Schickt alle Kriegsführer ins All!

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Schickt alle Kriegsführer ins All!
AUS ALLER WELT 9
STUTTGARTER ZEITUNG
Samstag, 6. Juli 2013 | Nr. 154
Kurz berichtet
„Schickt alle Kriegsführer ins All!“
Die amerikanisch-iranische Multimillionärin Anousheh Ansari ist 2006 die erste Touristin
im Weltraum gewesen. Sie spricht über Außerirdische, Gott, Träume und die Frauenquote.
Interview
ls Anousheh Ansari vor sieben Jahren die Erde von oben betrachtet
hat, änderte sich ihr Weltbild. Seither hat die 47-Jährige eine Mission.
A
Frau Ansari, Sie waren als erste Weltraumtouristin auf der Internationalen Raumstation ISS. Das hat Sie 16 Millionen Euro gekostet. Wieso war Ihnen das so wichtig?
Ich träume davon, seit ich ein Mädchen bin.
Ich wollte zu den Sternen und sehen, was
da draußen ist. Insgeheim hatte ich als
Kind sogar gehofft, dass mich eines Tages
eine andere Lebensform abholen würde.
Das hat nicht geklappt, deshalb habe ich
mir den Traum erfüllt, als ich es konnte.
Der Begriff „Weltraumtourist“ ist negativ
belegt, auch Sie lehnen ihn ab. Eine Astronautin sind Sie aber auch nicht. Wie definieren Sie Ihre Rolle?
Ich sehe mich als Weltraum-Botschafterin.
Ich will meine Erfahrungen und meine Inspiration weitergeben. Raumflüge sind ja
nicht nur ein teures Hobby, bei dem es darum geht, möglichst viel Spaß zu haben.
Wobei die bemannte Raumfahrt schon ein
teures Unterfangen ist. Wieso werben Sie dafür? Was hat die Menschheit davon?
Die Astronauten bringen aus dem All Wissen für das Leben auf der Erde mit. Und wir
wissen nicht, wie sich unser Lebensraum
verändert. Wir beuten unseren Planeten
aus, die Folgen sind nicht absehbar. Vielleicht müssen wir, um als Spezies zu überleben, eines Tages auf einen anderen Planeten übersiedeln. Deshalb sollten wir jetzt
erforschen, wo Leben möglich ist.
Immer wieder berichten Astronauten davon,
wie sehr der Blick von außen ihre Sicht auf
die Welt verändert hat. Haben Sie diese Erfahrung auch gemacht?
ANSARIS BESUCH IN STUTTGART
Rauchender Mieter muss raus
Geschäftsfrau Anousheh Ansari ist Millionärin
und die erste Weltraumtouristin. Sie stammt
aus dem Iran, wo sie 1966 geboren wurde, lebt
aber seit 1982 in den USA, wo sie gemeinsam
mit ihrem Mann und dessen Bruder die erfolgreiche Internetfirma Prodea Systems gründete.
Seit 2004 finanziert Ansari den Ansari-X-Prize
mit zehn Millionen Dollar: Private Investoren
können sich darum bewerben, wenn sie ein
bemanntes Raumfahrzeug entwickeln,
das zweimal mindestens eine Höhe von
100 Kilometer erreicht.
Raucher müssen nun auch beim Qualmen
in den eigenen vier Wänden mit rechtlichen
Problemen rechnen. Ein Düsseldorfer Richter
hat die fristlose Kündigung der Mietwohnung
eines starken Rauchers als gerechtfertigt
eingestuft. Dessen Klage dagegen habe kaum
Erfolgschancen, befand der Richter des Amtsgerichts und lehnte Prozesskostenhilfe für den
Raucher ab. Dem 74-Jährigen war das Mietverhältnis nach 40 Jahren gekündigt worden.
