Tro§zdem Nr. 43, November2010 - Justizvollzugsanstalt Oldenburg

Transcription

Tro§zdem Nr. 43, November2010 - Justizvollzugsanstalt Oldenburg
Medienrummel hinter Gittern
Filmfest 2010 ab S. 15
Die Happy In Da House
Rockkonzert in der JVA ab S. 18
Sport intern
3. Oldenburger JVA
Marathon ab S. 13
DER PREIS
DER SICHERHEIT
Sicherungsverwahrung - Woher kommt sie, wohin geht sie?
EDITORIAL
§
Liebe Leserinnen und Leser,
„nicht außerhalb, nur in sich selbst soll man den Frieden suchen“.
Diese weisen Worte stehen auf dem buddhistischen Jahreskalender 2011 und
stammen von niemand anders als von Buddha selbst. Für eine JVA haben
diese Worte, gerade in der Weihnachtszeit, noch eine ganz andere Bedeutung. Viele unserer Inhaftierten werden auch dieses Weihnachtfest wieder in
der JVA verbringen müssen. Sie erhalten keinen Ausgang und keinen Hafturlaub. Weihnachten lässt für viele Menschen in der Haft die wahre Dimension von Freiheitsentzug spürbar werden. Und doch gibt es Hoffnung. Für
die meisten Inhaftierten ist die Freiheitsstrafe zeitlich begrenzt. Die Worte
Buddhas können helfen, den Blick nach innen zu richten, kritisch auf das
eigene Leben, auf die Straftaten und auf die Folgen des eigenen Tuns zu
schauen. Die Selbstreflektion ist der Baustein für zukünftiges straffreies Leben.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der JVA Oldenburg wollen helfen, die
Zeit der Inhaftierung so nutzbar wie möglich zu gestalten. Es bringt nämlich
nichts, die Freiheitsstrafe nur abzusitzen. Herausforderungen sind gefragt,
um morgen wieder der Nachbar sein zu können. Es geht um Veränderungen,
Mut und Entschlossenheit, dem Leben eine Wende zu geben. Durch die Teilnahme am strukturierten Leben in der JVA Oldenburg erlernt man Selbstdisziplin. Jeden Tag arbeiten zu gehen, an Behandlungsmaßnahmen teilzunehmen oder Sport zu betreiben, gibt Struktur im Leben.
Ich freue mich darüber, dass so viele Inhaftierte unsere Angebote annehmen
und aktiv an der Vollzugsgestaltung teilnehmen. Natürlich können und wollen wir nicht alle Wünsche erfüllen. Uns ist aber wichtig, dass die Zeit der
Inhaftierung so optimal wie möglich genutzt wird. Untersuchungsgefangenen wollen wir eine menschenwürdige Unterbringung und Gestaltungsmöglichkeiten während der Haft garantieren. Strafgefangene, die noch lange bei
uns bleiben müssen, sollen an sich arbeiten und neue Ziele entwickeln können. Die Inhaftierten in der Abteilung Gerichtsstraße sollen viele Möglichkeiten haben, sich auf den offenen Vollzug und auf ihre Entlassung vorzubereiten. Die Damen und Herren des offenen Vollzuges können die Zeit nutzen, um zu beweisen, dass sie zu recht in der freizügigsten Vollzugsform
untergebracht sind.
Ich wünsche allen Inhaftierten im Namen der Anstaltsleitung und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der JVA Oldenburg viel Energie und Kraft, mit
dem Vollzugsalltag fertig zu werden und den Mut, neue Wege zu gehen. Ein
straffreies Leben sollte stets Ihr Ziel sein. Ihnen und Ihren Angehörigen ein
besinnliches Weihnachtsfest und ein hoffnungsvolles neues Jahr 2011.
Gerd Koop
Anstaltsleiter
www.jva-oldenburg.de
Tr§tzdem 11/2010
1
§ INHALT
JVA INTERN
IdG Informiert ..............................................................................................................................................................................5
Ausweitung des Sortiments an zulassungsfähigen Gegenständen................................................................................................8
C-Trainer-Breitenfußball-Lehrgang im „Knast“ ..........................................................................................................................9
Sport– und Sommerfest 2010 .....................................................................................................................................................10
Beamte vs. Gefangene................................................................................................................................................................11
Oldenburger Fußballleistungsgruppe geht auf Torejagd ............................................................................................................11
Niedersächsische Fußballmeisterschaft in der JVA Oldenburg .................................................................................................12
Soweit die Füße tragen. 3. Oldenburger JVA Marathon ............................................................................................................13
Filmfest 2010 .............................................................................................................................................................................15
Die Happy in da house ...............................................................................................................................................................18
Das Malatelier in der JVA Oldenburg nach der Methode von Arno Stern.................................................................................20
Kunst im Knast...........................................................................................................................................................................22
RECHT & SOZIALES
Recht ist nicht dasselbe wie Gerechtigkeit .................................................................................................................................28
Die Datensammler und die Selbstauskunft.................................................................................................................................30
Predigt und Auslegung nach der Lesung....................................................................................................................................32
Woran erkennt man einen Psychopathen?..................................................................................................................................34
Wie trifft mein Gehirn die richtigen Entscheidungen?...............................................................................................................42
Vorzeitige Entlassung … aus Anlas des Weihnachtsfestes ........................................................................................................43
Fehler bei der Erstellung von Prognosegutachten ......................................................................................................................44
Die Gefahr wird extrem überschätzt...........................................................................................................................................46
Arbeitsentgelte 2010 für Straf– und Untersuchungsgefangene ..................................................................................................47
Sicherungsverwahrung „Der Knast nach dem Knast“ .........................................................................................................48
Einführung des neuen elektronischen Personalausweises ..........................................................................................................53
Prognoseentscheidungen erfordern bestmögliche Aufklärung ...................................................................................................55
Fortschreibung des Vollzugsplans muss… ...............................................................................................................................56
Lockerrungen und 2/3 Aussetzung auch für Ausländer...... .......................................................................................................57
KULTUR & UNTERHALTUNG
Lachen ist die beste Medizin ......................................................................................................................................................59
Neues in der Bücherei ................................................................................................................................................................66
Sudoku .......................................................................................................................................................................................70
Rätsel..........................................................................................................................................................................................71
RUBRIKEN
Editorial........................................................................................................................................................................................1
Inhalt ............................................................................................................................................................................................2
Gruppenangebote .........................................................................................................................................................................4
WM Tippspiel 2010 ...................................................................................................................................................................26
Kalender 2011...........................................................................................................................................................................35
Kontaktanzeigen.........................................................................................................................................................................59
Pressespiegel ..............................................................................................................................................................................62
Wissen ist Macht... .....................................................................................................................................................................64
Rezept.........................................................................................................................................................................................61
Impressum .................................................................................................................................................................................72
2
Tr§tzdem 11/2010
www.jva-oldenburg.de
INHALT §
WIR DANKEN
Frau Sandra Nietfeld
die kaum Mühe gescheut hat uns bei
der redaktionellen Arbeit auf Schritt
und Tritt zu begleiten und ständig
beratend zur Seite zu stehen.
ab Seite 18
Die Happy in da
House.
EINEN GANZ BESONDEREN
DANK WIDMEN WIR
Herrn Hans Ulrich Bier
und
Herrn Hans Joachim Schlüter
die trotz widriger Umstände nie den
Mut und Hoffnung verloren haben
und stets mit an unserer Seite durchs
Dickicht des vollzugsredaktionellen
Dschungels gegangen sind.
ab Seite 15
Filmfest 2010.
ab Seite 48
Sicherungsverwahrung
„Der Knast nach dem Knast“
HELFEN SIE UNS BEI UNSERER ARBEIT MIT EINER
SPENDE!
JVA OLDENBURG
WG. TROTZDEM
KONTO NUMMER
106 024 813
ab Seite 13
3.Oldenburger
JVA Marathon.
NORDLB HANNOVER
BLZ 250 500 00
www.jva-oldenburg.de
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3
§
4
GRUPPENANGEBOT
Tr§tzdem 11/2010
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JVA INTERN
§
INTERESSENVERTRETUNG DER GEFANGENEN (IDG)
IdG INFORMIERT: Ein neues Team der Vertreter für Gefangeneninteressen informiert über die Arbeit der IdG
V
eränderungen bewirken oftmals
etwas Positives, hin und wieder
reicht es manchmal schon wenn
eine Namensänderung zu vermelden ist.
Die GIV hat sich über viele Jahren
für die Belange der Inhaftierten eingesetzt. Nun versuchen wir, das „Neue
Team“ unter der neuen Bezeichnung,
wie dies oben angeführt, die ehrenamtliche Tätigkeit mit Leben zu erfüllen. Dabei haben sich weder die Satzungen noch
die Richtlinien, sowie das Wahlrecht für
die ausgewählten Vertreter für diese ehrenamtliche Tätigkeit geändert.
Wir möchten in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass erst auf
Grundlage politischer Entscheidungen
und damit verbundener Gesetzgebung
aus dem Jahre 1977, wie unsere Recherchen ergeben haben, es den Inhaftierten
möglich gemacht wurde ‚ intensiver über
ihre Gewählten Vertreter, Wünsche und
Anliegen der Anstaltsleitung vorzutragen
um Veränderungen im Vollzug zu erreichen.
Im beiderseitigem Interesse, hierbei
ist aber im besonderen die Vollzugsbehörde bemüht und auch bereit konstruktive Veränderungen im Vollzug auf
Grundlage der entsprechenden Sicherheitsbestimmungen zuzulassen, damit
die Haftzeit soweit wie möglich für den
Inhaftierten auch unter dem Aspekt der
Resozialisierung erleichtert wird.
Veränderungen im Vollzug sind
zweifellos sehr schwer durchzusetzen in
einem System, das auf Grundlage gesetzlicher Bestimmungen und dem Verwaltungsrecht, wenig Spielraum besitzt,
Wünsche und Anliegen von Inhaftierten
zu genehmigen.
Besonders für Menschen mit Migrations-Hintergrund, sowie ausgegrenzte der
Gesellschaft mit krimineller Neigung, ist
es besonders schwierig, Erleichterungen
im Vollzug gegenüber die sich makellos
fühlende christliche Gesellschaft, außerhalb dieser Mauern zu vertreten.
Nach dem Grundsatz: „DIE WURDE
DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR“, scheint dieser Grundsatz manchmal mehr als einen symbolischen Charakter zu haben, trotzdem werden wir
von der, „Interessenvertretung der Gefangenen“, täglich aufs neue sich den
Problemen der Inhaftierten im Vollzug
stellen.
Da kaum eine Woche vergeht, in der
nicht ein neues Problem an die Interessenvertretung herangetragen wird, ist die
Arbeit der IdG nicht langweilig, allerdings fühlen wir uns auch manchmal
zwischen Baum und Borke.
Alle Vorschläge werden aufgenommen und geprüft inwieweit die Möglichkeit besteht diese bei den Entscheidungsträgern der Vollzugsanstalt durchzusetzen.
Bei der Durchsetzung von Vorschlä-
gen ist aufgrund der Verwaltungsvorschriften sehr viel Geduld erforderlich
und manchmal ist es ein Anlaufen gegen
Windmühlen.
Aber dennoch lassen wir uns zunächst nicht entmutigen und stellen uns
der Aufgabe und hoffen, mit überzeugenden Argumenten, die Entscheidungsträger der Vollzuganstalt zu bewegen,
Erleichterungen im Vollzug zu genehmigen.
Also durchaus eine sinnvolle Tätigkeit die Spaß macht und jeder Inhaftierte
sollte sich beteiligen.
Ärgerlich wird es nur dann wenn
einige Inhaftierte glauben es besser zu
wissen und durch Zuwiderhandlungen
das Erreichte dann durch die Anstaltsleitung wieder in Frage gestellt und in den
meisten fällen als Kollektivstrafe ausgesprochen wird.
Die neue IdG ist auf alle Fälle jungfräulich unterwegs nach dem Motto so
wie es im Volksmund heißt, „Neue Besen kehren gut“
Es grüßt euch das neue Team der Interessenvertretung der Gefangenen.
INTERESSENVERTRETUNG DER
GEFANGENEN - JVA OLDENBURG
CLOPPENBURGER STR. 400
26133 OLDENBURG
HERR SÄNGER.
HERR KOLKWITZ
HERR KRACKE
IdG - Sprechstunden
Interessenvertretung der Gefangenen in der JVA Oldenburg
Haus A
Haus B
Stand: 02.11.2010
Haus C
Haus D
Station 1
Herr Sänger
Herr Sänger
Herr Sänger
Keine Sprechstunde
Station 2
Herr Sänger
Herr Sänger
Herr Sänger
Keine Sprechstunde
Station 3
Herr Kracke
Herr Kracke
Herr Kracke
Herr Kracke
Station 4
Herr Kolkwitz
Herr Kolkwitz
Herr Kolkwitz
Herr Kolkwitz
Persönliche Gespräche mit dem jeweiligen Vertreter der Interessenvertretung der Gefangenen (IdG) können nach wie vor per Antrag (VG 51) beantragt werden; diese sind nicht Stationsabhängig. Turnusmäßige Besuche finden zeitgemäß statt.
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Tr§tzdem 11/2010
5
§ JVA INTERN
Der Sichteinkauf in der JVA Oldenburg
IdG INFORMIERT: Mit der Einführung des Tüteneinkaufes ist unter den Inhaftierten viel Unmut und Frust
gesät worden. Zwar ist diese Form des Einkaufens bequemer und geht schneller von statten, doch die Lebensmittelqualität und Kundenbetreuung hat deutlich abgenommen.
kaum Zeit die Lebensmittel von der Fa.
Knefelkamp zu sichten, preislich sowie
qualitätsmäßig. Hauptsache der Angestellte der Fa. Knefelkamp bekommt die
Einkaufsliste schnell unterschrieben, er
muss weiter gehen, auf die nächste Station, denn die Zeit drängt.
Man muss kein Hellseher sein, um
sich vorzustellen, wie sich der Inhaftierte
fühlt, wenn er seine teuer bezahlten Lebensmittel beim Öffnen des Kartons vorfindet.
Schnell muss er sein, wenn er noch
die Chance nutzen will gegebenenfalls
nicht erhaltenes und beschädigtes zu
reklamieren. Hat der Inhaftierte erst seine Bananenkiste auf dem Haftraum, ist
Es ist sehr schwer seine Reklamation klarzumachen
Ein altertümlicher „Tante Emma Laden“ aus den 50-er Jahren.
W
as waren das noch für Zeiten,
wer von den Inhaftierten erinnert sich gerne daran zurück.
Wie stieg die Spannung in den jeweiligen Wochen, in denen der Sichteinkauf
stattfand. Hat nicht jeder den Freitag
herbeigesehnt, um für sich seine Genussmittel zu erwerben. Dieses Highlight
wollte sich niemand der Inhaftierten,
auch hin und wieder einige Bediensteten,
ich erwähne hier nur die schönen Nussecken, entgehen lassen.
Das Schlendern durch die Regale,
wenn es auch manchmal etwas eng in
Dem Inhaftierten bleibt in der
Eile kaum noch Zeit die
Lebensmittel zu sichten
dem kleinen Raum war, leiß sich niemand entgehen. Konnten sich doch die
Augen nicht satt genug sehen, an den
vielen schmackhaften Lebensmitteln, die
von der Fa. Knefelkamp in den vorhandenen Regalen zum Kauf angeboten
wurden. Vor allem das leckere Frischgemüse, saisonbedingte Früchte, das Kühlregal mit diversen Wurst-, Schinken-,
Milchgetränken und Fischsorten, verlockte zum Kaufen. Schon der Gedanke,
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Tr§tzdem 11/2010
im nachhinein an diese Möglichkeit des
Einkaufs, weckt doch nach der verstrichenen Zeit immer noch Erinnerungen.
Weiterhin befand sich in dem kleinen
Laden die prall gefüllte TK- Kost Truhe
mit allem was dem Gaumen gut tat. Das
darüber liegende Brot und Kuchenregal,
die dann folgenden Süßigkeiten, Getränke, Zeitungen und Rauchwaren.
Angebote, waren zum Greifen nahe.
Die Liste der Artikel könnte man
durchaus weiterführen, wie zum Beispiel
Briefmarken und Schreibutensilien.
Die Fa. Knefelkamp war um das
Wohl der Inhaftierten bemüht und ohne
zu übertreiben sehr engagiert. Jeder
Wunsch und war er noch so klein, wurde
als zusätzliche Bestellung aufgenommen
und beim nächst möglichen Termin, des
Einkaufs bereitgestellt.
es sehr schwer, dem Angestellten der Fa,
Knefelkamp, seine Reklamation klarzumachen. Spätere Erkenntnisse werden
oftmals lautstark auf den Stationen ausgetragen, auch mit Beteiligung des Bediensteten, die nun beileibe nichts dafür
können.
Dieser zusätzliche Stress, auf den
jeweiligen Stationen, über die Fa. Knefelkamp, ist lästig, sehr unangenehm und
könnte bei effizientem Umgang mit dem
Inhaftierten vermieden werden.
Da bleibt mir eine Erkenntnis und
Frage: „Wann gibt es mal wieder den
Sichteinkauf?
Text: GK
U
nd Heute: Werden die wertvollen Lebensmittel und Getränke
in Bananenkisten transportiert,
wo der Qualitätsverlust, allein durch das
hin und her Schaukeln in den Bananenkisten vorprogrammiert ist.
In hastiger Eile werden diese Kartons
auf die jeweiligen Stationen befördert,
fast schon lieblos verteilt, man könnte
auch sagen sehr anonym.
Dem Inhaftierten bleibt in der Eile
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JVA INTERN
§
„Vision oder Wirklichkeit?“
IdG INFORMIERT: Die Interessenvertretung der Gefangene setzt sich für einen Kühlschrank in den einzel-
nen Hafträumen ein.
ber die Jahre hat sich nicht nur
der Vollzug verändert, sondern
auch das Umweltbewusstsein. Die
Unterbringung in den einzelnen Haftanstalten hat in den vergangenen Jahren
eine Renaissance erlebt, wofür auch die
Inhaftierten gekämpft haben. Sowohl in
der Einzelhaftraumbelegung, Ausstattung mit besseren Mobiliar sowie in der
technischen Ausrüstung mit medialen
Geräten wurden für den Inhaftierten unter den entsprechenden Sicherheitsbestimmungen die Unterbringung in der
Haft verbessert. Die JVA Oldenburg legt
zudem sehr viel Wert auf Sauberkeit der
gesamten Anlage und ist in der technischen Ausrüstung, im Verwaltungsbereich, immer bemüht auf den neuesten
Stand zu sein. Dem ganzen könnte man
noch die Krone aufsetzen, indem die
Hafträume, nicht nur mit einer Gardine
verschönert, sondern mit einem geringen
Kostenaufwand die Unterbringungsqualität auf den neuesten Stand erweitert.
Ü
Sicherlich stehen diesem Vorhaben
einige Bedenken entgegen; Dabei stehen
an erster Stelle die Investitionen im Vordergrund und der Sicherheitsaspekt. Und
dennoch wäre ein Kühlschrank im Haftraum der richtige Schritt in die richtige
Richtung. Legen wir mal alle Bedenken
beiseite und sehen bei tieferer Betrachtung diese Investition als umweltbewusstes Handeln an.
Wasser ein Naturprodukt, was bekanntlich in den Ressourcen immer
knapper wird, wenn man den Wissenschaftler glauben schenken darf.
Hoffen wir, dass uns das erspart
bleibt, Netze aufzuspannen um Nebel für
trinkbares Wasser aufzufangen, wie das
in manchen Regionen der Welt schon
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heute praktiziert wird.
Noch drehen wir den Wasserhahn
einfach auf und vergeuden das wertvolle
Nass, was zusätzlich über die Kläranlage
mühsam gereinigt wird.
Lohnt es sich nicht, unter diesen Gesichtspunkten mal einige Minuten in sich
zu gehen?
Um zu einer positiven Entscheidung
zu kommen möchten wir einige
Punkte zum Nachdenken anführen warum wir der Meinung sind
das diese Investition Zukunftsorientiert ist.
Inhaftierte müssen ihre Getränke im Sommer im Waschbecken kühlen.
Bereits erreicht haben wir
mit Herrn Moorhusen, dass die
morgendliche und abendliche
Teeausgabe in flüssiger Form
entfällt, dafür werden alternativ
Teebeutel wöchentlich auf die
Station geliefert.
Ersparnis: Wasser, Spülmittel,
Arbeitskraft und Zeit.
Ausgabe des Frühstücks bereits mit
dem Abendbrot.
Weniger Aufwand in dem Arbeitsablauf der Küche, der Bediensteten auf den
Stationen, Entlastung der Hausarbeiter,
auch hier wieder Einsparung vorgenannter Punkte.
Der morgendliche Stress mit den
Essenwagen würde entfallen. Auch hier
Energieeinsparung beim Fahrstuhl,
zwecks Transports auf die jeweiligen
Stationen und wieder Einsparung von
Wasser Spülmitteln und Zeit.
Weniger Diebstahl. aus den Kühl und
Gefrierfächern, auf den Stationen.
Erleichterter Überblick der gelagerten
Speisen und Getränken, bei der Haft-
raumdurchsuchung.
Entfernung der nicht praktischen
Kühl und Gefriertruhen auf den Stationen. Energieaufwendige und nicht effiziente Nutzung der einzelnen Fächer.
Die Handhabung der Hygiene fällt
dadurch vielen Inhaftierten leichter. Dem
Inhaftierten würde dadurch dir Möglichkeit gegeben, auch während der Nacht-
einschlusszeiten, sich mit gekühlten
Speisen und Getränken zu versorgen.
Ist dies nicht auch ein Beitrag zur
Resozialisierung?
So ein kleiner Kühlschrank verbraucht nicht mehr Energie als ein TV
Gerät pro Jahr. Diese Kosten würde der
Inhaftierte, bei einer positiven Entscheidung sicherlich gerne übernehmen.
Die Kosten belaufen sich für so ein
Kühlgerät, aufgrund von Recherchen,
auf ca. 90 EURO.
Sie sehen bei genauer Betrachtung
unserer Überlegungen kann man dieser
Idee durchaus Positiv gegenüberstehen.
Mit freundlichen Grüßen
Interessenvertretung der Gefangenen.
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§ JVA INTERN
Ausweitung des Sortiments an zulassungsfähigen Gegenstände
Nach langem hin und her genehmigt die Sicherheitsleitung der JVA Oldenburg den Besitz von Musikboxen.
mehr als 3 Metern.
Ein Beitrag von Manfred Viebahn
E
ndlich nach langem Warten hat
die JVA Oldenburg auf die häufige Kritik reagiert und eine Anpassung der zulassungsfähigen Gegenstände vorgenommen. Hier nun ein kleiner Überblick über die neuen beziehbaren Gegenstände:
Bei den Elektrogeräten können jetzt
folgende Gegenstände bezogen werden:
Stereoanlage/ Radiorecorder
Kompaktanlage oder Bausteine
(wobei jeder Baustein als Einzelgerät
gezählt wird)
Lautsprecherboxen 2 Stück, mit einem maximalen Volumen von 15
Litern und Kabellänge von nicht
! Hinweis
ein tragbarer Walkman oder CD
Spieler (nur mit internem Akku)
Tischventilator
Durchmesser)
(maximal
30
cm
Lichterkette mit maximal 15 Lichtern
(nur zur Weihnachtszeit)
Bei den Hygieneartikel kommt noch
zusätzlich die Möglichkeit des Bezuges
von:
Pinzette mit einer Maximallänge von
nicht mehr als 10 cm.
Nassrasierer (Nur Gillette Mach 3
oder Quattro, Halter ohne Batterie
und maximal 2 Packungen a 12 Klingen)
Für weitere Sachen die Ihr eventuell
sonst noch benötigt, schreibt bitte einen
Hinsichtlich der zulassungsfähigen
Elektrogeräte sind maximal sechs Geräte pro Haftraum zugelassen. Darüber
hinaus kann jedem Gefangenen 1 Rasierer und 1 Haarschneidemaschine oder
Bartschneidemaschine gestattet werden.
Bei Einzelbausteinen zählt jedes Gerät
einzeln. Die Bereiche Aufnahmestation,
Transportstation sind davon ausgenommen und unterliegen gesonderter Regelungen. Ein detailliertes Verzeichnis
über alle zugelassenen Gegenstände
hängt i.d.R. auf den Stationen aus. Bei
Nichtvorhanden wenden euch an den
Stationsdienst mit der Bitte um Auskunft.
Antrag an die GIV, die wird dann versuchen diese Wünsche bei der Leitung der
JVA Oldenburg durchzusetzen.
Eine Übersicht über die zulassungsfähige Elektrogeräte in der JVA Oldenburg (stand Sep.2010)
Anzahl
Geräteart
1
TV-Gerät (Rohre)
1
TV-Gerät (Flachbildschirm)
1
Stereoanlage/Radiorecorder
1
Walkman oder tragbarer CD-Player
2
Lautsprecherboxen kein Eigenbau
1
Kopfhörer
1
Schreibmaschine
1
1
1
1
1
1
1
1
1
20
Kaffeemaschine
Wasserkocher
Fön
Wecker oder Radiowecker
Elektrorasierer
elektrischer Haarschneider oder Bartschneider
elektrischer Zahnbürste oder Munddusche
Telespiel mit Zubehör
Schachcomputer
Kassetten und/oder CD‘s sowie DVD‘s
3
Fernbedienung
1
Reinigungsset für Kassettentape
1
Kassetten- oder CD/DVD Box
1
1
Tischventilator
Taschenrechner oder Sprachcomputer
1
Lichterkette
1
Armbanduhr
Hineise/ Erläuterungen
42 cm Bildschirmdiagonale davon sichtbar 37 cm
maximal 2000 cm² Frontfläche
Kompaktanlage oder Bausteine wobei jeder Baustein als
Einzelgerät gezählt wird
nur mit internen Akku genehmigungsfähig
max. Gesamtvolumen 15 L. und maximaler Kabellange
von 3 Metern
nur kabelgebunden
ohne Diskettenlaufwerk ohne oder nur mit temporärem
Speicher
nur mit Glaskanne
nur mit Abschaltautomatik
Lockenstab nur in Frauenvollzug erlaubt
nur netzstrombetrieben
keine kombinierten Gerate oder Stationen zulässig
nur netzstrombetrieben (Playstation 1 und Gamecube)
nur netzstrombetrieben
sämtliche Ton- und Datenträger zusammen
nur für TV, Musikanlage und DVD-Player keine sonstigen Geräte
kein Spray und ohne Alkohol
nur Aufbewahrungsbox aus Stoff mit Reißverschluss
zulässig
maximaler Korbdurchmesser 30 cm
nur Solarbetrieben
max. 15 Lichter und Gesamtlänge von 1,50 m nur zur
Weihnachtszeit zulässig
ohne Speicherfunktion
B
B
B
K
V
B
B
B
B
B
B
B
B
B
B
B
V
B
B
V
V
V
V
V
V
V
B
B: durch Besuch beziehbar
K: nur vom Kaufmann zu beziehen
V: nur über Versandhandel zu beziehen
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www.jva-oldenburg.de
JVA INTERN
§
C-Trainer-Breitenfußball-Lehrgang im „Knast“
SPORT: Erfolgreicher Abschluss des erstmalig veranstalten Fußballtrainerlehrgangs.
I
m Rahmen des Kooperationsprojekts
„Sport integriert Niedersachsen“ des
Landessportbundes Niedersachsen
und des Niedersächsischen Ministeriums
für Inneres, Sport und Integration in Kooperation mit der Deutschen Sportjugend
(dsj) und dem Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität Hannover
fand erstmals in einer JVA ein CTrainer-Breitenfußball-Lehrgang statt.
Unter dem Motto „Sport integriert
Niedersachsen“ begannen in der JVA
Oldenburg im März 14 Inhaftierte mit
Migrationshintergrund die 120 Lerneinheiten lange Ausbildung, die sich über
konditionelle Fähigkeiten, technische
Fertigkeiten, sondern auch taktisches
Grundverständnis gefragt waren. Alle
Lerninhalte wurden theoretisch aufgearbeitet. Vorträge, Gruppenarbeit und Präsentationen
rundeten den Lehrgang ab.
Sieben
verschiedene
Referenten trugen ihr Expertenwissen zu Themenbereichen
„Sport
und
Recht“, „Fußball und Schule“, „der Schiedsrichter im
Fußball“
oder
auch
„Torwarttraining“ vor.
Insgesamt haben 21 Teilnehmer
die Prüfung erfolgreich bestanden.
sechs Wochenenden erstreckte. 12
schafften am Ende die praktische und
schriftliche Prüfung. Zusammen mit 3
Inhaftierten ohne Migrationshintergrund,
3 Bediensteten und 3 Gasttrainern aus
dem Raum Oldenburg haben insgesamt
21 Teilnehmer die Prüfung erfolgreich
abgeschlossen.
Schon im Vorfeld des Lehrgangs
wurden die Inhaftierten strengen Zulassungskriterien unterworfen. Delikt, Haftdauer, soziale Kompetenzen, fußballerische Fähigkeiten, aber auch das Verhalten während des Lehrgangs wurden thematisiert.
Es wurden viele Themen und Aufgabenbereiche bearbeitet, so dass nicht nur
www.jva-oldenburg.de
Am Ende des Lehrgangs war eine
schriftliche Klausur und eine praktische
Lehrprobe mit Ausarbeitung zu einem
Fußballthema zu absolvieren. So mancher musste dabei feststellen, dass es
nicht so einfach ist, vor einer Gruppe zu
stehen und die vielen Faktoren einer
spannenden und effektiven Trainingsein-
heit im Blick zu behalten.
Nun sind alle Teilnehmer in der Lage, nach ihrer Inhaftierung Verantwortung für sich und eine Mannschaft zu
übernehmen, als Vorbild zu
fungieren und ein sinnvolles und effektives Training
zu gestalten.
Die Meinung der Lehrgangsteilnehmer fiel somit
auch sehr positiv aus. Alle
waren der Auffassung, dass
dieser Lehrgang ein wichtiger Meilenstein auf dem
Weg der Reintegration in
die Gesellschaft war.
Text: Wilfried Dannebaum
ZITAT
Sport hat die Macht die
Welt zu verändern.
Nelson Mandela
Tr§tzdem 11/2010
9
§ JVA INTERN
Insgesamt sechs Fußballmannschaften gingen beim diesjährigen Sport– und Sommerfest an den Start.
Sport- und Sommerfest 2010
SPORT: Das diesjährige Sport– und Sommerfest zeichnete sich durch viele sportliche Aktivitäten und zahl-
reiche Teilnehmer aus.
A
m 14.08.2010 war es mal wieder soweit. Die JVA lud
zum jährlichen Sport- und Sommerfest. Pünktlich zu
Beginn zeigte sich, nach starkem Regen in der Nacht,
die Sonne über dem Sportbereich. Es wurde wieder einmal ein tolles Programm, von der Sportbeamten Dannebaum und Mayer, auf die Beine gestellt. Es fand ei Fußballturnier statt, das mit sechs Mannschaften sehr gut
angenommen wurde. Sehr schönen Fußballspielen konnte
man an diesem Tag ansehen.
Besonders zu erwähnen ist hier die Ü-40 Mannschaft,
die den „Jungen Spielern“ ein ums andere Mal zeigte,
dass sie noch lange
nicht zum alten
Eisen gehören. Des
Weiteren konnten
sich alle Besucher
an eine SchussGeschwindigkeit
Wettbewerb versuchen, bei dem die
drei besten mit
einem Preis geehrt
wurden. Frau Barkemeyer und Frau
Nietfeld hatten die
Aufgabe übernommen den Basketballwurf Wettbewerb zu leiten. Man hatte insgesamt sechs Versuche den Ball in den Korb zu bekommen. Auch hier wurden
die drei besten 1,2,3 mit einem Preis geehrt. Zum Mittagessen
hatte die Küche Salate und Obst bereitgestellt, und es wurde mit
10
Tr§tzdem 11/2010
Hilfe der Bau- und Hofkolonne Fleisch und Wurst gegrillt. Es
gab für alle ein tolles Essen. Herr Armbrecht hat den Eisverkauf
übernommen und wir konnten zwischen vier Sorten Eis wählen.
Am Nachmittag
spielte dann die
Band der JVA, und
ich muss sagen,
dass ich angenehm
überrascht war. Die
Jungs haben das
Fest echt gerockt.
Danach trat eine
Hip-Hop Gruppe
aus Oldenburg auf,
die nicht an den
Erfolg der JVA
Band anknüpfen
konnte. Ich möchte
hier noch erwähnen, dass sehr viele Ehrenamtliche Lehrer und Beamte als Besucher dort waren, die alle samt
meinen positiven Eindruck vom Sport- und Sommerfest
teilten. Besonders gefreut hat es mich, dass auch Schiko,
unser alter jetzt im Ruhestand befindlicher Sportbeamter
zu Besuch da war. In seiner lockeren Art hat er, wie immer, für gute Stimmung gesorgt und ich hoffe sehr, dass
er uns auch weiterhin mit gelegentlichen Besuchen erfreuen wird. Mein besonderer Dank geht hier an alle die
an der Planung und Ausführung des Sport- und Sommerfestes
beteiligt waren und hinter den Kulissen für einen schönen Tag
gesorgt haben.
Text: Manfred Viebahn
www.jva-oldenburg.de
JVA INTERN
Beamte vs. Gefangene
SPORT:Freundschaftsspiel der Beamten gegen die Gefangenen.
D
er 26. August 2010 kennzeichnete eine Begegnung der besonderen Art. Das alljährliche
Freundschaftsspiel der Gefangen gegen
die Beamtenmannschaft stand auf dem
Programm. Beide Teams versammelten
sich an diesem regnerischen Tag auf dem
Fußballplatz der JVA Oldenburg um sich
in einem respektvollen, sportlichen Wettkampf gegenüberzutreten.
Für die Gefangenen ist dise jährliche
Veranstaltung ein besonderes Highlight.
Einmal im Jahr haben sie die Möglichkeit mit den Beamten auf gleicher Au-
genhöhe zu stehen und ihnen zu zeigen
was in ihnen steckt.
Bereits im Vorfeld gab es bei der
Gefangenenmannschaft Zweifel ob sie
einen Sieg davontragen werden. „In der
ersten Halbzeit werden wir sicherlich
vorne liegen, doch was passiert in der
Zweiten, dass bleibt abzuwarten“, war
das Credo der Inhaftierten. Größte Sorge
bereitete den Gefangenen ihre mangelnde
Kondition. „Wir sind technisch zwar
besser, doch was die Ausdauer angeht
sind wir den Beamten unterlegen“, sagte
einer der Inhaftierten vor dem Spiel.
Doch wie sich im Verlauf des Nachmittags zeigen sollte, war selbst die mangelnde Ausdauer für die Gefangenenmannschaft nicht wirklich ein Problem.
Bereits nach dem Anstoß griffen die
Inhaftierten in einer geschlossenen Front
ihre Gegner an und konnten schon nach
kurzer Spielzeit ein Tor für sich entscheiden. Doch die Beamten ließen sich in
dieser Phase des Spiels nicht so leicht
überrumpeln und glichen nach einem
aggressiven Vorrücken zum 1:1 aus.
Wieder in Ballbesitz konnten die Inhaftierten mit trickreicher Finesse die
Defensive des Gegners umgehen und
einen weiteren Ball im gegnerischen Tor
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versenken, was ihnen, wenn auch nur für
einen kurzen Zeitraum, die Führung in
dieser ersten Habzeit einbrachte. Allerdings haben sich die Gefangenen zum
Ende der ersten Halbzeit etwas zu viel
ausgeruht. Die Beamten nutzten diese
Unachtsamkeit zu ihrem Vorteil um den
Spielstand zu einem 2:2 auszugleichen.
Doch die Inhaftierten haben aus diesem Fehler schnell gelernt. Während der
gesamten zweiten Halbzeit ließen sie ihre
Gegner nicht zur Ruhe kommen und
forderten den Beamten ihr gesamtes
Können ab.
Oben: Die Gefangenen- und die Beamtenmannschaft kurz vor Spielbeginn. Unten: Der
Sportübungsleiter Herr Dannebaum erteilt
den Inhaftierten letzte Anweisungen vor dem
Spiel
In geschlossener Formation und mit
souveränen Passspiel gaben sie ihren
Gegnern keine Chance die Spielführung
an sich zu reisen. Als ein aufeinander
abgestimmtes Team griffen sie die Gegner pausenlos an und erzielten ein Tor
nach dem andere. Obwohl die Beamten
immer wieder zum Angriff ansetzten,
und dem gegnerischen Tor auch des Öfteren ziemlich nahe kamen, konnten sie
währen der zweiten Halbzeit nur zwei
weitere Tore erzielen und mussten sich
mit einem Spielergebnis von 4:7 geschlagen geben.
Text: AS
§
Oldenburger JVA
Fußballleistungsgruppe geht auf
Torejagd
D
urch das unermüdliche Engagement des Leiters des Sportpädagogischen Dienstes der JVA
Oldenburg Herrn Dannebaum ist es mittlerweile zu einer Tradition geworden,
dass die Fußballspieler der JVA Leistungsgruppe, mehrmals im Jahr, eine
Gastmannschaft für ein gemeinsames
Freundschaftsspiel hinter Gittern begrüßen dürfen. So war es auch an diesem
Samstag den 30.10.2010. Als Gegner der
Fußballleistungsgruppe der JVA Oldenburg hatte sich eine Mannschaft aus Haarentor mit der eindrucksvollen Namen
„Roter Stern“ angekündigt. Das hervorstechende Merkmal dieser beiden Mannschaften war die generationsübergreifenden Zusammenstellung der Spieler.
Nahezu alle Altergruppen waren vertreten. Wobei bei der Gefangenenmannschaft erschwerend hinzukam, dass sie
sich aus mindestens fünf Verschiedenen
Nationalitäten zusammensetzte. Doch
trotz zahlreicher Differenzen war es erstaunlich wie geschlossen und kameradschaftlich die Spieler an diesem Nachmittag agierten. Nach kurzer Aufwärmphase gefolgt von einem Briefing standen sich beide Mannschaften auf dem
Spielfeld gegenüber. Bereits nach der
Eröffnung des Spiels landete ein Ball in
den Toren der Gastmannschaft. Ein weiterer Angriff folgte unmittelbar darauf
und veränderte den Spielstand zu einem
2:0. Insgesamt gelang es der Gefangenenmannschaft in der ersten Halbzeit
drei, zum Teil spektakuläre, Tore zu
erzielen. Die Gastmannschaft hatte von
Anfang an ihre Schwierigkeiten die Defensive der Oldenburger zu bezwingen
und schaffte es einfach nicht, das Runde
in das Eckige zu bringen. Stand es am
Ende der ersten Halbzeit noch 3:0 so
änderte sich dass in der zweiten Halbzeit
schlagartig. Scheinbar mühelos gelang es
den Oldenburgern die gegnerischen Defensive zu umgehen und ein Tor nach
dem anderer zu erzielen. Die Spieler aus
Haarentor hatten sich zwar kräftig ins
Zeug gelegt, doch konnten sie zu keinem
Zeitpunkt den Oldenburgern wirklich
gefährlich werden. Und so mussten sie
sich mit einem Endstand von 6:0 geschlagen vom Spielfeld zurückziehen.
Text: AS
Tr§tzdem 11/2010
11
§ JVA INTERN
Niedersächsische Fußballmeisterschaft in der JVA Oldenburg
SPORT: Sieben JVA Fußballmannschaften aus ganz Niedersachsen trafen sich in der JVA Oldenburg um sich
in einem sportlichen Wettkamp zu messen und den diesjährigen Landesmeister zu bestimmen.
