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Jubiläumsjahr 2005 Unser Wien. Unsere Geschichte. Unsere Vergangenheit besteht aus vielen Geschichten. Gehen Sie mit uns auf eine Zeitreise durch 60 Jahre Zweite Republik und 50 Jahre Staatsvertrag. Unsere Vergangenheit ist ein großes Wort und besteht aus vielen Geschichten. Geschichten, die von der Politik geschrieben wurden. Geschichten, die von Menschen handeln. Und Geschichten, wie sie nur das Leben schreiben kann. Im Jubiläumsjahr 2005 möchten wir für Sie einen breiten Bogen durch 60 Jahre Zweite Republik und 50 Jahre Staatsvertrag spannen. Inhaltsverzeichnis 1. Mai: "Tag der Arbeit" - in Frieden und Freiheit Es blüht der "Schleich", wir gehen "hamstern" Die "Vier im Jeep" in Wien "Der dritte Mann" - mehr als ein Film 50 Jahre "Amtsblatt der Stadt Wien" Von "Schlurfen" und "Halbstarken" Die ersten Wiener Festwochen nach dem Krieg 1955: Die Opernpassage wird eröffnet 1946: Weltpremiere der Wiener Eisrevue Das Historische Museum der Stadt Wien Der österreichische Staatsvertrag - unsere Freiheit Unser "Theater an der Wien" Wiener Internationale Gartenausstellung 1964 Der Wiener Film - ein Blick zurück Der Fall Taras Borodajkewycz Die Wiener Bürgermeister der Zweiten Republik (1) Der Einsturz der Wiener Reichsbrücke 1947: Startschuss für Wohnungsneubau Die Wiener Bürgermeister der Zweiten Republik (2) Hoch hinaus - der Ringturm wird eröffnet! Wissen ist Macht - Die Wiener Städtischen Büchereien Die Wiener Bürgermeister der Zweiten Republik (3) Der neue Flughafen Wien-Schwechat Geschichten zur Wiener Straßenleuchtung Wien: Gipfeltreffen Kennedy-Chruschtschow im Juni 1961 Die Wiener Straßennamen und ihre historische Bedeutung Von Blumen und Bäumen: Die Wiener Parkanlagen Notruf 122: Die Berufsfeuerwehr der Stadt Wien (MA 68) Wien und sein Fußball Der Wiener Gemeindebau (Teil 1) Der Wiener Gemeindebau (Teil 2) - Zeitgemäßes Wohnen Die Wiener Städtischen Friedhöfe - ein Stück Kulturgeschichte Es lebe der Sport - Sport und Sportförderung in Wien Unser Wiener Wasser Von der Tramway zum ULF - Ein Rückblick auf Schienen Der Wiener Zentralfriedhof 1979: Österreichs erste Moschee wird in Wien eröffnet Wien im April 1945 - das Ende als Anfang Unsere Sozialpolitik - die Aufgabe ist Auftrag Unsere Gesundheit ist unser wichtigstes Gut Unser Kommunaler Wohnbau - darauf sind wir stolz Unsere Schulen sind unsere Zukunft Unsere Kulturpolitik - Tradition und Moderne Unsere U-Bahn - bringt uns in alle Bezirke Unsere Donauinsel - weltweit ein Wiener Modell Unsere Bäder - mehr als ein Sprung ins kalte Wasser 3 3 4 5 5 6 8 9 9 10 10 11 12 12 14 14 16 17 17 19 20 21 22 23 23 24 25 26 26 28 29 30 31 32 33 34 36 36 39 41 42 44 45 46 47 48 1. Mai: "Tag der Arbeit" - in Frieden und Freiheit Am 1. Mai 1945 wurde in Wien erstmals seit 1933 wieder der "Tag der Arbeit" gefeiert. Aufmärsche und Kundgebungen fanden allerdings nicht zentral statt, sondern in den Bezirken unter Beteiligung aller drei Gründungsparteien der Zweiten Republik - nämlich SPÖ, ÖVP und KPÖ. Unter dem Eindruck der Feiern schrieb ein Redakteur der "Österreichischen Zeitung" unter dem Titel "Frühling in Wien" ein Feuilleton: "Diese Stadt gleicht einer schönen Frau, die lange krank war, einer Heißgeliebten, deren Antlitz noch die Spuren des Leidens zeigt, die aber heute wieder lächelt." In diesem Frühling war die Versorgungslage für die Wienerinnen und Wiener sehr schlecht. Um die Ernährungslage zu verbessern, stellte die Rote Armee für die Bevölkerung die so genannte "Maispende" zur Verfügung: 800 Tonnen Mehl, 7.000 Tonnen Getreide, 1.000 Tonnen Bohnen, 1.000 Tonnen Erbsen, 300 Tonnen Fleisch, 200 Tonnen Zucker, 500 Tonnen Mais, 200 Tonnen Öl und 1.000 Tonnen Sonnenblumenkerne. Die Abgabe erfolgte in den Tagen nach dem 1. Mai-Fest über die Lebensmittelkarten: Abgegeben wurden jeweils 200 Gramm Bohnen und Erbsen, 50 Gramm Speiseöl, 150 Gramm Fleisch und 125 Gramm Zucker. Die provisorische Staatsregierung setzte die Verfassung vom 1. Oktober 1920 in der Fassung von 1929 wieder in Kraft. Außerdem wurde das Verbot der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) und all ihrer Unterorganisationen beschlossen. Ein weiteres Gesetz bestimmte grundsätzlich die Rückgabe von gestohlenem ("arisiertem") jüdischen Eigentum. Dieser Frühling 1945 war auch ein Kulturfrühling. Die Wiener Staatsoper eröffnete die neue Spielzeit in ihrem Ausweichquartier in der Volksoper mit Mozarts "Figaros Hochzeit". Das Theater in der Josefstadt wurde mit "Hofrat Geiger" wiedereröffnet. Auch der Fußball erwachte wieder zu neuem Leben. An diesem 1. Mai fand ein Spiel zwischen einer Wiener Auswahl und einem Team der Roten Armee statt. Die alten, ausgewaschenen Dressen, die mühsam zusammengeflickten Bälle, die nicht selten im Match ihr Leben aushauchten, taten der Begeisterung unter den Besuchern keinen Abbruch. Und als am 6. Mai erstmals zwei Ligaklubs aufeinander trafen - Vienna schlug den Sportklub 3:2 - füllten sich auch die Ränge wieder mit Zuschauern. Noch eine kleine Randnotiz zum Thema Zuschauer beim Fußball: Am 6. Juni 1945 spielte die Wiener Austria gegen Rapid 2:2 vor nur 3.000 Zuschauern. So wenige Besucher gab es weder vorher noch jemals nachher wieder bei einem Wiener Derby. Es blüht der "Schleich", wir gehen "hamstern" Auch in harten Zeiten haben die Wienerinnen und Wiener ihren Humor nicht verloren, frei nach dem Motto: "Den Wurschtel kann keiner derschlag’n". Kaum wurde im Februar 1947 die neue Bundeshymne nach der Musik von Mozart und den Texten der Dichterin Paula von Preradovic in der Öffentlichkeit eingeführt, hat die Wiener Bevölkerung schon einen neuen Text gedichtet: "Land der Erbsen, Land der Bohnen, Land der vier Besatzungszonen. Wir verkaufen dich im Schleich, viel geliebtes Österreich." Ganz so schlimm kam es zum Glück nicht, aber gehandelt und organisiert wurde damals trotzdem. Einer der bevorzugten Handelsplätze war der Wiener Resselpark. Hier wurde heftig getauscht, auch unter den Augen der Besatzungsmächte. Angesagten Razzien wurde mit großer Gelassenheit entgegengesehen, zumal wesentliche "Handelswaren" amerikanische Zigaretten oder britische Schokolade waren: Lucky Strike und Cadbury-Schokolade waren sozusagen in aller Munde - oder wollten zumindest dorthin. Dazu eine kleine Geschichte: Glücklich war derjenige, der eine Filter-Zigarette organisieren konnte, von einem ganzen Päckchen der heiß begehrten amerikanischen Ware ganz zu schweigen. Es entwickelte sich, so traurig es auch klingen mag, ein eigener Berufszweig der Menschen, die vor Casinos der Amerikaner die Zigaretten-Kippen aufgesammelt haben - der so genannte "Tschik-Arretierer" war geboren. Zum Schleichhandel gab es viele kritische Stimmen, so schrieb das "Neue Österreich" im August 1945: "... wenige Schritte vom zerstörten Opernhaus werden die Symptome einer zerstörten Wirtschaft sichtbar. Was sich dort unter freiem Himmel abspielt, diese illegale Greißlerei und Trödlerei, ist nur ein kleiner Ausschnitt aus unserem Wirtschaftsübel." Der Artikel spricht weiters von einer Gesellschaftsschicht, die man als einen vielfach vergrößerten Resselpark bezeichnen könne. Dort werde nicht bloß mit Kleinigkeiten getauscht. Dort werde alles verschachert: Kisten und Tonnen voll mit Lebensmitteln, Gold und Valuten, Perserteppichen, Bildern und Antiquitäten; aber auch mit Häusern, Villen, Fabriken und Geschäftsanteilen werde gehandelt. Es ist die Rede von Verdienern und Genießern, die aus dem spärlichen und verblieben Restbesitz für sich Geschäfte machen würden. (Neues Österreich, 9. August 1945) Als Folge des Wildwuchses des Schleichhandels erlässt die Regierung im August 1945 strenge Maßnahmen gegen den Schleichhandel. Ab sofort gibt es Kontrollen nach Lebensmitteln an den Einfahrtsstraßen nach Wien. Ziel der Aktion war es, "gewissenlosen" Elementen entgegenzutreten, welche die herrschende Lage rücksichtslos missbrauchen. Alle Maßnahmen scheinen aber nicht immer so richtig gegriffen zu haben, vor allem die "Hamstertouren" der Wienerinnen und Wiener in das Umland waren kaum zu stoppen. Hier hat man alles, was man noch gerettet hat, gegen Lebensmittel eingetauscht. Wesentlich für erfolgreiche Hamstertouren waren geräumige Rücksäcke, mit denen man sich oft auf stundenlange Märsche begeben hat. Dem hat die Politik entgegengewirkt: Am 23. Juni 1946 erließ das Ernährungsdirektorium der Regierung ein generelles Rucksackverbot. So versuchte man den Hamstertouren Einhalt zu gebieten, vor allem den organisierten Großhamsterern. Die Wiener Zeitung schrieb am 23. Juni 1946: "Vom Großschleichhandel angeworbene Einzelpersonen kaufen als Rucksackhamsterer Obst auf und liefern es dann an die Großhamsterer. Manche Schleichhändler stellen sich sogar unter Vorspiegelung falscher Tatsachen unter den Schutz der Besatzungsmächte." Abgesehen von derartigen Auswüchsen hat man aber doch eher "im Kleinen" gehamstert. Die "Vier im Jeep" in Wien Anfang Juli 1945 beschließen die vier alliierten Besatzungsmächte, in Österreich eine Deklaration über die Errichtung der Besatzungszonen sowie die Bildung des Alliierten Rates. Die amerikanische Zone umfasst Oberösterreich südlich der Donau und Salzburg, die französische Zone Tirol und Vorarlberg, die britische Zone Kärnten und die Steiermark, die sowjetische Zone Oberösterreich nördlich der Donau, Niederösterreich sowie das Burgenland. In Wien wird der erste Bezirk gemeinsam verwaltet, wobei der Vorsitz monatlich wechselt. Die übrigen Bezirke werden nach den Grenzen von 1937 aufgeteilt. USA: 7, 8, 9, 17, 18 und 19; Großbritannien: 3, 5, 11, 12 und 13; Frankreich: 6, 14, 15 und 16; Sowjetunion: 2, 4, 10, 20 und 21. Die übrigen Teile Wiens gehören für die Alliierten zu Niederösterreich. Den Alliierten Rat bilden die Oberkommandierenden der vier Mächte: General Mark Clark (USA), General Mac Creery (Großbritannien), General Bethouart (Frankreich) und Marschall Konjew (Sowjetunion). Die vier Mächte erklären die völlige Trennung Österreichs von Deutschland und die Bildung einer allseits anerkannten österreichischen Regierung als ihre Hauptziele. Sitz der interalliierten Kommandantur ist der Justizpalast. Beim Nachlesen in der Literatur über die Besatzungszeit in Wien stößt man immer wieder auf die These, dass diese Kommandantur während der Zeit des Kalten Krieges weltweit der einzig sichtbare Ausdruck der Zusammenarbeit der Großmächte war. Berühmtestes "Markenzeichen" dieser Zusammenarbeit im Wiener Straßenbild waren die "Vier im Jeep", die alliierte Militärpatrouille. Trotz aller Belastungen und Probleme tat sich in der Zeit der Besatzung für die Wienerinnen und Wiener eine völlig neue Welt auf. Vor allem der amerikanische Einfluss prägte ein völlig neues Lebensgefühl - mit Coca-Cola, Jazz und Swing, aber auch mit Nylonhemden. Die Engländer brachten Hochkultur mit dem "British Council" und Henry Moore. Die Franzosen brachten den Surrealismus und alle Spielarten der Mode. In diesen Jahren der Besatzung kehrten auch nach und nach die Kriegsgefangenen wieder nach Hause zurück. Viele von ihnen, die mit jungen Jahren an die Front geschickt worden waren, kamen in eine für sie ein wenig fremd wirkende Stadt zurück. Dazu eine sehr menschliche Geschichte: Theodor Körner, Bürgermeister der Wiederaufbauzeit, ließ es sich nicht nehmen, bei jedem Wetter, die heimkehrenden Kriegsgefangenen persönlich zu begrüßen. Das machte auf die Wienerinnen und Wiener einen besonders tiefen Eindruck. "Der dritte Mann" - mehr als ein Film Es gibt nur wenige Filme, die die Herzen der Cineasten bis in die Gegenwart höher schlagen lassen; dazu gehört eindeutig "Der dritte Mann". Weltberühmt wurden mit diesem Film der Produzent und Regisseur Carol Reed, der Zitherspieler Anton Karas - und natürlich das Wiener Kanalnetz. Unvergesslich sind sie, die Verfolgungsszenen im unterirdischen Wien. Bis heute wandeln bei Führungen Touristen aus aller Welt - aber auch Wienerinnen und Wiener - auf den Spuren von Harry Lime durch das Wiener Kanalnetz. Die Außenaufnahmen für den Film begannen im Frühjahr 1948 in Wien. Die Atelieraufnahmen wurden im Herbst und Winter 1948/49 in London durchgeführt. In Wien, dem Schauplatz des Filmes, erfolgte die festliche Uraufführung am 10. März 1950 im Apollo-Kino. In Wien selbst hatte der "Der dritte Mann" geteilte Reaktionen hervorgerufen. 1950, zum Zeitpunkt des Anlaufens des Filmes, dessen Handlung in der unmittelbaren Nachkriegszeit spielt, waren zumindest die ärgsten Kriegsschäden beseitigt. Man bemühte sich, in der Welt wieder ein attraktives Wien-Bild zu zeigen. Durch die düsteren Schilderungen des Filmes befürchtete man jedoch negative Auswirkungen auf den Ruf Wiens als Kulturstadt. Eines hat der Film jedoch in jedem Fall bewirkt: Nirgendwo auf der Welt ist eine Abwasseranlage ein derartiger Touristenmagnet wie in Wien. Mehr als 50 Jahre nach seiner Premiere zählt das düstere Nachkriegsepos um den Penizillinschieber Harry Lime noch immer zu den Klassikern der Kinoleinwand. Es gelang der Produktionsmannschaft, ein authentisches Bild vom zerstörten und besetzten Wien zur Zeit des Kalten Krieges einzufangen. Durch seine Originalschauplätze ist der Film nicht nur untrennbar mit der Stadt verbunden, sondern auch schlechthin zu einem DER Wien-Filme avanciert. Auch die Tatsache, dass Orson Welles im Kanal mehrmals von einem heimischen Fleischhauer gedoubelt wurde, tut der Freude in den Herzen der Wienerinnen und Wiener keinen Abbruch ... 50 Jahre "Amtsblatt der Stadt Wien" Das "Amtsblatt der Stadt Wien" war und ist seit Jahrzehnten eine der wichtigsten Verbindungen zwischen Stadtverwaltung und Wiener Bevölkerung. Natürlich haben sich im Laufe der Jahre Inhalt und Erscheinungsbild geändert, der Tradition der umfassenden Information ist man jedoch treu geblieben. Am 19. Dezember 1945 feierte das Amtsblatt mit seinem Jahrgang 50 seinen 50. Geburtstag. Die erste Nummer erschien am 8. Jänner 1892. Rechnet man genau nach, kommt man eigentlich auf den 53. Geburtstag, was sich daraus ergibt, dass die Publikation in den Jahren 1942 bis 1944 nicht erschienen ist. Die "volksnahe" Verwaltung der Nationalsozialisten konnte auf dieses Verbindungsglied der Verwaltung zum Volke offensichtlich verzichten. Die erste Ausgabe des "Amtsblattes der Stadt Wien" nach dem Krieg erschien am 15. August 1945. Das Geleitwort schrieb Bürgermeister Dr. Theodor Körner. Die Schriftleitung war im Neuen Rathaus untergebracht, erreichbar war das Blatt unter "Fernruf" 40 500; erschienen ist es jeweils jeden zweiten Mittwoch. In seinem Geleitwort schreibt Körner über die Zeit vor 1942: "(...) Der wirtschaftliche Teil des Amtsblattes, die Vermittlung des Verkehrs zwischen Privatwirtschaft und Gemeindeverwaltung, war das wirtschaftliche Leben der Familie 'Gemeinde'. Heute aber, wo eine provisorische Verwaltung arbeiten muss, die nicht aus allgemeinen Wahlen hervorgegangen ist, heute ist es um so wichtiger, der Bevölkerung vollen Einblick in das Arbeiten des Stadtsenates, der einzigen beschlussfassenden Körperschaft zu geben, von der Verwaltung aus immer im Bewusstsein, dass wir im Rathaus nur Wegbereiter bis zu den nächsten allgemeinen, uns geheimen Wahlen sind". Blättert man die Bände von Kriegsende bis in die Gegenwart durch, ergibt sich ein sehr umfassendes Bild der Lebensumstände der Wienerinnen und Wiener und der dauernd sich ändernden wirtschaftlichen Gegebenheiten. Besonders für die Zeit des Wiederaufbaus ist das Mitteilungsblatt eine unverzichtbare Quelle für Historiker und Chronisten, natürlich haben auch wir von wien.at online darauf zurückgegriffen. In der Ausgabe vom 15. August 1945 finden sich vielfältige Informationen. Vorgestellt werden die Wiener Stadtverwaltung und die neuen Bezirksvorsteher. Es gibt bereits Berichte über die erste Sitzung des Stadtsenates vom 27. Juli 1945. Wichtig für die Zeit sind auch die Kundmachungen über Meldung freier und freiwerdender Wohnungen, die Bestimmung, dass illegalen Nazis und Nazifunktionären die Wohnungen gekündigt werden und die "Entschließung" des Bürgermeisters zur Umbenennung von Verkehrsflächen. So wurde etwa der "Adolf-Hitler-Platz" wieder in "Rathausplatz" umbenannt. In den Monaten nach Kriegsende war die Energieversorgung sehr schlecht, ja manchmal gar nicht vorhanden. Besonders "Stromsparen" war angesagt. Zur Illustration dazu bringen wir ein OriginalInserat der E-Werke aus dem Amtsblatt vom 15. August 1945. Von "Schlurfen" und "Halbstarken" In den Nachkriegsjahren entwickelt sich - vor allem durch US-amerikanischen Einfluss - eine völlig neue Jugendkultur. Jugendliche sind nicht mehr bestrebt, kleine Erwachsene zu sein; sie suchen ihre eigene Identität. Diese äußert sich in Musik, Kleidung und der Ablehnung "etablierten" Benehmens. Das wiederum brachte Probleme und Konflikte. Es wuchsen die Gegensätze zwischen den Generationen. "Hauptdarsteller" dieser Kultur war in den ersten Nachkriegsjahren der sich "unbotmäßig gebärdende Schlurf" mit dem "Packl", eine unübliche Friseur aus langem und dichten Haar. Als Typ war dieser Schlurf schon während des Krieges entstanden, von den Nationalsozialisten beschimpft und verachtet. Das bewusst unmilitärische Aussehen dieser Jugendlichen wurde als Protest gegen das Régime empfunden. Schon sehr rasch nach dem Krieg wurden kritischen Stimmen laut. Wie hart das "Problem" gesehen wurde, zeigt ein Artikel aus dem "Neuen Österreich" vom 1. August 1945: "Schlurfs hat es in Wien schon immer gegeben, aber sie waren meist Außenseiter. In unseren Tagen scheinen sie sich zu vermehren, wie die Kaninchen. Es handelt sich um junge Menschen, die kräftig und gesund sind, aber keiner fruchtbaren Tätigkeit nachgehen, sondern in der heutigen, nicht ganz durchsichtigen Zeit, dunkle Geschäfte tätigen (...) Wenn sie schon schwitzen, dann höchstens im Jazzrhythmus. Sie tragen die Haare lang, gebärden sich mit schlaksigen Bewegungen und reden nur über die neuesten Tanzschlager." Diese scharfen und nicht unbedingt von Toleranz geprägten Worte muten uns in der heutigen Zeit, in der sich jede Facette der Jugendkultur frei entfalten kann, äußerst befremdend an. Den Umgang mit Menschen, die sich "anders" benehmen, hatte man wohl noch nicht gelernt. Mitte der 1950er-Jahre wurden die Schlurfs von den "Halbstarken" abgelöst, die bis weit in die 1960-Jahre einen wesentlichen Teil der Jugendszene bildeten. Sie traten in Gruppen auf, in denen sie sich "ganz stark" fühlten; im heutigen Vokabular würde man sagen, sie benahmen sich "megacool". Dieses Vergalten führte zu Kleinkriminalität, zum Anstänkern von Erwachsenen, vor allem aber zu einem Vandalismus, der gerade in einer Zeit, in der Wien wieder halbwegs ein ordentliches Aussehen bekam, als besonders störend empfunden wurde. Die Kennzeichen der Halbstarken waren "Röhrlhosen", Lederjacken und eingefettete Haare mit Entenschwanz und Elvis-Haartolle, meist fixiert mit Zuckerwasser. Das Statussymbol war ein Moped, auch "Schlurf-Rakete" oder "Pupperl-Hutsch’n" genannt. Konnte man kein Moped kaufen, hat man es ausgeliehen, für einige Runden um den Häuserblock hat das Geld gereicht - und der Zweck war erfüllt. Die Mädchen, als Anhängsel geduldet, trugen schwingende Röcke über dem Petticoat. Modetanz war der Rock and Roll. Gesellschaftsverändernde Idole dieser Zeit waren Bill Haley, Elvis Presley und der "wilde" Marlon Brando. Es wurde als Aufgabe der Polizei angesehen, die aggressiven Gruppen in Zaum zu halten. Die Stadt versuchte mit der Einrichtung von Jugendklubs die Halbstarken von der Straße wegzubringen. Die Jugendorganisationen erweiterten ihr traditionelles Angebot durch Tanz- und Schallplattenabende. Stichwort Schallplatte: Heißes Objekt der Begierde waren tragbare Plattenspieler, damit konnte man - wo und wann immer man wollte - eine Party organisieren. Getrunken wurde dazu CocaCola, damals auch das Getränk "der starken Männer". Vielleicht nach dem Motto: "Starke Männer auf der Bühne, starkes Getränk in der Gurgel?" Rock and Roll tritt Siegeszug in Österreich und Deutschland an Der Rock and Roll bemächtigte sich auch bald der deutschen Sprache, zwei lebende Legenden möchten wir an dieser Stelle vorstellen: Peter Kraus und Ted Herold. Als Elvis zum Idol der Jugend geworden war, Auftritte von Bill Haley das Publikum begeisterten und "halbstarke" Jugendliche Einrichtungen zertrümmerten, gab es im Oktober 1956 bei einem Konzert des damals sehr bekannten Orchesters Max Greger einen Gag: Ein junger, völlig unbekannter Mann kam auf die Bühne, der gar nicht angesagt wurde, kein Name, rein gar nichts. Nachdem er "Rock Around The Clock" mit Hüftschwüngen und allerlei Verrenkungen dargeboten hatte, brach eine Euphorie aus, wie sie in Deutschland bislang noch nie der Fall gewesen war. "Er kam, sang und siegte", schrieb am folgenden Tag die "Münchener Abendzeitung" und alle wollten wissen, wer der geheimnisvolle junge Mann war. Zu den Neugierigen gehörte auch der Musikproduzent Gerhard Mendelson, der im Rekordtempo mit dem noch Unbekannten einen Vertrag aushandelte und bald im Wiener Konzerthaus eine erste Schallplatte produzierte. Sein Name: Peter Kraus. So begann eine Karriere, die anfangs ganz auf Rock and Roll aufgebaut war. "Tutti Frutti", "Susi Rock" - heiß, heißer, am heißesten. Doch bald bekam der junge deutschsprachige Rocker einen ganz langsamen, melodiösen Schlager vorgesetzt: "Wenn Teenager träumen, es küsst sie ein Mann. Das ist für sie schöner als der schönste Roman", hieß es im Text des Slowfox. Und ein paar Wochen später die große Überraschung: Erstmals hatte Peter Kraus nicht nur Erfolg, sondern auch einen echten Hit, der sich über eine halbe Million Mal verkaufen sollte. "Das war das Ende meiner Karriere als reiner Rocksänger", erinnert sich Peter Kraus zurück: "Obwohl ich sehr viele schnelle Nummern gesungen habe, meine Balladen verkauften sich noch viel besser." Doch damals, in den späten 1950er-Jahren, überlegte der gewiefte Produzent Mendelson, wie er doppelt Kapital schlagen könnte, sozusagen "hot" und "sweet". Er erfuhr von einem gelernten Radio- und Fernsehmechaniker namens Harald Schubring, der im Raum Berlin in Tanzlokalen, wie man Discos damals nannte, mit viel Erfolg unterwegs war und der die Musik von Elvis, Little Richard usw. rauf und runter sang. Es kam zu einem Gespräch und ein neuer bis heute bekannter Künstler war geboren - Ted Herold. Er trat in den folgenden Jahren meist mit Elvis-Locke und Lederjacke auf, gab sich gegenüber dem eher "weichen" Peter Kraus als der "harte" Rocker und trennte die Musikfans in Österreich und Deutschland in zwei Lager. Die Jugendzeitschrift "Bravo" erzielte damals Rekordauflagen, indem sie von ihren Lesern wissen wollte, wer denn wirklich der Teenagerliebling Nummer eins sei. Ein in diesem Ausmaß ungeahnter Boom setzte ein, die Jugend hatte erkannt, dass es nach der Musik eines Vico Torriani, Gerhard Wendland oder Rudi Schuricke, eine völlig neue Stilrichtung gab – nämlich den Rock and Roll. Kleine Kuriosität am Rande: Nur ganz selten in seiner inzwischen 45-jährigen Karriere sang Ted Herold von Herz und Schmerz, doch gerade mit dem zum Evergreen gewordenen Song "Moonlight", den er im Übrigen ebenfalls im Wiener Konzerthaus aufgenommen hatte, sollte er den allergrößten Erfolg seiner Karriere feiern ... Die Zeit der Halbstarken war vorbei, als die Studentenrevolte 1968 begann. Sie kam aus Frankreich und Deutschland und richtete sich bald nicht nur gegen die erzkonservativen Zustände an den Hochschulen, sondern grundlegend gegen die Gesellschaft. Sie war auch eine Anklage an die ältere Generation, der die Mitverantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus angelastet wurde. Schlurfs und Halbstarke haben mit der Entwicklung eigener Kultur und mit dem Versuch, verkrustete Gesellschaftsstrukturen aufzubrechen, ganz wesentlich zur Veränderung dieser Gesellschaft beigetragen. Wenn auch mit ganz anderen Mitteln - und vielleicht oft "ohne zu wissen, was sie tun". Die ersten Wiener Festwochen nach dem Krieg Am 26. Mai 1951 wurden die ersten Wiener Festwochen nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnet. Drei Wochen lang stand die beflaggte Stadt im Zeichen von 155 Opern- und Theateraufführungen, Tanzveranstaltungen, Konzerten und Ausstellungen. In der Presse wurde damals von einem "Evangelium der Kultur" gesprochen. Mit diesen ganz besonderen Festwochen galt es, der Welt zu beweisen, dass die "Hauptstadt der Musik" - trotz Zerstörung und Besetzung - ihre Identität wieder gefunden hatte. Man hörte Strauss, Mozart, Mahler, Haydn, Beethoven - von den besten in- und ausländischen Ensembles gespielt, dirigiert von Stars wie Bruno Walter oder Herbert von Karajan. Stand vor allem die Musik im Vordergrund, sollten die Wiener Festwochen zugleich auch eine Zusammenfassung der Leistungen Wiens auf allen künstlerischen Gebieten sein. Das Motto war "Unsterbliches Wien". Die Festwochen des Jahres 1951 waren als Festwochen für die Wienerinnen und Wiener gedacht. In diesem Sinne gab es ein großes, die ganze Stadt umfassendes Eröffnungsfest. Festwochenveranstaltungen der großen Bühnen und Orchester wurden in Betrieben und Schulen wiederholt. Im Schönbrunner Schlosshaus und im Arkadenhof des Rathauses wurden Veranstaltungen für ein breites Publikum geboten. Hilde Spiel, die Grande Dame der österreichischen Kultur, schrieb zu jener Zeit: "(...) Auf allen Plätzen der Stadt wird Musik gemacht, von den ersten Orchestern bis zu den populären Blaskapellen, und ist die Mailluft lau, dann schwärmen die Wiener nächtens durch die Straßen wie die Pariser am 14. Juli ..." Das Bild der Festwochen hat sich am Anfang des 21. Jahrhunderts stark gewandelt. Sie haben nicht mehr allein das Ziel, sich an die Wienerinnen und Wiener zu wenden, sondern zeigen verstärkt mehr elitären Anspruch. Auch die Interessen des Fremdenverkehrs gewannen seit den 1970er-Jahren immer mehr Einfluss auf den Charakter der Festwochen. 