Wenn Hormone Amok laufen
Transcription
Wenn Hormone Amok laufen
DIP 3/12 70 Gesundheit Wenn Hormone Amok laufen Hormone – die Stoffe, aus denen die Träume sind! Träume von schwellenden Muskelbergen, unerschöpflicher Manneskraft und kribbelnden Frühlingsgefühlen. Hormone machen aus Spargeltarzanen wahre Schränke – ach was, Schrankwände! - und beflügeln nicht nur so manchen (Rad)Sportler zu neuen Rekordzeiten und Höchstleistungen. Die Kehrseite: Unter dem Einfluss dieser Wunderstoffe mutieren recht vernünftige Kinder zu pubertierenden Pickel- monstern, nette Männer zu FOTO: ANGELIKA SCHMELZER chauvinistischen Machos und freundliche Frauen zu nervenden Zicken. Und manchmal machen Hormone sogar richtig krank! Sehen Sie genau hin, wenn Ihr Pferd Muskulatur abbaut, nicht durch den Fellwechsel kommt oder Hufprobleme entwickelt – es könnte sein Leben retten … Von Angelika Schmelzer 71 Kleine Ursache, große Wirkung Gesamtheit beeinflusst. Die eingebundenen Hormone werden an ganz unterschiedlichen Stellen des Körpers produziert und entfalten Hormone sind chemische Botenstoffe, die der Informationsüber- ihre Wirkung wieder woanders. mittlung im Körper dienen. Neben dem auf Elektrizität basierenden Informationsfluss des Zentralnervensystems ist dies das zweite System in unserem Organismus mit dieser Aufgabe. Hormon-Fabriken In der hormonellen Steuerung geht es um Regulation ganz unter- Hormon bildende Zellen finden wir an vielen Orten im Körper: schiedlicher Funktionen, aber immer sind die zugrunde liegenden Manchmal haben sie sich zu spezialisierten Hormondrüsen zusam- Prozesse von beeindruckender Eleganz und Komplexität. Vom Zu- mengefunden, manchmal sind es Neuronen des Zentralnervensys- ckerstoffwechsel über die Steuerung des allgemeinen Umsatzes tems, die eigene Neurohormone produzieren, wir kennen aber auch des Organismus bis zum Wasserhaushalt, der geschlechtlichen Ak- Hormon bildende Zellen in der Leber, der Haut, im Fettgewebe oder tivität, der Immunreaktion und der Nahrungsaufnahme, überall ha- im Magendarmtrakt. Oft erkennen wir die Hormonfabriken schon ben Hormone ihre Finger im Spiel. Obwohl man inzwischen einiges am Namen: Die Bezeichnungen Schilddrüse, Hirnanhangsdrüse, über diese Botenstoffe weiß, bleibt vieles rätselhaft und gibt selbst Bauchspeicheldrüse lassen darauf schließen, dass hier spezielle ausgewiesenen Experten – „Endokrinologen“ genannte Wissen- Substanzen gebildet und abgegeben werden. Nicht jede Drüse pro- schaftler, die sich der Erforschung von Hormonen verschrieben ha- duziert Hormone (denken wir etwa an die Speicheldrüse) und nicht ben – immer wieder neue Hausaufgaben auf. jedes Hormon wird in einer Drüse gebildet. In seiner Gesamtheit Die Funktionsweise von Hormonen einfach nach dem Ursache-Wir- wird das Hormonsystem als endokrines System bezeichnet. kungsprinzip beschreiben zu wollen hieße, ihrer Ehrfurcht gebieten- Über das Blut werden diese Botenstoffe im Körper verteilt und ge- Die Ursache von Wohlstands- oder Zivilisationskrankheiten In der Humanmedizin gilt eine Erkrankung als „Wohlstandskrankheit“ oder „Zivilisationskrankheit“, wenn die für Industrieländer typischen Umweltfaktoren und Lebensweisen als (Haupt)Ursache für deren Entstehen und/oder Häufigkeit FOTO: ANGELIKA SCHMELZER ausgemacht werden können. Übertragen auf unsere Pferde gelten vor allem Fehlernährung, Überfütterung, Bewegungsmangel, nicht artgerechte Haltungsformen, Über- und