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OFFEN UND Vergleichstest Kardan-Allrounder BMW R 1150 R, Moto Guzzi Breva V 1100, Yamaha BT 1100 Bulldog BMW R 1150 R, Breva, Bulldog – sie tragen das Banner klassischer Roadster. Dicke, unverhüllte Zweizylinder mit Kardan. Sie bieten attraktive Optik, aufrechte Verhältnisse, gelassene Ausstrahlung. Bleibt nur die Frage, wessen Charakter besonders betört. Von Thomas Schmieder; Fotos: fact 20 MOTORRAD test + technik L einen los! Rauf auf die schwankende Plattform und mit der Rheinseite nebenbei von Deutschland nach Frankreich gewechselt. Dies ist die letzte Überfahrt für heute. Und die letzte ihrer Art sowieso. Denn die Fähre im badischen Plittersdorf, bei Rheinkilometer 340 (siehe Seite 26), bedeutet die einzig verbliebene Gierfähre am Strom zwischen Basel und Rotterdam. Sie überwindet die 120 Meter zwischen den schwimmenden Anlegebrücken auf beiden Seiten nicht nur kosten-, sondern auch geräusch- und motorlos, allein durch die Kraft der Strömung; gehalten von einem dicken Stahlseil und gesteuert von einem ausladenden Ruderblatt. An Deck funkelt die zweirädrige Fracht in der Abendsonne. Neoklassische „Naked Bikes“, unverkleidete Allrounder also, ver- 18/2005 EHRLICH körpern einen ureuropäischen Archetyp des Motorrads. Zumindest wenn dicke, luftgekühlte Zweizylinder mit Kardan den Antrieb bewerkstelligen. In drei unverwechselbaren Konfigurationen. Bei Moto Guzzi mittlerweile monothematisch: der 90-Grad-V2, basierend auf der V7 von 1965. Eine Firma, ein Konzept. Nun im neuen Hoffnungsträger, der glatten Breva V 1100 mit neuem Getriebe und Antriebsstrang. Begleitet von einem herrlichen www.motorradonline.de Bellen erwacht der archaische Stoßstangen-Motor zum Leben. Elsass voraus. Nicht minder prägend der BMW-Boxer, allen Ein- und Vierzylindern zum Trotz. Schon seit dem ersten Motorrad der Marke, der R 32 von 1923, mit flach geklopftem Zylinderwinkel von vollen 180 Grad. „Hängebrust-Guzzi“ sagen Spötter. In der R 1150 R boxt noch die vorletzte Evolutionsstufe mit 1130 cm3. Ihr fehlen die technischen Schmankerl der 1170er-Schwes- tern GS, RT und ST wie Ausgleichswelle oder zylinderselektive Lambda- und Klopfregelung. Egal, für den Wohnmobilkapitän am anderen Ufer ist die Sache klar: „Toll die BMW, für mich ist die das beste Motorrad.“ Tja, 1956 hat er eine R 25/3 gehabt, das prägt natürlich auf Weißblau. Yamahas 75-Grad-V2 ist in diesem Feld der einzige Maschinenraum, in dem die Kurbelwelle quer liegt. Er kommt nicht nur knackig von ganz unten, wie er sonor MOTORRAD test + technik 21 blubbernd beim Bugsieren von Bord der Fähre unter Beweis stellt. Sondern auch von ganz früher. Dieser Motor begleitet die Marke in seinen Grundzügen bereits ihr halbes Leben lang, seit der 1980 präsentierten TR1. Befeuert seit 2001 die Bulldog, ein Produkt der italienischen YamahaTochter Belgarda und hat noch 65 statt einst 71 PS. Ein besonders sanfter Riese. Frankreich begrüßt uns schon bald mit einem der ungezählten Kreisverkehre. Nur kurz das Gas zu, der Yamaha-V2 reagiert DER MOTOR Götterfunken: Doppelzündung haben nur der BMW-Boxer und der V2 der Breva. Auch Einspritzung, Ölkühler und Sechsganggetriebe sind