sollte, dann ihm. Auch wenn er noch nie mehr für ein
Mädchen empfunden hat, wird er mich am ehesten verstehen. Zumindest
hoffe ich das und lasse es auf einen Versuch ankommen, schließlich habe
ich gerade eh nichts Besseres zu tun.
Vielleicht, schreibe ich also und schiebe das Zettelchen zu ihm zurück,
woraufhin er mich breit mit seinem Zahnpastalächeln angrinst. Ich verdrehe
nur die Augen. Was ist daran bitte so komisch?
Ist sie es?, fragt er weiter, wobei er das sie fett unterstreicht.
Vielleicht, schreibe ich wieder darunter, was Steven mit einem Schnauben
kommentiert und anfängt, erneut etwas auf den Zettel zu kritzeln.
Also ist sie es, kommt diesmal zurück.
Kommentarlos schiebe ich den Zettel weg und starre nach vorne. War ja
31
Ungenügend
klar, dass er sich daran erinnert, schließlich gab es bei mir noch nicht allzu
viele Frauengeschichten. Okay, zumindest keine, die länger hielt als eine
Nacht.
Wann triffst du dich mit ihr?, steht auf dem neuen Zettel, den er unter
meinem Arm durchschiebt, und ich schiele nach ein paar Sekunden doch
drauf, obwohl ich es eigentlich nicht will.
Nach dem Training, schreibe ich zurück, woraufhin mir Steven ein
Daumenhoch gibt. Ich stütze den Kopf in beide Hände und hoffe, dass er
mich dann nicht auch so blamieren wird.
»Du packst das, Bro«, flüstert er dann und klopft mir auf den Rücken.
»Toi, toi, toi!«
Ich wünschte, ich hätte auch so viel Vertrauen … Normalerweise würde
ich mir vor dem Treffen mit einem Mädchen nicht ins Hemd machen wie
eine kleine Jungfrau, aber hey, hierbei geht es nun mal nicht um irgendein
Mädchen, über das ich nur mal schnell drüberrutsche. Hierbei geht es um
die einzige Frau, die mir jemals etwas bedeutet hat. So, wie sich Alex mir
vorhin entzogen hat, habe ich kein gutes Gefühl, wenn ich an unser Treffen
denke. Drei Jahre sind eine lange Zeit und können einen Menschen
verändern. Ich meine, sie ist mittlerweile verheiratet, verdammt noch mal!
Und ich? Ich habe mich in dieser Zeit sicherlich auch verändert. Wir sind
nicht mehr die gleichen Menschen, die wir damals waren.
Im Grunde weiß ich gar nicht, was ich ihr nachher erzählen soll. Ich
werde es einfach auf mich zukommen lassen, so wie immer.
32
Ungenügend
Kapitel 3
Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, wann ich zuletzt
so beschissen nervös vor einem Fußballspiel war. Es ist ja nicht einmal ein
richtiges Spiel, sondern nur Training, und doch brauche ich drei Anläufe, bis
ich meine verdammten Schuhe zugebunden habe, weil meine Hände zittern
wie Espenlaub, während mir das Herz bis zum Hals klopft.
Was mache ich, wenn sie nicht da ist? Wenn sie mich versetzt? Oder
wenn ich mich da draußen vor ihr bis auf die Knochen blamiere? Ich weiß,
dass ich ein guter Fußballspieler bin, aber so durch den Wind, wie ich
gerade bin, stolpere ich da draußen garantiert über meine eigenen Füße und
lande mit dem Gesicht im Rasen.
Nicht sehr eindrucksvoll und begehrenswert … Ich muss mich
zusammenreißen und da draußen verdammt noch mal einen guten Eindruck
machen!
Steven beobachtet mich mit anzüglich hochgezogenen Augenbrauen und
erntet dafür einen Ellenbogenstoß in die Seite. Länger als sonst stehe ich in
der Umkleide vor dem Spiegel und versuche, meine schwarzen Haare zu
dem sexy Chaos zu ordnen, auf das die Mädels immer stehen, doch heute
will es mir einfach nicht gelingen.
Mit einem frustrierten Schnauben gebe ich auf und schlüpfe in mein
Trikot.
Die gesamte Mannschaft steht schon draußen und wartet auf mich.