Fehlbelastungen sowie Umweltgifte einzeln oder in Kombination als Auslöser für pferdetypische Wohlstandskrankheiten. den Komplexität nicht gebührend Rechnung zu tragen. Meist sind langen so an ihr Zielorgan. Manche Hormone wirken auch direkt auf es nicht einzelne Hormone, sondern eine Vielzahl von in Wirkungs- Nachbarzellen ein. Oft finden sich in einem Regelsystem mehrere kaskaden angereihten Botenstoffen, die einen Funktionsbereich des Stufen einer Hormonkaskade: Hormon 1 wird an Ort A gebildet, ge- Stoffwechsels regulieren, mit eingebauten Rückkopplungsmecha- langt über das Blut zu Ort B, wo die Bildung von Hormon 2 aus einer nismen, einer ganzen Reihe von Anknüpfungspunkten und Verzah- Vorstufe ausgelöst wird, das wiederum an Ort C die Ausschüttung nungen mit anderen Regelkreisen. Auch beschränkt sich die Wir- von Hormon 3 auslöst usw. Und irgendwo kommt dann auch noch kung eines einzelnen Hormons meist nicht auf eine Funktion, son- Hormon 127 ins Spiel, das die Freisetzung von Hormon 1 hemmt und dern es nimmt gleich mehrere Aufgaben wahr. Nur eines von fast so das System herunter reguliert. beliebig vielen Beispielen: Das ganze System ist sehr flexibel, es muss ständig auf sich än- Das Hormon Aldosteron bewirkt, dass in der Niere vermehrt Na- dernde Anforderungen eingehen, sich stufenlos anpassen. Eigent- trium und Wasser zurückgewonnen wird, wodurch das Blutvolumen lich ein Wunder, dass diese empfindlichen Regelsysteme meist zunimmt und der Gehalt von NaCl, also Kochsalz, im Blut steigt. So völlig störungsfrei im Hintergrund arbeiten! Jeder Eingriff des Men- weit, so einfach. Aber – und dies ist ein großes ABER: Das Aldoste- schen in dieses fein austarierte System kann mit dem Versuch ver- ron kann nicht isoliert betrachtet werden, denn es ist in ein komple- glichen werden, eine Schweizer Präzisionsuhr mit der Kettensäge xes System verschiedener Hormone eingebunden, das als Ganzes reparieren zu wollen … den Wasser- und Elektrolythaushalt und den Blutdruck des Organis- Bei Störungen sind die Folgen zwar oft gravierend und häufig auch mus reguliert. Zu diesem System gehören sowohl die Hormone Re- für den Laien offensichtlich, aufgrund der oft wenig spezifischen nin, Angiotensin I und II, ADH (auch Vasopressin genannt) sowie Symptome aber ist die Diagnose nicht immer einfach. das erwähnte Aldosteron. Man spricht deshalb zutreffend auch von Für den Pferdefreund sind zwei Störungen des Hormonsystems von Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, das sich auch beileibe großer Bedeutung: Das Equine Metabolische Syndrom und das nicht nur in der Niere abspielt, sondern den Organismus in seiner Equine Cushing Syndrom, auch Morbus Cushing genannt. Im Ver- 72 DIP 3/12 Gesundheit lauf beider Erkrankungen kommt es besonders häufig auch zu einer Überfluss in Form von Fett. Doch die Hungerzeiten kommen nie … Hufrehe, die so gar nicht ins sonst übliche Bild der Huflederhautent- Nach außen hin sehen Fettdepots ziemlich unbeweglich aus, sie zündung passen will und dem Besitzer deshalb oft Rätsel aufgibt. schwabbeln ein wenig hin und her, jede Form von eigener Aktivität Wohlstandskrankheit EMS diese Fettzellen sind – Sie werden es geahnt haben – hormonell ak- scheint ihnen fremd zu sein. Dieser Eindruck täuscht gewaltig, denn tiv. Und wie! Sie produzieren „Adipokine“ und diese Hormone scha- Das „Equine Metabolische Syndrom“, kurz EMS, wird gerne als den unseren Pferden. Allerdings