Kompetenzorientierte Abituraufgaben zu Faust I und zu - fo-net
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2011 Korridorfortbildung Deutsch Berufliches Gymnasium Schleswig-Holstein : Kompetenzorientierte Aufgabenstellungen Epochenwandel und Epochenkontraste - Individuum und Gesellschaft 18./19. Jh. unter besonderer Berücksichtigung der Dramen „Faust I" von J.W. Goethe und „Woyzeck" von G. Büchner (vgl. Kernbereich 3 - Lehrplan BG) Dr. Ralph Musielski / Jürgen Bucksch IQSH 20.03.2011 Inhalt: Aufgabenbeispiele Aufgabenbeispiel 1 Sachtext erörternd gA Aufgabenbeispiel 2 literarischer Text gestaltend gA Operatoren Aufgabenarten Literaturepochen Überblick Aspektierung der Epochendarstellung Weimarer Klassik Weimarer Klassik Epochenmerkmale Weimarer Klassik Epochenüberblick Weimarer Klassik: technische Entwicklungen 1786 – 1832 Weimarer Klassik: Zeitgeschichte 1786 – 1832 Weimarer Klassik: Goethes Werk Dramenanalyse Kompetenzbereich: Einen dramatischen Text analysieren Textinterpretation: Grundbegriffe der Dramenanalyse Textinterpretation: Dramentheorie Formen und Funktionen dramatischer Sprache Textinterpretation: Szenenanalyse „Walpurgisnacht“ Literarische Erörterung: Ist Gretchen naiv ? Die Bewertung kreativer Aufgaben Textüberarbeitung Einen Text verständlich machen Sprache / Stil eines Textes Einen Text aspektiert überarbeiten Vormärz Epochenmerkmale Vormärz Epochenbegriff Vormärz Literaturmarkt im Vormärz Zentralabitur - Deutsch 1 Sachtext – erörternd gA Themenkorridor 1 KB 3 – Epochenwandel und Epochenkontraste – Individuum und Gesellschaft 18./19. Jh. – unter besonderer Berücksichtigung der Dramen „Faust I“ von J.W. Goethe und „Woyzeck“ von G. Büchner Aufgabenart: Sachtext – erörternd gA Michael Lösch Faust – eine Typologie (1999) Faust, der Gelehrte, ist auf der Erfolgsleiter hoch aufgestiegen. Aber das Erreichte bedeutet ihm nichts. Er ist, bei allem, was er hat, immer noch ein Rebell, ein Grenzüberschreitender, wie wir ihn auch heute noch antreffen, sei es im Sport, in der Wissenschaft, der Technik oder auf anderen Feldern. Er klagt über den Leerlauf seines Gelehrtenlebens, und das nicht aus eitler Bescheidenheit, sondern aus tiefster Betroffenheit und Wut. Überdurchschnittliche Leistungen oder der Hunger danach hatten von jeher etwas Unheimliches. Das Christentum konnte oder wollte solche Überlegungen nur selten mit besonderer göttlicher Hilfe oder Gnade begründen. Lieber schon sah man den Erfolgreichen mit dem Teufel im Bunde. Wer die Durchschnittlichkeit verlässt, muss sein Seelenheil verpfändet haben. Dieser Gedanke entstammt dem dualistischen Denken des Christentums, das die Welt in Gut und Böse einteilt, in das Reich Gottes und jenes des Widersachers – ein Motiv, das es im vorchristlichen Abendland nicht gegeben hat. Erst das Christentum machte aus Leuten wie Friedrich II. von Hohenstaufen, Paracelsus, Roger Bacon oder Galileio Galilei Alliierte der Finsternis. Mit dem Teufel, also dem Repräsentanten der Gegenmacht, durchschreitet Faust die Welt. Das mag gefährlich sein, entspricht aber dem alten obzessiven Traum vom alles könnenden magischen Helfer. […] Selten erleben wir bei Faust etwas wie Sympathie oder Wärme. Wer wollte ihn zum Freund, gar zum Vater? Kann einer, der immer in großen Dimensionen denkt, etwas Privates haben? Faust ist ein Halbgott. Als Vater, Gatte und Kollege finden wir ihn ohne Gefühl für die Menschen aus seiner Nähe. […]. Mit den klasssichen Idealen von Maß-Mitte-Verzicht hat Faust wenig zu tun. Er ist nicht Goethes Iphigenie, deren Hauptanliegen der Friede zwischen den Gegensätzen ist. […] Stellt aber Faust nur irgendeinen Mann dar oder ein männliches Prinzip? Wie stellen wir uns eine weibliche „Fausta“ an seiner Stelle vor? Wären ihre Fehler von geringerer Tragweite gewesen? Wäre sie nicht eher im Menschlichen statt wie Faust im Universalen geblieben? Wäre sie bei einem eher individuellen Egoismus stehen geblieben, statt prinzipienhalber selbstherrlich die Welt herauszufordern? Diese persönli- Zentralabitur - Deutsch 2 Sachtext – erörternd gA chen Aspekte hat Faust delegiert. Das ist Mephistos Angelegenheit, den man deshalb auch das „weibliche“ Element dieser Beziehung genannt hat. Gehen wir noch ein Stück weiter. Haben die Nazis die Figur deshalb geschätzt, weil er sich nicht beim kleinen Detail aufhielt, sondern den „großen Wurf“ suchte? […] Faust ist zum Bauherrn einer neuen Zeit geworden, die in ihrem Beschleunigungswahn nicht merkt, dass sie längst auf der Stelle tritt. In seinem Urteil über den geschätzten Dichterkollegen Byron hat Goethe diese Haltung als Grund und Ursache für Katastrophen bezeichnet. Der Tätigkeitshunger kennt keine Grenzen und darob verliert er ein inneres Leben. Innen ist er nur Geist, oder um es faustisch und zugleich modern zu formulieren: nur Vorsatz für Neues. Immer unterwegs zum Neuen, nie irgendwo ankommen – das ist es, was Faust so modern wirken lässt. (460 Wörter) Zentralabitur - Deutsch 3 Sachtext – erörternd gA Textvorlage Lösch, Michael: Faust – eine Typologie. Aus: Ders.: Meisterwerke kurz und bündig – Goethes Faust. München: Piper 1999, S. 98 ff. Erlaubte Hilfsmittel Duden: „Die deutsche Rechtschreibung“ Duden: „Das Fremdwörterbuch“ Auswahl- und Lesezeit: 20 Minuten Arbeitszeit: 4 Zeitstunden Aufgabenstellung 1. Fassen Sie die Aussagen des Textes zusammen. 