Die Vermieterin begründete dies mit der
nicht hinnehmbaren Geruchsbelästigung
für die anderen Hausbewohner. dpa
Privat Trotz ihrer Popularität ist Ansari bescheiden geblieben. Sie plauderte am Rande der
Stuttgarter DLR-Veranstaltung ein bisschen
aus dem Nähkästchen: Sie liebe „Star Trek“Filme, manche Folgen hat sie fünf Mal angeschaut. An der Schwerelosigkeit gefalle ihr,
dass man größer wird: „Ich musste auf der ISS
keine High Heels mehr tragen.“ Astronauten
wachsen tatsächlich um einige Zentimeter,
wenn die Schwerkraft den Körper nicht mehr
staucht. Dieser Effekt hält allerdings nicht an,
wenn sie auf die Erde zurückkehren.
Glauben Sie noch an außerirdisches Leben?
Ja, ich denke schon, dass es da draußen andere Lebensformen gibt. Ich weiß natürlich
nicht, wie sie aussehen und ob sie mit uns
Menschen vergleichbar sind.
Sie haben neun Tage auf der ISS verbracht.
Wie war ihr Verhältnis zu den Astronauten?
Wurden Sie als eine von Ihnen behandelt?
Ja, unser Verhältnis war offen und freundschaftlich. Natürlich liebt man nicht jedes
Crewmitglied, aber die Stimmung ist sehr
gut dort. Letztlich hängt man ja auch voneinander ab: Man kann schließlich nicht einfach die Tür öffnen und jemanden rausschmeißen. Ich war überrascht, wie gut die
Astronauten so lange auf so engem Raum
zusammen leben und arbeiten können.
Düsseldorf
Lehrreicher Ausflug: Anousheh Ansari nach ihrer Rückkehr von der ISS
Absolut. Wenn man die Erde vom All aus
betrachtet, fällt einem auf, wie klein und
ungeschützt sie ist. Da ist diese winzige,
dünne blaue Schicht: unsere Atmosphäre,
die das Leben auf der Erde erst möglich
macht. Und ein weiterer Fakt wird deutlich:
Da ist nichts sonst wie die Erde, es gibt sie
nur ein einziges Mal. Es liegt auf der Hand:
Wir müssen sie schützen.
Foto: dpa
Hat der Blick von außen Ihren Glauben verändert?
Mein Raumflug hat meinen Glauben gestärkt. Was ich von dort gesehen habe, war
absolut bewundernswert. Ich glaube einfach nicht, dass es ein Zufall ist, dass wir
Menschen existieren.
Wäre die Welt besser, wenn jeder Mensch
einmal diesen Blick von außen hätte?
Ja, da bin ich mir sicher. Wahrscheinlich
würde es fürs Erste genügen, wenn wir alle
Kriegsführer dieser Welt ins All schicken
würden, damit sie unseren Planeten von
oben betrachten, denn von dort sieht man
keine Grenzen. Es erscheint absurd, Grenzen künstlich zu ziehen und sie zu verteidigen. Auf einen Blick wird klar: die Erde ist
für alle da. Wer das gesehen hat, will keinen
Krieg mehr führen.
Sie haben sich jetzt eine Woche lang mit
Ihren Kollegen der Association of Space Explorers, einer Vereinigung von mehr als
80 Astronauten aus aller Welt, in Deutschland ausgetauscht. Auf den Bildern sieht das
aus wie ein Treffen alter Herren. Ist die
Raumfahrt offen für neue Rollenbilder?
Ja, ich denke schon. Da wird sich vieles verändern. In der jüngsten Astronautenauswahl der Nasa sind beispielsweise vier der
acht Anwärter Frauen – das sind 50 Prozent! Und auch das wachsende Engagement privater Investoren wird in der
Raumfahrt vieles auf den Kopf stellen.
Glauben Sie eigentlich an Gott?
Ich glaube nicht an organisierte Religion,
aber ich bin mir sicher, dass es etwas gibt,
das uns alle verbindet, eine Energie, von
der wir alle kommen.
Sehen Sie die zunehmenden kommerziellen
Raumfahrtprojekte ausschließlich positiv?