bei der Bulldog Fehlanzeige. Immerhin soll dem hinteren Zylinder des 25 Jahre alten V2 nun eine geänderte Hutze mehr Kühlluft zufächeln (links) DER KARDAN Verweile doch: Momentabstützung hat an der drahtigen Paraleverschwinge von BMW Tradition (rechts oben). Neu ist sie an der massiven Kardan-Klemmfaust bei Moto Guzzi (rechts). Nur die Yamaha hat eine konventionelle Zweiarmschwinge (ganz rechts) DAS COCKPIT Quälend sachlich, doch schnell zu erfassen: die Instrumente der BMW (oben links). Viel eleganter und informativer hat Moto Guzzi die Breva bestückt. Etwa mit der einzigen Tankuhr und Verbrauchsanzeige (oben rechts). Verspielter und schlechter ablesbar als in der Vorgängerin: die Anzeigen der 2005er-Bulldog 22 MOTORRAD test + technik sehr direkt. Neuerdings schließen Magnetventile bei geschlossenem Gashahn die Spritzufuhr, um die beiden Katalysatorpatronen zu schützen. Ja, sie sind die wichtigste technische Änderung an der 2005er-Bulldog. Ungeregelt versteht sich, mehr ist wegen der zwei 37er-Gleichdruckvergaser nicht möglich. Zusätzlich bläst wie bisher ein Sekundärluftsystem Frischluft in den Abgasstrom. So unterbietet die BT 1100 endlich die Euro-2-Norm, während ab Januar bereits die Euro 3 greift. Auch wir greifen zu. FlammkuchenPause, stilvoll im Fachwerk-Restaurant. Satte 1500 bis 2000 Euro ist die Bulldog günstiger als die beiden anderen. Dafür ist sie nach einem einfacheren Rezept gebacken. Ihr fehlt vieles von dem Standard, der BMW und Guzzi auszeichnet: Sie hat keine Einspritzung, keine Doppelzündung, keinen sechsten Gang, keinen Ölkühler, keine Einarmschwinge, keine Momentabstützung am Kardan. Noch nicht mal einen Hauptständer oder ein praktisches Hand- 18/2005 Schöne Perspektiven: Pendeln zwischen Deutschland und Frankreich, vom Schwarzwald in die Vogesen und retour rad, um die Federvorspannung hydraulisch zu verändern. Nein, bei ihr muss Olli umständlich den Hakenschlüssel ansetzen, kommt kaum dran ans Federbein. Kathleen, die Begleiterin, kommt gern wieder runter vom schlechtesten aller drei Soziussitze. Zu schmal, zu kurz, die Soziusrasten im Vergleich zu hoch. Bestens gebaut für dauerhafte Zweier-Beziehungen ist die Breva. Auf dem ausladenden und rutschfesten Sessel von Rücksitz ist die Sozia noch besser aufgehoben als auf der BMW. Und auch sonst überrascht die Signora aus Mandello del Lario. Etwa mit wertiger Verarbeitung bis hin zu überlackierten Aufklebern. Und der umfangreichsten, praxisgerechten Ausstattung, wie gekröpften Reifenventilen, zwei Paar Gepäckhaken oder dem erhellendsten Scheinwerfer. Die Nacht am Rhein. Herrlich rot illuminiert geleitet das hochinformative Guzzi-Cockpit, ein stilsicherer Mix aus Runduhren und LCD-Anzeigen durch die Dunkelheit. Und verwöhnt www.motorradonline.de mit einer schnell rechnenden Benzinverbrauchsanzeige. Da steht im Roll-Modus schon mal eine 3 vor dem Komma. So wie jetzt gerade, inmitten verträumt wirkender Elsass-Dörfer, in denen weithin sichtbar die Störche in wagenradgroßen Nestern auf den Dächern stehen. Im Begleitprogramm streichelt der V2 die Seele, massiert die Sinne. Tiefes Ansaugschnorcheln mischt sich unters Bollern aus dem voluminösen Schalldämpfer, fröhlich tickern