ist die Krankheitsentstehung aus- Wohlstandskrankheit bezeichnet. In der Humanmedizin gilt eine Er- gesprochen komplex und lässt sich nicht auf einen einfachen Zu- krankung als „Wohlstandskrankheit“ oder „Zivilisationskrankheit“, sammenhang „Überfütterung führt zu Fettgewebe, Fettzellen pro- wenn die für Industrieländer typischen Umweltfaktoren und Le- duzieren Hormone, Hormone verursachen Hufrehe“ reduzieren. bensweisen als (Haupt)Ursache für deren Entstehen und/oder Häu- Am Anfang des Krankheitsgeschehens steht ein überaus nützliches figkeit ausgemacht werden können. Übertragen auf unsere Pferde und wichtiges, von der Bauchspeicheldrüse produziertes Hormon, gelten vor allem Fehlernährung, Überfütterung, Bewegungsman- das Insulin. Nimmt der Organismus zuckerhaltiges Futter auf, steigt gel, nicht artgerechte Haltungsformen, Über- und Fehlbelastungen in der Folge automatisch der Blutzuckerspiegel, weil Zucker in Form sowie Umweltgifte einzeln oder in Kombination als Auslöser für von Glukose aus dem Darm in die Blutbahn überführt wird. Für den pferdetypische Wohlstandskrankheiten. Körper ist es vorteilhaft, dass über die Zeit verteilt und weitgehend Regulierung des Zucker- und Fettstoffwechsels Speicherung fördert Speicherung FOTO: CHRISTIANE SPÄTE hemmt Das EMS ist eine Erkrankung des endokrinen Systems, die vermut- unabhängig von der Nahrungsaufnahme eine immer gleichbleiben- lich vor allem eine Folge von Überfütterung gepaart mit Bewe- de Konzentration dieses wichtigen Energieträgers zur Verfügung gungsmangel ist. Das Verdauungssystem unserer Pferde ist rasse- steht. Insulin veranlasst nun die Speicherung der Glukose, die nicht unabhängig auf die Verwertung eher nährstoffarmer Futtergräser sofort verbraucht wird, und zwar vorwiegend in Form von Glykogen ausgelegt. Die Vorfahren unserer Hauspferde ernährten sich als in Leber und Muskulatur. Gleichzeitig hemmt Insulin den Abbau von Steppenbewohner von Gräsern, Kräutern und Leguminosen, wobei Fett aus den Fettzellen, was nur logisch ist: Warum sollte der Orga- das Futterangebot im Jahresverlauf stark schwankte. Nur kurzfristig nismus den Energieträger Fett freisetzen, wo doch aktuell ein Über- konnte man sich dank reichlichen Futterangebots eine schöne schuss an Energiestoffen im Blut zirkuliert? Schwarte anfuttern, die wenige Monate später über die harte Zeit Wird die Glukose im Blut im Laufe der Zeit wieder verbraucht, sinkt half, in deren Verlauf aber wieder dahinschmolz. Damals überlebte, der Blutzuckerspiegel natürlich und das ruft den Gegenspieler des wer aus dem oft mageren Angebot am meisten herausholte, die na- Insulins auf den Plan, das Hormon Glukagon. Es hat die Aufgabe, türliche Selektion bevorzugte also die guten Futterverwerter. Die Glukose wieder aus den Speichern freizusetzen und auch den Ab- Zeit, die unsere Pferde inzwischen als Hauspferde in menschlicher bau von Fett in den Fettzellen zu bewirken. Dadurch können nun Obhut verbracht haben und vor allem die Zeit der gezielten Zucht wieder Energieträger bereitgestellt werden. hat nichts daran geändert, die Devise im Verdauungstrakt des Also: Insulin fördert die Speicherung, Glukagon die Freiset- edelsten Vollbluts wie des robustesten Ponys lautet immer noch zung von Zucker und Fett aus den Speichern. „Hol raus, was rauszuholen ist!