1955: Die Opernpassage wird eröffnet Am 4. November 1955 wurde die Opernpassage feierlich eröffnet, genau einen Tag vor der Eröffnung der wieder aufgebauten Staatsoper. Ein Blick in die Vorgeschichte des Bauvorhabens gibt einen guten Einblick in die Verkehrssituation Mitte der 1950er-Jahre in Wien. Auch damals schon strömten - tagaus, tagein - aus allen Bezirken Wiens Hunderttausende Menschen über Ring und Kai in die Innere Stadt. Besonders dicht war dieser Strom von Menschen an jenen Stellen des Ringes, wo die Straßenbahnlinien aus den äußeren Bezirken endeten. So auch im Bereich Opernkreuzung und Kärntner Straße. In diesem Bereich kehrten sechs Straßenbahnlinien und die Badner Lokalbahn ihre Züge um. An Spitzenzeiten brachten bis zu 104 Straßenbahnzüge und die Badner Bahn etwa 15.000 Fahrgäste zum Ring. Nach Zählungen überquerten damals fast 10.000 Fußgänger die Kreuzung Ring/Kärntner Straße - und das täglich! Im gleichen Zeitraum passierten auch rund 3.200 Fahrzeuge die Kreuzung. Was diese enorme Verkehrsfrequenz an Gefahren und Schwierigkeiten mit sich brachte, zeigt die Unfallstatistik mit 80 Unfällen pro Jahr an der Kärntnerkreuzung im Jahr 1954. Hier eine Verkehrserleichterung zu bringen, war ein dringendes Gebot an die Stadtverwaltung. Bereits im Jänner 1952 hat sich die Stadt Wien mit diesem Problem befasst. Drei Möglichkeiten zur Lösung wurden ins Auge gefasst. Die Vorschläge führten allesamt zwangsweise zu einer zweiten Ebene unter der Straße. Realisiert wurde die Passage für Fußgänger an der Kärntnerkreuzung. Mit den Bauarbeiten wurde am 7. März 1955 begonnen, am 4. November desselben Jahres war die Passage fertig gestellt. Die Opernpassage hatte für damalige Zeiten gleich ab der Eröffnung eine besondere Anziehungskraft. Ein Hauptgrund waren sicher die Rolltreppen. Tausende von Passanten probierten die Treppenfahrt aus. Der Mechanismus war ständig überlastet, mehrere kleine Unfälle waren die Folge. Bald wurde die Opernpassage mit ihren Geschäften und dem Espresso zu einem Treffpunkt für Innenstadtbesucher. Heute ist dieser Bereich ein Teil der großen U-Bahn-Station Karlsplatz. Zurück ins Jahr 1955. Wie bereits erwähnt eröffnete am 5. November auch die Wiener Staatsoper mit Beethovens Fidelio unter dem Dirigenten Karl Böhm. Diese Wiedereröffnung wurde ein Fest für Wien und Österreich, und zugleich auch ein internationales Ereignis. Draußen am Ring gab es das so genannte "Stehparterre": Unter freiem Himmel folgten die 30.000 Wienerinnen und Wiener, die sich vor dem erleuchteten Gebäude versammelt hatten, begeistert und mit sehr viel Rührung der Aufführung über Lautsprecher. 1946: Weltpremiere der Wiener Eisrevue Beim ersten Auftritt der Wiener Eisrevue am 2. Jänner 1946 mussten sich alle Besucherinnen und Besucher warm anziehen: Die Veranstaltung fand am Heumarkt, auf dem Platz des Wiener Eislaufvereines statt. Vor Tausenden Zuschauern wurde das Programm "Wintermärchen" gezeigt. Wie der Eissport insgesamt, hat auch die Eisrevue in Wien eine lange Tradition, denn schon in den 1930er-Jahren zeigten die heimischen Eislaufvereine Schaulaufen im Kostüm. Bis 1945 gab es auch die "Schäfer Eisrevue" des legendären Karl Schäfer, die Will Petter leitete. Er war, zusammen mit der Choreographin Edith Petter, der künstlerische Leiter der Wiener Eisrevue. Schon im ersten Jahr, 1946, gab das Ensemble zahlreiche Vorstellungen im In- und Ausland. Ab 1952 schrieb Robert Stolz die Melodien für die Eisrevue. Diese "Eisoperetten" hießen "Ewige Eva", "Melodien der Liebe", "Tanzende Welt" oder etwa "Confetti". Eiskunstlauf mit Komik und Revueelementen zu Walzer- und Operettenklängen war die Attraktion dieser - jedes Jahr mit Spannung erwarteten - Aufführung. Fast alle österreichischen Eiskunstläufer wie Eva Pawlik, Emmy Putzinger, Emmerich Danzer oder Trixi Schuba sind nach ihrer Amateurkarriere Stars der Wiener Eisrevue geworden. Ein Star war auch der Wiener Clown Herbert Bobek, der als erster den Salto rückwärts auf dem Eis sprang. Anfang der 1970er-Jahre - die Eisrevue hatte bereits zwei Ensembles, transportable Kunsteisbahnen und mehrere Waggons Kostüme - wurde die Wiener Eisrevue an die USamerikanische Show "Holiday on Ice" verkauft. Das Historische Museum der Stadt Wien Zwischen 1954 und 1959 wurde am Karlsplatz nach Plänen von Oswald Haerdtl ein anfänglich umstrittenes Gebäude von "zurückhaltender Noblesse", wie es damals hieß, errichtet. Die Rede ist vom Historischen Museum der Stadt Wien. Für diese städtebaulich brisante Stelle hatte es in der Vergangenheit immer wieder Projekte gegeben, unter anderem von Otto Wagner und Roland Rainer. So beschloss bereits im Jahr 1900 der Wiener Gemeinderat, zu Ehren des 70. Geburtstages von Kaiser Franz Josef, am Karlsplatz ein eigenes Gebäude für ein Museum zu errichten. An der Projektausschreibung beteiligte sich auch Otto Wagner. Vorerst sollte das Museum allerdings mehr Projekt denn Realität bleiben - das verschuldete Wien hatte kein Geld für den Bau. In der Ersten Republik quälten die Bundeshauptstadt andere Sorgen. Der Museumsbau wurde daher 1921 bis auf weiteres zurück gestellt. Doch wenn schon der Bau am Karlsplatz zu Ehren des Kaisers vorerst nicht zustande kam, so war er dennoch nicht vergessen. 1953 erfolgte dann der nächste Versuch, das Historische Museum der Stadt Wien zu errichten. Der Gemeinderat beschloss abermals das Bauvorhaben. Diesmal anlässlich des 80. Geburtstages von Bundespräsident Theodor Körner. Und das lange Zeit schier Unmögliche wurde Realität: 1959 wurde dann das Historische Museum der Stadt Wien eröffnet. Tragisches Detail am Rande: Theodor Körner erlebte die Eröffnung nicht mehr, er starb 1957. Das Haus am Karlsplatz bot neben Zeugnissen zur Wiener Stadtgeschichte und Stadtkultur auch zahlreiche Werke von Waldmüller, Alt und Fendi. Außerdem beherbergte es auch die GrillparzerRäume. 1878 hatte Katharina Fröhlich den Nachlass des Dichters der Stadt Wien geschenkt. Große Teile des kulturellen Gutes der Stadt Wien haben in diesem Museum eine "Heimat" gefunden und können so für weitere Generationen bewahrt bleiben. Der österreichische Staatsvertrag - unsere Freiheit Im Marmorsaal des Schloss’ Belvedere wurde am 15. Mai 1955 um 11.30 Uhr der österreichische Staatsvertrag unterzeichnet. Unterzeichner waren die Außenminister der vier Großmächte: Antoine Pinay für Frankreich, Harold Macmillan für Großbritannien, Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow für die Sowjetunion und John Foster Dulles für die USA sowie der österreichische Außenminister Dipl.-Ing. Leopold Figl. Der Weg zum österreichischen Staatsvertrag war lang und für die österreichischen Teilnehmer mühsam und von Überraschungen und Enttäuschungen gekennzeichnet. Bis zur Unterzeichnung waren für den Staatsvertrag insgesamt 260 Sitzungen erforderlich. Dann waren 17 lange Jahre der Unfreiheit beendet. Die Opfer, die Österreichs Volk im Glauben an seine Zukunft gebracht hatte, haben an diesem 15. Mai Früchte getragen: Österreich war frei, zwölf Jahre nach der Moskauer Deklaration vom 30.10.1943, in der Großbritannien, die Sowjetunion und die USA die Befreiung Österreichs von der deutschen Herrschaft anstrebten, wurde Österreich als erstes Opfer der Angriffspolitik Hitlers betrachtet. Der Staatsvertrag besteht aus einer Präambel (Vor- und Geleitwort) und neun Teilen: politische und territoriale Bestimmungen, militärische und Luftfahrtbestimmungen, Zurückziehung der Alliierten Streitkräfte, aus dem Krieg herrührende Ansprüche, Eigentumsrechte und Interessen, Allgemeine Wirtschaftbestimmungen, Regelung von Streitfällen, verschiedene wirtschaftliche Bestimmungen und Schlussbestimmungen. Ergänzt wird der Text noch von Annex I und Annex II: Anhänge, die unter anderem die Rückgabe der deutschen Vermögenswerte durch die Sowjetunion an Österreich inhaltlich regeln. Die wichtigsten politischen Bestimmungen beziehen sich auf die Wiederherstellung Österreichs als freien und unabhängigen Staat, die Wahrung der Unabhängigkeit und der territorialen Unversehrtheit Österreichs durch die Alliierten sowie die Anerkennung der Unabhängigkeit Österreichs durch Deutschland. Außerdem enthalten die politischen Bestimmungen das Verbot der politischen und wirtschaftlichen Vereinigung von Österreich und Deutschland (Anschlussverbot), die Anerkennung der Menschenrechte ebenso wie die Rechte slowenischer und kroatischer Minderheiten. Dem Bekenntnis zur Wahrung demokratischer Einrichtungen steht das Gebot gegenüber, nazistische und faschistische Organisationen aufzulösen und die Wiederbetätigung zu unterbinden. Der 15. Mai 1955 - ein Festtag in Wien In der Bundeshauptstadt wurden auf Anordnung von Bürgermeister Franz Jonas alle städtischen Gebäude beflaggt. Auch die Straßenbahnen fuhren mit den aus der Messezeit und der Festwochen bekannten Fähnchen. Jonas hat weiters alle Wienerinnen und Wiener aufgefordert, die Häuser und Fenster mit Blumen und Fahnen zu schmücken. Auf der Ringstraße, von welcher der gesamte Verkehr über die 2er-Linie abgelenkt wurde, konzertierten zahlreiche Musikkapellen, wie auch an vielen anderen Plätzen in der Innenstadt. Zum bevorstehenden Staatsvertrag hielt Bürgermeister Jonas eine Rede, die über alle österreichischen Sender übertragen wurde: "Heute ist Wien, die Bundeshauptstadt der österreichischen Republik, Schauplatz einer geschichtlichen Handlung. Das seit zehn Jahren von uns allen erwartete Ereignis wird in einem der schönsten Gebäude unserer Stadt, dem herrlichen Barockschloss des Prinzen Eugen, im Belvedere, stattfinden (...) Wenn die Außenminister der vier Mächte ihre Unterschrift unter den Staatsvertrag gesetzt haben, so hat damit die Geburtstunde unserer endgültigen Freiheit und Unabhängigkeit geschlagen." Die wichtigste Folge des Staatsvertrages für Wien war wohl, dass der Wiener Landtag seine Gesetzesbeschlüsse nicht mehr einer alliierten Körperschaft zur Genehmigung vorlegen musste. Als der Staatsvertrag am 27. Juli 1955 in Kraft getreten war, unterlagen somit die Gesetzesbeschlüsse des Landtags keiner Vorlagepflicht mehr. Sie traten so in Kraft, wie es der Landtag beschlossen hatte. Damit war die volle verfassungsmäßige Freiheit der frei gewählten Volksvertretung von Wien hergestellt. Bürgermeister Jonas richtete folgenden Appell an die Freunde Wiens in der Welt: "Wir bitten Sie, mehr als bisher, wieder unsere Gäste zu sein. Unsere Stadt beherbergt nicht nur Kunstschätze aller Art, sie ist nicht nur eine bekannte Heimstätte für Musik und Theater, sondern besitzt auch eine Reihe wissenschaftlicher Forschungsstätten und Einrichtungen und wertvollste wissenschaftliche Bibliotheken. Wir würden uns daher sehr freuen, wenn die Vereinten Nationen und andere internationale Körperschaften, einige ihrer Einrichtungen oder Nebenorganisationen nach Wien verlegen würden. Wir haben als internationale Kongressstadt viel Erfahrung". Diese Wünsche, in einfache Worte gefasst, sind wahr geworden: Wien ist heute UNO Stadt und Menschen aus aller Welt lernen unsere Kultur kennen und lieben ... Unser "Theater an der Wien" Eine der größten kulturpolitischen Taten der Stadt Wien in der Zweiten Republik war die Rettung des Theaters an der Wien. Emanuel Schikaneder hatte es erbauen lassen, das Geld dafür hatte er unter anderem mit Mozarts "Zauberflöte" verdient, für die er den Text schrieb und die er in seinem Freihaus-Theater uraufgeführt hatte. Im Theater an der Wien fand auch die Uraufführung von Beethovens "Fidelio" sowie seiner zweiten und fünften Sinfonie statt. Viele Stücke Nestroys und Anzengrubers sowie die meisten Werke aus der Glanzzeit der Wiener Operette wurden hier erstmals gespielt. In den Jahren 1945 bis 1955 diente das Theater an der Wien als Ausweichquartier für die zerstörte Staatsoper. Danach wurde es geschlossen. Das Haus war renovierungsbedürftig, die Haustechnik völlig veraltet. Die im Wiener Theater- und Filmleben wichtige Familie Marischka, der das Haus gehörte, verfügte nicht mehr über die nötigen Mittel - sie war zum Verkauf bereit. Interessenten traten auf, die auf dem wertvollen Grundstück eine Großgarage oder ein Zentrallager für den Naschmarkt bauen wollten. In der Öffentlichkeit wurde die Rettung des Traditionshauses verlangt. In den Medien wurde dies zu einem Dauerthema. Jahrelang wurde eine vertretbare Lösung gesucht. Vergeblich. Nicht einmal für den Plan, das Theater an der Wien zum Kino umzubauen, fanden sich Geldgeber. 1960 entschied sich die Stadtverwaltung das Haus zu kaufen und grundlegend zu erneuern. Abbruch und Neubau wären billiger gewesen, aber die Stadt erwies sich - in einer Zeit, in der sie vor allem wegen der noch immer drückenden Wohnungsnot große Budgetprobleme hatte - als kultur- und traditionsbewusst. Im Jahr 1962 wurde das äußerlich bewahrte, aber technisch grundlegend modernisierte Theater als Festwochen-Bühne wiedereröffnet. Es gab Alban Bergs "Lulu", Gastspiele der Staatsoper ("Zauberflöte") und des Burgtheaters ("Mädel aus der Vorstadt") sowie zehn Konzerte. Das Haus blieb wichtigster Schauplatz der Wiener Festwochen. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich das Theater an der Wien zu einer der führenden Musical-Bühnen der Bundeshauptstadt. Wiener Internationale Gartenausstellung 1964 Die Wiener Internationale Gartenausstellung 1964 - die "WIG 64" - wurde am 16. April von Bundespräsident Dr. Adolf Schärf eröffnet. Diese so genannte "Olympiade der Gärtner" fand im neuen Donaupark zwischen Alter Donau und Donau statt. Sie erstreckte sich über eine Fläche von einer Million Quadratmeter. An 179 Ausstellungstagen konnte man rund 2,2 Millionen Besucher/innen zählen. Es beteiligten sich 29 Länder - darunter Australien, Brasilien, Ceylon, Indonesien, Israel, Japan, Kanada, Malaysia, Südafrika, Thailand und die USA. 3.800 österreichische Gartenbaubetriebe hatten Gelegenheit, ihr Können zu zeigen und sich mit den teilnehmenden Nationen zu messen. Bei der Prämierung wurden 1.840 Preise vergeben, 900 Medaillen wurden heimischen Gartenbaubetrieben zuerkannt. Die "WIG 64" war gleichzeitig auch Premiere für das Ausstellungsareal, den neuen Donaupark. Das Gelände des ehemaligen Bruckhaufens und des Bretteldorfes, wo im Laufe der Jahre nicht weniger als 15 Tonnen Müll und Unrat abgelagert wurden, hatte man in eine blühende Parklandschaft verwandelt, die gleichzeitig eine Brücke zu den links der Donau gelegenen Stadtteilen bildete. Die "WIG64" hat nach einhelligem Urteil der Fachleute alle vorangegangenen Gartenschauen in den verschiedensten Städten Europas übertroffen. Weithin sichtbares Zeichen der Gartenausstellung war der Donauturm, in dessen luftiger Höhe ein Kaffeehaus, ein Restaurant und eine Aussichtsterrasse die Besucher anzogen. Zur Eröffnung der Gartenschau kamen 3.600 Festgäste, denen, falls sie das riesige Gelände nicht zu Fuß erschließen wollten, ein Sessellift und eine eigene (Schmalspur-)Liliput-Bahn zur Verfügung standen. In den Hallen und Zelten der "WIG" wurden 50 Ausstellungen veranstaltet. Neben der großartigen Eröffnungsschau und der internationalen Schlussschau gab es eine Narzissenschau, eine Schnittrosenschau sowie die internationale Herbstschau. Vom Donauturm bot sich ein grandioser Ausblick über die Landschaft von Wien: das Häusermeer und seine grünen Inseln des Friedens - denn wovon sollen Blumen, Sträucher und Bäume denn sonst reden als vom Frieden ... Der Wiener Film - ein Blick zurück Eine Frau hat einen ewigen Platz im Herzen der Kinobesucher gefunden: Sissy, die junge, vom Schicksal schwer gezeichnete Kaiserin. Dieser "Edelkitsch" in drei Teilen war einer der größten Erfolge des österreichischen Films der Nachkriegszeit. Für viele Cineasten war es dann beinahe schon so, als wären Romy Schneider und Sissy zu ein und derselben Person verschmolzen. Viele werden sich noch erinnern: Ein Kinobesuch war der Höhepunkt des Tages. Im Foyer die bunten Bilder, drinnen der dezente Geruch von Perolin, ein damals zur Raumluftverbesserung eingesetztes Mittel. Dazu ein Sackerl Heller-Zuckerl oder Sport-Gummis - und bei besonderen Anlässen eine Karte für die fußfreie Reihe. Begehrt waren auch die Plätze in der letzten Reihe: hier hatte man Gelegenheit, sich "ein wenig näher zu kommen". Von der Leinwand kam in den schlechten Zeiten eine Traumwelt, die Realität blieb draußen vor der Tür. Bis zum Siegeszug des Fernsehens, das in Österreich 1955 in die Wohnzimmer kam, brauchte man sich um die Filmproduktion und die Kinos aus finanzieller Sicht keine Sorgen machen. Jährlich besuchten mehr als 50 Millionen Menschen die mehr als 200 (!!) Wiener Kinos. Die meisten der etwa dreißig abendfüllenden Spielfilme und der vielen Kurzfilme, die jährlich in Österreich entstanden, wurden in Wien produziert. Darunter waren sehr viele Unterhaltungsfilme wie sie etwa Franz Antel lieferte. Oder eben Nostalgie wie die bereits erwähnten Sissy-Filme. Aber es gab auch immer wieder wichtige Filme, die auch die verdiente internationale Anerkennung fanden - etwa die Werke von Georg Wilhelm Pabst ("Der Prozeß", "Der letzte Akt") oder Karl Hartls "Der Engel mit der Posaune", eine Familiensaga von der Zeit der Monarchie bis in die Nachkriegszeit. Unvergessen sind die jungen Darsteller Hans Holt und Oskar Werner. Im Jahr 1949 etablierte die sowjetische Besatzungsmacht in den Ateliers am Rosenhügel eine Filmproduktion, die mit den besten österreichischen Kräften, Filme in der Art der österreichischen Operettentradition produzierte. Die österreichische Produktion geriet ab 1949 in immer größere Abhängigkeit von der deutschen Filmwirtschaft, denn nur der große westdeutsche Markt konnte die nötigen Einnahmen bringen. Deutsche Verleihfirmen sorgten für die Finanzierung der Produktionen und stellten zugleich aber auch Bedingungen. Die Folge war die zuvor schon erwähnte Dominanz von Unterhaltung und Kitsch, denn das war es, was die deutschen Verleiher aus Wien wollten. Das Fernsehen veränderte zusehends massiv die heimische Film- und Kinoszene. 1960 gab es erstmals weniger als 40 Millionen Kinokunden und weniger als zwanzig neue österreichische Filme. Das Sterben der Kinos und der Filmfirmen begann: die Weltstadt Wien wurde zur Filmprovinz. In den 1990er-Jahren werden nur mehr rund vier Millionen Kinokarten pro Jahr verkauft, etwa 40 Kinos laden in mehr als 160 Säle ein, in vielen Wiener Bezirken gibt es kein eigenes Kino mehr. Am Ende des Jahrhunderts zeichnete sich eine neue Entwicklung ab. Großinvestoren versuchten mit Kinozentren, die mit anderen Freizeiteinrichtungen verbunden waren, neues Publikum zu gewinnen. Viele traditionelle Kinos haben diese Entwicklung leider nicht überlebt. Die Wiener Filmproduktion brach - parallel zum Kinosterben - fast völlig zusammen. Nur Experimentalfilme, zwangsläufig mit wenig Geld hergestellt, und einige wenige Großfilme wurden produziert. Dazu gehört der auch international erfolgreiche antifaschistische Film "Der Bockerer" von Franz Antel, der damit zeigte, dass er viel mehr kann, als er zuvor auf Wunsch der deutschen Geldgeber geliefert hatte. In der Hauptrolle brillierte Karl Merkatz als Fleischhauer Bockerer, der an Führers Geburtstag einen Sauschädel in die Auslage legte ... In den 1980er-Jahren begannen Versuche, der eigenständigen Filmproduktion mit Geldspritzen wieder auf die Beine zu helfen. In engem Kontakt mit der ebenfalls förderungswilligen Bundesregierung und dem ORF wurde schließlich der Wiener Filmförderungsfonds eingerichtet. Damit entstand eine Basis für eine lebendige Filmwirtschaft, deren erste Produkte bald vorlagen. Wichtig für eine Weltstadt wie Wien ist es auch, Drehort und Schauplatz für nationale als auch für internationale Filmproduktionen zu sein. Im Jahr 1985 wurde daher das Wiener Filmbüro des Presse- und Informationsdienstes der Stadt Wien (MA 53) installiert, das als beratende Filmservicestelle jedem in- und ausländischen Filmschaffenden kostenlos zur Verfügung steht. Die Aufgaben des Filmbüros beginnen bereits bei der Betreuung während der Motivsuche - als Hilfe für ortsunkundige, internationale Produktionsmannschaften. Auch während der Dreharbeiten stehen Mitarbeiter des Filmbüros mit Rat und Tat zur Seite. Durch Initiative und Koordination des Wiener Filmbüros gelang es auch, dass James Bond eine Runde mit dem Riesenrad gedreht hat so wie einst Orson Welles und Joseph Cotton oder Maria Schell und O. W. Fischer ... Der Fall Taras Borodajkewycz Zwanzig Jahre nach Kriegsende, im März 1965, sind die Themen Nationalsozialismus und Faschismus leider wieder Tagesthema. Auslöser sind die Vorlesungen von Prof. Dr. Taras Borodajkewycz in seinem Fach Geschichte, das er an der Hochschule für Welthandel (der heutigen Wirtschaftsuniversität Wien) liest. Seine Lehrinhalte offenbaren immer mehr seine antisemitische und nationalsozialistische Einstellung. Eine Disziplinaruntersuchung wird gegen ihn eingeleitet - der Verdacht lautet auf tendenziöse Beeinflussung der Studenten. Bei einer Pressekonferenz am 23. März 1965 wiederholt Borodajkewycz seine Aussagen wie über "das Geflunkere von der österreichischen Nation", das zu den "unerfreulichsten Überresten des an Gesinnungs- und Würdelosigkeiten reichen Jahres 1945" gehöre. Dazu muss betont werden, dass er diese Aussagen bereits 1956 - im Rahmen seiner Lehrtätigkeit - in die Öffentlichkeit gebracht hatte. Im Rahmen dieser Pressekonferenz brechen etwa 200 ihm gegenüber loyal eingestellte Studenten in höhnisches Gelächter aus, wenn ein jüdischer Namen fällt. Diese Szenen sind auf Film festgehalten, niemand kann sie verleugnen. Der erste politische Hochschulskandal der Zweiten Republik nimmt seinen Lauf. Denn Borodajkewycz darf weiter unterrichten. Am 24. März veranlasst die Staatsanwaltschaft Erhebungen nach dem Verbotsgesetz für nationalsozialistische Wiederbetätigung. Am 26. März kommt es zu einer großen Demonstration vor der Hochschule für Welthandel gegen den Geschichtslehrer. Bereits drei Tage später, am 29. März, demonstrieren vor der Oper 500 Studenten für den Professor. Es kommt zu ersten Handgemengen, die Öffentlichkeit ist gespalten. Am 31. März eskaliert die Situation. Beim Hotel Sacher stoßen deutsch-nationale und antifaschistische Demonstrationszüge aufeinander. Eine anschließende Schlägerei nimmt einen tödlichen Ausgang. Mit einer Stahlrute wird der 67-jährige Ernst Kirchweger niedergeprügelt. Er erliegt am 2. April - als erstes politisches Opfer der Zweiten Republik - seinen schweren Verletzungen. Täter ist Günther Kümel, ein der Polizei wegen neonazistischer Tätigkeit bekannter Student. Am 25. Oktober 1965 wird Kümel wegen "Notwehrüberschreitung" zu nur zehn Monaten (!!) Arrest verurteilt. Die Trauerfeier für Ernst Kirchweger auf dem Heldenplatz wird zu einer Kundgebung für die Demokratie in Österreich. Mehr als 25.000 Menschen erweisen an diesem 8. April Ernst Kirchweger die letzte Ehre. Taras Borodajkewycz wird am 14. Mai 1965 in Pension geschickt. Einfach so ... Die Wiener Bürgermeister der Zweiten Republik (1) General a.D. Theodor Körner, Bürgermeister von 1945 bis 1951 Theodor Körner (geboren am 24. April 1873 in Uj Szönyi, Ungarn; gestorben am 4. Jänner 1957 in Wien) kam in einem ungarischen Militärhospital zur Welt. Der Vater war dort als Artilleriehauptmann stationiert und kam nach seiner frühen Pensionierung als Kanzleibeamter ins Wiener Finanzministerium. Theodor Körner absolvierte die technische Militärakademie, meldete sich zu den Pionieren und wurde bald in den Generalstab versetzt. Im Ersten Weltkrieg war er ab 1917 Generalstabschef der Vereinigten Isonzo-Armeen. Im November 1918 meldete er sich zur Volkswehr, dem Militär der jungen Republik. Dabei kam er erstmals mit den Sozialdemokraten in Kontakt. 