A
JVA Wolfenbüttel die ein Unentschieden und zwei Niederlagen
zu Stande brachte. Der dritte Platz wurde durch ein Elfmeterschießen zwischen der JVA Meppen und der JVA Lingen (Groß
Hesepe) ermittelt. In einem an Spannung kaum zu schlagenden
Krimi ging die JVA Meppen als Sieger hervor. Das Endspiel
zwischen unseren Jungs und den Jungs der JVA Sehnde versprach ein sehr spannendes Spiel zu werden. Beide hatten die
Vorrunde in ihrer Gruppe dominiert und so kam es zu einem
sehr hochklassigen Spiel, das sehr ausgeglichen war. Durch
einen wunderschönen vorgetragenem Spielzug ging die JVA
Sehnde mit 1:0 in Führung. Unsere Jungs hatten sich einige sehr
schöne Chancen herausgespielt, konnten diese aber leider nicht
nutzen und so blieb für unsere Jungs nach 45 Minuten leider nur
der zweite Platz. Der Sieger die JVA Sehnde feierte ihren Sieg
und alle Zuschauer wie Spieler hatten einen schönen Tag hinter sich. Abschließend
möchte ich mich bei allen Beamten, den Jungs der Küche,
die wieder einmal toll
für uns gesorgt haben und der
Jungs der Bauund
Hof
Kolonnen,
die wie
immer
alles
Oben Mitte: JVA Sehnde 1. Platz
super
m Samstag dem 04.09.2010 war es wieder einmal soweit. Auf der Sportanlage der JVA Oldenburg fand die
Fußballmeisterschaft der JVA’en in Niedersachsen
statt. Bei sehr schönem Wetter hatten die Sportbeamten Herr
Dannebaum und Herr Meyer ein super organisiertes Fest auf die
Beine gestellt. Es waren insgesamt sieben Mannschaften nach
Oldenburg gekommen um ihr fußballerisches Können unter
Beweis zu stellen. In der Gruppe A spielten die JVA Lingen
(Groß Hesepe), die JVA Sehnde und die JVA Celle I und II.
Aus dieser Gruppe ging als klarer erster mit zwei Siegen die
JJVA Sehnde hervor, die spielerisch eine erstklassige Leistung
zeigte. Zweiter wurde die JVA Lingen (Groß Hesepe), die mit
einem Sieg 5:1 gegen die JVA Celle und einer Niederlage 0:2
gegen die JVA Sehnde ihr Können unter Beweis stellte. In der
Gruppe B spielten unsere Jungs, die JVA Wolfenbüttel, die JVA Uelzen und die
JVA Meppen. In dieser Gruppe
setzten sich unsere Jungs
mit einem spielerisch
starken Auftritt mit
drei Siegen und
11:0 Toren
was für die
erstklassige
Ab-
Oben links: JVA Meppen 3. Platz
Oben rechts:
JVA Lingen Groß-Hesepe 4. Platz
Unten links: JVA Celle 7.Platz
Unten rechts: JVA Uelzen 5.Platz
Unten Mitte: JVA Oldenburg 2.Platz
wehr
spricht
gegen die
anderen
Teams
als
Gruppen
erster
durch. Die JVA Meppen die mit einem Sieg
einem Unentschieden und
einer Niederlage den zweiten Platz
in dieser Gruppe belegte konnte in diesem
Jahr nicht an die Erfolge der vergangenen Jahre heran reichen obwohl sie spielerisch eine sehr gute Leistung zeigten.
Dritter in dieser Gruppe wurde die JVA Uelzen die einen Sieg
und zwei Niederlagen hinnehmen musste. Vierter wurde die
12
Tr§tzdem 11/2010
vor-
bereitet
gehabt
haben, im
Namen aller
bedanken. Eins
bleibt mir noch zu
sagen: wir hatten wieder viel Spaß und Schiko
unser alter Sportbeamter hat
durch seinen Besuch gezeigt, dass die
JVA Oldenburg im sportlichen Bereich gute
Arbeit leistet. Leider konnten wir weder Herrn Koop noch
Herrn Zech bei diesem Fest als Besucher begrüßen, was ich
persönlich sehr schade empfand.
Ein Bericht von Manfred Viebahn
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JVA INTERN
§
Soweit die Füße tragen 3. Oldenburger JVA Marathon
SPORT: Zum dritten Mal in Folge fand in der Justizvollzugsanstalt Oldenburg ein Marathonlauf statt. Insgesamt
gingen 39 Teilnehmer aus Oldenburg und Umgebung an
den Start.
B
ei einer Außentemperatur von 15
Grad Celsius starteten insgesamt
39 hoch motivierte Läufer aus
Oldenburg und Umgebung, an diesem
sonnigen Samstagmorgen des 9. Oktobers, zum diesjährigen Marathonlauf. Es
war das dritte Mal in Folge, dass der
Sportpädagogische Dienst der JVA Oldenburg, unter der Leitung von Herrn
Wilfried Dannebaum und Herrn Rex
Meyer, diese Veranstaltung organisiert
hatte.
Bei der Vorbereitung bin ich über
2000 km gelaufen.
Aus drei verschiedenen Strafanstalten
waren die Läufer zusammengekommen,
um bei sonnigem Wetter, an der kühlen,
frischen Luft, ihre Runden zu drehen.
Alleine 23 Läufern kamen aus den Reihen der JVA Oldenburg. Die JVA Meppen war mit zwei Läufern vertreten. Und
mit jeweils einem Läufer waren die
JVA‘en Lingen Groß-Hesepe und die
Abteilung Wilhelmshaven mit am Start.
Zu den Gefangenen gesellten sich zusätzlich drei Bedienstete und zehn Gastläufer aus dem Oldenburger Land. Viele
von den Teilnehmern liefen das erste
www.jva-oldenburg.de
Mal in ihrem Leben die Marathonstrecke
von 42, 195 Kilometer. Die beiden
Sportübungsleiter der Justizvollzugsanstalt Oldenburg, Wilfried Dannebaum
und Rex Meyer, hatten in einem sechsmonatigen Trainingsprogramm Läufer
aus insgesamt 12 verschiedenen Ländern
auf diese Herausforderung vorbereitet. In
unzähligen Trainingsstunden und bei
nahezu jedem Wetter, haben die Läufer
auf dem Sportplatz der JVA Oldenburg
ihre Runden gedreht. „Im Rahmen der
Vorbereitung auf den Marathon, bin ich
insgesamt eine Sterecke von über 2000
Kilometer gelaufen. Das ist die Distanz
von hier bis nach Moskau“, sagte einer
der Inhaftierten in einem Interview.
Von den insgesamt 39 Teilnehmern
sind 35 den Halbmarathon gelaufen, wobei der schnellste Läufer nach einer Zeit
von 1:32:37 h die Zielmarke erreichte.
Die komplette Marathonstrecke schaffen
indes nur vier Inhaftierte, von denen der
schnellste bereits nach 3:28:19 h am Ziel
ankam.
Der schnellste Läufer schaffte die
Marathonstrecke in 3:28:19 h.
Genau wie im letzten Jahr wurden die
Zeiten der Läufer elektronisch erfasst
und ausgewertet. Die hierfür erforderliche Technik wurde mit freundlicher Unterstützung von der Fa. Laufmanager.de
bereitgestellt. Das Sponsoring des Laufevents übernahm in diesem Jahr die Niedersächsische Justizvollzugsarbeitsverwaltung (JVAV). Aber auch die Inhaftierten haben ihren Beitrag für das Gelingen dieser Veranstaltung geleistet. Die
Männer von der Bau– und Hofkolonne
hatten bereits im Vorfeld die Laufstrecke
vorbereitet und während des gesamten
Laufes für die Verpflegung der Läufer
gesorgt.
Text: AS
Tr§tzdem 11/2010
13
§ JVA INTERN
Schutz vor
Kontopfändung
funktioniert nicht
Das neue „Pfändungsschutzkonto“
scheint an einem Konstruktionsfehler
zu leiden. Zehntausende SozialhilfeEmpfänger kommen nicht an ihr
Geld, weil es entgegen den Plänen
des Bundestags von Gläubigern gepfändet werden konnte. Wie der Internetdienst „Bild.de“ berichtete, beruht dies darauf, dass Sozialleistungen oft schon am Ende des Vormonats gezahlt werden. Das Problem
trifft offenbar vor allem Hartz-IVBezieher. Der Zentrale Kreditausschuss bestätigte die Panne. Die Situation sei für die Nutzer der Konten
ein unhaltbarer Zustand. Die öffentliche Hand sei dringend gefragt, diesen
Fehler im Gesetz zu korrigieren. Aus
dem Bundesjustizministerium hieß es
am Donnerstag, man arbeite an einer
„unbürokratischen Lösung“. Auf dem
„P-Konto“ ist ein Mindestbetrag für
den laufenden Lebensunterhalt nicht
pfändbar; für Einzelpersonen ohne
Unterhaltspflichten beträgt dieser
monatlich 985,15 Euro. Gläubiger,
denen Verbraucher Geld schulden,
können nur
auf darüber
hinausgehende Beträge
zugreifen.
Quelle: FAZ
6.08.2010
Drogendealer
öffentlich gehängt
Teheran. Ein verurteilter Drogendealer ist im Sommer dieses Jahres, in
der Stadt Ahvaz, im Südwesten des
Irans öffentlich hingerichtet worden.
Der Oberste Gerichtshof hatte das
Todesurteil gegen ihn bestätigt. Im
Iran, weltweit das Land mit den meisten Todesurteilen nach China, wird
die Strafe normalerweise hinter Gefängnismauern unter Ausschluss der
Öffentlichkeit vollstreckt. Zur Abschreckung werden Hinrichtungen
aber auch in der Öffentlichkeit durchgeführt.
Text:AS
14
Tr§tzdem 11/2010
Ergebnisliste Halbmarathon
Platz
Name
Verein
Zeit
1
Alfred, P.
Gast
1:32:37
2
Hans, L.
Gast
1:37:53
3
Hermann, B.
Gast
1:42:25
4
Fabian, F.
Gast
1:44:05
5
Manfred, N.
Gast
1:45:03
6
Thomas, Sch.
Kollege JVA OL 1:45:14
7
Oliver, A.
Gast
1:45:21
8
Niklas, B.
JVA Oldenburg
1:46:02
9
Alfred, M.
Gast
1:49:07
10
Heiko, V.
JVA Oldenburg
1:49:23
11
Fadi, S.
JVA Oldenburg
1:50:50
12
Alexander, S.
JVA Oldenburg
1:51:44
13
Mahmoud, H.
JVA Oldenburg
1:52:08
14
Hassan, D.
JVA Oldenburg
1:55:48
15
Friedhelm, K.
Gast
1:56:22
16
Timo, Sch.
Kollege WHV
1:59:22
17
Nico, Sch.
JVA Meppen
2:01:43
18
Stefan, Sch.
JVA Meppen
2:01:43
19
Janfried, W.
Kollege JVA OL 2:02:07
20
Andriejus, L.
JVA Oldenburg
2:04:04
21
Frank, W.
JVA Oldenburg
2:04:54
22
Andreas, R.
JVA Oldenburg
2:05:37
23
Ermal, R.
JVA Oldenburg
2:06:12
24
Alexander, H.
JVA WHV
2:08:38
25
Sergej, G.
JVA Oldenburg
2:09:29
26
Hassan, G.
JVA Oldenburg
2:09:59
27
Berkan, K.
JVA Oldenburg
2:09:59
28
Ajet, S.
JVA Oldenburg
2:12:17
29
Sivan, R.
JVA Oldenburg
2:12:39
30
Okan, O.
JVA Oldenburg
2:20:20
31
Uwe, P.
JVA Oldenburg
2:24:46
32
Paul, K.
Gast
2:28:32
33
Pawel, M.
JVA Oldenburg
2:43:27
34
Jörg, B.
JVA Oldenburg
2:52:17
35
Geert, M.
JVA Oldenburg
2:52:17
Immer mit vollem Einsatz dabei. Der Sportleiter Herr Dannebaum begleitet einen
Läufer auf seinen letzten Kilometern vor
dem Ziel.
Die Jungs von der Bau- und Hofkolonne
sorgten dafür, dass die Läufer nicht austrockneten.
Am Ziel gab es für alle Teilnehmer eine
Urkunde und ein T-Shirt.
Nach dem Laufen trafen sich die Sportler
um bei einem Stück Kuchen ihre Erlebnisse
auszutauschen.
Ergebnisliste Marathon
Platz
Name
Verein
Zeit
1
Michael, I.
JVA Lingen
2
Alexander Sch. JVA Oldenburg
3:53:21
3
Braim, C.
JVA Oldenburg
4:01:13
4
Behcet, D.
JVA Oldenburg
4:08:24
3:28:19
Genau die richtige Mahlzeit um nach einem
stundenlangen Lauf wieder Energie zu
tanken.
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JVA INTERN
Filmfest zum 5. Mal in der
JVA Oldenburg - wieder
ein toller Erfolg
Die JVA Oldenburg wurde in diesem Jahr erneut zur Spielstätte. Damit ist Oldenburg das wohl einzige Festival überhaupt,
das sein reguläres Programm in einem Gefängnis zeigt. Dahinter steht der Gedanke, nicht nur den Gefängnisinsassen im
Zuge ihrer Resozialisierung ein kulturelles Angebot zu machen, sondern auch den normalen Besuchern des Festivals
Einblicke in die Gefängniswelt zu gewähren. Das Festival
möchte eine Brücke zwischen dieser Innen- und der Außenwelt schlagen und damit darauf aufmerksam machen, dass
straffällig gewordene Menschen nach Verbüßung ihrer Strafe
wieder ein Teil der Gesellschaft sind.
§
I
m Rahmen des 17. Oldenburger Filmfestes fand auch am
Freitag. den 17.9.201() in der JVA Oldenburg eine Filmvorführung statt. Auch diesmal waren illustre Gäste der Einladung gefolgt und genossen die besondere Atmosphäre der Filmvorführung im Knast. Herr Koop als Leiter der JVA Oldenburg
begrüßte hier besonders:
Regisseur Thomas Stiller, der seinen Film; „Sie hat es verdient“, der anschließend persönlich präsentierte. Auch der Bremer Tatortkommissar Oliver Mommsen, war in diesem Film in
einer anderen Rolle präsent. Er spielte den Vater einer Schülerin, die die Haupttäterin, in diesem sehr unter die Haut gehender
Film. Entsprechend auch sein Kommentar zu seiner und die
anderen Vaterrolle, die nicht seiner Vorstellung entsprach und
auch wesentlich für das Versagen in der Erziehung verantwortlich war: „Am Schluss kommt so was raus, was einem den ganzen Nachmittag versaut:
Auch der Regisseur würdigte seinen Film noch einmal und
sah in ihm das Medium, das aktuelle Probleme in Bezug auf
Jugendgewalt aufgreift und thematisiert.
Oliver Mommsen hatte vorher die Gelegenheit, die JVA von
innen kennen zu lernen und auch einmal kurzfristig in einer
Zelle .‚einzusitzen. Diese Erfahrung dürfte recht eindrucksvoll
für ihn gewesen sein, als hinter ihm die Tür zufiel und der
Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Die Bedeutung dieses Projekts: Filmfest in der JVA Oldenburg wurde auch von der
Vertreterin des niedersächsischen Justizministers. Frau Dr.
Neumann unterstrichen. Neben Gästen aus der JVA Oldenburg
konnten Herrn Koop auch zum ersten Mal Gäste aus dem Frauengefängnis in Vechta begrüßt werden.
Für alle ein besonderes Ereignis war sicher anschließend der
gemeinsame Empfang von Oldenburgern, beteiligten Künstlern
und den Insassen der beiden JVAs. Bei einem sehr schmackhaften und reichhaltigen Buffet wurden so manche Gespräche geführt und sicher gingen manch ein Oldenburger mit neuen und
anderen Eindrücken von der JVA und ihren Bewohnern nach
Hause.
Text: HJS
Oben links: Herr Koop zusammen mit dem Schauspieler Oliver Mommsen. Unten
links: Nach der Filmvorführung trafen sich Inhaftierte und Gäste zu einem kleinen
Snack und Meinungsaustausch. Rechts: Der Regisseur des Filmes „Sie hat es verdient“ Thomas Stiller (Mitte) beantwortete nach der Filmpremiere bereitwillig die
Fragen der Zuschauer, l. Oliver Mommsen, r. Gerd Koop
www.jva-oldenburg.de
Tr§tzdem 11/2010
15
§ JVA INTERN
Zusammen hinter Gittern. Der Anstaltsleiter der JVA Oldenburg Gerd Kopp und
der Sauspieler Oliver Mommsen.
Europapremiere
Sie hat es verdient
D 10 R: Thomas Stiller mit Veronica
Ferres, Liv Lisa. Jule Ronstedt
Veronica Ferres und Martin Feifel in „Sie
hat es verdient“
GEZEIGTE
SPIELFILME
Wotan Wilke Möhring in Blond bringt nix
16
Tr§tzdem 11/2010
Zwei Schüler verschleppen eine
Mitschülerin und malträtieren sie
zu Tode. Auf die verzweifelte
Frage nach dem »Warum« gibt es
diese schmerzhafte und unausweichliche titelgebende Antwort.
Die große Kunst des Regisseurs
ist die Dosierung der filmischen
Mittel: Thomas Stillers Kunstgriff, die Geschichte chronologisch verschachtelt zu erzählen,
zwingt den Zuschauer zur Reflexion der Zusammenhänge und
zieht ihn gleichzeitig emotional
immer tiefer in diese Geschichte
um Schuld und Erlösung hinein.
Dabei ist es eine zutiefst schmerzhafte Erfahrung, dieser Chronik
des sinnlosen Sterbens zuschauen
zu müssen, wenn Stiller mit dem
Tod des Mädchens schon seine
Eröffnungssequenz beschließt.
Wie er dennoch den Zuschauer
auf eine wahre Tour de Force in
das Herz dieser scheinbar heilen
Mittelstandswelt mitreißt, ist filmisch und schauspielerisch ein
kleiner Geniestreich.
Fr. 17.09.10 15.00 Uhr
Weltpremiere
Blond bringt nix
D 10 R: Isabel Kleefeld, mit Katrin
Sass, Wotan Wilke Möhring
Alleinlebende Frauen prägen das
Bild der Wohnsiedlung, in der
Lotti (Katrin Sass), Elma, Natti
und Marion ihr Dasein fristen.
Während Lotti zwischen Schnaps
und Zigaretten ihr Geld als Tagesmutter für die Kinder von Natti
und Elma verdient, strecken diese
ihre Fühler Richtung Männerwelt
aus – die eine auf der Suche nach
der großen Liebe, die andere auf
der Jagd nach einer heißen Nacht.
Völlig aus dem Häuschen geraten
beide, als der ebenfalls alleinerziehendem Jakob (Wotan Wilke
Möhring) in die Siedlung zieht.
Die bunt gemischte Siedlungsgemeinschaft wird sehr charmant,
aber auch mit einer großen Prise
schwarzem Humor dargestellt.
Gerade die Vielschichtigkeit der
Einzelschicksale schafft zahlreiche Identifikationspunkte für den
Zuschauer. Nach dem Roman
»Blondinenträume« von Milena
Moser (»Die Putzfraueninsel«).
tät des Mörders. Christine Hartmann weiß das und lässt ihren
Antihelden mit Polizeimarke in
einen tiefen Abgrund der Selbsterkenntnis blicken.
Sa. 18.09.10 17.00 Uhr
Rollercoaster
USA 1977 R: James Goldstone, mit
Timothy Bottoms, Henry Fonda
So. 19.09.10 14.30 Uhr
Weltpremiere
Die Unmöglichkeit, sich den
Tod vorzustellen
D 10 R: Christine Harrtmann, mit
Dominic Raake, Boris Aljinovic
Kurz vor der Eröffnung seiner
Ausstellung wird der Künstler
Hanns Helge wie die fleischgewordene Symbiose zwischen
Kunst und Künstler tot in seiner
Installation aufgefunden. Was wie
der perfekte Schlussakt einer
Kunstperformance aussieht, ist für
Kommissar Ritter nichts weiter
als Mord. Und Mord ist keine
Kunst. Ein anderer Todesfall wirft
Ritter dann umso stärker aus der
Bahn. Sein Onkel ist offensichtlich freiwillig aus dem Leben
getreten. Für Ritter ein ganz und
gar unvorstellbares Szenario, er
leitet Ermittlungen ein. Am spannendsten wird es immer dann,
wenn es für den Bullen mehr
herauszufinden gibt als die Identi-
Neun Jahre nach dem »Summer
of Love« ist Amerika zur Tagesordnung zurückgekehrt. Die großen Hoffnungen wurden enttäuscht, und die Träume haben
sich zerschlagen. An Protest
denkt niemand mehr. In seiner
Freizeit geht man dann in Vergnügungsparks und holt sich seinen Kick in der Achterbahn. Aber
die Ruhe ist trügerisch. Unter der
Oberfläche brodelt es, besonders
zwischen den Generationen. Ein
von Timothy Bottoms gespielter
junger Mann verübt Anschläge
auf Vergnügungsparks und erpresst ihre Besitzer. Bei dem Versuch, ihn zu stoppen, gerät Harry
Calder (George Segal), ein Inspektor der Bauaufsicht, allerdings immer wieder mit seinem
Boss (Henry Fonda) und einem
arroganten FBI-Agenten (Richard
Widmark) aneinander. So hat der
junge Mann leichtes Spiel. James
Goldstones Thriller hat mit all
seinen Effekten und Thrills selbst
etwas von einer wilden Achterbahnfahrt, aber einer, die direkt
durch das dunkle Herz der 70er
Jahre geht.
Sa. 18.09.10 14.30 Uhr
www.jva-oldenburg.de
JVA INTERN
§
„Sehnsucht nach straffreiem Leben wecken“
Ein Interview mit dem Leiter der Justizvollzugsanstalt Oldenburg Gerd Koop zum Filmfest 2010.
Der Leiter der JVA Oldenburg
Gerd Koop.
Frage: Wie kommt das
Projekt in der JVA und bei
den Insassen an?
Koop: 2010 nehmen wir
zum vierten Mal am Filmfest
teil. Die Idee entwickelten
Torsten Neumann und ich am
Rande einer Benefizveranstaltung für den Oldenburger
Präventionsrat 2005, dessen
Vorsitzender ich bin. Mir
gefiel die hierdurch entstehende Möglichkeit, der Öffentlichkeit das Thema Strafvollzug näher zu bringen und
eine Verbindung herzustellen
zu einem gesellschaftlichen
Reizthema. Zudem hatte ich
die Vision, unser Leitbild
„und Morgen sind sie wieder
unsere Nachbarn« hierdurch
wirkungsvoll in die Öffentlichkeit zu tragen. Die Insassen selbst waren von der Idee
überrascht und natürlich beeindruckt von den vielen
Stars, die in die JVA kommen wollten. Torsten Neumann ist es mit dem ersten
Film „Mein Freund der Mörder« gelungen, eine unglaublich spannende Diskussion
zwischen Kinobesuchern von
Draußen und Insassen der
JVA auszulösen. Sowohl
Insassen wie auch das Personal sind inzwischen begeistert vom Filmfest. Seit einem
Jahr kommen sogar weibliche
Inhaftierte aus der JVA für
Frauen in Vechta zum Filmfest.
Frage: Gibt es einen
Gast, an den Sie sich besonders gerne erinnern?
Koop: Ja natürlich. Marius Müller-Westernhagen. Das
Treffen mit ihm und seiner
zauberhaften Ehefrau war ein
ganz besonderes Highlight.
Er suchte das direkte Gespräch mit den Insassen und
war tief beeindruckt und berührt. Seine soziale Kompetenz und seine differenzierte
Haltung zum Strafvollzug
haben mich bewegt. Aber
eigentlich sind alle Gäste
wirklich intensiv am Strafvollzug interessiert und stellen sich der Diskussion. Das
ist wunderbar.
Frage: Inwiefern trägt die
Zusammenarbeit mit dem
Filmfest dazu bei, den Insassen den Weg zurück in die
Gesellschaft zu erleichtern?
Koop: Unser Leitbild von
den Nachbarn von morgen
wird durch das Filmfest mit
Leben gefüllt. Die Insassen
spüren, dass man nicht nur
einseitig auf sie herabschaut,
sondern dass die Gesellschaft
die Erwartung an sie hat, dass
sich in ihrem Leben deutlich
etwas ändert. Unsere Insassen haben Straftaten begangen, daran gibt es nichts zu
deuteln. Es nützt aber nichts,
Menschen nur wegzusperren,
sondern wir müssen die
Sehnsucht nach einem straffreien Leben wecken. Das
geht nicht mit Isolation, sondern nur mit Kommunikation. Üben, üben, üben, lautet
daher unsere Devise. Die
Öffentlichkeit lernt durch
ihre Besuche in der JVA,
dass das Leben hinter Gittern
völlig anders abläuft, als sie
erwarten.
Frage: Aufweichen JVAFilm freuen Sie sich am
meisten?
Koop: Spontan würde ich
sagen „Blond bringt nix“. Ein
wunderbarer sozialkritischer
Film aus dem Leben mit tollen Darstellern und einer in
jeder Hinsicht realistischen
Geschichte. Der Film geht
trotz des witzigen Titels unter
Haut.
Der Justizvollzug von Morgen
BUCH: Ein Einblick in den praxisorientierten Justizvollzug von Morgen.
H
at der Strafvollzug in seiner
bestehenden Form eine Zukunft
oder müssen neue Strategien
her, um ihn der Zeit anzupassen? Welche
Probleme entstehen mit zunehmender
Globalisierung und steigender Gefahr
des Terrorismus? Brauchen wir ein separates Anti-Terror Gesetz, der den Terroristen nicht mehr als Staatsbürger betrachtet, sondern als Staatsfeind und diesen dementsprechend nicht gemäß des
Strafrechts, sondern des kriegerischen
Feindrechts behandelt? Und welche
Konsequenzen würden daraus für die
normalen Delinquenten wie Sexualverbrecher oder organisierte Kriminelle
folgen? Würden sie dann je nach aktueller Hysterie und Gefahrenlage ebenfalls
von der Person zur Unperson, zum Feind
degradiert - zum Kriegsgegner eines
asymmetrischen Krieges im Inland? Diese und viele andere Fragen werden im
16. Band der Schriftreihe der Kriminalpädagogischen Praxis die die Vorträge
zu der bundesweiten Fachtagung „Wohin
www.jva-oldenburg.de
für den zukünftigen Weg des „VollZuges“, doch dieser Weichensteller lässt
sich nicht von wissensbasierter Kriminalpolitik leiten, sondern viel mehr von
emotionsgeladenen Stimmungen. Denn
in vielen Köpfen ist noch weiterhin der
Gedanke verankert, dass Strafvollzug mit
Leiden verbunden sein muss. Aber auch
durch die Einführung der Landesgesetze
hat sich in den Ländern Bayern, Hamburg und Niedersachsen eine nachweisbare Verschlechterung der Liberalität
und Aufgeschlossenheit hinsichtlich des
Resozialisierungs- und Behandlungsgedanken im Vergleich zum Stand des
StVollzG von 1977 ergeben. Auch wenn
der anfangs befürchtete „Wettbewerb der
Schäbigkeit“ bis dato noch nicht zu verzeichnen ist. Grundsätzlich sind viele
gute Ansätze in der Debatte um die Zukunft des Vollzuges zu verzeichnen,
Wohin fährt der Justizvoll-Zug? es braucht nur noch mutige MenHerausgegeben von
schen die die Theorie in die Praxis
G. Koop & B. Koppenberg
umsetzen und dabei bereit sind ein
Verlag Lingen
gewisses Risiko zu tragen. Text:AS
16,00 €
fährt der Justizvollzug? Strategien für
der Justizvollzug von morgen“, die vom
16.-18. November 2008 in Cloppenburg
stattfand, veröffentlicht. Das durchgehende Credo lautet wohl, dass Resozialisierung auch in Zukunft ein „SollRegelung“ bleiben wird. Das zeigt sich
besonders dadurch, dass die Haftform
des offenen Vollzuges weiterhin auf dem
Rückzug ist. Obwohl die Behandlungsforschung eindeutige Hinweise liefert,
dass aus dem offenen Vollzug Entlassen
eine bessere Legalprognose haben, und
diese Vollzugsform an sich eine billigere
Unterbringung der Gefangene bietet,
lässt sich die Politik
von solchen Argumenten nicht beidrucken. Die Politik ist
der Weichenstellen
Tr§tzdem 11/2010
17
§ JVA INTERN
Die Happy in da House
KULTUR: Die Rockband „Die Happy“ besucht die Justizvollzugsanstalt Oldenburg und bringt mit ihrem
„Unpludgged“ Konzert das ganze Haus im Wallung. Erste Feuerprobe für die Gefangenenband.
Links: Die Rockband „Die Happy“ begeisterte mit ihrer Performance. Rechts: Die Gefangenenband eröffnete den musikalischen Nachmittag.
E
in regnerischer
Tag
zeichnete
sich an diesem
frühen Morgen des 8.
Mai ab, als die Gefangenen der JVA Oldenburg
erwachten und aus den
Fenstern ihrer Hafträume blickten. Ein wolkenverhangener, regnerischer Himmel lag über
der Justizvollzugsanstalt
Oldenburg. Eine mürrische Stimmung, die
jedem die Laune zu vermiesen vermag, lag in
der Luft. Der routinierte
Tagesablauf nahm seinen Lauf als wäre
es ein Samstag, wie jeder andere auch.
Doch etwas war an diesem Tag anders
und mit jeder Minute die verstrich, wurde die Vorfreude auf den kommenden
Nachmittag immer größer.
Es geschieht nicht oft, dass der deprimierende Gefängnisalltag durch gesellschaftliche Ereignisse bereichert wird.
Und schon gar nicht oft kommt es vor,
dass sich eine erfolgreiche, deutsche
Rockband hinter die Mauern eine Vollzugsanstalt verirrt. Doch genau das stand
an diesen Samstag auf dem Gefängnisprogramm. Die international erfolgreiche
und bekannte deutsche Rockband „Die
Happy“ hatte sich für einen „Unplugged“
Konzert in der JVA Oldenburg angekündigt. Bereits im Vorfeld wurde die Werbetrommel innerhalb der Anstalt kräftig
gerührt. Durch zahlreiche Aushänge und
18
Tr§tzdem 11/2010
Mara Jandová ist in ihrem Element.
Werbespots im hausinternen Fernsehkanal,
wurde auf das Highlight des diesjährigen
Gefängnisprogramms
aufmerksam gemacht.
Eine Reihe von Voranmeldungen kam daraufhin beim Leiter des
Pädagogischen Dienstes Herrn Armbrecht
an, der nicht nur für die
Austragung des Konzerts verantwortlich
war, sondern der dieses
Konzert gänzlich auf
die Beine gestellt hat.
Herr Armbrecht hatte sich Anfang des
Jahres mit der Band „Die Happy“ in Verbindung gesetzt und sie gefragt, ob sie es
sich vorstellen könnten in der JVA Oldenburg aufzutreten. Ohne langes Grübeln, und ungeachtet ihres vollen Terminkalenders, sagte die Band zu, am
Samstag den 8 Mai, in der JVA Oldenburg vorbeizuschauen um den Inhaftierten mit ihrer Vorstellung eine Freude zu
machen. Und so kam es, dass die Gefangenen der JVA Oldenburg „Die Happy“
in ihren Reihen begrüßen durften.
Doch bevor die Gastband sich ihren
Weg auf die Bühne bahnte wurden die
anwesenden Zuschauer von der hauseigenen Gefangenenband auf Stimmung
gebracht. Mit einer sehr guten Performance schaffte es die Gefangenenband,
die gesamte Zuschauermenge in ihren
Bahn zu ziehen. Mit Liedern wie
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JVA INTERN
„Knocking on Heavens Door“ von den
Guns’n Roses, „Ain’t No Sunsine“ von
Bill Withers, „Grüss mir die Genossen“
von Marius Müller Westernhagen trafen
sie auch den musikalischen Geschmack
des anwesenden Publikums. Der reibungslose Ablauf ihrer Darbietung hat
nicht nur die Zuschauer, sonder vor allem die Bandmitglieder selbst überrascht, denn sie haben sie erst vor wenigen Wochen zusammengefunden und
kamen bei den Proben nur schleppend
voran. In Anbetracht der Tatsache, dass
drei von insgesamt sechs Bandmitgliedern knapp zwei Wochen vor dem Konzert das erste Mal in ihrem Leben ein
Musikinstrument gespielt haben, war der
Auftritt ein unheimlicher Erfolg.
Nach einer kurzen Überleitung und
Ankündigung der Gastband, ergriff auch
Mehr als 900 Live Auftritten und
elf Alben hat „Die Happy“ auf
ihrem Konto zu verzeichnen.
! Quick-Info
Die Happy ist eine deutsche Band aus
Ulm. Der Name (wortwörtlich: „Stirb
glücklich“) ist eine englische SlangVariante von Hals- und Beinbruch. Ein
Kritiker bezeichnete ihren Musikstil als
"Popcore", eine Mischung aus Rock und
Pop. Gegründet wurde die Band 1993
von der tschechischen Sängerin Marta
Jandová und Thorsten Mewes (Gitarre).
Die Happy war 1998 eine der ersten
Bands, die beim Bandpool (ein Projekt
der Popakademie Baden-Württemberg)
von der Vorgängereinrichtung der heutigen Popakademie unterstützt wurden. Im
gleichen Jahr gewann Die Happy den
Nachwuchswettbewerb Baden Württemberg rockt.
Einen großen Karriereschub erfuhr die
Band mit ihrer Single „Supersonic
Speed“ aus dem Jahr 2001, die es in die
Top 50 der deutschen Singlecharts
schaffte.
§
Beim Anblick des Publikums, dessen
Augen strahlten und die Köper im Einklang mit der Musik fast autonom zu
zucken begannen, vermochte jeden der
schon mal den Film „Blues Brothers
2000“ gesehen hat sich klar vorzustellen
was Dan Aykroyd meinte als er sagte.
„Kein pharmazeutisches Produkt verschlaft dir den gleichen Kick wie die
Musik, wenn die Band so richtig abgeht“.
Die Frontfrau der Band Marta Jandová begeisterte indes nicht nur mit ihrem
Gesang, sondern auch mit satirischen
Einlagen. Offen erzählte sie lustige Anekdoten aus ihrem bewegten, musikalischen Leben.
Den Abschluss des Nachmittags leitete ein gemeinsamer Auftritt der Bands
ein. Die Happy und die Gefangenenband
„Kein pharmazeutisches Produkt verschlaft dir den gleichen
Kick wie die Musik, wenn die
Band so richtig abgeht“.
schon Marta Jandová; die Frontfrau der
der JVA stimmten ihre Instrumente und
Band „Die Happy“, das Mikrophon und
Stimmen aufeinander ein und boten den
stelle die Mitglieder der Band vor. Die
Zuschauern in gemeinsamer PerformanHappy das sind Marta Jandová (Gesang),
Mit ihrem Album "Four & More
ce das Lied von Marius Müller WesternThorsten Mewes (Gitarre), Ralph Rieker
Unplugged", welches am 11. November
hagen „Grüss mir die Genossen“.
(Bass) und Jürgen Stiehle (Schlagzeug).
2005 erschienen ist, hat sich Die Happy
In Zuge des Konzerts entstand beim
Die Band wurde im Jahre 1993 gegründen Traum erfüllt, viele der rockigen
Leiter des Pädagogischen Dienstes der
det und blickt bereits auf eine lange und
Songs als unplugged Version heraus zu
JVA Oldenburg Herrn Armbrecht die
bewegte Karriere zurück. Mehr als 900
bringen.
spontane Idee, „Die Happy“ zu einem
Live Auftritte und elf Alben hat „Die
erneuten Auftritt, beim diesjährigen
Happy“ auf ihrem Konto zu verzeichnen.
Die Sängerin der Band Marta Jandová
Sport- und Sommerfest, einzuladen.
In routinierter Manier näherte sich
ist zurzeit als Jurimitglied der Casting„Wir würden gerne kommen“, sagten die
die Band dem Publikum, sodass sich
show „Popstars“ neben Detlef D! Soost
Mitglieder der Band, „vorausgesetzt wir
eine lockere und fast schon vertraute
und Thamas M. Stein auf Pro 7 zu sehaben keine anderen Termine“.
Atmosphäre einstellte. Nach kurzem
hen.
„Oh, nein!“ erklang es in den vordeEinstimmen der Instrumente eröffnete
ren Zuschauerreihen,
die Band ihre musika„jetzt muss ich mich ja
lische Darbietung mit
die ganze Zeit bis zum
dem Lied „Big Boy“
Sommerfest brav veraus ihrem Album „The
halten, damit ich auch
Weight Of The Cirhin darf“, sagte einer
cumstances“ (2003).
der anwesenden InhafUnmittelbar stellte
tierten, mit einem Läsich eine elektrisierencheln auf den Gesicht.
de Atmosphäre ein die
Doch leider war es der
jeden in ihren Bahn
Band, aus organisatorizog. Mit ihren Ballaschen Gründen, nicht
den löste die Gruppe
möglich beim diesjähriWehmut in den Hergen Sport– und Somzen der Zuschauer aus
merfest dabei zu sein.
und mit ihren rockigen
Die Band lies jedoch
Einlagen brachten sie
verlauten, dass sie auf
die Menge zum Tojeden Fall gerne wieben. „Lasst uns die
derkommen würden.
Bude zum Einsturz
Text: AS
bringen“, hallte es aus
Die Mitglieder der Gefangenenband der JVA Oldenburg zusammen mit Die Happy
der Zuschauermenge.
www.jva-oldenburg.de
Tr§tzdem 11/2010
19
§ JVA INTERN
Das Malatelier in
der JVA Oldenburg,
ein „Mal-Ort“ nach
der Methode von
Arno Stern
N
Bögen an die Wand, mischt Farben, holt
achdem Arno Stern, französiSchemeln und Leitern, beseitigt Tropfen
scher Staatsbürger, 13 Jahre
und versetzt die Reisnägel, damit der
seines noch jungen Lebens auf
Malfluss der Malenden nicht unterbroder Flucht vor den Nazis verbracht hatte,
chen wird, so wird diese Praxis durch die
erhielt er nach Kriegsende mit 22 Jahren
vielen anderen Gruppenleiter auf aller
das Angebot, in einem Heim bei Paris,
Welt fortgeführt.
150 Waisenkinder, zwischen den SchulIm Laufe der Jahre entwickelte Stern
stunden, zu beschäftigen. Es gab nur
die Theorie der zeichnerischen Ursprabescheidene Möglichkeiten, aber es gab
che des Menschen anhand seiner BeoPapier und Bleistifte und auch Farben
bachtungen und aufgrund des Materials
wurden schnell wieder produziert. Er gab
der Bilder, die er im Laufe der Jahre auf
den ihm anvertrauten Kindern Farbe und
der ganzen Welt gesammelt hatte. Auf
Papier und stellte fest: „Das genügt.“ Die
welchem Kontinent und egal bei welcher
Kinder wollten malen und nichts andeEthnie er einen
res, „den ganzen
Mal-Ort installierTag lang“. Und
te, bestätigte sich
sie konnten maDie Atmosphäre des respektvollen diese Theorie. Stulen, malen was
Umgangs untereinander, sowie der dien der Höhlensie wollten.
respektvolle Umgang mit den Ma- malerei, also in die
Das Projekt
Zeit der schriftlobrauchte
mehr
terialien des Ateliers erzeugt eine
sen Gesellschaften
Raum und so zog
sozial besänftigende Wirkung.
überhaupt, erbracher mit den Kinten frappierende
dern in einen
Übereinstimmunanliegenden Stall.
gen von Bildsymbolen der Urzeit bis hin
Zur Gewinnung von Malraum verhängte
zu entstandenen Bildern der Kinder und
er die Fenster mit Brettern, platzierte in
Erwachsenen aus aller Welt. An Malder Mitte des Raumes eine Palette mit in
Orten, wo immer diese sich auch befanReihe folgenden Farben und passend zu
den, beobachtete er, dass selbst bei Kinjeder Farbe eine Ablage für die jeweilidern, die weder eine Schule besuchten,
gen Pinsel. Diese einfache Konzeption
noch jemals auf Papier gezeichnet hatbesteht bis heute. Der „Mal-Ort“ war
ten, in der Anfangsphase immer die gleigeschaffen. Ein abgeschlossener, fensterchen „Erstfiguren“ entstehen: „Strahlen-,
loser Raum, in dem es bei friedlichem
Gräten-, Tropfenfiguren, der Schwarm,
Nebeneinander nur ums Malen geht.
