3. Personalbeschaffung
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3. Personalbeschaffung
67 3. Personalbeschaffung Die Personalabteilung der KÜTECH hat zur Aufgabe, drei Facheinkäufer mit guter Ausbildung und hervorragenden Erfahrungen zu beschaffen. Neben zahlreichen anderen Überlegungen müssen die Beschaffungsinstrumente, also der Weg, über den die KÜTECH an brauchbare Bewerber gelangen will, festgelegt werden. Außerdem sind die Auswahlinstrumente festzulegen und vorzubereiten, über die die KÜTECH aus der Vielzahl der Bewerbungen die wenigen gut geeigneten Kandidaten und schließlich die drei einzustellenden Bewerber herausfiltern möchte. Sehr schnell erkennt der Personalleiter Bodo Besser, dass es große Schwierigkeiten bereitet, gute Bewerber für das Unternehmen zu interessieren; dabei stellt sich heraus, dass die KÜTECH bisher wenig für die Gestaltung ihres Images am Arbeitsmarkt getan hat. 3.1 Grundlagen der Personalbeschaffung Die Personalbeschaffung knüpft an die Personalbedarfsplanung an und führt sie aus. 3.1.1 Personalmarketing Personalbeschaffung wird heute als zweiseitiger Prozess gesehen, als • Entscheidung des Unternehmens für einen Interessenten, bei der als mehr „technisch” orientiertem Vorgang Beschaffungs- und Entscheidungstechniken eingesetzt werden, • Entscheidung des Bewerbers für ein Unternehmen, die als sozio-psychologischer Vorgang Überzeugungstechniken notwendig macht; gerade dies setzt aber Personalmarketing voraus. Personalmarketing • betrachtet den Bewerber/Mitarbeiter als „Kunden”, • orientiert sich an dessen Bedürfnissen, • versucht für das Problem, das der Bewerber hat und mit der Besetzung der Stelle lösen will, eine Lösung zu bieten. Das bedeutet nicht, dass die betriebliche Lösung den Wünschen des Bewerbers angepasst wird. Vielmehr kommt für den Fall, dass keine ausdrückliche Lösung gefunden werden kann, eine Einstellung nicht infrage. Die Besonderheit ergibt sich durch die Einbeziehung der Problemstellung des Bewerbers in die Auswahlkriterien. 68 3. Personalbeschaffung Personalmarketing Steuerung der Personalarbeit über den externen und internen Arbeitsmarkt Bewerber/Mitarbeiter als Kunde Problem des Unternehmens Problem des „Kunden” Vakanz Unzufriedenheit mit aktueller Situation Ansatz für Problemlösung ja nein Problem wird gelöst Absage u. a. Personalmarketing ist deshalb bewerberorientiertes Denken und Handeln. Personalleiter Besser hat also in der Personalabteilung und im gesamten Unternehmen einen erheblichen Umdenkungsprozess herbeizuführen, denn bisher wurde Personalbeschaffung nur aus der Sicht des Unternehmens gesehen. Personalmarketing kann nur erfolgreich sein, wenn es das Image des Unternehmens bei den Zielgruppen positiv gestalten kann. Hierzu sind zahlreiche Werbemaßnahmen, wie z. B. • • • • • Imageanzeigen, besondere Gestaltung der Stellenanzeigen, Firmenbroschüren, Firmenveranstaltungen, Presseveröffentlichungen 3.1 Grundlagen der Personalbeschaffung 69 notwendig. Da das Unternehmen die eigenen Mitarbeiter halten möchte, gelten diese Überlegungen auch für die Personalbetreuung, sodass die Formulierung in bewerber- und mitarbeiterorientiertes Denken und Handeln erweitert werden kann. 3.1.2 Ablauf der Personalbeschaffung Die Personalbeschaffung läuft wie folgt ab: Personalanforderung Erstellung des Anforderungsprofils Klärung von Modalitäten Festlegung des Beschaffungspotenzials Externe Beschaffung Interne Beschaffung Festlegung der Beteiligten Bewerberauswahl Einschaltung des Betriebsrats Einstellung Evaluierung 70 3. Personalbeschaffung 3.1.2.1 Personalanforderung