Auf jeden Fall. Es wird Zeit, dass die Raumfahrt nicht länger von Staaten betrieben
wird. Wettbewerb belebt das Geschäft.
Popularität In der Tat hat man trotz der High
Heels, die sie in Stuttgart trug, den Eindruck,
die zierliche Frau könnte zwischen all den
großen Männern – Astronauten, Wissenschaftlern, Studenten – verloren gehen. Aber
ihre Fans finden sie. Das Interview wird immer
wieder unterbrochen für Autogramme und
Gespräche. Viele junge Frauen sprechen
Ansari an, manche auch in ihrer Muttersprache
Persisch – was sie sichtlich freut. Man nimmt
ihr ihre Mission, Frauen und Mädchen für
Technik begeistern zu wollen, absolut ab. ewo
Noch sind Sie aber eine Ausnahme – sowohl
als private Investorin als auch als Frau im
All. Sehen Sie sich als Vorbild?
Ja, ich habe eine Botschaft an alle Frauen
und Mädchen dieser Welt: Kämpft für eure
Träume, es lohnt sich! Und auch als Ingenieurin will ich vermitteln, dass es allen
nutzt, wenn mehr Frauen in Technik und in
den Naturwissenschaften aktiv werden.
Wieso?
Frauen lösen Probleme anders als Männer.
Leider trauen sich immer noch zu wenige
in technische Berufe. Das liegt auch an den
Medien: Diese Berufe werden falsch dargestellt. Ich möchte zeigen: Wer mit Computern arbeitet, muss kein Nerd sein. Schauen
Sie mich an: Ich habe Freunde, ein interessantes Leben und bin absolut sozial.
Straßenverkehr
Warnwesten werden Pflicht
Auch Pkw-Fahrer müssen bald eine Warnweste
im Wagen dabeihaben. Eine entsprechende
Verordnungsänderung hat der Bundesrat
gestern beschlossen. Bei Pannen oder Unfällen
seien Personen mit solchen auffälligen Westen
früher und besser von anderen Verkehrsteilnehmern zu erkennen, was die Sicherheit deutlich erhöhe. Auf freiwilliger Basis hätten viele
Autofahrer zudem ohnehin schon eine Warnweste im Wagen, auch weil sie in manchen
Nachbarländern vorgeschrieben seien. Wie
bei gewerblichen Fahrzeugen soll eine Weste
daher auch für Pkw zur Pflicht werden. Laut
ADAC gilt dies wohl vom 1. Juli 2014 an. Schon
am 1. Mai 2014 soll dagegen die Reform der
Verkehrssünderdatei in Kraft treten. Die hat
der Bundesrat ebenfalls beschlossen. dpa
Aufgelesen
Solingen
Tröte statt Brandmelder
Im nagelneuen Finanzamt von Solingen sollen
ausgewählte Beamte in Tröten blasen, wenn ein
Feuer ausbricht. Weil es in dem 16-MillionenNeubau keine Brandmeldeanlage gibt, sind dort
zwei Dutzend Tröten als „manuell zu bedienende Alarmhupen“ verteilt worden. „Die sind
irgendwie auf diese Schiene mit den Tröten
gekommen“, sagt ein Sprecher der Feuerwehr
Solingen. Eine automatische Brandmeldeanlage sei in dem Bürogebäude überhaupt nicht
vorgeschrieben, und es gebe eine Alarmfunktion über die Telefonanlage. Der Brandschutz
des Gebäudes sei damit genehmigt und in
Ordnung – ohne Tröten. Rauchmelder an der
Decke hat das Amt übrigens auch nicht. dpa
Haben Sie auch eine Botschaft an Männer?
Lasst eure Frauen machen, was Sie wollen!
Unterstützt sie und vertraut ihnen. Ich habe Glück: Mein Mann steht voll hinter mir
und meinen Projekten. Er ermutigt mich.
Jede Frau hat das verdient.