2. Erörtern Sie die Vorstellungen des Autors vom Typus Faust. 3. Schlagen Sie eine Persönlichkeit vor, die Ihrer Meinung nach den Typus Faust heute verkörpert, und erläutern Sie Ihre Auswahl. Zentralabitur - Deutsch 4 Sachtext – erörternd gA Unterrichtliche Voraussetzungen In der 11. Jahrgangsstufe werden Aufbau und Struktur der Texterörterung und Sachtextanalyse eingeführt und geübt. In den folgenden Kurshalbjahren steht die Arbeit mit pragmatischen Texten wiederholt im Vordergrund. Im Rahmen des Kernbereichs 3 „Epochenwandel und Epochenkontraste – Individuum und Gesellschaft 18./19. Jh. unter besonderer Berücksichtigung der Dramen ‚Faust I’ von J.W. Goethe und ‚Woyzeck’ von G. Büchner“ vergleichen die Schülerinnen und Schüler Texte im Zusammenhang von Entstehungskontext, Wirkung und Gegenwartsbezug und beurteilen diese (Lehrplan Deutsch Berufliches Gymnasium, S. 28). Goethes Werk „Faust I“ wird als bekannt vorausgesetzt. Lehrplan- und EPA-Bezug – erwartete Schülerleistung – Anforderungsbereiche Aufgabe 1: Fassen Sie die Aussagen des Textes zusammen. Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten die Struktur der erörternden Analyse an pragmatischen Texten (Lehrplan Deutsch Berufliches Gymnasium, S. 30). Es wird erwartet, dass die Schülerinnen und Schüler die Argumente Michael Löschs erkennen und die im Text thematisierte Typologie des Faust (als unsympathischer, zeitloser Rebell, gefühlloser Egoist und rastloser Beschleuniger) aufzeigen. Anforderungsbereich I Aufgabe 2: Erörtern Sie die Vorstellungen des Autors vom Typus Faust. Die Schülerinnen und Schüler ziehen begründete Schlüsse aus den Ergebnissen einer Texterschließung oder -erörterung und urteilen eigenständig (Lehrplan Deutsch, Berufliches Gymnasium, S. 29). Es wird erwartet, dass sich die Schülerinnen und Schüler in das Spannungsfeld der literarischen Figur Faust begeben, um die vorliegende Problemstellung einer eindeu- Zentralabitur - Deutsch 5 Sachtext – erörternd gA tigen Typologie zu erhellen. Dabei soll die in der Forschung vielfach interpretierte Figur (als sich entwickelnder Charakter bis hin zum Lehrbild des Scheiterns) in ihrer Vereinnahmung als Typos erörtert werden. Hier wäre es möglich, das aufgezeigte Rebellentum, die Kälte und Dynamik des Faust zu hinterfragen und der Einschätzung jener verworrenen, trübsinnig-einsamen Dramenfigur, bei der sich Ruhe und Rastlosigkeit durchaus abwechseln, Argumentationsraum zu gewährleisten. Faust könnte von den Schülerinnen und Schülern zumindest in seinem Gefühlsüberschwang und in seiner Vernunftfeindlichkeit als Sympathieträger gewertet werden. Anforderungsbereich III Aufgabe 3: Schlagen Sie eine Persönlichkeit vor, die Ihrer Meinung nach den Typus Faust heute verkörpert, und erläutern Sie Ihre Auswahl. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln Kriterien zur Beurteilung pragmatischer und literarischer Produkte (Lehrplan Deutsch, Berufliches Gymnasium, S. 31). Bei dieser Aufgabe besteht die Möglichkeit, eine für die Zielgruppe zeitgemäße Inanspruchnahme einer klassischen Dramenfigur zu erarbeiten. Wesentlich erscheint in diesem Aufgabenteil, die getroffene Auswahl anhand begründeter Kriterien darzustellen. Anforderungsbereich II Bewertungskriterien für die Noten „gut“ und „ausreichend“ Die Note „gut“ verlangt – bei Schwerpunktsetzungen – die differenzierte und kompetente Erfüllung des Erwartungshorizonts, ohne jedoch auf Vollständigkeit im Detail zu drängen. Die sprachlich-stilistische Gestaltung der Arbeit muss flüssig, korrekt sowie verständlich und der Aufbau klar gegliedert sein. Für die Note „ausreichend“ genügt es, wenn unter Anwendung grundlegender Verfahren, Begriffe und Argumentationstechniken die Fragestellungen und Sachverhalte im Ansatz treffend erarbeitet, die erörternde Auseinandersetzung mit dem Thema in Grundzügen geleistet wird. Die Gedankengänge sollen nachvollziehbar entwickelt Zentralabitur - Deutsch 6 Sachtext – erörternd gA und verständlich formuliert sein. Der Aufbau muss erkennbar geordnet, der Stil verständlich und die sprachliche Gestaltung muss weitgehend fehlerfrei sein. Zentralabitur - Deutsch 7 Sachtext – erörternd gA Zentralabitur Deutsch 1 literarischer Text – gestaltend eA Themenkorridor 1 KB 3 Epochenwandel und Epochenkontraste – Individuum und Gesellschaft 18./19. Jh. - unter besonderer Berücksichtigung des Dramas „Woyzeck“ von G. Büchner Aufgabenart : literarischer Text - gestaltend gA Georg Büchner: Leonce und Lena (1836) Zur Information: Der melancholische, traumversunkene Prinz Leonce vom Königreiche Popo (in seiner territorialen Winzigkeit und intellektuellen Versteinerung eine Persiflage auf die deutschen Kleinstaaten) wird vor die vollendete Tatsache gestellt, dass er Prinzessin Lena vom Königreiche Pipi heiraten soll. Nicht gewillt, den Bund einzugehen, flüchtet er mit dem arbeitsscheuen Valerio nach Italien. In der Zwischenzeit beruft König Peter, eine Staatsratsversammlung ein, um vor dieser Zeugnis seiner grenzenlosen Realitätsferne und geistigen Verwirrtheit abzulegen – und um seinen Entschluss, dass sein Sohn nämlich heiraten solle, bekanntzumachen. Auf dem Weg nach Italien begegnen Leonce und Valerio zwei Frauen. Es sind Lena und ihre Gouvernante, Leonce und Valerio erkennen die beiden jedoch nicht. Leonce verliebt sich unmittelbar in das Mädchen, während Valerio und die Gouvernante eine bissige Konversation führen. Leonce gesteht dem Mädchen seine Liebe, doch sie erwidert sie nicht: Er will daraufhin Selbstmord begehen, wird aber von Valerio davon abgehalten, der ihn spöttisch bittet, diese „Leutnantsromantik“ sein zu lassen, und so die Tragik des Selbstmords ins Lächerliche zieht. Später verliebt sich auch Lena noch in Leonce, und die beiden beschließen, gemeinsam alt zu werden. Unterdessen proben offizielle Herren mit dem Bauernvolk den feierlichen Empfang des erwarteten Hochzeitspaares. Text : Zweite Scene Freier Platz vor dem Schlosse des Königs Peter. Der Landrath. Der Schulmeister. Bauern im Sonntagsputz, Tannenzweige haltend. 5 10 Landrath: Lieber Herr Schulmeister, wie halten sich Eure Leute? Schulmeister: Sie halten sich so gut in ihren Leiden, daß sie sich schon seit geraumer Zeit aneinander halten. Sie gießen brav Spiritus in sich, sonst kö nnten sie sich in der Hitze unmöglich so lange halten. Courage, ihr Leute! Streckt eure Tannenzweige grad vor euch hin, daß man meint ihr wärt ein Tannenwald und eure Nasen die Erdbeeren und eure Dreimaster die Hörner vom Wildpret und eure hirschledernen Hosen der Mondschein darin, und merkt’s euch, der Hinterste läuft immer wieder vor den Vordersten, daß es aussieht als wärt ihr ins Quadrat erhoben. Landrath: Und Schulmeister, Ihr stehet vor die Nüchternheit. Schulmeister: Versteht sich, denn ich kann vor Nüchternheit kaum mehr stehen. 15 Landrath: Gebt Acht, Leute, im Programm steht: »Sämmtliche Unterthanen werden Zentralabitur Deutsch 20 2 literarischer Text – gestaltend eA von freien Stücken, reinlich gekleidet, wohlgenährt, und mit zufriedenen Gesichtern sich längs der Landstraße aufstellen.« Macht uns kei ne Schande! Seid standhaft! Kratzt euch nicht hinter den Ohren und schneuzt euch die Nasen nicht mit den Fingern, so lang das hohe Paar vorbeifährt und zeigt die gehörige Rührung, oder es werden rührende Mittel gebraucht werden. Erkennt was man für euch thut, man hat euch grade so gestellt, daß der Wind von der Küche über euch geht und ihr auch einmal in eurem Leben einen Braten riecht. Könnt ihr noch eure Lection? He! Vi! 25 Die Bauern: Vi! Schulmeister: Vat! 30 35 Die Bauern: Vat! Schulmeister: Vivat! Die Bauern: Vivat! Schulmeister: So Herr Landrath. Sie sehen wie die Intelligenz im Steigen ist. Bedenken Sie, es ist Latein. Wir geben aber auch heute Abend einen transparenten Ball mittelst der Löcher in unseren Jacken und Hosen, und schlagen uns mit unseren Fäusten Cocarden1 an die Köpfe. (489 Wörter) Quelle: Büchner, Georg: Leonce und Lena, dtv, München 1998, S. 43 1 Eine Kokarde ist ein ursprünglich kreisförmiges Abzeichen oder Aufnäher, meist militärischer oder politischer Bedeutung, auf Kleidern, an Uniformmützen, als Lackierung auf Flügeln von Militärflugzeugen usw. Zentralabitur Deutsch 3 literarischer Text – gestaltend eA Aufgaben 1. Beschreiben Sie den Konflikt in der Szene aus „Leonce und Lena“ von Georg Büchner. 2. Schreiben Sie zu der Figur des Schulmeisters einen inneren Monolog oder mehrere kürzere Gedankeneinschübe, in dem / in denen er über das nachdenkt, was gerade abgelaufen ist. Wählen Sie dazu auch die Stelle(n) aus, nach der / nach denen Monolog oder Gedankeneinschübe eingesetzt werden und verleihen Sie den Bauern Gehör, indem Sie einen unterdrückten Monolog schreiben, der ihre gegenwärtige Situation reflektiert. 3. Bewerten Sie Ihre Gestaltungen vor dem Hintergrund Ihrer Kenntnisse eines weiteren Werks von Georg Büchner. Erlaubte Hilfsmittel: Duden: „Die deutsche Rechtschreibung“ Duden: „Das Fremdwörterbuch“ Auswahl- und Lesezeit: 20 Minuten Arbeitszeit: 4 Zeitstunden Zentralabitur Deutsch 4 literarischer Text – gestaltend eA Unterrichtliche Voraussetzungen Die gestaltende Interpretation literarischer Texte wird seit dem 11. Jahrgang geübt. Im Rahmen des Kernbereichs 3 „Epochenwandel und Epochenkontraste – Individuum und Gesellschaft 18./19. Jh.“ untersuchen die Schülerinnen und Schüler Dramen der Weimarer Klassik, insbesondere auch Goethes „Faust I“ und Büchners „Woyzeck“ . Lehrplanbezug – erwartete Schülerleistung – Anforderungsbereiche Aufgabe 1: Beschreiben Sie den Konflikt in der Szene aus „Leonce und Lena“ von Georg Büchner. Die Schülerinnen und Schüler analysieren und interpretieren Texte in fachlich angemessener Begrifflichkeit (Lehrplan Deutsch Berufliches Gymnasium, S. 22). Es wird erwartet, dass die Schülerinnen und Schüler die gesellschaftlich-soziale Hierarchie in der Szene erkennen und beschreiben, wie diese inhaltlich und sprachlich verdeutlicht wird. Anforderungsbereiche I und II Aufgabe 2: Schreiben Sie zu der Figur des Schulmeisters einen inneren Monolog oder mehrere kürzere Gedankeneinschübe, in dem / in denen er über das nachdenkt, was gerade abgelaufen ist. Wählen Sie dazu auch die Stelle(n) aus, nach der / nach denen Monolog oder Gedankeneinschübe eingesetzt