“. Und genau dies wird so manchem Man hat nun beobachtet, dass bei einem dauerhaften Überangebot Pferd zum Verhängnis. Es nimmt mehr Futter auf, als es verbrau- an Nährstoffen die Zellen unter dem Einfluss der Adipokine (das chen kann und spart mit Blick auf künftige Hungerzeiten den sind die Stoffe, die in den Fettzellen produziert werden) immer ANZEIGE 73 Labor animaderm schlechter auf Insulin ansprechen und damit wird es zunehmend Pferde-Dermatologie schwierig, überschüssigen Zucker sicher zu lagern und so den Blutzuckerspiegel herunter zu regulieren. Die fein austarierte Balance zwischen Freisetzung und Speicherung geht verloren, ein regelrechter Abwärtsstrudel beginnt. Denn bei zunehmender Insulinresistenz wird ja nicht nur die Speicherung von Zucker und damit die Regulierung des Blutzuckerspiegels nach unten behindert, sondern auch der Abbau von Fett – und damit wird der weitere Aufbau von Fettzellen begünstigt, Fettzellen, die dann wieder über die darin produzierten Stoffe eine weiter zunehmende In- Suchen Sie eine Lösung gegen Sommerekzem? sulinresistenz hervorrufen. Zuviel Zucker also und keine Möglichkeit, dieser süßen Gefahr chend, manchmal ganz plötzlich. Und jetzt verstärkt sich die Abwärtsspirale noch, denn infolge der Schmerzen kommt es zur Ausschüttung des Hormons Cortisol, das die Insulinfreisetzung hemmt und damit den Blutzuckerspiegel weiter ansteigen lässt. Schwierige Therapie Ist die Hufrehe erst einmal manifest, gestaltet sich die Behandlung äußerst schwierig. Es gilt, nicht nur die Laminitis möglichst schnell unter Kontrolle zu bekommen und damit die Spätfolgen einer Hufrehe wie Hufbeinrotation usw. zumindest einzudämmen, wenn nicht sogar abzufangen, sondern vor allem die Grundursache, also die Insulinresistenz weitestgehend rückgängig zu machen. Das Pferd muss dazu konsequent abgespeckt werden, damit die Hormonproduktion in den Fettzellen heruntergefahren wird. Dazu wiederum sollte es Diät halten und intensiv bewegt werden, damit es möglichst viel Energie verbrennt. Bestellen Sie eine Probe! Nachher Vorher die darunter besonders leiden: Eine Entzündung der Huflederhaut, eine Laminitis oder Hufrehe entsteht, manchmal schlei- Derfen by animaderm Die Erfolgsformel für Querdenker FOTO: ANGELIKA SCHMELZER www.derfen.com Krankheitsgeschehen auch die feinen, zarten Blutgefäße im Huf, www.hipposport.de auf die Blutgefäße toxisch und leider sind es wie bei anderen Kontaktadresse für Fachhändler und Verbraucher: Hipposport - Im Benzfeld 51 -73 527 Schwäbisch Gmünd irgendwie Herr zu werden – es droht eine regelrechte Zucker-Vergiftung. Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel wirkt vor allem 74 DIP 3/12 Gesundheit Aber wie bewegt man ein Pferd mit starken Schmerzen in den Hu- täter im Gehirn zu finden, wo normalerweise das Hormon ACTH fen, mit einem Entzündungsgeschehen, das bei Belastung den ge- (Adrenocorticotropes Hormon oder Adrenocorticotropin) unter dem samten Aufhängeapparat im Huf irreversibel zu schädigen droht? Einfluss eines weiteren Hormons im Hypophysenvorderlappen aus Gar nicht. Eben. Und eine Hungerkur als diätetische Sofortmaßnah- einer Vorstufe gebildet und freigesetzt wird. Es bewirkt dann in der me hieße, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben, da der Orga- Nebennierenrinde die Bildung mehrerer weiterer Hormone, unter nismus eines adipösen Pferdes bei Hunger geneigt ist, dem Pro- anderem von Cortisol, das in zahlreiche Vorgänge im Organismus blem mit der schnellen Freisetzung großer Mengen Fett aus den eingreift. Cortisol wird auch als