Normalerweise hasse ich Trödler und verdonnere sie zu ungeliebten
33
Ungenügend
Extraaufgaben, doch heute ist es schließlich etwas anderes.
Heute spielen wir zu Trainingszwecken gegen die Mannschaft der
Realschule aus der Nachbarstadt. Die Spieler sind allesamt jünger als wir
und unerfahrener. Ich habe keine Zweifel daran, dass wir dieses Spiel für
uns entscheiden, doch ich gehe lieber kein Risiko ein. Wenn wir gerade
heute von diesen Anfängern unangespitzt in den Boden gerammt werden
würden, würde ich mich in Grund und Boden schämen. Nein, das darf
unter gar keinen Umständen passieren!
Daher gehe ich mit meiner Mannschaft noch kurz die Taktik durch,
bevor wir aufs Feld traben, um uns aufzuwärmen. Nachdem ich ein paar
Runden gelaufen bin und meine Muskeln gedehnt habe, lasse ich meinen
Blick über die Tribüne schweifen.
Bei einem so unwichtigen Spiel ist nie viel los. Die meisten Zuschauer
sind Mädchen, die uns oder ihren Freunden zujubeln wollen. Nichts
Besonderes eben, nur sehr viel lautes Gekreische.
Doch da, ganz außen in der Nähe der Treppe, sitzt sie.
Mit einem Schlag ist die Nervosität zurück, die ich während des
Aufwärmens erfolgreich verdrängt habe, und ich muss aufpassen, dass ich
langsam einen Fuß vor den anderen setze, um nicht auf der Nase zu landen.
Na, das kann ja heiter werden … Ich werde mich heute bis auf die
Knochen blamieren!
Fokus, Leon, Fokus! Verbanne sie für die nächsten neunzig Minuten aus deinem
Kopf, damit du dich nicht vollkommen zum Idioten machst!
Bevor wir Aufstellung nehmen, wische ich ein bisschen Schweiß mit dem
Zipfel meines Trikots von der Stirn, wodurch sie auch von ihrem Sitzplatz
aus hoffentlich eine nette Aussicht auf meine Bauchmuskeln hat. Kurz sehe
ich das Weiß ihrer Zähne aufblitzen, als sie sich auf die Unterlippe beißt,
und ich muss grinsen. Yep, es funktioniert einfach immer wieder, auch bei
älteren Mädchen.
34
Ungenügend
Mit Anpfiff konzentriere ich mich auf das Spiel, wie ich es mir
vorgenommen habe. Alex und das, was zwischen uns war oder ist, kann
warten. Sie ist hier, das ist schon mal die halbe Miete. Um den Rest werde
ich mich kümmern, nachdem ich diese Anfänger hier vorgeführt habe. Wie
ich erwartet habe, sind uns die Gegner meilenweit unterlegen und werden
von uns mit Beginn der ersten Spielsekunde an die Wand gespielt. Wenn ich
das verpatzt hätte, nur weil mir ein Mädchen im Kopf herum- spukt, hätte
ich mich nie wieder auf den Platz trauen dürfen.
Ich schieße drei Tore, meine Kollegen machen noch zwei weitere und
Steven hält seinen Kasten sauber, genau wie ich es von ihm erwartet habe.
Wenn es eine Spielposition gibt, die wie für ihn gemacht ist, ist das der
Torwart. So groß und breitschultrig wie er ist, versetzt sein bloßer Anblick
die vorstoßenden Gegner bereits in Angst und Schrecken, sodass sie den
Schuss von vornherein verpatzen. Wer denkt, dass seine massige Statur ihn
bei seiner Tätigkeit behindert, der irrt gewaltig: Der Kerl ist wendig wie eine
verdammte Katze.
Niedergeschlagen schleicht die gegnerische Mannschaft vom Platz und
ist verschwunden, noch ehe der Beifall für uns ver- klungen ist, während wir
unseren Sieg nur mit dem obligatorischen High Five feiern. Alle aus
unserem Team wissen, dass das keine Gegner für uns waren und tun dieses
Spiel mit einem gut gemeinten Schulterzucken ab. Auch solche Spiele sind
wichtig, schließlich rosten wir so wenigstens nicht ein.