die Ventile dazu im Viertakt. Vibrationen? Ja klar, spürbar, aber nicht nervig. Ein höchst lebendiger Motor. Nur leider kein besonders agiler. Wenn am Ortsende das Gas aufgezogen wird, ledern R 1150 R und Bulldog die Breva im Durchzug unerbittlich ab. Glatte zwölf Sekunden braucht die Guzzi von Tempo 60 auf 140 im sechsten Gang des gut schaltbaren Getriebes. Das wäre schon vor 20 Jahren mau gewesen, heutzutage kann das jeder 600er-Supersportler besser. Im Vergleich zur V11 ist die 1100er-Breva mit 86 PS Spitzenleistung moderat motorisiert, hat jedoch das alte Drehmomentloch aller Zweiventil-Guzzis geerbt. In diese tiefe Kuhle fällt sie im sechsten Gang genau bei Tempo 100. Und schaut da kaum noch raus. Trotz größten Hubs (80 Millimeter) bei kleinster Bohrung (92 Millimeter) der drei. Hinzu kommt beim aktuellen Testmotorrad extremes Spiel im Antriebsstrang; jeden Gang- und Lastwechsel begleiten beunruhigende Klackgeräusche aus dem ungeheuer massiv wirkenden Endantrieb. Moto Guzzi bleibt sich auch mit der modernen Breva treu, baut Motorräder für Menschen, die sich mit Mechanik auseinandersetzen, in Technik reindenken wollen. Dazu passt das Fahrverhalten. Kurven sollte man sich ein wenig zurechtlegen. In sehr schnellen, lang gezogenen Kurven rührt das Doppelschleifen-Chassis deutlich spürbar, wenn auch allzeit gutmütig. Comme çi, comme ça. Früh setzt die rote Diva besonders im Zweipersonen-Betrieb auf, links herum MOTORRAD test + technik 23 YAMAHA BULLDOG BMW R 1150 R Sicher: Momentan die Einzige mit ABS. Unkonventionell: längslenkergeführter Telelever mit Zentralfederbein. Elegant: je ein gut versteckter Ölkühler links und rechts. Nicht rutschfest: der ansonsten gute Soziussitz Notprogramm: Auf der Bulldog fühlt sich die Sozia am wenigsten wohl. Sparprogramm: Vorspannen des Federbeins nur umständlich und schwergängig per Hakenschlüssel. Umweltprogramm: Mit zwei U-Kats vor den Endtöpfen schafft die Yamaha endlich Euro 2 MOTO GUZZI BREVA Bequem: Vorn wie hinten offeriert die modern durchgestylte und clever konstruierte Italienerin die bequemsten Plätze. Leuchtstark: bester Scheinwerfer in diesem Feld. Elegant: LED-Rückleuchten, hell und pannensicher hart mit dem Ausleger des Hauptständers. Und das ist dann keine Bagatelle. Dabei lassen sich Kurven über den breiten und extrem hohen Lenker recht leicht einlenken. Und die Z6-Reifen – Guzzi vertraut wie BMW und Yamaha auf Metzeler-Pneus – bieten die beste Haftung. Selbst auf einer moosbewachsenen Brücke über das Flüsschen „Moder“, das seinen Namen zu Unrecht trägt. Im Gegenteil, Fliegenfischer stellen im kristallklaren Wasser Forellen nach, Mädesüß und Springkraut stehen in voller Blüte. So wie die BMW R 1150 R. Ein schlichtes und funktionales Motorrad, das rationale Fahrer(innen) anspricht. Wer von der Breva auf die bayerische Berlinerin umsteigt, verfällt zunächst in tiefe Depression. Ihre Kontroll-Leuchten im Cockpit wirken wie aus einem naiven Science-Fiction-Film der 60er Jahre, der Frontkotflügel sieht aus wie nach einem Auffahrunfall. Starre Hydraulikleitungen, sterile Lenkerarmaturen und lackierte Fußrastenträger verströmen den nüchternen Charme deutschen Maschinenbaus. Und dann erst