Bunte Vielfalt und Rokoko ganz in Weiß

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Bunte Vielfalt und Rokoko ganz in Weiß
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6. JUNI 2016
MONTAG
Stadt Ludwigsburg 7
WWW.LKZ.DE
K Ludwigsburger Pferdemarkt: Festumzug lockt Tausende
Barocke Blumenpracht zeigte der Wagen des Blühenden Barocks – und erhielt dafür eine Auszeichnung.
Viele Kinder liefen im Umzug mit, wie hier der Nachwuchs des Gesangvereins Poppenweiler mit Gaby Knorpp.
UMZUG
Bunte Vielfalt und
Rokoko ganz in Weiß
SPLITTER
Politische Konstellationen
Die Änderungen in der politischen Farbenlehre
spiegelten sich jetzt auch in der Besetzung der
Pferdekutschen mit den Ehrengästen wieder.
So saßen die Grünen-Stadträtin Elfriede Steinwand und ihr CDU-Kollege Klaus Herrmann ein-
Über 60 Gruppen erzählen Geschichte der Stadt – Menschen säumen die Straßen
VON ANGELIKA BAUMEISTER (TEXT) UND
HOLM WOLSCHENDORF (FOTOS)
Bei Teatro Veneziano kommt auch der Nachwuchs
ganz in Weiß daher.
Was wäre ein Umzug ohne Musik? Hier spielt der
Musikverein Poppenweiler.
Die Winzertanzgruppe der Felsengartenkellerei
Besigheim.
Ausgezeichnet: der Beitrag zum Thema Frieden.
Aufatmen gestern nach dem Pferdemarktumzug: Das Wetter hat gehalten
und gut gelaunte Zaungäste konnten
die farbenprächtige Parade mit über
60 Gruppen genießen.
Erst danach folgten wieder Donnergrollen und Regentropfen. Nach
reichlich Nass vom Himmel um die
Mittagszeit hatte es zunächst sorgenvolle Mienen gegeben, doch alles löste sich zunächst in Wohlgefallen aus,
es war sogar mal ein Stück blauer
Himmel zu sehen. So strömten die
Menschen herbei, um den Höhepunkt des Pferdemarktes zu erleben.
Und der vom Musikverein Oßweil
sowie Ehrenkutschen mit illustren
Passagieren, vorneweg Oberbürgermeister Werner Spec angeführten
Umzug erwies auch dieses Jahr wieder als großes historisches Spektakel
mit zahllosen Akteuren.
Es begann bei den alten Römern,
die einst das Neckartal besiedelten
und Wein ausschenkten. Beim Thema
stand der Stadtteil Oßweil, der dieses
Jahr immerhin sein 1200-jähriges Bestehen feiert, im Mittelpunkt. Den
Umzug bereicherten die Mitglieder
des Bürgervereins mit authentischen
Kostümen und einer Oberleitungsbahn aus der Ära der Industrialisierung. Der FSV Oßweil präsentierte
sich als quirlige Fußballtruppe in
schwarz-blau.
Die Renaissancezeit verkörperten
Gäste aus der französischen Partnerstadt Montbéliard, die ja schon viel
früher als Ludwigsburg Geschichte
machte. Imposant waren auch wieder
die großen Streitrösser, geritten von wohl ausgesehen hat, präsentierte der
furchterregenden Rittern und Edelda- gemischte Chor „Harmonie Frohsinn"
men. Auch die Herolde des berittenen und der Reit- und Fahrverein Oßweil
Fanfarenzuges Saulgau. Und schließ- zeigte Landwirtschaft in alten Zeiten.
lich bevölkerten sie das Geschehen: Mit hübschen Mägden, Gesellen, mit
Stadtgründer Eberhard Ludwig und allerlei Werkzeug und schaffigen Leusein Architekt, der Bau des Schlosses ten.
konnte beginnen.