Dreiecke und runde Figuren“. So präsenEinrichtung, Stimmung und Licht im
tierte sich im Laufe der Jahre sozusagen
Raum bleiben immer gleich. Jede Komdas bildnerische Alphabet der Menschmentierung durch Bewertung oder Deuheit vor seinen Augen.
tung der Bilder ist zu vermeiden. Seit
Weitere Beobachtung ließen ihn festüber 60 Jahren treffen sich Malgruppen
stellen, dass schon bei den ersten Maleinmal wöchentlich für 90 Minuten in
kindern, die wie er aus schwierigen Umeinen Malraum. Wie Arno Stern an seiständen kamen und weitgehend keine
nen verschiedenen Mal-Orten den TeilSchulerfahrung hatten, sich eine stützennehmer technische Hilfen gibt: er heftet
de Wirkung durch die wiederholte Kondie 50 mal 70 Zentimeter großen weißen
„Bildsymbole der Urzeit“ gelten als das
bildnerische Alphabet der Menschheit.
20
Tr§tzdem 11/2010
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JVA INTERN
§
„Seit Januar 2010 leite ich
zentration auf das Malen
das Malatelier in der JVA
zeigte. So ist der Mal-Ort
Oldenburg. Inzwischen sind
geeignet eine Vertiefung in
8 Monate vergangen, in dedas spontane Tun zu erzeunen weit über 200 Arbeiten
gen und es offenbarte sich,
entstanden sind.
dass durch das kritiklose
Ich bin mit ganzem Herzen
Produzieren eines Bildes die
dabei und freue mich, dass an
Selbstachtung gefördert wird.
diesem Ort etwas wächst, Die Atmosphäre des respektvergleichbar mit einem Savollen Umgangs untereinanmen, der zur vollen Blüte
der, sowie der respektvolle
strebt.
Umgang mit den Materialien
In vielen Stunden durfte ich
des Ateliers erzeugt eine
erleben, dass die Teilnehmer
sozial besänftigende Wirmit vollem Einsatz und gankung. „Ein Mensch, der in
zer Hingabe schöpferisch
den Mal-Ort geht, bedarf
Jede Kommentierung oder Bewertung der Bilder ist zu vermeiden
tätig waren.
keiner Therapie“, behauptet
Die Vielfalt der bildneriStern.
nicht merke, dass ich in der JVA
schen Aussagen zeigen, welch reicher
Die Berliner Künstlerin Gabriele
bin.“
Farb- und Formenschatz im Menschen
Oelschläger, die Leiterin des dortigen
Mal-Orts „Kokon“ ist, bestätigt Sterns
x „Ich bin heute zum ersten Mal im angelegt ist.
Wer malt, ist aktiv handelnd und
Befund: „Die Versenkung ins spontane
Atelier. Es hat mir großen Spaß genimmt
somit aktiv an der eigenen EntTun, die Verbindung mit dem Selbst an
macht; hier komme ich zur Ruhe.“
wicklung teil. Malend schafft sich jeder
diesem geschützten Ort, inmitten von
x „Mein Bild hat sich weiterentwickelt sein Bild, eine Möglichkeit sich selbst zu
anderen, hilft Menschen jeden Alters,
und es macht mir Laune. Ich sehe
erkennen.
Sicherheit zu gewinnen und zu ihrer Kredie Früchte meiner Arbeit.“
Diese Erkenntnis, also das Erleben
ativität zurückzufinden.“
x „Ich war heute aggressiv, als ich ins der eigenen Person, dieses sich selber
Im Laufe der Jahrzehnte berichteten
Malatelier kam, aber nach dem MaNäher kommen, bildet eine wesentliche
die Medien in aller Welt von der origilen ging es mir deutlich besser. Ich
Grundlage, um Sozialkompetenzen übernellen Einrichtung Arno Sterns in Publikonnte meinen Frust überwinden
und mich ablenken.“
Wer malt, ist aktiv handelnd und
Durch das kritiklose Produzieren
x „Für mich ist das Atelier ein Ort, an
nimmt somit aktiv an der eigenen
dem ich mich entfalten kann. Hier
eines Bildes wird die Selbstachkann ich meine Gedanken auf Papier
Entwicklung teil.
tung gefördert.
bringen. Ich habe die ganze Woche
über Ideen, was ich malen möchte.
haupt erst entwickeln zu können.“
kationen, Artikeln, Reportagen und InEs freut mich, meine Phantasien zu
Meine Erfahrungen im Atelier zeiterviews. Seine Arbeit, seine Beobachentdecken.“
gen,
dass mit der malpädagogischen Metungen und seine Entdeckungen, die er in
x „Ich möchte mich weiterentwickeln.
thode
von Arno Stern auch im sozialen
Abhandlungen dokumentierte und publiDie Erfahrung mit Farbe und Pinsel
Miteinander
Lernprozesse stattfinden.
zierte, waren dabei von großem Interesfinde ich interessant. Ich staune
Rückblickend
kann ich sagen, dass in
se. Als Experte der UNESCO nahm er
manchmal, was ich mit Farbe alles
den
meisten
Fällen
Konflikte konstruktiv
am ersten internationalen Kongress für
ausdrücken kann.“
bearbeitet wurden, das heißt, die TeilKunsterziehung teil und gastierte als
x „Das Malen ist im Haftalltag ein nehmer setzen sich mit einem Problem
Referent in vielen Universitäten, Musefester Termin geworden. Es ist eine
auseinander ohne auszuweichen und
en, Bildungs- und Ausbildungsstätten.
selbst bestimmte Struktur in meinem
konnten etwas klären.
In den verschiedensten Ländern der
Ablauf hier entstanden. Ich bin geAuf der Grundlage der freien bildneErde finden Ausbildungskurse statt und
danklich oft mit dem Malen berischen Äußerung einerseits und der
so wurden nach der Methode von Arno
schäftigt.“
strengen Handhabung andererseits könStern in den vergangenen 30 Jahren
x
„Ich
habe richtig Spaß am Malen
nen zentrale Erfahrungen gemacht werHunderte von Malbetreuern ausgebildet.
bekommen. Ich lerne hier am Malden, die weitere Reifeschritte ermögliEine davon ist Frau Sommerhäuser, die
prozess dranzubleiben. Auch wenn
chen.
das JVA-Atelier-Oldenburg zwei Mal
mir mein Bild am Anfang nicht ge„Mit Menschen etwas herzlich tun“
wöchentlich leitet.
fällt, versuche ich meinen Frust zu
macht aufmerksam, dass alle Prozesse
überwinden und weiter zu machen.“
innerhalb eines Beziehungsrahmens verAm Ende der wöchentlichen Treffen
Die Ruhe und Gelassenheit, die ich hier
laufen. In diesem Beziehungsrahmen soll
im JVA-Atelier-Oldenburg gibt es imerlebe, wirkt oft nach in meinem Haftallneues Vertrauen in die eigene Person
mer eine kurze Rückschau. Hier nun
tag.
und in die Gemeinschaft genährt werden.
einige Aussagen der Teilnehmer:
Ich blicke mit Freude und Dankbarx „Am meisten genieße ich die FreiUnd
zu
guter
Letzt
ein
Rückblick
von
keit
zurück und hoffe weiterhin auf ein
heit hier im Atelier. Ich kann hier
der Leiterin des Ateliers, Frau Petra
gut besuchtes Atelier in der JVA.
richtig abschalten, so dass ich gar
Text. GEO
Sommerhäuser.
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Tr§tzdem 11/2010
21
§ JVA INTERN
Kunst im Knast
KUNST: Eine Vernissage in der
Justizvollzugsanstalt Oldenburg.
M
it großem Interesse warteten
die geladenen Gäste der JVA
Oldenburg auf die Eröffnung
der 8.Vernissage, die in den Räumen der
JVA Oldenburg stattfand. Der Berufsverband Bildender Künstler (BBK), der
allein in Niedersachsen 800 Mitglieder
zählt, hatte sieben Künstler aufgeboten,
die mit ihrem unterschiedlich gestaltet
Werken die etwa 120 geladenen Gäste
überraschten.
JVA Leiter Herr Koop (rechts) zusammen mit den ausstellenden Künstlern.
Der respektvolle Umgang mit den
Gefangenen ist die Grundlage für
das Leben nach der Haftzeit.
Zu den ausstellenden Künstlern zählten: Herr Jörg Scheel, Frau Martina
Breuker, Herr Michael Olsen, Frau Esther Olsen-Velde, Frau Ute Berger, Frau
Renate Palt sowie Herr Helmut Kreimeyer.
Frau Schröder-Tajti als Initiatorin
und „Guter Geist“ dieser Ausstellung
hatte auch in diesem Jahr wieder keine
Mühen gescheut, damit die Aktion
„Kunst hinter Gittern“ ein weiteres Highlight wurde.
Untermalt wurde die Veranstaltung
durch den Auftritt eines Gospelchores
unter der Leitung von Herrn Buttjes. In
der Eröffnungsrede durch den Anstaltsleiter Herrn Koop kam zum Ausdruck,
wie wichtig doch Kunst hinter Gittern als
Brücke in der Balance zwischen Drinnen
und Draußen anzusiedeln sei. Die Neugierde der Öffentlichkeit zu wecken, um
die Haftanstalt auch mal aus einer anderen Sicht zu betrachten sei das erklärte
Ziel. Der allgemeine Ausspruch, Straf-
Titel:
Es ist nicht
mehr weit
fällige für immer wegzusperren, muss
aus einer anderen Sichtweise belichtet
werden und dazu ist das Medium Kunst
genau richtig. Konsequent und Liberal
ist ja das Bestreben der JVA Oldenburg,
damit Tugenden des Alltags, insbesonde-
Durch Farben und kreatives Malen
können Menschen sich wandeln.
re in der Selbstverantwortung den Inhaftierten, an diesen nicht spannungsfreien
Ort vermittelt werden können. Der respektvolle Umgang mit den Gefangenen
ist die Grundlage für das Leben nach der
Haftzeit. Obwohl Herr Koop positiv erwähnte, dass die Zahl der Inhaftierten die
Lockerungen erhalten und in den Genuss
des offenen Vollzuges kommen erheblich sind, muss man unter dem Strich
Titel:
Die sieben
mageren Jahre
22
Tr§tzdem 11/2010
www.jva-oldenburg.de
JVA INTERN
Frau Sommerhäuser und Herr Koop.
gesehen bedauern, dass die Rückfallquote doch relativ hoch ist. Gerade im
Suchtbereich ist dies zu beklagen, was
aber in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird, da die Medien eine andere Zielgruppe mit Erfolg an den Pranger
stellen.
Herr Koop wünschte zum Abschluss
seiner Rede allen Gästen noch einen
schönen Sonntag und dass alle die Daumen drücken sollten für das WM Spiel
unserer Jungs gegen England und übergab das Wort an die Künstlerin Frau
Petra Sommerhäuser, die zuvor ein Jahr
lang ihre Kunstwerke hier in der JVA
Oldenburg mit großem Erfolg ausgestellt
hat.
Frau Sommerhäuser sprach rückblickend von ihrem Traum über das Fest
der Farben, das als wichtiger Baustein im
Leben eines jeden Einzelnen sein kann
und den Menschen prägt. Ihre Ausstellung und die damit verbundenen Erlebnisse in der Justizvollzugseinrichtung
haben ihr gezeigt, dass durch Farben und
kreatives Malen im hauseigenen Atelier,
Menschen sich wandeln können. In den
Malkursen für Gefangene stellte sie fest,
dass in der Gemeinschaft durch Kreativität mit sozialer Kompetenz Angst überwunden werden kann.
Kunst im Strafvollzug zu vermitteln,
das verspricht gute Erfolge. Frau Sommerhäuser überreichte Herrn Koop anschließend eines ihrer Werke als Geschenk für die JVA Oldenburg. Herr
Koop sicherte ihr zu, dass ihr Werk einen Ehrenplatz erhalten werde, welcher
natürlich auch einen Zugang für die Inhaftierten ermöglicht. Es wurden noch
die einzelnen Künstler durch dem Vorsitzenden des BBK Herrn Blazejewic vorgestellt - hier war insbesondere von Interesse, mit welchen Vorstellungen und
Durch Kunst und Kreativität kann
die Angst überwunden werden.
Werken die Damen und Herren die Vernissage bereichern wollten.
Abschließend spielte der Gospel
Chor, danach wurden alle Beteiligten
zum Kalten Büfett eingeladen, welches
vom Küchenchef Herrn Mohrhusen bestens vorbereitet wurde.
Unser Dank gilt auch noch allen Mitarbeitern dieser einmaligen Ausstellung,
die hinter den Kulissen manchmal wahre
Wunder vollbracht haben, damit alles
reibungslos funktionierte.
Zu guter Letzt wurden die Besucher
durch die Ausstellung geführt. Die Begeisterung war ihnen deutlich anzumerken. Bedauerlicherweise konnten kaum
Inhaftierte an dieser Vernissage teilnehmen - aber vielleicht ist es ja im nächsten
Jahr anders gelöst! Mir hat es jedenfalls
viel Freude bereitet.
§
Schande für den
Rechtstaat
Man stelle sich vor, ein Gefängniskrankenhaus beauftragt einen Internisten damit, einem Häftling den Blinddarm wegzuoperieren. Der Arzt geht
ohne Widerspruch ans Werk. Am Ende ist der Patient tot. Kämen Internist
und Klinikleitung in solchem Fall
ungestraft davon? Wohl kaum. Für
jenen Bremer Polizeiauftragsarzt, der
einen Kokain-Kleindealer mit Brechmitteln und Wasser geradezu ertränkte, sollten zunächst andere Maßstäbe
gelten: Freispruch! Ein Glück, dass
sich jetzt die Hinterbliebenen vor dem
BGH durchgesetzt haben. Eigentlich
hätte auch die Staatsanwaltschaft für
eine Verurteilung kämpfen müssen.
Zudem hat sie versäumt, die Chefs des
Polizeiauftragsarztes ebenfalls ins
Visier zu nehmen. Überhaupt ist die
jahrelang in vielen Bundesländern
übliche Brechmittelvergabe eine
Schande für den Rechtsstaat. Es musste erst Tote geben, bevor die Innenbehörden verstanden: Die Bekämpfung
von Kleindealern rechtfertigt nicht
jedes Mittel.
Quelle: Frankfurter Rundschau 30.04.10
Text: GK
Titel:
Der Sache auf
den Grund gehen
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Tr§tzdem 11/2010
23
§ KUNST
Einblick in eine andere Justizvollzugsanstalt
KUNST: Die Kreativgruppe der
JVA Würzburg versucht den
Gefangenen neue Wege zu zeigen
die Sprachlosigkeit zu überwinden
und ihren Gefühlen neue
Ausdruckswege zu verleihen.
D
ie JVA Würzburg in Bayern ist
eine Strafhaft und Untersuchungshaftanstalt, sowie eine
Jugendarrestanstalt. Die Belegung liegt
bei ca. 600 Häftlingen in Strafhaft. Des
Weiteren ist sie eine gemischte Haftanstalt in der ca. 70 Frauen einsitzen.
ches Gebrauchsmaterial, das in der JVA
vorhanden ist und stammt aus Spenden
der Ehrenamtlichen und aus dem Bereich
der Gefangenenseelsorge. Grundgedanke
dieser Arbeit ist gelebte Ökumene.
Innerhalb der JVA gibt es seit ca. 8
Jahren eine Kreativgruppe, die von Ehrenamtlichen aufgebaut und betreut wird.
In diesen Jahren entstanden mehrere
Projekte. Das derzeitige Projekt Lebensbrüche entstand in Zusammenarbeit mit
der Caritas Würzburg im Jahre 2010.
Eine große Ausstellung mit Werken, die
in diesem Projekt entstanden sind wurden am 07.05.2010 in Würzburg eröffnet. Die Ausstellung war über drei Monate zu besichtigen sein.
des pädagogischen Dienstes. In der JVA
können Häftlinge auch ihren Hauptschulabschluss nachholen. Es ist auch möglich, einen Lehrabschluss in verschiedenen Berufen (z.B. Koch oder im Bereich
der Kraftfahrzeugtechnik) in der JVA
Würzburg zu erwerben.
Eine Mitarbeit erfolgt auch seitens
Die Kunst bietet eine sehr gute Möglichkeit
seine Gefühle und Emotionen auszudrücken
die man nicht in Worte fassen kann
Die in dieser Ausstellung gezeigten
Werke sind Werke von Häftlingen, Bediensteten und auch von Angehörigen
sowie Ehrenamtlichen aus dem Umfeld
der JVA, die Ihre persönliche Betroffenheit zu Lebensbrüchen bzw. Lebensveränderungen textlich und bildlich darstellten.
Die Kreativgruppe trifft sich alle 14 Tage in der JVA; sie umfasst 10 -12 Personen.
Das verwendete Material ist einfa24
Tr§tzdem 11/2010
Text. HJS
Ausstellungstermin und
Kontaktaufnahme
Ausstellung der Kreativgruppe
in der Justizvollzugsanstalt
Würzburg
im Caritashaus Würzburg
Franziskanergasse 3
97071 Würzburg
vom 07.05. - Mitte August
werktags von 8:00 - 16:30 Uhr
Gottesdienst am 07.05. 10:00 Uhr in
der Franziskanerkirche,
anschl. Eröffnung der Ausstellung
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KUNST
§
Lebensbrüche
KUNST: Bilder und Objekte von Strafgefangenen.
Eine Ausstellung der Kreativgruppe der Justizvollzugsanstalt Würzburg.
D
ie Ausstellung war eine große
Herausforderung für die Kreativgruppe der JVA Würzburg.
Im Laufe der Monate brachten sich etwa
20 männliche und 10 weibliche Gefangene ein. Viele persönliche Gespräche und
das Betrachten der eigenen Lebensgeschichte führten zur Entwicklung von
Bildern und Objekten.
Das Ziel der von ehren- und hauptamtlichem Personal angeleiteten Gruppe
war es, die Kreativität der Gefangenen
mit einfachen Mitteln zu fordern und
dadurch zu fördern. Die persönliche Erfahrung eine Idee zu entwickeln, umzusetzen und diese auch fertig zu stellen
stärken das Selbstbewusstsein der Teilnehmer. Kunst als Mittel Sprachlosigkeit, Trauer, Scham und Reue Ausdruck
zu verleihen, geben die Möglichkeit, die
eigene Tat auf diesem Wege zu verarbeiten. Gegenseitige Unterstützung, die
Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen
von „Draußen, haben letztendlich eine
Atmosphäre des aufmerksamen Miteinanders entstehen lassen.
„Immer wieder neu bin ich begeistert,
was in den Strafgefangenen steckt!“ so
Ingrid Pollak die ehrenamtliche Leiterin
der Kreativgruppe.
Diese Begeisterung hat Kreise gezogen — viele helfen für die Ausstellung
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mit. Beamte bringen Bilder — Ehrenamtliche schreiben, schneiden aus, gestalten — Kinder bringen sich mit ihren
Ideen ein — Angehörige und
„Ehemalige“ beteiligen sich. — Einer
näht Fahnen — aus dem Fotoclub findet
sich jemand, der alle Bilder fotografiert
— das Bayerische Fernsehen kommt —
die Bayerische Justizministerin schickt
ein Grußwort....
Die Liste ist noch lang — und alle
Beteiligten sind mit Feuer und Flamme
dabei! Das Caritashaus bekommt durch
die Ausstellung ein neues Aussehen:
Gebetssäulen und Gedichtbretter wechseln u.a. ab mit den aufgehängten, gesammelten Socken, Skulpturen, meditativen Texten, Teppichen und Bildern.
„Die „etwas andere“ Ausstellung möchte
ich Ihnen schmackhaft machen! Sie sollen sehen, welche Ausdrucksformen die
Gefangenen gefunden haben.
Dieses Event möchte dazu beitragen,
Vorurteile abzubauen, den Menschen
neue Chancen zu geben und Verständnis
zu wecken.“ Ingrid Pollak, ehrenamtliche Leiterin der Kreativgruppe
Die Ausstellung wurde am 07.5.2010
in Würzburg im Beisein vieler Repräsentanten des öffentlichen Lebens eröffnet
und wurde mit großer Resonanz von der
Öffentlichkeit angenommen.
Tr§tzdem 11/2010
25
§ WM - TIPPSPIEL 2010
§
Die Welt zu Gast in Südafrika
WM 2010: Das erste Mal in der Geschichte des Fußballs fand eine WM auf den
afrikanischen Kontinent statt.
D
ie Fußballweltmeisterschaft 2010
stellte das diesjährige sportliche
Highlight für alle Fußballbegeisterte
dar. Das erste Mal in der Geschichte des Fußballsports fand eine Weltmeisterschaft auf
dem afrikanischen Kontinent statt.
Bereits im Vorfeld gab es viele Zweifler
die es in Frage stellten ob Südafrika es schaffen wird eine derart große und bedeutende
Veranstaltung durchzuführen. Insbesondere
die Sicherheitslage im Land gab vielen Grund
zur Sorge. Die hohe Kriminalitäts- und
Mordrate in Südafrika, bereitete nicht nur den
Politiker im In– sondern auch im Ausland
Sorgen und warf einen Schatten auf die WM.
Doch allen Bedenken zum Trotz schaffte es
Südafrika ein außergewöhnliches Wintermärchen auf den afrikanischen Kontinent zu veranstalten, welches das ganze Land in seinen
Bahn zog und auch wenn nur für kurze Zeit
die Problemen mit denen das Land und die
Menschen zu Kämpfen haben vergessen ließ.
Die Beamten der JVA Oldenburg Herr
Dannebaum und Herr Armbrecht, die Live
Italien
England
Argentinien
Niederlande
Deutschland
Brasilien
Spanien
0
2
4
6
8
vor Ort waren und sich nicht nur die Spiele
ansahen sondern auch mit der Bevölkerung in
Kontakt traten, berichteten von offenen,
selbstlosen und hilfsbereiten Menschen die
ihren letzten Leb Brot mit einem teilen. Aber
sie berichteten auch von Fußballspielen die
das Herz eines jeden Fans ins Rasen versetzen. Insbesondere das Gruppenspiel Deutschland gegen Australien mit einen Ergebnis von
4:0 weckte die Erwartung auf die WM Trophäe. Und obwohl unsere Jungs es nicht ganz
geschafft haben kann man dennoch auf die
deutsche Elf stolz sein. Sie haben eine sehr
gute spielerische Leistung gezeigt und mit
hoher taktischer Finesse nicht nur die Zuschauer begeistert, sondern auch ihre Gegner
das Fürchten gelehrt.
Doch trotz allem Optimismus waren auch
die Teilnehmer unseres Tippspiels nicht ganz
von dem WM Sieg der Deutschen überzeugt.
Wie man dem von uns aufgestellten Ranking
erkennen kann war die Mehrzahl unserer
Teilnehmer der Meinung, dass Spanien der
diesjährige Weltmeister wird. Und sie haben
recht behalten!
Insgesamt 38 Teilnehmer hatten sich zu unserem Gewinnspiel angemeldet und dank der
Sponsoren, die unser
Tippspiel mit der Bereitstellung zahlreicher
Preisen unterstütz haben,
war es uns möglich, an
Ende des Gewinnspiels
jedem Teilnehmer einen
Preis zu überreichen.
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12
14
Text: AS
Wer wird Weltmeister 2010? So haben unsere Spielen getippt.
Einen herzlichen Dank widmen wir den Sponsoren unseres Tippspiels!
KNEFELKAMP
uhlsport GmbH
26
Tr§tzdem 11/2010
26
Tr§tzdem 11/2010
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§
WM - TIPPSPIEL 2010
Fußballweltmeisterschaft 2010
1. Platz
Platzierungen des Tippspiels zur WM
Der Gewinner des Tippspiels Khac Tan N. konnte
sich über verschiedene Preise, wie eine Torte,
ein Fußballtrikot, einen Fußball und Bücher, freuen.
Name
Station
Punkte
Platz
Khac Tan N.
C2
95
1
Trong Duong D.
C2
92
2
Erdogan B.
A3
91
3
Manuel W.
A3
91
4
Dennis K.
A3
89
5
Patrik Jan T.
D4
86
6
Valeri H.
A3
86
7
Alexander S.
B2
85
8
Hans O. D.
Wilhelmshaven
85
9
Van Hiep V.
B4
84
10
Dan Dan S.
A3
83
11
Budnik K.
D4
82
12
Wladimir Sch.
D4
81
13
Marko K.
Gerichtsstraße
81
14
Timo B.
C2
79
15
Wilhelmshaven
77
16
Niklas B.
B3
77
17
Paulo F.
B1
76
18
Uwe P.
A4
76
19
Valerij K.
B2
75
20
Sascha W.
C1
75
21
Heiko V
C4
74
22
Gfete L.
A4
73
23
Micky M.
C2
71
24
Sven L.
B2
71
25
Dennis Sch.
Nordenham
70
26
Thorsten K.
A3
68
27
Manfred V.
B2
68
28
Dirk B.
A4
66
29
Marcel P.
D3
65
30
Alex Sch.
B2
65
31
Stefan K.
B3
63
32
Christoph J.
A4
62
33
Nils Sch.
C4
61
34
André S.
Nordenham
60
35
Sascha E.
B2
54
36
Fabian H.
B1
53
37
Amechi N.
D4
46
38
2. Platz
Kai Alexander W.
3. Platz
Der zweitplazierte Trong Duong D. erhielt als Preis ein
Glass Kaffee, einen Fußball und drei Bücher..
Der drittplazierte Erdogan B. freute sich auf seine Preise,
ein Fußball, drei Bücher und eine Packung Zigaretten.
* bei Punktegleichheit entschied die Zusatzfrage über die Anzahl
der gefallenen Tore während der WM über die Platzierung.
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Tr§tzdem 11/2010
27
§ RECHT & SOZIALES
Recht ist nicht dasselbe wie Gerechtigkeit
SCHÜLERBRIEF: Eine Schulklasse des Bildungszentrum für Technik und Gestaltung (BBS II) besuchte An-
fang des Jahres die Gefangenen der JVA Oldenburg und erkundigte sich nach den Sinn und Unsinn von Straftaten und Strafe. Im Rahmen ihrer Klassenarbeit schrieben die Schüler Briefe an einen Gefangenen (siehe
Tr§tzdem Nr. 42). Jetzt schreibt der Gefangene zurück.
Liebe Schüler...
Gerechtigkeit ist eine Erwartungshaltung und Recht - eine Auslegungssache der verschiedenen an einem Rechtsstreit beteiligten
Parteien. Gerechtigkeitsempfinden ist eine permanente, subjektive Einstellung. Rechtsanwendung dagegen ein Produkt des Zufalls.
Die Sanktionierung von Rechtsverstößen ist immer abhängig von zahlreichen zufälligen Ereignissen. Gerecht wäre logischerweise
eine globale Sanktionierung von Rechtsverstößen – gleiches Recht für alle so zu sagen, was unrealistisch ist.
Bei der Anwendung von Recht haben der Ankläger und der Angeklagte verschiedene, meist entgegengesetzte Vorstellungen von
einem gerechten Urteil.
Der Angeklagte plädiert oft auf „Unschuldig“, oder erwartet bei einem Geständnis als Vergünstigung eine milde Strafe. Alles andere wäre für ihn ungerecht. Die Fähigkeiten eines Schauspielers werden vom Tag der Verhaftung gefordert und gefördert. Opportunismus zu erlernen und zu leben ist die Voraussetzung für Wohlverhalten im Vollzug. Dieser wirkt sich aber auf längere Sicht
für die Betroffenen, vor allem aber für die Gesellschaft zum Nachteil aus. Das Milieu ist grundsätzlich durch mentalschwache Menschen mit geringen oder negativen Wertvorstellungen geprägt. Dadurch ist Verrat aus Eigennutz bei vielen obligatorisch. Nach
außen hin wird diese unmenschliche Eigenschaft kaschiert, kritisiert und verurteilt um zu eigener Person keinen Misstrauen zu
erwecken. Ich habe für mich einen eigenen Begriff dafür geprägt „Chamäleon Syndrom“.
Der Ankläger plädiert immer auf schuldig und erwartet eine angemessen hohe Bestrafung, die eine sanktionierende und abschreckende Wirkung haben soll.
Das Gericht wendet das in der gegebenen Lage geltende Recht an, und hält sich grundsätzlich für unfehlbar, mehr aber noch dem
Recht dienend, denn nicht immer erhebt es den Anspruch an Gerechtigkeit.
Das Gericht hat die Aufgabe den Sachverhalt zu untersuchen und die Schuldfrage zu klären. Dazu gehör die Persönlichkeit des
Angeklagten, seine Lebensverhältnisse, die Beweggründe und der eigentliche Tatablauf. Und natürlich auch das Verhalten nach der
Tat, während der Ermittlungen und im Gerichtsaal bei der Tataufklärung. Es müssen auch alle für und gegen den Angeklagten sprechenden Tatsachen ermittelt werden. Die Anwendung exakt gleicher Strafmaßnahmen auf unterschiedlich gelagerte Fälle, währe
unrechtens und ungerecht.
Es ist ein Unterschied, ob jemand aus einer Notsituation klaut, weil er Hunger hatte, oder aus Habsucht und Gewinnabsicht einen
Diebstahl begeht. Auch die Anzahl der Vorstrafen ist für das Strafmaß entscheidend. Diese dient der Orientierung, ob und in wiefern ein Täter bereit ist seinen kriminellen Lebenswandel zu verändern. Wer ein System aus der rechtlichen Perspektive vertritt und
nach Anwendung des Rechts über Schuld und Strafe entscheidet, sieht sich immer im Recht und fühlt sich gerecht. Jeder Richter
hat subjektive Aspekte in seiner Rechtsprechung, hält aber jede seiner Entscheidungen dem Recht dienlich und würde diese nie
korrigieren. Auch dann nicht, wenn offensichtlicher Bedarf besteht. Fast alle Urteilsprüche sind von höheren Gerichten überprüfbar
und trotzdem wird immer einer der beteiligten Parteien mit der Urteilsfindung oder der Strafhöhe nicht einverstanden sein. Und ein
Richter würde nie zugeben ein Fehlurteil gefehlt, oder aus persönlichen Motiven entschieden zu haben.
Die Komponente der Rache oder der Vergeltung ist in jedem Ansatz von Strafmaßnahmen enthalten. Diese Zweckbestimmung des
Rechts dient der Gerechtigkeit und erfüllt die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit an die Gerichtsbarkeit. Der Verurteilte muss für
seine Verfehlungen büßen. Die unumgängliche Strafe ist die Konsequenz und die Garantie für regelkonformes Verhalten während
der Haftzeit.
Inhaftierung und der Entzug von Freiheit ist für jeden normalen Menschen eine enorme Bestrafung, denn darunter leidet man und
es verändert das Wesen des Inhaftierten. Das Verhalten ähnelt dem, eines Raubtieres im Zoo. Ein Häftling kann auch unfähig werden für ein Leben in Freiheit.
Bei vielen Inhaftierten wird die Persönlichkeit vom Schuldempfinden nicht berührt, weil die Straftaten vorsätzlich und bewusst
erfolgten. Das Strafmaß wird in diesen Fällen nur als Rache und Justizwillkür empfunden.
Für eine Besserung sind das Unrechtbewusstsein und die Schuldaufarbeitung, die wichtigsten Voraussetzung. Ein gesetzeskonformer Lebenswandel während der Haftzeit ist dazu ein positiver Ansatz, jedoch bei weitem nicht selbstverständlich, wie viele Justizbedienstete annehmen möchten. In unserer JVA gibt es viele Angebote für die Reintegration wie Sport, Kulturveranstaltungen und
Freizeitgruppen. Zu viele Inhaftierte nehmen diese Angebote nicht wahr und zeigen keine Veränderungsbereitschaft. Viele sehen
die Inhaftierung als ein normales, und zur Verwirklichung ihrer Lebensvorstellungen, notwendiges Übel an. Kaum in Haft wird für
die Zeit danach vorgesorgt. Ideen für Straftaten entwickelt. Kontakte geknüpft. Der Knast ist die Schule des Verbrechens. Für viele
jüngere Inhaftierte ist es eine Ausbildungsstätte. Hier suchen sie sich ihre Vorbilder und Präzedenzfälle.
In der Religion ist viel von Vergebung die Rede. Die Vergebung der Opfer, wäre für die Straftäter wichtig, die sich ernsthaft mit
ihrer Schuld beschäftigen. Ich hätte mir gewünscht, dass Straftätern überhaupt eine Möglichkeit gegeben wäre für konkrete enga-
28
Tr§tzdem 11/2010
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RECHT & SOZIALES §
gierte Wiedergutmachung. Diese sollte nicht obligatorisch ausgestaltet sein. Nur die Freiwillige Konfrontation mit dem Opfer und
den Folgen der Tat bildet die Empathie und greift rückwirkend an die Wurzel der bestehenden Verhaltensstörung.
Erst mit der Entlassung beginnt die Wiedergutmachung an der Gesellschaft und den nahen Angehörigen. Erst außerhalb der Isolation wird ein Mensch produktiv und vorteilhaft für die Gemeinschaft. In Haft stellt er nur eine Belastung dar. Jemand der über ein
gesundes Selbstbewusstsein verfügt wird sich von der Öffentlichkeit nicht verstecken, sondern aktiv am Leben teilnehmen und
nach Möglichkeiten suchen sich zu integrieren, zu beweisen und damit wertvoll zu sein. An der Vergebung der Opfer oder naher
Mitmenschen für die Enttäuschung, ändert die Länge einer Strafe nichts. Je länger die Haftstrafe desto größer wird die Last der
Wiedergutmachung nach der Entlassung und geringer die Wahrscheinlichkeit für eine Wiedergutmachung.
Die Bereitschaft zum Gespräch hatte denselben Grund wie bei vielen von euch. Es war das Interesse an Menschen und ihrer
Denkweise über bestimmte Sachverhalte. Ich wollte sehen in wie weit und wie kritisch junge, aufgeweckte und intelligente Menschen sich mit der Thematik des Strafens und der Rache beschäftigen. Wir haben ja nicht nur über die Straffälligkeit und deren
Folgen gesprochen. Es ging auch um Themen wie Zusammengehörigkeitsgefühl, Empathie, Vertrauen, Freundschaft, Verantwortung im Allgemeinen und soziale Interaktion. Für mich war es angenehm und unterhaltsam kritische Fragen und Meinungen zu
hören. Mit euch Schülern offen über zum Teil persönliches zu reden war nicht als Erleichterung oder hilfreiche Erfahrung für
mich gedacht, sondern als warnendes Beispiel für euch. Wenn ihr danach bewusster und mit offenen Augen durchs Leben geht, war
dieses Gespräch nicht umsonst. Durchlebte Erfahrungen haben einen unschätzbaren Wert, vor allem negative. Der Zuhörer muss
nur in der Lage sein ähnliche Fehler nicht zu machen. Jeder Mensch hat die Verantwortung für sich selbst und sein unmittelbares
Beziehungsumfeld, aber auch Einfluss auf das Verhalten von fremden Menschen auf der Straße, weil wir soziale Wesen sind. Der
jugendliche Straftäter in der Gerichtsverhandlung hat in der Zeit einer stabilen Beziehung zu seiner Freundin ein straffreies Leben
geführt. Er hat sich Gesetzeskonform verhalten, weil er sein Verhalten an die gegebene Situation anpasste und die Erwartungshaltung seiner Freundin nicht enttäuschen wollte. Ihre Meinung war ihm höchstwahrscheinlich wichtig. Man wird von denen beeinflusst und bestimmt an die man sich bindet.
Es gibt wahrscheinlich nicht nur einen Inhaftierten in der JVA Oldenburg, der sich hier wohler fühlt als draußen. Das sind Sozialschmarotzer, die sich vor der Verantwortung in der Freiheit drücken, die aufgrund des mangelnden Selbstbewusstseins und der
Faulheit, sich hier bei minimalster Versorgung wohl fühlen.
Was die Arbeitspflicht betrifft, so ist es primär eine sehr positive Maßnahme für die Disziplin und den geregelten Tagesablauf. Die
geringe Entlohnung verleiht Kaufkraft und bestärkt den Erwerbssinn einer Arbeitstätigkeit. Andererseits wurden die Inhaftierten zu
allen Zeiten als Humankapital ausgebeutet. Die billige Arbeitskraft ist ein Wirtschaftsfaktor der wegen niedriger Qualifizierung
beliebig austauschbar ist. Der Inhaftierte hat die Arbeitspflicht, die Rechte sind aber stark eingeschränkt, was menschenunwürdig
anmutet. Es gibt keinen Kündigungsschutz, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, keine Möglichkeit für Zahlung von Rentenbeiträgen und damit keinen Rentenanspruch. Profiteure dieser Missstände sind namhafte Firmen, die durch Ausbeutung höhere
Profite erwirtschaften können.
Die Arbeitszeit gehört zu einer sinnvollen Zeitnutzung und verbessert die Perspektiven. Aber auch die sinnvolle Freizeitgestaltung
eröffnet andere und bessere Sichtweisen auf den Alltag und setzt einen dynamischen Prozess in Gang, der das Selbstbewusstsein
und die Verantwortung stärkt.
Auch die zahlreichen Therapiemaßnahmen sollten nicht die Haftzeit ersetzen. Der Slogan „Therapie statt Strafe“ ist human aber
meist wirkungslos. Denn die Therapieeinrichtungen werden vermehrt als Sprungbrett in die Freiheit und Amnestieklauseln missbraucht. So wird der Therapieerfolg nie erreicht, weil die Bereitschaft des Betroffenen nicht vorhanden ist und die Zielorientierung
von der erforderlichen und zu erwartenden Maßgabe abweicht.
Fast zum Schluss möchte ich auf einen Brief kurz einzeln eingehen, der mich persönlich sehr beeindruckte. Dieser war sehr offen
und herzlich geschrieben. Die Verfasserin hatte mit Eigenbezug und Ehrlichkeit ein bemerkenswertes Einfühlungsvermögen rübergebracht. Unsere Interaktion hatte bei ihr ein Nachdenken über die Besuchsdauer hinaus ausgelöst und hinterließ einen bleibenden positiven Lerneffekt. Eine der Feststellungen war: „Die Isolation von nahen Mitmenschen ist eine größere Strafe als hinter
verschlossener Tür zu sitzen“.
Die Beziehungsisolation durch Einschränkung der sozialen Kontakte und die Fremdbestimmung darüber trifft auch die Angehörigen verletzend. Bei der Aufrechterhaltung der Kontakt zu Angehörigen, ist die Inhaftierung eine härtere Strafe.
Wer die Kontakte verliert durchlebt eine humanere Isolation. Der Einzelgänger hat weniger soziale Zwänge oder integrative Sehnsüchte. Sein Ego wächst sogar und er kann zum Narzissten mutieren und damit noch gefährlicher als zuvor werden. Andere Menschen sind ihm fremd und feind.
Was das kleine Mitbringsel als Zeichen der Aufmerksamkeit betrifft, so war es eine pädagogisch sinnvolle Maßnahme eures Lehrers. Es war ein Zeichen der Offenheit und des Verständnisses, ein Symbol der Handreichung. Den Menschen etwas Gutes zu tun,
den Sündigen Aufmerksamkeit zu Bezeugung, mit Menschen zu teilen, ist eine Tradition in der Christlichen Welt, eine wichtige
Erfahrung, die man im Leben machen muss. Doch um über die Richtigkeit und Nützlichkeit dieses Verhaltens zu urteilen muss man
auch Rückmeldung erhalten. Auch deswegen war mir dieser Brief wichtig.
Alles Liebe…
Niklas B.
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Tr§tzdem 11/2010
29
§ RECHT & SOZIALES
Die Datensammler und die Selbstauskunft
AUSKUNFTEIEN: Ein ernüchterndes Ergebnis über die Zuverlässigkeit der Datensammler.
ch hoffe, dass der erste Bericht euch
zur Selbstauskunft über die zu eurer
Person gespeicherten Daten veranlassen konnte zumal dieser erste Schritt
mit Hilfe des Musterschreibens sehr einfach und zu dem kostenlos ist. Wie wichtig eine eigene Überwachung der Datensammler ist, werden wir im folgenden
Bericht versuchen zu erläutern.
Wir von der Redaktion Trotzdem
hatten acht der bekanntesten Auskunfteien angeschrieben und eine Selbstauskunft gemäß §§ 34 I, IV BDSG verlangt.