Ich löse mich von meinen Kollegen, die sich noch von den wenigen Fans
feiern lassen. Die meisten davon sind eh ihre Ischen, in deren Jubel sie sich
zu gerne suhlen. Soll mir recht sein, ich habe heute anderes im Sinn.
Am Spielfeldrand halte ich meinen Kopf unter einen Wasserhahn, um
mich abzukühlen. Leichtes Spiel oder nicht, verschwitzt bin ich trotzdem,
immerhin gebe ich immer hundertzehn Prozent, auch bei so jämmerlichen
Gegnern. Ich spüle mir den trockenen Mund aus und wische mir mit der
35
Ungenügend
Hand über den Nacken, bis mir das herrlich kühle Wasser den Rücken
hinunterläuft.
Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sich jemand neben mich stellt, und
richte mich sofort auf. Mein Herz beginnt augenblicklich zu wummern,
denn es kann nur eine sein, die jetzt zu mir kommt.
Unsicher schaut Alex zu mir auf, betrachtet meine nassen Haare, aus
denen das Wasser über das Gesicht läuft, und mein verschwitztes Trikot, das
mir hauteng am Körper klebt und dadurch alle Muskeln an Brust und Bauch
betont.
Sofort reagiere ich auf den Blick, mit dem sie mich so genau mustert,
der sich förmlich an meinen Brustmuskeln festzusaugen scheint, und
verlagere das Gewicht etwas, damit sie es nicht auch sofort sieht. Zum
Glück sind unsere schwarzen Trainingsshorts weit genug, um die Beule, die
sich in meinen Boxershorts gerade bildet, zu kaschieren. Schließlich will ich
sie nicht sofort verschrecken.
»Tolles Spiel!«, sprudelt es aus ihr heraus, nachdem sie sich dazu
durchgerungen hat, mir wieder ins Gesicht zu schauen, und wahrscheinlich
selbst gemerkt hat, wie genau ihr Blick mich abgecheckt hat.
Ich schenke ihr mein einseitiges, schelmisches Grinsen und sehe, wie
sich kurz ihre Pupillen weiten. Tja, es klappt halt immer wieder, denke ich
selbstzufrieden, beschließe aber, noch einen draufzusetzen, um auch
wirklich sicherzugehen.
»Danke«, sage ich galant und wische mir mit dem Trikotsaum über das
nasse Gesicht, was sie nach Luft schnappen lässt, als sie meine definierten
Bauchmuskeln nicht nur erahnen muss, sondern live und in Farbe sehen
kann. Die Röte, die ihre Wangen überzieht, ist so niedlich, dass ich grinsen
muss. »Ich werde nur kurz unter die Dusche springen, um mir den Schweiß
abzuwaschen, und dann können wir uns irgendwohin setzen und reden. Ist
das okay?«
36
Ungenügend
Sie blinzelt kurz und schaut mich für einen Moment an, als würden mir
Antennen aus dem Kopf wachsen. Dann schüttelt sie ihren hübschen Kopf,
um wieder zur Besinnung zu kommen. »Äh, ja, klar, natürlich. Ich, äh, warte
dann mal hier.«
Erneut grinse ich, deute eine kleine Verbeugung an und schlendere in
Richtung Umkleide davon, wobei ich mich nur mit Mühe davon abhalten
kann, zu rennen. Schließlich will ich eigentlich gar nicht weg von ihr.
Aber okay, vielleicht wird es doch nicht so schwer, wie ich gedacht habe.
Sie scheint Wachs in meinen Händen zu sein und das ist genau das, was ich
will.
###
Ich brauche länger als sonst, obwohl ich eigentlich viel schneller fertig
sein will, dusche den ganzen Schweiß gründlich von meinem Körper ab und
benutze neben Deo auch noch ein gutes Parfüm, das ich zum Glück noch
ganz hinten in meinem Spind gefunden habe. Keine Ahnung, wie lange das
da schon lag oder warum ich es überhaupt mal mitgebracht habe, aber heute
scheint mir die passende Gelegenheit zu sein, es endlich mal wieder zu
benutzen.
Als ich wieder in Jeans und schwarzem T-Shirt stecke, widme ich weitere
Minuten meiner Frisur – diesmal klappt es besser als vorhin –, bevor ich
mich beschwingt, aber nervös auf den Weg nach draußen mache.