1924 trat er der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei. Das war für die christlich-soziale Regierung Anlass, ihn auf milde Art aus dem Militär zu entfernen: er wurde zum General befördert und pensioniert. Die Sozialdemokraten entsandten ihn als Wiener Vertreter in den Bundesrat und beriefen ihn in die Leitung des Republikanischen Schutzbundes. Durch seine Einstellung, den Schutzbund nicht nach dem Vorbild militärischer Einheiten zu organisieren, kam es zu Konflikten mit den anderen Funktionären. Körner vertrat die Meinung, dass die Verteidigung der Republik und der Arbeiterbewegung nur in Verbindung mit gewerkschaftlichen Aktionen erfolgen könne. Die Tragödie im Februar 1934 bestätigte seine Einschätzung. Am 12. Februar 1934 wurde Körner verhaftet und ohne Verfahren elf Monate in Haft gehalten. Danach befasste er sich mit Studien im Kriegsarchiv, die ihm 1943 verboten wurden. 1944 wurde er wieder verhaftet, aber da gegen ihn nichts vorlag, und wohl auch aus Respekt vor dem hohen Weltkriegsoffizier, wurde er nach wenigen Tagen wieder enthaftet. Während des Militärdienstes hatte Körner Russisch gelernt, was sich beim Umgang mit der Besatzungsmacht als großer Vorteil erwies. Er erreichte die umfassende Mitarbeit sowjetischer Pioniere beim Wiederaufbau der Wiener Brücken und bei der Sprengung gefährlicher Bombenruinen sowie die Freigabe von Lebensmitteln für die Wiener Bevölkerung. Trotz seines Alters und der extrem widrigen Umstände machte sich Körner mit großer Energie an die Arbeit. Nach den ersten Wahlen im befreiten Österreich am 25. November 1945 war es selbstverständlich, dass der Gemeinderat einstimmig Theodor Körner als Bürgermeister bestätigte. Körner bemühte sich intensiv um internationale Hilfe für das Not leidende Wien. 1947 besuchte er Zürich und löste mit seinem Auftreten eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. Im gleichen Jahr wurde er wie viele andere Bürgermeister großer Städte zur 800-Jahr-Feier der Stadt Moskau eingeladen. Als einziger Gast konnte er die obligate Begrüßungsrede in der Sprache der Gastgeber halten. Das öffnete ihm so manches Tor. Körner erwirkte unter anderem den Heimtransport der österreichischen Kriegsgefangenen noch im selben Jahr. Auch nach der Neuwahl 1949 stand außer Frage, dass Körner, obwohl schon 76 Jahre alt, an der Spitze des angelaufenen Wiederaufbaus blieb. Am 31. Dezember 1950 starb Bundespräsident Dr. Karl Renner. Der Nachfolger wurde erstmals nicht vom Parlament, sondern vom Volk gewählt. Es kam zu einer Stichwahl, in der Körner 52 Prozent der Stimmen erhielt. Er blieb bis zu seinem Tod im Jänner 1957 im Amt. Franz Jonas, Bürgermeister von 1951 bis 1965 Franz Jonas wurde am 29. September oder 4. Oktober 1899 in Floridsdorf (erst 1904 als 21. Wiener Bezirk eingemeindet) geboren und starb am 24. Februar 1974 in Wien. Die unterschiedlichen Geburtsdaten ergeben sich aus einem Eintrag der Hebamme im amtlichen Geburtsregister: vielleicht war sie dem alten Brauch gefolgt, den Namenstag als Geburtstag anzugeben; dies vielleicht umso mehr, weil der kleine Jonas Franz Josef hieß - wie der Kaiser, dessen Namenstag am 4. Oktober zu feiern war. Franz Jonas wurde Buchdruckerlehrling, musste allerdings vor seinem Lehrabschluss in den Krieg einrücken. Nach Kriegsende diente er im Volkswehrbataillon 21, das auch im Kärntner Abwehrkampf eingesetzt wurde. Er holte den Lehrabschluss nach und wurde Schriftsetzer. Da er sich eine gute Allgemeinbildung angeeignet hatte, avancierte er rasch bis zum Korrektor. Er schloss sich den Sozialdemokraten an und engagierte sich in der Gewerkschaft, bei den Naturfreunden und den Arbeiter-Turnern. 1933 wurde er Bezirksvorsteher der SDAP (Sozialdemokratische Arbeiterpartei) in Floridsdorf. 1934 floh er in die Tschechoslowakei, kehrte aber im Juli zurück und wurde prompt verhaftet. Nach dem großen Sozialistenprozess blieb er trotz Freispruchs weiterhin 14 Monate in Haft. Danach fand er Arbeit in der Floridsdorfer Lokomotivfabrik. Im April 1945 gehörte Jonas der provisorischen Bezirksverwaltung von Floridsdorf an. 1946 wurde er zum Bezirksvorsteher gewählt, 1948 zum Stadtrat für Ernährungsangelegenheiten, 1949 zum Stadtrat für Bauangelegenheiten. Als Baustadtrat steigerte Jonas die Wohnbauleistung enorm, was angesichts von mehr als 33.000 Wohnungslosen auch dringend notwendig war. 1951 wurden 6.448 Wohnungen fertig gestellt, mehr als jemals zuvor oder danach in einem Jahr. Franz Jonas löste noch im selben Jahr Theodor Körner, der zum Bundespräsidenten gewählt wurde, als Wiener Bürgermeister ab. Bürgermeister Franz Jonas zeichneten Genauigkeit und Fleiß aus, kein Problem war ihm zu klein oder zu groß. Er kümmerte sich als Politiker genauso um Großprojekte wie etwa den Bau des Floridsdorfer Krankenhauses oder der Ringstraßen-Unterführungen wie auch um ein mangelhaft gereinigtes Wartehäuschen. Für ihn gehörte alles zusammen und bildete das Leben in der Stadt. Diese Linie behielt er als Bürgermeister immer bei. Als Dr. Adolf Schärf, der Nachfolger Körners als Bundespräsident, 1965 starb, nominierte die Wiener SPÖ zum zweiten Mal den Wiener Bürgermeister als Kandidaten. Franz Jonas wurde gewählt und übte sein Amt als Bundespräsident so vorbildlich aus, dass er 1971 mit großer Mehrheit bestätigt wurde. (Beide Biographien wurden dem Buch "Die Wiener und ihr Rathaus" - Autoren: Christine Klusacek und Kurt Stimmer - auszugsweise entnommen.) Der Einsturz der Wiener Reichsbrücke Der 1. August 1976 war ein schwarzer Sonntag für Wien: Gegen 4.55 Uhr stürzte die Reichsbrücke ein. Wenige Minuten später ging die Meldung per Fernschreiber in die ganze Welt. In den nachfolgenden Tagen war der Einsturz der meistfrequentierten Brücke Mitteleuropas Thema der Medien in ganz Europa und Übersee. Es ist nicht auszudenken, was bei einem Einsturz der Reichsbrücke zur Hauptverkehrszeit passiert wäre, wurde sie doch von bis zu 18.000 Fahrzeugen pro Stunde befahren. Am Sonntag um 4.55 Uhr befanden sich jedoch keine Fußgänger und nur zwei Fahrzeuge auf der Brücke. Das eine Fahrzeug war ein städtischer Gelenkbus, der Verkehrsbedienstete abholen und zum Einsatz bringen sollte. Der Bus stand mitten im Strom auf dem im Wasser liegenden Brückenteil, der Fahrer konnte leicht verletzt geborgen werden. Das zweite Fahrzeug war ein Kombi-Wagen, mit dem ORF-Techniker vom Sender Bisamberg abgeholt werden sollten. Erst am nächsten Tag konnte dieser Wagen unter den Brückentrümmern gefunden werden - der Lenker war bereits tot. Im Rathaus tagte an diesem 1. August bereits ab 6.30 Uhr ein Krisenstab. Hauptaufgaben waren Sicherung des Katastrophenortes und Bergung möglicher Opfer, Gewährleistung der Versorgung (Wasser-, Gas-, Strom- und Telefonleitungen waren unterbrochen), Lösungen für den Verkehr, Klärung der Einsturzursache und Einleitung des Neubaus der Brücke. Eine Expertenkommission sollte die Ursache des Einsturzes klären. Der Bericht der unabhängigen Professoren ergab, dass die Ursache im "ungünstigen Zusammenwirken einer Reihe von Faktoren, die jeder für sich ungefährlich gewesen wären" lag. Besonders interessant war einer der Faktoren, der bis in die Baugeschichte der Brücke zurückgeht - einer der Brückenpfeiler war offensichtlich zum Teil mit Sand statt mit Beton gefüllt worden. Der Hinweis auf den Sand im Pfeiler erinnerte an den Bau der Brücke in den Jahren 1936 und 1937. Damals kursierten in Wien Gerüchte, die auch auf illegalen Flugblättern verbreitet wurden: Beim Bau der Reichsbrücke werde viel gestohlen, Zement verschwinde säckeweise und bezahlter Zement werde nicht geliefert. Deshalb werde Beton mit zu geringer Zementzugabe oder sogar Sand verwendet. Die Experten meinten in diesem Zusammenhang zum Einsturz der Brücke: "Auch eine noch so eingehende Untersuchung der Brücke hätte den Einsturz nicht verhindert, da eine zerstörungsfreie Prüfung des Betons mit den derzeitigen Mitteln nicht möglich ist." Zum Neubau der Brücke trat bereits am 3. August 1976 eine internationale Expertenkommission zusammen. Sie entschloss sich zu einer umfassenden Neuplanung, die auch die Führung der UBahn über die neue Reichsbrücke einschloss. So entstand ein bis dahin weltweit einmaliger "Brücken-Multi" mit sechs Fahrspuren für Autos, Fuß- und Radwegen sowie zwei U-Bahn-Trassen einschließlich der Station "Donauinsel". Die Baugenehmigung erfolgte am 13. Dezember 1977, am 8. November 1980 wurde die neue Reichsbrücke eröffnet. Trotz des regnerischen Wetters kamen mehr als 10.000 Menschen, um die neue Reichsbrücke zu feiern. 1947: Startschuss für Wohnungsneubau Die Per-Albin-Hansson-Siedlung in Wien-Favoriten In den ersten Jahren nach Kriegsende war es vordringlichste Aufgabe, möglichst schnell, möglichst viele Wohnungen zu bauen. Die Rahmenbedingungen waren äußerst schlecht: es gab kaum Baumaterial, Baumaschinen oder Transportmittel. Im Jahr 1947 ist es Wien gelungen, über die Europahilfe aus Schweden zwei Vibro-Anlagen zu bekommen. Mit diesen Maschinen konnten aus Bauschutt neue Ziegel geformt werden. Diese Anlage wurde am zerbombten Franz-Josefs-Kai aufgestellt, wo enorme Schuttmengen lagen. Die ersten Arbeiten galten der Verhinderung weiterer Schäden - vor allem durch Dachreparaturen. Mit den Anlagen aus Schweden war die Stadtverwaltung nach dem Krieg erstmals in der Lage, den Neubau einer großen Wohnhausanlage in Angriff zu nehmen. Am 23. August 1947 wurde der Grundstein für die Per-Albin-Hansson-Siedlung in Favoriten gelegt, die aus Dank für die Schwedenhilfe nach dem schwedischen Ministerpräsidenten Per Albin Hansson benannt wurde. Erstmals wurde hier ein neues Stadtviertel nach genauem Plan errichtet. Auf einer Gesamtfläche von 280.000 Quadratmetern (verbaut: 44.000 Quadratmeter) finden sich hier einstöckige Einfamilienhäuser, in denen jeder Bewohner auch über einen kleinen Garten verfügt; dazwischen: dreigeschossige Mehrfamilienhäuser, die von größeren Grünanlagen umgeben sind. Mehr als tausend Familien haben in dieser Siedlung ihr Zuhause gefunden. Der Bau der Per-Albin-Hansson-Siedlung gilt als eine der herausragenden Leistungen der Nachkriegszeit. Im Jahr 1947 konnte auch mit weiteren Neubauten begonnen werden: Insgesamt standen 1.714 neue Wohnungen in den Bezirken 10, 13, 18, 22 und 23 auf dem Programm dieses Jahres. 1949 waren die Engpässe in der Bauwirtschaft im Wesentlichen überwunden, es konnte wieder mit vollem Einsatz gebaut werden. 1951 wurden 6.448 Gemeindewohnungen fertig gestellt - eine Leistung, die weder vorher noch nachher erreicht wurde. Die Wiener Bürgermeister der Zweiten Republik (2) Bruno Marek, Bürgermeister von 1965 bis 1970 Bruno Marek wurde am 23. Jänner 1900 in Wien geboren und starb am 29. Jänner 1991 ebenda. Sein Vater besaß ein Schneideratelier in der Mariahilfer Straße, er ließ den Sohn zum Kaufmann ausbilden. Kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges musste Bruno Marek einrücken, dann war er in der Privatwirtschaft tätig, bis er 1924 in den Dienst der 1921 gegründeten Messe AG trat. 1934 wurde Marek wegen seiner sozialdemokratischen Einstellung entlassen und sogar zwei Wochen inhaftiert. Marek fand wieder Arbeit in der Privatwirtschaft. Während der Nazi-Diktatur schloss er sich einer Widerstandsgruppe an, der er mit Geld und Büromaterial die Herstellung illegaler Flugblätter ermöglichte. 1945 beauftragte ihn Bürgermeister Körner mit der Leitung der Wiener Messe AG. Schon im Mai 1946 organisierte er eine Export-Musterschau (mit Wiener Erzeugnissen, welche die Wienerinnen und Wiener nur anschauen, aber nicht kaufen konnte). Im Oktober die erste Wiener Nachkriegsmesse, bei der es auch schon einige Dinge zu kaufen gab. Marek wurde Gemeinderat und Bezirksobmann der SPÖ in Mariahilf. Von 1949 bis zu seiner Wahl zum Bürgermeister 1965 war Marek Präsident des Wiener Landtages. Als Bürgermeister kümmerte er sich vor allem um Fragen der Wirtschaft, und als Naturfreund um die Grünbereiche Wiens sowie die Quellenschutzforste. Bruno Marek trat immer als Mahner gegen Faschismus und Rassismus auf, unterstützte Aktivitäten gegen den Antisemitismus und förderte das 1963 gegründete Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, dessen Präsident er von 1971 bis 1984 war. Als Bürgermeister trat Marek am 17. Dezember 1970 wegen Erreichung der von der SPÖ festgelegten Altersgrenze zurück. Felix Slavik, Bürgermeister von 1970 bis 1973 Felix Slavik (geboren am 3. Mai 1912 in Wien, gestorben am 6. Oktober 1980 in Wien) galt schon vor seiner Wahl zum Bürgermeister als bestimmende Persönlichkeit der Wiener Kommunalpolitik. Bereits als Vizebürgermeister und Finanzstadtrat stellte er die Weichen für jene Großprojekte, die in den 1970er-Jahren realisiert wurden: U-Bahn, Donauinsel, Großkläranlage, Pensionistenwohnhäuser, Müllverbrennung, gezielte Industrieansiedlung, Stadterweiterung oder Fußgängerzonen. Die von ihm schrittweise veranlasste Finanzreform sicherte Wien bei Wahrung der sozialen Komponente ein ausgeglichenes Budget und sogar Rücklagen, die als "Rathaus-Milliarde" bekannt waren. Felix Slavik erlernte zwei Berufe: Feinmechaniker und Seidenweber. Er wurde Sozialdemokrat und wirkte in der Gewerkschaft der Metallarbeiter. Nach dem Februar 1934 schloss er sich den Revolutionären Sozialisten an. Im Februar 1935 wurde er verhaftet und zu vier Wochen Polizeiarrest verurteilt, danach bis Mai 1936 im Anhaltelager Wöllersdorf festgehalten. In der NaziZeit bemühte er sich um den Aufbau eines Widerstandes, der über Parteigrenzen hinausging und einstige Gegner versöhnte. Im Dezember 1939 wurde er verhaftet und vier Jahre lang durch verschiedene deutsche Gefängnisse geschleppt, ehe er 1943 zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Bei einem Arbeitsunfall im Gefängnis verlor er durch einen Metallsplitter sein rechtes Auge. Da die Gefahr der völligen Erblindung bestand, wurde er 1943 aus der Haft entlassen. Im März und April 1945 war Slavik an den Bemühungen um eine Verkürzung des Kampfes um Wien beteiligt und hielt Kontakt mit der Widerstandsgruppe O5. In der Folge war er auch an der Gründung der SPÖ und der provisorischen Stadtverwaltung beteiligt. Slavik wurde Stadtrat für das Wohnungswesen - eines der schwersten Ämter, die man in dieser Zeit politisch ausüben konnte. 1946 bis 1949 war Slavik Sekretär des Österreichischen Städtebundes und Bundesrat, 1949 bis 1957 Wiener Landessekretär der SPÖ und Abgeordneter zum Nationalrat. 1957 wählte ihn der Gemeinderat zum Stadtrat für Finanzen, 1959 auch zum Vizebürgermeister. Die Wahl Slaviks zum Bürgermeister im Dezember 1970 erhielt den Beifall aller Parteien. Viele seiner Neuerungen waren allerdings umstritten, was bei Neuerungen wohl selbstverständlich ist. Zunehmend wurde Kritik an seiner Amtsführung laut, oft auch mit sehr persönlichen Untergriffen. Ein Konflikt von relativ kleiner Bedeutung führte zum Eklat. In einer Grünanlage in Währing, dem Sternwartepark, welcher der Wiener Universität gehörte und niemals für die Öffentlichkeit zugänglich war, sollte ein neues, dringend erforderliches Institutsgebäude für Zoologie gebaut werden. Etwa sechs Prozent der Gesamtfläche sollte dafür verbaut werden. Eine Bürgerinitiative protestierte dagegen, die Diskussion erlangte eine derartige Schärfe, dass Slavik eine Volksbefragung veranlasste. Nur ein Drittel der Wahlberechtigten beteiligte sich, 57 Prozent davon stimmten gegen das Universitätsinstitut. Am 2. Juni 1973, wenige Tage nach dieser Volksbefragung, fand der Wiener Landesparteitag der SPÖ statt. Slavik erhielt dabei nur 67,3 Prozent der Delegiertenstimmen, Felix Slavik trat von seinem Amt als Bürgermeister zurück. Als Präsident des Pensionistenverbandes Österreichs fand er ein neues politisches Arbeitsfeld. Mag. Leopold Gratz, Bürgermeister von 1973 bis 1984 Der Nachfolger von Felix Slavik bedeutete einen Generationenwechsel: Mag. Leopold Gratz, geboren am 4. November 1929 in Ottakring als Sohn eines Bankbeamten, war 17 Jahre jünger als sein Vorgänger. Leopold Gratz hatte an der Universität Jus studiert und mit der dritten Staatsprüfung abgeschlossen. Nach kurzer Arbeit im Landesarbeitsamt war er im Parlamentsklub der SPÖ tätig. 1963 wurde Gratz einer der vier Zentralsekretäre der SPÖ, er leitete auch als Obmann die Junge Generation der SPÖ. 1963 bis 1966 gehörte er dem Bundesrat an, nachher dem Nationalrat. Als Dr. Bruno Kreisky 1970 die erste SPÖ-Alleinregierung bildete, berief er Gratz als Unterrichtsminister. Den jungen Minister gelang in wenigen Monaten die Reform der Bundestheater sowie eine Vielzahl von Neuerungen in allen Bereichen der Schulpolitik. Im November 1971 kehrte Gratz in den Nationalrat zurück und übernahm die Leitung des SPÖKlubs. Er galt nun schon als einer der populärsten Politiker Österreichs. Später konnte sich niemand mehr genau erinnern, wer als Erster den Namen Gratz genannt hatte, als es um die Nachfolge Slaviks ging. In der Öffentlichkeit fand der Vorschlag uneingeschränkte Zustimmung. Da er neu in die Stadtpolitik gekommen war, bestand Gratz auf baldige Neuwahlen. Diese fanden am 21. Oktober 1973 statt und brachten der SPÖ den größten Wahlerfolg ihrer Geschichte: 60,2 Prozent der Stimmen bedeuteten 66 Mandate. Es gelang nach dieser Wahl nicht, die seit 1945 bestehende Koalition zwischen SPÖ und ÖVP fortzusetzen. Der größte Streitpunkt war die Donauinsel - da dieser Konflikt nicht zu lösen war, bildete Gratz eine SPÖ-Alleinregierung. Leopold Gratz ging mit großer Tatkraft ans Werk. Es galt nicht nur, die von Slavik eingeleiteten Projekte fortzusetzen und zu beschleunigen, sondern auch neue Schwerpunkte zu setzen, etwa im Gesundheitswesen, im Umweltschutz, im Kulturbereich, in der Jugendpolitik und bei der Festigung der internationalen Position Wiens. Was an Positivem geschah, stand von Anfang an im Schatten anderer Ereignisse. Es begann mit dem Bauring-Skandal, dem Desaster des städtischen Baukonzerns wegen missglückter Auslandengagements. Es folgte der Einsturz der Reichsbrücke, im selben Jahr wurde wegen Bedenken, die bei der Prüfung auftauchten, die Floridsdorfer Brücke gesperrt. Der Ausfall der beiden Brücken brachte enorme Probleme für die Stadt und ihre Bewohner, der notwendige Neubau unvorhergesehene, hohe Kosten. Und dann kam der AKH-Skandal, dessen Wurzeln ebenso wie beim Bauring - einer Zeit lange vor Gratz lagen. Trotz all dieser Turbulenzen setzte Gratz vor allem wichtige Schritte zur weiteren Demokratisierung in Wien wie etwa die rechtliche Verankerung von Volksabstimmung und Volksbefragung sowie die Erweiterung der Oppositionsrechte. Am 10. September 1984 folgte Gratz dem Ruf von Bundeskanzler Dr. Fred Sinowatz und wurde Außenminister der Bundesregierung. In den Jahren 1986 bis 1989 war Leopold Gratz Erster Präsident des Nationalrats. (Die Biographien wurden dem Buch "Die Wiener und ihr Rathaus" - Autoren: Christine Klusacek und Kurt Stimmer - auszugsweise entnommen.) Hoch hinaus - der Ringturm wird eröffnet! Am 14. Juni 1955 wird der Ringturm - 1., Schottenring 30 - als Bürohaus mit 23 Geschossen eröffnet. Hausherr ist die Wiener Städtische Wechselseitige Versicherungsanstalt. Ausführender Architekt war Erich Boltenstern. Die Ringstraße hatte seit ihrer Anlage bei der Einmündung in den Franz-Josefs-Kai keinen Abschluss bekommen. Auf einen Vorschlag von Roland Rainer hin wurde 1953 bis 1955 als Akzent dieser städtebaulich exponierten Stelle der Ringturm erbaut. Unter den Schwierigkeiten des Wiederaufbaues hatte sich die Raumnot der Wiener Städtischen Versicherung besonders bemerkbar gemacht. Im Einvernehmen mit der Stadtverwaltung wurde der Baugrund auf dem Schottenring für den Bau des neuen Bürogebäudes ausgewählt. Es war ein Zufall, dass die Städtische Versicherungsanstalt mit ihrem neuen Bürohaus auf das gleiche Grundstück kam, auf dem sie im Jahr 1898 ihre Tätigkeit begann. Der neue Ringturm gehörte 1955 mit seinen mehr als 70 Metern Höhe zu den höchsten Häusern Europas. Hochbauten wie der Ringturm, die Pensionsversicherungsanstalt für Arbeiter (1957) und diverse Wohnhausanlagen, die in den 1950er-Jahren noch als die wahren Kunstwerke der modernen Großstadt begrüßt wurden, haben das Stadtbild Wiens in dieser Zeit am gravierendsten verändert. Mit dem Ringturm ist 1955 ein neues Wiener Wahrzeichen entstanden. Wissen ist Macht - Die Wiener Städtischen Büchereien Bibliotheken waren im Lauf der Jahrhunderte immer ein Hort des Wissens und der Bildung. Aber es waren auch die Bücher, die vor allem im 19. und 20. Jahrhundert die Gesellschaft verändert haben: man denke hier nur an die Arbeiterbüchereien der frühen Sozialdemokraten oder - in einem Jahr wie heuer besonders wichtig - an die Aufklärungsliteratur über den Nationalsozialismus und den Holocaust. Menschen, die Bücher lesen und damit die Welt besser verstehen, kann man nicht so leicht manipulieren - denn Wissen ist Macht! Bibliotheken haben auch in unserer Zeit einen hohen Bildungsauftrag, der von den städtischen Büchereien sehr ernst genommen wird. Man findet hier nicht nur die aktuellen Bestseller, sondern auch Werke, die sonst nur wenig Verbreitung finden würden. Und es findet sich außerdem so manches, das im Handel schon längst vergriffen ist. Schon am Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Wien bereits ein Netz von Arbeiterbüchereien, einer Schöpfung der Sozialdemokraten, und wenige kommerzielle Leihbüchereien. Im "Roten Wien" wurden mit städtischer Unterstützung weitere Arbeiterbüchereien eröffnet und die bestehenden ausgebaut. Nach dem Verbot der Sozialdemokraten während der NS-Zeit beschlagnahmte die Regierung diese Büchereien und übergab sie, nach "Säuberung" der Bestände, der Stadt Wien. Nach 1945, in der zweiten Republik, wurde das, was an Büchern und Lokalen noch übrig geblieben war, als "Wiener Städtische Büchereien" von der Gemeinde Wien weitergeführt. Diese Entstehungsgeschichte bringt es mit sich, dass viele Büchereizweigstellen auch heute noch in Gemeindebauten untergebracht sind: Im Roten Wien - wie auch im kommunalen Wohnbau der 1950er- und 1960er-Jahre - wurde mit einer neuen Gemeindebausiedlung oft auch eine Bücherei mitgeplant. Als Teil der lokalen Infrastruktur boten die Büchereien Zugang zu Bildung und Unterhaltung, sie wurden vornehmlich von den im Umkreis wohnenden Menschen genutzt und bauten Kontakte zu den umliegenden Schulen und Kindergärten auf. Viele der kleinen Büchereizweigstellen in Wohnsiedlungen spielen auch heute noch diese wichtige Rolle von kulturellen Nahversorgungseinrichtungen und unverzichtbaren Kommunikationszentren im Grätzel. Die Büchereien der Stadt Wien verfügen heute über ein dichtes Zweigstellennetz, das über das ganze Stadtgebiet verteilt ist. Großer und zukunftweisender Knotenpunkt als Lern- und Kompetenzzentrum ist die neue Hauptbücherei am Urban-Loritz-Platz nahe dem Gürtel. Der Katalog dieser Hauptbücherei ist, modern gesprochen, das Wissensportal schlechthin. Hervorzuheben ist ein guter Sachbuchbestand, der mehr als 200.000 Medien umfasst. Dazu kommen 600 Abos von Zeitschriften und Zeitungen, 100 Datenbanken am CD-ROM-Server und zahlreiche InternetSurfstations. Die neue Hauptbücherei ist auch Ort der Medienpädagogik, sie setzt die Leseförderung mit anderen Mittel fort. Der sinnvolle Umgang mit neuen Medien wird hier umfassend gefördert. Die Hauptbücherei bietet konkrete Lernhilfen, vor allem im Computer- und Sprachenbereich. Die Notwendigkeit zum lebenslangen Lernen ist eine Schlüsselstellung in unserer Wissensgesellschaft. Schauen Sie doch einmal vorbei in der Hauptbücherei oder in einer der Zweigstellen der Städtischen Büchereien. Bücher, DVDs, Videos, Periodika und Internet - all das steht für Sie bereit. Die Wiener Bürgermeister der Zweiten Republik (3) Dr. Helmut Zilk, Bürgermeister von 1984 bis 1994 Auf Leopold Gratz folgte wieder eine äußerst populäre Persönlichkeit als Wiener Bürgermeister nach, die allerdings nicht als Politiker, sondern als Medienmensch bekannt und beliebt war: Dr. Helmut Zilk, geboren am 9. Juni 1927 in Wien. Der Sohn eines Zeitungsangestellten absolvierte die Lehrerakademie und studierte an der Wiener Universität Germanistik, Pädagogik, Psychologie und Philosophie. Nach der Promotion zum Dr. phil. unterrichtete er an der Lehrerbildungsanstalt, legte noch die Lehramtsprüfung ab und engagierte sich in der Erwachsenenbildung. Beim Fernsehen war er von Anfang an tätig, vor allem im Jugend- und Bildungsbereich. 