Stresshormon bezeichnet, da es un- reichlich vorhandenen Polstern zu begegnen – eine Hyperlipidämie, ter Stress vermehrt ausgeschüttet wird. Unter dem Einfluss von eine akut lebensbedrohliche Krankheit ist das Ergebnis, ein nun Cortisol wird die Insulinproduktion gehemmt und in der Folge steigt doppelt belastetes Pferd die Folge. der Blutzuckerspiegel. Neben der schleichend oder akut verlaufenden Rehe können beim Aufgrund eines Tumors der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), der bei EMS weitere Symptome beobachtet werden: Pferden über 18 Jahren recht häufig auftritt, wird beim Equinen Cus- • Neben einer allgemeinen Verfettung lassen sich auch auffallen- hing Syndrom zu viel ACTH produziert, was in der Folge nachgeord- de Fettablagerungen über den Augen, entlang des Mähnenkamms, nete Hormone ebenfalls ansteigen lässt. So kommt es durch die auf der Kruppe und am Schweifansatz oder, bei männlichen Pfer- vermehrte Ausschüttung von Cortisol zu einer Hemmung der Insu- den, im Bereich des Präputiums beobachten. linproduktion und zu einem dauerhaften Anstieg des Blutzucker- • spiegels – auch hier entsteht nun eine „Zucker-Vergiftung“ mit den Die Pferde lassen in der Leistung nach und wirken oft lethargisch, was der Besitzer allerdings häufig auf das vorhandene Übergewicht bereits angeführten Folgen. zurückführt und deshalb nicht weiter verfolgt. An dieser Stelle findet sich trotz unterschiedlicher Auslöser eine wichtige Parallele zum EMS und so überrascht es nicht, dass beide Krankheiten gemeinsame Symptome aufweisen, vor allem das Leitsymptom Hufrehe. Daneben aber treten beim Equinen Cushing Syndrom Krankheitsanzeichen auf, die wir vom Equinen Metabolischen Syndrom nicht kennen und diese sind auf die Beteiligung weiterer Hormone zurückzuführen. Typisch ist ein auffällig langes, oft auch lockiges Fell, das sich im Fellwechsel kaum löst. Oft bleibt dem Besitzer nur die großflächige Schur seines Pelztieres. Die Pferde wirken müde, sie magern ab, FOTO: TRUDI HARES ihre Muskulatur bildet sich zurück. Diese und weitere Symptome sind zwar nicht zu übersehen, doch werden sie oft für reine Alterserscheinungen gehalten und so findet sich der Pferdehalter damit ab, anstatt der Sache nachzugehen. Also: Zu viel ACTH bedeutet zu viel Cortisol bedeutet zu wenig Insulin bedeutet zu viel Zucker im Blut. Während beim EMS die Adipokine der Fettzellen und das Insulin eine zentrale Rolle spielen, haben wir es beim ECS vorwiegend mit dem Hormon Cortisol zu tun. Cortisol hat eine katabole Wirkung auf • Vereinzelt wird beobachtet, dass die Pferde vermehrt trinken und den Stoffwechsel, es regt also im Unterschied zu den anabolen Wasser lassen. Wirkstoffen nicht den Aufbau, sondern den Abbau an. Wird Cortisol • ausgeschüttet, Bei Zuchtstuten kann die Fruchtbarkeit verringert sein – auch das bei übergewichtigen Pferden nicht wirklich überraschend. • Diese unspezifischen Symptome des EMS sind als echtes Alarm- sert, signal denkbar ungeeignet und wenn sie dann endlich nicht mehr zu übersehen sind, ist es eigentlich schon zu spät. Deshalb kommt be- • • sonders bei dieser Erkrankung der Prophylaxe eine besonders große Der Körper kann sich nun auf Wesentliches, etwa auf die rasche Rolle zu. Glücklicherweise ist die Vorbeugung ebenso einfach wie Flucht vor einem Säbelzahntiger konzentrieren. Cortisol wird auch wird die Bereitstellung schnell wirksamer Energieträger verbeswerden Entzündungen gehemmt