Mit flottem Sound läutete der MuSchwer zu arbeiten hatten die Fron- sikverein Poppenweiler die modernen
dienstleistenden, dargestellt von den Zeiten ein. Es folgen viele kulturelle
Marbacher Gewandeten. Bald siedel- Einflüsse beispielsweise American
ten sich auch Bürger an, dargestellt Square Dance auf dem Asphalt, reich
von Mitgliedern des Poppenweiler bestickte Siebenbürger Trachten soGesangvereins Eintracht. Barocke Da- wie farben- und lebensfrohen intermen gaben sich die Ehre und der Bür- nationalen Inspirationen. Die ebengerverein Untere Stadt zeigte altes
falls mit einem Preis ausgezeichneHandwerk.
te griechische FolkloregrupImposant war wieder die
pe Iphigenia warb für den
königliche Jagdgesellschaft
Frieden. Eine Augenweide
mit Reitern und Hundewaren auch die FolkloreBILDERGALERIE
meute des Schleppjagdgruppen aus Portugal,
Weitere Bilder
vereins von Bayern. GaKroatien
und Ecuador.
gibt es unter
lante Tanzgruppen, leichte
Flugs
ging
es in die Welt
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Gardejäger und die bekannder Fantasie und Märchen
teste Mätresse der Stadt, Wilmit Regenbogengestalten,
helmine von Grävenitz, beDick- und Tierschädeln soreicherten ebenso die Szenerie wie wie bunten Vögeln von den Burgfinder preisgekrönte Wagen mit opulen- ken der Sängerlust Hoheneck.
ter Blumenpracht und Sinnenfreuden
Die Jugendfarm hatte einen fahrbades Blühenden Barocks.
ren Rapunzelturm mit niedlicher BeSehr apart: Die Gruppe „Teatro Ve- satzung gebaut und auf Ponys saßen
neziano" bot mit weißen Rokokokos- lautet Prinzessinnen. Die Sportvereitümen einen interessanten Kontrast. ne mit ihren Traditionen gaben sich
Der dicke König Friedrich und Napo- ebenfalls die Ehre.
leon saßen einträchtig zusammen,
Ob mit Rollschuhen, Pfeil und Bodas 19. Jahrhundert brachte modische gen, auf dem Rad oder als bunt geNeuerungen und die Menschen wa- mischte kickende Gruppe, die Vielfalt
ren mit der Postkutsche unterwegs. mach das moderne Leben aus, so die
Die englische Version von Otto Müller Botschaft. Andere Städte grüßten
erhielt ebenfalls einen Preis.
ebenfalls mit geschmückten Wägen.
Das Bürgertum wurde selbstbe- Beispielsweise der Eisenbahnviadukt
wusster; erste Vereine gründeten sich. der Bietigheimer und honorige HerrWie ein Ausflug zu damaligen Zeien schaften aus Leonberg.
Durften natürlich im Jubiläumsjahr nicht fehlen: die Oßweiler.
Rund 19 000 Schaulustige säumten die Straßen.
trächtig in einer offenen Droschke und grüßten
als Bürgersleute von anno dazumal.
Die Paarung Grün-Schwarz ist also scheinbar
nicht nur in der Landesregierung, sondern auch
beim Pferdemarkt angesagt. Ob diese Liaison
auch in der Stadtpolitik funktioniert, sei dahingestellt.
Die Stadträtin der Freien Wähler, Gabriele Moersch, hatte sich anlässlich des Umzugs richtig
fein gemacht und genoss mit bürgerlichem
Dreispitz und Farbakzenten in leichtem Bleu ihre Fahrt in einer weiteren Ehrengastkutsche.
Mit von der Partie war hier außerdem SPD-Rätin
Annegret Deetz, die mit großkrempigem eleganten roten Hut auffiel.
Oberbürgermeister Werner Spec trug wieder
den Cut genannten Nachmittagsfrack und einen
Zylinder. In seiner Kutsche saßen der Vizepräsident des Europäischen Parlaments Rainer Wieland (CDU) und der CDU-Bundestagsabgordnete Steffen Bilger. In früheren Jahren war auch
immer der einstige SPD-Fraktionsvorsitzende
im Landtag, Claus Schmiedel, dabei.Er gehört
aber nicht mehr dem aktuellen Landtag an und
hat sich inzwischen beruflich verändert, die Ehrengastkutsche ist somit kein Thema mehr. So
ändern sich die Zeiten . (AB)