Wird sie noch da sein und auf mich warten? Oder hat sie einen
Rückzieher gemacht und lässt mich einfach sitzen? Ich wurde noch nie von
einem Mädchen sitzengelassen …
Ich verabschiede mich von den Jungs. Steven gibt mir nochmal ein nicht
sehr unauffälliges Daumenhoch, und ich achte darauf, dass mir niemand
folgt, schaue immer wieder über meine Schulter, ob auch ja niemand von
37
Ungenügend
ihnen ebenfalls in meine Richtung läuft – zurück zur Tribüne, nicht weg
vom Platz. Auf ihre dummen Sprüche kann ich gerne verzichten, schließlich
handelt es sich bei Alex nicht um eine x-beliebige Ische, bei der ich vielleicht
ebenfalls mitgelacht hätte. Sprüche gegen sie nehme ich persönlich, aber ich
habe keine Lust, mit einem meiner Mannschaftskameraden
aneinanderzugeraten.
Mit jedem Schritt, den ich Richtung Tribüne mache, werde ich nervöser.
Mein Herz rast und immer wieder spiele ich verschiedene Situationen im
Kopf durch: Was ich tue, wenn sie weg ist; was ich sage, wenn sie da ist; wie
ich ihr morgen gegenübertrete, nachdem sie mich stehengelassen hat. Kann
ich damit umgehen? Oder würde dadurch alles noch schlimmer werden?
Meine Ängste sind jedoch unbegründet, denn Alex lehnt am
Treppengeländer, fast genau da, wo ich sie zurückgelassen habe. Mein Herz
macht einen Satz, als sie aufblickt, mich schüchtern anlächelt und dann
gleich wieder die Augen niederschlägt. Ich muss grinsen, denn ich weiß,
dass sie nicht immer so ist. Zum Glück kenne ich auch eine andere Alex als
die, die dort verunsichert mit einer Haarsträhne spielt.
Kurz schaue ich nach links und rechts, um mich zu vergewissern, dass
wir auch wirklich unbeobachtet sind, doch seit dem Spiel ist bereits einige
Zeit vergangen und weder Spieler noch Zuschauer sind noch hier.
Wir sind allein.
Ganz allein.
In meinem Bauch kribbelt es vor Vorfreude, sie gleich berühren zu
können, ohne Angst vor störenden Blicken. Manche Dinge ändern sich
eben auch mit den Jahren nicht. Die Anziehungskraft, die sie auf mich
auswirkt, scheint sogar noch stärker geworden zu sein.
Ich mache zwei große Schritte und stehe endlich vor ihr, ergreife ihre
Hand, die noch genauso weich ist, wie ich sie in Erinnerung habe, und ziehe
sie zu einem der Tribüneneingänge, wo wir uns auf die kalten Stufen setzen.
38
Ungenügend
Unsicher rutscht sie ein Stück von mir weg und streicht sich eine
Haarsträhne hinters Ohr, die sich aus ihrem Zopf gelöst hat. Die Distanz,
die sie zwischen uns schafft, verwundert mich nicht, und ich sage immer
wieder zu mir selbst, dass ich es langsam angehen muss. Nicht alles mag sich
geändert haben, aber einige Dinge eben schon, und ich kann es mir nicht
erlauben, das hier irgendwie zu vermasseln. Nicht, nachdem ich sie endlich
wiederhabe.
Wie gebannt betrachte ich, wie ihre Augen unsicher umher huschen und
sie nach Worten sucht. Sie sieht so unschuldig aus, wie sie hier neben mir
sitzt. So rein, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Doch das übermütige
Funkeln in ihren Augen und die zarte Röte auf ihren Wangen straft diesen
Gedanken Lügen.
Sie hat sich kein bisschen verändert und das beruhigt mich.
Wieder fasse ich nach ihrer Hand und halte sie diesmal fest, schlinge
meine Finger um ihre.
»Es tut gut, dich wiederzusehen«, sage ich dann, um das Eis zu brechen
und die Unsicherheit zu vertreiben, die zwischen uns herrscht. So war es
nicht immer. Es gab eine Zeit, da dachte ich, dass ich sie besser kennen
würde als mich selbst.