dieser hohl-blecherne Klang. Ausgerechnet der größte Motor klingt nicht nach betörendem B-Dur-Beat, sondern nach Bodenstaubsauger. Doch der saugt was weg, ist der kraftvollste von allen. In Beschleunigung und Durchzug dominiert die R deutlich. Das macht vergessen, dass sich die Breva auf der deutschen A 8 nach langem Windschattenduell leicht nach vorne schieben konnte. Dafür hängt der Guzzist wie ein Segel im Wind, während die „Speedster“Scheibe aus dem besonders umfangreichen BMW-Zubehörprogramm erstaunlich gut schützt. Und die Bulldog? Kapituliert 24 MOTORRAD test + technik bereits bei gemessenen 180 Sachen. Immerhin, so schnell rannte bislang noch keine BT 1100 bei MOTORRAD, in diesem Testexemplar kneift der Drehzahlbegrenzer später zu. Neu am 2005er-Modell sind ein anderer Lenker, Wegfahrsperre – wie in der Breva – sowie die Vorderradbremse. Ansonsten lediglich Feinheiten und Farbgestaltung. Rahmen, Räder und Lampenhalter kommen nun schwarz statt silbrig glänzend daher. Gleiches gilt für den Soziushaltebügel und die Blenden um den Lenkkopf, beides massiv metallische Bauteile. Bonjour Tristesse oder einfach edel? Ebenfalls dunkel gehalten: der Zweifarb-Lack. Dunkle Seiten gibt es auch bei der leistungsmäßig viel fülligeren BMW. Sind der harte Schaltschlag beim Einlegen des ersten Gangs und das hakige Getriebe noch Schönheitsfehler, so fallen die derben Vibrationen ab 5000/min schon richtig lästig. Fahrer Georg kribbelt’s dann vor allem in den Händen, Sozia Kathleen unter den Fußsohlen. Na ja, jenseits dieser Marke wirkt der Boxer eh gequält. Schlicht unwürdig für solch ein Techno-Krad ist, dass regelmäßig Öl nachgefüllt werden muss. Streiten kann man über den nervtötend fiepsenden Bremskraftverstärker. Er gehört zwingend zum empfehlenswerten ABS dazu. In dieser teilintegralen Verbundbremse rekrutiert der Handhebel alle drei Bremsscheiben, das Fußpedal zwickt allein den Heckstopper. Gut beim Wenden. Dennoch lässt sich die BMWBremse schlechter dosieren als die konventionellen Bremssysteme der beiden anderen. Außerdem macht auf hubbeligem Asphalt mitunter die Vorderbremse irritie- 18/2005 rend lang auf, vermutlich weil das Hinterrad droht, minimal den Bodenkontakt zu verlieren und der Rechner hohen Schlupf als „Überschlagsgefahr“ interpretiert. Ein wenig befremdlich bremst dieses Exemplar der Breva, nicht nur im Serpentinengewühl rund um den Grand Ballon d’Alsace. Ihre vorderen Brembos ankern mit viel Handkraft und mäßig dosierbar. Früh, allzu früh blockiert das Hinterrad, pfeift und schlingert. Das tänzelnde Hinterrad kostet wertvolle Hirnkapazität, im Schreck löst man meistens beide Bremsen. ABS wäre prima, es soll 2006 kommen. Darauf werden Bulldog-Fans vermutlich warten bis in alle Ewigkeit. Yamahas Vierkolbenstopper stammen nun aus dem Racer R6, sie beißen fein- fühlig wie kräftig auf 298er-Bremsscheiben aus dem Über-Cruiser Wild Star. Die Kurven werden enger, die Gangart zügiger. Das tiefe, dumpfe Blubbern des Bulldog-V-Zwos hat fast schon psychotherapeutische Wirkung. Die Charakteristik eines Cruisers, unten alles, oben nichts. Stark einsteigen und früh abbauen, das gilt auch fürs Yamaha-Fahrwerk. Im unten DATEN BMW R 1150 R Motor