und wird das Immunsystem herunter reguliert. effektiv: Halten, füttern und arbeiten Sie Ihr (Island)Pferd art- in der Medizin geschätzt, wo es gezielt zur Hemmung von Entzün- und bedarfsgerecht! dungen und zur Unterdrückung des Immunsystems (z. B. nach Organtransplantationen) eingesetzt wird. Nicht in einen Topf Ein Hormon mit so weitreichender Wirkung auf den Organismus muss natürlich fein austariert seiner Arbeit nachgehen; wird es aber Trotz des gemeinsamen Leitsymptoms „Hufrehe“ handelt es sich aufgrund einer Erkrankung wie Morbus Cushing unkontrolliert aus- bei „Morbus Cushing“ oder dem „Equinen Cushing Syndrom“ (auch geschüttet, ist sein Einfluss verheerend. Entsprechend lang ist die ECS) um ein völlig anderes Krankheitsgeschehen. Hier ist der Übel- Liste der Krankheitserscheinungen, die beim Equinen Cushing Syn- 75 Equines Metabolisches Syndrom und Equines Cushing Syndrom im Vergleich Typisch Equines Metabolisches Syndrom Morbus Cushing, Equines Cushing Syndrom Wohlstandskrankheit, die Pferde jeden Alterserscheinung, die vor allem Pferde ab etwa 18 Jahren trifft Alters treffen kann Auslöser Überfütterung Erkrankung der Hirnanhangsdrüse Leitsymptom Hufrehe Hufrehe Mögliche Begleitsymptome • • Behandlung (neben symptomatischer Behandlung der Hufrehe) Verfettung und/oder abnorme Fett- Futterzustand unterschiedlich, häufig Abmagerung und polster Muskulaturabbau • • • Haarkleid und Fellwechsel normal • • Durst und Wasserlassen vermehrt Fellwechsel • Leistungsabfall und Müdigkeit Normalgewichtigkeit durch Leistungsabfall und Müdigkeit Haarkleid lang, vereinzelt lockig (Hirsutismus), verzögerter • Durst und Wasserlassen vermehrt • Pergolid, keine Prophylaxe möglich artgerechte Fütterung, viel Bewegung, bewegungsfreundliche Haltung • Prophylaxe! drom auftreten können, sie reicht von erhöhter Infektanfälligkeit Therapie der Parkinsonkrankheit genutzt wird. Unter dem Einfluss über Kreislaufprobleme bis hin zu Kreuzverschlag ähnlichen Symp- dieses Medikaments, das allerdings lebenslang verabreicht werden tomen und Osteoporose. muss, bessert sich das Befinden der vierbeinigen Patienten meist Es ist auch noch nicht endgültig geklärt, ob wirklich nur das ver- rasch und nachhaltig. Eine echte Heilung kann allerdings nicht er- mehrt gebildete ACTH als Auslöser verantwortlich ist; möglicher- wartet werden, da die Grundursache – die Funktionsstörung der weise spielt auch ein weiteres Hormon, das Dopamin, eine gewisse Hirnanhangsdrüse – nach wie vor vorhanden ist. Vom Tumor selbst Rolle. Dopamin beeinflusst die Aktivität der Hypophyse, die, wie geht offensichtlich keine Gefahr für das Pferd aus. bereits erwähnt, über ACTH die Ausschüttung von Cortisol steuert. Die Diagnose beider Krankheiten wird übrigens über spezielle Blutuntersuchungen gestellt, wobei die sichtbaren Krankheitssympto- Schnelle Hilfe me oft erste Hinweise geben. Steht die Diagnose fest, haben die So dramatisch das Krankheitsgeschehen, so verblüffend einfach die deshalb vielen Pferden geholfen werden, die noch vor einigen Jah- Therapie: Neben der Behandlung der Hufrehe wird das Medika- ren mit der Diagnose „untypische Hufrehe“ kaum Aussicht auf Hei- ment Pergolid eingesetzt, das in der Humanmedizin vor allem zur lung hatten. Patienten bei konsequenter Therapie gute Chancen. Heute kann (Adrenocorticotropin) fördert Ausschüttung hemmt Ausschüttung fördert Anstieg Mechanismus, der zum Anstieg des Blutzuckerspiegels führt