Ich sehe, wie sie schluckt. »Ja«, gibt sie dann zu.
Okay, nicht ganz das, was ich mir als Antwort erhofft habe, aber
immerhin besser als nichts. »Ich habe oft an dich gedacht. Wo du wohl bist
und was du so machst.«
Sie presst die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und
augenblicklich hebe ich meine andere Hand und streiche mit dem Daumen
darüber, um sie zu lösen. Erschrocken schnappt Alex nach Luft, doch mein
Daumen fährt unbeirrt die Kontur ihrer vollen Lippen nach, als wäre es das
Natürlichste von der Welt.
Mit einem Mal bin ich heillos nervös und ein Kloß bildet sich in meinem
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Ungenügend
Hals, während ich wie gebannt auf die Feuchtigkeit ihrer Lippen starre. Für
den Bruchteil einer Sekunde fliegt mein Blick zu ihren Augen und als ich
dort keine Ablehnung erkennen kann, lege ich meine Hand in ihren Nacken
und ziehe ihren Kopf zu mir, überbrücke die Kluft, die sich zwischen uns
gebildet hat. Alles um mich herum verschwimmt zu einer unwichtigen und
nichtssagenden Masse. Ich nehme nichts wahr, außer sie. Spüre ihren
beschleunigten Atem auf meinem Gesicht und das leichte Zittern ihrer
Hand, die ich noch immer festhalte.
Langsam, ganz langsam, beuge ich mich vor, beobachte, wie sie ihre
Augen schließt und seufze erleichtert auf. Federleicht streiche ich mit
meinen Lippen über ihre, gebe ihr die Chance, es zu beenden, wenn sie es
will, auch wenn es mich innerlich zerreißen und mein Herz in winzige
Stücke sprengen würde. Ihre Hand verkrampft sich um meine und ich
streichle mit den Fingern darüber, um sie zu entspannen. Es gibt nichts,
wovor sie sich fürchten müsste.
Als sie mich weder zurückstößt noch anderweitig zurückhält, presse ich
meine Lippen fester auf ihre, inhaliere ihren süßen Vanille-Duft und
streichle mit der Hand über ihre Wange.
Ihre Lippen fühlen sich so richtig auf meinen an, dass mich dieses
Gefühl vollkommen berauscht. Mein rationales Denken hat sich sowieso
schon in dem Moment verabschiedet, als ich ihre Hand genommen habe.
Ich kann nur noch fühlen – und es fühlt sich großartig an.
»Alex«, hauche ich gegen ihre Lippen, während sich ihre freie Hand in
mein Shirt krallt, um mich näher an sie zu ziehen. Ihre andere entwindet sie
meiner Hand, fährt mit ihren Fingern sanft meine Arme hinauf zur
Schulter, dann hinab zu meiner Brust und erkundet die Muskeln, die unter
ihren forschenden Fingern erschaudern.
Ich schlinge beide Arme um sie und ziehe sie so nah an mich heran, bis
kein Lufthauch mehr zwischen uns durchpassen würde, und trotzdem ist es
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Ungenügend
mir noch nicht nah genug. Alex keucht erschrocken auf, als ich sie auf
meinen Schoß hebe, und ich nutze die Gelegenheit, um vorsichtig meine
Zungenspitze an ihren Lippen entlangfahren zu lassen. Es braucht nicht
lange und auch ihre Zunge kommt langsam aus ihrem Versteck, stupst
meine an, was kleine Stromschläge durch meinen Körper schießen lässt.
Sie sitzt rittlings auf mir und windet sich auf meinem Schoß, was mich
nur noch mehr anheizt. Schon jetzt stehe ich kurz davor, meine Jeans zu
sprengen, doch ihre Reibungen und die Art, wie sich ihre Hände an mir
festkrallen, treiben das Ganze noch auf die Spitze. Ihr langweiliger
Cordrock ist ihr bis zu den Oberschenkeln hochgerutscht und ich lasse es
mir nicht nehmen, über die seidig weiche Haut ihrer Beine zu streichen,
bevor ich meine Hände höher wandern lasse.