werden und verleihen Sie den Bauern Gehör, indem Sie einen unterdrückten Monolog schreiben, der ihre gegenwärtige Situation reflektiert. Die Szene aus „Leonce und Lena“ sollen die Schülerinnen und Schüler als scharfe Satire auf den überheblichen Sadismus seitens des Schulmeisters und als schonungslose Darstellung des bäuerlichen Elends wahrnehmen. In Anlehnung an epische Literatur soll die Figur des Schulmeisters einen inneren Monolog bzw. einen Rollenmonolog führen. Es geht darum, das Innere der Figur zu erkunden. Wenn die ‚Innenausstattung’ der Bauern erkundet wird, kann es von Vorteil sein, sich auch einmal zu fragen, was denn eine Figur über eine andere denkt, jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht sagt, nicht sagen will oder kann Das ist vor allen in Texten der Fall, in denen sich die Fiuren gegenseitig misstrauen, etwas verschweigen oder sich etwas vormachen: Man kann hier nach dem ‚inneren Text’ fragen. Anforderungsbereich II Zentralabitur Deutsch 5 literarischer Text – gestaltend eA Aufgabe 3: Bewerten Sie Ihre Gestaltungen vor dem Hintergrund Ihrer Kenntnisse eines weiteren Werks von Georg Büchner. . Die Schülerinnen und Schüler reflektieren unterschiedliche (literar-)historische Kontexte und die jeweiligen Bedingungen für Lebensgestaltung des Individuums. Zudem erkennen und reflektieren sie Wert- und Weltvorstellungen in unterschiedlichen Kontexten / Epochen (Lehrplan Deutsch Berufliches Gymnasium, S. 30). Anforderungsbereiche II und III Bewertungskriterien für die Noten „gut“ und „ausreichend“ Die Note „gut“ verlangt – bei Schwerpunktsetzungen – die differenzierte und kompetente Erfüllung des Erwartungshorizonts, ohne jedoch auf Vollständigkeit im Detail zu drängen. Bewertungen werden begründet und differenzierend dargelegt. Die Epochenbesonderheit wird in der Gestaltung differenziert dargelegt. Die sprachlich-stilistische Gestaltung der Arbeit muss flüssig, korrekt sowie verständlich und der Aufbau klar gegliedert sein. Für die Note „ausreichend“ genügt es, wenn unter Anwendung grundlegender Interpretationstechniken die Textaussage im Ansatz treffend erarbeitet wird, in der Gestaltung die Epochenbesonderheit sichtbar gemacht und die Differenz in der Reflexion sachgerecht und eigenständig aspektiert wird. Die Gedankengänge sollen nachvollziehbar entwickelt und verständlich formuliert sein. Der Aufbau muss erkennbar geordnet, der Stil verständlich und die sprachliche Gestaltung muss weitgehend fehlerfrei sein. Link zur Vertiefung Operatoren zur Abiturvorbereitung BG SH Name: Datum: www.fo-net.de LÜA 30 Übergeordnete Operatoren, die Leistungen in allen drei Anforderungsbereichen verlangen: analysieren Literarische Texte: (interpretier Texterfassung, Textbeschreibung, Textdeutung en) unter Berücksichtigung des Wechselbezuges von Textstrukturen, Funktionen und Intentionen, Erfassen zentraler strukturbildender genretypischer, syntaktischer, semantischer und stilistisch-rhetorischer Elemente und ihrer Funktion für das Textganze Kontextualisierung (historischer und aktueller Verstehenshorizont) Reflektierte Schlussfolgerungen auf der Grundlage der Ergebnisse der Textdeutung ziehen. Sollte eine Wertung oder Beurteilung gewünscht sein, wird dies ausdrücklich in der Aufgabenstellung formuliert. Sachtexte: Texterfassung, Textbeschreibung, Textuntersuchung: Zusammenhang Textstruktur und Textintention, strukturbildende semantische, syntaktische Elemente unter Berücksichtigung der sprachlichen Funktion, Wirkung; Erfassen der pragmatischen Struktur des Textes unter besonderer Berücksichtigung der Argumentationsweise Reflektierte Schlussfolgerungen ziehen aus dem Zusammenspiel von Struktur, Intention und Wirkung im Rahmen des historischen und aktuellen Verstehenshorizontes Sollte eine Wertung oder Beurteilung gewünscht sein, wird dies ausdrücklich in der Aufgabenstellung formuliert. erörtern eine These oder Problemstellung, eine Argumentation durch Für-undWider- bzw. Sowohl-als-Auch-Argumente auf ihren Wert und ihre Stichhaltigkeit hin abwägend prüfen und auf dieser Grundlage eine Schlussfolgerung bzw. eigene Stellungnahme widerspruchsfrei dazu verfassen. Operatoren, die Leistungen im Anforderungsbereich I (Reproduktion) verlangen: (be)nennen aus einem Text entnommene Informationen, Aspekte eines Sachverhalts, Fakten beschreiben Textaussagen oder Sachverhalte in eigenen Worten strukturiert und fachsprachlich richtig darstellen wiedergeben Inhalte, Zusammenhänge in eigenen Worten sachlich und fachsprachlich richtig formulieren zusammenfassen Inhalte, Aussagen, Zusammenhänge fachsprachlich richtig darstellen komprimiert und strukturiert Operatoren, die Leistungen im Anforderungsbereich II (Reorganisation und Transfer) verlangen: Untersuchen, erschließen n an Texten, Textaussagen, Problemstellungen, Sachverhalten kriterienorientiert bzw. aspektgeleitet arbeiten Operatoren einordnen einen Inhalt, eine Aussage, eine Problemstellung, einen Sachverhalt in einen vorgegebenen oder selbst gewählten Kontext einbeziehen vergleichen Texte, Textaussagen, Problemstellungen, Sachverhalte unter vorgegebenen oder selbst gewählten Aspekten auf der Grundlage von Kriterien gegenüberstellen, in Beziehung