Über die Personalanforderung setzt die Fachabteilung, in der die Vakanz zu beseitigen ist, den Personalbeschaffungsvorgang in Gang. Sie enthält u. a. die konkrete Aufforderung zur Beschaffung, die notwendigen Genehmigungen nächsthöherer Vorgesetzter, die wesentlichen Anforderungen, die Kostenstelle und den Termin, zu dem die Stelle besetzt werden soll. 3.1.2.2 Anforderungsprofil Anforderungen sind die Summe der Fähigkeiten und Belastungen, denen der Stelleninhaber gerecht werden muss; sie sind stellen- und nicht personenbezogen. Es wird deshalb nicht dargestellt, wie der Mitarbeiter den Anforderungen mit seiner konkreten Leistungsentfaltung nachkommt. Das Profil enthält • aufgabenorientierte Merkmale (gem. Stellenbeschreibung), • persönlichkeitsorientierte Merkmale, die über Interviews mit dem Vorgesetzen, dem Vorgänger oder mit Experten eingebracht werden. Anforderungen können als einzelne Merkmale (Kriterien) auf einer Skala (z. B. von 1 bis 10) dargestellt werden, wobei die Merkmalsausprägung einer konkreten Aufgabenstellung auf der Skala festzulegen ist. Werden die konkreten Ausprägungen für alle Merkmale grafisch miteinander verbunden, entsteht ein Anforderungsprofil; die folgende Darstellung zeigt einen Ausschnitt aus einem Anforderungsprofil für einen Einkäufer: Ausprägung 10 8 6 4 2 MarktProdukt- Sprach- PCVerhand- Team- Einsatzkenntnis kenntnis kenntnis Erfahrung lungsfähig- bereitschaft geschick keit Anforderungen Eignung Kriterien 3.1 Grundlagen der Personalbeschaffung 71 Das Profil kann auch als Checkliste geführt werden, die nur die Anforderungen beinhaltet, die jeweils wesentlich sind. Anforderungsprofile werden dann mit den Qualifikations-(Eignungs-)profilen einzelner Kandidaten verglichen. Dabei sind nur Merkmale aufzunehmen, die auch eindeutig erfassbar und überprüfbar sind. 3.1.2.3 Modalitäten Es sind alle Fragen zu klären, die von Interessenten angesprochen werden könnten, z. B. • Ausgestaltung der Arbeit und der Stelle, • persönliche Entwicklung, • finanzielle Anreize. 3.1.2.4 Beschaffungspotenzial Das Beschaffungspotenzial zeigt auf, wo interessierte Bewerber vorzufinden sind und wie sie mobilisierbar sind. Unterschieden wird: Beschaffungspotenzial Herkunft intern Mobilisierbarkeit extern offen latent verdeckt • offenes Beschaffungspotenzial (aktiv Interessierte, die sofort verfügbar sind, z. B. Arbeitslose), • latentes Beschaffungspotenzial (aktiv Suchende, die aber nicht sofort verfügbar sind, da Bindung durch ein Arbeitsverhältnis vorliegt), • verdecktes Beschaffungspotenzial (Beschäftigte, deren Veränderungswille erst erzeugt oder verstärkt werden muss, z. B. durch ein günstiges Angebot). Die Potenzialeinteilung ist wichtig im Hinblick auf den zielgruppensicheren Einsatz der Beschaffungsinstrumente. 72 3. Personalbeschaffung 3.1.2.5 Beteiligte Die Beteiligten am Auswahlprozess müssen rechtzeitig festgelegt werden (u. a. der künftige Vorgesetzte), ebenso ihre Rolle (z. B. wer trifft die Entscheidung?). Die Termine sind abzusprechen. Dazu gehört auch die rechtzeitige und richtige Einschaltung der Arbeitnehmervertreter. Die anderen Punkte werden im Weiteren behandelt. 3.2 Innerbetriebliche Möglichkeiten der Personalbeschaffung Der innerbetriebliche Weg der Personalbeschaffung ist in den letzten Jahren immer stärker in den Vordergrund getreten, und zwar nicht nur in Unternehmen mit rückläufiger Belegschaft. So wird auch die KÜTECH zunächst versuchen, den einfacheren Weg der innerbetrieblichen Stellenbesetzung zu gehen. 