Mit einem rauen Stöhnen in ihren Mund lasse ich meine Hände unter
ihre Bluse gleiten und liebkose die weiche Haut an ihrem Rücken, fahre ihre
Wirbelsäule hinauf und hinab und drücke sie fester an mich.
Am liebsten würde ich ihr natürlich sofort sämtlichen Stoff vom Leib
reißen und jeden Zentimeter ihrer Haut küssen, doch ich weiß, dass das für
sie zu schnell gehen würde, also bremse ich mich, so gut ich kann, was mir
jedoch alles andere als leichtfällt. Ihre Nähe berauscht mich wie eine Droge,
von der ich immer mehr und mehr will.
Sofort. Und für immer.
So begnüge ich mich damit, ihren mir so bekannten Körper an eher
unverfänglichen Stellen mit den Fingern zu erkunden, während unsere
Zungen umeinander tanzen.
»Leon«, stöhnt sie leise, als ich ihre Hüfte packe und fester auf meinen
harten Schwanz drücke, der schon die ganze Zeit in meiner Hose
aufmerksamkeitsheischend pulsiert.
Ihr Stöhnen und die gehauchten Worte jagen Schauer durch meinen
ganzen Körper und vernebeln mir vollends die Sinne, bis nur noch mein
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Ungenügend
Tastsinn funktioniert. Ich will mehr von ihr. Ich will sie ganz. Und ihr geht es
genauso. Ihr Körper schreit geradezu danach, auch wenn sie sich nach
außen hin dagegen sträubt.
Doch hier ist weder Zeit noch Ort, das weiß ich selbst. Ich muss mich
also beherrschen, auch wenn es mir schwerfällt.
Plötzlich löst sie sich von mir und springt von meinem Schoß herunter.
Schwer atmend macht sie zwei Schritte zurück, während ich sie nur
stirnrunzelnd ansehen kann.
Was ist denn jetzt auf einmal los? Hab ich es verbockt?
»E-Es tut mir leid«, stottert sie, richtet ihre Bluse, zieht ihren Rock
hinunter bis kurz über die Knie und hebt ihre Tasche auf. Dann holt sie
zweimal tief Luft, ehe sie mich wieder ansieht. »Das geht nicht. Ich bin
verheiratet. U-Und ich bin deine Lehrerin und du bist mein Schüler. Das
eben war ein Fehler.«
Wie bitte?! Ich hoffe doch, dass ich mich gerade verhört habe!
Mit einem großen Schritt bin ich bei ihr, drücke ihren Körper gegen die
kalte Betonwand und stemme meine Arme seitlich von ihrem Kopf
dagegen. Ganz langsam beuge ich mich zu ihr hinunter, bis unsere
Nasenspitzen sich beinahe berühren, und nagele sie mit Blicken fest.
Ihr Atem geht stoßweise und ich sehe, wie sie zittert.
»Das eben mag vieles gewesen sein«, presse ich dann hervor, während
ich ihr fest in die Augen sehe, »aber ein Fehler war es mit Sicherheit nicht.«
Erneut presse ich meinen Mund auf ihren, diesmal hungrig, fordernd,
und schlucke die kleinen Seufzer, die ihr entweichen und die mich noch
mehr anspornen.
Sie braucht lange, bis sie ihre Lippen wieder von meinen löst. »Es geht
nicht, Leon«, flüstert sie dann so leise, dass ich es kaum verstehen kann, und
weicht meinem Blick aus, dreht einfach den Kopf weg, damit auch ich ihr
nicht in die Augen sehen kann. Denn dort würde ich sehen, dass sie lügt, da
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Ungenügend
bin ich mir sicher. Niemand küsst so und stellt es dann als Fehler hin!
Doch so einfach lasse ich mich nicht abspeisen! Als ob sie nicht genauso
scharf auf mich gewesen wäre wie ich auf sie! Ihre Lippen, ach was, ihr
ganzer Körper hat da eine sehr eindeutige Sprache gesprochen. Auch jetzt
sehe ich es noch in ihrem verschleierten Blick, der unsicher umher huscht
und mich nur flüchtig streift.
»Niemand ist hier«, beruhige ich sie, »nur wir beide.« Mit den Fingern
streiche ich ihr eine Strähne hinters Ohr und fahre dann federleicht über ihr
Kinn hinab zu ihrem Hals.