Dabei handelte es sich um folgende Auskunfteien: Schufa, Bürgel, Infoscore,
CEG, Deltavista, Bender KG, Acumio
und EOS. Zur Erinnerung, laut Bundesdatenschutzgesetz hat jede Person das
Recht, alle zur eigenen Person gespeicherten Daten einzusehen, den Nachweis
zu verlangen, woher diese Daten stem-
I
kraft mit Barmitteln eines konkreten
Kunden dar, sonder helfen, das Zahlungsausfallrisiko besser einzuschätzen.
Ähnliche Methoden nutzt man seit langem in der Markt- und Meinungsforschung. Wie das Scoreverfahren funktioniert und welche bewerteten Daten wie
gewichtet werden, hatte keine der Auskunfteien mitgeteilt. Es sind uns daher
leider unmöglich, das Scoreverfahren zu
analisieren und zu erläutern. Es scheint
aber so, als ob gar keine positiven Daten
im Bestand vorhanden sind. Es wurden
nur Personendaten: Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Anschrift und darüber
hinaus Negativdaten z.B. Mahnverfahren, Vollstreckungstitel, Insolvenzen
oder Haftbefehle ausgewiesen.
Laut Stiftung Warentest haben die
Datensammler Acumio, Deltawista, Infoscore und Bürgel nach eigenen Angaben
Jeder hat das Recht, alle zur eigenen Person gespeicherten Daten
einzusehen.
Es erschreckt und empört einen,
wie nachlässig die Datensätze gepflegt und aktualisiert werden.
men, zu erfahren wie diese Daten für die
Ermittlung des Scorewertes eingesetzt
werden und an welche Institutionen oder
Firmen die Daten in den letzten 12 Monaten geschickt wurden.
Nach Erhalt der Selbstauskünfte können wir die Befürchtungen der Datenund Verbraucherschutzorganisationen
nur bestätigen. Es erschreckt und empört
einen schon, wie nachlässig die Datensätze gepflegt und aktualisiert werden. In
Fällen wo die Daten falsch oder veraltet
sind, sollte man sofort aktiv handeln,
denn hierfür sind dem Verbrauchen oder
dem betroffenen Verbraucher
(Dateneigentümer) vom Gesetz einige
Instrumente zur Gegenwehr gegeben.
Der Ausweis von positiven Daten
erfolgt gar nicht. Dabei sollten diese
eigentlich die Scorewert-Berechnung
einbezogen werden.
Scorewert – Safe Consumer Score
heißt soviel wie die Bewertung zur Sicherheit der Leistung. Dabei handelt es
sich um eine Prognose um das künftige
Zahlungsverhalten aus in der Vergangenheit gespeicherten Erfahrungen. Der Scorewert beschreibt immer nur ein allgemeines Zahlungsausfallrisiko. Sie stellen
keine Bewertung der Bonität
(Zahlungsfähigkeit) oder die Zahlungs-
nur Personendaten und Negativdaten
gespeichert, also eine ziemlich einseitige
Betrachtung, um eine entscheidende
Aussage über ein Verhalten in der Zukunft zu treffen. Bei dieser Fallkonstellation genügt ein negativer Fehleintrag, um
als Nichtsolvent und Kreditunwürdig zu
gelten. Solche Fälle sind häufiger als
gedacht.
Im konkreten Beispiel geht es um ein
Mahnverfahren einer Anwaltskanzlei,
die sich auf Zwangsvollstreckungen spezialisiert. Einen von vielen Unternehmen
der Inkasso-Dienstleistungs-Branche.
Dieser Vollstrecker einer Heidelberger
Rechtskanzlei beauftragt von den größten deutschen Telekommunikationsunternehmen hat die Informationen über
die Inkassoforderung an den Datensammler Acumio weitergeleitet. Die
besagte Forderung stammt aus dem Jahr
2001. Seit 2005 verschickt die Inkassokanzlei einmal jährlich Mahnungen mit
Androhungen unter Beilage eines Überweisungsformulars. Der Forderungsbetrag wächst von Jahr zu Jahr. Auf Rückschreiben des angeblichen Schuldners,
die aufgestellte Forderung mit gewöhnlichen Nachweise näher zu begründen,
erfolgt von der Kanzlei keine Antwort.
Grundsätzlich gilt: ist eine behauptete
30
Tr§tzdem 11/2010
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RECHT & SOZIALES §
werden. Der Verbraucher erhält nichts
grundlos, empfiehlt es sich, darauf nicht
und zugestellte Forderung nicht zuzuordmehr auf Kredit sondern muss den mozu reagieren. Steht dagegen eine substannen, so kann der Betroffene eine Einsicht
näteren Gegenwert direkt bei Empfang
tiell begründete Zwangsvollstreckung an
in die Forderungsunterlagen verlangen.
der Ware entrichten.
sollte man die Mahnungen ernst nehmen,
Als Nachweis der Forderungsgrundlage
Die Richtigkeit der in Auftrag genommeum weiterführende, höhere Kosten und
können jeweils in Kopie der die Fordenen negativen Merkmale wird nicht üGebühren zu vermeiden. Denn in solrungssumme betreffende Vertragsabberprüft.
chen Fällen kann aus zweistelligen Beschluss, der letzte Zahlungseingag mit
Zwei Kunden, die in Wirklichkeit,
trägen sehr schnell die zehnfache Summe
Betragshöhe €/ DM und Datum, Bankgleichermaßen Kreditwürdig sind könwerden und lang anhaltende Nachteile
verbindung, die Anschrift des Vertragsnen in nachhinein wegen Fehler und
gibt es obendrauf gratis dazu. Denn ein
partners (um Verwechselungen bei NaDatenlücken ganz unterschiedlich behannegativer Eintrag bei einer der Auskunfmensgleichheit auszuschließen) angefordelt werden.
teien wird erst ein Jahr nach Begleichung
dert werden. Für die Prüfung der FristDie Datensammler haben
wahrung, die bei Forderunaber bei nachweislich ungen aus Verbraucherverträrichtigen Daten die Pflicht
gen drei Jahre beträgt ist
zu Berichtigung, Löschung
das Datum der Fälligkeit
oder Sperrung, sofern ihre
der Zahlung der erste
Richtigkeit von verantwortMahnbescheid, der den
licher Stelle (Auftraggeber)
anerkannten gerichtlichen
nicht bewiesen werden kann.
Titel (Vollstreckungstitel)
Wird die Richtigkeit der
trägt maßgeblich..
Daten vom Betroffenen
Bei Begehren der Einbestritten sind diese gemäß §
sicht von Forderungsnach35 Abs. 3 BDSG zu sperren
weisen, empfiehlt sich eine
für die Dauer der Klärung.
vier bis achtwöchige FristDie Tatsache einer Sperrung
setzung. Erfolgt darauf keivon Daten darf an auskunftne Reaktion, schafft man
suchenden Kunden nicht
sich Abhilfe mit einem Erübermittelt werden. Persoinnerungsschreiben und
nenbezogene Daten dürfen
einer Androhung einer
auch nicht verarbeitet oder
Strafanzeige wegen verbenutzt werden solange der
suchten Betruges. Diese
Ein ConCheck von beispielsweise 1,7 sagt aus dass die WahrscheinBetroffene der Verarbeitung
radikale Maßnahme ist
lichkeit, mit der ein Kunde seine Zahlungsverpflichtung erfüllt, bei 97
bei der verantwortlichen
durchaus begründet und hat
% liegt. Als zusätzliche Entscheidungshilfe wird die ConCheck Bewertung nach folgenden Risikoklassen klassifiziert:
seinen Sinn in Zeiten von
Stelle widerspricht. Auf
steigender InkassoVerlangen des Betroffenen
1,0 bis 1,2
Sehr niedriges Risiko
Piraterie. Nutzt auch das
ist gemäß § 35 Abs. 6 den
1,3 bis 1,8
Niedriges Risiko
nichts, dann ist die Inkassozweifelhaften Daten die
1,9 bis 2,6
Durchschnittliches Risiko
stelle nicht nur nachlässig,
nicht gesperrt werden könsondern auch unseriös mit
nen, für die Dauer der Spei2,7 bis 2,9
Mittleres Risiko
einer Neigung ins Kriminelcherung seine Gegendarstelle. Bei so einem Verdacht
lung beizufügen.
der Schuldforderung gelöscht. Bei einer
ist es das Ziel, die Plage der Mahnungen
Die Dauer der Speicherung von erleErledigung durch Vergleich findet die
und Androhungen stoppen und die unzudigten oder abbezahlten NegativeinträLöschung zwei Jahre nach letztem Zahtreffenden Einträge bei den Auskunfteien
gen im Gesetz geregelt
lungseingang statt.
anschließend beseitigen.
Dabei sind die Fristen für eine endgültiDer Scorewert wird nur gebildet
Die Inkassobranche betätigt sich oft in
ge Löschung laut Angaben der Auskunfwenn keine Negativdaten vorliegen. Mit
einem grauen Gesetzesbereich mit zahlteien meist kürzer als die im Gesetz benegativen Informationen werden die
reichen Kann-Bestimmungen und Ausstimmten Zeiträume.
Datensammler um Teil von Auftragebern
nahmen, der überwiegend von angehenDie Aufmerksamkeit und Sorgfaltsversorgt. Es wird also der Auftrag erteilt,
den Anwälten oder andren Rechtverdrepflicht gegenüber den betroffenen
eine Eintragung aus Gläubigermahnunhern beackert wird. Bei diesen Methoden
Verbrauchern mit deren Datensätzen
gen, laufenden oder betriebenen Inkassohandelt es sich eben um Inkassogehandelt und Geld verdient wird ist
mahnverfahren und Insolvenzverfahren
Piraterie.
mehr als steigerungsfähig. Es scheint gar
zu der betreffenden Person zu speichern.
Oft verlaufen schriftliche oder fernso, als sob sich die Datensammler der
Bei diesen „Bonitäts-Informationen“
mündliche Bemühungen zur Klärung
Brisanz ihrer Scorebewertungen und
handelt es sich um konkret vorliegende
eines Sachverhalts im Sande (lange Warderen möglichen Folgen bei untranspaZahlungsstörungen. Ziel ist es, frühzeitig
teschleifen). Antworten auf schriftliche
renten Dateninhalten nicht bewusst seirisikobehaftete Geschäftsbeziehungen
Korrespondenz gibt es keine. Es komen.
auszuweisen und zum Schutz der andemen nur Androhungen von ZwangsDie Dateneigentümer haben nicht
ren Geschäftsleute erkennbar zu machen.
vollsterteckungsmaßnahmen und die
mehr die Besitzgewalt und das BestimDie gewöhnlichen Geschäftspraktidamit verbundenen steigenden Kosten
mungsrecht über den Umgang mit eigeken können bei unsicheren Kunden auf
per Serienbrief regelmäßig ins Haus.
nen Daten weil diese durch eigene Nachrisikoarme Bezahlverfahren abgestellt
Sind die behaupteten Forderungen
lässigkeit bei Vertragsabschlüssen zu
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Tr§tzdem 11/2010
31
§ RECHT & SOZIALES
Verarbeitung freigegeben wurde. Der
Verbraucher hat ein aktives Widerspruchsrecht auf personenbezogene
Datenverarbeitung, wovon er keinen
Gebrauch macht. Nach der Weitergabe
von Personendaten an Datensammler
werden auch die Löschfristen nach Ablauf von Verträgen nicht eingehalten,
die Daten von Bürgern (Verbrauchern)
werden zur Handelswahre und damit
die Individuen selber zu bewertbaren
Objekten.
Es entsteht eine Dreiecksbeziehung
aus Kunden von Auskunfteien, die
meistens Geschäftleute sind, die auf
Bonitätsauskünfte vertrauen! Datensammler sind Profiteuere der von ihnen
als Handelsobjekt angebotenen Personendaten. Dabei unterstützen die Auskunfteien alle risikoorientierten Entscheidungen entlang der Geschäftsbeziehung z.B. durch die Bereitstellung
von für die Zukunft errechneten Bonitätsdaten.
Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen über die Art und Umfang der
Offenlegung, die Dauer der Speicherung, Nutzung, Auswertung und Weitergabe sind den Auskunfteien bewusst
aber lästig. Die Auskunfteien informieren die Dateneigentümer nur oberflächig über ihre möglichen Rechte und
unzureichend über den Datenbestand.
Für die Einhaltung und Umsetzung
muss de Betroffene meistens selber
sorgen. Bei existenziellen Aspekten ist
Vertrauen gut aber die Kontrolle ist
besser.
Eine vollständige Automatisierung
der Datenpflege existiert bei den Auskunfteien nicht,. Das erklärt die prozentual hohe Fehlerquote bei den Datensätzen. Im konkreten Fall wurde die Person bei Schufa, Bürgel, Deltavista nicht
identifiziert wegen veralteter Meldeanschriften.
Dabei lag der Wohnortwechsel mehr
als zwei Jahre zurück. Wahrscheinlich
erfolgt die Aktualisierung von Personendaten erst bei Anfragen von Kunden
oder Mitteilung von Negativdaten im
Rahmen der Auftragsvergabe zur Veröffentlichung.
Es ist ein Unterschied ob sie einer
geringwertigen Zahlungsverpflichtung
nicht nachgekommen sind, oder mehrere Verträge gegenüber ihren Gläubigern
nicht erfüllt hatten. Auf die Häufigkeit
und die Höhe der Schuldbeträge kommt
es also nicht an. Wer auch nur einen
Eintrag hat, ist gleich kredittunwürdig,
und damit für ein Scoreverfahren nicht
geeignet.
Text: Niklas B.
32
Tr§tzdem 11/2010
Predigt und Auslegung nach der Lesung
„Vom reichen Mann und Lazarus“
Die geistige Armut.
Die Geschichte handelt von der Armut des kranken und obdachlosen Lazarus. Aber sie handelt auch von der Armut
des reichen Mannes. Arm und reich
gleichzeitig. Ist es ein Widerspruch?
Reich ist der Reiche an Moneten und
gleichzeitig geistig arm.
Geistig arm sind die, die ihre Sünden
vor Gott und den Menschen nicht erkennen wollen, die sich und andere ins Unglück bringen oder im Unglück lassen.
Nach dem Tod musste der Reiche
Arbeit in den Anstaltsbetrieben als „ein
Euro Jober“. Wofür sind die zahlreichen
Opfer gut?
„Arm ist nicht wer wenig hat, sondern wer viel braucht“.
Wir alle sind sterblich und wir werden die gehorteten weltlichen Reichtümer nach dem Tod nicht mehr brauchen.
Denn aus Asche sind wir gemacht und zu
Asche werden wir. Habsucht, Habgier
und Geiz sind Sünden.
Dem reichen mit Sünden beladenen
Mann fehlt die Empathie. Er ist zu träge
seine Reichtümer zurück lassen und kam
in die Unterwelt, also in die Hölle. Doch
warum ist er in der Hölle gelandet und
nicht im Schoß von Abraham wie der
Lazarus?
Über ihn wurde geurteilt nach seinem
Vorleben. Er war reich, hatte diesen
Reichtum angehäuft und dabei den Geiz
entwickelt. Reich ist jemand, wenn er
ersichtlich von allem zu viel besitzt und
nichts Gutes damit anzufangen weiß. Die
Voraussetzung und der Grund dafür sind
die Habsucht und Habgier.
Welche Gründe sind es, die einen zu
gesetzeswidrigen Handlungen verleiten.
Das Ziel ist offensichtlich meistens das
schnelle, leichte Geld. Der Preis für diese Art Habsucht ist sehr hoch. Für den
Lebenswandel mit Phasen der Inhaftierung haben wir uns selbst entschieden.
Für die Isolation, für die Vernachlässigung von Frauen und Kindern, für die
Verletzung unserer Intimsphäre, für die
und egoistisch, um vor die Tür zu blicken. Er ignoriert sein Umfeld und auch
seine Mitmenschen. Er verhält sich asozial und fühlt sich unabhängig. Der Reiche wollte nicht einmal den täglichen
Überschuss, die Reste vom Tisch dem
armen Lazarus gönnen. Er beachtete das
Elend von Lazarus nicht wegen ihrer
Standesunterschiede. Der Reiche war
eitel. Sein Hochmut machte ihn blind.
Hochmut ist auch eine Sünde.
Erst als er in eine Leidenssituation
kommt, bemerkt er den Lazarus, weil es
diesem jetzt vergleichsweise besser geht
und stellt sogar eine Erwartungshaltung
an ihn, indem er Abraham bittet den Lazarus zu ihm zu schicken. Durch diese
arrogante Art unterstreicht er seinen
Hochmut. Erst als der Reiche eine begründete Ablehnung bekommt, wird ihm
seine falsche weltliche Lebensweise bewusst. Er entwickelt sogar Empathie.
Das Einfühlungsvermögen für das zuwww.jva-oldenburg.de
RECHT & SOZIALES §
künftige Leid seiner fünf Brüder, die ein
ähnliches Leben in Blindheit und Bequemlichkeit führen. In erster Linie sind
sie durch ihre geistige Armut mit ihm
verwandt. Abraham verweist ihn aber
auf den, jedem Menschen gegebenen
gesunden Verstand. Auf die Fähigkeit
zur selbstkritischen Betrachtung und
richtigen Selbsteinschätzung, die Fähigkeit zum logischen Denken.
All unser blindes übermäßiges Verlangen ist körperlicher Art. Es ist die
Gier des Körpers nach exzessiven Erlebnissen bei einem schwachen Geist.
Auch die Völlerei ist eine Sünde.
Fresssucht, Alkoholsucht, Spielsucht,
Drogensucht, Nikotinsucht sind keine
Krankheiten, sondern Schwächen. Wir
machen uns selbst zu Sklaven unserer
Begierden. Diese selbst erzeugten Leiden
werden verursacht durch geistige Armut.
Das ist meine eigene Meinung und diese
vertrete ich argumentativ.
„Arm ist nicht wer wenig hat, sondern wer viel braucht.“
Jeder Mensch hat die Wahl. Und
auch wer im Überfluss lebt, kann arm
sein. Selbstverschuldet, geistig arm.
Arm an Bildung: „Wissen ist Macht“,
das ist eine Tatsache. Wir leben hier im
Luxus. Unser Luxus ist das Übermaß an
Freizeit. Die Freizeit richtig zu nutzen ist
eine Sache der richtigen Einsicht und
Einstellung. Die Zeit ist aber auch nicht
unendlich. Bevor man Zeit vergeudet mit
Karten- oder Computerspielen, mit TVShows oder Zappen durch die Unterhaltungsmedien, mit immer gleichen sinnlosen Gesprächen auf der Basis von glorreichen Legenden auf der Station; und
noch schlimmer am Fenstergitter oder
mit stundenlangem Gedröhne aus den
Musikboxen, sollte man sich der Erweiterung eigener geistiger Fähigkeiten widmen, dem Erwerb von Wissen.
Arm an Bescheidenheit. Bescheidenheit ist eine Tugend. Der Gegensatz von
Maßlosigkeit. Wie tugendhaft ist jemand, der kaum im Strafanstalt angekommen, nach sozialen Leistungen aller
Art verlangt. Warum hatte derjenige
nicht selbst für die Notzeiten vorgesorgt.
Aus naiver Überzeugung, dass er nie
erwischt und belangt werden wird. Viele
kommen hier an mit einer Fülle von Erwartungen wie Taschengeld, Sozialfernseher, Sozialradio, Sozialtabak. Sozial
heißt hier auf Kosten der Gemeinschaft.
Doch mit welchem Recht? Was hat man
der Gemeinschaft vorher gegeben?
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Nichts! Eher genommen oder gestohlen.
Viele erinnern sich gleich an die Pastoren, wobei sie die Kirche und den Glauben nie im Sinn hatten und sogar uncool
und lächerlich fanden. Hier erwarten sie
aber von den Seelsorgern Tabak, Feuerzeug und Kaffe. Wo nichts hingegeben,
kann auch nichts genommen werden. Die
Kirche ist in erster Linie für den Seelenheil zuständig und nicht für die Erfüllung
von körperlichen Begierden. Die Kirche
ist auch keine Almosenstelle für die,
denen es am wichtigsten zum Wohlbefinden nicht fehlt. „Wem genug zu wenig
ist, dem ist nichts genug“.
Arm an Verantwortung für seine Mitmenschen: Können wir sicherstellen,
dass die Folgen unserer Taten nur uns
und nicht auch unsere Angehörigen treffen? Nein, das können wir nicht. Wir
verlieren die Kontrolle und werden
fremdbestimmt. Viel schlimmer ist es
aber die nahen Menschen an den eigenen
üblen Taten zu beteiligen. Ist es den kein
Armutszeugnis wenn jemand die Erwartung an seine Frau oder Schwester stellt
ihm Drogen in den Knast zu schmuggeln? Wenn erwachsene Männer ihre
Frauen finanziell ausnehmen um den
neuesten Sportanzug oder einen Flachbildfernseher zu besitzen. Wenn modische Extravaganzen auf Kosten von in
Armut lebenden Kindern erfüllt werden.
Wenn man die eigene Familie in Abhängigkeit von Sozialleistungen gebracht hat
und dieses Existenzminimum für eigene
Begierden schmälert.
Die geistige Armut sähet reichlich
Unglück. Wer dafür blind bleibt und
fleißig weiter sähet wird reichlich davon
ernten. Verspieltes Glück ist selbstverschuldetes Unglück.
Die finanzielle Armut
Wenn wir über Armut reden, sollten
wir uns öfters fragen, wie es unseren
Familien draußen geht und wie die klar
kommen. Ich persönlich denke, dass es
uns doch ganz gut geht, hier in Oldenburg. Wir bekommen hier das rundum
Sorglospaket. Meine Familie muss augrund meiner Inhaftierung jetzt von Harz
IV leben und ich weiß, dass es ihnen viel
schlechter geht als sie mir das sagen;
damit ich mir keine Sorgen und Vorwürfe mache. Wo kommt den das
Geld her für die Fahrkarten,
wenn sie mich hier jede Woche
besuchen, oder mir Geld einzahlen, für den Zusatzeinkauf,
oder ich wieder mal neue
Klamotten haben möchte.
Dass müssen sie anderswo
einsparen, dass heißt sie ver-
zichten für mich auf etwas obwohl ich
doch Schuld an der Situation bin.
Das sollten wir alle einmal überdenken, wenn wir von unseren Familien
wieder einmal etwas verlangen oder erwarten.
Meine Kinder z.B. gehen in einen
Sportverein, was jeden Monat 15 € kostet. Ich kann hier jeden Tag zum Sport
gehen, ohne etwas dafür zu bezahlen. Ist
das selbstverständlich?
Vor ein paar Wochen wollten meine
Kinder ins Kino. Meine Frau sagte:
“Dass geht diesen Monat nicht“. Wir
sehen hier jedes Wochenende drei aktuelle Filme ohne etwas dafür zu zahlen.
Ist das gerecht?
Wir bekommen hier täglich dreimal
etwas zu essen. Immer wieder wird kommentiert: „Wie, schon wieder das gleiche“ oder „so etwas esse ich nicht“.
Manche Frauen und Kinder währen sehr
glücklich darüber, wenn sie nicht einmal
„Wem genug zu wenig ist, dem ist
nichts genug.“
die Woche zur Tafel gehen müssten, um
für Essen anstehen. Habt ihr auch mal
überlegt wie erniedrigend so etwas für
eure Familie ist.
Meine Tochter kommt mit der Situation nicht klar; dass ihr Papa nicht mehr
für sie da ist. Meine Frau ging mit ihr
zum Doktor und fragte, ob es nicht möglich wäre, dass meine Tochter Gespräche
mit einem Kinderpsychologen führen
könnte. Der sagte: „Sicher ist das möglich, aber die Krankenkasse zahlt das
nicht. Und so muss meine Tochter allein
damit klar kommen, dass ihr Papa nicht
mehr für sie da sein kann. Ist das gerecht?
Das was uns hier fehlt ist die Freiheit,
aber daran sind wir selbst schuld. Ich
möchte euch bitten, jedes Mal wenn ihr
hier sagt „das wäre mir lieber“, zuerst
einmal darüber nachzudenken wie es
eurer Familie geht.
Text: Frau Pastorin Menz, Manfred V.,
Niklas B.
Tr§tzdem 11/2010
33
§ RECHT & SOZIALES
Woran erkennt man einen Psychopathen?
In Deutschland leben rund einen Million Psychopathen, haben neue Studien ergeben. Manche von ihnen arbeiten unerkannt in hohen Führungspositionen. Und sie sind gefährlich. Wie kann man sich vor ihnen schützen?
P
ort Coquitlam ist ein verträumtes
Städtchen an der Westküste Kanadas. Die Autofahrt von der Olympia-Stadt Vancouver dorthin dauert keine
45 Minuten. Einige Gäste führt der Weg
direkt in die Dominion Avenue 953.
Dort liegt auf dem Gelände einer
Schweinefarm „Piggy‘s Palace“ - eine
der wildesten Feten-Locations in ganz
British Columbia. Der Besitzer Robert
Pickton gilt als umsichtiger Gastgeber.
Psychopathen haben kein Gewissen. Sie empfinden keine Reue
und kein Mitgefühl.
Musik, Frauen, Drogen - bei ihm gibt es
alles, was man für eine tüchtige Orgie
benötigt. Legendär sind auch die Berge
von Fleisch, die Robert auf seinem Party-Grill zu brutzeln pflegt.
Dass es sich dabei wohl nicht nur um
Schweinefleisch handelt, entdeckt die
Polizei nur durch einen Zufall. Im Erdreich des Grundstücks finden die Ermittler die Überreste von mehr als 30 Frauen. Sie alle sind in Vancouver als vermisst gemeldet. Robert Pickton, so steht
es In den Polizeiakten, hat die Frauen
offenbar auf seine Farm gelockt, getötet,
34
Tr§tzdem 11/2010
zerstückelt und an seine Schweine verfüttert. Und vermutlich auch an seine
Gäste. Die Presse bezeichnet Pickton als
den „schlimmsten Serienmörder“ in der
Geschichte Kanadas. Das Gericht hat ihn
inzwischen zu lebenslanger Haft verurteilt. Derweil veröffentlicht die Polizei
immer neue Namen von Frauen, deren
DNA-Spuren aus den Schlachtabfällen
auf Picktons Horror-Grundstück identifiziert werden konnten. Die aktuellsten
Funde stammen vom Oktober 2009. Bis
heute rätselt die kanadische Öffentlichkeit: Was ist das für ein Mensch, der zu
solchen Taten fähig ist?
Der amerikanische Bauer Robert Pickton hat
mehr als 30 Frauen an seine Schweine verfüttert - und an seine Partygäste.
Es erscheint wie eine makabere Laune des Schicksals, dass der kundigste
Experte für derlei Fragen in unmittelbarer Nachbarschaft der Vancouver-Morde
lebt. Robert D. Hare ist ein zierlicher
Mann mit wachen Augen. Seine Worte
formt er ruhig und gelassen, ein sorgsam
gestutzter grauer Bart rahmt sein schmales Gesicht. Er könnte Pastor sein oder
der gütige Leiter eines humanistischen
Gymnasiums. Tatsächlich ist der emeri-
Keine andere Persönlichkeitsstörung richtet einen ähnlich verheerenden Schaden an wie die
Psychopathie.
tierte Professor der University of British
Columbia jedoch der renommierteste
Psychopathen-Jäger der Welt. Was Robert Hare antreibt, ist mehr als Neugier.
Es ist ein Verantwortungsgefühl gegenüber der Menschheit. Denn keine andere
Persönlichkeitsstörung richtet einen ähnlich verheerenden Schaden an wie die
Psychopathie. „Psychopathen bringen
Unglück und Zerstörung über die Menschen in ihrem Umfeld“, erklärt Hare.
„Deshalb ist es so wichtig, sie erkennen
und ihnen begegnen zu können.“
www.jva-oldenburg.de
OKTOBER 2011
NOVEMBER 2011
DEZEMBER 2011
1 S
1 D Allerheiligen
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2 M
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3 M Tag der Dt. Einheit
3 D
3 S
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5 S
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6 D Nikolaus
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8 S
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11 S 3. Advent
12 M
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13 S
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14 F
14 M
14 M
15 S
15 D
15 D
16 S
16 M Buß– und Bettag
16 F
17 M
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17 S
18 D
18 F
19 M
19 S
19 M
20 S Totensonntag
20 D
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21 M
21 M
22 S
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22 D Winteranfang
23 S
23 M
23 F
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25 D
25 F
25 S 1. Weihnachtstag
26 M
26 S
26 M 2. Weihnachtstag
27 S 1. Advent
27 D
28 F
28 M
28 M
29 S
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29 D
30 S Ende der Sommerzeit
30 M
30 F
6 D
13 D
20 D
27 D
4 S 2. Advent
10 S
18 S 4. Advent
24 S Heilig Abend
31 S Silvester
31 M
20 Arbeitstage
21 Arbeitstage
21 Arbeitstage
Hauptanstalt:
Redaktion:
Spendenkonto:
Justizvollzugsanstalt Oldenburg
Cloppenburger Straße 400
26133 Oldenburg
Redaktion Tr§tzdem
Postfach 3080
26020 Oldenburg
JVA Oldenburg wg. Trotzdem
Konto-Nummer: 106 024 813
BLZ 250 500 00 NordLB Hannover
Den Zivilisationsgrad einer Gesellschaft,
erkennt man am Zustand ihrer Gefangenen.
F. M. Dostojewski
JANUAR 2011
FEBRRUAR 2011
MÄRZ 2011
1 S Neujahr
1 D
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2 S
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3 M
3 D
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5 S
5 S
6 D Hl. Drei Könige
6 S
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7 M Rosenmontag
8 S
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8 D Fastnacht
9 S
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9 M Aschermittwoch
10 M
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14 M Valentinstag
14 M
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15 D
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16 M
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18 F
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19 M
19 S
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20 S
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21 M Frühlingsanfang
22 S
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24 D
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27 S Sommerzeit Anfang
28 M
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31 M
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20 Arbeitstage
17 D
29 S
20 Arbeitstage
23 Arbeitstage
APRIL 2011
MAI 2011
JUNI 2011
1 F
1 S Maifeiertag
1 M
2 S
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2 D Chr. Himmelfahrt
3 S
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3 F
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5 D
5 D
5 S Tag der Umwelt
6 F
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8 S Muttertag
8 M
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10 S
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10 F
11 M
11 M
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12 D
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13 M Pfingstmontag
14 S
14 D
15 F
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15 M
16 S
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17 S Palmsonntag
17 D
17 F
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18 M
18 S
19 D
19 D
6 M
14 D
21 D Gründonnerstag
21 S
21 D Sommeranfang
22 F Karfreitag
22 S
22 M
23 S Karsamstag
23 M
23 D Fronleichnam
24 S Ostersonntag
24 D
24 F
25 M Ostermontag
25 M
25 S
26 D
26 D
27 M
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27 M Siebenschläfer
28 S
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29 S
29 M
30 S
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30 D
28 D
19 S
20 M
12 S Pfingstsonntag
20 F
20 M
26 S
31 D
19 Arbeitstage
20 Arbeitstage
22 Arbeitstage
Hauptanstalt:
Redaktion:
Spendenkonto:
Justizvollzugsanstalt Oldenburg
Cloppenburger Straße 400
26133 Oldenburg
Redaktion Tr§tzdem
Postfach 3080
26020 Oldenburg
JVA Oldenburg wg. Trotzdem
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BLZ 250 500 00 NordLB Hannover
Den Zivilisationsgrad einer Gesellschaft,
erkennt man am Zustand ihrer Gefangenen.
F. M. Dostojewski
JULI 2011
AUGUST 2011
SEPTEMBER 2011
1 F
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15 M Mariä Himmelfahrt
15 D
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17 S
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17 S
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19 F
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20 S
20 D
21 S
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22 F
22 M
22 D
23 S
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23 F Herbstanfang
24 S
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24 S
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26 D
26 F
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27 M
27 S
27 D
28 S
28 M
29 F
29 M
29 D
30 S
30 D
30 F
31 S
31 M
7 D
14 D
21 D
28 D
21 Arbeitstage
23 Arbeitstage
4 S
11 S
18 S
25 S
22 Arbeitstage
RECHT & SOZIALES §
Doch was genau macht einen Menschen zum Psychopathen? Und woran
kann man ihn erkennen? Lange Zeit haben die Wissenschaftler auf diese Fragen
keine eindeutige Antwort gefunden. Im
„Diagnostischen und Statistischen Handbuch Psychischer Störungen“, der Bibel
aller Psychiater, sucht man den Begriff
»Psychopath« bis heute vergeblich. Erst
die Arbeiten von Robert Hare haben
Klarheit in die verworrene Diskussion
gebracht. Ein von ihm entwickelter Test,
die sogenannte PCL (Psychopathy
Checklist), (siehe Kasten nächste Seite),
benennt eine Reihe von Persönlichkeitsmerkmalen, die nach Meinung der Fachleute dem perfekten Psychopathen zu
eigen sind. Wer mehr als 75 Prozent
dieser Merkmale erfüllt, gilt offiziell als
Psychopath. Die meisten Experten halten
Psychopathie für angeboren. Und für
unheilbar. Einmal Psychopath, immer
Psychopath - dieser These folgen heute
auch einige Gerichte in den USA. Längst
lassen sie ihre Angeklagten mit Robert
Hares PCL untersuchen. Ein hoher Score
Foltermörder:
Familienvater
Dennis Rader
Diese Maske der Normalität ist es, die
Psychopathen so gefährlich macht. Wie
im Fall Dennis Rader: Nach außen führt
der Amerikaner das Leben eines fürsorglichen Familienvaters. Er arbeitet für die
Stadtverwaltung, engagiert sich in der
Kirchengemeinde und leitet eine Pfadfindergruppe. Niemand ahnt, dass Rader für
eine Serie grausamer Foltermorde verantwortlich ist. „Wie viele muss ich noch
umbringen, damit ich meinen Namen
endlich in der Zeitung lese?“, fragt er
höhnisch in einem anonymen Brief an
die Presse. 30 Jahre lang mordet sich
Rader durch die Vororte von Wichita im
US-Bundesstaat Kansas. Erst eine DNAProbe bringt die Ermitt1er auf die richtige Spur. Die Richter verurteilen Rader
zu 175 Jahren Haft - ohne Chance auf
Entlassung.
„Nirgendwo finden wir eine so hohe
Dichte an Psychopathen wie in den
Hochsicherheitstrakten unserer Gefängnisse“, sagt Hare. Mindestens ein Drittel
der Menschen dort sind Psychopathen
wie Dennis Rader. Geschätzte 5o Pro-
Psychopathen sind charmant wie George Clooney,
verlogen wie Pinocchio, betrügerisch wie Bernard Madoff,
selbstherrlich wie Josef Stalin,
aufbrausend wie Adolf Hitler
und sexuell untreu wie Giacomo Casanova.
hat in Amerika schon eine Reihe von
Verbrechern direkt auf den elektrischen
Stuhl gebracht.
Hares berühmte Liste zeichnet ein
wahrhaft wahnwitziges Bild: Psychopathen sind demnach charmant wie George
Clooney, verlogen wie Pinocchio, betrügerisch wie Bernard Madoff, selbstherrlich wie Josef Stalin, aufbrausend wie
Adolf Hitler und sexuell untreu wie Giacomo Casanova. Sie übernehmen niemals Verantwortung für das, was sie tun.
Und der vermutlich entscheidende
Punkt: Sie sind nicht dazu in der Lage,
Reue oder Mitgefühl mit anderen Menschen zu empfinden. Sie haben buchstäblich kein Gewissen. Robert Hare hat den
typischen Psychopathen als »Raubtier in
Menschengestalt« bezeichnet.
„Meist wirkt der typische Psychopath
sehr angenehm und hinterlässt einen
positiven Eindruck, wenn man ihm zum
ersten Mal begegnet“, schreibt der USForscher Hervey Cleckley in seinem
Standardwerk „The Mask of Sanity“.
www.jva-oldenburg.de
„Die Kettensäge“:
Topmanager
Albert Dunloap
zent aller schweren Gewaltverbrechen
gehen auf ihr Konto. Das Klischee vom
ultra-brutalen, mitleidlosen Serienkiller
ist also keine Erfindung Hollywoods,
sondern traurige Realität. Psychopathen
töten aus nichtigen Anlässen, mit völlig
entspanntem Pulsschlag, ohne zu zögern.
Das ist jedoch nur ein Teil der Geschichte. Denn die meisten Psychopathen sitzen nicht im Gefängnis, sondern führen
ein freies und unerkanntes Leben. Experten schätzen ihre Zahl in Deutschland
auf knapp eine Million. „Die Chance,
dass Sie in Ihrem Leben schon einmal
mit einem Psychopathen zu tun hatten,
liegt bei genau 100 Prozent“, sagt der
Tübinger Hirnforscher Niels Birbaumer.
Doch wo kann man ihnen begegnen?
„Einige von ihnen arbeiten in den allerhöchsten Positionen der Geschäftswelt“,
antwortet Birbaumer. „Hier finden sie
alles, was sie interessiert: Geld, Macht,
Kontrolle über andere Menschen. Man
trifft sie in der Politik, im Gesundheitswesen, den Medien - intelligente PsychoTr§tzdem 11/2010
39
§ RECHT & SOZIALES
pathen sind häufig sehr erfolgreiche
Menschen.“ Mit anderen Worten: Ihr
Boss könnte ein Psychopath sein. Oder
der Boss von Ihrem Boss.
Aber was genau unterscheidet erfolgreiche Psychopathen von jenen, die in
ihrer Zelle der Todesspritze entgegendämmern? „Der entscheidende Unterschied ist der Faktor Intelligenz“, erklärt
Birbaumer. Mit anderen Worten: Der
psychopathische Chef ist nicht weniger
gewissenlos, manipulativ oder kalt als
ein durchgeknallter Serienkiller, jedoch
zu schlau, um sich in allzu große Gefahr
zu begeben - oder sich erwischen zu lassen. Keine besonders beruhigende Diagnose. Wer unter einem psychopathischen
Chef arbeitet, wird immer unter ihm leiden, von ihm manipuliert und gedemütigt werden. Und fassungslos dabei zusehen, wie der Peiniger von einem Erfolg
zum nächsten eilt.
Der Schnelltest: Ist mein Gegenüber ein Psychopath?
Experten halten es fast für unmöglich, einen Psychopathen ohne spezielle Ausbildung zweifelsfrei erkennen zu können. Dennoch liefert dieser Schnelltest ein paar erste Hinweise. Sicher: Jede der genannten Verhaltensweisen lässt sich gelegentlich auch bei ganz normalen
Menschen beobachten. Wenn sie in Bezug auf ihr Gegenüber jede oder fast jede der folgenden
Fragen mit Ja beantworten können, dann sollten sie sich ernsthaft überlegen sich von dieser
Person fernzuhalten.
1
Ist er auf oberflächlicher Art charmant und ein guter Redner?
2
Hat er ein überhöhtes Bild von sich selbst?
3
Ist er ein Meister darin, andere zu manipulieren?
4
Ist er ein krankhafter Lügner?
5
Ist er unfähig, tiefe Gefühle zu empfinden?
6
Ist er unfähig, Reue zu empfinden?
7
Fehlt ihm die Fähigkeit, sich in andere Menschen einzufühlen?
8
Übernimmt er nie die Verantwortung für das, was er tut?
9
Ist er schnell gelangweilt und stets auf der Suche nach neuen Kicks?
10 Lebt er gern auf Kosten anderer Leute?
Psychopathen sind nicht dazu in
der Lage, Angst zu empfinden.
11 Verliert er häufig die Selbstbeherrschung?
12 Hat er Sex mit ständig wechselnden Partnern?
13 Fällt es ihm schwer, sich realistische langfristige Ziele zu setzen?
Mit einem rhythmischen Brummen
beginnt der Kernspintomograf am Institut für Medizinische Psychologie und
Verhaltensneurobiologie in Tübingen
seine Arbeit. Schicht für Schicht scannt
die mehr als eine Million Euro teure Maschine das Gehirn eines Probanden. Was
die Forscher wenige Sekunden später auf
ihren Monitoren erblicken, ist eine Sensation: Die Wissenschaftler können
menschliche Angst im Gehirn sichtbar
machen. Wir verbrennen uns die Finger
am Kaminfeuer - unser Gehirn reagiert.