setzen und analysieren, um Gemeinsamkeiten, Unterschiede, Teil-Identitäten, Ähnlichkeiten, Abweichungen oder Gegensätze ermitteln zu können erläutern (incl. „erklären“) Textaussagen, Sachverhalte auf der Basis von Kenntnissen und Einsichten differenziert darstellen und durch zusätzliche Informationen und Beispiele veranschaulichen Analyseergebnisse, Textaussagen, Sachverhalte, Problemstellungen mit vorgegebenen oder selbst gewählten Aspekten in Verbindung bringen in Beziehung setzen Operatoren, die Leistungen im Anforderungsbereich III (Reflexion und Problemlösung) verlangen: deuten unter Berücksichtigung des Wechselbezuges von Textstrukturen, Funktionen und Intentionen, der erfassten zentralen strukturbildenden genretypischen, syntaktischen, semantischen und stilistisch-rhetorischen Elemente und ihrer Funktion für das Textganze Ergebnisse der Textbeschreibung in einen Erklärungszusammenhang bringen bewerten wie Operator „beurteilen“, verbunden mit der Offenlegung begründeter eigener Wertmaßstäbe, die sich aus ausgewiesenen Normen und Werten ableiten (kritisch) Stellung die Einschätzung einer Problemstellung, Problemlösung, eines nehmen Sachverhaltes, einer Wertung auf der Grundlage fachlicher Kenntnis und Einsicht nach kritischer Prüfung und sorgfältiger Abwägung formulieren begründen ein Analyseergebnis, Urteil, eine Einschätzung, eine Wertung fachlich und sachlich absichern (durch einen entsprechenden Beleg, Beispiele, eine Argumentation) sich auseinanderzu einer (fachlichen) Problemstellung oder These eine Argumentation setzen mit entwickeln, die zu einem begründeten und nachvollziehbaren Ergebnis führt prüfen, eine Textaussage, These, Argumentation, Analyseergebnis, einen überprüfen Sachverhalt auf der Grundlage eigener Kenntnisse, Einsichten oder Textkenntnis auf ihre/seine Angemessenheit hin untersuchen und zu Ergebnissen kommen entwerfen in Verbindung mit einer Textvorlage auf der Grundlage einer konkreten Arbeitsanweisung einen eigenen Text unter Benennung der notwendigen Entscheidungen und Arbeitsschritte planen gestalten in Verbindung mit einer Textvorlage, auf der Grundlage einer konkreten Arbeitsanweisung einen eigenen Text nach ausgewiesenen Kriterien erarbeiten Operatoren Zur Vertiefung Aufgabenarten Abitur Berufliches Gymnasium Schleswig-Holstein Name: Datum: www.fo-net.de AAA 01 Aufgabenarten „Aus den Unterscheidungen zwischen Textarten und zwischen Erschließungsformen ergeben sich sechs Aufgabenarten. Sowenig die Unterscheidungen zwischen Textarten und zwischen Erschließungsformen in jedem Einzelfall eine eindeutige Zuordnung begründen, sowenig schließt die folgende Aufstellung der Aufgabenarten aus, dass - je nach Aufgabenstellung - Elemente der einen Aufgabenart auch in einer anderen Aufgabenart vorkommen können. Alle Aufgabenarten enthalten einen untersuchenden Teil.“1 Textart Erschließungsform Aufgabenart untersuchend Interpretation eines literarischen Textes erörternd Literarische Erörterung gestaltend gestaltende Interpretation untersuchend Analyse eines Sachtextes erörternd Erörterung auf der Grundlage eines Sachtextes gestaltend Adressatenbezogenes Schreiben Literarische Texte Sachtexte „ Die Arbeitsaufträge der Prüfungsaufgabe müssen erkennbar auf die drei Anforderungsbereiche „Wiedergabe von Kenntnissen“, „Anwenden von Kenntnissen“ und „Problemlösen und Werten“ bezogen sein und ein hinreichend breites Schwierigkeitsspektrum repräsentieren. Dies bedingt eine dreigliedrige Aufgabenstellung. Dementsprechend muss die Art der Bezugnahme der Aufgabe auf Texte und Materialien usw., die im „Themenkorridor Deutsch für Berufliche Gymnasium“ als verbindlich für die Behandlung im Unterricht benannt sind, ausschließen, dass Lösungen auf der Ebene der reinen Reproduktion des im Unterricht Erarbeiteten möglich sind. Das bedeutet auch, dass Aufgabenstellungen nicht aus gängigen Unterrichtswerken ent- 1 Fachanforderungen für die Abiturprüfung im Fach Deutsch, Kiel 7.12.2004, siehe http://lehrplan.lernnetz.de/index.php?wahl=74 (Zugriff am 20.02.2011) nommen werden dürfen. Diese Anforderung wird dann erfüllt, wenn in der Aufgabenkonzeption die drei Anforderungsbereiche lehrplangemäß berücksichtigt werden. Im Interesse der Eindeutigkeit der mit der Aufgabe verbundenen Leistungsanforderungen orientiert sich die Formulierung der Arbeitsaufträge an den Kompetenzformulierungen in den Lehrplänen / EPA. (…) Die Prüfungsaufgabe muss in ihrer Gesamtheit so angelegt sein, dass sie auf unterschiedliche Themenbereiche Bezug nimmt, die angemessene und selbstständige Anwendung fachspezifischer Methoden und Kenntnisse einfordert und den Nachweis übergreifender Kompetenzen erfordert, die von dem Lehrplan verbindlich vorgegeben sind. Damit ist ausgeschlossen, dass sie sich inhaltlich ausschließlich auf einen Schwerpunkt der „Vorgaben“ bezieht. Bei Vorlage der Aufgabe müssen die Bezüge zu den einschlägigen Schwerpunkten der Themenkorridore ausgewiesen werden. Es kann demnach keine Aufgabenstellung geben, die ausschließlich die Analyse des vorgelegten Textes verlangt. Die Aufgabenarten sehen einen weiterführenden Schreibauftrag oder einen Vergleich vor, um eine breite inhaltliche Anforderung zu garantieren. Diese Erweiterungen müssen als solche aber auch konzipiert sein und dürfen sich daher nicht zu eng auf die Thematik des Textes oder des benannten Problems beziehen. Die unterschiedlichen Anforderungsebenen von Kursen mit grundlegendem und erhöhtem Anforderungsniveau müssen z. B. durch den Umfang der zu bearbeitenden Materialien, die Komplexität der Aufgabenstellung oder die zur Bearbeitung der Aufgabe erforderlichen Vorkenntnisse deutlich erkennbar sein.