3.2.1 Möglichkeiten der internen Stellenbesetzung Innerbetriebliche Personalbeschaffung Mit Personalbewegung Ohne Personalbewegung Mehrarbeit Urlaubsverschiebung Interne Stellenausschreibung Umsetzung/ Versetzung Systematische Personalentwicklung 3.2.1.1 Interne Stellenausschreibung Bei der internen Stellenausschreibung als Hauptfall werden die Mitarbeiter durch Aushänge am schwarzen Brett, Rundschreiben, Intranet u. a. auf die zu besetzenden Stellen aufmerksam gemacht. Das Formular ist ähnlich der Stellenanzeige aufgebaut. 3.2 Innerbetriebliche Möglichkeiten der Personalbeschaffung 73 Formular zur innerbetrieblichen Stellenausschreibung Interne Stellenausschreibung Nr. Zu besetzende Stelle: Bereich/Abteilung: Aufgabengebiet: Voraussetzungen: Eingruppierung: Interessierte Mitarbeiter senden ihre schriftliche Kurzbewerbung bis zum ... an die Personalabteilung (Frau/Herr ...). Datum: Unterschrift Personalbteilung: Aushang bis: Interessenten werden gebeten, sich binnen einer bestimmten Frist (meistens 2 Wochen) mit den erforderlichen Unterlagen (soweit diese nicht schon vorliegen) bei der Personalabteilung zu bewerben. Gleichzeitig kann der Arbeitgeber die Stelle extern ausschreiben. Nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat auf einer internen Stellenausschreibung bestehen; Ausnahmen: • Positionen für Leitende Angestellte gem. § 5 BetrVG, • wenn ersichtlich ist, dass im Unternehmen kein geeigneter Bewerber vorhanden ist. Kommt der Arbeitgeber der Forderung des Betriebsrats nicht nach, kann der Betriebsrat der Einstellung eines Mitarbeiters nach § 99,2 BetrVG widersprechen. Fallen häufiger Stellenbesetzungen an, könnte zur Regelung der internen Ausschreibung eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden. Allerdings kann der Betriebsrat keine interne Stellenbesetzung durchsetzen. In großen Konzernen sind Clearing-Stellen eingerichtet worden, über die Stellensuchende und Stellenanbietende im Konzern zusammengeführt werden. 74 3. Personalbeschaffung 3.2.1.2 Versetzung Unter Versetzung versteht man die nicht nur vorübergehende Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes. Die Versetzung kommt besonders dann zum Zuge, wenn sich die Zahl bestimmter Stellen (z. B. eines Produktbereiches) verringert und gleichzeitig andere Arbeitsplätze eingerichtet werden. Die Initiative geht hierbei nicht vom Mitarbeiter, sondern von der Personalabteilung aus. Anwendung findet die Versetzung auch, wenn für einen Mitarbeiter, der aus gesundheitlichen Gründen seine Arbeit nicht mehr erledigen kann, ein anderer Arbeitsplatz gefunden wird. Erwähnt sei, dass u. U. eine Änderungskündigung notwendig ist; dies gilt vor allem dann, wenn der Arbeitsvertrag keine andere Einsatzmöglichkeit vorsieht bzw. wenn der neue Arbeitsplatz geringer entlohnt wird. 3.2.1.3 Systematische Personalentwicklung Die systematische Entwicklung von Mitarbeitern ist nicht nur mit Qualifizierungslehrgängen verbunden, sondern setzt die Konfrontation mit immer schwierigeren Aufgaben voraus. Dies ist aber nur möglich, wenn im Zuge einer Laufbahnplanung auch entsprechende „Bewährungsstellen“ zur Verfügung stehen. Gerade hier ist es wichtig, dass rechtzeitige Abmachungen mit dem Betriebsrat getroffen werden, damit systematische Personalentwicklung nicht durch interne Stellenausschreibung verhindert wird. Evtl. können von vornherein bestimmte Stellen für die Laufbahnplanung geschaffen bzw. reserviert werden. 