1967 bis 1974 war er Programmdirektor des ORF. Durch mehrere Diskussionsreihen - "In eigener Sache", "Stadtgespräche", "Auslandsecho" - wurde er einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Anschließend war er Zeitungs-Ombudsmann der "KronenZeitung". 1979 berief ihn Leopold Gratz als Stadtrat für Kultur und Bürgerdienst, 1983 machte ihn Fred Sinowatz zum Unterrichtsminister. Als Leopold Gratz 1984 in die Bundesregierung ging, löste ihn Helmut Zilk als Bürgermeister im Rathaus ab. Helmut Zilk gehörte zu jenen Bürgermeistern, denen die vielen Kleinigkeiten, die für die Lebensqualität einer Stadt wichtig sind, nicht zu minder waren. Er kümmerte sich aber auch um grundlegende Dinge, wobei die Übertragung von Kompetenzen an die Bezirke, die Vertiefung der Beziehungen zu jenen Städten Mitteleuropas, die mit Wien historisch verbunden sind, und die verstärkte Aufklärung über Faschismus und Rassismus, wichtige Beispiele sind. Zilk gründete zudem die Aktion "Rettet den Stephansdom" und bemühte sich mit Erfolg um neue Impulse für die heimische Architektur, wofür das Hundertwasser-Haus und das neue Haas-Haus von Hans Hollein die ersten markanten Beispiele waren. Am 5. Dezember 1993 wurde Helmut Zilk Opfer eines der Briefbomben-Attentate des Ausländerhassers Franz Fuchs. Die linke Hand des Bürgermeisters wurde dabei schwer verletzt. Im Jahr darauf trat Zilk zurück. Er übernahm Funktionen in der Wirtschaft und arbeitete wieder für die "Kronen-Zeitung" sowie für den ORF. Dr. Michael Häupl, amtierender Bürgermeister seit 1994 Helmut Zilk schlug selbst seinen Nachfolger vor: Dr. Michael Häupl, geboren am 14. September 1949 in Altlengbach in Niederösterreich. Michael Häupl studierte Biologie an der Universität Wien und promovierte 1977 zum Dr. phil. Er arbeitete als Zoologe im Naturhistorischen Museum und veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten. Daneben war er in seiner Studienzeit in der sozialdemokratischen Bewegung tätig, vor allem in seinem Heimatbezirk Ottakring, der ihn 1983 in den Gemeinderat entsandte. Kleidung und Auftreten entsprachen nicht ganz dem traditionellen Bild eines würdigen Mandatars, sondern erinnerten eher an einen Rebellen der Jahre 1968/69. Aber mit fundiertem Wissen, spürbarem Engagement sowie Klarheit der Gedanken und Worte, gewann er rasch Ansehen. Es war daher keine Überraschung, als er 1988 zum Stadtrat für Umwelt, Freizeit und Sport berufen wurde. Bereits 1993 wurde Häupl als Nachfolger von Vizebürgermeister Hans Mayr zum Landesparteivorsitzenden der Wiener SPÖ gewählt. Als Stadtrat hat Häupl den Umweltfragen einen besonders hohen Stellenwert in der Stadtpolitik verschafft. Die Bilanz von nur sechs Jahren Arbeit als Stadtrat reicht weit: Ausbau der Versorgung mit Hochquellwasser durch Fassung der Pfannbauernquelle, Rettung der Alten Donau vor der Algenplage, Erfassung und Schutz der Wiener Biotope, große Fortschritte bei der Bewältigung der Müll-Lawine, Gründung der Wiener Umweltberatung, Einrichtung der Umweltanwaltschaft, Sanierung der Ringstraßenalleen und anderer gefährdeter Alleen. Auch Aktionen zur Verbesserung der Luftqualität und zur Lärmbekämpfung gehen auf Häupl zurück. Nach dieser erfolgreichen Arbeit war klar, dass Häupl als Bürgermeister akzeptiert werden würde. Am 7. November 1994 wurde Dr. Michael Häupl vom Gemeinderat zum Bürgermeister gewählt als 165. Bürgermeister seit dem Jahre 1282, als erstmals diese Funktion urkundlich erwähnt wurde; und als zweiter Bürgermeister mit dem Vornamen Michael. Der neue Bürgermeister hatte aber auch ein Handicap zu tragen: Schon am 13. Oktober 1996, nicht einmal zwei Jahre nach seiner Berufung zum Bürgermeister, hatte er sich einer Gemeinderatswahl zu stellen. Sein Bekanntheitsgrad lag damals noch beträchtlich unter dem seiner Vorgänger. So verlor die SPÖ die absolute Mehrheit im Wiener Gemeinderat. Dr. Michael Häupl bildete eine Koalition mit der ÖVP. Bei der folgenden Wahl (am 25. März 2001) allerdings holte die SPÖ unter Häupls Führung wieder die absolute Mandats-Mehrheit ins Wiener Rathaus zurück. Der neue Flughafen Wien-Schwechat Am 17. Juni 1960 eröffnete Bundespräsident Adolf Schärf den neuen Wiener Flughafen in Schwechat. Mit dem Bau war 1955 begonnen worden. Dieses Wiener Tor zur Welt verfügte über die modernsten Einrichtungen, die es zu dieser Zeit in Europa gab und war für zwei Millionen Fluggäste pro Jahr konzipiert. Die Arbeitsgemeinschaft der Architekten Adolf Hoch, Kurt Klaudy, Fritz Pfeffer und Anton Schimka baute einen dreiteiligen Komplex mit einer überdimensionalen Front aus Glas und Beton, dessen Funktionen - Ankunft, Abfertigung und Besuchertrakt mit Restaurant und Aufenthaltsräumen – etagenweise gegliedert sind. Die schlichte, an Seilen aufgehängte Dachkonstruktion des hohen Zentralgebäudes stellt eine zusätzliche ästhetische Komponente des Bauwerks dar. "Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein" - in den Genuss dieses Gefühles kamen in den 1960er-Jahren nur wenige Menschen. Das Fliegen war exklusiv, davon hat man geträumt; und das vorwiegend auf den Aussichtsterrassen. Man kann es sich heutzutage nur mehr schwer vorstellen, aber man hat in diesen Jahren Sonntagsausflüge zum Flughafen unternommen und war mächtig vom Gedröhne beeindruckt, das die Riesenvögel beim Abflug erzeugten. An manchen Tagen waren die Besucherterrassen bis zum letzten Platz mit Zuschauern besetzt. Ein besonderes Ereignis war es, wenn ein Familienmitglied in "die Lüfte ging". Man wurde verabschiedet wie ein Staatsgast, bevor es elegant gekleidet - wie es damals selbstverständlich war - an Bord des Flugzeuges ging. Volle Bewunderung hatten auch die Piloten mit ihren goldenen Streifen an der Uniform - und natürlich die Stewardessen. Der Beruf der Stewardess wurde bald zum Traumziel vieler junger Mädchen. Hatte man im Duty-Free-Shop eingekauft, benutzte man das erhaltene Tragsackerl so lange, bis es auseinander fiel: denn mit diesem Sackerl konnte man zeigen, dass man geflogen ist. Die Zeit-Weg-Relation des Fliegens zeigt das Beispiel eines Zeitzeugen, der im Jahr 1961 13 Jahre alt war: Der Familienbesuch aus Zürich brauchte demnach mit dem Flugzeug so lange nach Wien, wie der junge Mann für den Heinweg vom Flughafen nach Mariahilf. Mitte der 1960er-Jahre flogen, außer der Austrian Airlines, 21 andere ausländische Fluggesellschaften und 39 Airlines im Charterverkehr Wien-Schwechat an. Es gab täglich Rundflüge über Wien, Alpenrundflüge, Flugzeugvermietung und, wie wörtlich angekündigt wurde, so genannte "Keuchhustenflüge". Hier wurden Kinder mit schweren Erkrankungen der Atemwege mit kleinen Sportflugzeugen eine halbe Stunde auf 2.000 Meter gebracht, was eine wesentliche Linderung ihrer Leiden brachte. Nebenbei waren die "Keuchhustenflüge" auch eine gute Gelegenheit für Sportpiloten, die notwendigen Flugstunden zu sammeln. Heute ist das Fliegen zur Selbstverständlichkeit geworden, man "schmeißt sich in den Flieger" und es geht an die entlegensten Winkel aller Herren Länder. Die Welt ist kleiner und greifbarer geworden mit dem noch immer sichersten Verkehrsmittel der Welt: dem Flugzeug. Geschichten zur Wiener Straßenleuchtung Die Straßenbeleuchtung ist in einer Großstadt wie Wien ein wesentlicher Faktor der Sicherheit und vor allem des Sicherheitsgefühls der Menschen. Ihre Geschichte beginnt mit der Türkenbelagerung des Jahres 1683. Dazu ein kleiner Rückblick in ein Stück Wiener Stadtgeschichte. Während und nach der Belagerung, als die Stadt voller mittelloser und verzweifelter Flüchtlinge war, nahmen in den nächtlichen Straßen Überfälle und Einbrüche überhand. Im Jahr 1687 wurden in der Dorotheergasse probeweise 17 Straßenlaternen aufgestellt, die mit Klauenfett betrieben wurden. Da sie sich bewährten, wurden im folgenden Jahr 2.000 Laternen in der ganzen Stadt innerhalb der Stadtmauern aufgestellt. Die Laternen standen unter strengem Schutz. Im kaiserlichen Erlass hieß es: "Wer die bereits auf vielen Orten aufgerichteten Laternen boshafter Weise destruiert, er sei auch wer er wolle, dem wird die rechte Hand abgehackt." Da die Aufstellung und Betreuung der Laternen viel Geld kostete, kamen die kaiserlichen Beamten auf eine neue Idee: Die Hausbesitzer wurden verpflichtet, Öllampen an den Häusern anzubringen, diese am Abend anzuzünden und dafür zu sorgen, dass sie bis zur Morgendämmerung leuchteten. Erst 1787, also hundert Jahre nach der ersten Straßenbeleuchtung, begann auch die Aufstellung von Laternen in den Vorstädten. Im Jahr 1818 wurden im Bereich Krugerstraße/Kärntnerstraße/Walfischgasse die ersten Gaslaternen aufgestellt. Am Beginn des 20. Jahrhunderts standen in Wien etwa 36.000 Gaslaternen. 1902 begann die Umstellung der Beleuchtung von Gas auf Strom. 1929 standen 21.073 Gaslaternen und 22.826 elektrische Lampen in Wiens Straßen. In den folgenden Jahren hörte wegen der Geldnot die Umstellung praktisch auf. Im Krieg wurden zahlreiche Laternen und Leitungen zerstört, im Jahr 1946 bestanden nur 635 Gaslaternen und 11.711 elektrische Lampen, 1949 waren es wieder 3.398 Gaslaternen und 31.411 elektrische Lampen. In den 1950er-Jahren wurde die Umstellung wieder aufgenommen. Am 27. November 1962 wurde im 13. Bezirk, Sauraugasse 22, die letzte Gaslaterne gelöscht. Um diese Zeit begann auch die permanente qualitative Veränderung der Beleuchtung. Leuchtstofflampen, Quecksilber- und Natriumdampflampen, dann Natriumhochdampflampen kennzeichnen die Entwicklung. Die Zahl der Lampen und die Beleuchtungsstärke konnten dadurch kontinuierlich gesteigert werden, ohne dass der Stromverbrauch wesentlich stieg. Am Ende des 20. Jahrhunderts beleuchteten etwa 230.000 elektrische Lampen die Wiener Straßen. Im internationalen Vergleich gilt Wien als eine der bestbeleuchteten Millionenstädte der Welt. Wer andere Städte kennt, vor allem auch deren meist düstere Außenbezirke, wird dieser Aussage wohl nicht widersprechen. Ein Pariser Stadtrat sagte bei einem Wien-Besuch dazu, dass man in der "Hauptstadt der Liebe" so viel Licht wie in Wien gar nicht mag. Aber keine Angst, auch im hell erleuchteten Wien gibt es so manches lauschiges Parkbankerl… Wien: Gipfeltreffen Kennedy-Chruschtschow im Juni 1961 Am 3. und 4. Juni 1961 blickte die Welt nach Wien, als hier, an der Nahtstelle zwischen Ost und West, der amerikanische Präsident John F. Kennedy und der sowjetische Ministerpräsident Nikita Chruschtschow zusammentrafen. Der "Kalte Krieg" zwischen dem Ostblock unter Führung der UdSSR und den Westmächten unter Führung der USA befand sich in einer seiner heißesten Phasen. Der "Kalte Krieg" - dieser Begriff wurde erstmals vom amerikanischen Journalisten Walter Lippmann in einer Reihe von Artikeln gebraucht, die im Sommer 1947 erschienen sind. Dieser Begriff prägte über Jahrzehnte hinweg das Verhältnis zwischen Ost und West. Zur ersten Eskalation in diesem "Kalten Krieg" kam es, als die Rote Armee am 24. Juni 1948 alle Verkehrsverbindungen nach West-Berlin unterbrochen hatte. Mit der Blockade Berlins wollte Stalin die Gründung eines westdeutschen Staates verhindern. Doch genau das Gegenteil wurde erreicht. Die Alliierten versorgten Westberlin über eine Luftbrücke und trieben die Vereinigung der drei Westzonen zu einem Staat voran. Eine weitere Zuspitzung erfuhr der Ost-West-Konflikt, als 1950 der Krieg zwischen Nord- und Südkorea ausbrach. Korea war 1945 von den Siegermächten geteilt worden. Fünf Jahre später kam es zum ersten Stellvertreterkrieg zwischen den nun feindlichen Machtblöcken. Der Westen hatte sich bereits 1949 im Militärbündnis der Nato zusammengeschlossen, dem folgte 1955 der Ostblock mit dem Warschauer Pakt. Aus dem potenziellen Gegensatz zwischen Ost und West war 1950 endgültig eine Zweiteilung der Welt geworden. (Quelle: "GEO. Epoche." Heft Nr. 17). In Wien wurde 1961 der mit Spannung erwartetet Dialog zwischen den beiden Supermächten aufgenommen, deren Verhältnis durch die "Schweinebuchtaffäre" im April erneut einer harten Belastungsprobe ausgesetzt war. Für die Wienerinnen und Wiener war das Gipfeltreffen, mit dem ein erfrischender Wind der Internationalität durch die Stadt wehte, ein Ereignis ersten Ranges. Wo immer sich die beiden Staatsmänner in der Öffentlichkeit zeigten, brandete ihnen der stürmische Applaus der Bevölkerung entgegen. Vor allem die öffentlichen Auftritte der beliebten Präsidentengattin Jackie Kennedy waren so etwas wie "gesellschaftliche Highlights". Der Gipfel konnte allerdings nicht zu einer Entspannung zwischen Ost und West beitragen, das zeigten die Ereignisse der folgenden Monate und Jahre. Besonders bezeichnend hierfür war der Bau der Berliner Mauer im August 1961. So brachten die hart, aber aufrichtig geführten politischen Gespräche keine direkten Ergebnisse, aber immerhin war der persönliche Kontakt zwischen den beiden wichtigsten Männern der Welt hergestellt. Und was Wien betraf, so hat die Stadt als internationaler Verhandlungsort allerersten Ranges die Feuerprobe bestanden. Dieses Jahr 1961 war an weltpolitischen Ereignissen nicht gerade arm. Wenn man rekapituliert: der Sowjet-Russe Juri Gagarin fliegt als erster Mensch ins All, die missglückte Invasion von ExilKubanern in der Schweinebucht auf Kuba, das Gipfeltreffen in Wien, Sperrung der Sektorengrenze zwischen West- und Ost-Berlin durch ostdeutsche und sowjetische Truppen, schwere Unruhen in Algerien, im Kongo wird der Ex-Ministerpräsident Lumumba ermordet, bei einem Flugzeugunglück stirbt der UNO-Generalsekretär Dag Hammarskjöld, und der NS-Kriegsverbrecher Adolf Eichmann wird in Jerusalem zum Tod durch den Strang verurteilt. Die Wiener Straßennamen und ihre historische Bedeutung Die Wiener Straßennamen dienen nicht nur der Orientierung im Straßennetz, sie erzählen auch Geschichten und beschreiben so den Charakter der Stadt. Sie erinnern an wichtige Ereignisse und ehren bedeutende Persönlichkeiten. In anderen Städten sind viele Straßen einfach durchnummeriert. In Wien hat jede der über 6.200 Verkehrsflächen ihren eigenen, aussagekräftigen Namen. Im Jahr 1770 wurde die Häusernummerierung angeordnet - wie so vieles im Laufe der Zeit auf Wunsch des Militärs: Die optimale Rekrutierung von Soldaten sollte damit ermöglicht werden. Als nächster Schritt wurde 1782 die Beschriftung der Straßen, Gassen und Plätze angeordnet. Die Straßennamen waren mit schwarzer Farbe auf die Hausmauern zu schreiben. Im Biedermeier begann die Umstellung auf Straßentafeln mit der Eingemeindung der Vorstädte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde diese allgemein eingeführt. Im Laufe der Jahrzehnte wurden immer wieder Vorschriften über Form und Farbe der Tafel, Art und Größe der Beschriftung erlassen. Der Bevölkerung brachte das keinen allzu großen Erkenntnisgewinn, weil nur einige Fachleute wussten, was die verschiedenen Arten von Tafeln zu bedeuten hatten. Im "Roten Wien" wurde deshalb 1923 beschlossen, mit der Verordnungsflut auf diesem Gebiet Schluss zu machen und einheitliche blaue Tafeln mit weißer Schrift einzuführen. Das funktionierte. Erst in den 1980er-Jahren kamen Nostalgiker auf die Idee, für historische Stadtteile Imitationen früherer Straßentafeln mit gotischer Schrift vorzuschreiben. Einen Sonderfall bildete der alte Wunsch, die Straßentafeln durch Zusatztafeln zu erläutern. Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurde ein entsprechender Entschluss gefasst; im Jahr 1926 abermals. In beiden Fällen fehlte eine Kleinigkeit für die Realisierung der Beschlüsse: das Geld. Erst nach Jahrzehnten, am 16. September 1993, gelang die Umsetzung. Bürgermeister Dr. Helmut Zilk enthüllte die ersten drei erklärenden Straßentafeln: Kafka-, Mach- und Engerthstraße im zweiten Bezirk. Die Gardemusik spielte auf, es war ein kleines Volksfest für ein Detail, das für das Stadtbewusstsein aber von Bedeutung ist. Heute gibt es bereits mehr als 400 solcher Tafeln in Wien. Die Bedeutungen aller amtlicher Wiener Straßennamen (Straßen, Gassen, Plätze, Stiegen und Brücken) sind online in einer Datenbank abrufbar. Jeder Eintrag gibt Auskunft über das Jahr der Benennung und den Bezirk, in dem sich die Straße befindet. Zusätzlich wird die Lage der Straße mit einem Stadtplanauszug dargestellt. Von Blumen und Bäumen: Die Wiener Parkanlagen Die Experten reden von "öffentlichen Gärten", die Wiener von "Parks". Beide verbindet die Zuneigung zu den grünen Oasen der Stadt. Etwa die Hälfte der Fläche Wiens besteht aus Grünflächen. Viele davon tragen mit Tradition und Geschichte schon seit langer Zeit wesentlich zur Lebensqualität und Kultur der Stadt Wien bei. Auch die zahlreichen Gäste unserer Stadt schätzen bei ihren Besuchen die historische Bedeutung und Gestaltung unserer international bekannten Gärten und Parkanlagen. Im Zweiten Weltkrieg erlitten die Wiener Parks schwere Schäden. Für den Luftschutz wurden in den Parks 63 Splittergräben, 58 Löschwasserteiche, 15 Bunker und in drei Anlagen (Augarten, Arenberg- und Esterhazy-Park) mächtige Flaktürme gebaut ("Flak" ist die Abkürzung für Fliegerabwehrkanone). Diese Flaktürme sind so massiv, dass sie nicht ohne Gefährdung der Umgebung abzubauen sind. Aus diesem Grund stehen sie auch noch heute. In Wien wurden während des Zweiten Weltkriegs 5.000 Bäume, 28.000 Sträucher und 6.000 Gartenbänke zerstört. In fast allen Parks gab es Bombentrichter und große Haufen von Schutt und Müll. Bestehende Grünflächen glichen Steppenlandschaften, weil es im Krieg keine Arbeitskräfte und kein Geld für die Parkpflege gab. 1945 wurden in den Parks fast 5.000 Tote begraben, die erst im Laufe des Sommers wieder ausgegraben und auf dem Zentralfriedhof gebracht werden konnten. Die Normalisierung der Situation erfolgte in den Parkanlagen rascher als in anderen Bereichen, weil hier der Mangel an Maschinen und Baumaterial eine geringere Rolle spielte. Die Arbeit der Stadtgärtner wurde auch von der Sympathie der Bevölkerung und sogar von unbezahlter Mithilfe getragen: Man freute sich über die Farbe und das bisschen Schönheit, die Blumen und Bäume ins triste, graue Bild der vom Krieg schwer getroffenen Stadt brachten. Schon im Jahr 1949 war die Wiederherstellung der Parks so weit fortgeschritten, dass neue Arbeiten möglich waren. Der erste Park der Nachkriegszeit entstand auf einer ehemaligen Müllhalde an der Wagramer Straße, eröffnet wurde er 1951. Zu diesem Zeitpunkt wurde schon an einem guten Dutzend neuer Anlagen gearbeitet. Internationale Beachtung fand der 1959 eröffnete Blindengarten im Döblinger Wertheimsteinpark. Große Ereignisse waren die Wiener Internationalen Gartenausstellungen WIG 64 (heute Donaupark) und WIG 74 (heute Kurpark Oberlaa). Fast 20 Millionen Quadratmeter Grünanlagen waren es, die das Stadtgartenamt am Ende des 20. Jahrhunderts betreute. 3,2 Millionen waren es 1934, mehr als sechs Millionen kamen 1937 mit dem Prater hinzu, etwa zwei Millionen durch die 1954 vollzogenen Eingemeindungen. Die Parkanlagen wurden aber nicht immer mehr, sie wurden auch verändert - sowohl durch neue Pflanzen als auch architektonisch. Wechselte die Mode der Gartengestaltung früher in Jahrhunderten, so wechselt sie jetzt alle paar Jahre. Nach dem Krieg war vorerst das Ziel, die Parks auch optisch zu öffnen, Zäune, Gitter und Mauern, aber auch hohe Randbepflanzungen zu entfernen. In den 1970er-Jahren kam die Gegenbewegung: Parks sollten durch dichte Randbepflanzung vom Lärm und von den Abgasen des Straßenverkehrs abgeschirmt werden. Wurde früher angestrebt, das Miteinander der Generationen zu fördern, so ergab sich aus der Praxis bald die Notwendigkeit des Gegenteils: Nämlich die Spielplätze der Kinder und Jugendlichen von den Bereichen der Ruhe suchenden, älteren Generation abzugrenzen. Die Wiener Parkanlagen waren schon seit jeher eine Oase der Ruhe und Erholung - vom kleinen "Beserlpark ums Eck" bis hin zur weitläufigen Gartenanlage. Dass Wiens Parkanlagen auch weiterhin eine blühende Zukunft haben, liegt der Wiener Stadtverwaltung besonders am Herzen. Notruf 122: Die Berufsfeuerwehr der Stadt Wien (MA 68) Die Berufsfeuerwehr der Stadt Wien verfügt derzeit über einen Mannschaftsstab von rund 1.600 Mann, davon sind 450 ständig einsetzbar; der Dienst ist in einem "24-Stunden-Radl" eingeteilt. Pro Jahr werden in Wien etwa 32.000 Einsätze gezählt, ein Drittel davon sind Brandeinsätze. Über ganz Wien sind 25 Feuerwachen verteilt. So ist es heute - und nun ein Blick in die Vergangenheit. Mit der Anstellung von vier Feuerknechten begann 1686 die Geschichte der Wiener Berufsfeuerwehr. Die großen Brandschäden während der Beschießung Wiens durch das türkische Heer 1683 waren der Anlass dazu. Im Jahr 1884 wurde die Feuerwehr, bis dahin Teil des Stadtbauamtes, eine selbständige Institution im Rahmen der Stadtverwaltung. 1896 erhielt sie im wesentlichen ihre heutige Organisationsform. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden in den Vororten überall freiwillige Feuerwehren, die ab 1920 nach und nach aufgelöst wurden, die letzten erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach der schwierigen Phase des Wiederaufbaus ab 1945 erfolgte der Ausbau der Feuerwehr, der sie permanent auf dem modernsten technischen Standard hielt. Zahlreiche Großeinsätze der Feuerwehr sind seit dem Zweiten Weltkrieg in die Stadtgeschichte eingegangen. Am 15. November 1945 sind der Westteil des Messepalastes und die im Hof befindlichen Ausstellungsbaracken ausgebrannt, der Mittelteil wurde schwer beschädigt. Am 31. März 1950 vernichtete ein Feuer das Goldkabinett, den Makartsaal und den Wintergarten im Schloss Belvedere. Am 13. April 1956 brannte die Börse, am 7. Februar 1961 die Alte Universität, am 7. Februar 1979 das Kaufhaus Gerngroß, am 30. August 1979 die Nationalbank. Beim Brand im Hotel Augarten am 28. September 1979 starben 23 Hotelgäste. Am 19. Februar 1987 wurde die Zentrale der Steyr-Daimler-Puch-AG am Kärntner Ring durch Feuer zerstört. Einer der spektakulärsten Einsätze der Feuerwehr war der Brand des Redoutensaals der Hofburg am 27. November 1992. So wichtig und schwierig die Feuerwehreinsätze bei diesen und anderen Bränden waren, sie sind nur ein Teil der gesamten Arbeit der Feuerwehr. An wichtiger Stelle stehen die technischen Einsätze nach Verkehrsunfällen, Einsätze wegen Bauschäden, Rauch- und Geruchsbelästigung oder etwa Schäden durch Wasser. Die Aufgaben der Feuerwehr reichen allerdings noch weit über diese akuten Einsätze hinaus. Sie muss für Katastrophen aller Art gerüstet sein - vom Hochwasser bis zum Sturm. Eine besondere Bewährungsprobe legte die Feuerwehr 1986 nach der Explosion im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl ab: Wien lag nach diesem schweren Reaktorunfall im Bereich der Strahlung. In Zusammenarbeit mit den Experten des Bundesheeres, der Universität und anderer Institutionen sorgte die Feuerwehr für die Minimierung der Gefährdung. Die Berufsfeuerwehr der Stadt Wien erfüllt auch eine wesentliche Aufgabe auf dem Gebiet des Brandschutzes, ein Amts-Beauftragter der Feuerwehr wird bei Errichtung von neuen Gebäuden bereits in der Planungsphase eingebunden. Wer wirklich alles über "unsere Feuerwehr" wissen möchte, dem seien folgende Websites empfohlen. Wien und sein Fußball Seit dem 20. Jahrhundert lieben die Wiener den Fußball, und der Fußball liebt Wien. Im Nationenschmelztiegel der österreichisch-ungarischen Monarchie gründeten zuerst Bürgerliche und Adelige - später dann Arbeiter - in Wien die ersten Vereine. Nachdem 1924 der professionelle Fußball eingeführt worden war, kam es 1926 zur Gründung des Mitropacups. Die Weiterentwicklung des Sports stoppte durch den Einmarsch der Nationalsozialisten. Die deutsche Meisterschaft wurde in Endspielen mit den Wiener Vereinen ausgespielt. Rapid gewann 1941 die deutsche Meisterschaft und belegte 1942 in der "Alpen- und Donauliga" den sechsten Platz. Es debütierten damals in der Meisterschaft die erst 16jährigen Spieler Ernst Happel und Alfred Körner. Vienna und Rapid gewannen je ein Mal den deutschen Pokal. Von 1945 bis 1955 zählten Rapid (Happel, Zeman), Austria (Ocwirk, Stojaspal) und Wacker (Hanappi, Wagner) zu den besten Mannschafen Europas. Die Wiener und ihre Fußballer Besondere Talente bekamen von ihren Mitspielern Kosenamen. Blonde Spieler wurden "Weißer" gerufen. Aber auch von ihren Fans bekamen sie Spitznamen. Die bürgerlichen Namen waren nicht weiter wichtig. So ging man auf den Platz, um den "Bladen", den "Papierenen", den "Stojsi", den "Tiger" oder den "Panther", den "Aschyl" oder den "Wödmasta", den "Gschropp", den "Turl", den "Has", den "Kurtl", den "Wembley-Toni" oder den "Schneckerl" zu sehen - jeder wusste, wer gemeint war. Auch Spieler, die im Ausland engagiert waren, wurden dort mit Namen wie etwa "Goleador", "Herzilein" oder "Toni Doppelpack" bedacht. Fußball in der NS-Zeit In der Monarchie sowie in der Zeit des Austro-Faschismus' ließ man die Arbeiterklubs großteils in Ruhe, um soziale Spannungen nicht eskalieren zu lassen. Die Nationalsozialisten ließen der "Ostmark" ihre Meisterschaft (80 Prozent Wiener Vereine). Im Cup sowie in der Gesamtdeutschen Meisterschaft ließ man die "Ostmärkler" gegen die "Reichsdeutschen" antreten. So wurde 1940 und 1941 Schalke 04 von Admira- und Austria-Anhängern verdroschen (Admira und Austria verloren die Spiele). 1955 bis 1965 Die Mannschaften dieses Jahrzehnts waren Rapid, Austria und Sportklub. Vienna und Wacker mischten aber ebenso kräftig mit. 1956 wurde der Europacup (Champions League) gegründet. Rapid, damals einer der besten Klubs Europas, wurde gesetzt, obwohl Vienna der regierende Meister war. Real Madrid wurde als Gegner ausgelost. Nach einem 2:4 in Madrid gewann Rapid in Wien mit 3:1. Das notwendige dritte Spiel ging in Madrid mit 0:2 verloren. Die Folge: Rapid schied aus dem Bewerb aus. 1958 besiegte der Sportklub Juventus Turin nach einer 1:3Auswärtsniederlage mit einem klaren 7:0 (!). Die Austria wurde in diesen Jahren dreifacher Meister und Cupsieger. 1965 bis 1975 1965 wurde die Staatsliga durch die National-Liga abgelöst. Die Vereine WAC, FC Wien und Wacker standen in Folge sinkender Zuschauerzahlen und finanzieller Probleme vor dem Aus. Trotzdem spielten bereits zwei junge Riesentalente in Wien, nämlich die beiden 17jährigen Herbert "Schneckerl" Prohaska (Austria) und Johann "Hansi" Krankl (Rapid), der 1974 mit dem silbernen Fußballschuh für seine 36 Meisterschaftstore gewürdigt wurde. 1975 bis 1985 Mit der Gründung der Zehnerliga für das Spieljahr 1974/1975 mussten Sportklub, Vienna und Simmering absteigen. Im Jahr 1975 wurde zur Talentsuche die Schülerliga gegründet. Die Austria spielte 1978 im Europacupfinale der Cupsieger gegen RS Anderlecht. Das Spiel ging mit 0:4 verloren. Hans Krankl erhielt den goldenen Schuh für 41 geschossene Meisterschaftstore. Bei der Weltmeisterschaft in Argentinien wurde der siebente Platz erreicht. Die Wiener R. Sara, Obermayer, Strasser, Krieger, Hickersberger, Prohaska, Kreuz und Krankl stellen drei Viertel des Nationalteams. 1982 wurde bei der WM in Spanien der achte Platz erreicht. Im selben Jahr wurde die Sechzehnerliga eingeführt, die drei Jahre später in eine Zwölferliga umgewandelt wurde. Rapid stand 1985 im Europacupfinale gegen PSG und verlor 0:1. Da Rapid, Austria und Wacker Innsbruck immer wieder ihre besten Fußballer ans Ausland verloren, konnte keine Kontinuität im Europacup erreicht werden. 1985 bis 1995 Mit der Gründung der Zwölferliga mussten Sportklub, Vienna und der FavAC absteigen. Nur Rapid und Austria standen finanziell auf festen Beinen. Im Jahr 1994 stand Austria Salzburg im UEFACup-Finale und verlor gegen Inter Mailand. In Wien reiften unterdessen zwei Riesentalente heran: Der 17jährige Andreas "Andi" Herzog (Rapid) und der 18jährige Anton "Toni" Polster (Austria). 1987 erhielt Toni "Doppelpack" Polster den bronzenen Schuh für seine 39 Meisterschaftstore. Unsere Nationalmannschaft qualifizierte sich für die Fußball-WM 1990 in Italien. 1995 bis 2005 Nach der Reduzierung der Bundesliga auf zehn Vereine, das war 1994, stiegen Sportklub und Vienna endgültig aus der obersten Liga ab. 1995 wurde die Drei-Punkte-Regel eingeführt, die den Offensiv-Fußball fördern sollte. Das "Bosmann-Urteil" von 1995 verhindert seitdem die Mitsprache von Vereinsfunktionären beim Vereinswechsel eines Spielers. Mit Fohlen- und Future-Teams wird nun versucht, junge Talente zu fördern. Die derzeit größten Hoffnungen Österreichs - unter ihnen etwa Andreas Ivanschitz (Rapid) - werden bereits von ausländischen Vereinen umworben. Statistiken (inklusive 1945) Die Österreichischen Meisterschaften werden seit 94 Jahren ausgetragen. Insgesamt nahmen bisher 65 Vereine an den Meisterschaften teil. Rapid und Austria sind - als die einzigen Vereine unter ihnen - noch nie abgestiegen, sie sind also schon seit 94 Jahren im Spiel. Jede der beiden Mannschaft hatte bisher rund 2.510 Meisterschaftsspiele zu bestreiten, wobei Rapid cirka 1.400 Siege erringen konnte, die Austria etwa 1.300. Rapid schoss an die 6.200 Tore, die Austria rund 5.500. Zudem wurde Rapid 31 Mal Meister, die Austria hatte nur 22 Mal dieses Glück. Als CupSieger ging die Austria 24 Mal hervor, Rapid hingegen nur 14 Mal. Hat der österreichische Fußball Zukunft? Es gibt noch immer ausgezeichnete Talente in Wien und Österreich: 1994 wurde etwa bei der Europameisterschaft die U-16-Mannschaft Vierter, 1997 die U-17 Zweiter, 2003 die U-17 wie auch die U-19 Dritter. Heuer erreichte die U-19 Platz fünf. Der Wiener Gemeindebau (Teil 1) Die Stadt Wien ist mit rund 220.000 Wohnungen Europas größte Hausverwaltung. Heute lebt jeder vierte Wiener in einer Gemeindewohnung. Begonnen hat diese Erfolgsgeschichte in der Zwischenkriegszeit. Damals lebten etwa zwei Drittel der Bevölkerung unter unvorstellbaren Bedingungen. Um der katastrophalen Wohnsituation Herr zu werden, beschloss (Anfang der 1920er-Jahre) die neu gewählte sozialdemokratische Stadtregierung, den Bau von mehreren tausend Wohnungen für die Wiener Bevölkerung. Ziel war es, leistbare Wohnungen mit Qualität zu errichten. Die Gemeindebauten schafften nicht nur bloße Wohn-, sondern vor allem auch Lebensqualität. Oftmals ist in diesen Wohnbauten eine Stadt in der Stadt verborgen: Wohnungen, Geschäftslokale und soziale Einrichtungen wie Kindergärten und Horte fanden und finden noch heute in vielen Gemeindebauten Platz. Wohnbau in der Zwischenkriegszeit Die ersten 63.000 Gemeindewohnungen sind in der Zwischenkriegszeit errichtet worden. Vielleicht erscheinen heutzutage die Ziele der 1920er-Jahre für die Errichtung von Gemeindewohnungen, also zu Beginn des sozialen Wohnbaus, etwas banal, doch: Für die damalige Zeit waren sie geradezu revolutionär! In einer Zeit, in der fast 75 Prozent aller Wiener Wohnungen überbelegte Ein- oder Zweizimmerwohnungen in Zinskasernen waren, in denen entsetzliche gesundheitliche Verhältnisse herrschten, waren Licht, Luft und Wasser im Wohnungsbau Luxusgüter. Geplant von großen Architekten wie Adolf Loos oder Karl Ehn, entstanden Gemeindebauten wie der Karl-Marx-Hof, die Wekbundsiedlung, der Rabenhof oder der Karl-Seitz-Hof. Damals als Volkswohnpaläste bezeichnet, stehen sie noch heute für Wohn- und Lebensqualität. Der ab 1923 von der sozialdemokratischen Stadtregierung forcierte Bau von Gemeindewohnungen sollte daher nicht nur die Wohnungsnot beseitigen, sondern auch Wohnungen schaffen, die direkt beleuchtet wurden, durch ein Vorzimmer vom Stiegenhaus getrennt waren, mehr Privatsphäre garantierten und fließendes Wasser sowie Toiletten hatten. Jede Wohnung verfügte über Gasherd und Einzelofenheizung; zudem gab es oft einen Balkon oder eine Loggia mit Blick auf die großen, grünen Höfe. Was in den Wohnungen fehlte, wurde als Gemeinschaftseinrichtung angeboten: Wäschereien mit elektrischen Waschkesseln, Badeanlagen mit Wannen und Brausen, Hobbyräume, aber auch Bibliotheken, Zahnkliniken und Mutterberatungsstellen. Wohnbau nach 1945 Neben all den menschlichen Tragödien gab es im Wien der Nachkriegstage 187.000 Wohnungen, die mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen worden waren. 87.000 davon waren total zerstört oder zumindest schwer beschädigt. Der Baustoff für die neuen Gemeindebauten lag auf den Straßen Wiens bereit: Unmengen an Schutt, aus dem man Ziegelbruchbeton erzeugte - heute würde man wohl "Recycling" dazu sagen. Mit diesem Baustoff wurde der kommunale Wohnbau neuerlich aufgenommen und 1947 mit der "Per-Albin-Hansson-Siedlung (West)" begonnen. Doch nach den Zweiten Weltkrieg änderte sich rasch die Struktur der Gemeindebauten. Freie Gemeindegründe waren rar, und die, die es gab, waren verpachtet und wurden dringend für den Anbau von Gemüse gebraucht. Die Architekten strichen daher den Hof sowie die Gemeinschaftseinrichtungen, später auch das spärliche Dekor, und ließen Türme in den Himmel wachsen. Das "Matzleinsdorfer Hochhaus" (5, Matzleinsdorfer Platz) war mit seinen 20 Stockwerken und 130 Wohnungen das erste Gemeindehochhaus der Stadt Wien, erbaut wurde es 1954. Gemeinsame Bewirtschaftung und Selbstverwaltung waren im Konzept nicht mehr enthalten. Dafür fanden sich nun in jeder Wohnung Bad und WC, ab 1950 mussten Bad und Toilette sogar getrennt voneinander errichtet werden. Man stieg langsam auf die Fertigteil-Bauweise um. Die erste Generation der Fertigteil-Bauten präsentierte sich noch mit glatten Fassaden, während man sich später an verschiedene Höhen und Längen, Abwinkelungen und Vor- und Rücksprünge wagte. Charakteristisch für diese Bauperiode waren einander in unregelmäßiger Folge abwechselnde Fenster und Loggien. Die Grundrisse waren zwar weniger klar, dafür lebendiger. Die nächste Baugeneration bestach durch ausgefallene Grundrisse, schiefe Winkel oder Terrassenkaskaden. Die Architekten wagten sich auch wieder an oftmals sehr komplizierte Details heran, die, wenn der Bau groß genug war, häufig eingesetzt wurden. Bei den Großwohnanlagen der 1970er-Jahre ("Bohmann-Hof", "Trabrenngründe", "Wohnen Morgen", etc.) wandten sich die Architekten vom geradlinigen Turmbau ab und griffen auf die herkömmliche Hofform zurück. Sehr bewusst wurden nun wieder Geschäfte, Kindergärten oder Schulen in das Konzept miteinbezogen. Der Wiener Gemeindebau (Teil 2) - Zeitgemäßes Wohnen Der kommunale Wohnbau folgt in Wien nach wie vor dem Grundsatz, Wohnungen für die einkommensschwächere Bevölkerung bereit zu stellen. Um die gewohnte Wohnqualität auch weiterhin auf hohem Niveau halten zu können, wird großes Augenmerk auf Sanierungen gelegt. Damit das Wohnen für die Mieterinnen und Mieter leistbar bleibt, werden auch viele ältere Gemeindebauten, die zum Großteil in der Zwischen- und Nachkriegszeit entstanden sind, auf den neuesten technischen Stand gebracht. So werden Fenster getauscht, Wärmefassaden angebracht und Dächer neu gedämmt. Neben den Sanierungen werden auch Dachausbauten gefördert, um noch mehr Wohnungen bereit stellen zu können. Pro Jahr werden in Wien rund 10.000 Gemeindewohnungen vergeben. In den letzten zehn Jahren wurden 335 Wohnbauten mit gut 110.000 Wohnungen renoviert. Die hohe Qualität des Wohnbaus ist auch heute noch ungebrochen. So steht im dritten Jahrtausend die architektonische Güte der Bauten ebenso im Vordergrund der Überlegungen wie eine gute Verkehrsanbindung und eine umfassende Infrastruktur in der unmittelbaren Wohnumgebung. Dem Bedürfnis von Begegnungsstätten und Freiräumen wird durch eine großzügige Einplanung von Grünanlagen Rechnung getragen. Der von Gustav Peichl und Rudolf Weber im 22. Bezirk in der Erzherzog-Karl-Straße geplante Wohnbau besticht beispielsweise durch die Vermischung von Wohnraum, Büroflächen, Geschäftslokalen und Sozialeinrichtungen. Die vier Bauteile weisen jeweils eine eigenständige Typologie auf, die mit dem Spannungsfeld von Wohnen in der Stadt und Wohnen am Rande der Stadt spielt. Die Wohnungsanlage in Wien 23, Steinergasse, die auf den ehemaligen "Konsum-Gründen" geplant wurde, versucht behindertengerechte Wohnungen sowie Wohnungen für Wohngemeinschaften von betreuten Jugendlichen sinnvoll ins Projekt zu integrieren. Auch hier finden sich zahlreiche Gemeinschaftseinrichtungen. Einen ökologischen Schwerpunkt setzt der Gemeindebau in der Dernjacgasse in Liesing, bei dem auf den Dächern Fotovoltaikanlagen installiert wurden, die den Strom zur Beleuchtung der Tiefgarage liefern. Direkt an der U6 gelegen, verfügt der Bau über eine hervorragende Verkehrsanbindung. Unterschiedlichste Wohnformen anzubieten, war hingegen das Bestreben der 1981 auf den ehemaligen Gräf- und Stift-Gründen geplanten Wohnhausanlagen in der Weinberggasse in Döbling. Dazu trug ein Architektenwettbewerb bei, der für die verschiedenen Bauteile völlig eigenständige Konzepte zu Tage gebracht hatte. Vor allem Kundenzufriedenheit wird bei der städtischen Wohnhausverwaltung "Wiener Wohnen" groß geschrieben. Um diesem Gedanken Rechnung zu tragen, entstanden im Zuge der Neustrukturierung neun Kundendienstzentren und eine zentrale Service-Nummer für alle Wiener Gemeindebauten. Die Service-Nummer 05 75 75 75 steht den Mieterinnen und Mietern rund um die Uhr für alle Fragen und Anliegen zur Verfügung. Alle Informationen rund um den Wiener Gemeindebau finden Wohnungssuchende seit 1998 auch im Internet. Auf der "Wiener Wohnen"Homepage können sich Interessenten gleich online für eine Gemeindewohnung anmelden, zudem haben Mieterinnen und Mieter die Möglichkeit, Fragen und Probleme via Mieter-Mitteilung direkt an "Wiener Wohnen" zu melden. Die Wiener Städtischen Friedhöfe - ein Stück Kulturgeschichte Spricht man vom Grün unserer Stadt, muss man neben Parks und Wäldern auch die Friedhöfe erwähnen. Die Wiener Städtischen Friedhöfe sind keine Orte des Vergessens, sondern Räume, die aus der Kultur der Lebenden entstanden sind. Sie sind letzte Ruhestätte für Menschen, für die Wien einst Heimat war, unabhängig von deren Religion, Weltanschauung und Herkunft. Die Städtischen Friedhöfe sind nicht nur Orte der Besinnung und Einkehr, sondern besitzen auch als Erholungs- und Naturraum große Bedeutung. Mit einer Gesamtfläche von 5,1 Millionen Quadratmetern haben sie einen großen Anteil an den Grün-Oasen unserer Stadt. Von der Stadt Wien, der Magistratsabteilung 43, werden 46 Friedhöfe mit rund 550.000 Grabstellen verwaltet eine Arbeit, die zugleich Aufgabe als auch Auftrag ist. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass in Wien ursprünglich neben jeder Kirche ein Friedhof angelegt war. Im dicht erbauten Gebiet Wiens begann bereits im 16. Jahrhundert die Auflassung von Friedhöfen (als erster St. Michael, 1510), 1732 wurde der Friedhof beim Stephansdom geschlossen, 1751 jener des Schottenstiftes. Hauptgrund dafür war, dass es untragbar schien, wertvollen und dringend benötigten Baugrund in der ummauerten Stadt für Grabstätten zu verwenden. Im 18. Jahrhundert führten Experten auch hygienische Bedenken ins Treffen. Joseph II. (1780 - 1790) ordnete schließlich 1784 die Auflassung aller Friedhöfe innerhalb des Linienwalls an. Als Ersatz wurden mehrere neue Friedhöfe in den Vororten errichtet. Sie wurden 1869 von der Gemeinde Wien übernommen und seither als Kommunalfriedhöfe bezeichnet. Daneben blieben die alten Pfarrfriedhöfe in den Vororten bestehen, neue Ortsfriedhöfe (z.B. in Hietzing und Döbling) entstanden. Schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es Debatten darüber, dass alle diese Friedhöfe miteinender zu klein seien und zeitgemäßen Hygienebestimmungen nicht entsprechen würden. 1866 beschloss der Gemeinderat, - grundsätzlich nach ausländischem Vorbild - einen Großfriedhof anzulegen. Es kam zu heftigen Diskussionen über den Standort, wobei Grundstücksspekulanten kräftig mitmischten. Unter strenger Geheimhaltung wurden landwirtschaftliche Gründe im Süden Wiens erworben. 1874 wurde dort der Zentralfriedhof eröffnet. Im gleichen Jahr wurden die Kommunalfriedhöfe, ausgenommen der Evangelische Teil des Matzleinsdorfer Friedhofs, geschlossen. Sie verfielen in den kommenden Jahrzehnten, bis sie in den 1920er-Jahren zu Parks umgestaltet wurden. Einzige Ausnahme ist der St.-MarxerFriedhof, der als letzter erhaltener Biedermeierfriedhof Europas unter Denkmalschutz steht. Auch die Mehrzahl der alten Ortsfriedhöfe wurde geschlossen, z.B. der Hernalser, der Währinger und der Döblinger Friedhof - heute Rosenstein-, Schubert- und Strauß-Lanner-Park. Im Zweiten Weltkrieg wurden die meisten Friedhöfe schwer beschädigt, am schwersten der Zentralfriedhof. 536 Fliegerbomben fielen auf den Friedhof, im April 1945 machten ihn deutsche Truppen zu einem wichtigen Teil des Verteidigungsgürtels im Süden der Stadt. Die Bilanz: 12.000 zerstörte Gräber, alle Gebäude schwer beschädigt. Noch am 23. Dezember 1947 wurde ein Friedhofsbesucher durch einen explodierenden Blindgänger getötet, und noch im Jahr 1952 wurde beim Ausheben eines Grabes eine 500-Kilogramm-Bombe gefunden. In den 1970er-Jahren begann eine Diskussion über die alten, noch erhaltenen Ortsfriedhöfe. 16 kleine Friedhöfe, die nicht mehrt erweitert werden konnten und in denen keine neuen Gräber mehr möglich waren, sollten in Parks umgewandelt werden. Der Gemeinderat genehmigte diese Vorhaben, aber mehrere Bezirksvertretungen fassten Beschlüsse über die Erhaltung "ihres" Friedhofs. In einer Volksbefragung stimmten 29 Prozent der Stimmberechtigten mit 63 Prozent für den Erhalt der Friedhöfe. Die Friedhöfe blieben bestehen, auch wenn die meisten nicht mehr belegt werden konnten. Bei der Gestaltung der Friedhöfe verfolgte die Stadt Wien seit Kriegsende eine klare Linie: Sie entschied sich für eine parkähnliche Gestaltung, für "grüne Friedhöfe". Dieses Modell hat mittlerweile große internationale Anerkennung gefunden. Das Schlagwort "Grün statt Beton" hat sich auf den Friedhöfen durchgesetzt. Es ist sehr selten in unserer Welt, dass ein Friedhof auch eine Touristenattraktion werden kann: Der Wiener Zentralfriedhof hat das geschafft! Der nach Hamburg-Ohlsdorf zweitgrößte Friedhof Europas umfasst eine Fläche von rund 2,5 Millionen Quadratmetern mit rund 250.000 Grabstellen und ist letzte Ruhestätte von nahezu drei Millionen Menschen. Aus einer anfangs viel kritisierten baum- und strauchlosen Ebene, ist eine der europaweit schönsten Parklandschaften geworden, die je ein Friedhofsgelände zierten. Der Wiener Zentralfriedhof ist sein eigenes Kapitel - darüber dürfen wir Ihnen in den nächsten Tagen einiges auf diesen Seiten erzählen. Es lebe der Sport - Sport und Sportförderung in Wien Kein Bundesland gibt mehr für die Sportförderung aus als Wien - und unsere Stadt ist auch eine Sportstadt. Gefördert werden Breitensport und Spitzensport, der wiederum generell Ansporn für Sportförderung ist. Wien stellt zahlreiche österreichische Meister, war Austragungsort sportlicher Großereignisse wie Schwimm-EM (1955), Eishockey-WM (1996), Eiskunstlauf-EM (2000) und Leichtathletik-Hallen-EM (2002). So wurden vier große Sporthallen neu eröffnet - seit 1995 hat Wien eine neue Eishalle. Zahlreiche Fußballplätze wurden modernisiert und damit eine wichtige Grundlage für die Nachwuchsförderung geschaffen. Und nun ein kleiner Blick zurück in Sachen Sport und Sportförderung. Vor dem Ersten Weltkrieg gab es, abgesehen von ersten Einrichtungen für den Turnunterricht in Schulen, keine Sportförderung. Im "Roten Wien" wurden erste städtische Sportanlagen gebaut und bestehende, vom Verfall bedrohte Anlagen, von der Stadt übernommen und saniert. Schuleinrichtungen wurden am Abend und an den Wochenenden für Vereine geöffnet, Grundstücke für die Schaffung von Sportanlagen (z.B. für 26 Fußballplätze) gegen eine Anerkennungspacht vergeben. Im Jahr 1928, anlässlich des zehnten Jahrestages der Ausrufung der Republik, beschloss der Wiener Gemeinderat den Bau eines großen Stadions im Prater. Am 11. Juli 1931 wurde das Wiener Stadion eröffnet, mit fast 60.000 Besuchern war es ausverkauft. Das Eröffnungsspiel bestritten die Auswahlen der Arbeiterfußballvereine von Wien und Niederösterreich. Im Laufe der Jahrzehnte nach 1945 wurde der Zuschauerraum aufgestockt, dann der Fassungsraum durch die Umwandlung von Steh- in Sitzplätze auf rund 62.000 verringert. In den Jahren 1984 bis 1986 wurde ein Schutzdach für die Besucher gebaut. 