“2 2 Vorgaben für das Zentralabitur 2011/12 in Schleswig-Holstein Berufliches Gymnasium Fach Deutsch vom 10. Juni 2009, Kiel 2009, Seite 5 f. Link zur Vertiefung Literaturepochen Überblick Abiturvorbereitung BG SH Name: Datum: Aufgabenblatt www.fo-net.de LÜA 30 1. Fertigen Sie eine Mindmap zu den Epochen der Literatur der geltenden Themenkorridore Deutsch an! Folgende Angaben sollen enthalten sein: - Dauer der Epoche Bezeichnung der Epoche Je 2 bedeutende Vertreter und Werke Je mindestens 5 Angaben zum Charakter der Literatur Gattungen Themen und Motive Sprache / Stil Figuren technische, wirtschaftliche, soziale Entwicklung 2. Ordnen Sie folgendes Werk in die jeweilige Epoche ein! Begründen Sie mit 5 Fakten, warum es zu dieser Epoche gehört! Beziehen Sie Textbeispiele mit ein! Johann Wolfgang von Goethe : Natur und Kunst 5 10 Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen und haben sich, eh’ man es denkt, gefunden; der Widerwille ist auch mir verschwunden, und beide scheinen gleich mich anzuziehen. Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen! Und wenn wir erst in abgemessnen Stunden mit Geist und Fleiß uns an die Kunst gebunden, mag frei Natur im Herzen wieder glühen. So ist’s mit aller Bildung auch beschaffen: Vergebens werden ungebundne Geister nach der Vollendung reiner Höhe streben. 15 Wer Großes will, muss sich zusammenraffen; in der Beschränkung zeigt sich erst der Meister, und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben. Jakob van Hoddis : Weltende 20 25 Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut, in allen Lüften hallt es wie Geschrei. Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei und an den Küsten - liest man - steigt die Flut. Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen an Land, um dicke Dämme zu zerdrücken. Die meisten Menschen haben einen Schnupfen. Die Eisenbahnen fallen von den Brücken. Gottfried Keller : Sommernacht 30 35 40 45 50 55 60 Es wallt das Korn weit in die Runde Und wie ein Meer dehnt es sich aus; Doch liegt auf seinem stillen Grunde Nicht Seegewürm noch andrer Graus; Da träumen Blumen nur von Kränzen Und trinken der Gestirne Schein, O goldnes Meer, dein friedlich Glänzen Saugt meine Seele gierig ein! In meiner Heimat grünen Talen, Da herrscht ein alter schöner Brauch: Wann hell die Sommersterne strahlen, Der Glühwurm schimmert durch den Strauch, Dann geht ein Flüstern und ein Winken, Das sich dem Ährenfelde naht, Da geht ein nächtlich Silberblinken Von Sicheln durch die goldne Saat. Das sind die Bursche jung und wacker, Die sammeln sich im Feld zuhauf Und suchen den gereiften Acker Der Witwe oder Waise auf, Die keines Vaters, keiner Brüder Und keines Knechtes Hilfe weiss Ihr schneiden sie den Segen nieder, Die reinste Lust ziert ihren Fleiss. Schon sind die Garben festgebunden Und rasch in einen Ring gebracht; Wie lieblich flohn die kurzen Stunden, Es war ein Spiel in kühler Nacht! Nun wird geschwärmt und hell gesungen Im Garbenkreis, bis Morgenluft Die nimmermüden braunen Jungen Zur eignen schweren Arbeit ruft. Links zur Vertiefung im Text Literaturepochen Überblick Abiturvorbereitung BG SH Name: Datum: Lösungsblatt www.fo-net.de LÜL 30 1. Fertigen Sie eine Mindmap zu den Epochen der Literatur der geltenden Themenkorridore Deutsch an! Folgende Angaben sollen enthalten sein: - Dauer der Epoche Bezeichnung der Epoche Je 2 bedeutende Vertreter und Werke Je mindestens 5 Angaben zum Charakter der Literatur Gattungen Themen und Motive Sprache / Stil Figuren technische, wirtschaftliche, soziale Entwicklung MindMap auf der Grundlage von deutsch.kompetent, Kett, Stuttgart 2009 und von www.fo-net.de : 2. Ordnen Sie folgendes Werk in die jeweilige Epoche ein! Begründen Sie mit 5 Fakten, warum es zu dieser Epoche gehört! Beziehen Sie Textbeispiele mit ein! Johann Wolfgang von Goethe Natur und Kunst Weimarer Klassik Gedankliche Gliederung Interpretation Jakob van Hoddis Weltende Expressionistische Lyrik Interpretation Gottfried Keller Sommernacht Poetischer Realismus Interpretation Link zur Website Weimarer Klassik Epochenmerkmale Abiturvorbereitung BG SH Name: Datum: www.fo-net.de WKM 30 Theobalb von Oer: Der Weimarer Musenhof. Ölgemälde, 1860. Friedrich Schiller liest im Tiefurter Park. Unter den Zuhörern ganz links (sitzend) Wieland und rechts (stehend) Goethe. Ausgangspunkte, Zeitraum, Definition und Merkmale der Weimarer Klassik Es ist kein genaues Jahr zu definieren, Kennzeiin dem die Weimarer Klassik ihren chen und Merkmale Anfang hat. Im Allgemeinen wird aber Definition und vom Beginn der Weimarer Klassik mit Begriff der Italienreise Goethes 1786 Ausgangspunkte gesprochen. Das Ende, dieser Epoche wird auf Schillers Tod 1805 datiert. Abgesehen von Goethe