In Zukunft werden unsere Hände die
Flammen meiden. „Negative Konditionierung“ nennen Psychologen diesen
Vorgang - eine der fundamentalsten Formen des Lernens. Birbaumer und sein
Team konnten zeigen, dass dabei mehrere Hirnareale aktiv sind, vor allem die
14 Folgt er in seinen Entscheidungen oft einer kurzfristigen Laune?
15 Ist er als Jugendlicher mit dem Gesetz in Konflikt geraten?
16 Beobachten Sie häufig. Dass er getroffene Vereinbahrungen bricht?
17 Enden seine Beziehungen in der Regel schon nach kurzer Zeit?
Insula, die Amygdala und der orbitofrontale Kortex. Dort feuern unsere Nervenzellen, wenn wir so etwas wie Angst vor
einem bevorstehenden Ereignis empfinden. Birbaumer und seine Kollegen haben jetzt herausgefunden: In vergleichbaren Situationen herrscht im Gehirn von
Psychopathen absolute Funkstille.
„Diese Menschen sind nicht dazu in der
Lage, Angst zu empfinden“, erklärt der
Forscher.
Birbaumers bahnbrechende Studie
zeigt zweierlei: zum einen, dass
die Gehirnforschung eine betrugssichere Methode liefert, um
Psychopathen zu entlarven.
„Leider haben wir das Problem,
dass sich die wirklich intelligenten und erfolgreichen Psychopathen niemals freiwillig in einen
Hirnscanner legen werden“, sagt
Birbaumer. Die zweite Konse-
Drei kleine Areale trennen ein gesundes Hirn von dem eines Psychopathen.
40
Tr§tzdem 11/2010
quenz ist wesentlich bedrohlicher: Wenn
Psychopathen keine Angst empfinden,
dann laufen fast alle Sicherungsmaßnahmen des Staates bei ihnen ins Leere.
Keine Strafandrohung wird sie dazu
bringen, ihr Verhalten zu kontrollieren.
Genau hier könnte der Grund dafür liegen, dass Psychopathen nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis etwa dreimal
so häufig rückfällig werden wie andere
Kriminelle. Ihr Gehirn ist einfach nicht
darauf programmiert, aus der erlittenen
Strafe zu lernen. Aber wie sehr sind wir
noch Mensch, wenn wir nicht bereuen
und mitfühlen können, wenn Liebe,
Selbstzweifel und Furcht uns für immer
fremd bleiben werden? Sind Psychopathen so etwas wie eine feindliche Spezies
im Menschengewand? Fest steht: Viele
Experten weigern sich inzwischen, Psychopathie lediglich als eine Persönlichkeitsstörung unter vielen zu betrachten.
Denn Psychopathen leiden nicht an ihrem Zustand. Was ist schon schlimm
daran, nie von einem schlechten Gewissen geplagt zu werden? Keinen Ängsten
ausgesetzt zu sein? Nicht zu leiden,
wenn es anderen schlecht geht? Im Gewww.jva-oldenburg.de
RECHT & SOZIALES §
genteil: In einer ganzen Reihe von Situationen sind Psychopathen gesunden
Menschen deutlich überlegen. Sie werden etwa im Krieg schneller und bereitwilliger töten als andere Soldaten. Wissenschaftler konnten zeigen, dass während des Jugoslawienkriegs ganz gezielt
junge männliche Psychopathen für die
Söldnerheere angeworben wurden. Dieser Krieg gilt heute als einer der brutalsten und erbarmungslosesten der vergangenen Jahrzehnte. „Bekäme ich meine
Probanden nicht kostenlos aus dem Gefängnis, würde ich mich einfach an der
Börse umsehen“, scherzt Robert Hare.
Tatsächlich sehen viele Experten in der
In einer ganzen Reihe von Situationen sind Psychopathen gesunden
Menschen deutlich überlegen.
gegenwärtigen Wirtschaftskrise weniger
die Folgen allzumenschlicher »Gier«
einzelner Banker, sondern vielmehr das
skrupellose Wirken psychopathischer
Manager. Das Schlimme daran: Die chaotischen Prozesse der Globalisierung,
erst recht die gegenwärtige Krise haben
das Business in ein noch günstigeres
Biotop für Psychopathen verwandelt.
Denn je schneller und radikaler sich die
Welt verändert, desto besser werden sie
sich darin zurechtfinden. „Psychopathen
lieben den schnellen Wandel“, verrät der
Psychologe Paul Babiak. „Was andere
Menschen verängstigt, gibt ihnen den
entscheidenden Kick.“
Eine gewagte These? Nicht unbedingt, wie die beiden britischen Psychologinnen Belinda Board und Katarina
Fritzon gezeigt haben. Sie untersuchten
die Persönlichkeitsmerkmale hochrangiger Manager. Das Ergebnis: Ein hoher
www.jva-oldenburg.de
Anteil der Untersuchten zeigte stark psychopathische Züge. Sie waren selbstsüchtig, oberflächlich charmant, frei von
Mitgefühl, manipulativ und unehrlich.
Dieselben Eigenschaften, die einen Menschen zum Massenmörder machen, lassen ihn in modernen Unternehmen Erfolge feiern.
Was Psychopathen in Nadelstreifen
anrichten können, zeigt das Beispiel des
US-Managers Albert »Die Kettensäge«
Dunlap. Er bedrohte seine Ehefrau mehrfach mit Messern und Handfeuerwaffen,
ließ sie oft tagelang ohne Geld und Lebensmittel zu Hause sitzen. Die Ehe wurde schließlich wegen
„extremer Grausamkeit“ geschieden.
Seine Eltern besuchte er nicht einmal zu
deren Beerdigung. Unter BörsenAnalysten wurde Dunlap zum Star, als er
11000 Mitarbeiter seiner Firma mit einem einzigen emotionslosen Federstrich
feuerte - und den Kurs seiner Aktie damit dramatisch in die Höhe trieb. Dass
hinter den beeindruckenden Zahlen
schmutzige Bilanztricksereien steckten,
bemerkten die Aufsichtsräte erst, als das
Unternehmen bereits kurz vor der Pleite
stand. Dunlap hatte sich zu diesem Zeitpunkt längst aus der Firma verabschiedet. Seine Kollegen haben ihn inzwischen zum »meistgehassten Manager
aller Zeiten« gewählt.
Doch wie kann man sich vor einem
Psychopathen schützen? „Das ist keine
leichte Aufgabe“, erklärt der Psychologe
Paul Babiak. Mit ihrer Risikobereitschaft, ihrer Furchtlosigkeit, ihrer Fähigkeit, schnelle und harte Entscheidungen
zu treffen, wirken Psychopathen wie
geborene Anführer. „Personal-Manager
sollten den Lebenslauf eines jeden Bewerbers sorgsam überprüfen. Psychopathen fallen in der Regel dadurch auf,
dass ihre exzellenten Zeugnisse und
Empfehlungsschreiben gefälscht oder
zumindest stark geschönt sind“, rät Babiak. Auch die Körpersprache kann den
Psychopathen verraten. Psychologen
wissen seit einigen Jahren, dass Gesten
mehr sind als eine harmlose Untermalung unserer Sprache. Offenbar helfen
sie unserem Gehirn auch dabei, die richtigen Worte zu finden. Genau deshalb
gestikulieren wir auch schneller und lebendiger, wenn wir uns in einer Fremdsprache unterhalten. Robert Hare hat nun
herausgefunden: In genau der gleichen
Weise verändert sich plötzlich die Gestik
von Psychopathen, wenn sie über The-
Psychopathen werden nach ihrer
Entlassung aus dem Gefängnis
etwa dreimal so häufig rückfällig
wie andere Kriminelle.
men sprechen, die eigentlich mit Gefühlen verknüpft sein sollten. Erzählen sie
etwa von ihren Eltern, Kindern oder ihrem Partner, klingen ihre Worte zwar
warmherzig und gefühlvoll, doch die
Körpersprache ist dabei so hektisch und
unruhig, als sprächen sie in einer für sie
fremden, mühsam erlernten Sprache.
Nach einem Patentrezept für den
Umgang mit Psychopathen fahnden die
Experten gleichwohl vergeblich. „Halte
dich von ihnen fern“, lautet der schlichte
Rat, den Hare und Babiak in ihrem Buch
»Menschenschinder oder Manager« (Hanser, 24,90 Euro) geben. Kein
besonders ausgefeilter Tipp, wie die Autoren selbst offen zugeben: „Wir sind
uns vollkommen darüber im Klaren, dass
unsere Arbeit gerade erste begonnen
hat.“
Text: Jochen Metzger
Quelle: PM Januar 2010
Tr§tzdem 11/2010
41
§ RECHT & SOZIALES
Wie trifft mein Gehirn die richtigen Entscheidungen?
PSYCHOLOGIE: Was ist wichtiger - das Gesetz zu achten oder seinem Gewissen zu folgen? Was ist verwerflicher - zu stehlen oder zu betrügen? Das Leben stellt uns immer wieder vor schwierige Entscheidungen. Aber
wie handle ich, wenn es keine perfekte Lösung gibt? Und: Wie manipulierbar ist mein Ich wirklich? Mit psychologischen Studien versuchen Forscher zu entschlüsseln, wie wir uns entscheiden und warum.
S
tellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Ein Waggon rast völlig außer Kontrolle auf fünf Gleisarbeiter zu.
Sie selbst stehen an der Weiche und sehen den führerlosen Waggon heranrauschen. Wenn Sie die Weiche umstellen,
können Sie das Leben der fünf Männer retten. Einziger Haken:
Wenn der Waggon aufs andere Gleis abbiegt, überfährt er einen
anderen Gleisarbeiter. Allerdings nur einen Einzigen. Was würden Sie tun? Doch bevor Sie antworten, sollten Sie noch eine
zweite Frage durchdenken. Wieder haben wir es mit dem führerlosen Waggon zu tun, und wieder rast er auf die Weiche und
die fünf Gleisarbeiter zu. Diesmal stehen Sie aber nicht an der
Weiche, sondern auf einer Brücke. Sie suchen nach etwas, das
Sie von oben auf die Bahngleise herunterwerfen können, um
den Waggon aufzuhalten. Das Einzige in Ihrer Nähe, das
schwer genug ist, ist ein großer, dicker Mann, der neben Ihnen
auf der Brücke steht. Das Geländer ist nicht hoch. Alles was Sie
tun müssen, ist, den Mann kräftig von hinten zu schubsen. Sein
Körper würde den heranrasenden Eisenbahnwaggon aufhalten,
die fünf Gleisarbeiter wären gerettet. Würden Sie es tun?
Gibt es ein Zentrum für Moral in unserem Kopf?
Mit diesem und anderen Dilemmata konfrontierte der Psychologe Marc Hauser von der Harvard University in Boston bislang
mehr als 300.000 Versuchsteilnehmer. Er stellte seinen Test ins
Internet und ließ Menschen entscheiden, was sie im Falle des
ungesicherten Waggons tun würden. Doch Hauser fragte nicht
nur Internet-Surfer. Er stellte seine Testfragen in den USA und
in China, und er testete sogar Nomadenvölker. Er fragte Kinder
und Erwachsene, Gläubige und Ungläubige, Frauen und Männer. Das überraschende Ergebnis: Die Antworten waren fast
immer gleich - unabhängig von Religion, Alter, Geschlecht und
Herkunftsland. Fast jeder würde die Weiche umstellen und den
Tod von einem einzigen Mann in Kauf nehmen, um das Leben
von fünf Männern zu retten. Aber: Nur jeder Sechste würde den
dicken Mann von der Brücke schubsen, um das Leben der fünf
Männer zu retten.
Ist das logisch? Eigentlich nicht. Ob ich die Weiche umstelle
oder den Mann von der Brücke stoße - das Ergebnis ist in beiden Fällen das gleiche. Ein Mann stirbt und fünf werden dadurch gerettet.,, Von der Bilanz der Toten und Überlebenden
her gesehen, gibt es tatsächlich keinen Unterschied“, sagt Hauser. „ Psychologisch ist es aber erheblich, ob ich direkt oder ob
ich indirekt für den Tod von Menschen verantwortlich bin. Einmal habe ich das Gefühl, einen Mord zu begehen, selbst wenn
ich damit das Leben anderer Menschen rette, im anderen Fall ist
es eher das Gefühl, Schicksal zu spielen.“ Doch Hauser erkennt
bei der Testauswertung noch mehr: Wenn die meisten Menschen in derselben Situation die Lage moralisch ähnlich beurteilen und sich gleich entscheiden - ist das nicht ein Beweis dafür,
dass es eine kulturübergreifende, allgemeine moralische Veranlagung in jedem von uns gibt?
Der Neurologe António Damásio konnte tatsächlich eine Region im Gehirn ausmachen, in der diese allen gemeinsame Moral
verortet ist - den ventromedialen präfrontalen Cortex des Stirn42
Tr§tzdem 11/2010
lappens. Diese Gehirnregion ist ungefähr pflaumengroß und
befindet sich hinter unserem rechten Auge. „Wir nehmen an,
dass sie die Rolle eines Mittelsmanns übernimmt, indem sie
Gefühle, die im limbischen System entstehen, mit unseren rationalen Abwägungen verschaltet“, sagt Damásio. Während unser
Verstand zum Beispiel sehr schnell zu der logischen Entscheidung käme, den dicken Mann von der Brücke zu werfen, um die
fünf Gleisarbeiter zu retten, wehrt sich unser Gefühl gegen eine
solche Tat. „Hier kommt nun unser ventromedialer präfrontaler
Cortex zum Einsatz und sucht nach einem akzeptablen Kompromiss“, sagt Damásio. Um sicher zu gehen, untersuchten
Hauser und Damásio Patienten mit Schäden in der verantwortlichen Region des Stirnlappens. Alle Teilnehmer hätten ohne
Zögern den dicken Mann von der Brücke gestoßen. Ein anatomischer Defekt in dieser Region führt zu einer Art moralischen
Blindheit, ähnlich wie ein Augenfehler die Wahrnehmung trübt.
Das bestätigten auch Forscher der Georgetown University in
Washington. Bei ihren Experimenten mit Strafgefangenen
stießen sie überdurchschnittlich häufig auf Durchblutungsstörungen im Stirnlappen und auf ein deutlich verkleinertes
„Moralzentrum“. Auslöser der Schädigungen können physischer, aber auch psychischer Natur sein. So betont der Magdeburger Psychiater Bernhard Bogerts, dass nicht nur Unfallverletzungen oder Tumore bestimmte Hirnleitungen reduzieren,
sondern auch frühkindliche Erfahrungen. „Unser Gehirn verkümmert, wenn wir im Kindesalter permanent grausam und
lieblos behandelt werden“, sagt Bogerts.
Können Sie sich auf Ihren Moralinstinkt verlassen?
Vertraut man den Tests, wird jeder Mensch mit einem Sinn für
Gut und Böse geboren - einem jahrtausende alten Moralinstinkt,
der verborgen in der ventromedialen Region liegt. Hier sind
quasi die angeborenen Universalgesetze der Moral angesiedelt.
Nicht allein Religionen und Rechtssysteme, nicht allein Eltern
und Lehrer bringen einem Menschen demnach Sitte und Anstand bei, er kommt schon mit einem Gespür dafür auf die Welt.
„Deshalb können wir meist, ohne groß zu überlegen, sagen, ob
eine Handlung gut oder schlecht ist“, sagt Marc Hauser - und
werden mit Schuldgefühlen bestraft, wenn wir gegen Gesetze
verstoßen. Manchmal tragen wir den Rest unseres Lebens an
dieser Schuld. Manchmal fühlen Menschen sich aber auch erstaunlich unschuldig.
Es gibt zwar übergeordnete, allgemein verbindliche Moralgesetze“, so die Jenaer Sozialpsychologin Amélie Mummendey.
„Doch sie lassen sich ganz einfach aushebeln, indem uns jemand aktiv die Verantwortung abnimmt. Der Entzug der Verantwortung und die Autoritätsgläubigkeit sind Schwach-Punkte
unseres Gehirns. So kann jegliche Moralvorstellung ausgelöscht
werden.“ Im Grunde scheint das Gehirn sogar froh zu sein,
wenn ihm die Last schwerwiegender moralischer Entscheidungen abgenommen wird. Dann sind wir nicht mehr verantwortlich für das, was wir tun. Wir sind nur noch Teil einer Gemeinschaft - und wenn diese Gruppe Gewalt zum Ziel erklärt, erwacht die Bestie im Mensch. Zumindest in vielen von uns.
Text:C. Bahr; Quelle: Weit der Wunder Heft 8/10
www.jva-oldenburg.de
RECHT & SOZIALES §
Vorzeitige Entlassung von Strafgefangenen und Zurückstellung von Ladungen aus Anlass des Weihnachtsfestes
WEIHNACHTSAMNESTIE: Jedes Jahr gibt es für Inhaftierte, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, die
Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung aus Anlass des Weihnachtsfestes. Der genau Zeitraum der für eine
mögliche Entlassung in Frage kommt und wird jedes Jahr aufs neue Festgelegt. Genau Informationen über
Voraussetzungen und Bestimmungen für das laufende Jahr erhaltet ihr von eurer Abteilungsleitung.
D
ie Staatsanwaltschaften werden ermächtigt, aus Anlass
des Weihnachtsfestes aufgrund einer Prüfung der Umstände des Einzelfalles im Gnadenwege die vorzeitige
Entlassung von Strafgefangenen, die eine von einem niedersächsischen Gericht verhängte zeitige Freiheitsstrafe (nicht:
Ersatzfreiheitsstrafe), Jugendstrafe oder einen Strafarrest in
einer niedersächsischen Vollzugsanstalt oder in einer Vollzugseinrichtung der Bundeswehr in Niedersachsen verbüßen,
nach bestimmten Grundsätzen zu veranlassen:
x Gefangene müssen sich seit einem bestimmten Zeitraum
ununterbrochen in Haft befinden
x Der Entlassungstag muss in einem bestimmten Zeitraum
liegen (in der Regel Anfang Dezember bis Anfang Januar
des jeweiligen Jahres, die genauen Daten werden jährlich
neu festgesetzt) oder
x weitere Gründe liegen vor ( bspw. Strafaussetzung gemäß.
§ 57 StGB wurden bewilligt)
können bereits zu einem bestimmten Tag vor Weihnachten entlassen werden, wenn kein sich unmittelbar anschließender weiterer Vollzug vorgemerkt ist (z. B. Anschlussvollzug, Untersuchungs-, Auslieferungs- oder Abschiebehaft, freiheitsentziehende Maßregeln der Besserung und Sicherung) und die oben genannten Voraussetzungen gegeben sind.
Von der vorzeitigen Entlassung können Gefangene ausgeschlossen werden, wenn nach einem bestimmten Datum ein
Arrest verhängt worden ist, Gefangene nach einem bestimmten
Datum entwichen sind, Gefangene wegen vorsätzlicher
Tötungs- oder Sexualdelikte in Haft sind, bei Strafverfolgung
aufgrund Straftaten innerhalb des Vollzuges oder während Vollzugslockerungen
3. Die vorzeitige Entlassung setzt voraus, dass
a) die Leiterin oder der Leiter der Justizvollzugsanstalt die
Entlassung befürwortet,
b) die Gefangene oder der Gefangene mit der vorbezeichneten
Entlassung einverstanden ist,
c) die Unterkunft und der Lebensunterhalt sichergestellt sind.
1. Eine weitere Vorverlegung des Entlassungszeitpunkts nach
§ 18 Abs. 3 oder § 40 Abs. 8 NJVollzG, § 16 Abs. 3 oder §
43 Abs. 9 StVollzG oder einer entsprechenden Vorschrift
eines anderen Bundeslandes kommt nicht in Betracht.
2. a) Werden nachträglich Umstände bekannt, die nach Maßgawww.jva-oldenburg.de
be der vorstehend aufgeführten Voraussetzungen zur Versagung des Gnadenerweises geführt hätten, so kann der Gnadenerweis zurückgenommen werden.
b) Der Gnadenerweis kann widerrufen werden, wenn sich
bis zur Entlassung im Verhalten der Gefangenen ein Grund
ergibt, der zur Versagung des Gnadenerweises geführt hätte.
c) Für die Zurücknahme und den Widerruf gilt § 36 der
Gnadenordnung entsprechend.
11.
1. Fällt der Entlassungszeitpunkt deshalb in den Zeitraum vom
bestimmten Datum im Dezember bis zum bestimmten Datum im Januar, weil das endgültige Strafende -ggf. auch
mehrerer Strafen -erreicht ist, so ist der aufgrund dieses Erlasses nicht zu verbüßende Strafrest -ggf. auch die hiernach
nicht zu verbüßende weitere Strafe -zu erlassen.
2. Fällt der Entlassungstermin in diesen Zeitraum, weil im
Gnadenwege oder nach § 57 StGB, § 14 a Abs. 2 WStG, §
88 JGG Strafaussetzung zur Bewährung bewilligt wurde, so
wird für den aufgrund dieses Erlasses nicht zu vollstreckenden Teil der Strafe Strafunterbrechung gewährt. Die Zeit der
Strafunterbrechung wird unter der auflösenden Bedingung,
dass die bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung nicht
widerrufen wird, auf die Strafzeit angerechnet.
111.
Bei Gefangenen, welche die von einem niedersächsischen Gericht verhängte zeitige Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder einen
Strafarrest in einer Justizvollzugsanstalt eines anderen Landes
oder in einer Vollzugseinrichtung der Bundeswehr in einem
anderen Land verbüßen, ist auf Antrag oder, soweit der Entlassungstermin im Einzelfall der Staatsanwaltschaft bekannt wird,
von Amts wegen zu verfahren.
! Quick-Info
Als Weihnachtsamnestie bezeichnet man den in vielen christlich-geprägten Staaten praktizierten Brauch aus Anlass des
Weihnachtsfestes Strafgefangene zu amnestieren. Damit soll
zum einen den Gefangenen das Feiern im Kreise ihrer Familien ermöglicht werden, zum anderen soll so das Personal der
Gefängnisse entlastet werden, um während der Feiertage
mehr Freizeit mit ihren Familien verbringen zu können.
In Deutschland entscheidet jedes Bundesland selbst, ob und
wie sie ihren Strafgefangenen eine Gnadenerweise zubilliget.
Alle Bundesländer außer den Freistaaten Bayern und Sachsen gewähren sie regelmäßig, Bremen bereits seit Ende des
2. Weltkrieges.
Tr§tzdem 11/2010
43
§ RECHT & SOZIALES
Keiner muss in
dreckige Zellen
Fehler bei der Erstellung von
Prognosegutachten
JUSTIZ: Laut einer neuen Studie sind die meisten Prognosegutachten fehlerhaft.
Das Bundesverfassungsgericht hat den
Rechtsschutz von Strafgefangenen
gestärkt. Die Karlsruher Richter gaben
der Verfassungsbeschwerde eines
Häftlings in der Transportabteilung
der Haftanstalt Hannover statt, der in
einer verdreckten Zelle voll rassistischer Schmierereien untergebracht
war. Die Menschenwürde verbiete es,
„Gefangene grob unhygienischen und
widerlichen Haftraumbedingungen
auszusetzen‘ heißt es in dem Beschluss. Gegen eine solche Unterbringung müsse den Gefangenen auch im
Nachhinein noch Rechtsschutz vor
den Gerichten ermöglicht werden. Ein
Sprecher des niedersächsischen Justizministeriums bestätigte, dass der Haftraum in einem „katastrophalen Zustand“ gewesen sei.
(dpa)
S
eit je her hat sich die Jurisprudenz
nach einer zuverlässige Methode
der Straftäterermittlung gesehnt.
Die Anfänge der modernen Kriminalprognose gehen in das späte 19. Jahrhundert als der italienische Mediziner und
Psychiater Cesare Lombroso mit der
Begründung der Phrenologie, scheinbar
einen Meilenstein in der forensischen
Kriminalitätsprognose gelegt hatte.
Lombroso vertrat die Auffassung, dass
der geborene Verbrecher anhand bestimmter körperlichen Merkmale identifiziert werden kann.. Er glaubte unter
anderem, dass eine bestimmte Schädelform oder zusammengewachsene Augenbrauen eindeutige Hinweise für eine atavistische (urmenschliche), und damit
niedrigere und gewalttätigere, Entwicklungsstufe liefern. In seinem berühmten
Mehr Platz im Knast
Demografiescher Wandel und
neue Anstalten.
Nach Angaben von Landesjustizministers Bernd Busemann (CDU) sind die
niedersächsischen Gefängnisse nicht
mehr überfüllt. Der allgemeine Bevölkerungsrückgang macht sich offenbar
zumindest in den Gefängnissen positiv
bemerkbar. Zudem wurden seit 2003
mit Sehnde und Rosdorf zwei neue
Anstalten in Betrieb genommen. Busemann plant ein weiteres Gefängnis in
Bremervörde. Kritiker halten das für
überflüssig. Die JVA Oldenburg war
2003 fast voll belegt. Inzwischen gibt
es 610 Haftplätze, aber nur noch 487
Gefangene. Die Quote der Einzelunterbringung sei aufgrund der neuen
Anstalten in Sehnde und Rosdorf von
50 Prozent auf rund 82 Prozent gestiegen, erklärte Busemann.
Rund 20 000 Häftlinge durchlaufen
pro Jahr die niedersächsischen Gefängnisse. 49 Standorte des Justizvollzugs - der Jugendarrest eingeschlossen
- gibt es in dem Bundesland. 7000
Haftplätze stehen zur Verfügung. Es
sitzen durchschnittlich rund 6000
Häftlinge ein. Weniger Enge in den
Haftanstalten habe auch weniger
Stress und Gewalt zur Folge, sagte der
Justizminister. Quelle: NWZ 03.09.2010
44
Tr§tzdem 11/2010
Einen Kriminellen bereits vor Begehung seiner Tat dingfest zu machen, ist ein langgehegter Wunsch
von Verbrechensbekämpfern.
Buch „L´Uomo delinquente“ (Der Verbrecher…), dass als eines der ersten
Werke der Kriminologie gesehen werden
kann, vertrat er die Auffassung, dass die
äußeren Merkmale auf eine tief verwurzelte Anlage zum Verbrecher hinweisen,
die auch durch die Aneignung sozialer
Verhaltensweisen nicht überdeckt werden können. Nicht mehr die verbrecherische Tat, sondern der Kriminelle als
anthropologisch determinierter Typus
wurde damit zum Gegenstand einer neuen wissenschaftlichen Disziplin, der forensischen Phrenologie. Obwohl diese
Ansichten bereit zu seiner Lebzeit widerlegt wurden, hielt Lombroso zeitlebens
an seinen Überzeugungen fest.
Im Dritten Reich gewannen die Thesen des Phrenologie-Begründers wieder
an Beachtung, als die Nationalsozialisten
unter Berufung auf Lombrosos kriminalbiologische Thesen, im Rahmen ihrer
medizinisch-eugenischen
Programme,
umfangreiche Zwangssterilisationen bei
Kriminellen und Geisteskranken durchführten. Doch die Zeiten dieses dilettantischen Treibens sind in unserer zivilisierten und aufgeklärten Gesellschaft
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RECHT & SOZIALES §
zum Glück vorbei!?
Doch wäre es nicht schön, wenn man
einen Verbrecher bereits vor Begehung seiner Tat hätte dingfest machen können. Dieser lang gehegte Wunsch einer allmächtigen
Strafverfolgungsbehörde ist bis in die heutige Zeit nicht verstummt und treibt die Fantasie der Verbrechensbekämpfer gleichermaßen an.
Wie man Verbrechen am erfolgreichsten
verhindert hat Steven Spielberg in seinem
zukunftsweisenden Film „Minority Report“,
aus dem Jahr 2002, eindrucksvoll auf der
Leinwand dargestellt. Das Sicherheitssystem, das in dieser futuristischen Welt die
Gedanken seiner Bürger überwacht heißt
Precrime. Es bedient sich genetisch veränderten Wesen, sogenannte Precogs, die an
einen Computer angeschlossen sind und
durch ihre hellseherische Gabe Gewaltverbrechen vorhersagen können. Sie sehen
einen potentiellen Täter bevor er sein
Verbrechen verübt. Auf diese Weise wissen
die Ermittler sofort wo sie aktiv werden
müssen und können die Straftäter bereits vor
Begehen ihres Verbrechens dingfest machen.
Die Precogs (der Begriff leitet sich ab
Gutachteter entscheiden im Zweifel
gegen den Angeklagten.
von engl. precognition -Vorauswissen) unseres zivilisierten und aufgeklärten Rechtssystems heißen Prognosegutachter. Genau so
wie die Wesen im Film blicken sie in eine
unbekannte Zukunft und machen Aussagen
über die möglichen Verbrechen, die ein
Mensch noch begehen könnten. Ist der potenzielle Bösewicht dann einmal identifiziert
und eingefangen, wird er im Film ins ewige
Koma befördert, in unserer zivilisierten Welt
sperrt man ihn in eine 8 m² große Zelle,
wenn es sein muss auch bis zum endgültigen
Ableben. Dies wäre sicherlich eine optimale
Methode zur Sicherung der Gesellschaft von
hochgradig gefährlichen Gewaltverbrechern
und therapieresistenten Triebtätern, doch es
bleibt die Frage nach der Zuverlässigkeit
dieser Prognosen.
Vor allem die Frage der unbegrenzten
Sicherungsverwahrung ist ein rechtstaatliches und kriminalpolitisches Debakel. Laut
einer soeben veröffentlichten Studie des 60jährigen Juristen und Strafvollzugsexperten
Michael Alex ist ein Großteil der Prognosen
über die Gefährlichkeit von Tätern schlicht
falsch. Das Ergebnis seiner Untersuchungen
wurde von der Universität Bochum als Doktorarbeit angenommen und offenbart eklatante Mängel bei der Prognoseerstellung.
Der Wissenschaftler untersuchte Bundesweit
77 Fälle bei denen die Staatsanwaltschaft die
www.jva-oldenburg.de
nachträgliche Sicherungsverwahrung beantragt hatte, die dann aber von den Gerichten
nicht genehmigt wurde – die Inhaftierten
kamen in Freiheit. Alle Anträge auf Sicherungsverwahrung waren mit Gutachten untermauert laut denen den Gefangenen höchste Gefährlichkeit attestiert wurde. So gar es
für Alex die Möglichkeit die tatsächliche
Rückfälligkeit der Straftäter zu untersuchen.
Nur bei vier entlassenen Straftätern
(5 %) kam es zu einer erneuten Verurteilung
wegen Raub- oder Sexualdelikten. Bei 27
Entlassenen (35 %) wurden kleinere Delikte
registriert. Insgesamt lag die Rückfallhäufigkeit unter dem allgemeinen Rückfälligkeitsdurchschnitt bei Haftentlassungen. Das Fazit: die meisten Prognosegutachten waren
falsch.
Als Erklärung führt die Studie zwei
Der Staatsanwalt weis genau welcher
Gutachter in seinem Interesse entscheidet.
Gründe auf. Erstens: die Gutachter entscheiden sich im Zweifel gegen den Gefangenen,
um sich abzusichern und nicht der Gefahr zu
laufen sich später Vorwürfe machen zu lassen. Zweitens: Es gibt langjährige Kooperationen zwischen den Staatsanwälten und
Gutachtern. Der Staatsanwalt weiß sehr
wohl welcher Gutachter in seinem Interesse
entscheidet und der Gutachter hat einen soliden Nebenverdienst.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass
der Schutz der Gesellschaft vor gefährlichen
Wiederholungstätern nur auf Kosten einer
großen Zahl ungefährlicher Menschen gelingt.
In der Wissenschaft wird die Studie mit
Protest verworfen. Der Beobachtungszeitraum (im Schnitt drei Jahre) sei viel zu kurz
heißt es. Doch der Bochumer Kriminologe
Thomas Feltes widerspricht dem: Die Rückfallwahrscheinlichkeit ist nach sechs bis
zwölf Monaten am höchsten und dieser Zeitraum wird von der Studie erfasst.
Text: AS
! Quick-Info
Die britische Homicide Prevention Unit
(HPU), eine 2004 gegründete Abteilung
des Metropolitan Police Service, versucht
mithilfe von Persönlichkeitsprofilen potentielle Gewalttäter zu finden. Seit 2006 wird
geplant, so als potentielle Gewalttäter eingestufte Personen auch unter Umständen
präventiv zu verhaften. Bei Nachrichtenmeldungen zu diesem Thema wurde wiederholt auf den Film Minority Report von
Steven Spielberg verwiesen.
Tr§tzdem 11/2010
45
§ RECHT & SOZIALES
„Die Gefahr wird extrem überschätzt“
JUSTIZ: Der Kriminologe Thomas Feltes erklärt, dass neun von zehn Insassen der Sicherungsverwahrung un-
nötig weggesperrt wurden. Für unangemessen hält er deshalb die Angst vor Straftätern, die jetzt aus der Verwahrung entlassen werden.
Thomas Feltes,
59, ist seit 2002 Professor für Kriminologie und Polizeiwissenschaft an der
Universität Bochum. Zuvor war er zehn
Jahre lang Rektor der Polizeischule
Villingen-Schweningen. Er ist zudem
Berater des Europarats, der UN und der
OSZE.
Interview Christian Rath
taz: Herr Feltes, mehr als 80 rückfallgefährdete Straftäter sollen aus der
Sicherungsverwahrung freikommen.
Die Justizminister der Länder und
viele Gerichte blockieren, wo sie nur
können. Was empfehlen Sie als Kriminologieprofessor ?
Thomas Feltes: Die Betroffenen sind
sofort aus der Halt zu entlassen. Das
Straßburger Urteil ist verbindlich. Wer
veranlasst, dass diese Personen weiter im
Gefängnis bleiben müssen begeht
Rechtsbeugung.
Meinen Sie damit auch das Bundesverfassungsgericht, das mehrere
Eilanträge abgewiesen hat?
Ich bin mal gespannt ob einer der
abgewiesenen Antragssteller nach Straßburg geht und dort Eilrechtsschutz beantragt. Das könnte für Deutschland ziemlich peinlich werden
Wenn Sie Justizminister wären,
würden Sie also noch heute alle Betroffenen aus der Verwahrung entlassen?
Natürlich. Ich verstehe die ganze
Aufregung nicht. Das Urteil aus Straß46
Tr§tzdem 11/2010
burg ist seit Dezember 2009 bekannt, seit
Mai ist es rechtskräftig. Die Haftanstalten hatten also genug Zeit, die Betroffenen auf die Haftentlassung vorzubereiten
und eine gute Betreuung nach der Entlassung zu organisieren. Ich hoffe, dass die
meisten Bundesländer das gemacht haben.
Viele der bereits Entlassenen werden jetzt rund um die Uhr überwacht,
im Schichtdienst von bis zu 24 Polizisten.
Für so etwas ist Geld da! Aber wenn
man zwei Bewährungshelfer braucht, die
bei der Integration in den neuen Alltag
helfen, da fehlen dann die Mittel.
Genügen Sozialarbeiter Im Umgang mit gefährlichen Sexual- und
Gewaltstraftätern?
Die Gefährlichkeit dieser Leute wird
extrem überschätzt. Viele von ihnen sind
inzwischen schon alt geworden. Außerdem ist die Vorstellung, dass in der Sicherungsverwahrung nur Menschen sitzen, die sonst neue schwere Straftaten
begehen, nachweislich falsch. Von zehn
Verwahrten sind neun unnötig inhaftiert,
weil sie gar nicht rückfällig geworden
wären.
Woher wollen Sie das wissen?
An meinem Lehrstuhl haben wir im
Vorjahr eine Untersuchung abgeschlossen, die das belegt. Dabei wurde der
Werdegang von 67 Straftätern untersucht, bei denen Haftanstalten gestützt
auf Gutachten eine fortdauernde Gefährlichkeit prognostizierten und deshalb
nachträglich Sicherungsverwahrung beantragten. Aus rechtlichen Gründen lehnten die Gerichte dies jeweils ab. Und wir
konnten prüfen, ob die angeblich so gefährlichen Täter tatsächlich neue Gewalttaten verübten.
Und? Wie viele der 67 Entlassenen
wurden rückfällig?
Dreiundzwanzig begingen zwar neue
Straftaten, aber meist handelte es sich
nur um kleine Diebstähle oder Drogendelikte, also nichts, was eine vorsorgliche Inhaftierung gerechtfertigt hätte.
Wegen neuer Gewalttaten wurden nur
drei Personen rechtskräftig verurteilt.
Selbst wenn sich diese Zahl in den folgenden Jahren verdoppelt, weil noch
Fälle vor Gericht anhängig sind, wären
das nur zehn Prozent der Entlassenen.
Die übrigen 90 Prozent wären unnötig in
Sicherungsverwahrung gesteckt worden.
Woran liegt es, dass so viele Personen unnötig in Sicherungsverwahrung
landen?
Das ist vor allem ein Problem der
Sacherständigen, denen es oft an Rückgrat fehlt. Manche freiberuflichen Psychologen leben von solchen Gutachten.
die gut bezahlt werden mit 100 Euro pro
Stunde und mehr. Da gehen viele lieber
kein Risiko ein, aus Angst, sie könnten
keine Aufträge mehr bekommen.
Sie meinen das Risiko, dass es entgegen der Prognose doch zu einem
Rückfall kommt?
Nicht nur. Es genügt ja schon, dass
mehrfach die Erwartung des Gerichts
enttäuscht wird und deshalb die Aufträge
ausbleiben. Bei Tätern, die bereits eine
lange Kriminalitätskarriere haben,
spricht auf dem Papier ja zunächst vieles
dafür eine Rückfallgefahr und einen
Hang zu gefährlichen Straftaten anzunehmen. Da ist es doch bequem und entspricht der Erwartung, wenn man einfach
die alten Gutachten abschreibt. Wer jedoch gegen den Strom schwimmt und
sich ganz neu mit der Situation eines
Straftäters auseinandersetzt, muss viel
mehr Kraft investieren und auch noch
die Richter überzeugen.
Also sind nicht nur die Gutachter,
sondern auch die Richter schuld?
Ja. Richter, die voreingenommen sind
oder nicht kritisch nachfragen, sind
ebenfalls ein Problem. Und da Richter
einen sicheren Arbeitsplatz haben, ist
ihnen sogar der größere Vorwurf zu machen.
Könnte die Qualität der Prognosen
so gesteigert werden, dass tendenziell
nur noch Straftäter in der Sicherungsverwahrung landen, die wirklich anhaltend gefährlich sind?
Das halte ich mittelfristig für machwww.jva-oldenburg.de
RECHT & SOZIALES §
bar. Die Gutachter müssten dann aber
speziell für gerichtliche Zwecke ausgebildet werden und in interdisziplinären
Teams arbeiten. Noch besser fände ich es
aber, die Sicherungsverwahrung ganz
abzuschaffen.
Arbeitsentgelt 2010 für
Straf– und Untersuchungsgefangene
Dann würden aber auch die fortdauernd gefährlichen Täter entlassen.
Nein, vielmehr müsste dann endlich
während der Haftzeit vernünftig mit den
Tätern gearbeitet werden. Statt dem bisherigen Verwahrsollzug müsste ein therapeutisches Milieu geschaffen werden.
Statt Schließen müsste es im Gefängnis
viel mehr Psychologen geben. Dann
würden Rückfälle schon im Ansatz verhindert und die Allgemeinheit würde
nachhaltig geschützt.
Brutto
Stundensatz
Brutto
Hausgeld
% von
Tagessatz in Tagessatz in in Euro
Lohnstufe 3
(39,75 Std./
Euro
Euro
Woche)
Sie versprechen hundert Prozent
Sicherheit?
Natürlich nicht. Niemand kann das
versprechen. Aber statt Ängste zu schüren, sollten Politik und Medien eher die
Bereitschaft der Gesellschaft fördern,
auch mal eine Fehlprognose und ein gewisses Restrisiko zu akzeptieren. Die
meisten Gewaltdelikte werden ja ohnehin von Ersttätern und nicht von Rückfälligen begangen.
Was halten Sie von den Reformvorschlägen der Justizministerin? Sie
will die nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung abschaffen und
die vorbehaltene Verwahrung ausbauen.