Luft-/ölgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor, Kurbelwelle längs liegend, je eine hoch liegende, über Zahnräder und Kette getriebene Nockenwelle, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Stoßstangen, Kipphebel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 45 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 700 W, Batterie 12 V/19 Ah, mechanisch betätigte Einscheiben-Trockenkupplung, Sechsganggetriebe, Kardan. Bohrung x Hub Hubraum Verdichtungsverhältnis MOTO GUZZI BREVA V 1100 YAMAHA BT 1100 BULLDOG 101,0 x 70,5 mm 1130 cm3 10,3:1 Nennleistung 62 kW (84 PS) bei 6800/min Max. Drehmoment 98 Nm bei 5300/min Schadstoffwerte (Homologation in g/km) CO 0,168 / HC 0,033 / NOx 0,040 Fahrwerk Tragende Motor-Getriebe-Einheit, geschraubter Hilfsrahmen, längslenkergeführte Telegabel, Ø 35 mm, Federbein, verstellbarer Zugstufendämpfung, Zweigelenk-Einarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein, direkt angelenkt, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 276 mm, Doppelkolben-Schwimmsattel. Motor Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-90-GradV-Motor, Kurbelwelle längs liegend, eine unten liegende, kettengetriebene Nockenwelle, zwei Ventile pro Zylinder, Stoßstangen, Kipphebel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 36 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 540 W, Batterie 12 V/18 Ah, hydraulisch betätigte Zweischeiben-Trockenkupplung, Sechsganggetriebe, Kardan. Bohrung x Hub 92,0 x 80,0 mm Hubraum 1064 cm3 Verdichtungsverhältnis 9,6:1 Nennleistung 63 kW (86 PS) bei 7500/min Max. Drehmoment 85 Nm bei 6800/min Schadstoffwerte (Homologation) in g/km CO 1,231 / HC 0,183 / NOx 0,120 Motor Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-75-GradV-Motor, Kurbelwelle quer liegend, je eine oben liegende, kettengetriebene Nockenwelle, zwei Ventile pro Zylinder, Kipphebel, Nasssumpfschmierung, Gleichdruckvergaser, Ø 37 mm, ungeregelter Katalysator, Sekundärluftsystem, Lichtmaschine 350 W, Batterie 12 V/12 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Kardan. Nennleistung 48 kW (65 PS) bei 5500/min Max. Drehmoment 88 Nm bei 4500/min Schadstoffwerte (Homologation) in g/km CO 4,230 / HC 0,400 / NOx 0,110 Fahrwerk Brückenrahmen aus Stahl, Motor mittragend, Telegabel, Ø 43 mm, verstellbare Federbasis, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 298 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 267 mm, Zweikolben-Festsattel. Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17 Reifen 120/70 ZR 17; 170/60 ZR 17 Bereifung im Test Metzeler Z3 Bohrung x Hub Hubraum Verdichtungsverhältnis 95,0 x 75,0 mm 1063 cm3 8,3:1 Fahrwerk Doppelschleifenrahmen aus Stahl, Telegabel, Ø 45 mm, verstellbare Federbasis, Zweigelenk-Einarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 282 mm, Doppelkolben-Schwimmsattel. Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17 Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17 Bereifung im Test Metzeler Roadtec Z6 * MOTORRAD-Messungen; ** inkl. heizbare Griffe, Blinker weiß, Windschild Speedster, Teilintegral-ABS, Gepäckbrücke, Kofferhalter www.motorradonline.de Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.00 x 17 Reifen 120/70 ZR 17; 170/60 ZR 17 Bereifung im Test Metzeler ME Z4„B“ Maße und Gewichte Radstand 1487 mm, Lenkkopfwinkel 63 Grad, Nachlauf 127 mm, Federweg v/h 120/135 mm, Sitzhöhe* 820mm, Gewicht vollgetankt* 256 kg, Zuladung* 198 kg, Tankinhalt/Reserve 20,4/4 Liter. Gewährleistung zwei Jahre Service-Intervalle alle 10000 km Farben Dunkelblau, Grau, Rot Preis 10 450 Euro Preis Testmotorrad** 12 085 Euro Nebenkosten 262 Euro Maße und Gewichte Radstand 1495 mm, Lenkkopfwinkel 64,5 Grad, Nachlauf 120 mm, Federweg v/h 120/140 mm, Sitzhöhe* 800 mm, Gewicht vollgetankt* 252 kg, Zuladung* 226 kg, Tankinhalt/Reserve 23/4 Liter. Garantie zwei Jahre Service-Intervalle alle 10 000 km Farben Grau, Rot, Schwarz Preis inkl. Nebenkosten 10 990 Euro Maße und Gewichte Radstand 1530 mm, Lenkkopfwinkel 65 Grad, Nachlauf 106 mm, Federweg v/h 130/113 mm, Sitzhöhe* 800 mm, Gewicht vollgetankt* 251 kg, Zuladung* 199 kg, Tankinhalt/Reserve 20/5,8 Liter. Garantie Service-Intervalle Farben Preis inkl. Nebenkosten zwei Jahre alle 10 000 km Blau, Rot, Schwarz 8995 Euro MOTORRAD test + technik 25 LEISTUNGSDIAGRAMM 1 a Ya ma h Fahrleistungen Mo to BM W Gu zzi -MESSUNGEN km/h 195 210 180 0–100 km/h sek 0–140 km/h sek 4,2 7,6 4,6 8,2 5,0 10,0 5,3 6,7 9,1 5,0 5,8 – Höchstgeschwindigkeit* Beschleunigung Uneinholbar: BMW hat in diesem Feld den einzigen Vierventilmotor. Und der deklassiert Breva und Bulldog regelrecht. Letztlich enttäuscht die Guzzi. Zwar gibt sie sich am drehfreudigsten, doch dafür fällt sie bei 4000 Touren in ein lästiges Leistungsloch und bietet zwischen 3000 und 5000/min keinen nennenswerten Drehmomentzuwachs. Schade, da scheint Tuning für Hard- und Software bei Dynotec oder HTMoto nötig. Mit einer echten Büffelrücken-Kurve tritt die Bulldog an, doch jenseits der 6000/min ist dann schon wieder Schluss mit lustig. Durchzug 60–100 km/h sek 100–140 km/h sek 140–180 km/h sek 4,2 4,9 6,1 km/h 48/97 46/96 47/93 bei 130 km/h Liter/100 km Landstraße Liter/100 km Super 5,9 5,5 Super 6,1 5,6 Normal 6,5 6,1 371 411 328 Tachometerabweichung Effektiv (Anzeige 50/100) Kraftstoffverbrauch Kraftstoffart Theoretische Reichweite Landstraße km 1 *Herstellerangabe Leistung an der Kupplung. Messung auf Dynojet-Rollenprüfstand 150, korrigiert nach ECE, maximal mögliche Abweichung ± 5% Die Letzte ihrer Art: Ohne Motor transportiert die Rheinfähre Plittersdorf ihre zweirädrige Fracht offenen Stahlrohrrahmen hängt der betagte Zweizylinder aus dem fernen Nippon voll tragend. Das Handling der 1100er ist befriedigend, bei längstem Radstand, steilstem Lenkkopf und schmalem 170erHinterreifen. Der seit Beginn der Saison 2005 besser gekröpfte Lenker verdreht die Unterarme nicht mehr und ist in Gummi gelagert, was der Zielgenauigkeit nicht eben zuträglich ist. Fühlt sich an wie Untersteuern. Ungewohnt gut funktioniert die Gabel dieser Bulldog. Ihre Achillesferse ist das Federbein. Es hat weniger Federweg und 26 MOTORRAD test + technik -T E S T E R G E B N I S 1 2 3 BMW R 1150 R Funktionell statt sinnlich: Der alte und neue Testsieger schlägt sich in der Summe seiner Eigenschaften am besten. Und steht doch auf Abruf, bis dereinst ein 1200er-Roadster kommt. MOTO GUZZI BREVA V 1100 Eine betörende und alltagsstarke Offerte. Und der Klang . . . Doch der Preis von 11000 Euro ist schwer verdaulich und das Fahrverhalten nicht optimal. YAMAHA BT 1100 BULLDOG Sie hat viele Fans, denen ein einfach gestricktes Fahrwerk und ein Motor im Rentenalter reichen. Zumal das 2005er-Modell in wichtigen Details besser wurde. 