1993 wurde das Praterstadion nach dem verstorbenen Rapid-Verteidiger Ernst Happel benannt. Ab den 1950er-Jahren erhielt der Sport in der Stadtpolitik einen Stellenwert, der vorher unvorstellbar war. Die "wichtigste Nebensache der Welt", wie der Sport in einem Schlagwort genannt wird, ist zu einer Hauptsache geworden. Zu den Ausgaben der Stadt Wien für den Sport gehören der Bau und die Erhaltung von Sportstätten, Subventionen für Vereine und Verbände, Durchführung von Großveranstaltungen sowie spezielle Aktionen zur Förderung des Jugendsports. Stadthalle und Ferry-Dusika-Hallenstadion sind Einrichtungen von internationalem Format - Dreifach-Rundturnhallen (eine Wiener Spezialität) bieten vielfache Möglichkeiten. Auf der Hohe-Wand-Wiese im 14. Bezirk entstand eine Skipiste mit Schlepplift, Schneekanonen und Flutlicht. Kurz und gut kann man getrost sagen, dass in Wien die Ausübung fast aller Sportarten möglich ist - Wien ist nicht nur anders, sondern auch eine echte Sportstadt. Unser Wiener Wasser Das Wiener Wasser ist uns so wichtig, dass man die Quellen mit schlossartigen Brunnengebäuden umbaut hat - wie etwa den Kaiserbrunnen der ersten Wiener Hochquellenwasserleitung auf unserem Bild. Die Wienerinnen und Wiener haben das schon immer zu schätzen gewusst. Österreichs größte Brotfabrik warb deshalb in den 1930er-Jahren mit dem Slogan, an den sich noch viele erinnern: "Worauf freut sich der Wiener, wenn er vom Urlaub kommt? Auf Hochquellwasser und Ankerbrot." Die erste Wasserleitung in Wien haben römische Soldaten gebaut, aus den Räumen Perchtoldsdorf und Gumpoldskirchen ins Lager Vindobona. Mit dem Abzug der Römer verschwand nicht nur die Wasserleitung, sondern auch das Wissen um diese Technik. Jahrhunderte hindurch waren Hausbrunnen und einige öffentliche Brunnen die Wasserversorgung Wiens. Als 1565 eine Wasserleitung von Hernals zum zentralen Brunnen am Hohen Markt in Betrieb genommen worden war, diente sie nicht der Versorgung mit Trinkwasser, sondern dem Feuerschutz. In den folgenden Jahrhunderten entstanden einige kleine Wasserleitungen von lokaler Bedeutung. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gesellten sich zwei größere hinzu: 1804 die Albertinische Wasserleitung von Hütteldorf zur Versorgung der Vorstädte Mariahilf, Schottenfeld, Gumpendorf und Josefstadt; 1846 die Kaiser-Ferdinand-Wasserleitung, die filtriertes Donauwasser aus Nußdorf an die nördlichen und westlichen Vorstädte und Vororte lieferte. Zum Vorkämpfer für den Bau einer Wasserleitung, die ganz Wien einwandfrei versorgen sollte, avancierte die Gesellschaft der Ärzte. Man verwies darauf, dass Brunnenwasser oft für Erkrankungen (hier vor allem Typhus) verantwortlich sei. Die Stadtverwaltung befasste sich mit verschiedenen Projekten, wobei die Nutzung des Donauwassers lange Zeit im Vordergrund stand. Bei einer Ausschreibung im Jahr 1861 rückte eine neue Idee in den Vordergrund: Wasser aus dem Quellgebiet der Schwarza sollte nach Wien geleitet werden. Im Jahr 1863 ging man mit den Ideen noch ein Stück weiter: Das Wasser für Wien sollte von Quellen aus dem Schneeberg-Rax-Gebiet kommen. 1866 wurde der Bau vom Gemeinderat beschlossen, 16 Millionen Gulden wurden schließlich aufgewendet, was etwa den Einnahmen der Stadt eines ganzen Jahres entsprach. Am 24. Oktober 1873 kam aus dem Hochstrahlbrunnen am Schwarzenbergplatz erstmals das Wasser der ersten Wiener Hochquellenwasserleitung. Nach zehn Jahren, 1883, waren 80 Prozent der Hauser in den Bezirken eins bis neun daran angeschlossen. Damit war allerdings die Leistungsfähigkeit der Wasserleitung in Normalzeiten überschritten. Als 1890 die Eingemeindung der Vororte und ihre Zusammenfassung in die Bezirke elf bis 19 beschlossen wurde, kam aus diesen Gebieten ebenfalls die Forderung nach Hochquellenwasser. 1893 beauftragte der Gemeinderat das Stadtbauamt mit den Vorarbeiten für eine zweite Wasserleitung aus dem Gebirge. Im Jahr 1900 wurde das Projekt, das eine Leitung aus dem Hochschwabgebiet vorsah, genehmigt. Am 2. Dezember 1910 wurde die zweite Wiener Hochquellenwasserleitung mit der Inbetriebnahme der beiden Springbrunnen im Rathaus offiziell eröffnet. Im Laufe der Zeit war es notwendig, in den Quellgebieten beider Wasserleitungen umfangreiche Vorkehrungen gegen Verschmutzungen zu setzen: Bestehende Wege wurden gesperrt, einige Gebäude abgerissen, statt dessen neue Wege angelegt und Schutzhütten gebaut. Im Jahr 1911 besaß die Gemeinde Wien bereits 12.000 Hektar Quellschutzforste. Die Fertigstellung der zweiten Hochquellenwasserleitung stellte Wiens Wasserversorgung auf eine völlig neue Basis. Hatte die erste Leitung nur maximal 91 Millionen Liter täglich nach Wien geliefert, so brachte die zweite Leitung 200 Millionen Liter täglich. Zwischen den beiden Weltkriegen wurden die Hochquellenleitungen weiter ausgebaut. Der Plan, die Kapazität der ersten Leitung zu erhöhen, scheiterte daran, dass die Bundesregierung der Stadt Wien die nötigen finanziellen Mittel entzog. Im Zweiten Weltkrieg ergaben sich bald ernsthafte Schwierigkeiten bei der Instandhaltung der Anlagen, weil nur ein Teil der Fachkräfte zur Verfügung stand. Ab Mai 1944 kam es durch schwere Luftangriffe wiederholt zu Schäden - die schwersten entstanden am 21. Februar 1945, als beide Leitungen an mehreren Stellen von Bomben getroffen wurden. In Wien konnte die Wasserversorgung erst am 24. Februar (zunächst nur über Hydranten auf den Straßen) wiederhergestellt werden, umfangreiche Sparmaßnahmen mussten getroffen werden. Die Bilanz der Wasserwerke nach der Befreiung Wiens war schlimm. Von den 21 Wasserbehältern waren drei zerstört, die meisten anderen beschädigt. Im Rohrnetz wurden an die 2.300 Schäden festgestellt. Das waren aber nur die sichtbaren Schäden, erst nach und nach wurden auch die nicht auf den ersten Blick ersichtlichen Schäden ermittelt - insgesamt rund 7.500 Schadensfälle. Es war der phantastischen Leistung der Mitarbeiter der Wiener Wasserwerke zu verdanken, dass die Großschäden noch im Laufe des Jahres 1945 behoben werden konnten. Zur Deckung des hohen Bedarfs, wegen der enormen Leitungsverluste, wurden deshalb drei Grundwasserwerke gebaut. Die Wasserbehälter wurden bis 1947 instand gesetzt. Gab es vor dem Zweiten Weltkrieg 21 Speicheranlagen, die den Wasserbedarf Wiens für etwa eineinhalb Tage aufnehmen konnten, so gab es am Ende des 20. Jahrhunderts 43 Speicher, aus denen der enorm gestiegene Trinkwasserbedarf für vier Tage gedeckt werden konnte. Der Ausbau der Hochquellenleitungen ging weiter. Am spektakulärsten war 1968 die Einbeziehung der "Sieben Quellen" im steirischen Karlgraben in die erste Hochquellenleitung, und 1988 die Erschließung der Pfannbauernquelle im steirischen Salzatal durch einen 21 Kilometer langen Stollen in die zweite Hochquellenleitung. Insgesamt wurde die maximale Leistung der ersten Hochquellenleitung auf 220 Millionen Liter, die der zweiten auf 230 Millionen pro Tag gesteigert. Wiens Wasserversorgung ist langfristig gesichert. Wien ist die einzige Hauptstadt Europas mit einer Hochquellenwasserversorgung von 98 Prozent. Seit dem Jahr 2001 steht das Wiener Trinkwasser unter dem Schutz der Stadtverfassung, um es vor Kommerzialisierung und Privatisierung zu schützen. Unser Wiener Wasser ist ein echter Schatz, den wir schätzen sollten. Dazu gehört auch, dass wir verantwortungsbewusst mit unserem Wasser umgehen. Denn ein Schluck sauberes und gesundes Trinkwasser ist nicht überall in unserer Welt so selbstverständlich wie in Wien… Von der Tramway zum ULF - Ein Rückblick auf Schienen Wien hat weltweit das dichteste Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln. Mehr als 720 Millionen Fahrgäste werden jedes Jahr auf den insgesamt rund 930 Kilometern des öffentlichen Verkehrsnetzes befördert. Bereits seit Mitte der 1990er-Jahre gilt Wien als die verkehrssicherste Großstadt Europas. Mit dem "Masterplan Verkehr" hat Wien seit 2003 ein Gesamtverkehrskonzept, das die Weichen für die Zukunft stellt. Die großen Ziele sind: Drastische Reduktion der Verkehrsopfer, weiterer Ausbau von U-Bahn und S-Bahn, Verbesserungen im Radverkehr und auch attraktive Straßenbahn- und Busverbindungen am Stadtrand. Zum öffentlichen Verkehr heute ein Blick zurück, im Mittelpunkt dieser Betrachtungen liegt die Straßenbahn, zu der viele Wienerinnen und Wiener eine eigene Beziehung haben. Die lange Geschichte begann um 1670, als nach dem Vorbild von London und Paris, in Wien die ersten Fiaker ihre Dienste anboten. Bis dahin mussten die Wiener, sofern sie nicht im Besitz von Pferd und Wagen waren, alle Wege zu Fuß zurücklegen. Allerdings kostete eine Fiakerfahrt so viel Geld, dass sie nur für wenige erschwinglich war. Bald kam eine billigere Konkurrenz auf - die Sesselträger. Die erste überlieferte Konzession dafür stammt aus dem Jahr 1689, die letzte Sesselträger-Konzession wurde 1888 zurückgelegt. Die Fiaker hingegen gibt es noch heute. Zwar verloren sie wegen der Motorisierung ihre Funktion als Verkehrsmittel, sind aber noch immer Attraktion für Touristen und werden zudem gerne für Vergnügungsfahrten gebucht. Ab dem Jahr 1730 gab es für längere Überlandfahrten die Stellwagen. Ab etwa 1817 wurden die Stellwagen auch zur Fahrt in die Wiener Vororte eingesetzt. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich ein relativ dichtes System von Linien zwischen Stadtzentrum und Vororten. Die Stellwagen glichen äußerlich den Kastenwagen ähnlichen Autobussen des frühen 20. Jahrhunderts. Es gab fixe Haltestellen, Fahrpläne und Tarife. Etwa ab 1840 kam für die Stellwagen die etwas elegantere Bezeichnung Omnibus auf. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sind die meisten Stellwagenlinien von der schienengebundenen Pferdetramway verdrängt worden. Im Jahr 1897 wurde der erste elektrische Linienbetrieb aufgenommen. In den Jahren 1898 bis 1907 übernahm die Stadt Wien die privaten Tramwaygesellschaften. Parallel dazu förderte sie die Elektrifizierung, die bis 1903 im Wesentlichen abgeschlossen war. Eine Sonderform stellte die Dampf-Tramway dar - eine Art Mini-Eisenbahn, die ratternd und rauschend durch die Straßen fuhr. Als die Gemeinde Wien 1907 das Netz übernahm, war es 45,5 Kilometer lang. Bis 1922 wurde es zur elektrischen Straßenbahn umgebaut. Außerdem gab es in der Stadt auch regulären Eisenbahnverkehr, nämlich die zwischen 1895 und 1901 erbaute Stadtbahn. Nach dem Ersten Weltkrieg - genauer: im Jahr 1923 - übernahm die Gemeinde Wien von den Bundesbahnen die Wiental-, Gürtel- und Donaukanal-Linie, sorgte für die Elektrifizierung der Trassen und bezog die Stadtbahn in das Tarifsystem der Straßenbahn ein. Die Stadtbahn wurde so in diesen Jahren zum beliebtesten Verkehrsmittel der Wiener. Der Zweite Weltkrieg traf Wiens öffentlichen Verkehr schwer. Im April 1945 gab es drei Wochen lang überhaupt keinen Verkehr. Im Juni 1945 lag dann die Bilanz vor: Von 3.635 Wagen waren 587 zerstört und 1.539 schwer beschädigt. Von 660 Kilometer Oberleitung waren 250 Kilometer zerstört. Im Gleisbereich gab es 500 Bombentrichter. Am Sonntag, den 29. April 1945, konnte der Verkehr auf Teilstrecken der Linien 10, 46, 47, 49 und 60 wieder aufgenommen werden, tags darauf folgten Teile der Linien 41, 43 und 48 - alles nur außerhalb des noch unpassierbaren Gürtels. Es dauerte zehn Jahre, bis alle Straßenbahn- und Stadtbahnstrecken, die vor dem Krieg in Betrieb waren, wieder zur Verfügung standen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auch der Autobusverkehr wieder aufgenommen. Zugleich begann die Diskussion darüber, ob die Straßenbahn nicht altmodisch sei und durch Autobusse ersetzt werden sollte. Eine Wiener Verkehrsenquete im Jahr 1955 stellte allerdings fest, dass es unmöglich sei, die Leistungen der Straßenbahn durch Autobusse wettzumachen. In den 1970erJahren kam die Bestätigung dafür, als viele Städte damit begannen, die voreilig abgeschaffte Straßenbahn mit hohen Kosten und vielen Problemen wieder zu reaktivieren. Einige Zugeständnisse an den Autoverkehr gab es trotzdem: An die zwanzig Straßenbahnlinien wurden in Wien auf Autobusbetrieb umgestellt, andere Linien wurden gekürzt und verändert. Im Wesentlichen blieb in Wien jedoch die alte Straßenbahn erhalten und erlangte in den 1970erJahren als "Bim" auch bei jungen Leuten wieder große Popularität. Im Jahr 1970 wurden erstmals Frauen als Straßenbahnfahrer eingesetzt, gegen den heftigen Widerstand vieler männlicher Kollegen. Damit war ein Tabu gebrochen, das sogar in den beiden Weltkriegen gehalten hatte, obwohl die Männer für den Kriegsdienst benötigt wurden. Wesentliche Personaleinsparung brachte eine Umstellung im Fahrbetrieb. Im Jahr 1964 wurden die ersten schaffnerlosen Beiwagen eingesetzt, nach und nach wurden alle Wagen für den schaffnerlosen Betrieb umgestellt. Damit verschwand eine traditionelle Figur des Wiener Alltags - der Schaffner. Eine Voraussetzung für den schaffnerlosen Betrieb waren automatisch schließende Türen, die ab 1954 eingebaut wurden. Sie beendeten das bei Jugendlichen beliebte Auf- und Abspringen während der Fahrt und das Mitfahren auf dem Trittbrett, dass in den Nachkriegsjahren wegen Überfüllung der Wagen oft unvermeidbar war. Tramway oder "Bim" sind heute ganz wesentlicher Bestandteil der Wiener Linien. Seit dem Jahr 1994 sind Niederflurstraßenbahnen, die so genannten "ULFs", in Wien unterwegs. Sie ermöglichen ein bequemes Ein- und Aussteigen, bieten höheren Fahrkomfort und erzeugen deutlicher weniger Lärm. Auch die neueste Entwicklung, die GüterBim, könnte den Alltag der Wienerinnen und Wiener verändern: Mit der GüterBim sollen in Zukunft Geschäfte in Wien beliefert werden, ganz nach dem Motto: Schiene statt Verkehrslawine. Aber es ist noch immer so: Viele Wienerinnen und Wiener warten noch heute auf "ihre" Tramway auch wenn sie in völlig neuem Kleid in die Haltestelle einfährt… Der Wiener Zentralfriedhof In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Bevölkerungszahl in Wien rapide zu. Der Donaumetropole wurde damals für das Jahr 2000 eine Einwohnerzahl von rund vier Millionen (!) prognostiziert. Für die Stadtväter war dies Grund genug, an die Errichtung eines Friedhofes zu denken, der den Anforderungen der Zukunft gewachsen sein würde. Nach Prüfung mehrerer Grundstücke in Stadtrandnähe entschied man sich im Dezember 1869 für ein Areal in Kaiserebersdorf. Da der Friedhof als Begräbnisstätte für alle Konfessionen gedacht war, gab es heftige politische Diskussionen über dessen Einweihung. Diese wurde schließlich 1874 ohne Publikum nach katholischem Zeremoniell durchgeführt. Am Tag der Eröffnung, am 1. November 1874, fanden 13 Beerdigungen statt, wobei zwölf Verstorbene aus Kostengründen in Gemeinschaftsgräbern bestattet wurden. Die erste Einzelbestattung war die von Jakob Zelzer. Dieses Grab besteht übrigens noch heute (Gruppe O, Reihe O, Nr. 1 - rechts neben dem Verwaltungsgebäude an der Friedhofsmauer). Dieser Jakob Zelzer, von Beruf bürgerlicher Golddrahtzieher, war im Übrigen ein Vorfahre des Ehemanns der Autorin dieser Zeilen. Die Simmeringer Bevölkerung fühlte sich bald durch die häufigen Trauerzüge gestört, überdies gab es im Winter oft Transportprobleme durch Schneeverwehungen. Die Aufbahrungen in den Wohnungen - und damit auch die Trauerzüge - erübrigten sich 1905, als die Aufbahrungshallen 1 und 2 errichtet wurden. Im Gegensatz zu historisch gewachsenen Friedhöfen, die um Kirchen herum entstanden sind, besaß der Wiener Zentralfriedhof anfangs noch keine eigene Friedhofskirche. Diese wurde erst 1911 (nach einem Entwurf von Max Hegele errichtet) ihrer Bestimmung übergeben: Die Friedhofskirche zum Heiligen Karl Borromäus - ein Jugendstil-Juwel bis in unsere Zeit. Bis zum Jahr 1921 gab es insgesamt sieben Erweiterungen des Friedhofareals. Um bei Begräbnissen die Wege zu den Gräbern zu verkürzen, war daher der Bau einer dritten Aufbahrungshalle (1923) erforderlich. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Wiener Zentralfriedhof durch schwere Bombenschäden arg in Mitleidenschaft gezogen. 12.000 Gräber und Hunderte Grüfte sind vollständig zerstört worden, alle Gebäude waren beschädigt, zudem hat eine Brandbombe die Kuppel der Friedhofskirche vernichtet. Nach den Instandsetzungsarbeiten präsentiert sich der Zentralfriedhof heute mehr denn je als bedeutendste Begräbnisstätte Wiens sowie als Friedhof für alle Konfessionen. Auf dem Zentralfriedhof finden sich Grabdenkmäler, die Geschichte erzählen. 1951: Errichtung der Bundespräsidentengruft Die mittlerweile rund 900 Ehrengräber auf dem Wiener Zentralfriedhof sind ein Stück Wiener Kulturgeschichte. Die hier bestatteten Persönlichkeiten bilden einen interessanten Querschnitt durch das gesellschaftliche Leben Wiens bis in die Gegenwart. Die politische Geschichte Österreichs zeigt sich in den Ehrengräbern der Politiker und in der Ehrengruft für die österreichischen Bundespräsidenten, die sich unmittelbar vor der Friedhofskirche befindet. Auch wenn ganz verständliche Schwellenängste bestehen: der Wiener Zentralfriedhof ist nicht nur Begräbnisstätte, sondern auch Parklandschaft ebenso wie Ort der Erholung. Alltagsstress ist hier - zumindest für kurze Zeit - kein Thema. Inmitten der Verstorbenen begegnet man dem Leben, der einzigartigen Flora und Fauna dieser Parklandschaft. Man erlebt die Natur. Und man versteht dann auch, dass das Sterben bloß ein Teil dieser Natur ist. Der Wiener Zentralfriedhof Die Wiener Städtischen Friedhöfe Quelle: "Der Wiener Zentralfriedhof. Die bedeutendste Begräbnisstätte Wiens." (Herausgeber: MA 43 - Wiener Städtische Friedhöfe) 1979: Österreichs erste Moschee wird in Wien eröffnet Am 20. November 1979 wurde - unter Anwesenheit von Bundespräsident Rudolf Kirchschläger, Bundeskanzler Bruno Kreisky, Bürgermeister Leopold Gratz und des Saudi-Arabischen Unterrichtsminister Afiz Al-Kuweiter - am Hubertusdamm im 21. Bezirk, das "Islamische Zentrum" feierlich eröffnet. Am Neujahrstag des islamischen Kalenders erhielten die damals 17.000 in Wien lebenden Moslems eine geistig-religiöse Heimstätte. Die Moschee mit ihrem 32 Meter hohen Minarett sowie die Koranschule mit Bibliothek und Festsaal wurden zum Großteil von SaudiArabien finanziert. Unmittelbar nach der Feierstunde entledigten sich zahlreiche Ehrengäste ihrer Schuhe, warfen sich auf die Knie und verrichteten ihr erstes Gebet. Bürgermeister Leopold Gratz verwies in seiner Eröffnungsrede darauf, dass die Pläne für den Bau einer solchen religiösen Stätte schon fast 200 Jahre alt seien. Bis ins 18. Jahrhundert waren die Beziehungen zwischen der islamischen Welt und Österreich im Wesentlichen auf die offiziellen Kontakte und den Handelsverkehr beschränkt. Im 18. Jahrhundert begann sich die Konfrontation der islamischen und der christlichen Welt zu einer gegenseitigen Befruchtung und Kooperation hin zu verändern. So bestand schon um 1730 in Wien eine Kolonie von türkischen Kaufleuten, denen zur Entwicklung des Handels vom Kaiser besondere Privilegien erteilt wurden. Das Toleranzgesetz, das Kaiser Josef II. am 31. Jänner 1782 erlassen hatte, erwähnte den Islam zwar nicht ausdrücklich, schloss ihn jedoch in den übergeordneten Begriff der "akatholischen Religionsgemeinschaften" ein. Diesen Gemeinschaften stand nach dem Gesetz ein eigenes Bethaus zu, sobald sie hundert Familien umfassten. Die Pläne für eine Moschee standen unmittelbar vor der Verwirklichung; warum sie dann nicht zur Ausführung gelangten, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Ab dem Jahr 1888 waren in der Wiener Garnison viele Soldaten aus den südlichen Teilen der Monarchie stationiert, die sich zum Islam bekannten. Vor allem waren dies die Bosniaken, die heute noch in Wien ein Begriff sind. In den Wiener Kasernen wurden damals Beträume eingerichtet, ab 1891 gab es auch einen Militär-Imam. Zur Zeit der Eröffnung der Moschee am Hubertusdamm lebten in Wien etwa 15.000 Gastarbeiter und fast 2.000 Studenten, die sich zum Islam bekannten. Bürgermeister Leopold Gratz verwies in seiner Eröffnungsrede weiters darauf, dass die europäische Kultur in nicht geringem Maße auf den Grundlagen beruhe, die von den arabischen Völkern geschaffen wurden, etwa in der Architektur, der Mathematik, der Astronomie, der Landwirtschaft und vielen anderen Bereichen. Den Bau der Moschee bezeichnete er als Symbol dafür, dass die Stadt Wien allen Menschen, die hier leben und arbeiten, eine gastliche und freundliche Heimstatt sein will. Und an diesem Grundsatz hat sich bis in unsere Tage nichts geändert. Wien im April 1945 - das Ende als Anfang Am 13. April 1945 war die Schlacht um Wien beendet. Der Moskauer Rundfunk meldete an diesem Tag in deutscher Sprache: "...Die Bevölkerung Wiens und andere Teile Österreichs hat der Roten Armee Unterstützung gewährt und die Deutschen daran gehindert, die Kämpfe zum Stehen zu bringen, ....was aber wohl das Bedeutendste ist, sie haben die Ehre der österreichischen Nation gerettet .... ." Schon am 14. April schlossen sich in Wien die "Sozialdemokraten" und die "Revolutionären Sozialisten" zur "Sozialistischen Partei Österreichs" zusammen und wählten Dr. Adolf Schärf zum Vorsitzenden. Am 17. April wurde in den Räumen des Schottenstiftes die "Österreichische Volkspartei" gegründet, die die Nachfolge der Christlichsozialen Partei der Ersten Republik antrat. Parteiobmann wurde Leopold Kunschak, er gibt das Amt jedoch einige Tage später an Leopold Figl ab. Die Geburtsstunde der Zweiten Republik Am 21. April 1945 traf Dr. Karl Renner, der erste Staatskanzler der Ersten Republik, in Wien ein und begann sofort mit Verhandlungen zur Bildung einer provisorischen österreichischen Regierung. Am 27. April wurden in einer Hietzinger Villa die Regierungsverhandlungen, von denen die Bevölkerung nicht einmal gerüchteweise hörte, abgeschlossen. Es wurde ein politisches Kabinett gebildet, dem unter dem Vorsitz Renners je ein Vertreter der drei Parteien angehörte (Schärf für die SPÖ, Kunschak, einige Tage später Figl, für die ÖVP, Koplenig für die KPÖ). Die drei Parteien beschlossen die Unabhängigkeitserklärung, die von den vier Mitgliedern des politischen Kabinetts unterzeichnet wurde. Sie erklärte den Anschluss an Deutschland für null und nichtig und verkündete die Wiederherstellung der demokratischen Republik im Geiste der Verfassung von 1920. Die sowjetische Besatzungsmacht anerkannte diese "provisorische österreichische Staatsregierung". Die Republik Österreich wurde wiederhergestellt. Am 29. April versammelten sich im Roten Salon des Rathauses um 10 Uhr die provisorische Staatsregierung, die provisorische Stadtverwaltung, die Vertreter der 26 Bezirke und die Spitzen der sowjetischen Stadtkommandantur. Bürgermeister Körner hielt eine Begrüßungsansprache, Staatskanzler Renner dankte. Dann gingen alle vom Rathaus ins Parlament. Viele Tausende Menschen bildeten ein Spalier, die Ringstraße war voll Menschen. Kein Radio, keine Zeitung und kein Plakat hatte diese Kundgebung angekündigt, nur durch den "Mundfunk" hatten die Wienerinnen und Wiener davon erfahren. Jubel brauste auf, als die Politiker die Parlamentsrampe betraten. General Blagodatow übergab mit einer kurzen Rede das Parlament an die neue Regierung. Renner dankte ihm und verkündete die Wiederherstellung der demokratischen Republik Österreich. Auf der Ringstraße spielte eine Militärkapelle den Donauwalzer, viele Menschen tanzten. Am Parlament wurden die rotweißroten Fahnen aufgezogen. Die Sowjetarmee stellte Wien eine "Maispende" zur Verfügung: 800 Tonnen Mehl, 7.000 Tonnen Getreide, 1.000 Tonnen Bohnen, 1.000 Tonnen Erbsen, 300 Tonnen Fleisch, 20 Tonnen Zucker, 500 Tonnen Mais und 200 Tonnen Öl. Die Lebensmittel wurden in den folgenden Tagen verteilt, die erste Lebensmittelzuteilung seit vier Wochen. Die provisorische Staatsregierung blieb bis 20. Dezember 1945 im Amt und setzte sich aus der "Staatskanzlei" und aus "Staatsämtern" zusammen, die von Staatssekretären geführt wurden und fast ausnahmslos Unterstaatssekretäre erhielten, die jeweils der anderen Partei (als der des Staatssekretärs) angehörten. Am 25. November 1945 wurde die erste