Das ist bei Weitem nicht so liberal
wie es von der FDP verkauft und von der
Union befürchtet wird. Unter dem Strich
könnte der Plan sogar dazu führen, dass
deutlich mehr Sicherungsverwahrung
verhängt wird als bisher. Denn der Strafrichter macht sich vermutlich weniger
Gedanken, wenn er in seinem Urteil die
Verwahrung nur vorbehält und nicht
endgültig anordnet. Später könnte es
dann einen gewissen Automatismus geben und die nur vorbehaltene Verwahrung würde dann ohne großes weiteres
Nachdenken tatsächlich vollstreckt.
Anden als bisher soll die vorbehaltene Sicherungsverwahrung auch für
Ersttäter ermöglicht werden.
Damit könnte ich leben, wenn
zugleich die Qualität der Gutachten steigen würde. Schließlich kann ein Ersttäter
nach der Haftentlassung genauso gefährlich sein, wie ein Täter der schon mehrfach rückfällig wurde.
Quelle: Die Tageszeitung vom 9.8.2010
www.jva-oldenburg.de
Strafgefangene
Lohnstufe
Brutto
Minutensatz
in Cent
(39,75 Std./
Woche)
1
75 %
8,28
3,49
1,04
0,017
2
88 %
9,71
4,09
1,22
0,020
3
100 %
11,04
4,65
1,38
0,023
4
112 %
12,36
5,21
1,55
0,026
5
125 %
13,80
5,82
1,74
0,029
Von den Gesamtbezügen werden 1,65 % als Anteil zur Arbeitslosenversicherung
abgezogen, 42,15 % (3/7 der Nettobeträge) auf das Hausgeld und 56,20 %
(4/7 der Bruttobezüge) auf das Überbrückungsgeld bzw. Eigengeld gebucht
Untersuchungsgefangene
Lohnstufe
Brutto
Stundensatz
Brutto
Hausgeld
% von
Tagessatz in Tagessatz in in Euro
Lohnstufe 3
(39,75 Std./
Euro
Euro
Woche)
Brutto
Minutensatz
in Cent
(39,75 Std./
Woche)
1
75 %
4,59
4,51
0,58
0,0096
2
88 %
5,39
5,30
0,68
0,011
3
100 %
6,13
6,02
0,77
0,013
4
112 %
6,87
6,76
0,86
0,014
5
125 %
7,66
7,53
0,96
0,016
Von den Gesamtbezügen werden 1,65 % als Anteil zur Arbeitslosenversicherung
abgezogen, der Rest (98,35 % wird komplett auf das Eigengeld gebucht).
Berechnung:
Grundlage zur Berechnung ist das durchschnittliche Arbeitsentgelt aller Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, ohne Auszubildende, des vorigen Kalenderjahres.
In diesem Fall =30.660, -- Euro. (2008)
Ferner werden 250 Arbeitstage im Jahr angenommen.
Zur Berechnung der Vergütungs-Stufe (Strafhaft Verg.-St. 3):
9%
von
30.660,-- Euro
= 2.759,40 Euro.
2.759,40 Euro
geteilt durch
250 Arbeitstage
= 11,0376 Euro.
Aufgerundet auf 11,04 €
(Tagessatz) entspricht der
Eckvergütung mit 100 %
Bei der Berechnung des Arbeitsentgeltes für U.-Gef. Sind 5 % zu Grunde zu legen.
Der Minutensatz berechnet sich, in dem der aufgerundete Tagessatz durch 477 geteilt wird.
Tr§tzdem 11/2010
47
§ RECHT & SOZIALES
Sicherungsverwahrung
*Der Knast nach dem Knast* *Vorher Knacki nachher Knacki*
Das wird nun ein Ende haben!
TITEL: Die Sicherungsverwahrung ist die schärfste Sanktion der Rechtsprechung, die durch den politischen
und journalistischen Populismus in den letzen Jahren bis an den Rand der Menschlichkeit herangetragen wurde. Doch durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) soll diesem Treiben
nun ein Ende gesetzt werden.
D
schon seit längerem in skandinavischen
Kampagne inszeniert. War es in den 80er
ie Sicherungsverwahrung wurde
Ländern und die Erfahrungen damit haJahren die Emanzipationswelle, mit der
1933 durch das Gewohnheitsben gezeigt, dass bei gleich bleibenden
ein Teil der Frauenbewegung ein Bild
verbrechergesetz von den NatioAnzeigenaufkommen nur die Zahl und
von den Männern zu zeichnen versuchte,
nalsozialisten eingeführt. Bis 1945 wurdie Dauer der Verurteilungen zunehmen.
das ihnen zu jeder Zeit sexuelle Gewaltden etwa sechzehntausend Menschen zur
Auch hierzulande ist das offenkundige
bereitschaft im öffentlichen Raum unterSicherungsverwahrung verurteilt, bis zu
Ergebnis der Stimmungswandel hin zur
stellte. Selbst Pfiffe von Bauarbeitern
zweitausend im Jahr. An diesem Gesetz
rächenden Justiz.
hatte sich bis 1969
In den 90er Jahren
nichts geändert und so
kam eine weitere
kamen nervende SerienKampagne hinzu.
diebe und hartnäckige
Diesmal ging es um
Betrüger in die Dauerdie „Aufklärung“
verwahrung. Laut einer
über KindsmissUntersuchung aus dem
brauch: Ein zweifelJahr 1963 hatten 1,8
los
vorhandenes
Prozent der SicherungsP r o b le m
wurde
verwahrten eine Straftat
durch skrupellose,
gegen Leib und Leben
hetzerische Medien
begangen. Die Gesamtund dazu passende
beute bei den Dieben
Politiker derart ausund Betrügern, die als
geschlachtet, dass
Gewohnheitsverbrecher
schließlich die gesicher verwahrt werden
samte Öffentlichkeit
mussten, belief sich
der Hysterie verfiel;
seinerzeit auf unter tauund immer noch
send Mark.
Gerechtigkeit herrsche und sollte die Welt dabei zugrunde gehen.
Ferdinand I. von Habsburg
verfällt! Davon waIrgendwann in den
ren selbst viele Prosiebziger Jahren dämfis nicht ausgenommerte einem Teil der
men.
oder die Sitzhaltung mancher Männer z.
Juristen, dass mit der schärfsten SanktiMan kann den Eindruck haben, dass
B. in öffentlichen Verkehrsmitteln wuron, die die Rechtsprechung vorsieht,
die beschriebenen Kampagnen teilweise
den als Männergewalt gegen die Frau
Schindluder betrieben wurde und so
an der Realität vorbeigehen. Auf jeden
deklariert. Somit war jede Frau, gleich
stand die Sicherungsverwahrung kurz
Fall sanken die polizeistatistisch erfasswelchen Alters, Geschlechtsmerkmals,
vor der Abschaffung, bevor sie Mitte der
ten Verstöße gegen den Paragraphen 176
Aussehens oder Verhaltens, wo sie sich
neunziger Jahre durch eine Front von
(sexueller Missbrauch von Kindern unter
auch gerade befand, eine potenziell verPolitiker und Medien neu belebt wurde.
vierzehn Jahren) von 1973 auf 1984
Zu einem Zeitpunkt als eine Welle der
doch recht deutlich (von über 15 000 auf
Neonazibewegung die Republik überfluDurch hetzerische Medien, wurde
lediglich 10 000). Dann folgte wieder ein
tete, die bis heute anhält. Durch die hetunter den Bürgern Angst vor
Anstieg; der könnte aber durchaus mit
zerischen Medien, vor allem die Bouleeinem enormen Anstieg gefährliOrganisationen wie „Wildwasser e. V.“
vardpresse, wurde unter den Bürgern
zu tun haben. Dabei handelt es sich um
Angst vor einem enormen Anstieg gecher Straftaten verbreitet.
eine damals von Berlinerinnen gegründefährlicher Straftaten in reißerischer Weite Initiative, die als Beratungsstelle für
se verbreitet.
von sexuellem Missbrauch betroffenen
gewaltigte Frau! Mit einer breiten KoaliSeitdem ist die SicherungsverwahFrauen und Mädchen fungiert. Von dort
tion aus Medien und Parteien wurden
rung das Thema für politisch populistiund auch von woanders wurden sehr
Maßnahmen gegen die sexuelle Belästische Hardliner, die mit diesem seit Jahrleichtfertig immer höhere Dunkelziffern
gung am Arbeitsplatz und der Vergewalzehnten ihre Handlungsfähigkeit unter
gemeldet. Der Verein vernetzte sich in
tigung in der Ehe zu verrechtlichten verBeweis zu stellen versuchen. In ZusamWindeseile über die gesamte Bundesresucht.
menarbeit mit den Medien wird seit den
publik. Schließlich ging die BundesreGesetzgebungen dieser Art gibt es
80er Jahren in jedem Jahrzehnt eine
48
Tr§tzdem 11/2010
www.jva-oldenburg.de
RECHT & SOZIALES §
gierung 1985 in doch recht naivem Vertrauen auf diese zahlreich dubiosen Daten aus zahlreich dubiosen Forschungen
von einer Hell-/Dunkelfeld-Relation von
1:8 bis 1:15 aus. Hier muss schon die
Schwankungsbreite überraschen. 1987
lag die Hell-/Dunkelfeld-Relation dann
schon bei 1:20; damit war man dann bei
einer Opferzahl von 210 000 angelangt.
Seit 1988 wird die Szene dann von der
magischen Zahl 300 000 beherrscht!
Eine gar wundersame Vermehrung!
Z. B. wurde am 10. März 2005 in
Panorama dann wieder die Zahl von 15
000 polizeistatistisch erfassten Verstößen
genannt; diese sollte die höchste seit
Bestehen der Bundesrepublik sein.
Stimmt nicht; vergleiche die Zahl aus
1973! Außerdem ist die Republik mittlerweile um fast 16 Millionen Bürger
angewachsen und außerdem werden heute alle kindlichen Opfer bis zum achtzehnten und nicht bis zum vierzehnten
Lebensjahr gezählt!
Z u min d e s t f r ü h e r a r b e i t e t e
„Wildwasser“ so! In Sonderschulen,
Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen ließ man Kinder mit Puppen spielen
und entdeckte damit Missbrauchsfälle en
Auch die Sexualmorde, sind seit
dreißig Jahren rückläufig, sogar
um fast 70 Prozent.
Masse. Anfang der 90er Jahre wurde die
Republik mit hunderten von Verfahren
überrollt, die über die mehr als fragwürdige Puppenmethode „ans Tageslicht
befördert“ wurden. „Hoppe, Hoppe Reiter Spiele“ sind eben verdächtig. Leider
nur endeten fast alle Verfahren mit einem Freispruch oder einer Einstellung!
Dumm gelaufen für die angeblichen Täter, denn der Schaden bei ihnen war häufig immens und oft nicht wieder gut zu
machen. Und einige von ihnen haben
sogar bis zu 10 Jahre als Unschuldige in
Strafhaft gesessen, und als Tatleugner
einen sehr schweren Stand in den Haftanstalten gehabt. Dennoch war das Ziel
erreicht: Der Boden für blinden Aktionismus, simple Antworten und einfache
Lösungen war bereitet. Es entwickelte
sich eine Lawine, die bis heute anhält.
Das und obwohl und glücklicher
Weise auch die Sexualmorde, sowohl an
Frauen als auch an Kindern, seit dreißig
Jahren rückläufig sind, sogar um fast 70
Prozent. Das berichten die Medien und
Politiker in aller Regel aber nicht. Es
sollte verwundern, wenn die geschilderte
Entwicklung nicht auch auf den Strafwww.jva-oldenburg.de
vollzug und die Staatsanwaltschaften
erheblich durchgeschlagen hätte, zumal
Politiker – Justiz- und Innenminister –
Weisungen für den funktionierenden
Ablauf erteilen, denn Beamte, Staatsdiener sind funktionierende Weisungsträger!
Seit dem Jahr 2000 läuft nun eine
Kampagne gegen die ständig besoffene
und allzeit zur Gewalt bereite deutsche
Jugend. Auch hier wird seitens der Medien und Politik wieder leichtfertig mit
Horrorzahlen argumentiert und hantiert
und so verwundert es nicht, dass demnächst Kinder für immer weggesperrt
werden sollen. So wird mit politischer
Einflussnahme direkt oder indirekt über
die Medien ein Bild von der deutschen
Jugend gezeichnet, das einer Bankrotterklärung gleichkommt: Sie sind die
versoffene, gewaltbereite, dumme und
nutzlose Party- und Taugenichtsgeneration, mit der man nichts anzufangen weiß,
außer sie wegzusperren. So soll die Öffentlichkeit davon überzeugt werden,
dass ein sprunghafter Anstieg von Gewalttaten gegen Polizisten in den vergangenen Jahren mit der Jugend, insbesondere der linken Jugend und neuerdings
der muslimischen Jugend, zu tun hat.
Den Berichten zufolge haben sie jeglichen Respekt vor der staatlichen Ordnung und den ausführenden Organen
verloren. Damit ein eventueller Anstieg
belegt werden, kann hat die Politik bereits im Vorfeld, Ende der neunziger
Jahre, den Weg geebnet, indem sie die
versuchte einfache Körperverletzung als
Straftat verrechtlichte. Seitdem ist der
Versuch einer Ohrfeige eine Straftat und
die versuchte einfache Körperverletzung
steigt in Polizeiberichten stetig an. Dabei
ergab die Tagung der Innenministerkonferenz im Mai, dass erst künftig statistische Daten, Lagebilder und Studien erstellt werden sollen.
In erschreckender Weise
manifestiert
sich die Vorstellung
von
einem simulierten Rechtsstaat
auch im Mordfall
Dominik
Brunner.
Er
wurde,
nachdem er sich
schützend in der
S-Bahn vor vier
Jugendliche
stellte, die von
zwei brutalen, jugendlichen Schlägern
bedroht wurden, wegen seiner Zivilcourage -heutige populäre Form des Mutes -,
die er mit dem Leben bezahlte, zum Helden erklärt. Dank der panischen Berichterstattung der Boulevardmedien – Bildzeitung und Co – und den Medien überhaupt, wurde dem Opfer ad hoc das Bundesverdienstkreuz durch den Bundespräsidenten und der Bayerische Verdienstorden verliehen. Die Medien hatten sich
ausschließlich - das wirkliche Geschehen
von Solln ausblendend -, auf die jugendlichen Monster und die Heldengeschichte konzentriert. Diese Bestandsaufnahme
Seit dem Jahr 2000 läuft nun eine
Kampagne gegen die ständig besoffene und allzeit zur Gewalt bereite deutsche Jugend.
erlangt, wer sich mit dem Prozess auseinandersetzt. Nach und nach offenbart
sich wie die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsergebnis zurechtgestutzt hat.
Erst im Verlauf des Prozesses erfuhr die
Öffentlichkeit, dass keine der schweren
Verletzungen tödlich gewesen wäre,
sondern das 50-jährige Opfer an seinem
krankhaft vergrößerten Herz verstarb,
weil dieses versagte. Die folgenden Verhandlungstage befördern eine Reihe weiterer Ungereimtheiten ans Tageslicht. So
klingt die Aussage des 16-jährigen Zeugen Marcel L., einer der vier Jugendlichen, denen Herr Brunner zur Hilfe kam,
vor der Jugendkammer völlig anders, als
die, die der Kriminalbeamte Klaus S. in
einer Pressekonferenz am Abend des
Tattages und nach den ersten Vernehmungen mitgeteilt hatte.
Vor Gericht beschreibt der Zeuge die
Situation und sagt aus: Als wir Vier und
Herr Brunner auf dem Bahnhof von
Solln standen, habe sich der Herr BrunAnzeige
Tr§tzdem 11/2010
49
§ RECHT & SOZIALES
ner den beiden Angeklagten, die sechs
bis neun Meter entfernt standen, zugewandt und gesagt: „Ihr wollt es nicht
anders“. Dann sei er in Boxerstellung
gegangen und habe den einen mit der
Faust ins Gesicht geschlagen. „Als er zu
dem Schlag ansetzte, merkte man, dass
der Mann mal mit Kampfsport zu tun
hatte. Das war so eine Boxerstellung. Er
hat dann sofort zugeschlagen.“ Der Vorsitzende Richter fragt: „Kam dieser
Schlag für Sie überraschend?“ „Nein“,
sagt Marcel L. „der Herr Brunner ging ja
auf die zu.“ „Haben die Angeklagten
auch so eine Haltung eingenommen?“
„Nein“, antwortet der Zeuge, „die standen einfach da.“ Der Richter fragt noch
einmal: „Die standen einfach da?“ „Ja“,
bestätigt der Zeuge. „Wohin traf der
Faustschlag?“ „Unter das Auge. Es hat
geblutet.“
Eine weitere Zeugin, Daniela H., 56jährige Verwaltungsjuristin, die auch in
der S-Bahn saß, sagt aus: „Ui, der geht
jetzt auf die Jugendlichen los, sagte einer
der Fahrgäste.“ Dann habe sie beobachtet, wie der Herr Brunner in Boxhaltung
die Angeklagten angriff. „Kick und
Schlag, wie bei einem Kampfsportler.“
Ebenso sagt der 46-jährige S-BahnFahrer, Matthias B. aus: „Der ältere Herr
kuckt zu mir her und sagt: ‚Jetzt gibt’s
hier hinten richtig Ärger. Ich dachte
mir, nu wenn nur der keinen Ärger
macht.“ Von einer Bedrohung oder einem bevorstehenden Angriff habe er
nichts bemerkt, sagt der Zugführer. „Die
gingen ganz normal nebeneinander her.
Aus meiner Sicht hat sich da gar nichts
angebahnt. Der Herr Brunner und die
Jugendlichen hätten einfach nur weggehen müssen.“ Stattdessen habe der ältere
Herr seine Jacke ausgezogen und sie wie
auch seine Tasche am Geländer abgestellt. „Dann ist er auf die zugegangen
und hat mit der Faust ausgeholt. „Hat er
getroffen?“ fragt der Richter. „Der hat
sehr gut getroffen, die waren anscheinend völlig überrascht, ich ooch.“
In der vom ehemaligen Staatsanwalt
und jetzigem Familienrichter verfassten
Anklageschrift liest sich das Geschehen
noch völlig anders. Und für gewöhnlich
verzichtet kein Staatsanwalt in einer
Mordanklage darauf, die zwei Minuten
des Tötungsaktes mit jeder Sekunde zu
beschreiben und dabei präzise auf- und
anzuführen, welche Verletzungen zum
Tod des Opfers geführt haben. In der
Anklage gegen die beiden mutmaßlichen
Täter heißt es knapp und ungenau, Herr
Brunner sei „an den Folgen des Angriffs
der Angeschuldigten“ gestorben. Aus
50
Tr§tzdem 11/2010
dem Obduktionsbericht ergibt sich, dass
keine der 22 „schweren und schwersten
Verletzungen“ zum Tod Brunners geführt hätten, das kein Knochen gebrochen war, auch nicht am Schädel, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit das
krankhaft vergrößerte Herz ein Herzversagen herbeiführte. Gerichtsmediziner
zweifeln aufgrund der Tatsache, dass
Dominik Brunner, nachdem er zusammengeschlagen wurde, noch einmal aufstand und etwas sagte sogar daran, dass
er auch nur eine Gehirnerschütterung
erlitten hatte. Die Öffentlichkeit erfuhr
erst davon, nachdem einige Journalisten,
durch Zeugenaussagen stutzig geworden,
gezielt bei der Staatsanwaltschaft nachhakten.
Nach zwölf Verhandlungstagen werden die Angeklagten wegen Mordes zu
hohen Haftstrafen verurteilt. Ohne Gutachten stellt Richter Baier fest, wäre der
19 jährige Sch., zu 9 Jahren und 10 Monaten Jugendstrafe verurteilt, zu einer
Lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Der Mitangeklagte wurde wegen
Körperverletzung mit Todesfolge zu
sieben Jahren Jugendstrafe verurteilt. Die
Richter gehen davon aus, dass Herr
Brunner in Notwehr zugeschlagen hat
und sein krankhaftes Herz aufgrund des
erlittenen Traumas versagte. Auch lässt
Richter Baier in seiner Urteilsbegründung die oben zitierten Zeugenaussagen
nicht gelten, weil diese ein schlechtes
Gewissen hätten und das Geschehen
daher anders interpretierten. Die Argumentation des Gerichtes ist auffallend
dünn und es bleibt abzuwarten, was die
Revision bringt.
Für den Beobachter wirkt das Urteil
wie ein politisches Urteil aber nicht wie
ein rechtsstaatliches Urteil. Überstürzter
Aktionismus, die reflexartiger Forderung
nach härteren Strafen und die wie auch
hier praktizierte unheilvolle Allianz von
Politik und Medien haben für das Urteil
gesorgt. Am Tag der Urteilsverkündung
titelte die Münchener Boulevardzeitung
tz auf ihrer ersten Seite passend: „Heute
ist der Tag der Abrechnung“. Sechs Tage
später, der Tag an dem sich der gewaltsame Tod des Herrn Brunner jährt, pilgern hunderte von Menschen zu seinem
Gedenken zum Bahnhof von Solln und
stellen dort ein Kreuz zur Mahnung auf.
In seinem Heimatort wird zur Erinnerung
und als Denkmal das „Dominik-BrunnerHaus“ mit einer zwei Meter großen
Bronze-Skulptur davor, durch Bayerns
Innenminister Joachim Herrmann eingeweiht. Der Innenminister spricht in seiner Rede von „Wachsender Gewalt“ und
fordert hartes Vorgehen ein.
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RECHT & SOZIALES §
Nach spektakulären Verbrechen fordert die Politik nun seit zwei Jahrzehnten
„härtere Strafen, längere Strafen, Wegsperren für immer“ wie auf einer Endlosspirale. Dabei sind sie in den vergangenen Jahrzehnten nicht untätig geblieben
und haben durch verschiedene Strafänderungsgesetze, 6 an der Zahl, für ständige
Verschärfung gesorgt und dabei ihr Augenmerk intensiv auf die Sicherungsverwahrung gerichtet. Konkretisieren lässt
sich die Trendwende am Strafänderungsgesetz des § 66 StGB von 1998. Die
Kurzfassung der damaligen Reform lautete: „Leichter rein, länger drin, schwerer
raus“, so fasste es jüngst Klaus Tolksdorf, Präsident des Bundesgerichtshofs
(BGH), zusammen. So wurde die originäre Sicherungsverwahrung (SV) von 10
Jahren auf unendlich verlängert, die auch
für Altfälle gelten sollte. Die nun auch
für die Altfälle geltende Regelung wurde
sogar durch das Bundesverfassungsgericht 2004 bestätigt, jedoch mit Beschluss vom17.12.2009 durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) aufgehoben und nach Beschwerde durch die Bundesrepublik gegen diese Entscheidung am 11.05.2010
durch die große Kammer des EGMR
zurückgewiesen und ist somit bestätigt
und rechtskräftig.
Nach spektakulären Verbrechen
fordert die Politik seit zwei Jahrzehnten „härtere Strafen“.
Die Entscheidung betrifft alle Inhaftierten, deren verurteilte Taten sich vor
dem 31.01.1998 ereigneten und deren
erstmalige Sicherungsverwahrung länger
als 10 Jahre vollstreckt worden ist, oder
irgendwann vollstreckt sein wird. Laut
dem Emmerdinger Strafrichter und Experten für Sicherungsverwahrung Thomas Ullenbruch können sich sofort direkt
160 Verwahrte auf das Straßburger Urteil berufen und indirekt weitere 40 Verwahrte in den kommenden Jahren.
Für Justiz und Politik bedeutet das
Straßburger Urteil eine Blamage sonder
Gleichen, aber zum Glück ging dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die stetig rigorosere, ja gar ausufernde Praxis des „Wegsperrens für
immer“ zu weit. Kurz vor der Entscheidung waren noch Gesetzesvorstöße unternommen worden, die nachträgliche
Sicherungsverwahrung bei Straftätern
anzuordnen, die bereits entlassen sich
nicht wie gewünscht und zuträglich aufwww.jva-oldenburg.de
führten. Und zukünftig hätte die Politik
dann dafür gesorgt, dass jeder, nach dem
Motto: wir haben Indizien für ihre Gefährlichkeit, von der Straße weg verhaftet werden kann. Ganz zum Leidwesen
der Befürworter, Hardliner, Populisten
und Hetzer hat das nun ein Ende.
Gescheitert sind Politik und Verfassungsgericht an ihrer juristischen Auffassung, Meinung und Umsetzung. In der
heutigen Zeit ist es üblich Begriffe einfach neu zu definieren, umzubenennen,
damit sich Begebenheiten und Situationen anders darstellen lassen. Die Justiz
meint seit Jahrzehnten, dass es ausreichend sei die Sicherungsverwahrung
nicht als Strafe, sonder als „Maßregel zur
Sicherung und Besserung“ zu bezeichnen. Blöd ist, dass genau das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte unter anderem hinterfragt wurde. In
der Vollzugspraxis stellt sich dieser
Sachverhalt ganz einfach dar. Das Schild
an der Tür des Strafhäftlings wird mit
Beginn der Maßregel umbenannt in Sicherungsverwahrter. Somit befindet er
sich im Knast nach dem Knast und Knacki bleibt Knacki. Genau aus diesem
Grund hat der EGMR die Sicherungsverwahrung als Strafe angesehen und nicht
als eine „Maßregel zur Besserung und
Sicherung“. Der Knast nach dem Knast
wird daher in naher Zukunft Geschichte
sein, denn die Entscheidung des EGMR
hat eine weitaus größere Dimension als
von vielen angenommen.
scheidung betroffen – bundesweit dürfte
es sich um annähernd bis zu 20 Fälle
handeln. Noch im März des Jahres hatte
der BGH eine nachträgliche Sicherungsverwahrung, die erstmals nach verbüßen
einer Jugendstrafe in Deutschland durch
das Landgericht Regensburg angeordnet
worden war, bestätigt. Auch der mittlerweile Erwachsene darf, nach stellen eines entsprechenden Antrages durch seinen Anwalt, mit einer baldigen Freilassung rechnen.
Ein solches Desaster wäre mit Sicherheit durch eine weitsichtige, sachliche, nüchterne, gelassene und vor allem
standhafte Politik zu vermeiden gewesen, doch ihre zunehmende Verfassungs-
Kurzfassung des Strafänderungsgesetzes zum § 66 StGB von
1998: „Leichter rein, länger drin,
schwerer raus“.
Blindheit, die teilweise auch bei Gerichten auszumachen ist und die bösartig
Liaison von Politik und Boulevardmedien sind dafür verantwortlich. Diesen
Missstand beklagte bereits Richard von
Weizsäcker als Bundespräsident in einem 1992 mit der ZEIT geführtem Interview, indem er feststellte: der Einfluss
der Parteien gehe über politische Willensbildung, von der die Verfassung
spreche, weit hinaus. Die Parteien wirkten am ganzen gesellschaftlichen Leben
mit, ihr Einfluss reiche direkt oder indirekt in die Medien hinein.
Es wird höchste Zeit, dass es wieder
ein Kräftemessen zwischen Politik und
Medien gibt. Früher knickte die Politik
gegenüber den Boulevardmedien mal
ein, heute, so hat es den Anschein, haben
Leute wie Chefredakteur Diekmann von
der Bild einen enormen Einfluss aufs
Zurzeit versuchen zwar einige deutsche Gerichte und im Falle einer Eilentscheidung auch das Bundesverfassungsgericht das Straßburger Urteil zu umgehen, aber auf Dauer wird diese Blockadefront nicht halten. Bereits Anfang Juni
fasste der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes einen Beschluss, der konsequenterweise sogar
über das Straßburger
Urteil hinaus geht,
indem der BGH es
auf die Fälle nachträglicher Sicherungsverwahrung
ausdehnte und sie
hätte Ihre Werbung stehen können!
wegen dem Rückwirkungsverbot für unIn diesem Format bewerben Sie, zu günstigen
zulässig erklärte:
Konditionen, direkt Ihre Zielgruppe!
2004 wurde die
nachträgliche Sicherheitsverwahrung
Fordern Sie einfach unsere Anzeigenpreisliste
an, und sichern Sie sich neue Mandanten.
eingeführt und alle,
die vorher ihre StrafRedaktion Tr§tzdem Cloppenburger Str. 400 26133 Oldenburg
tat begangen haben,
sind von dieser Ent-
HIER
Tr§tzdem 11/2010
51
§ RECHT & SOZIALES
politische Tagesgeschehen und politische
Geschehen überhaupt, und ganz besonders, wenn es die geschaffene delinquentenfeindliche Atmosphäre der Republik
betrifft. Das Lieblingsthema der Boulevardmedien sind Sexualstraftäter, Gewalttäter und rückfällige Straftäter, denn
sie bringen Schlagzeilen und Einschaltquoten. Dafür, dass von der Politik die
Hetze mitbetrieben wird, halten die Medien im Gegenzug den gewillten Politikern lange die Stange.
Ebenso beklagte der Ex-
weiteren Platz einnimmt. Auch wenn es
verwundern mag, aber diese Diskrepanz
bei Gutachten taucht gerade im Maßregelvollzug immer wieder auf. Das dürfte
eigentlich nur in Diktaturen funktionieren aber nicht in einem Rechtsstaat!
Bei einer bundesweiten Studie über
den Maßregelvollzug, die der forensische
Psychiater Norbert Leygraf aus Essen
vor zwanzig Jahren erarbeitet hatte, erfuhr er, dass es zu groteskem Einschätzungswandel kommen kann, was die
Für Justiz und Politik bedeutet das
Straßburger Urteil eine Blamage
sonder Gleichen.
Verfassungsrichter Hassemer bei der
Vorstellung des Grundrechtsreports,
wenige Tage vor dem 60. Geburtstag des
Grundgesetzes, die enorme Zunahme
von Kontrollbedürfnissen und einen
Trend zu mehr Sicherheit auf Kosten der
Freiheit. Er sprach davon, dass ein
„Grundrecht auf mehr Sicherheit propagiert, in Wahrheit als Geisterfahrer in die
falsche Richtung unterwegs sei“ und
erinnerte daran, dass Grundrechte ursprünglich als Abwehrrechte gegen einen
starken Staat konzipiert worden seien.
Die Politik nicht ständig über Eingriffe
in Grundrechte nachdenken solle.
Seit Ende August zeigt sich die Regierung nach heftiger Streiterei einig und
präsentiert eine angeblich gerichtsfeste
Lösung. So sollen die Altfälle der Sicherungsverwahrten nicht aus der Haft entlassen werden, obwohl sie nach dem
Straßburger Urteil einen Anspruch darauf haben, sondern es soll erst festgestellt werden, ob es sich bei ihnen nicht
um psychisch gestörte Gewalttäter handelt. Zum einen heißt das, dass davon
nur einige der Altfälle betroffen sind,
zum anderen von den bereits entlassenen
Sicherungsverwahrten mit hoher Wahrscheinlichkeit keiner wieder inhaftiert
wird.
Bei den eventuell Verbleibenden
dürfte es schwierig werden, sie weiterhin
in Haft zu halten, denn wenn sie geisteskrank wären, hätten sie ja nicht in einem
Gefängnis sondern in einem Landeskrankenhaus untergebracht werden müssen.
Selbst für gewillte Gutachter dürfte es
schwierig werden eine plötzliche Geisteskrankheit zu diagnostizieren, denn das
würde bedeuten, dass alle bisher erstellten Gutachten und eventuell auch die
Urteile falsch waren und die Willkür
52
Tr§tzdem 11/2010
Anzumerken ist, dass diese Leute behandelt wurden, was beim überwiegenden
Teil der Straftäter in den Bundesländern
nicht der Fall ist.
Anstatt auf Daten und Fakten aus der
juristischen und kriminologischen Fachwelt zurückzugreifen, betreiben Politiker
vereint mit den Boulevardmedien lieber
eine Hetzjagd auf soeben entlassene Sicherungsverwahrte und versetzen das
Volk in Angst und Schrecken. Die Fachwelt fordert seit Jahren eine Versachlichung und mahnt zur Unaufgeregtheit.
Der Kriminologe und Rechtssoziologe
Professor a. D. Feest von der Universität
Bremen und der Professor für Kriminologie und Polizeiwissenschaft Feltes von
der Uni Bochum, um zwei zu nennen,
prognostizieren, dass die Gefährlichkeit
dieser Leute extrem überschätzt wird.
Sie gehen davon aus, dass 9 von 10 Sicherungsverwahrten unnötig inhaftiert
waren, weil sie gar nicht rückfällig geworden wären und Professor Feltes belegt dies anhand einer Untersuchung, die
an seinem Lehrstuhl betrieben wurde.
Bei den Untersuchten handelt es sich um
Straftäter, die aufgrund ihrer durch Sachverständigengutachten festgestellten
Gefährlichkeit in die nachträgliche Sicherungsverwahrung geschickt werden
sollten. Aus rechtlichen Gründen – im
Politiker Deutsch handelt es sich dabei
um eine noch nicht geschlossene Lücke lehnten die Gerichte die vorsorgliche
Inhaftierung ab. Fünf Prozent der Untersuchten wurden wegen einer Gewalttat,
die eventuell eine vorsorgliche Inhaftierung gerechtfertigt hätte, rechtskräftig
verurteilt. Viele Fachleute sind sogar für
die Abschaffung der Sicherungsverwahrung, weil dann endlich während der
Haftzeit mit den Tätern gearbeitet werden müsste. In fast allen Anstalten der
Bundesländer befinden sich die Täter im
so genannten Verwahrvollzug anstatt im
Der Knast nach dem Knast wird in
naher Zukunft Geschichte sein.
Gefährlichkeit von Insassen betrifft. In
einer der untersuchten Anstalten mussten
20 Männer entlassen werden, weil die
Einrichtung aufgrund von Baumaßnahmen für sie keinen Platz mehr hatte. So
lösten sich all die schlechten Prognosen,
der über jahrelang zu gefährlichen eingestuften Patienten, plötzlich in Luft auf.
Nicht einer von ihnen, die in Wohnheimen oder auf Bewährung entlassen wurden, ja keiner, wurde wieder rückfällig!
Behandlungsvollzug, der für diese Tätergruppe dringend erforderlich ist. Leider
erweist sich die Politik seit Jahren gegenüber dem Wissen und der Beratung
der juristisch und kriminologisch kompetenten Fachwelt als resistent. Das Straßburger Urteil sorgt nun immerhin dafür,
dass zukünftig die Sicherungsverwahrten
nach ihrer Haft in einem Heim, oder wie
sie es auch immer nennen, zur Behandlung untergebracht werden.
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RECHT & SOZIALES §
Immerhin ist es der Bundesjustizministerin
Frau
LeutheuserSchnarrenberger gelungen, dass die
nachträgliche Sicherungsverwahrung, die
bisher verhängt werden konnte, wenn
sich während der Haft ein Täter als weiterhin gefährlich erweist, abgeschafft
wird. Das steht mit dem wenige Wochen
zuvor ergangenem Urteil des BGH im
Einklang und ein noch anhängiges Verfahren beim EGMR in dieser Angelegenheit, bei dem eine weitere Blamage zu
erwarten wäre, ist damit vom Tisch.
In der Politsendung Kontraste ließ die
frühere Richterin am Bundesverfassungsgericht und derzeitige Richterin am
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Renate Jaeger verlauten, dass man
die deutsche Justiz sehr genau beobachten wird, wie sie mit dem Straßburger
Urteil umgehen werde.
Mit einer weiteren Reform im Maßregelbereich, sollte die Führungsaufsicht
als strafrechtliches Instrument zur Gefahrenabwehr ausgebaut werden. Dabei
sind als Schwerpunkte die Ausweitung
des Weisungskatalogs des § 68b StGB,
die Erweiterung von Möglichkeiten zur
Anordnung einer unbefristeten Führungsaufsicht § 68c StGB und eine rechtliche Verankerung forensischer Ambulanzen und ihrer Kompetenzen § 68a VII
StGB zu nennen. Eine ausführliche Beschreibung der geschaffenen Interventionsmöglichkeiten seitens der Gerichte –
Strafvollstreckungskammern- würde hier
zu weit führen, allerdings muss erwähnt
werden, dass den Gerichten mit dieser
Reform eine enorm effiziente Möglichkeit zur kontrollierten Freiheit der Täter
eingeräumt wurde. Trotz der nun durch
die Reform geschaffenen konfortabelen
Kontrollmöglichkeiten machen die Gerichte kaum Gebrauch davon. Das Sachverständige dazu neigen eher eine negative Prognose zu stellen, mag daran liegen, dass aus Angst vor einer Fehleinschätzung – was zum Ausbleiben von
Aufträgen führt – eher auf Nummer Sicher gegangen wird. Bei den Richtern
sollte man meinen, die haben doch einen
sicheren Arbeitsplatz, aber auch sie werden durch die Ministerin eingestellt und
befördert.
Wie bereits eingangs erwähnt handelt
es sich bei den Staatsdienern –
Staatsanwälte und Beamte - in der Justiz
um funktionierende Weisungsträger. Die
Macht der deutschen Justizministerien
geht zu weit, denn die Dritte Gewalt
muss eine unabhängige Gewalt sein,
damit sie ihrer Kompetenzen nicht beraubt werden kann.
Der Deutsche Richterbund (DRB)
und die Neue Richtervereinigung (NRV)
forderten Ende September auf den Juristentag in Berlin das Ende der Abhängigkeit von Richtern und Staatsanwälten
gegen den Einfluss der Politik.
Es bleibt zu hoffen, dass man die
Verantwortlichen in allen Bereichen der
Justiz unabhängig und in Ruhe arbeiten
lässt und irgendwann, beim ausbleiben
eines Behandlungserfolgs, die Schuld
nicht ausschließlich beim Täter oder
Patienten gesucht wird.
Text: GEO
Einführung des neuen elektronischen Personalausweises
AUSWEIS: Mit der Einführung des neuen digitalen Personalausweises verspricht sich die Regierung eine Ein-
dämmung der Internetkriminalität und Erleichterung in Wirtschafts-– und Verwaltungsangelegenheiten
D
ie Politik wirbt für die
neue Karte. Bundesinnenminister Thomas de
Maizire (CDU) hofft, mit Hilfe
des neuen Personalausweises
den Betrug im Internet eindämmen zu können. „Dieser neue
Personalausweis ist die sicherste
elektronische Identitätskarte, die
es auf dem Markt gibt‘, sagte er
in einem Interview der Tageszeitung (taz). Mit dem neuen
Ausweis sei es möglich, sich
zum Beispiel bei Geldgeschäften im Internet sicher zu identifizieren.
Der neue Ausweis ist nur noch so groß
wie eine EC-Karte. Anders als EC- oder
Kreditkarten haben die Ausweise keinen
Magnetstreifen, die Daten werden auf
einem RFID-Chip gespeichert — so können sie per Funk ausgelesen werden.
Damit jedoch nur diejenigen die Daten
auslesen, die daran ein berechtigtes Interesse haben, sind die Informationen auf
der Karte verschlüsselt, so dass es Angreifern nichts nützt, den Datenverkehr
zu belauschen. Anders als beim Reisepass verlangt der Personalausweis von
den Bürgern übrigens nicht die Abgabe
von Fingerabdrücken — sie bleibt freiwillig. Die Fingerabdrücke können auch
www.jva-oldenburg.de
nur von staatlichen Stellen, beispielsweise bei Grenzübertritten, ausgelesen werden und ihre Abgabe ist auch nicht mit
weiteren Vorteilen verbunden. Aus dem
Ausweis Foto werden jedoch biometrische Daten ausgelesen und auf dem Chip
gespeichert. Damit sollen Behörden in
Mit 28,80 Euro ist der neue Personalausweis dreimal so teuer wie
bisher.
Zweifelsfällen feststellen können, ob
jemand auch tatsächlich seinen eigenen
Ausweis vorgelegt hat.
Zugriff auf die Daten gibt der Aus-
weisinhaber über eine sechsstellige
PIN frei. „Im Vergleich zur ECKarte sind das zwei Stellen mehr
— damit ist die PIN schwerer zu
erraten und zu knacken“. sagt
Claudia Eckert, Direktorin des
Fraunhofer-Instituts Sichere Informationstechnologie (SIT). Geht
der Ausweis verloren, ist er ohne
die PIN für den Finder wertlos.