18/2005 www.motorradonline.de Mo to Ya ma ha Gu zzi BM W Ma Pu xima nk t l e zah l -PUNKTEWERTUNG Dämpfungsreserven als bei BMW und Breva, pumpt im Zweipersonenbetrieb schon bei moderatem Angasen. Auch Solisten haut es auf Buckelpisten aus den Socken, sprich dem Sattel. Gewichtsmäßig trennen das Trio nur wenige Gramm, alle drei liegen bei gut fünf Zentnern Lebendgewicht. Die Bulldog ist mit 251 Kilogramm knapp die leichteste, doch der gefühlte Schwerpunkt ist bei ihr am höchsten. Der Hochsommer zeigt sich von seiner herbstlich-kühlen Seite. Da sind die optionalen Heizgriffe der BMW hochwillkommen. Ihr souveränes Fahrwerk sowieso. Ganz bayerisch, vermittelt es am meisten Gottvertrauen. Und das, obwohl oder gerade weil die Rückmeldung vom Vorderrad gen null tendiert. Der schluckfreudige Telelever führt das Vorderrad sicherer als ein Pfarrer seine Schäfchenschar. An der Hinterhand minimiert die Paraleverschwinge lästige Lastwechselreaktionen. Und auch mit Sozia Kathleen kann diese Fahrwerksabstimmung überzeugen. Letztlich sind alle drei Motorräder gebaut für flüssiges Fahren. Die Straße ist dein Freund, nichts, was es zu bezwingen gilt. Sanfter, durchaus auch flotter Kurvenswing statt Hanging off. Lieber Bummeln als Brennen. Wobei die BMW das noch am besten von den dreien kann. Georg will es wissen, raspelt sich die weit herausragenden Ventildeckel an. Unbeeindruckt zieht das bayerische Naked Bike selbst dann seine Bahn. Lediglich bei nasser Straße kommen die Metzeler ME Z4 noch früher an ihre Grenzen als die ME Z3 auf der Bulldog. Wir kommen ebenfalls wieder an die (offene) Grenze, Grillen zirpen, Grashüpfer schnarren. Der Rhein zwängt sich durch die Staustufe Iffelsheim. Fischtreppen ermöglichen Maifischen und Lachsen, an den Oberlauf des Rheins zu wandern. Und diese Motorräder eine gelassene und doch animierende Art der Fortbewegung. Freude an klassischem Maschinenbau und adretten Proportionen. Reisen statt Rasen, aber bitte mit Schmackes. In der Ruhe liegt die Kraft. Von beidem verströmt die BMW am meisten, wenn auch mit wenig Ausstrahlung. Daran wiederum mangelt es der Bulldog nicht, eher an zeitgemäßer Fahrwerks- und Motorentechnik. Und die Breva? Für den Überraschungsangriff in der Höhle des bayerischen Löwen reicht es noch nicht. Trotz guter Ansätze. Topspeed Beschleunigung Durchzug Ansprech-/Lastwechselverhalten Leistungsentfaltung Starten Kupplung Schaltung Getriebeabstufung Gesamtübersetzung 30 30 30 20 30 10 10 20 10 10 14 13 21 15 19 8 8 13 9 7 16 12 14 13 18 8 7 14 9 8 11 9 14 14 16 5 7 14 7 8 Summe 200 127 119 105 Handlichkeit Stabilität in Kurven Lenkpräzision Geradeauslaufstabilität Fahrwerksabstimmung solo Fahrverhalten mit Sozius 30 40 30 30 40 30 22 28 21 20 28 22 20 24 21 22 23 19 18 22 19 23 20 18 Summe 200 141 129 120 SICHERHEIT Bremsdosierung Verzögerung/Betätigungskraft