Nationalratswahl in der Zweiten Republik durchgeführt. Aufgrund des Wahlergebnisses bildete Leopold Figl seine erste Bundesregierung, die am 18. Dezember vom Alliierten Rat genehmigt wurde. Die feierliche Eröffnung des österreichischen Parlaments erfolgte am 19. Dezember, wobei Leopold Kunschak zum Präsidenten gewählt wurde. Nachdem die provisorische Staatsregierung am 20. Dezember zurückgetreten war, übernahm das Kabinett Figl I die Regierungsgeschäfte. Am selben Tag wählte die Bundesversammlung, Nationalrat und Bundesrat gemeinsam, Dr. Karl Renner einstimmig zum Bundespräsidenten. Wien 1945 - Hunger und Hoffnung "Was sich im April und Mai 1945 in Wien ereignet hat, war ein Phänomen von historischen Dimensionen. Was in jenen entscheidenden Tagen in Wien geschah, war die Voraussetzung für all das Wertvolle, das später erreicht wurde. Die Wiederherstellung der Republik Österreich, der Wiederaufbau, der Staatsvertrag, der Aufbau unseres heutigen blühenden Gemeinwesens." (Leopold Gratz) Am 23. April erschien erstmals die Tageszeitung "Neues Österreich" mit der Mitteilung, dass Wien wieder eine demokratische Stadtverwaltung hat. Bürgermeister war der Sozialist Theodor Körner, mit den Vizebürgermeistern Leopold Kunschak ÖVP und Karl Steinhardt KPÖ. Wer die damalige Zeit nicht miterlebt hat, kann sich kaum vorstellen, unter welchen Bedingungen die Arbeit im April 1945 begann. Die Wasserversorgung funktionierte nur über die Hydranten in den Straßen. Die Lebensmittelversorgung war völlig zusammengebrochen. Der schrittweise Aufbau der Energieversorgung konnte erst am Jahresende abgeschlossen werden. Es gab keinen Verkehr, keine Post, kein Telefon. Die letzten Einsatzfahrzeuge waren von den aus Wien abgezogenen Truppen mitgenommen worden. Es gab keine Medikamente, keine Kleidung, keine Schuhe, keine Seife, kein Papier - es gab nichts. Mehr als 90.000 Wohnungen waren zerstört, viele Straßen waren wegen der Bombentrichter und Schutthaufen nahezu unpassierbar. Es gab nur eines: Die Hoffnung auf ein freies und neues Leben. Wien wird "aufgeteilt" Wien wurde 1945 in den Stadtgrenzen von 1937 aufgeteilt. Die Sowjets konzentrierten sich auf die vorwiegend von Arbeitern bewohnten Bezirke Favoriten und Floridsdorf und erhielten weiters den 2., 4. und 20. Bezirk. Die britische Zone umfasste den 3., 5., 11., 12. und 13. Bezirk, die amerikanische Zone den 7., 8., 9., 17., 18. und 19.Bezirk. Unter französischer Verwaltung standen die Bezirke 6, 14, 15 und 16. Eine der wichtigsten Entscheidungen war die Übereinkunft der Westalliierten und der Sowjets über die Innere Stadt. Der 1. Bezirk wird allen Besatzungsmächten gleichermaßen unterstellt, das Oberkommando wechselte monatlich. Das größte Problem der Menschen war der Hunger. Im Juni 1945 betrug die Lebensmittelzuteilung für Normalverbraucher durchschnittlich 890 Kalorien pro Tag. Und was Hunger wirklich ist, weiß nur die Generation, die die Würmer aus den Erbsen gefischt hat .... Eine starke Generation Die zehn Jahre von Kriegsende bis zur endgültigen Freiheit 1955 waren geprägt von Menschen, die mehr als ihre Pflicht getan haben und die sich mit den Verhältnissen arrangiert haben: Die "Trümmerfrauen" haben Wien vom Schutt befreit. Auf dem Schwarzmarkt und bei Hamstertouren versuchte man zu organisieren, was notwendig war. Und es war auch die Zeit der Frauen, die mit Fotos bei Ankunft der Heimkehrerzüge nach ihren Lieben gesucht haben, denn die Hoffnung starb auch hier zuletzt... . "Land der Erbsen, Land der Bohnen, Land der vier Besatzungszonen, wir verkaufen dich im Schleich, viel geliebtes Österreich." Dieser Spruch zeigt, dass die Wienerinnen und Wiener auch in harten Zeiten ihren Humor nicht vergessen haben. Man hat sich arrangiert und man hat organisiert: Vieles davon im Schleichhandel. Bevorzugter Handelsplatz war der Resselpark. Angesagte Razzien der Besatzungsmächte wurden mit Gelassenheit erwartet. Denn irgendwie haben alle getauscht - angeblich auch die Amerikaner ihre Lucky-Strike Zigaretten und die berühmte Cadbury-Schokolade. Endlich wieder Gas, Strom und unsere "Tramway" Nach Kriegsende hatte vor allem die Wiederherstellung der lebenswichtigen Gemeinschaftseinrichtungen Vorrang. Noch in der Zeit der allerärgsten Nachkriegsschwierigkeiten wurde beschlossen, E-Werke, Gaswerke und Verkehrsbetriebe zusammenzulegen. Ab 1. Jänner 1949 gab es die Wiener Stadtwerke. Vorrang für Energie und Verkehr Der Vorrang für die Infrastruktur war gerechtfertigt, weil dadurch das Überleben der Menschen in der Stadt erst ermöglicht wurde. Bis Ende 1946 war die Wasserversorgung wieder voll hergestellt, die Elektrizitätsversorgung zu 96 Prozent - wenn auch mit Verbrauchsbeschränkungen und häufigen Unterbrechungen. Bereits ab April 1946 wurde ganz Wien mit Gas versorgt - auch beim Gas gab es Beschränkungen und Sperrzeiten. Länger dauerte die Wiederherstellung des Straßenbahnverkehrs, vor allem, weil von 3.635 Waggons 587 zerstört und 1.539 schwer beschädigt waren und der Waggonbau nur langsam anlaufen konnte. Ende 1947 waren rund 80 und Ende 1948 mehr als 90 Prozent des Netzes wieder befahrbar - wenn auch mit langen Intervallen und entsprechend überfüllten Zügen. Wien im Winter 1945-1946 - ein Kampf ums Überleben Dieser erste Nachkriegswinter ist allen, die ihn erlebt haben, in ewiger Erinnerung geblieben. Es war schrecklich und es fehlte an allem. Zum Ersatz der vernichteten Fensterscheiben gab es kein Glas. An seiner Stelle setzte man Holz und Pappe ein. Da Brennstoff nicht zu bekommen waren, brach man aus den Bombenruinen Tür- und Fensterstöcke heraus und verheizte sie. In den Wienerwald zogen sich lange Kolonnen von Menschen und sammelten dürres Astwerk, aber man scheute sich auch nicht, kräftige Bäume umzuschneiden. Der Winter zeigte auch, wie mangelhaft die Bekleidung war. Am besten behielt man die Uniformstücke, die der Krieg zurückgelassen hatte. Die Gemeinde richtete Wärmestuben ein, wo alte Menschen eine Schale Tee erhielten und mit viel Glück eine Kleinigkeit zum Essen. Gas konnte nur zu knapp begrenzten Stunden abgegeben werden - aber es gab ohnehin nicht viel zu kochen. Weihnachten wurde nun wieder ohne Kriegslärm gefeiert, doch zum wirklichen Feiern fehlte viel, sehr viel. Wenige Tage vor Weihnachten war es nicht einmal sicher, ob es in der letzten Dezemberwoche noch Brot geben wird. Am schrecklichsten wurden die Monate vor der neuen Ernte. Im März 1946 wurde der Normalverbraucher auf 1.200 Kalorien am Tag herabgesetzt. Am 22. Mai - ein Jahr nach Kriegsende - konnten nur mehr 950 Kalorien zugestanden werden: Das hieß 20 Gramm Brot, 35 Gramm Mehl und 15 Gramm Trockenkartoffel, je 10 Gramm Butter und Fett, 7 Gramm Trockenmilch und 4 Gramm Kaffee und statt des Fleisches 35 Gramm gesalzener Fisch. Und um all dies zu bekommen, musste man stundenlang anstehen. An der Situation konnte man wenig ändern: Eine Stadtverwaltung, die nichts hatte, konnte auch nichts hergeben. Erst ab Mitte November 1946 waren 1.550 Kalorien für den Normalverbraucher gesichert. Wiederaufbau in Wien-Dialog und Widerspruch Das große Hoffnungswort in der Zeit nach der Befreiung hieß "Wiederaufbau". Aus Ruinen und Trümmern sollte wieder eine Stadt werden, doch wie das geschehen und was dabei herauskommen sollte, darüber gingen die Meinungen bald weit auseinander. Im Verwaltungsbericht der Stadt Wien für die Jahre 1945 bis 1947 wird formuliert, dass der Planung nun die einmalige verpflichtende Gelegenheit geboten wird, die Fehlplanungen früherer Zeiten zu korrigieren, die Stadt zu sanieren und neu zu gestalten. Zur Realisierung wurde schon bald nach Kriegsende eine Enquete ins Wiener Rathaus einberufen. Es war nicht abzuschätzen, wann der ersehnte Wiederaufbau nun wirklich beginnen konnte. Bei der ersten Sitzung der Enquete konnte den Teilnehmern nicht einmal Papier zur Verfügung gestellt werden. Das gesamte Gebäude des Wiener Rathauses war schwer beschädigt, die Fenster waren ohne Glas. Die Widersprüche zwischen Sehnsucht nach Wiederherstellen des Verlorenem und Streben nach Verbesserung zwischen Planungsideen und realen Verhältnissen konnten schwer gelöst werden. Die Absicht, Fehler der Vergangenheit zu beseitigen, wie etwa die Kriegszerstörungen für die Auflockerung der zu dicht bebauten Stadtteile und für die Herstellung besserer Verkehrswege zu nützen, scheitere vielfach an den privaten Besitzverhältnissen. Der Wiederaufbau von Privathäusern war nur mit öffentlichen Mitteln in Form von billigen Krediten möglich. Dazu kam die große Nostalgie eines großen Teiles der Bevölkerung: Wien sollte wieder werden, wie es einmal war. Unsere Sozialpolitik - die Aufgabe ist Auftrag Wien zeichnet sich heute durch eine besonders erfolgreiche Sozialpolitik aus. Denn der Zugang zu sozialen Dienstleistungen hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert: Vom Almosen zum Rechtsanspruch. Bis zum Ersten Weltkrieg war es in Wien im Wesentlichen Sache privater Fürsorge und Wohltätigkeit, notleidenden Menschen zu helfen. Danach begann das "Rote Wien" begann mit dem Aufbau eines umfassenden Sozialsystems. Es konnte jedoch in den wenigen Jahren und angesichts der finanziellen Probleme nur ein Teil der Pläne verwirklicht werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden schließlich die Grundlagen des modernen Sozialstaat geschaffen. Ein Blick in die Geschichte der Sozialpolitik Zum näheren Verständnis dazu, was Sozialpolitik bedeutet, sei ein weiter Rückblick in die Geschichte gestattet. Im Mittelalter führten Gemeinden und Kirchen bereits Hospitale, in denen nicht nur Kranke, sondern auch pflegebedürftige, alte und invalide Menschen unterkommen konnten. 1552 wurden die Kommunen verpflichtet, für jene zu sorgen, die sich nicht selbst erhalten konnten. Das geschah auch in Wien durch die "Einlage": Der Hilfsbedürftige wurde einem wohlhabenden Bürger oder Bauern zugeteilt, der ihn unterbringen und verpflegen musste. In der Folge der Jahre, vor allem in der Zeit der Türkenkriege, forcierte der Staat die Errichtung von Armenhäusern. Der Reformkaiser Josef II. ordnete 1783 ein neues Fürsorgesystem an, dessen organisatorische Grundzüge fast 200 Jahre lang hielten. Die Gesamtleitung hatte das Wiener Armeninstitut. Die Stadt war in 29 Armenbezirke eingeteilt, nach Einbeziehung der Vorstädte bestanden 90 Armenbezirke. Jeder Armenbezirk wurde von drei Männern, dem Pfarrer, dem Armenvater und dem Rechnungsführer, geleitet. Alle drei arbeiteten ehrenamtlich. Erst 1873 kam es zu größeren Veränderungen, aus den Armenbezirken wurden kleinere Armensprengel. Für jeden Sprengel ernannte der Magistrat mehrere Armenräte, die aus ihrer Mitte einen Obmann wählten. Die Armenräte erhielten nun auch Mittel aus dem städtischen Budget und durften gewisse Summen an Notleidende vergeben. Private Wohltätigkeit spielte unter diesen Umständen nach wie vor eine große Rolle. Im Jahr 1914 gab es in Wien etwa 2.700 Armenräte. Im "Roten Wien" erfolgte 1921 die nächste Reform. Aus den Armenräten wurden Fürsorgeräte, etwa 6.000 gab es davon in Wien. Sie wurden weiterhin vom Magistrat ernannt, jedoch aufgrund von Vorschlägen der politischen Parteien. Dieses System der Fürsorgeräte wurde von den Nationalsozialisten zerschlagen. Sie übertrugen die Fürsorgearbeit den Ortsgruppen der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei), in deren Rahmen die NSV(Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) tätig war. Sozialpolitik nach Kriegsende - ein schweres Erbe Im Jahr 1945 war es klar, dass das System der Fürsorgeräte möglichst schnell wieder aufgebaut werden musste. Zur Nachkriegsnot der Wiener Bevölkerung kamen noch die Flüchtlinge, die heimkehrenden Soldaten und die Ausgebombten. Ab Jänner 1946 waren in Wien mehr als 4.000 Fürsorgeräte tätig. Das bewährte System der Ersten Republik funktionierte wieder. Als bessere Form der Wärmestuben wurden im Herbst 1946 die ersten 45 Pensionistenklubs eröffnet. Fast 60 Jahre nach den ersten Pensionistenklubs hat sich die Zahl vervielfacht. Heute haben die Klubs nicht mehr die Aufgabe Not zu lindern, sondern sind moderne Kommunikations-Treffpunkte für die ältere Generation. Auch für andere Einrichtungen, die heute nicht mehr aus dem Leben der Stadt wegzudenken sind, wurde bereits 1946 der Grundstein für die sozialen Dienste gelegt.1947 konnten Heimhilfe und Hauskrankenpflege bereits mehr als 9.000 Einsätze verzeichnen. Diese Dienste wurden im Laufe der Jahrzehnte wesentlich ausgebaut. Seit den sechziger Jahren wurden nach und nach Essen auf Rädern, Reinigungsdienst, Wäschedienst, Besuchsdienst, Reparaturdienst, Familienhilfe und Kinderbetreuung daheim eingerichtet. Recht auf Hilfe - das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz Eine wesentliche Ursache für die Änderung des gesamtem Sozialsystems war die Gesetzgebung, deren wichtigster Teil das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) aus dem Jahre 1955 ist. Vieles, was die Gemeinde und andere Stellen als Hilfe gewährleisteten, wurden von einem Akt der Fürsorge zu einem Rechtsanspruch. Das von Josef II. geschaffene System fand sein Ende. Das Ende der ehrenamtlichen Tätigkeiten war angebrochen. Die neue Situation erforderte professionelle Arbeit durch ganztägig eingesetztes Personal. Der Gemeinderat beschloss am 19. November 1969 das Ende der Tätigkeit der Fürsorgeräte. Eine neue Ära der Sozialpolitik begann. Der Gewinn an Menschlichkeit in allen Fragen der Sozialpolitik wuchs innerhalb weniger Jahrzehnte enorm. Die Stadt Wien hatte dabei beispielhaften und wesentlichen Anteil. Aus Altersheimen werden "Häuser zum Leben" Viele alte Menschen brauchen oder wünschen jedoch eine noch intensivere Betreuung als durch die sozialen Dienste. Die Altersheime der fünfziger Jahre wurden allerdings immer stärker als unbefriedigend empfunden. Es galt, ein neues Modell zu finden. Vorbilder waren dänische und schwedische Altersheime, in denen die Heiminsassen eine eigene Wohnung erhielten. Im Jahr 1960 wurde das Kuratorium Wiener Pensionistenheime gegründet. 1963 wurde das erste Haus, der Sonnenhof im 22. Bezirk, eröffnet. Finanzielle Zuschüsse der Stadt Wien ermöglichen es auch Beziehern von Mindestpensionen, ins Pensionistenheim zu ziehen. 1997 wurden die Pensionistenheime in Pensionistenwohnhäuser umbenannt, wichtig war aber nicht nur die neue Namensgebung, sondern die Änderungen, die sich daraus ergaben. Durch die sozialen Dienste blieben die alten Menschen länger zu Hause und meldeten sich im Pensionistenwohnhaus erst an, wenn es allein nicht mehr ging. Die Häuser wurden daher um Betreuungsstationen erweitert. Gleichzeitig zur Entwicklung der Pensionistenwohnhäuser wurden die ehemaligen Altersheime in Pflegeheime umgewandelt. Unsere Gesundheit ist unser wichtigstes Gut Die Lage des Gesundheitswesens im Jahr 1945 ist heute auch mit viel Phantasie kaum vorstellbar. Kein Wiener Krankenhaus war ohne Kriegsschäden davongekommen, besonders schwer betroffen waren das Kaiser-Franz-Josef-Spital, die Allgemeine Poliklinik, das Gottfried von Preyer’sches Kinderspital und die Nervenheilanstalt Maria-Theresien-Schlößl. Es gab in den Spitälern keine Fensterscheiben, kein Heizmaterial, viel zu wenig Lebensmittel und Medikamente und zeitweise weder Gas noch Strom. Viele Spitäler waren zu Wehrmachts-Lazaretten gemacht worden. Beim Rückzug aus Wien nahm die deutsche Wehrmacht den Großteil der medizinischen Geräte und Medikamente dieser Lazarette mit. Gesundheitswesen 1945 - ein schwerer Anfang Die Besatzungsmächte beschlagnahmten in den Wiener Spitälern mehr als 2.000 Betten. So ergab es sich, dass 1945 nur knapp 10.000 Betten zur Verfügung standen. Vor dem Krieg waren es 17.000 gewesen. Es war vor allem dringend nötig, etwas gegen die Seuchengefahr zu tun. Typhus und Ruhr breiteten sich rasch aus, daneben das besonders gefürchtete Fleckfieber. Entscheidende Hilfe bei der Seuchenbekämpfung kam von den Besatzungsmächten. So konnten zum Beispiel 1945 und 1946 mehr als 200.000 Menschen gegen Typhus geimpft werden. Ab 1946 wurde auch eine Aktion gegen Diphtherie durchgeführt, 48.000 Kinder wurden bereits im ersten Jahr geimpft. Viele Kinder waren so stark unterernährt, dass ihre Gesundheit und ihre Entwicklung gefährdet erschien. Schweden, die Schweiz und amerikanische Quäker richteten Ausspeisungen in den Schulen ein. Zur Bekämpfung des Vitaminmangels stellten die Besatzungsmächte Lebertran zur Verfügung. Zur Bekämpfung der stark grassierenden Geschlechtskrankheiten wurde das neue Wundermittel Penicillin eingesetzt. 1947 trat eine erschreckende Häufung von Kinderlähmung auf, für die keine Erklärung gefunden werden konnte: 488 Personen erkrankten, 83 starben. All diese Fakten und Zahlen wirken in unserer Zeit wie Berichte aus einer anderen, schrecklichen Welt. Die Kinderlähmung ist durch die Impfung fast völlig besiegt. Auch Typhus und Ruhr, einst zu Tausenden gemeldet, sind Einzelfälle geworden. Neue Spitäler mit Weltruf Die Spitäler haben sich durch Umbauten und Modernisierungen in den Jahrzehnten nach dem Krieg so sehr verändert, dass sie nur mehr wenig von der einstigen schwierigen Situation erkennen lassen. Ein großes Spital wurde völlig neu erbaut, das Donauspital im 22. Bezirk. Es entstand 1985 bis 1996 als Teil des SMZ-Ost (Sozialmedizinisches Zentrum Ost). In wenigen Jahren konnte es großes Ansehen in der Bevölkerung und einen ausgezeichneten Ruf in der Fachwelt erlangen. Ein weiteres Großprojekt war der Neubau der Krankenanstalt Rudolfstiftung. Das alte Spital war im Auftrag von Kaiser Franz Josef zur Erinnerung an die Geburt seines Sohnes, des Kronprinzen Rudolf, errichtet worden. Da es völlig veraltet war, wurde es durch einen 1965 bis 1977 errichteten Neubau ersetzt. Der Neubau des AKH war trotz umfassender Diskussionen eine Bestätigung der Tradition der weltberühmten Wiener Medizinischen Schule.1964 begannen die Bauarbeiten, am 7. Juni 1994 wurde das neue AKH offiziell eröffnet. Rund 40 Milliarden Schilling hatte der Neubau gekostet. Heute findet das AKH - das modernste Spital Österreichs - bei Patienten, Ärzten und Pflegepersonal überwiegend Zustimmung. Ähnlich spektakulär wie das Spitalswesen haben sich auch die anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens entwickelt, zum Beispiel der Rettungsdienst. Im April 1945 verfügte er über kein einziges fahrbereites Fahrzeug. Die brauchbaren Autos hatte die deutsche Wehrmacht beim Rückzug mitgenommen. Die sowjetische Stadtkommandantur stellte für jede der sieben Rettungsstationen ein Fahrzeug zur Verfügung. Ab Herbst 1945 half jede Besatzungsmacht in ihrer Zone mit Fahrzeugen aus.1946 gab es endlich Ersatzteile, mit denen die eigenen Autos repariert werden konnten. Am Ende des Jahres 1947 hatte die Rettung wieder 65 Wagen. Eine "gesunde Entwicklung" für Wien Die in so vielen Zahlen und Fakten sichtbare Entwicklung des Gesundheitswesens bedeutet vor allem eine enorme Intensivierung der Betreuung der Bevölkerung, vor allem im Krankheitsfall, aber auch in der Vorbeugung oder Früherkennung von Krankheiten. Die markanteste Folge all dieser Entwicklungen ist die Erhöhung der Lebenserwartung. Wer im Jahre 1900 geboren wurde, hatte die durchschnittliche Erwartung als Mann 44 und als Frau 47 Jahre alt zu werden. Für den Jahrgang 1930 lag die Lebenserwartung für Männer bereits bei 55 Jahren und für Frauen bei 59 Jahren. 1970 wurde eine durchschnittliche Lebenserwartung für Männer von 67, für Frauen von 74 Jahren errechnet. Wer 1999 geboren wurde, darf nach den statistischen Berechnungen eine durchschnittliche Lebenserwartung von 74 (Männer) bzw. 80 (Frauen) Jahren erwarten. Diese statistischen Berechnungen werden stark von der Säuglingssterblichkeit beeinflusst, weil Kinder, die im ersten Lebensjahr sterben, die durchschnittlichen Lebenszahlen drücken. In früheren Zeiten war die Säuglingssterblichkeit alltäglich. 1875 starben 280 von tausend Lebendgeborenen im 1. Lebensjahr, 1900 noch 173 und 1930 noch immer 90. Nach dem Zweiten Weltkrieg ergaben sich die großen Erfolge im Kampf gegen die Säuglingssterblichkeit: 1960 starben 40 von tausend Lebendgeborenen im ersten Lebensjahr, 1970 nur mehr 26, 1980 nur mehr 15 und 1990 nur mehr sieben. In keinem anderen Gebiet des Gesundheitswesens kann der Fortschritt mit mehr beeindruckenden Zahlen belegt werden. Unser Kommunaler Wohnbau - darauf sind wir stolz Wien zählt im weltweiten Vergleich zu den Städten mit der höchsten Lebensqualität. Diese Lebensqualität geht dabei aber nicht mit überhöhten Mieten einher. Dafür sorgt die Stadt Wien durch vielfältige Einflussnahme auf den Wohnungssektor. Die Versorgung mit leistbaren und qualitätsvollen Wohnungen ist eines der wichtigsten Anliegen der Stadt Wien. Der soziale Wohnbau kann auf eine lange Tradition zurückblicken und ist ein identitätsstiftendes Merkmal der Stadt Wien. Bereits in der Ersten Republik errichtete das "Rote Wien" mehr als 60.000 Gemeindewohnungen. 1934 lebte ein Zehntel der Wiener Bevölkerung in Gemeindebauten. Heute zählen zum sozialen Wohnbau rund 220.000 Gemeindewohnungen und 200.000 geförderte Miet- und Eigentumswohnungen von gemeinnützigen und gewerblichen Bauträgern. Die Stadt Wien achtet besonders auf die umfassende Qualität der geförderten Bauten. Ökonomische und ökologische Eigenschaften sind gleichbedeutend mit architektonischen. Pilot-Projekte wie die autofreie Mustersiedlung, Frauenwerkstatt I und II, Integrationsprojekte und Passivhäuser sollen die Qualität weiter steigern. Durchschnittlich entstehen so pro Jahr rund 5.500 neue Wohnungen. Die "gute alte Zeit" des Wohnens Die Wohnsituation am Ende des 19. Jahrhunderts wurde besonders durch ein Gedicht von Alfons Petzold beschrieben - daraus ein Auszug: "Dreißig lichthungrige Fenster, eng aneinander gereiht, aus jedem mit hungriger Stimme nach Freude die Armut schreit... ." Das Leben in der Zinskaserne hatte eigentlich mit "Leben an sich" wenig zu tun. Die damals herrschenden Verhältnisse können wir heute nur mehr schwer verstehen. Eigentlich gar nicht. Im Jahr 1910 wohnten in Wien fast 93.000 Personen in Untermiete, außerdem gab es noch rund 75.000 "Bettgeher", also Menschen, die über keine eigene Wohnung verfügten. Ein Viertel der Zimmer-Küche-Wohnungen in Ottakring wurde von sechs bis zehn Personen bewohnt. Daraus ergaben sich auch massive gesundheitliche Probleme: Das durchschnittliche Lebensalter der Hilfsarbeiter betrug um 1900 nur 33 Jahre, von 100 Wiener Kindern starben im ersten Lebensjahr durchschnittlich 24. Karl Ziak schrieb in seinem Buch "Wiedergeburt einer Weltstadt, Wien 1945-1965" einen besonders bemerkenswerten Satz zu dieser Situation: "Könnte man Häuser vor Gericht stellen, dann müssten die Wiener Zinshäuser auf die Anklagebank..." Nach dem Ersten Weltkrieg ist die Stadt Wien zu einer denkwürdigen Tat geschritten: 1923 beschloss der Gemeinderat die Errichtung von 25.000 Wohnungen aus Steuermitteln. Daraus entwickelte sich ein Modell, das charakteristisch wurde: Große vielgeschossige Wohnblöcke mit Gartenhöfen und Kinderspielplätzen. Wasserleitung, Klosett und Gasanschluss befanden sich innerhalb der Wohnungen. Wohnbau nach 1945 - Die Stadt ist gefordert Nach dem Zweiten Weltkrieg waren 37.000 Wohnungen zerstört, 52.000 infolge schwerer Schäden unbenutzbar. Etwa die Hälfte der übrigen Wohnungen war reparaturbedürftig, in mehr als 90 Prozent der Wohnungen gab es keine Fensterscheiben mehr. In Wien befanden sich 30.000 Flüchtlinge, die irgendwo unterzubringen waren. Etwa 6.000 Wohnungen waren durch die Besatzungsmächte beschlagnahmt. Es gab kaum Baumaterial, Baumaschinen und Transportmittel. Die Besatzungsmächte leisteten Hilfe. Dann kam ein Geschenk aus Schweden, ein eigens für Wien entwickelter Maschinensatz, der Baustein aus Schutt presste. 