Wird die PIN zum dritten Mal
falsch eingegeben, wird der Ausweis gesperrt. Mit einer weiteren
Nummer der PUK, kann der Nutzer sein Ausweis wieder freischalten —
genauso wie beim Handy. Staatliche
Behörden können die PIN ebenfalls jederzeit ändern oder löschen.
Der neue Personalausweis wurde
zum 1. November dieses Jahres eingeführt und mit 28,80 Euro kostet er dreimal so viel wie bisher. Wer unter 24
Jahre alt ist, bekommt das Dokument
zum ermäßigten Preis von 19,80 Euro.
Der erste Personalausweis für Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren wird
kostenfrei sein. Bisher kostete der Ausweis 8 Euro.
Mit dem neuen Personalausweis können sich Bürger von Herbst an auch in
der Digitalenwelt identifizieren.
Tr§tzdem 11/2010
53
§ RECHT & SOZIALES
Klassische
Lohnsteuerkarte
hat ab2011
Ausgedient
In Deutschland muss künftig niemand
mehr auf seine Lohnsteuerkarte warten. Die Steuerverwaltung stellt ab
2011 auf Elektronik um. Bisher erhielten die Arbeitnehmer zum Ende des
Jahres ihre Lohnsteuerkarte von ihrer
Stadt oder Gemeinde. Diese mussten
sie dann an ihren Arbeitgeber weitergeben. In Zukunft muss der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber nur noch
das Geburtsdatum und die steuerliche
Identifikationsnummer (IdNr) mitteilen, sowie die Auskunft geben, ob es
sich um das Haupt– oder um ein Nebenverdienstverhältnis handelt. So
wird der Arbeitgeber berechtigt, die
ELStAM (Elektronischen LohnSteuerAbzugsMerkmale) des Arbeitnehmers
elektronisch abzurufen.
Text:AS
Kein Kindergeld
Kindergeld wird für ein volljähriges
Kind, bis zum 25 Lebensjahr u.a. auch
dann gezahlt, wenn das Kind eine
Ausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen
kann. Umstritten ist, ob danach auch
dann Kindergeldanspruch besteht,
wenn sich das Kind in Untersuchungsoder Strafhaft befindet. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat jetzt mit
Urteil vom 6.07.2010 entschieden,
dass jedenfalls dann kein Kindergeld
gezahlt werden muss, wenn das Kind
wegen einer Straftatverurteilt wird,
und zwar sowohl für die Zeit der Untersuchungs- als auch der Strafhaft
Geklagt hatte die Mutter eines Jurastudenten der als Drogenkurier zu 3 Jahre
6 Monaten Haft verurteilt wurde. Die
Klägerin machte geltend, dass ihr
Sohn studienwillig gewesen sei und
nur aus objektiven Gründen an der
Fortsetzung des Studiums gehindert
war. Das Gericht erkannte jedoch dass
der 20-jährige Student vorsätzlich eine
Straftat begangen und damit die Ursache für den Unmöglichkeit der Ausbildung selbst gesetzt habe.
(Aktenzeichen: 10 K 10288/08).
www.finanzgericht.
berlin.brandenburg.de
54
Tr§tzdem 11/2010
Denn mittels eine auf den PC geschmugEinkaufen im Internet, Bankgeschäfte
gelten Schadsoftware wie z.B.
und Behörden– Angelegenheiten online
„Keylogger“ könnten die auf der Tastaerledigen — es wird immer wichtiger
tur eingegebenen Zeichen mitgelesen
dass man am Computer nachweisen
werden.
kann, dass man tatsächlich derjenige ist,
Abhilfe gegen Angriffe auf die IDals der man sich ausgibt. Geht es nach
PIN schafft ein höherwertiges, sogeder Bundesregierung, soll dieser Identinanntes Komfortlesegerät (Pin-Pad) mit
tätsnachweis künftig mit dem neuen digieigener Tastatur und Display. Insbesontalen Personalausweis geführt werden.
dere die Funktion der elektronischen
Doch noch sind nicht alle SicherheitsfraSignatur die der neuen Personalausweigen geklärt. Derzeit verzichten etwa ein
ses bietet, lässt sich nur mit dieser Art
Drittel der Internetnutzer aus Sichervon Lesegeräten nutzen. Der Einsatz
heitsgründen auf Online-Banking, mehr
solcher Pin-Pads wird auch vom Bundesals ein Viertel auf den Einkauf im Netz.
datenschutzbeauftragten Peter Schaar
Das soll der neue Ausweis ändern.
empfohlen. Das einzige Manko dieser
Behörden und Unternehmen testen
Geräte ist ihr relativ hoher Preis, von
bereits mögliche Anwendungen — von
zwischen 50 und 100 €.
der Kfz- Anmeldung über die elektrische
Letztlich wird auch die BundesregieSteuererklärung bis hin zum Altersnachrung nur Empfehlungen für sichere Karweis am Zigarettenautomaten. Zu den
tenlesegeräte herausgeben. Der Bürger
ersten 30 Testteilnehmern gehörten eine
muss dann auf
Fluggesellschaft,
eigenes
Risiko
Versicherer, ITentscheiden, ob er
Firmen
sowie
Der neue elektronische Personalin ein sicheres
Banken.
ausweis
ist wohl eines der sichers- Gerät investieren
Er sei „überall
ten Dokumente weltweit.
möchte. Denn der
dort interessant,
Staat wird für
wo ein Unternehetwaige Schäden
men für ein Verkeine Haftung übernehmen.
tragsverhältnis eine sichere Identität des
Kritik seitens der Experten hagelt es
Geschäftspartners braucht“, sagte Aleauch in Bezug auf die Software für den
xander Schmid, Projektleiter des „ KomOnline-Ausweis. So hat das Hassopetenzzentrums Neuer Personalausweis“.
Plattner-Institut an der Universität PotsEinige Teilnehmer bemängelten jedoch,
dam unter der Leitung von Christoph
dass der neue Ausweis keine Postleitzahl
Meinel bei einem Test festgestellt, dass
des Wohnortes beinhaltet — sie müsse
der „AusweisApp“ schon bei der Instalper Hand nachgetragen werden.
lation Probleme verursacht. „Selbst InDie sogenannte elektrische Identitätsformatiker brauchen Zeit, um das ProFunktion (eID), mit der die Bürger diese
gramm zum Laufen zu bringen“, so MeiGeschäfte tätigen können, erhalten sie
nel.
nur auf Wunsch. Außerdem können sie
Doch ungeachtet aller Bedenken, ist
eine sogenannte digitale Signatur beander neue elektronische Personalausweis
tragen, mit der sie auch online rechtsgüleines der sichersten Dokumente den es
tige Unterschriften leisten können. Um
weltweit gibt. Damit ein Dritter unbeden Ausweis für Geschäfte im Internet
rechtigterweise im Internet die Identität
nutzen zu können, ist allerdings ein Ledes Ausweisinhabers annehmen kann,
segerät nötig.
müssen mehrere Hürden überwunden
Mit dem Ausweis sollen die Bürger
werden. Zum einen muss der Computer
auch ein zunächst kostenloses „Startervon einer Schadsoftware infiziert werKit“ erhalten. Es enthält ein Kartenleseden. Die PIN muss abgefangen werden.
gerät und eine Software (AusweisApp)
Und selbst dann muss für einen Missfür den eigenen Heim-PC. Finanziert
brauch der Daten der Ausweis auf dem
wird das mit 24 Millionen Euro über das
Lesegerät vergessen werden und liegen
Konjunkturförderprogramm, danach
bleiben.
sollen die Kartenlesegeräte zu Preisen
Auch beim Bundesamt für Sicherheit
zwischen 10 und 15 Euro zur Verfügung
und Informationstechnik macht man sich
stehen. Zu diesem Preis sind allerdings
über die Sicherheit keine große Sorgen.
nicht die Lesegeräte erhältlich, die unter
„Selbst bei einen Angriff - etwa mit eiExperten als sicher gelten. Das Lesegerät
nem sogenannten Trojaner - sei kein
ist jedoch ein Problem. Nur wenn Sie die
Zugriff auf die persönlichen Daten mögPIN-Eingabe auf einem speziellen Leselich“, sage der zuständige Experte Jens
gerät machen können, das sicherstellt,
Bender der NWZ in einem Interview.
dass keine Schadsoftware den EingabeText:AS
prozess protokolliert, sind Sie sicher.
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RECHT & SOZIALES §
Prognoseentscheidungen erfordern bestmögliche Aufklärung
VERFASSUNGSRECHT: Nach 13 Jahren darf das Gericht in aller Rege die Einholung eines Gutachtens nicht
allein mit der Begründung verweigern, dass es eine Strafrestaussetzung nicht beabsichtige.
D
ie Verfassungsbeschwerde richtet
sich gegen die Ablehnung der Aussetzung des Rests der lebenslangen Freiheitsstrafe nach Verbüßung der Mindestdauer von fünfzehn Jahren.
I. 2. Durch den hier angegriffenen Beschluss des LG Saarbrücken vom
01.12.2008 wurde die Aussetzung der
Vollstreckung der Reststrafe abgelehnt...
3. Die sofortige Beschwerde wurde
durch den angegriffenen Beschluss des
Saarländischen OLG vom 07.01.2009 als
unbegründet verworfen. Der Einholung
eines Prognosegutachtens bedürfe es
nicht, weil auch der Senat nach Würdigung aller relevanten Umstände die Aussetzung nicht in Erwägung ziehe
(§454 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StPO)...
IV. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem
Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2
i.V.m. Alt. 104 Abs. 2 Satz 1 GG.
1. Für den besonders intensiven Eingriff
eines möglicherweise lebenslangen Freiheitsentzuges ergeben sich verfassungsrechtliche Grenzen insbesondere aus
dem Übermaßverbot.
a.) Das Übermaßverbot stellt zunächst
materielle Anforderungen an die Prognoseentscheidung. Je länger der Freiheitsentzug dauert, umso strenger sind die
Voraussetzungen für dessen Verhältnismäßigkeit. Der nachhaltige Einfluss des
gewichtiger werdenden Freiheitsanspruchs stößt jedoch dort an Grenzen, wo
es im Blick auf die Art der von dem Betroffenen drohenden Gefahren, deren
Bedeutung und Wahrscheinlichkeit vor
dem staatlichen Schutzauftrag für die
Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit unvertretbar erscheint, den
Betroffenen in die Freiheit zu entlassen
(vgl. BVerfGE 117,71 <97 f.>). Die im
Rahmen der Aussetzungsentscheidung
zu treffende Prognose betrifft die Verantwortbarkeit der Aussetzung mit Rücksicht auf unter Umständen zu erwartende
Rückfalltaten. Je höherwertige Rechtsgüter in Gefahr sind, desto geringer muss
das Rückfallrisiko sein. Bei Straftaten,
die wie der Mord (§211 StGB) mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
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ist das Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit besonders hoch zu veranschlagen. Wegen der Art der im Versagensfall
zu befürchtenden Taten kommt eine bedingte Entlassung aus der lebenslangen
Freiheitsstrafe nur unter strengen Voraussetzungen in Betracht (vgl. BVerfGE
117, 71<99>).
Die besonders hohe Wertschätzung des
Lebens rechtfertigt die weitere Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe
nicht nur in den Fällen, in denen eine
fortbestehende Gefährlichkeit des Verurteilten positiv festgestellt werden kann,
sondern auch dann, wenn nach Erfüllung
des verfassungsrechtlichen Gebots ausreichender richterlicher Sachaufklärung
eine günstige Gefährlichkeitsprognose
nicht gestellt werden kann, weil verbleibende Zweifel an einer hinreichend
günstigen Prognose zu Lasten des Verurteilte gehen (vgl. BVerfGE 117, 71
<100f>).
b.) Darüber hinaus begründet das Übermaßverbot verfahrensrechtliche Anforderungen. Sie betreffen vor allem das
Verfahren zur Wahrheitserforschung und
damit insbesondere die Feststellung der
der Aussetzungsentscheidung zu Grunde
liegenden Prognosebasis. Denn es ist
unverzichtbare Voraussetzung eines
rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Ent-
scheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf ausreichender richterlicher Sachaufklärung beruhen
und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben (vgl. BVerfGE
117, 71 <102, 105>; BVerfG [3. Kammer des Zweiten Senats], Beschl. v.
30.04.2009 - 2 BvR 2009/08, NJW2009,
S. 1941ff, m.w.N. [= StraFo 2009, 236]).
Mit zunehmender Dauer des Freiheitsentzuges steigen die Anforderungen an
die Sachverhaltsaufklärung. Dem verfahrensrechtlichen Gebot einer zureichenden richterlichen Sachaufklärung kommt
gerade in einem solchen Fall die Bedeutung eines Verfassungsgebots zu. Das
Gericht hat sich ein möglichst umfassendes Bild von der zu beurteilenden Person
zu verschaffen und die Grundlagen seiner Prognose selbständig zu bewerten.
Im Rahmen des unbefristet wirkenden
Freiheitsentzuges fordert das Gebot der
bestmöglichen Sachaufklärung, einen
erfahrenen Sachverständigen zu Rate zu
ziehen, der die richterliche Prognose
durch ein hinreichend substantiiertes und
zeitnahes Gutachten vorbereitet. Die
Entscheidung über die Fortdauer der
Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe hat sich daher im Regelfall
auch über den eigentlichen Anwendungsbereich des § 454 Abs. 2 Satz 1
Tr§tzdem 11/2010
55
§ RECHT & SOZIALES
Nr. 1 StPO hinaus auf ein Sachverständigengutachten zu stützen, dass der besonderen Tragweite dieser Entscheidung
gerecht wird. Dabei ist auch darauf Bedacht zu nehmen, dass das ärztliche Gutachten anerkannten wissenschaftlichen
Standards genügt. Der Gefahr repetitiver
Routinebeurteilungen muss der Richter
durch eine sorgfaltige Auswahl des Gutachters entgegenwirken (BVerfGE 117,
71 <105 f> m.w.N.).
Im Falle der erstmaligen Prognoseentscheidung nach der Mindestverbüßungszeit von 15 Jahren darf das Gericht in
aller Regel die Einholung eines Gutachtens nicht allein mit der Begründung
verweigern, dass es eine Strafrestaussetzung nicht beabsichtige. Nach einem
derart langen Zeitraum fehlt es im Regelfall an Beurteilungsgrundlagen, die einem Gericht erlauben, ohne sachverständige Beratung, eine gesicherte Prognose
darüber abzugeben, ob die durch die Tat
zutage getretene Gefährlichkeit des Verurteilten fortbesteht. Das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung erfordert daher
regelmäßig für die erstmalige Entscheidung über die Strafrestaussetzung bei
einer lebenslangen Freiheitsstrafe ein
zeitnahes wissenschaftlich fundiertes
Gutachten.
2. Diesem Maßstab halten die angegriffenen Entscheidungen nicht stand.
Soweit die angegriffenen Urteile darauf
abstellen, dass die unmittelbare kriminogene Problematik - trotz der anerkennenswert frühzeitigen Bemühungen des
Beschwerdeführers - noch nicht so weit
aufgearbeitet worden sei, dass eine hinreichend günstige Prognose möglich
wäre, genügt diese Begründung nicht,
um von einem sachverständigen Prognosegutachten nach einem derart langen
Freiheitsentzug abzusehen. Es wird
schon nicht deutlich, worauf die Erkenntnisse der Gerichte im Einzelnen
beruhen.
Allein der Hinweis, dass eine Therapie
wegen eines tätlichen Angriffs des Beschwerdeführers auf einen Mithäftling
einmal abgebrochen werden musste,
begründet für sich genommen noch nicht
eine negative Prognose, die ein Verzicht
auf sachverständige Beratung rechtfertigen könnte.
Es wird auch nicht erkennbar, worauf die
Gerichte ihre Annahme stützen, dass von
einem bereits eingetretenen
(charakterlichen) Wandel derzeit noch
nicht ausgegangen werden könne.
BVerfG [3. Kammer des 2. Senats],
Beschl. v. 20.07.2009 - 2 BvR 328/09
Quelle:Das Schloss 1/ 2010
Fortschreibung des Vollzugsplanes muss
innerhalb der dafür vorgesehenen Frist
erfolgen
VOLLZUGSRECHT: Gefangene
haben ein generelles Recht auf
Fortschreibung ihres Vollzugsplanes innerhalb der im Vollzugsplan
vorgesehenen Frist.
N
achdem ein Gefangener sein Recht
auf die Fortschreibung seines Vollzugsplaner innerhalb der im Vollzugsplan vorgesehnen Frist verletzt sah, stellte er bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer, gemäß § 113 Abs. 1
StVollzG, einen Vornahmeantrag und
beantragte die Antragsgegnerin zur Fortschreibung des Vollzugsplanes zu verpflichten. Die Antragsgegnerin argumentierte jedoch, dass der Antrag unzulässig
sei, weil das Unterlassen einer Maßnahme nicht vor dem Ablauf von drei Monaten seit Beantragung der Maßnahme gestellt werden könne und diese Frist bis
zur Erstellung der neuen Vollzugsplanung noch nicht verstrichen gewesen sei.
Die 7. Strafkammer des Landgerichts
Marburg an der Lahn sah dies jedoch
anders. Sie urteilte, dass der Antrag nach
§ 113 Abs. 1 StVollzg unzulässig war.
Diese Vorschrift war nicht anwendbar,
denn sie setzt einen Antrag auf Vornah56
Tr§tzdem 11/2010
me einer bestimmten Maßnahme voraus,
der für die Fortschreibung einer Vollzugsplanung nicht gestellt werden muss.
Wen der Vollzugsplan einen Fortschreibungstermin vorsieht – was zwingend der Fall sein muss (§7 Abs. § Satz
2 StVollzG) – hat die Fortschreibung
ohne Antrag zu erfolgen.
Der im Vollzugsplan angegebene
Fortschreibungszeitpunkt kann auch
nicht mit dem Zeitpunkt der Antragstellung, auf den in § 113 Abs. 1 StVollzG
abgestellt wird, gleichgesetzt werden,
weil es sich hierbei um zwei unterschiedliche Dinge handelt. Daraus folgt, dass
bei Überschreitung des im Vollzugsplan
genannten Fortschreibungstermins der
auf Erstellung eines neuen Vollzugsplanes gerichtete Verpflichtungsantrag sofort zulässig ist und nicht erst nach Ablauf von drei Monaten.
Der Antrag wäre darüber hinaus auch
begründet gewesen. Gefangene haben
Anspruch auf Fortschreibung des Vollzugsplanes innerhalb der im Vollzugsplan vorgesehenen angemessenen Frist
(Feest-Feest/ Joester, StVollzG, 5. Auflage, 2006, § 7 Rn. 30).
Landgericht Marburg/ Lahn 12.11.2009
7aStVK 169/09
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RECHT & SOZIALES §
Lockerungen und 2/3 Aussetzung auch für Ausländer
RECHT: Ein ungeklärte ausländerrechtliche Situation ist kein hinreichender Grund für Lockerungsversagung.
1. Die Beschlüsse des Oberlandgerichts Hamm vom 12. Februar 2002 – 1
Ws 19/02 und des Landgerichts Arnsberg vom 14. November 2001 – StVK
494/01 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2
Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes in
Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Sie werden aufgehoben. Die Sache
wird an das Landgericht Arnsberg zurückverwiesen. Damit erledigt sich der
Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat
dem Beschwerdeführer die notwendigen
Auslagen zu erstatten.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde betrifft
eine Strafaussetzung zur Bewährung.
Der Beschwerdeführer, marokkanischer Staatsangehöriger, wurde im Dezember 1999 als Ersttäter wegen Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Er hatte
im Auftrag seines Bruders ca. 1 kg Haschisch und 1 kg Kokain als Kurier aus
den Niederlanden nach Deutschland verbracht. Zwei Drittel der Strafe waren am
6. Dezember 2001 verbüßt; das Strafende wird am 7. April 2003 erreicht sein.
Im Mai 2001 wies die zuständige
Ausländerbehörde den Beschwerdeführer gemäß § 47 AuslG aus dem Bundesgebiet aus und ordnete seine Abschiebung sowie die sofortige Vollziehung der
Ausweisung an. Hiergegen legte er Widerspruch ein, über den jedenfalls bis
zum Ergehen der angegriffenen Entscheidung noch nicht entschieden worden ist.
Das Landgericht lehnte die bedingte
Entlassung des Beschwerdeführers nach
negativer Stellungnahme der Vollzugsanstalt ab. Er sei zwar Erstverbüßer, habe sich im Vollzug gut geführt und unterhalte regelmäßigen Kontakt zu seiner
Familie, bei der er nach der Entlassung
wohnen könne. Andererseits seine Vollzugslockerungen bisher nicht gewährt
worden und es liege eine nicht rechtswww.jva-oldenburg.de
kräftige Ausweisungsverfügung gegen
ihn vor. Auch hätten sich seine sozialen
Rahmenbedingungen in der Vergangenheit als nicht hinreichend stabil erwiesen,
um ihn von der Begehung von Straftaten
abzuhalten. Daher könne die bedinget
Entlassung „ohne vorherige Bewährung
unter vollzuglichen Lockerungen nicht
gewährt werden“.
Die hiergegen gerichtete sofortige
Beschwerde verwarf das Oberlandgericht
aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Es fügte hinzu, „insbesondere
aufgrund der derzeit ungeklärten ausländerrechtlichen Situation“ kämen zum
jetzigen Zeitpunkt Vollzugslockerungen
und demzufolge auch eine bedingte Entlassung nicht in Betracht“.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 1 Abs. 1
und Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Die
angegriffenen Entscheidungen enthielten
unzureichende Tatsachenfeststellungen.
Insbesondere sei nicht konkret überprüft
und begründet worden, weshalb dem
Beschwerdeführer keine Lockerungen
gewährt werden könnten. Der pauschale
Hinweis auf die „ungeklärte ausländerrechtliche Situation“ reiche insoweit
nicht aus. Auch hätten die Gerichte in
unzulässiger Weise auf - seine an sich
positiven – sozialen Rahmenbedingungen und sein Verhalten in der Vergangenheit abgestellt, ohne seine Läuterungen durch jahrelangen Strafvollzug in
Rechnung zu stellen.
Das Justizministerium des Landes
Nordrhein-Westfalen hat in seiner Stellungnahme auf die Verwaltungsvorschrift Nr. 6 zu § 11 StVollzG verwiesen, nach der Gefangene von Vollzugslockerungen ausgeschlossen seinen, gegen
die eine vollziehbare Ausweisungsverfügung für den Geltungsbereich des Strafvollzugsgesetzes bestehe und die aus der
Haft abgeschoben werden sollten. Daher
entspreche es pflichtgemäßem Ermessen,
bei der Entscheidung über Lockerungen
die ausländerrechtliche Situation nach
Maßgabe der erläuterten Verwaltungsvorschrift zu berücksichtigen.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil
dies zur Durchsetzung von Grundrechten
Tr§tzdem 11/2010
57
§ RECHT & SOZIALES
des Beschwerdeführers angezeigt ist (§
93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie
ist zur Sachentscheidung berufen, da die
zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat
das Bundesverfassungsgericht bereits
entschieden (§§ 93b Satz 1, 93c Abs. 1
Satz 1 BVerfGG).
Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem
Freiheitsgrundrecht (Art. 2 Abs. 2 Satz 2
GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, weil sie ausreichende Feststellungen sowie eine angemessene Würdigung der für die Prognose gemäß § 57
Abs. 1 StGB relevanten Tatsachen vermissen lassen.
1. Ob im Einzelfall die weitere Vollstreckung einer rechtskräftig ausgesprochenen Freiheitsstrafe nach § 57 Abs. 1
StGB zur Bewährung auszusetzen ist, ist
zunächst eine Frage der Auslegung und
Anwendung des Strafgesetzbuches und
des Strafvollstreckungsrechts. Das Bundesverfassungsgericht prüft diese Entscheidung nicht in jeder Hinsicht nach.
Es hat jedoch einzugreifen, wenn das
zuständige Fachgericht bei der Sachverhaltsfeststellung und –---würdigung die
verfassungsrechtliche Bedeutung und
Tragweite der Menschenwürde oder
Freiheitsgarantie verkannt hat (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom
22. März 1998 – 2 BvR 77/97; NStZ
1998, WS. 373, 374). Insbesondere müssen Entscheidungen, die den Entzug der
persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung
beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die
der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (stRspr; vgl. BVerfGE 70, 297
<308> m.w.N.).
Demzufolge darf der Strafvollstre-
ckungsrichter im Verfahren gemäß §
454, 462 StPO seine Entscheidung gemäß § 57 Abs. 1 StGB nicht alleine darauf stützen, dass die Vollzugsbehörde –
etwa auf der Grundlage bloßer pauschaler Wertung oder mit dem Hinweis auf
eine abstrakte Flucht- und Missbrauchsgefahr – die Gewährung von Vollzugslockerungen zur Vorbereitung der Strafaussetzung versagt hat. Er hat vielmehr
eigenständig zu prüfen, ob die Strafaussetzung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit
verantwortet werden kann. Der Erprobung eines Strafgefangenen im Rahmen
von Vollzugslockerungen kann hierbei
als Indiz zwar eine erhebliche Bedeutung
zukommen. Vollzugslockerungen sind
jedoch von Rechts wegen nicht notwendiger Weise Vorraussetzung für eine
bedingte Entlassung. Gegebenenfalls
kann das Gericht die Vollzugsbehörde
im Aussetzungsverfahren darauf hinweisen, dass Vollzugslockerungen zur Vorbereitung der bedingten Entlassung geboten erscheinen (vgl. Beschluss der 2.
Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März
1998 – 2 BvR 77/97 – a.a.O., S. 375).
Diesen Grundsätzen genügen die
angegriffenen Entscheidungen nicht. Das
Landgericht stellt die Tatsachen, die für
und gegen die bedingte Entlassung sprechen, in knappster Form nebeneinander,
ohne offen zu legen, welche Erwägung
für die Annahme einer negativen Prognose maßgeblich war. Dies begegnet
bereits Bedenken. Verfassungsrechtlich
nicht mehr vertretbar ist jedenfalls die
Art und Weise, in der die Fachgerichte
ihre Ablehnung an das Fehlen von Vollzugslockerungen knüpfen. Denn die angegriffenen Entscheidungen setzen sich
nicht bzw. unzureichend mit der Frage
auseinander, ob die Vollzugsbehörde zu
recht davon abgesehen hat, gemäß § 15
StVollzG Lockerungen zur Entlassungsvorbereitung anzuordnen.
Während das Landgericht die Frage
nicht problematisiert, weist das Oberlandgericht lediglich auf die „ungeklärte
ausländerrechtliche Situation“ als Grund
für die Ablehnung von Lockerungsmaßnahmen und Strafaussetzung hin, ohne
auf die konkrete Lage des Beschwerdeführers einzugehen. Damit widerspricht
die Entscheidung bereits der herrschenden Rechtsprechung der Fachgerichte,
der zufolge ein anhängiges Ausweisungsverfahren die Versagung von Lockerungen wegen Flucht- und Missbrauchsgefahr nicht pauschal zu rechtfertigen vermag (vgl. OLG Frankfurt,
ZfStrVO 1991, 5. 372, NStZ 19834, 5.
93, ZfStrVO 1983, 5. 249; OLG Celle,
ZfStrVO 1984, S. 2512).
Verfassungsrechtlich erschiene der Verzicht der angegriffenen Entscheidung auf
eine konkrete Begründung allenfalls
dann vertretbar, wenn nach den Umständen des Falles ein Missbrauch der Vollzugslockerung oder der Strafaussetzung
mit Blick auf die drohende Abschiebung
offensichtlich vorauszusehen wäre. Dies
ist jedoch nicht der Fall.
Danach enthalten die angegriffenen
Entscheidungen mangelhafte Feststellungen zum Einfluss der ausländerrechtlichen Situation des Beschwerdeführers
auf die Möglichkeit einer Strafaussetzung. Damit basiert die gerichtliche
Prognose auf einer rechtsstaatlich unzureichenden Tatsachengrundlage. Überdies ist bei einer derartigen Entscheidungspraxis die Gefahr nicht von der
Hand zu weisen, dass die Strafhaft in
rechtsstattlich unzulässiger Weise zur
Abschiebehaft umfunktioniert und der
Strafvollzug für ausländische Verurteilte
zum bloßen „Verwahrvollzug“ wird (vgl.
OLG Braunschweig, StV 1983, 5. 338
<339>; Lesting, in AK-StVollzG, 4.
Aufl. Rz. 41 zu § 11).
(Veröffentlicht in Hauspost 04/2009)
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts BVerfG 2 BvR 461/02
Anmerkung:
Ein weiterer erfreulicher und klarer
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, der keinen Raum für Interpretationen lässt. Leider sieht die vollzugliche
Realität anders aus, weshalb es dringend
erforderlich ist einen geeigneten Rechtsanwalt zu konsultieren, der sich mit dem
Strafvollzus- und Vollstreckungsrecht
auskennt. Davon gibt es leider nur wenige. Also informieren!
Text: GEO
58
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haben. Ich sitze noch bis 2015 in der JVA Oldenburg. Ich hoffe Du meldest dich auf diese Anzeige. Bey…
Chiffre 306-60
Freundschaft
Der Anatomieprofessor fragt eine Studentin wehrend der Vorlesung: „Welcher Teil des menschlichen Körpers weitet sich bei
Erregung um das Achtfache?“
Die Studentin wird ganz rot und stottert: „Der, das…?“
„Falsch“, sagt der Professor. „Es ist die Pupille.“
„Und ihnen, liebes Fräulein, würde ich raten, nicht mit zu hohen
Erwartungen in die Ehe zu gehen.“
Richter: „Sie haben den Staatsanwalt gehört. Hat sich der Einbruch so zugetragen, wie er ihn geschildert hat?“ Angeklagter:
„Nein, aber mein Kompliment an den Herrn Staatsanwalt. Seine Idee wäre auch nicht schlecht gewesen!“
Zwei Mütter unterhalten sich über ihre jugendlichen Sprösslinge: „Was will ihr Sohn denn später werden?“ „Rechtsanwalt.
Er streitet sich gerne, mischt sich ständig in anderer Leute Angelegenheiten und weiß immer alles besser. Da habe ich ihm
geraten, er soll sich das bezahlen lassen!“
Von der Schönheit ihrer
neuen Sekretärin verzaubert
beschlossen zwei leitende
Angestellten, dass sie die
Einweisung ihrer neuen
Mitarbeiterin in sämtliche
Firmenangelegenheiten
persönlich vornehmen wollen. „Es liegt jetzt an uns
ihr den Unterschied zwischen richtig und falsch
beizubringen“, sagte der
eine. „Einverstanden“, entgegnete der andere voller Begeisterung. „Du bringst ihr bei was
richtig ist.“
Was ist der Unterschied zwischen einer verheirateten und einer ledigen Frau?
Die Ledige kommt nach Hause, schaut in den Kühlschrank und
geht frustriert ins Bett.
Die Verheiratete kommt nach Hause, schaut ins Bett und geht
frustriert an den Kühlschrank.
Er sucht Sie
Hallo! Mein Name ist Werner, bin 44, sitze zurzeit. in der
LVA Lingen (1 Jahr und 6 Monate). Suche auf diesem Wege
eine oder auch mehrere Sies für eine Brieffreundschaft, evt.
auch mehr – wer weis. Also ran an die Feder und Schreiben.
Freu mich über jeden Brief. Antwort garantiert.
Chiffre 305-50
www.jva-oldenburg.de
Mama hat einen Hassen zum Abendbrot gemacht.
Da die Kinder dieses Tier sehr lieb haben, verheimlicht sie
ihnen die Wahrheit. Der kleine Junge isst mit viel Appetit und
fragt seinen Papa, was es denn ist. Der Papa sagt ganz stolz:
„Ratet einmal? Ich gebe euch einen Tipp. Ab und zu nennt
Mama mich so.“
Da spuckt die Tochter aus und sagt zu ihrem Bruder: „Iss das
bloß nicht, dass ist ein Arschloch!“
Tr§tzdem 11/2010
59
§ KONTAKTANZEIGEN
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auf der oberen linken Seite des Umschlages Deine Adresse und unten Links die
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2. Denn Antwortbrief (oder mehrere) steckst Du in einen weiteren
Umschlag und legst für jeden Antwortbrief eine Briefmarke (55 Cent)
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3. Denn fertigen Briefumschlag ausreichend frankieren und ab
die Post an die:
Redaktion Tr§tzdem
Postfach 3080
26020 Oldenburg
60
Tr§tzdem 11/2010
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REZEPT
§
Thüringer Düschel
Zutaten:
1 Packung Weißbrot 400gr.
1 Päckchen Vanillezucker
1 Päckchen Vanille-Pudding
400 gr. Kirschmarmelade
150 gr. Butter
700 ml Milch
3EL Zucker
1 Prise Salz
2 Äpfel
Zubereitung:
Das Brot in Stücke schneiden (2cm) und auf einem Backblech goldgelb rösten. In dieser Zeit aus der ganzen Milch Pudding
kochen. Anschließend in den heißen Pudding 2/3 von der Butter, den Vanillezucker, die Marmelade und die Äpfel (klein geschnitten) einrühren. Die Eier mit Salz und Zucker schaumig schlagen und unterheben.
Eine Springform 26 cm einfetten und mit Mehl ausstreuen.
In einem größeren Gefäß die Masse mit den Brotstückchen leicht vermischen. Die ganze Mischung gleichmäßig in der Backform verteilen. Das restliche 1/3 der Butter in Flocken auf die Oberfläche verteilen.
Bei 180°C mit Umluft ca. 40 Min. backen.
Kalt mit geschlagener Sahne oder Soße servieren.
-Guten Appetit-
Der richtige Teig für jeden Anlass
Biskuitteig:
75g Mehl, 2 EL Wasser, 3 Eier
1 Päckchen Vanillinzucker
75g Speisestärke
1 TL Backpulver, 125g Zucker
1 Priese Salz
Das Wasser erwärmen, bis es lauwarm
ist. Die Eier trennen . Das Eigelb mit
dem erwärmten Wasser, Zucker und
Vanillinzucker verquirlen. Die Eimasse
zu einer festen Creme schlagen. Salz
zum Eiweiß zugeben und beides zu sehr
steifen Eischnee schlagen. Den Eischnee auf die Creme geben. Das mit
Backpulver und Speisestärke vermischte Mehl auf den Eischnee sieben und
unterrühren. Den Teig sofort in eine
gefettete und mit Mehl bestäubte
Springform geben und im vorgeheizten
Backofen bei 180 Grad, 35 min backen.
Tipp: In der Mitte aufschneiden, mit
Früchten u. geschlagener Sahne fühlen
u. Schokoladenglasur überziehen.
www.jva-oldenburg.de
Knetteig (Mürbeteig):
500g Mehl ‚ 6 EL Milch,
5 Eier
1 Päckchen Vanillinzucker
250g Butter
250g Zucker
Quark-Öl-Teig:
400g Mehl, 4 EL Milch
1 Päckchen Backpulver
170g Quark
2 EL Vanillinzucker
Abgeriebene Zitronenschale
6 EL Öl, 50g Butter
Die zimmerwarme Butter in kleine l00g Zucker
Stückchen schneiden und so lange
rühren, bis sie schaumig ist. Zucker und Quark gut abtropfen lassen, inzwischen
Vanillinzucker einrieseln lassen, die Butter aus dem Kühlschrank nehmen
Creme nochmals kurz durchrühren. Ein und auf Zimmer- wärme erwärmen
Ei nach dem anderen zugeben; dabei lassen. Beides zusammen mit Milch,
jedes Ei einzeln mit der Butter- creme Ö1 und Zitronenschale cremig rühren.
verquirlen. Nun abwechselnd einen Zucker und Vanillinzucker einrieseln
Schuss Milch und einige Esslöffel lassen. Füllung oder Belag zubereiten
gesiebtes Mehl unterrühren, bis beide und auf den Teig geben. Im vorgeheizZutaten verbraucht sind. Anschließend ten Backofen bei 200 Grad ungefähr 45
den Teig in eine gefettete und mit Mehl Minuten backen lassen.
bestäubte Form gießen und im vorgeheizten Backofen bei 180 Grad ca. 30 Tipp: Dieser Teig ist ideal für alle die
min backen.
nur wenig Zeit haben, aber trotzdem
nicht auf selbstgebackenes verzichten
Tipp: Geht nur wenig auf. Vor allem wollen, oder die noch wenig Backerfahfür Kekse und Tortenböden verwendet. rung mitbringen.
Rührteig:
500g Mehl, 6 EL Milch, 5 Eier 1 Päckchen Backpulver
1 Päckchen Vanillinzucker
200g Butter, 200g Zucker
Die zimmerwarme Butter in kleine
Stückchen schneiden und solange rühren bis sie schaumig ist. Zucker und
Vanillinzucker einrieseln lassen, die
Creme nochmals gut durchrühren, ein
Ei nach dem anderen zugeben (dabei
jedes Ei einzeln mit der Buttercreme
verquirlen). Nun abwechselnd einen
Schuss Milch und einige Esslöffel
gesiebtes Mehl unterrühren, bis beide
Zutaten verbraucht sind. Anschließend
den Teig in eine gefettete und mit Mehl
bestäubte Form gießen. Im vorgeheizten Backofen bei 180 Grad ca. 50 Minuten backen. Nach dem Backen den
Kuchen aus dem Ofen nehmen und ca.
2-3 Minuten ruhen lassen. Danach den
Kuchen auf ein Kuchengitter stürzen
und auskühlen lassen.
Tr§tzdem 11/2010
61
§ PRESSESPIEGEL
Je gläubiger, desto gewaltbereiter
STUDIE: Provokantes Ergebnis einer Studie: Jugendliche aus muslimischen Zuwandererfamilien schlagen
häufiger zu.
VON MARINA KORMBAKI
Hannover. Es sind besorgniserregende Befunde, die der
Kriminologe Christian Pfeiffer
am Wochenende vorgestellt
hat. Die Ergebnisse einer neuen Studie des Kriminologischen Forschungsinstitutes
Niedersachsen (KFN) bergen
Sprengstoff für die Integrationsdebatte und scheinen Wasser auf die Mühlen all jener
sein, die schon immer gewusst
haben wollen, dass aus dem
Islam nichts Gutes erwachsen
könne: Jugendliche aus muslimischen Zuwandererfamilien
sind demnach deutlich gewaltbereiter als junge Migranten
anderer Konfessionen - je häufiger junge Türken und Araber
in die Moschee gingen, desto
häufiger schlugen sie auch zu.
Die KFN-Forscher haben
in den Jahren 2007 und 2008
bundesweit rund 45000 Schüler im Alter von 14 bis 16 Jahren befragt - darunter etwa
10000 Migranten. Die Frage
nach dem Integrationsgrad
junger, religiöser Migranten
war da ein Aspekt von vielen.
Die Auswertung der Fragebögen förderte besonders bei
türkisch- stämmigen Jugendlichen erschütternde Ergebnisse
zutage: Nach eigenen Auskünften und nach solchen von
Opfern begingen 23,5 Prozent
der „sehr religiösen“ türkischen Migranten Gewalttaten
wie Körperverletzung und
Raub. Bei jungen Christen ist
es umgekehrt: Mit steigender
Religiosität sinkt die Neigung
zu solchen Taten. Was den
Wissenschaftlern außerdem
Sorge bereitet: Junge, sehr
religiöse Jugendliche mit türkischen Wurzeln haben nur zu
21,7 Prozent deutsche Freunde
und fühlen sich nur zu 14,5
Prozent als Deutsche - obwohl
doch 88,5 Prozent von ihnen
in Deutschland geboren wurden. KFN-Chef Pfeiffer weiß
um die Brisanz dieser Zahlen.