Bremsen mit Sozius/Fading ABS/Verbundbremse Schräglagenfreiheit Bodenfreiheit Lenkerschlagen/Shimmy Bremsstabilität Aufstellmoment beim Bremsen Fern-/Abblendlicht Sicht nach vorn/hinten 30 30 10 30 20 10 20 10 10 20 10 10 24 8 21 13 7 19 9 8 12 7 19 22 7 0 8 7 18 7 8 14 7 23 23 8 0 10 8 18 7 7 10 8 Summe 200 138 117 122 Ausstattung Wartungsfreundlichkeit Theoretische Reichweite Zuladung Handhabung 30 10 20 20 20 19 9 17 12 9 22 8 19 19 12 14 8 14 12 12 Summe 100 66 80 60 Sitzkomfort Fahrer Sitzkomfort Sozius Windschutz Laufruhe Motor/Antrieb 40 20 20 20 28 13 4 11 30 14 0 15 24 11 3 13 Summe 100 56 59 51 MOTOR FAHRWERK ALLTAG KOMFORT EIGENSCHAFTSWERTUNG 30 20 30 30 20 30 40 20 15 16 25 12 29 17 15 15 15 18 12 24 17 15 15 14 25 15 18 20 Summe 200 134 116 122 GESAMTWERTUNG PLATZIERUNG enteilt die vierventilige BMW der Zweiventil-Konkurrenz. Einfach im sechsten Gang Gas geben, der Rest regelt sich von allein. Enttäuschend zieht die Breva durch, da hätte man nach den umfangreichen Modifikationen am Stoßstangen-V2 mehr erwarten dürfen. Wenigstens schwingt sich die Guzzi zu einer ordentlichen Höchstgeschwindigkeit auf. Davon ist die schwach motorisierte Yamaha weit entfernt, Vmax ist gerade mal 180. Außerdem beschleunigt die Bulldog nur recht mau. KLARE VERHÄLTNISSE: Im Fahrwerkskapitel bildet erneut die Bulldog das Schlusslicht. Einzig ihr Geradeauslauf ist der beste. Immer im Mittelfeld: die Breva, ohne große Stärken und Schwächen. Die handliche BMW steckt einen Sozius am lockersten weg, liegt am stabilsten und ist am besten abgestimmt. LICHT UND SCHATTEN. Nur die BMW verfügt über sicherheitsrelevantes ABS. Und zwar teilintegral betätigt und von einem Bremskraftverstärker auf Trab gebracht. Der erschwert genaues Dosieren des Bremsdrucks allerdings über Gebühr. Wenigstens bleibt die „R“ auch bei hartem Anbremsen stabil – sofern der Asphalt eben ist. Viel zu früh ritzt die Breva ihre Initialen in den Asphalt, noch dazu ist sie heftigen Bremsmanövern, vor allem zu zweit, nicht zugetan. Dafür leuchtet ihr Scheinwerfer am hellsten. Eine trübe Funzel fährt dagegen die Bulldog spazieren. BESSER GEHT’S KAUM. Im Alltag schlägt die Guzzi die BMW in deren eigener Domäne. Mit lauter Bestwerten: fetteste Ausstattung, größte Reichweite, höchste Zuladung, einfachste Handhabung. Nur knapp 200 Kilogramm dürfen BMW und Bulldog satteln. VORTEIL BREVA: Sie bietet den höchsten Komfort, dank bester Sitzplätze und des nur sanft pulsierenden Motors. Sanfter laufen sollte dagegen der störend vibrierende BMW-Boxer. Immerhin bietet die „R“ etwas Windschutz – gegen Aufpreis. 800 528 504 458 Garantie Verarbeitung Verbrauch (Landstraße) Inspektionskosten Unterhaltskosten Abgaswerte Preis-Leistungs-Verhältnis KOSTEN/UMWELT BIS AUF IHR MÄSSIGES Getriebe DIE BMW GLÄNZT mit moderatem Verbrauch und Top-Abgaswerten. Ferner mit der zweijährigen Mobilitätsgarantie für den Pannenfall. Deutlich mehr Schadstoffe emittiert die Breva, trotz Doppelzündung. Hinzu kommen italienisch hohe Inspektionskosten. Besonders günstig ist die antiquierte Bulldog in Anschaffung und Unterhalt. Allerdings dürfte sie weniger verbrauchen und emittieren. 1000 662 620 580 1. 2. 3. MOTORRAD test + technik 27