und Schiller gab es keine großen Absprachen zwischen diesen großen Vier, oder den anderen Lyrikern dieser Zeit, die sich nicht in die Früheromantik einnorden lassen. Der gemeinsame Nenner all dieser Lyriker bildet lediglich Weimar. Weimarer Klassik Epochenmerkmale Seite 1 1. Die Ausgangspunkte und Aus dem durch Winckelmann vermittelten Kulturmodell der griechischen Antike (Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und in der Bildhauerkunst / Geschichte der Kunst des Altertums) wird.. die Merkmale das Harmoniestreben Aus der Politisierung der Intellektuellen in der Vorphase der Französischen Revolution wird.. Die rohe Natur soll nicht ausgerottet, sondern kultiviert werden. die Lehre vom Erhab enen (Schiler) Das Grundkonzept der Weimarer Klassik: Das Humanitätsideal beinhaltet vor allem das Schöne (die Harmonie), das Gute (die moralische Leistung)und das Wahre ( die Idee des Menschen). Form und Individualität erfordern die freiwillige Unterordnung und Begrenzung im Sinne der ästhetischen Erziehung. die Idee einer sittlichen (Welt-) ordnung /das Humanitätsideal Die Formgebung Aus der Gefühlskultur des Sturm und Drang wird..., Die Individualität wird zum idealen Typus, sie unterwirft sich freiwillig der Anerkennung von Maß und Grenzen. Voraussetzungen: In E n g l a n d hatte sich das BÜRGERTUM schon im 16. . Jahrhundert und in den Niederlanden im 17. Jahrh. durchgesetzt. In Deutschland wurde das BÜRGERTUM immer unzufriedener mit den anachronistisch gewordenen Verhältnissen. Die Verlage gewannen an Bedeutung, da das Urheberrecht vor unerlaubten Nachdrucken zu schützen begann.Dadurch wurden die Autoren vom Mäzenatentum der Höfe unabhängiger . Die ständische Orientierung der Literatur nahm ab, die Dichtung wurde k ü n s t l e r i s c h e r statt lehrhaft zu sein wie in der Aufklärung. Zeitgeschichte: Nach Heine ist diese Zeit zwischen 1789 und 1830 von der übermächtigen Gestalt GOETHEs geprägt. Die Entwicklung in Deutschland war stark vom Nachbarland Frankreich beeinflusst. Die Reformen vollzogen sich in Deutschland in mehreren Anläufen: Allgemeines Landrecht 1794 / Stein-Hardenbergsche Reformen seit 1806. Gleichzeitig fanden spektakuläre Auseinandersetzungen statt : Polnische Teilungen, Koalitionskriege, Napoleonische Kriege, Befreiungskriege. Gesellschaftlich vollzog sich die Bauernbefreiung, die Gewerbefreiheit, die Transformation des Handwerks in eine industrielle Produktion. Die Modernisierung erfolgte in einem abgelebten Regime. Erst der Wiener Kongress (1815) ordnete das Heilige Römische Reich Deutscher Nation neu. Aus 314 selbstständigen Territorien und 1.400 Reichsritterschaften wurden 39 Einzelstaaten, darunter 4 freie Reichsstädte. Im Vergleich zu den umliegenden Nationalstaaten war Deutschland zwar hoffnungslos zersplittert, aber die Entwicklung zur Bismarckschen Reichsgründung Weimarer Klassik Epochenmerkmale Seite 2 Aus Kants Philosophie wird... hatte begonnen. Die Ambivalenz von Befreiung und Restauration schlug sich z.B. bei E. M. ARNDT und TH. KÖRNER in einer national geprägten Literatur nieder. Die relative Einheitlichkeit der Literatur von Gottsched bis zu den Stürmern und Drängern ging verloren. 1789 schaute das deutsche Bürgertum zunächst neidvoll nach Frankreich. Klopstock begrüßte die Revolution als des “Jahrhunderts edelste That”. Resignation trat erst mit den Schrecken über zunehmende Greueltaten in Frankreich auf. 1794 fiel die Jakobinerdiktatur, 1795 schloss Preußen einen Seperatfrieden mit den Franzosen. Die Schriftsteller hofften auf Frieden. In der Literatur wurde verstärkt die Frage diskutiert, ob Aufklärung zur Revolution führe. SCHILLER formulierte in den HOREN das Konzept der Klassik, das man, um jenes "politische Problem in der Erfahrung zu lösen, durch das Ästhetische den Weg nehmen muß, weil es die SCHÖNHEIT ist, durch welche man zur Freiheit wandert.” Folgende literarische Richtungen entstanden (vertreten durch beispielhaft genannte Autoren) in dieser Zeit: Hauptvertreter Bezüge Georg Forster (deutscher Jakobiner) Französische Revolution Goethe Jean Paul August Friedrich Schlegel Antike-Bezug Mittelalterbezug Weitere Autoren Seume Rebmann Schiller historische Meisterdramen Volksgemäße Dichtung Hölderlin Programm / Genre Ideen und Konzepte Reisejournalismus klassisches Kunstprogramm Revolutio nsideale Die Jakobiner vertraten gegen die Klassiker und die Romantiker das Konzept der eingreifenden Literatur. Das Konzept der Stürmer und Dränger wurde mit dem der Parteilichkeit verbunden. Die Klassik ging von der Unreife der deutschen Verhältnisse aus. Gesellschaftliche Veränderung sollte durch Literatur bewirkt werden. Als Voraussetzung für den Wandel wurde die sittliche Besserung der Gesellschaft angesehen (SCHILLER: Über die ästhetische Erziehung). Diese Veredelung konzentrierte sich durch den geringen Grad der Alphabetisierung auf eine kleine bürgerliche Elite. In den 20 Jahren gab es die großen Einzelgä nger HÖLDER LIN, KLEIST und JEAN PAUL Weimarer Klassik Epochenmerkmale (siehe Kleistjahr 2011) Ludwig Tieck Wilhelm Wackenroder Die Romantiker wünschten für Deutschland keine Revolution. Vielmehr brachen sie mit dem Konzept der sozialen Funktion der