3.2.2 Beurteilung der innerbetrieblichen Personalbeschaffung Vorteile der innerbetrieblichen Personalbeschaffung sind • • • • • • • • schnellere und kostengünstigere Beschaffung, weniger Risiko, da der Kandidat bekannt ist, schnellere Eingliederung, die Unternehmensverhältnisse sind bekannt, Erhöhung der Beweglichkeit der Mitarbeiter, Motivation der Arbeitnehmer durch Aufstiegsmöglichkeiten, Einhaltung des Entgeltniveaus, geringere Beschaffungskosten. Nachteile der innerbetrieblichen Personalbeschaffung sind • weniger Auswahlmöglichkeit, • Betriebsblindheit, • „Blamage”-Angst des gescheiterten Kandidaten, • Abgangsverweigerung guter Kräfte/Fortloben schlechter Kräfte, • häufig Ringtausch, da auch der Platz des wechselnden Mitarbeiters besetzt werden muss, 3.3 Möglichkeiten der externen Personalbeschaffung 75 • „Verkumpelung” bzw. mangelnde Akzeptanz, wenn ein ehemaliger Kollege Vorgesetzter wird. • Neid, • Enttäuschung bei Kollegen bei Besetzung von Führungspositionen durch einen Mitkollegen. 3.3 Möglichkeiten der externen Personalbeschaffung Für die externe Personalbeschaffung ergeben sich folgende Möglichkeiten: Externe Personalbeschaffung Arbeitsverwaltung Private Arbeitsvermittlung Stellenanzeige Internet Personalleasing Personalberater Auswertung von Bewerbungen Stellensuchanzeige Mund-zuMundPropaganda Kontakt zu Bildungseinrichtungen Aufgaben 299 Fallstudien Aufgaben 1. Fallstudie Die KÜTECH AG eröffnet ein neues Montagewerk in Norddeutschland. Ihre Aufgabe ist es, die Personalarbeit vorzubereiten. Dazu sind folgende Angaben und Schritte zu beachten. a) In der Endmontage sollten auf Inseln Großküchengeräte montiert werden. Die Vorgabezeit für die Montage beträgt 60 Min. auf der Insel, 4 Personen arbeiten auf der Insel. Gemäß Betriebsvereinbarung ist mit einem Verteilzeitzuschlag von 10 % zu rechnen. Außerdem sind 10 % für Ausfallzeiten (Urlaub, Krankheit u. Ä.) zu berücksichtigen. Der Erfahrung entsprechend sind in den Bereichen außerhalb der Montage 25 % weitere Mitarbeiter erforderlich. Die Kapazität soll für 800 Geräte pro Tag bei einem 8-Stunden-Arbeitstag ausgelegt sein. Errechnen Sie den Personalbedarf. b) Bereiten Sie die Beschaffung des notwendigen Personals vor. Erläutern Sie ausführlich die Beschaffungswege und den Auswahlvorgang. c) Nennen Sie wesentliche Regelungen, die die Arbeitsverträge enthalten sollten. d) Entwickeln Sie ein Konzept für die Einarbeitung und Einführung der neuen Mitarbeiter. e) Nehmen Sie eine sinnvolle Organisation der Personalabteilung vor. Gehen Sie davon aus, dass ein Sachbearbeiter ca. 150 Mitarbeiter betreuen kann; auch der Personalleiter hat ein Sachgebiet. 302 Fallstudien 4. Fallstudie Im Zuge der Personalplanung stehen für die KÜTECH AG verschiedene Entscheidungen an. a) Das Unternehmen beabsichtigt, für Terminabsprachen, Reklamationen und dgl. ein Call-Center einzurichten. Es soll 2-schichtig mit jeweils 8 Stunden am Tag arbeiten. Erfahrungsgemäß werden die Mitarbeiter 10 Telefonate pro Stunde führen können. Bei einer 5-Tage-Woche wird mit 4.000 Anrufen pro Woche gerechnet. Für Urlaub, Krankheit und andere Abwesenheiten wird mit einer Quote von 10 % gerechnet. Wie viele Mitarbeiter werden benötigt? b) Der Vertriebsleiter äußert die Meinung, die Mitarbeiter des Call-Centers sollten möglichst aus dem Unternehmen stammen. Nennen Sie vier spezifische Argumente, die zur Situation passen und die Meinung des Vertriebsleiters stützen. c) Sie sind anderer Meinung. Nennen auch Sie vier Argumente zur Stützung Ihrer Ablehnung. d) Erläutern Sie die Möglichkeiten des Betriebsrats hinsichtlich der Frage interne oder externe Stellenbesetzung. e) Stellen Sie dar, welche Aussagen die folgenden Bewerbungsunterlagen zulassen und wo die jeweiligen Grenzen liegen: - Bewerbungsschreiben - Lebenslauf - Arbeitszeugnisse.