1947 konnte mit Neubauten begonnen werden: 1.714 neue Wohnungen standen auf dem Programm dieses Jahres . Zum Dank für die erwähnte schwedische Hilfe wurde die größte der neuen Anlagen nach dem schwedischen Ministerpräsidenten Per Albin Hansson benannt. Der Verwaltungsbericht 1945 bis 1947 vermerkte, dass im Sommer 1945 täglich 2.500 bis 3.000 Ansuchen an das Wohnungsamt gerichtet wurden. 1949 waren die Engpässe der Bauwirtschaft im wesentlichen überwunden, es konnte wieder mit vollem Einsatz gebaut werden.1951 wurden 6.448 Gemeindewohnungen fertiggestellt, eine Zahl, die niemals vorher oder nachher erreicht wurde. Neue Wege im Wohnungsbau Ende der fünfziger Jahre entschloss sich die Stadtverwaltung, dem internationalen Trend folgend, zur Stadterweiterung, also zum Bau großflächiger Wohnanlagen und zur Festlegung von Betriebsansiedlungsgebieten am Stadtrand. Der Fertigteilbau, der den Spielraum der Architekten einengte, verstärkte die Diskussion der Architektur der Gemeindebauten. Allerdings sahen engagierte Architekten in der technischen Einengung nicht nur eine Herausforderung, sondern auch neue gestalterische Möglichkeiten. Die Terrassenbauten von Harry Glück sind das beste Beispiel dafür (Heinz-Nittel-Hof in Floridsdorf, Wohnpark Alt-Erlaa u.a.). Das stärkste Beispiel von neuer architektonischer Flexibilität auf Grundlage der Fertigbauteile entstand jedoch im einstigen Leopoldau: Die Großfeldsiedlung mit 6.500 Wohnungen ist die größte Wohnhausanlage, die Wien je gebaut hat. Kritisiert wurde diese in den Jahren 1966 bis 1973 entstandene Anlage als "Schlafstadt", da die notwendige Infrastruktur erst in den folgenden Jahren geschaffen werden konnte. Der nächste Schritt - Verbesserung bestehender Wohnungen 1970 ergab sich ein Bruch in der Wiener Wohnungspolitik. Statistiken ergaben, dass mehr als ein Drittel aller Wiener Wohnungen kein eigene Toilette hatten, fast zwei Drittel keine Bade- oder Duscheinrichtungen. Die logische Schlussfolgerung lautete: Es gibt in Wien kein so gravierendes quantitatives Wohnproblem mehr, wohl aber ein bedrückendes qualitatives - nicht mehr zu wenig Wohnungen, aber zu viele schlechte Wohnungen. Stadterneuerung statt Stadterweiterung wurde zur neuen Parole. Finanzielle Mittel wurden vom Wohnbau zur Wohnungsverbesserung umgeschichtet. Für Verbesserungen wurden aus dem Stadtbudget Zinsenzuschüsse gewährt, bis zu 16.000 Wohnungen wurden jährlich verbessert. Die Sanierung seit den siebziger Jahren wurde auch von dem Gedanken geprägt, alte Bauten so weit wie möglich zu erhalten und den Ansprüchen der Gegenwart anzupassen. "Sanfte Stadterneuerung" wurde zum Schlagwort dafür. Im Jänner 1972 beschloss der Gemeinderat das "Altstadt-Sanierungsgesetz", das als rechtliche Grundlage diente. Im Juli 1972 folgte die "Altstadterhaltungsnovelle", die vor allem die Festlegung von Schutzzonen ermöglichte. Der gesamte erste Bezirk wurde zur Schutzzone erklärt. Als erste Schutzzonen in anderen Bezirken wurden 1973 der Spittelberg im 7. Bezirk und der Khleslplatz in Meidling festgelegt. Gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts gab es bereits mehr als hundert dieser Schutzzonen. Vom alten Ortskern am Stadtrand bis zu den repräsentativen Gemeindebauten mit ihrem Umfeld. Kindergärten in Wien - 74.000 gute Plätze zum Leben Im Kindergarten steht die individuelle Betreuung und Förderung jedes einzelnen Kindes nach neuesten Erkenntnissen der Pädagogik im Vordergrund. Hier werden die Grundlagen für die schulische und gesellschaftliche Zukunft der Kinder gelegt. Gleichzeitig sorgt das Kindergartenwesen dafür, dass Eltern ihre familiäre und berufliche Situation besser vereinbaren können. Insgesamt stehen heute in den städtischen und privaten Kindergärten 74.000 Plätze zur Verfügung. Am Anfang stand die "Kinderbewahranstalt" Die erste "Kinderbewahranstalt" wurde 1830 im 3. Bezirk eingerichtet, 1849 wurde die erste Säuglings- und Kleinkinderkrippe für Kinder bis drei Jahre eröffnet. Kindergärten, in denen auch pädagogische Ziele verfolgt wurden, gibt es seit 1863. Diese waren für die Kinder wohlhabender Eltern bestimmt. Die finanziellen Beiträge konnte sich ein Arbeiter oder ein kleiner Beamter nicht leisten. Alle diese Einrichtungen waren privat - die Bewahranstalten wurden von Wohltätigkeitsvereinen mit Hilfe der Stadt Wien finanziert, die Kindergärten wurden als kommerzielle Betriebe geführt. Im Ersten Weltkrieg erkannte die Gemeinde Wien die Notwendigkeit, so genannte Volkskindergärten einzurichten, in denen die Kinder ganztägig betreut wurden. Die sozialdemokratische Stadtverwaltung investierte in die Zukunft der urbanen Gesellschaft. Innerhalb kürzester Zeit wurden aus 23 städtischen Kindergärten 55. Die nun ganztägige Versorgung der Kinder beinhaltete auch deren Verpflegung mit Gabelfrühstück, Mittagessen und Jause. Eine besondere Errungenschaft dieser Zeit war die Einführung der flächendeckenden ärztlichen Kontrolle der Kinder im Kindergarten. 1932 führte die Stadt Wien bereits 255 Kindergartengruppen und 86 Hortgruppen. Das Regime 1934 bis 1938 schloss jedoch einige Kindergärten der Stadt Wien und alle Kindergärten der sozialdemokratischen Kinderfreunde. Gefördert wurde dafür die Errichtung von kirchlichen Kindergärten. Die Nationalsozialisten übergaben 1942 die städtischen Kindergärten und Horte an die NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt), um eine "politische" Erziehung zu sichern. Ein neuer Weg für Kinder und Jugendliche 1945 führte die Stadt Wien 203 Kindergartengruppen und 51 Hortgruppen. Davon war ein Drittel der Gruppen durch den Krieg beschädigt. Aber schon 1950 war das Vorkriegsniveau wieder erreicht. Die weitere Entwicklung erreichte ungeahnte Dimensionen: Bis 1987 ist die Anzahl der städtischen Kindergärten von der Gemeinde Wien auf 300 ausgeweitet und in den nächsten Jahren auf 361 ausgebaut worden. Die Errichtung neuer Kindergärten erfolgte hauptsächlich in den Stadtentwicklungsgebieten vor allem in den Außenbezirken mit stark wachsender Bevölkerung. Gleichzeitig wurde durch die vermehrte Berufstätigkeit von Frauen von der Stadt Wien auch das Angebot der Krippenplätze erweitert. Drei Viertel aller österreichischen Krippenplätze sind in Wien. Heute zeichnet sich der zeitgemäße Kindergarten dadurch aus, dass professionelle pädagogische Arbeit geleistet wird. Nach modernen pädagogischen Konzepten wird jedes Kind individuell gefördert und in seiner Entwicklung begleitet, damit es größtmögliche Autonomie entwickeln und seine Kompetenzen erweitern kann. Unsere Schulen sind unsere Zukunft Der alte Spruch, dass wir nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen, wird oft belächelt. Aber er stimmt: Gestern, heute und morgen. Eine der Grundlagen jeder Gesellschaftsordnung ist die Schaffung von Rahmenbedingungen für eine solide Ausbildung der Jugend. In dieser Ausbildung war die Stadt Wien immer Vorreiter. Die Schulen der Stadt Wien können unseren Kindern im Auftrag der Gesellschaft nichts besseres mitgeben, als eine umfassende Schulbildung. Die Inhalte der Ausbildung verändern sich mit der Gesellschaft. Grundsatzdiskussionen über die Schulen werden in Wien immer ernst genommen - als Perspektive für die Zukunft. Die Entwicklung des Schulwesens hat manche Parallelen zu jenen der Kindergärten. Allerdings beginnt die Geschichte der Schulen schon viel früher, nämlich im Mittelalter. Seit 1273 ist eine Schule beim Stephansdom nachweisbar die, obwohl auf kirchlichem Boden und wohl auch mit Priestern als Lehrer, der Gemeinde Wien unterstand und von ihr unterhalten wurde. Aus dieser Verantwortung der Gemeinde für die Grundschulen hat sich seither nichts geändert. Schule für alle - ein langer Weg zur Bildung Im Jahr 1774 erließ Maria Theresia die "Allgemeine Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt- und Trivialschulen in sämtlichen Erbländern", mit der die allgemeine Volksschule begründet wurde. Von der Schulpflicht für alle konnte in der Realität allerdings keine Rede sein, es gab zu wenige Lehrer und geeignete Räume. Viele Eltern konnten das Schulgeld nicht bezahlen. Kinder aus der Landwirtschaft und aus dem Gewerbe schickte man nicht zur Schule, weil man sie als Arbeitskräfte brauchte. Erst als die stürmisch wachsende Industrie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Arbeitskräfte brauchte, die lesen, schreiben und rechnen konnten, kam es 1869 zum Reichsvolksschulgesetz. Damit wurde die achtjährige Schulpflicht für alle eingeführt und das Schulgeld für die Grundschulen abgeschafft. In den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg wurden in Wien rund 240.000 Pflichtschüler unterrichtet. Ende der zwanziger Jahre sank die Zahl der Pflichtschüler kontinuierlich auf rund 130.000. Gleichzeitig wurden die Erfolge des großen Reformwerkes des "Roten Wien" immer sichtbarer. Aus der bescheidenen Bürgerschule wurde eine dem Gymnasium angenäherte Hauptschule. Aus der "Drillschule" wurde eine Lernschule, auch die Lehrerbildung wurde auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Bildung für alle - ein Grundsatz unserer Gesellschaft Im Mai 1945 konnte in nicht einmal der Hälfte der Schulen mit dem Unterricht begonnen werden. In allen diesen Schulen waren die Fenster ohne Glas und die Dächer beschädigt. Die wirklichen Probleme kamen erst im folgenden Winter, weil es kein Heizmaterial gab und weil neun Prozent der Kinder keine Schuhe und mehr als die Hälfte keine Winterkleidung besaß. Im Schuljahr 1948/49 standen wieder so viele Schulgebäude zur Verfügung, dass kein Wechselunterricht mehr notwendig war. 1949 begann auch bereits die Modernisierung der Wiener Schulen, wobei die Abschaffung der Schulbänke mit Klapppulten und die Einführung von Tischen und Sesseln ein Meilenstein war. Die Modernisierung der Schulen wurde zur permanenten Aufgabe, wobei die Pädagogik in den Vordergrund rückte und der Rahmen für den technischen Fortschritt immer angepasst wurde. Unsere Kulturpolitik - Tradition und Moderne In einer Diktatur entscheiden Politiker, was in der Kunst gut und was schlecht ist, was das Publikum hören und sehen darf, was verboten und verpönt ist. Eine demokratische Kulturpolitik sieht ihre Aufgabe darin die freie Entfaltung des kulturellen Lebens zu ermöglichen. Wien hat seinen festen Platz im internationalen Kulturleben. Die Stadt bietet heute eine kulturelle Vielfalt und Lebendigkeit, die keinen Vergleich mit anderen Städten zu scheuen braucht. Ein Schlagwort - Kultur für alle Im "Roten Wien" lag der Schwerpunkt der Kulturförderung bei der finanziellen Unterstützung aller Aktivitäten, die neue Publikumsschichten, vor allem Arbeiter und Angestellte, ansprechen sollten. Erhebliche Mittel wurden auch zur Förderung der Volksbildung aufgewendet. Schon im Mai und Juni 1920 veranstaltete die Stadt Wien ein Musikfest, an dem sich die Staatsoper und die besten Musiker der Stadt beteiligten. Dieses Festival fand auch in jedem folgenden Jahr statt, 1927 trug die Veranstaltung erstmals den Namen "Wiener Festwochen". Es gab in diesen Jahren keine besondere Stelle, die sich mit kulturellen Dingen beschäftigte, sie waren im wesentlichen "Chefsache", unterstanden also dem Bürgermeister. Es gab kein eigenes Kulturbudget, die Finanzierung oblag der Finanzverwaltung. Das neue Regime 1934 richtete im Rathaus eine Magistratsabteilung für Volksbildung ein. Die Nationalsozialisten machten daraus ein städtisches Kulturamt, dessen erste Aufgabe es war, missliebige Personen aus dem Kulturleben zu eliminieren - allen voran Juden, aber auch Sympathisanten des vorangegangenen Regimes und bekannte Linke. April 1945 - auch ein Kulturfrühling Aus der geistigen Wüste, die der Nationalsozialismus hinterlassen hatte, erblühte in unglaublich kurzer Zeit ein vielfältiges Kulturleben. Im April 1945, während 50 Kilometer von Wien noch gekämpft wurde, konnte das Wiener Publikum wieder Theatervorstellungen, Konzerte und Varietees besuchen. Im Laufe des Sommers wurden auch die Museen wieder geöffnet, im Herbst gab es die ersten Ausstellungen. Kulturförderung war unter den damaligen Umständen allerdings etwas ganz anderes als fünfzig Jahre später. Es ging darum, für Verlage Papier, für Musiker Instrumente, für Theater im Winter Brennstoff, für Ausstellungsräume Glühbirnen, für junge Maler und Autoren etwas zu essen sowie für alte Musiker und Schauspieler winterfeste Schuhe aufzutreiben. Die Stadt vergab schon 1945 Aufträge an bildende Künstler und organisierte das erste große Musikfest nach dem Krieg zum 175. Geburtstag Beethovens. Im Künstlerhaus fand 1946 die erste große Nachkriegsausstellung "Niemals vergessen" statt. Zwei große Vorarbeiten bildeten in den Jahren bis 1949 die Grundlagen für grundsätzliche Änderungen in der Wiener Kulturpolitik. Die eine war das Notgroschengesetz, es ermöglichte einen Zuschlag zur Rundfunkgebühr, der den Theatern zugute kommen sollte. Dieser Kulturgroschen, der einen Schilling pro Vierteljahr ausmachte, wirkte dem entgegen, was man später als Theatersterben bezeichnete. Die zweite Großtat war das Konzept für die Wiener Festwochen. Wiener Festwochen - ganz Wien feiert mit Die Zusammenfassung der Leistungen Wiens auf allen künstlerischen Gebieten sollten und sollen die Wiener Festwochen sein. Sie fanden erstmals von 26. Mai bis 17. Juni 1950 unter dem Motto "Unsterbliches Wien" statt. Die Wiener Festwochen sollten nicht im Dienste des Fremdenverkehrs stehen oder nur einem elitären Publikum zugänglich sein, sondern es sollten Festwochen der Wienerinnen und Wiener sein. In diesem Sinne gab es ein großes, die ganze Stadt umfassendes Eröffnungsfest. Festwochen-Veranstaltungen der großen Bühnen und Orchester wurden in Betrieben und Schulen wiederholt. Im Schönbrunner Schlosshof und im Arkadenhof des Rathauses wurde Kultur für ein breites Publikum geboten. Eine ganze Stadt hat gefeiert, in den lauen Frühsommernächten lag Musik in der Luft. Die Stadt rettet Schikaneders Theater Eine der größten kulturpolitischen Taten Wiens in der Zweiten Republik war die Rettung des Theaters an der Wien. Emanuel Schikaneder hat es erbauen lassen, das Geld dafür hatte er u.a. mit Mozarts "Zauberflöte" verdient, für die er den Text schrieb. Im Theater an der Wien fand die Uraufführung von Beethovens "Fidelio" statt. Werke von Nestroy und Anzengruber und viele Operetten wurden hier erstmals gespielt. Von 1945 bis 1955 diente das Theater an der Wien als Ausweichquartier für die Staatsoper, dann wurde es geschlossen. Die Technik war veraltet und das Haus renovierungsbedürftig. Im Jahr 1960 entschloss sich die Stadt, das Haus zu kaufen.1962 wurde das äußerlich bewahrte, aber technisch grundlegend renovierte Theater als Festwochenbühne wiedereröffnet. Eine Stadt mit Geschichte zeigt Geschichte Bereits im Jahr 1900 beschloss der Gemeinderat, am Karlsplatz ein eigenes Museum für die Geschichte der Stadt Wien zu errichten. An der Projektausschreibung beteiligte sich auch Otto Wagner. Das verschuldete Wien hatte allerdings kein Geld für den Bau. In der Ersten Republik hatte Wien andere Sorgen, der Museumsbau wurde bis auf weiteres zurückgestellt. Doch das Projekt war nicht vergessen. 1953 beschloss der Gemeinderat den Bau neuerlich, anlässlich des 80. Geburtstages von Bundespräsident Theodor Körner, dem früheren Bürgermeister. Und diesmal wurde es wirklich nach Plänen von Oswald Haerdtl errichtet. 1959 wurde das Historische Museum der Stadt Wien eröffnet: Kulturelles Gut war für Generationen gesichert. Unsere U-Bahn - bringt uns in alle Bezirke Wie ein Maulwurf hat sie sich durch die Stadt gegraben - die U-Bahn. Heute garantiert sie das rasche Fortkommen in unserer Stadt. Rasch auf einen Sprung von Ottakring nach Simmering kein Problem: Sicher und schnell zu jeder Tageszeit. Das Netz der U-Bahn ist nun 61 Kilometer lang und umfasst 86 Stationen. Die U-Bahn hat Hunderttausenden Wienerinnen und Wienern mehr Freizeit und damit mehr Lebensqualität gebracht. Ein Silberpfeil erobert Wien Um das Jahr 1960 begann in Wien die Diskussion über die Trennung von öffentlichem Verkehr und Autoverkehr. Die einzige Lösung schien die Erschließung einer eigenen Verkehrsebene für den öffentlichen Verkehr zu sein. Wiens Stadtplanung begann 1964 mit den Vorarbeiten zum Bau einer U-Bahn. Zahlreiche Netzvarianten wurden entwickelt, aus denen sich schließlich ein Grundnetz mit den Linien U1, U2 und U4 ergab. Am 26. Jänner 1968 genehmigte der Gemeinderat den Bau dieses Grundnetzes. 1969 begann der U-Bahn-Bau auf dem Karlsplatz, wo das große Kreuzungsbauwerk entstand. Am 8. Mai 1976 begann die Erprobung der ersten U-Bahn-Züge auf dem bereits umgebauten Teilstück der Stadtbahn zwischen Heiligenstadt und Friedensbrücke. Dabei bewährten sich die in Wien entwickelten Waggons und Leiteinrichtungen von Anfang an. Der richtige U-Bahn-Verkehr begann am 25. Februar 1978 auf der Strecke Reumannplatz - Karlsplatz der U1. Noch im gleichen Jahr folgten die U4 zwischen Friedensbrücke und Schottenring sowie vom Schottenring zum Karlsplatz. und die U1 zwischen Karlsplatz und Stephansplatz. Jahr für Jahr wurden weitere Teilstücke des Grundnetzes fertig, bis es 1982 mit der Verlängerung der U1 von Praterstern bis Kagran fertig gestellt war. Zwölf Jahre nach Baubeginn, erfolgte die zweite Ausbauphase mit U3 und U6. Und wie hat man das bezahlt Die hohen Investitionskosten wurden aus Steuermittel getragen. Unter Hinweis auf die Verpflichtung des Bundes, zum öffentlichen Verkehr in allen Bundesländern angemessen beizutragen, übernahm die ÖVP-Alleinregierung 21 Prozent der Kosten. Bei der Regierung Kreisky erreichte man, dass der Bund die Hälfte der Kosten übernahm. Alles Übrige musste aus dem Gemeindebudget aufgebracht werden. Die fertig gebaute U-Bahn mit dem Wagenpark und allen sonstigen Investitionen gingen dann ins Eigentum der Verkehrsbetriebe über. Unsere Donauinsel - weltweit ein Wiener Modell Ein 20 Kilometer langer Badestrand als Hochwasserschutz - das ist international einzigartig. Was aus der Notwendigkeit entstand, Wien vor dem Hochwasser zu schützen, ist wohl eine der wichtigsten stadtpolitischen Leistungen Wiens in der zweiten Republik - als Wiener Modell der Verbindung von Hochwasserschutz und Freizeitgelände. Mit der "Donauinsel" und der "Neuen Donau" ist die Gefahr des Hochwassers bis zu einem 1000jährigen gebannt. Und wer "reif für die Insel" ist, nimmt hier seinen Urlaub zwischendurch. Wien und die Donau sind wie ein altes Ehepaar. Es gab in dieser Ehe Krisen, Konflikte und sogar Tragödien. Aber nun, da die Ehe schon so lange währt, entfaltet sich eine gute Partnerschaft. Was alles geschah, um Wien und die Donau besser miteinander zu verbinden, ist wohl eine der wichtigsten stadtpolitischen Leistungen Wiens im 20.Jahrhundert. Als Schwerpunkt sei die Wiener Donauinsel hervorzuheben - als Wiener Modell der Verbindung von Hochwasserschutz und Freizeitgelände. Ernste Hochwasserwarnungen für Wien Im Juli 1954 erhielt Wien eine ernste Warnung: Nach anhaltenden Regenfällen in Oberösterreich und Niederösterreich kam es zu einer Hochwasserkatastrophe. In Wien wurde der Handelskai überflutet, fast alle Keller im 2.und 20. Bezirk waren voll Wasser. Buchstäblich im letzten Augenblick hörten die Regenfälle auf, denn E-Werk und Gaswerk in Simmering waren bereits gefährdet. Ihre Überflutung hätte den Zusammenbruch der Versorgung und damit Milliardenschäden bedeuten können. Die Warnung wurde ernst genommen, man holte alte Pläne aus den Archiven. Viele ehemals für die Umflutung geplante Gebiete waren inzwischen dicht verbaut. Es blieb die Idee eines Entlastungsgerinnes im Überschwemmungsgebiet. Ein Jahrhundertprojekt nimmt seinen Anfang Das damalige Bundesstrombauamt schlug die einfachste und billigste Lösung vor: Erhöhung der rechten Uferkante und Verstärkung der Dämme am linken Ufer, also Einbettung des Stromes in einen Kanal. Die Wiener Stadtbaudirektion hingegen trat für ein Entlastungsgerinne links vom Strom ein, durch das eine hochwasserfreie Insel entstehen sollte. Eine technisch schwierige und kostspielige Lösung. 1963 entschied die SPÖ-Mehrheit im Gemeinderat für dieses Projekt. Es kam zu zahlreichen Diskussionen. Zwischen den Parteien blieben tiefe Verstimmungen zurück. Am 12. September 1969 wurde der Bau des Entlastungsgerinnes endgültig beschlossen. Lange Planungsarbeiten mit begleitendem Ideenwettbewerb nahmen ihren Anfang, bis 1977 endlich klargestellt war, dass die ganze Insel unverbaut bleibt und als Erholungsgebiet gewidmet wird. Hochwasserschutz und "Urlaub zwischendurch" - eine perfekte Kombination Im Jahr 1981 wurde die Insel teilweise als Erholungsgebiet freigegeben, 1983 wurde sie formell zum geschützten Erholungsgebiet erklärt. 1984 erfolgte die offizielle Namensgebung "Donauinsel" und für das Entlastungsgerinne "Neue Donau". Die mehr als 20 km lange und im Durchschnitt 400 Meter breite Donauinsel bietet den längsten Badestrand Mitteleuropas. Der absolute Hochwasserschutz, der mit der Neuen Donau erreicht ist, ermöglichte es, die Stadt an beiden Ufern bis zur Donau heranzuführen. Die Bauwerke, die dabei entstanden sind und entstehen, verbinden die Stadt endlich mit dem Strom. Unsere Bäder - mehr als ein Sprung ins kalte Wasser Wellness gab es in den Wiener Städtischen Bädern schon, als dieser Begriff noch nicht in aller Munde war. Wiens Sommer- und Hallenbäder sind Stätten der Erholung und Begegnung. Zahlreiche Zusatzangebote zu Wasser und Sonne, wie etwa Aqua-Rhythmik und Seniorenschwimmen machen aus einem Badetag einen Erlebnistag. Die Wienerinnen und Wiener genießen die Bäder, die schon beinahe zum Alltag gehören. Denn ein bisserl ist es schon so: "...mit den Kleidern legt man seine Sorgen ab". Baden für den Körper und die Seele Bei allen Völkern und Kulturen hatte das Baden seit jeher einen besonderen Stellenwert im gesellschaftlichen Leben. Dies gilt sowohl für die Reinigung, aber auch vielmehr für die Gesunderhaltung und auch Kräftigung des Körpers. Genau da hat auch die Stadtverwaltung des "Roten Wien" angesetzt. Zusätzlich zu den bereits bestehenden Strandbädern an der Alten Donau wurden zahlreiche Bäder in Wien gebaut, dazu gehören das Stadionbad, das Ottakringer Bad und das Kongressbad im 16. Bezirk sowie das Hohe Warte-Bad und das Krapfenwaldlbad im 19. Bezirk. Einen besonderen Platz nahmen auch die 23 Kinderfreibäder ein, bei den Hallenbädern ist das repräsentative Amalienbad herauszuheben. Und noch eines gehörte damals (und in den ersten Jahrzehnten der Zweiten Republik) zum Baden schlechthin: Das Tröpferlbad. In "einer Klause unter der Brause" betrieb man Körperpflege. Und wer es sich leisten konnte, der gönnte sich ein Wannenbad - den unvergesslichen Fichtennadel-Badezusatz dafür gab es beim "Badewaschel". Das Duo "Pirron & Knapp" hat das Tröpferlbad in Wien zur Institution gemacht ein Stück Badekultur, das man einem Jugendlichen von heute kaum mehr vermitteln kann. Wien ist eigentlich eine Bäderstadt Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Bäderpolitik in den späten sechziger Jahren wieder aufgenommen. Nach umfangreichen Vorarbeiten wurde 1968 das so genannte Bäderkonzept erstellt. Ziel war es, ein komplettes Netz gut ausgebauter, kleiner und mittelgroßer Hallen- und Sommerbäder neu zu errichten und der Wiener Bevölkerung als zusätzliche Erholungseinrichtung anzubieten. 1974 bis 1984 wurden im Rahmen des Bäderkonzeptes neue Hallenbäder errichtet. Die ersten drei Bäder waren die Hallenbäder Hietzing, Simmering und Döbling, von 1982 bis 1984 folgten Donaustadt, Brigittenau und Großfeldsiedlung. Dieses Bezirkshallenbad-Programm wurde durch den Zubau von Sommerbadbereichen und so mit der Schaffung so genannter Kombi-Bäder ergänzt.