Genüsslich schließt sie die Augen und lässt ihren Kopf gegen die Wand
sinken. So, so, ein Fehler, natürlich, denke ich, während ich selbstzufrieden
grinse.
Ohne den Blick von ihrem entzückten Gesicht zu nehmen, lasse ich
meine Finger seitlich an ihrer Brust und ihrer Taille hinabfahren, beobachte
die Schauer, die meine Berührungen bei ihr verursachen. Dann verhake ich
einen Finger in den Gürtel- ösen ihres Cordrocks und ziehe ihren Unterleib
fest an meinen.
Augenblicklich entweicht ihr ein Stöhnen, als ich mich an ihr reibe,
während ich ihren Körper weiterhin fest gegen die Wand hinter ihr presse
und sie nicht entkommen lasse.
Mit Worten mag sie sich vielleicht dagegen wehren, was wir hier tun,
aber ihr Körper lechzt eindeutig nach mehr, und ich bin mehr als bereit, es
ihr zu geben. Am liebsten jetzt sofort.
Diese Wirkung hat noch keine Frau auf mich gehabt. Sie macht mich
vollkommen verrückt.
Fest umfasse ich ihren Hintern und hebe sie ein Stück hoch, wobei sie
sofort die Beine um meine Hüften schlingt. Während ich sie mit einer Hand
halte, schiebe ich mit der anderen den hässlichen Rock so weit wie möglich
zurück, streichle dabei die weiche Haut ihrer Schenkel und ihrer Pobacken.
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Ungenügend
Ihre Hände fahren durch meine noch vom Duschen feuchten Haare und
krallen sich darin fest, ziehen mich fest an sie heran, während unsere
Münder wieder hungrig und hart aufeinandertreffen. An meinem Schritt
spüre ich deutlich ihre Hitze. Allein der Gedanke, dass mich nur meine
Jeans und das bisschen Stoff ihres Höschens vom Paradies trennen, lässt
mich wahnsinnig werden und ich weiß nicht, wie lange ich das noch
aushalte. Ich will nichts lieber, als das Stückchen Stoff zur Seite schieben
und mich in ihrer feuchten Hitze zu versenken.
Kurz bleibt sie mit etwas in meinen Haaren hängen und das Ziepen lässt
mich für einen Moment innehalten.
Augenblicklich kippt die aufgeheizte Stimmung, die zwischen uns
herrscht. Alex’ ganzer Körper versteift sich unter meinen Berührungen, als
sie ihre Hand umständlich aus meinen Haaren befreit und mich mit weit
aufgerissenen Augen anstarrt. Ihre Beine rutschen von meinen Hüften und
mit beiden Händen schiebt sie mich weg von sich. Ich bin so perplex über
diesen plötzlichen Sinneswandel, dass ich einen Schritt zurückstolpere, bis
ich mich wieder fange.
»Was soll …«, stoße ich hervor, als ich wieder zu Atem gekommen bin.
Wie kann sie mich einfach von sich schieben? Jetzt? Was denkt sie sich nur
dabei?
Doch Alex starrt nur auf ihre Hand hinab und nun weiß ich auch, was
sich eben in meinen Haaren verfangen hat.
Ihr beschissener Ehering.
Hastig zerrt sie ihren Rock nach unten, zieht die Bluse zurecht und fährt
sich kurz durch die Haare. Mit gesenktem Blick schnappt sie sich ihre
Tasche und stürmt an mir vorbei.
Ohne ein Wort. Ohne einen Blick. Sie geht einfach und lässt mich hier
stehen.
»Alex!«, rufe ich ihr hinterher, doch sie ist bereits hinter den Tribünen
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Ungenügend
verschwunden und außerhalb meiner Sichtweite.
Scheiße!
Mit voller Wucht schlage ich mit der Faust gegen die Betonwand, spüre
jedoch nicht den Schmerz, der sich in Strahlen von meinen Fingerknöcheln
ausbreitet. Ich bin viel zu aufgewühlt, um so etwas Nebensächliches zu
bemerken. Das einzige, was ich fühle, sind meine vom Küssen
geschwollenen Lippen und mein pochender Schwanz.
Und die verdammte Leere in meiner Brust, wo eigentlich mein Herz
schlagen sollte.
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