Er warnt vor vorschneller,
pauschaler Islamkritik: „Nicht
der Islam ist an der Gewaltbereitschaft türkischer Migranten
schuld, sondern das archaische
Männlichkeitsbild, das die
Imame in den Moscheen vermitteln“, sagte er dieser Zeitung. Die Mehrheit der Imame
komme ohne Deutschkenntnisse nach Deutschland, bleibe
Jugendliche und Religion
Von je 100 Jugendlichen zwischen 14 und 16 Jahren bezeichnen sich als
junge Christen
junge Muslime
5
30
nicht religiös
47
etwas religiös
24
20
3
46
religiös
sehr religiös
25
Stand 2007/ 08
Quelle: KFN
nur für kurze Zeit und baue
keine positive Beziehung zur
hiesigen Kultur auf. Ihre gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen verfingen besonders bei sozial ausgegrenzten
Jugendlichen „die gepredigte
Macho-Kultur kompensiert die
tatsächliche Schwäche der
jungen Männer“, sagt Pfeiffer.
Die KFN-Untersuchung hat
auch im niedersächsischen
Sozialministerium Widerhall
gefunden. ,,Die Studie zeigt,
dass unser Kurs der Imamweiterbildung in Niedersachsen
richtig und notwendig ist“,
sagte Ministerin Aygül Ozkan
gestern. „Wir brauchen eine
zielgerichtete Weiterbildung
der Imame vor Ort in Deutschland, damit diese einen stärkeren Beitrag zur Integration
leisten.“
An der Universität Osnabrück werden ab dem Herbst
Weiterbildungsseminare für
Imame angeboten. Zum Wintersemester 2012/13 sollen
dort erstmals in Deutschland
muslimische Theologen ausgebildet werden.
Quelle: HAZ 08.06.2010
Niedersachsen verweigert Entlassungen
SICHERUNGSVERWAHRUNG: Hannovers Justizminister Busemann will nicht, dass Straftäter von Amts
wegen freikommen können. Staatsanwälte zu Beschwerden aufgerufen. Hamburg zieht nicht mit.
Niedersachsen handhabt
die Entlassung von Straftätern
aus der Sicherungsverwahrung
streng. Justizminister Bernd
Busemann (CDU) forderte die
Staatsanwaltschaften per Erlass auf, bei bestimmten Entscheidungen Beschwerde einzulegen. Einen entsprechenden
Bericht des Spiegel bestätigte
am Samstag ein Ministeriumssprecher. Andere Bundesländer bestritten, dass es bei ihnen ähnliche Bestrebungen
gebe. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) hatte Anfang Mai die
62
Tr§tzdem 11/2010
rückwirkende Verlängerung
der Sicherungsverwahrung als
Verstoß gegen die Menschenrechte eingestuft. Das Gericht
verwarf damit ein deutsches
Gesetz von 1998. Nach Spiegel-Angaben spielen jetzt die
Justizministerien mehrerer
Bundesländer auf Zeit, um als
gefährlich eingestufte Straftäter vorläufig noch nicht in
Freiheit entlassen zu müssen.
Busemann vertritt die
Auffassung, dass die Entlassung noch gefährlicher Sexual- und Gewaltverbrecher auf
keinen Fall von Amts wegen
erfolgen soll. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits in
zwei Fällen erklärt, das Sicherheitsinteresse der Bevölkerung überwiege das Freiheitsinteresse eines verurteilten Straftäters. Solange Karlsruhe bei dieser Auffassung
bleibe, sei das EGMR-Urteil
nicht verbindlich.
In Niedersachsen sind zehn
als gefährlich eingestufte Täter
betroffen. Vor wenigen Tagen
erst scheiterte ein 59-jähriger
Straftäter erneut mit dem Versuch, unter Berufung auf das
EGMR-Urteil aus der Siche-
rungsverwahrung entlassen zu
werden. Das Oberlandesgericht Celle urteilte, die Entscheidung zwinge nicht zur
Entlassung des Mannes. Die
Auslegung der Straßburger
Richter widerspreche dem
Willen des deutschen Gesetzgebers, sagte eine Sprecherin
in Celle.
Hamburg will den niedersächsischen Weg offenbar
nicht mitgehen. Es gebe „eine
solche Absprache bisher
nicht“ sagte Pia Kohorst, Sprecherin der Justizbehörde.
Quelle: TAZ 31.05.2010
www.jva-oldenburg.de
PRESSESPIEGEL §
Folter und Misshandlung in 111 Staaten
STUDIE: Amnesty beklagt weltweite Missstände. Fortschritte durch Internationalen Strafgerichtshof.
VON BERND PICKERT
Straflosigkeit für schwerste
Menschenrechtsverletzungen,
Folter und Misshandlung von
Gefangenen in mindestens in
Staaten, unfaire Verfahren in
mindestens 55 Staaten, Einschränkung der Meinungsfreiheit in mindestens 96 Ländern:
Das sind die wichtigsten Anklagepunkte des neuen Jahresberichts von Amnesty International, den die Menschenrechtsorganisation heute weltweit veröffentlicht. Dabei bemüht sich Amnesty auch, positive Entwicklungen darzustellen.
2009 sei ein „Meilenstein
für die Menschenrechte“ gewesen, sagt die deutsche Amnesty-Generalsekretärin Moni-
Schauprozesse im
Iran: 8o Oppositionelle wurden
verurteilt, mindestens 16 von ihnen
zum Tode
ka Lüke. Zahlreiche Gerichtsurteile und politische Entscheidungen 2009 hätten die
Aussage unterstrichen, dass
niemand über dem Gesetz
stehe. Insbesondere der erste
Haftbefehl des Internationalen
Strafgerichtshofes gegen ein
amtierendes Staatsoberhaupt,
Sudans Präsidenten Omar
al-Bashir, gegen den Widerstand fast aller afrikanischer
Staaten sei wichtig gewesen,
sagte Lüke bei der Vorstellung
des Berichts in Berlin am
Mittwoch. Auch Peru, wo der
ehemalige Präsident Alberto
Fujimori wegen während seiner Amtszeit begangener
Verbrechen zu 25 Jahren Haft
verurteilt wurde, habe Maßstäbe gesetzt. Allerdings hätten
sich die USA, China, Russland, Iran und Afghanistan
gegenüber Forderungen nach
Aufklärung und Verfolgung
von Menschenrechtsverletzungen „taub gestellt: sagte Lüke.
Ausführlich geht auch
Claudio Cordone, noch bis
Juni dieses Jahres lnterimsgeneralsekretär in der Londoner
Amnesty-Zentrale, im Vorwort des Jahresberichts auf die
internationale Strafverfolgung
ein. Er zeichnet das Bild einer
Erfolgsgeschichte, wobei der
Internationale Strafgerichtshof
eine zentrale Rolle spiele.
„Selbst in Staaten, die die Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofes nicht
akzeptieren, hat allein die Existenz dieses Gerichts die
Frage der Rechenschaftspflicht verstärkt in den Mittelpunkt gerückt‘: schreibt Cordone. Derzeit haben 81 Staaten das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes noch
nicht unterzeichnet, darunter
sieben G-2o-Staaten.
In den Länderberichten,
traditionell der Schwerpunkt
im Datenteil des Jahresberichts, hebt Amnesty insbesondere Afghanistan und Iran
hervor. Nach wie vor würden
in Afghanistan Zivilisten Opfer der Taliban und anderer
bewaffneter Gruppen sowie
auch der internationalen Streitkräfte. „Wenn Präsident Karsai bei den anstehenden Verhandlungen mit den Taliban
die wenigen Fortschritte bei
den Menschenrechten opfert,
muss die internationale Ge-
meinschaft klarmachen: Die
Menschenrechte sind nicht
verhandelbar“ forderte Monika Lüke.
Auch im Iran hat sich laut
Amnesty die Situation deutlich
verschlechtert. Seit den Präsidentschaftswahlen im Juni
2009 habe die Verfolgung von
Oppositionellen und Menschenrechtsverteidigern zugenommen. In Schauprozessen
seien über 80 Personen verurteilt worden, mindestens 16
davon zum Tode.
Enttäuscht zeigt sich Amnesty von der Regierung
Barack Obamas. Weder habe
er seine Ankündigung eingehalten, das Gefangenenlager
in Guantánamo binnen eines
Jahres zu schließen, noch seien die großen Rechtsstaatsprobleme bei der Behandlung
von Terrorverdächtigen beseitigt worden. „Wenn einige
Gefangene von Guantánamo
nach Illinois verlegt werden,
aber weiter ohne rechtsstaatliches Verfahren in Haft bleiben, ändert sich für diese
Männer nichts - außer der
Postleitzahl“: sagte Lüke.
Quelle: TAZ 27.05.2010
Regierung einig bei Sicherungsverwahrung
JUSTIZ: Nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung soll nicht mehr möglich sein. Regierung setzt auf
elektronische Fußfesseln.
BERLIN Die Bundesregierung hat sich auf eine Reform der umstrittenen Sicherungsverwahrung geeinigt.
Das Kabinett beschloss am
Mittwoch Eckpunkte für ein
neues Gesetz von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).
Dabei werden auch elektronische Fußfesseln in Betracht
gezogen, um rückfallgefährdete Täter nach der Haftentlassung Orten zu können.
Bei der Sicherungsverwahrung bleiben Täter, bei denen
die Gefahr eines Rückfalls
www.jva-oldenburg.de
besteht, auch nach der Haft
eingesperrt. Das soll künftig
nur noch möglich sein, wenn
die Sicherungsverwahrung
bereits im Urteil zumindest
vorbehaltlich vorgesehen war.
Diese Möglichkeit, dass sich
Richter eine endgültige Anordnung zu einem späteren
Zeitpunkt der Haft offen halten können, soll ausgebaut
werden. Die nachträgliche
Sicherungsverwahrung, die am
Haftende angeordnet wird und
die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) in Straßburg verur-
teilt hatte, soll es nicht mehr
geben. Zudem soll die Verwahrung nicht mehr bei Vermögensdelikten ohne Gewaltanwendung möglich sein.
Für Sicherungsverwahrte,
die aufgrund nachträglich angeordneter Verwahrung und
des EGMR-Urteils freigelassen werden müssen, will Leutheusser Schnarrenberger elektronische Fußfesseln zur Ortung einsetzen. Die Ministerin
warnte jedoch davor, eine elektronische Überwachung als
das „alleinige Heilmittel‘ zu
betrachten.
Die geplante elektronische
Fußfessel stößt jedoch auf
Kritik. Der stellvertretende
Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP),
Bernhard Witthaut, monierte,
in einer Großstadt sei es kaum
möglich, mehrere hundert Meter zu gehen, ohne an einer
Schule, einem Spielplatz, einer
Kindertagesstätte vorbeizulaufen. Der elektronische Sender
könne auch nicht zwischen
einem Kontakt des Überwachten mit einem Kind oder einem Erwachsenen unterscheiden.
Quelle:TAZ 24.06.2010
Tr§tzdem 11/2010
63
§ KULTUR & UNTERHALTUNG
Wissen ist Macht...
… doch Nichtwissen macht auch nichts
In der heutigen Gesellschaft ist Bildung eine Schlüsselqualifikation für alle Lebensbereiche, seien es private oder berufliche. Allgemeinbildung im
engeren Sinne bedeutet nichts anderes als die Fähigkeit mitzureden, und mitreden zu können hat sicherlich noch keinem geschadet. In unserer Rubrik
„Wissen ist Macht…“ präsentieren wir ihnen Fragen aus verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens die ihr Wissen erweitern, auffrischen, oder
sie einfach nur unterhalten sollen. Versuchen sie die Fragen ohne Zuhilfenahme der Lösungen zu beantworten. Wir wünschen ihnen viel Vergnügen.
1. Was sind Schöffen?
a. Vorsitzende im Bundesparlament
a. Leonardo da Vinci
b. Mitarbeiter im Justizministerium
b. Michelangelo Buonarroti
c. juristische Berater bei der Gesetzgebung
c. Andrea del Verocchio
d. ehrenamtliche Laienrichter
d. Pablo Picasso
2. Was ist die UNESCO?
8. Wer war James Watt (1736-1819)?
a. UN-Organisation zur Artenschutz
a. Erfinder des Elektromotors
b. UN-Organisation für Flüchtlingshilfe
b. Erfinder der Glühbirne
c. UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft & Kultur
c. amerikanischer Erfinder des Revolvers
d. UN-Organisation für industrielle Entwicklung
d. britischer Ingenieur und Erfinder der Dampfmaschine
3. Das höchste Organ der Rechtsprechung in Deutschland ist
9. Wer löste Ludwig Erhard als Bundeskanzler ab?
a. das Bundesverwaltungsgericht
a. Helmut Kohl
b. die Generalstaatsanwaltschaft
b. Kurt-Georg Kissinger
c. der Bundesgerichtshof
c. Willy Brandt
d. das Bundesverfassungsgericht
d. Helmut Schmidt
4. Wann wurde in Deutschland der Euro eingeführt?
10. Wie heißt das Parlament in den USA?
a. 2003
a. Duma
b. 2002
b. Kongress
c. 1999
c. Senat
d. 2000
d. Upper House
5. Was ist das Nettogewicht einer Ware?
11. Wie viele Noten umfasst eine Oktave?
a. das Gesamtgewicht
a. 8
b. das Gewicht zum Zeitpunkt der Verpackung
b. 12
c. das Gewicht ohne Verpackung
c. 9
d. das Gewicht ohne jeglichen Wasseranteil
d. 10
6. Welche der folgenden Lehren ist keine Naturwissenschaft?
64
7. Wer malte die Mona Lisa?
12. In welchem Stil ist der Kölner Dom erbaut?
a. Astrophysik
a. im romantischen Stil
b. Astronomie
b. im gotischen Stil
c. Astrologie
c. im barocker Stil
d. Meteorologie
d. im klassizistischen Stil
Tr§tzdem 11/2010
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KULTUR & UNTERHALTUNG
13. Wer war Sophie Scholl (1921-1943)?
20. Wann fand in Russland die Oktoberrevolution statt?
a. deutsche Schauspielerin
a. 1914
b. französische Chansonette
b. 1918
c. deutsche Balletttänzerin
c. 1917
d. deutsch Widerstandskämpferin gegen die NS-Diktatur
d. 1920
14. Wie lautete der Name des Ersten Deutschen Reiches?
21. Welcher europäische Staat führte seit 1815 keinen Krieg?
a. Deutsches Kaiserreich
a. Schweiz
b. Heiliges Römisches Reich Deutscher Nationen
b. Finnland
c. Imperium Germanicum
c. Österreich
d. Großdeutsches Reich
d. Dänemark
15. Was versteht man unter Rezession?
22. Bei welcher Temperatur liegt der absolute Nullpunkt?
a. starke Geldentwertung
a. bei minus 189° C
b. die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage
b. bei 0° F (Fahrenheit)
c. staatliche Einflusse auf Unternehmensentscheidungen
c. bei minus 273,15°C
d. Kapitalflucht ins Ausland
d. bei 0° C
16. Die Grundrechte der Verfassung Deutschlands sind...
23. Wo findet die Braun‘sche Röhre ihre Verwendung?
a. mittelbar geltendes Recht
a. im Fernseher
b. sozial bindendes Recht
b. im Radio
c. unmittelbar geltendes Recht
c. als Lichtverstärker im Laser
d. unverbindlich geltendes Recht
d. im Röntgenapparat
17. in welchem Jahr wurde die Bundeswehr gegründet?
24. Wer zerstörte Karthago 146 v. Chr?
a. 1956
a. die Araber
b. 1949
b. die Römer
c. 1950
c. die Griechen
d. 1960
d. die Phöniker
18. Welcher Nationalität war Christopher Kolumbus?
a. Spanier
b. Portugiese
c. Italiener
d. Franzose
19. Wann endete der Vietnamkrieg?
a. April 1975
b. September 1970
c. Dezember 1980
d. Juli 1977
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§
25. Woher stamm der Name „Firmament“?
a. es geht auf das Wort „Firnis“ (Schutzanstrich) zurück; die
Gallier waren der Ansicht, dass die Funktion des Himmels
eine Art Schutzmantel für die Erde sei
b. aus Altägypten; die Ägypter glaubten , dass alles irdische
und Überirdische von den Göttern wie in einem Handwerkbetrieb (Firma) im Himmel bearbeitet wird
c. von dem Wort „Firmung“, einem katholischen Sakrament
zur Glaubensfestigung, und dem Glauben dass alles Heilige im Himmel existiert
d. von der falschen Annahme in der Antike, dass die Himmelskörpern einem Himmelsgewölbe, das sich um die Erde dreht, befestigt (firm) seien
* Lösungen zu den Aufgaben finden Sie auf der Seite 72
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§ KULTUR & UNTERHALTUNG
Warum die Welt immer kleiner wird
Jeff Rubin
(RUBI 226-10)
Das Sachbuch beleuchtet auf unterhaltsame Weise die Abhängigkeit unserer westlichen Welt von den fossilen Brennstoffen. Die gesamte Wirtschaft und der Konsum der industrialisierten Welt hängen
unmittelbar von der Fördermengen und
den Preisen für das schwarze Gold ab.
Das billige Erdöl, hat die Menschheit
mobil gemacht und die Globalisierung
ermöglicht Doch durch die Verknappung und gleichzeitig steigenden Bedarf, werden die Preise für das Erdöl seteigen und für
viele unerschwinglich werden. Das absehbare Ende bietet aber
auch Chancen für Innovationen. Man gewinnt die Einsicht, dass
selbst gesetzte Schranken aus der Vernunft und dem Wissen um
die Misswirtschaft heraus, erträglicher und nachhaltiger sind,
als verspätete Zwangseinschränkungen.
ISBN 978-3-446-41955-1 Hanser Verlag
280 Seiten 19,90 €
Johann Peter Hebel
Bernhard Viel
(VIEL 242-10)
Johann Peter Hebel gehört zum Erbe klassischer deutscher Bildung. Ihm ist es als
erstem gelungen auf die naivste, anmutigste Weise im bäuerlichen-kleinbürgerlichen
Milieu den Weltentwurf der Aufklärung zu
vermitteln. In seinem Innersten war Hebel
jedoch ein gebrochener Charakter der zeitlebens unter dem frühen Tod seiner Mutter litt. Bernhard Viel
stellt in dieser Biographie die komplexe Persönlichkeit des
Theologen, Pädagogen und Schriftstellers Hebel auf einfühlsame Weise dar und ordnet sie in die klassische Zeit der Literatur
der Jahre um 1800 ein. Er verfolgt Hebel auf seinem Weg zur
Klassik, zum Bildungsroman der Goethezeit und zur Romantik.
ISBN 978-3-406-59836-4 C.H.Beck Verlag
280 Seiten 22,95 €
Mordkommission
Richard Thiess
(THIE 239-10)
Als Leier der Mordkommission Mündchen hat Richard Thiess das Ergebnis
allerlei menschlichen Gewaltexzesse zu
Gesicht bekommen. Ob Mord und Todschlag, Geiselnahmen oder ein Familiendrama das in einem Blutbad endete, als
Mitglied der Mordkommission hat man
es jeden Tag mit Leid, Wut , Verzweifelung und Hass zu tun. In packenden und
emotionalen Geschichten schildert er wahre Ereignisse aus dem
Leben eines Ermittlers und nimmt den Leser auf eine Reise
durch die Abgründe menschlichen Seins. Thiess zeigt auf wie
die Mordkommission aufgebaut ist , mit welchen Methoden die
Ermittler ns Werk gehen und erklärt warum die Vernehmung
mitunter das Herzstück kriminalistischer Arbeit ist.
ISBN 978-3-423-24796-2 dtv-Verlag
237 Seiten 14,90 €
66
Tr§tzdem 11/2010
Titan
Robert Harris
(HARR 246-10 )
Wenn man die Macht im Staat innehat ist es dann gerechtfertigt, illegale Methoden anzuwenden um die Republik zu
retten? Diese Frage hat bis heute überdauert und obwohl sich das Geschehen
im Rom des 7. Jh. abspielt meint man
sich in einem Polittriller der Moderne
wieder zu finden. Im Kampf um politischen Einfluss geht es nicht nur um unschlagbare Rhetorik. Korruption, Verschwörungen und Mord
stehen auf den Tagesordnung. Robert Harris zeigt sich wieder
mal als ein wahrer Meister seiner Zunft. Er entführt den Leser
mit einem exzellent recherchierten historischen Roman ins antike Rom und zeigt einem die Abgründe des politischen Machtspiels, die auch in der heutigen Zeit ihre Brisanz und Authentizität nicht verloren haben
ISBN 978-3-453-00158-9 Heyne Verlag
540 Seiten 21,95 €
Die Volksbibel
Neues Testament
(DREY 240-10)
Die Bibel ist das Buch der Bücher! Kein
Buch der Welt ist so oft gedruckt, gelesen
und übersetzt worden, sie führt unschlagbar die Bestsellerlisten aller Zeiten an.
Doch glaubt man Umfrageergebnissen
von Forschungsinstituten so ist die Bibel
auch ungeschlagen auf der Liste der Bücher die nie zu Ende gelesen werden. Die Volxbibel möchte
dieser Diskrepanz nun ein Ende setzen. In einer angemessenen
gut lesbaren Sprache übersetzt die Volxbibel die zweitausend
Jahre alte Gottes Geschichte ohne dabei ihre radikale Aussagen
und Lehren weichzuspülen.
ISBN 978-3-940041-00-5 Volxbibel Verlag
556 Seiten 9,95 €
Stadt der Engel oder
The Overcoat of Dr. Freud
Christina Wolf
(WOLF 132-10)
Christina Wolf schreibt eine autobiographische Prosa. Eine Erzählung über eine
Frau, die sich mit der deutschen Staats–
und Gesellschaftsform nach der Wende
auseinandersetzt. Diese Frau emigriert
aus dem nationalsozialistischen Deutschland in die USA. Dort beobachtet sie die
amerikanische Lebensweise als deutschsprachige Emigrantin,
die oft über die Lage im wiedervereinigten Deutschland, Fragen
über den Virus der menschenverachtenden Werte beantworten
muss. In der täglichen Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit, stellt sich die Erzählerin einem Ergebnis ihres früheren
Daseins, das sie in eine existenzielle Krise bringt und zu einer
Reflexion ihrer Erinnerungen zwingt.
ISBN 3-518-42050-8 Suhrkamp Verlag
414 Seiten 24,80 €
www.jva-oldenburg.de
Büchertipp
Abgründe
Wenn aus Menschen Mörder
werden
Josef Wilfling
(P-WILF 133-10)
Josef Wilfling, ehemaliger Leiter der Münchner Mordkommission, nutzt nach 42 Dienstjahren seinen Ruhestand um
„alltägliche“ Mordfälle aus seinem Arbeitsalltag niederzuschreiben, aufgegliedert anhand ihrer Mordmerkmale und Motive. Wilfling wurde bekannt durch die Aufklärung der Sedlmayr- und Mooshammer Morde, die aber in seinem Buch nicht
dargestellt werden, da man sie aus der Presse hinlänglich
kennt. Wilfling gibt Einblicke in die Ermittlertätigkeit und vor
allem in die „Abgründe“ der menschlichen Psyche, in dem er
die Frage stellt: wie und warum geschehen Morde?
Aus der Gruppe der niederen Beweggründe hat Wilfling drei
Mordmerkmale ausgesucht, auf die er sein Augenmerk richtet:
Habgier, Mordlust und Befriedigung des Geschlechtstriebes.
Zudem schildert er je einen Fall zu Heimtücke, Grausamkeit,
Gemeingefährlichkeit und Verdeckungsmord. Neben diesen
besonderen Einblicken in seine Arbeit, geht er der Frage nach,
ob Frauen anders töten als Männer. Er beleuchtet das Verhalten Unschuldiger und zeigt auf, woran man Lügner erkennen
kann.
Das Buch ist sachlich und unaufgeregt geschrieben, aber mit
einer angemessenen Prise Humor gespickt, so dass es sehr
spannend zu lesen ist. Bei manch detaillierten Beschreibungen
sind starke Nerven erforderlich. Denn letztlich stellt sich die
Wirklichkeit manchmal skuriller dar, als man es sich in der
Phantasie je ausmalen könnte...
ISBN 978-3-453-16753-7 Wilhelm Heyne Verlag
320 Seiten 19,95 €
Sprengsatz Inflation
Henrik Müller
(MUEL 241-10)
Eine enorme Menge an Geld haben die Notenbanken in die konjunkturschwache Wirtschaft in der ganzen Welt gepumpt. Doch
damit droht ein globaler Inflationsschub,
von den sich kein Land retten kann. Auf die
Finanzkrise folgt eine große Geldwertkrise.
Der promovierte Volkswirt Henrik Müller,
schildert in seinem Buch, auf ernüchternde
und schlüssige Weise, die Zusammenhänge in einer globalen Wirtschaftswelt und erklärt warum wir uns auf die Regierung und Notenbanken nicht mehr verlassen können.
ISBN 978-3-593-39145-8 Campus Verlag
190 Seiten 17,90 €
www.jva-oldenburg.de
§
KULTUR & UNTERHALTUNG
Andere Räume,
andere Träume
Daniyal Mueenuddin
(MUEE 236-10)
Ein altes Sprichwort aus dem Punjab
besagt: „Drei Dinge, für die wir töten
sind Land, Frauen und Gold.“ Und diesem Thema widmet sich auch Daniyal
Mueenuddin in seinem Debüt. Mitreißend, tragisch und humorvoll beschreibt
er in acht faszinierenden Erzählungen
das Leben von Menschen um eine einflussreiche und vermögende pakistanischen Familie aus der
Landbesitzerklasse. Der Leser findet sich in einem Labyrinth
aus Machtspielen und Ausbeutung wieder. Gekonnt webt Mueenuddin die Lebensgeschichten der Menschen ineinander und
entführt den Leser in eine Welt von grenzenloser Liebe, Sehnsucht und Verlust.
ISBN 978-3-518-42141-3 Suhrkamp Verlag
286 Seiten 19,90 €
Komödie des Alterns
Michael Scharang
(SCHA 237-10)
Sie waren einst wahre Freunde, unzertrennlich wie Pech und Schwefel. Obwohl sie verschiedener nicht sein konnten - ein Ägypter und ein Österreich fanden sie dennoch immer einen Kompromiss. Doch mit zunehmenden Alter
wird das Verhältnis der beiden immer
angespannter. Als jeder klare Indizien
dafür hat, dass der andere eine gemeine
Intrige gegen ihn führt, wird aus einstiger Freundschaft erbitterter Hass. Scharang verarbeitet in seinem Buch, die Idee von
Freundschaft, Freiheit im Leben und der Arbeit, gepaart mit
einem Hauch an Kritik am menschenfeindlichen Kapitalismus.
ISBN 978-3-518-42035-2 Suhrkamp-Verlag
250 Seiten 19,80 €
Die Zukunftsmacher
Max Brockman
(BROC 238-10)
Was ist eigentlich dunkle Energie? Werden wir alle in den Norden ziehen? Vieren - die Außerirdischen unter uns? Diesen und viele andere Fragen wird in diesem Buch auf den Grund gegangen. Max
Brockman vereinigt in seinem Werk
eine packende Sammlung an Essays
einer neuen Forscherelite, die unsere
Zukunft wesentlich prägen werden. Die neue Generation vielversprechender junger Wissenschaftler - einige der brillantesten
Köpfe unserer Zeit - stellen nicht nur ihre innovativen Forschungsziele vor, sondern erörtern deren soziale, ethische und
philosophische Auswirkungen auf unser zukünftiges Leben. Ein
informativer und ambitionierter Reiseführer in die Zukunft der
Wissenschaft.
ISBN 978-3-10-004415-0 S. Fischer Verlag
270 Seiten 19,95€
68
Tr§tzdem 11/2010
Ich werde rennen wie ein Schwarzer, um zu leben wie ein Weißer
Christian Ewers
(F-EWE 473-10)
Eine Reise in die Legenden vom goldenen Fußball Europas, dem vor allem
die Nachwuchskicker des afrikanischen Kontinents erliegen oder auch
wissentlich geopfert werden. Es berichtet vom Missbrauch menschlicher
Hoffnungen und lädt ein auf eine Reise zu Orten des Betruges und der Enttäuschung, aber auch zu
Orten der Kraft und des Stolzes. Sowohl der kritische Blick
auf die afrikanischen Spieler, die aufgrund ihres fehlenden,
langfristigen Denkens ihre eigene Chance auf eine Zukunft
verbauen, als auch der Blick auf skrupellose Machenschaften
beleuchten die triumphale Welt des Geldes aus einer anderen,
einer bisher nicht bekannten Sicht.
ISBN 978-3-579-06872-5 Gütersloher Verlagshaus
154 Seiten 10,95€
Die Kälte darf nicht siegen
Gisela Mayer
(MAYE 244-10)
Gisela Mayer ist eine engagierte Muter
und Ethiklehrerin und Kämpft bereits
seit Langem gegen die Gleichgültigkeit und Kälte, die sich in unserer Gesellschaft immer stärker ausbreitet.
Der 11. März 2009 war für sie der
schwärzeste Tag den sich eine Mutter
vorstellen kann. An diesem Tag wurde
ihre Tochter von dem jugendlichen
Amokläufer in Winnenden in den Tod gerissen. Jetzt schreibt
sie ein sehr persönliches Buch darüber, was sich in unserer
Gesellschaft ändern muss, damit es kein weiteres Winnenden
mehr geben kann.
ISBN 978-3-550-08814-8 Ullstein-Verlag
217 Seiten 19,95 €
Piraterie
Eigel Wiese
(P-WIES 472-10)
Wer glaubte die Piraterie gehört längst
der Geschichte an und komme nur in
Hollywood Inszenierungen vor, der
hat sich mächtig geirrt. Die Piraterie
erlebt in Zeiten des globalen Handel
des 21 Jh. eine Renaissance. Mit einem ausgefeilten System von Entführung und Erpressung, das sich darin
gefällt keinem Rechenschaft schuldig zu sein, stellt die neue
Form von Piraterie nicht nur einen Bedrohung für den Welthandel sondern auch den Weltfrieden dar. Man stelle sich
vor : „Ein gekaperter Öltanker mit 1000 000 Barrel Öl an
Bord, wird entführt und für terroristische Zwecke eingesetzt“.
Bei der Bekämpfung von Piraterie ist in erster Linie politisches Handeln gefragt. Doch gerade hier hapert es bislang.
ISBN 978-3-7822-1008-9 Koehler-Verlag
198 Seiten 24,90 €
www.jva-oldenburg.de
KULTUR & UNTERHALTUNG
Türken-Sam.
Eine deutsche Gangsterkarriere
Cem Gülay, Helmut Kuhn
(GÜLA 113-10)
Gangster sind nicht beliebt, aber sexy.
Unter diesem Motto war Türken Sam
sogar bei Anne Will auf dem Sofa und
berichtete von Macht, Mädchen und
Respekt. Im autobiographische Buch
schildert der Sohn einer GastarbeiterFamilie seinen Weg von der Kinderstube
im Hamburger-Lokstedt, über die Flucht vor Ausgrenzung nach
Amerika, bis zur seiner Gangsterlaufbahn in der Hamburger
Mafia. Doch der Weg der ihn eigentlich nach oben führen sollte, führt ihn einfach in den Keller. Die ehrenhafte Al-Pacinoähnliche Ersatzfamilie lässt ihn ebenso fallen wie der eigene
Vater: in ein Meer von Schulden Drogen und Verrat.
ISBN 978-3-423-24809-9 dtv-Verlag
278 Seiten 14,90 €
Teufelswand
Simon Kehrer, Walter Nones
(KEHR 110-10)
Von einer Sekunde auf die andere ist
nichts mehr wie vorher. Gerade stand er
noch da, und dann war er weg. So beschreibt Simon Kehrer den Moment in
dem sein Freund Karl Unterkircher
starb. Nach dem plötzlichen Tod ihres
Expeditionsleiters und Freunds, stehen
zwei Freunde alleine am Nanga Parbat
in 6350 m Höhe. Weil sie auf ihrer Aufstiegsroute nicht absteigen können, müssen sie bis auf 7500 m
weiterklettern. Die beiden Freunde schildern wie sie nach den
Verlust ihres Kameraden, eineinhalb Tage am Rand der Spalte
ausharrend, ihre Kraft wieder fanden, und warum sie weiter
kletterten.
ISBN 978-3-89029-378-3 Malik-Verlag
233 Seiten 19,95 €
Der Staatsbankrott kommt!
Michael Grandt
(P-GRAN 112-10)
Die Ereignisse in Griechenland und Dubai waren nur der Vorgeschmack auf das
wirtschaftliche Fiasko welches noch
folgen wird. Michael Grand ist kein Verschwörungstheoretiker oder Untergangsprophet, seine Analyse ist fundiert,
schlüssig, akribisch recherchiert und mit
über 800 seriösen Quellangaben belegt.
Seine Enthüllungen sind beängstigend:
Der Staat wird auf ihr Vermögen (vorausgesetzt sie haben welches) zugreifen, wenn er mit den Rücken zur Wand steht. Das
hat er schon immer getan und das wird er auch in Zukunft tun.
Der Autor schildert wie trickreich und ausgeklügelt dies geschehen kann und wie man sich dagegen am besten zur Wehr setzen
kann.
ISBN 978-3-942016-25-4 Kopp-Verlag
350 Seiten 19,95 €
§
Natürlich kann geschossen werden
Michael Sontheimer
(SONT 111-10)
Am 14. Mai 1970 verhalfen in BerlinDahlem sechs junge Frauen und ein
Mann ihrem Freund und Genossen Andreas Baader zum Sprung in die Freiheit.
Es war ein Sprung in das Grauen der
Roten Armee Fraktion. Die RAF ist der
schwarze Fleck in der Erfolgsgeschichte
des jungen Nachkriegsdeutschland. 23
Jahre lang führten junge Deutsche aus
der Mittelschicht Krieg gegen den Staat. Sogar 40 Jahren nach
den ersten Aktionen der RAF ist dieser Kapitel der deutschen
Geschichte noch nicht vollständig aufgearbeitet. Der Autor beschreibt warum immer wieder junge Menschen in den Untergrund gingen und fasst neun Erkenntnisse über die Gruppe zusammen.
ISBN 978-3-421-04470-9 SPIEGEL-Buchverlag
210 Seiten 19,95 €
Die Bücherei informiert!
– Eine Weitergabe der geliehenen Bücher ist nicht erlaubt.
– Für Schäden oder Verlust ist derjenige verantwortlich, der sich die Bücher ausgeliehen hat.
– Die Verleihdauer beträgt bei Gesetz– und Sachbüchern 2 Wochen. Bei allen anderen
Büchern bis max. 6 Wochen.
– Im Antrag ist das Kürzel, die Buch-Nr. und der Buchtitel anzugeben.
– Es können bis zu 5 Bücher gleichzeitig ausgeliehen werden.
– Bestellungen der Bücher nur mit Antragsformular.
– Anträge möglichst bis Mittwoch einreichen.
www.jva-oldenburg.de
Tr§tzdem 11/2010
69
§ SUDOKU
mittel
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5
Gewinnen mit Sudoku:
1.Die einzelnen Felder sind so mit den Zahlen von 1 bis 9 auszufüllen, dass jede Zeile, jede Spalte und jedes der neun Quadrate die Zahlen 1 bis 9
jeweils nur einmal enthält. 2.In jedem Sudoku sind zwei Felder grau hinterlegt und nummeriert. Die Zahlen dieser Felder ergeben die Lösungszahl.
3.Den Teilnahmecoupon bitte über die Hauspost an die Redaktion schicken. 4.Unter allen komplett richtig ausgefüllten Teilnahmecoupons werden
die Preise ausgelost. 5.TR§TZDEM-Redaktionsmitglieder sind von der Teilnahme ausgeschlossen. 6.Einsendeschluss ist der 01. Januar 2011.
1.
2.
3.
Preis
Preis
Preis
Torte nach Wahl
Kaffee nach Wahl
Tabak nach Wahl
Sudoku-Lösung aus Heft Nr. 42: 6 3 8 8 9 5 5 5
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4
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7
Gewinner:
8
Ausgebe Nr. 43 November 2010
Name
Vorname
Station
Buch-Nr.
70
Ort, Datum
1. Preis: Hans-Jürgen K. (Station C4)
2. Preis: Timo B. (Station C2)
3. Preis: Daniel S. (Station D4)
Wir gratulieren allen Gewinnern ganz herzlich.
Die Gewinne werden beim nächstmöglichen Einkauf ausgegeben.
www.jva-oldenburg.de
Tr§tzdem 11/2010
Unterschrift
Quelle: Rätselagentur Kanzlit
Sudoku Lösungszahl
§
RÄTSEL
dünnes
Tau
Luftreifen/
Kurzwort
poetisch:
Nadelwald
KfzZeichen
Lesotho
ausgestorb.
Riesenvogel
Kampfort 333
v. Chr.
norddt.
Höhenzug
englischer
Männername
Figur in
„Der Rosenkavalier“
Fußball- veraltet:
strafstoss Liebhaber
Dränage
Abk.: im
Entwurf
Silberpapier
ita.
Klosterbruder/
Kurzw.
islam.
Gelehrtenstand
Zeichen
für
Thallium
Tresterwein
Salz der
Ölsäure
rasch
Dachausstich
mit
Fenster
verneinendes
Wort
Gestell
im Keller
ägypt.
Sonnengott
weibl.
Haustier
eng.
Katze
erster
dt. Bundespräsident†
Name
Von
Bächen,
Flüssen
nach
Abzug
Ausheben einer Baugrube
geprägte
Wand- englische
beklei- Dynastie
dung
Verwaltung
(FremdWort)
Freund
der
Barbie
(Puppe)
chines.
Expolitiker
Strom
zum Balchaschsee
Stinkmarder
Kfz-Zeichen
Ostallgäu
König v.
Juda
907-867
v. Chr
Hinweis
deutsche
Vorsilbe
unbestimmter
Artikel
Spitzname von
Eisenhower
Börsenansturm
früh.
Kfz-Z.
Stadthagen
biblischer
Prophet
Männerkurzname
Abk.:
Straße
Italienisch:
drei
internat.
Olympisches
Komitee
unweit
Frauenkurzname
französisch für
Osten
Erzart
vielverspre- Ärger
chend
Kfz-Z.
Niedersächs.
Landtag
Kfz-Zeichen
Starnberg
engl.
Männername
Osteuropäer
Abk.:
Handelshochschule
Kaninchenrasse
kroatische
Insel
eine
Weltreligion
Kfz-Zeichen
Parchim
Dehnungslaut
Quelle: Pro-Reo 4/2009
Militärmusikcorps
Männername
westfries.
Insel
www.jva-oldenburg.de
Fehlen
jeder
Ordnung
veraltete
Anrede
Haustier
Tapferkeit
Tr§tzdem 11/2010
71
§ IMPRESSUM
Adressenverzeichnis
Vorlagepflichtige Gefangenenzeitung der
JVA Oldenburg
Herausgeber
Gerd Koop
Leiter der JVA Oldenburg
Europäischer Gerichtshof für
Menschenrechte
F-67075 Strasbourg Cedex
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Redaktion TR§TZDEM
Cloppenburger Str. 400
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Sascha E. (SE)
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Wir haben uns bemüht sämtliche Inhaber der Bildund Textrechte zu ermitteln. Sollte dennoch eine
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72
Menschenrechte und
Friedensdienste
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Bundessozialgericht
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Bund (ehem. BfA)
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Deutscher Bundestag
Petitionsausschuss, Bundeshaus
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SCHUFA
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Massenbergstr. 9-13 • 44787 Bochum
Schwarzes Kreuz
Christliche Straffälligenhilfe e.V.
Jägerstraße 25a • 29232 Celle
Tel.:(05141) 946 160
Stiftung Entschuldungshilfe
E.-Ludwig-Str. 3 • 55116 Mainz
Tel.:(06131) 164 886
Strafvollzugsarchiv an der
Universität Bremen,
Prof. Feest, FB 6
Postfach 330 440 • 28353 Bremen
Tel.:(0421) 218 403 5
Täter-Opfer-Ausgleich (Dialog)
Schönstedtstr. 5 • 13357 Berlin
Weißer Ring
Weberstr. 16 • 55130 Mainz
Lösungen zu „Wissen ist Macht…“
Multiple Joyce Fragen:
1. d, 2. c 3. d, 4. b, 5. c, 6. c, 7. a, 8. d, 9. a, 10. b, 11. a, 12. b,
13. d, 14. b, 15. b, 16. c, 17. a, 18. c, 19. a, 20. c, 21. a 22. c, 23. d, 24. b, 25. d
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