Eurojackpot
Das Gespräch führte Eva Wolfangel.
(Ausspielungvom5.Juli,ohneGewähr)
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5•7
Weberei
Helden in Metall
Sammlung Was für edle Köpfe waren Gerd Müller und Horst-Dieter Höttges!
Unser Kolumnist hatte sie alle – auf Sondermünzen. Von Mirko Weber
rivilegien. Sehr gespreiztes Wort.
Der Kabarettist Dieter Hildebrandt,
eine Zeit lang auf der Bühne im Verein mit dem Kärntner Werner Schneyder
ziemlich unschlagbar, erzählte öfter, dass
sie in Bremen am Flughafen mal an den
Wartenden in der Schlange vorbeigelotst
wurden: Hildebrandt – eh meistens im berechtigten Protestmodus – rief sofort, dass
er so was nicht wolle. Schneyder hingegen
setzte sein Festtagsgesicht auf und konstatierte, dass er’s in diesem Stil ganz gerne
habe. Und schon waren sie durch – Jahrzehnte her. Heute ist (Schein-)Upgrade im
weitesten Sinne Volks- und Verkaufssport.
Aber natürlich gibt es Vorzugsbehandlungen, die ich mir gefallen lasse. Zum Beispiel
beim Sicherheitscheck im Gericht, als der
durchsuchende Beamte meinte, er lasse
von nun an bei Dauerkundschaft, wenn er
sich bereits den Unterschenkel raufarbeite,
den Satz „Und jetzt bitte nicht erschrecken,
ich greife Ihnen kurz in den Schritt“ weg.
Schritt ist (von der ganzen Aktion mal
abgesehen) auch ein unschönes Wort, ungefähr eine Stufe noch unter Privileg.
Trotzdem danke.
Tags drauf wurde ich zum ersten Mal im
Leben „bevorrechtigt“. Der Briefumschlag
hielt sich in Blaugrau, Behördenfarbe: Ich
war „bevorrechtigt, die offiziell vom
FC Bayern München lizenzierte Sonderprägung ,Triple-Sieger 2013‘ zu erhalten.“
Ausrufezeichen. Münzen also, für die man
hätte zahlen sollen, versteht sich. Einen
P
Brief, der auf Din-A4-Format mehr Eindruck zu schinden suchte, habe ich noch
nie bekommen. Lauter monströses Geraune: Eilsache. Wichtiges Dokument. Nicht
übertragbar. Gefangen genommen hat
mich als Teilzeitsportreporter und Taktikliebhaber, dass hier eine privilegierte Fachredaktion endlich das Mirakel dekodierte,
welches wir anderen Deppen saisonendlich
zu entschlüsseln nicht in der Lage waren:
„Das Geheimnis des FC Bayern ist“, las ich
– Trommelwirbel, Tusch! – „keines: kluge
Strategie merzte Schwachstellen gezielt
aus, zusätzliche Spielerqualität wurde hinzugeholt, die Kaderbasis verbreitert.“ Soso.
Ich habe dann trotzdem höflich abgeschrieben. Super-Privilegierung, sicher,
doch die einzige Erfahrung, die ich mit
Münzen gesammelt habe, war, dass ich in
den Siebzigern die Aral-Münzen-Karte der
Nationalmannschaft komplett hatte
(mit dem edlen Römerkopf des leider zum
Bremer mutierten niederrheinischen
Eisenfußes Horst-Dieter Höttges).
Die Münzen waren bleischwer, machten
aber alle folgenden 16 Umzüge brav mit. Als
sie merkten, dass ich sie nicht mehr liebevoll genug betrachtete, fingen sie an zu rosten. Dann schimmelte die Verpackungspappe. Schließlich habe ich meinen Helden
in Metall (voran Gerd Müller) auf einem
oberbayerischen Wertstoffhof das einzig
wertvolle Privileg überhaupt wiedergegeben: die Freiheit. Vielleicht zahlt’s sich irgendwie aus.
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