Kunst. Der Autonomieanspruch richtete sich programmatisch gegen die feudale und klerikale Indienstnahme der Kunst. Es sollte eine poetische Gegenwelt zur verachteten Realität der Spießer und Philister entworfen werden. Seite 3 andererseits kommt Unterhaltungsliteratur auf, in der in Romanen soziale Vorgänge und Lebenschicksale geschildert werden : Salzmann : Carl von Carlsberg oder über das menschliche Elend (Leipzig 1783-87) Darstellung des Elends Christian Heinrich Spiess : Reisen durch die Höhlen des Unglücks und die Gemächer des Jammers (1796) Carl Gottlob Cramer : Leben und Meinungen auch seltsame Abenteuer Erasmus Schleichers eines reisenden Mechanikus (1789/91) Johann Christian Ludwig Haken Graue Mappe aus Ewald Rinks Verlassenschaft (1790/95) Thema: Kritik am parasitären Leben des Adels Christian August Vulpius : Rinaldo Rinaldini (Volltext) Weimarer Klassik: Im Herbst 1786 tritt Goethe aus Enttäuschung über Misserfolge bei der Reform im aufklärerischen Geist in Weimar die Italienreise an. Antike Kunstdenkmäler erscheinen ihm als Zeugnisse einer Vergangenheit in ungezwungener und ungekünstelter Schönheit. GOETHE arbeitet an den Dramen - Manuskripten IPHIGENIE, TASSO und FAUST. IPHIGENIE auf TAURIS (1787) ist an das antike Werk von EURIPIDES angelehnt. lphigenie rettet Ritualopfer nicht mit List, sondern durch vorbildliches ethisches Handeln. Moralische Würde ist die Leistung des Einzelnen. TORQUATO TASSO (1790) stellt den Konflikt zwischen dem künstlerischen Streben und der Lebensrealität dar ( Konflikt am Weimarer Hof). TASS0 wird als potenzierter Werther genannt. GOETHE und SCHILLER glaubten, in der Antike ein universelles Kulturmodell gefunden zu haben. Der deutsche Mythos vom griech. Altertum war bestimmt durch die Idee von der Harmonie von Geist und Körper. SCHILLERs Gedicht 'Die Götter Griechenlands' formuliert die Annahme von einer Zeit, in der die Götter menschlicher und die Menschen göttlicher waren. Das Weiß der Gipsabdrücke, die WINCKELMANN beschrieben hat, verbindet sich mit den Farben der Trikolore. Die griechische Polis und die Römische Republik wurden zum Ideal des Bürgertums, das sich durch den höfischen Repräsentationsstil angewidert sah. Doch Frankreichs Veränderungen, so fürchtete man in Deutschland, würden die mühsam erkämpften Errungenschaften gefährden. GOETHE neigte dazu, die bürgerliche Ordnung unter Führung einer Elite zu festigen. GOETHE Und SCHILLER glaubten an die Aufhebung der deutschen Rückständigkeiten im Kosmopolitischen. Stilistisch wurden folgende Veränderungen vorgenommen: Weimarer Klassik Epochenmerkmale Seite 4 VERS verdrängt PROSA LYRIK lehnt sich an antike, klassische Muster an. SCHILLER formulierte Visionen vom ganzen Menschen, der nicht durch partielle Interessen eingeschränkt ist: ÜBER DIE ÄSTHETISCHE ERZIEHUNG DES MENSCHEN (1795). SCHILLERs letzteLebensjahre gehörten großen Dramen WALLENSTEIN (1800) mit 3 Teilen 1. WALLENSTEINS LAGER 2. DIE PICCOLOMINI 3. WALLENSTEIN TOD MARIA STUART (1801) DIE JUNGFRAU VON ORLEANS (1802) WILHELM TELL (1804) DIE BRAUT VON MESSINA (1803) u.a. GOETHE arbeitete am FAUST weiter. In den WAHLVERWANDTSCHAFTEN befasst er sich mit Ehen/Ehekrisen und im WESTÖSTLICHEN DIVAN (1819) entwirft er eine Psychologie der Erotik. Seine Autobiographie AUS MEINEM LEBEN, DICHTUNG UND WAHRHEIT erschien zwischen 1811 und 1831. Die Neigung beider Autoren, sententiös zu formulieren, führte beim gebildeten Bürgertum zur Zitatomanie. Wie geeignet die Texte zu diesem Zweck sind, macht folgender LEHRBRIEF aus WILHELM MEISTERS LEHRJAHRE deutlich: Lehrbrief Die Kunst ist lang, das Leben kurz, das Urteil schwierig, die Gelegenheit flüchtig. Handeln ist leicht, Denken schwer; nach dem Gedanken handeln unbequem. Aller Anfang ist heiter, die Schwelle ist der Platz der Erwartung. Da Knabe staunt, der Eindruck bestimmt ihn. Er lernt spielend, der Ernst überrascht ihn. Die Nachahmung ist uns angeboren, das Nachzuahmende wird nicht leicht erkannt. Selten wird das Treffliche gefunden, seltner geschätzt. Die Höhe reizt uns, nicht die Stufen; den Gipfel im Auge wandeln wir gerne auf der Ebene. Nur ein Teil der Kunst kann gelehrt werden, der Künstler braucht sie ganz. Wer sie halb kennt, ist immer irre und redet viel; wer sie ganz besitzt, mag nur tun und redet selten oder spät. Jene haben keine Geheimnisse und keine Kraft, ihre Lehre ist wie gebackenes Brot, und sättigend fur einen Tag; aber Mehl kann man nicht säen und die Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden. Die Worte sind gut, sie sind aber nicht du Beste. Das Beste wird nicht deutlich durch Worte. (...) Weimarer Klassik Epochenmerkmale Seite 5 WEIMARER KLASSIK: Schlagen Sie folgende Begriffe nach (Lösungsblatt) 1. BEGRIFF: 1.1. Was ist 'klassisch'? (Stilbegriff) 1.2. Was ist 'Klassik' als Epoche? 1.3. Welche allgemeinere Bedeutung hat der Begriff 'klassische Musik usw.’? 2. KLASSIZISMUS. Erläutern Sie diesen Begriff am Beispiel des Treppenhauses des Weimarer Schlosses! 3. LITERATUR 3.1. Warum sagt man der Literatur der Renaissance/des Humanismus klassizizistische Züge nach ? 3.2. In Deutschland bereiteten M. OPITZ (im 17. Jh.) und CHR: GOTTSCHED (im 18. Jh.) die Klassik mit vor. Worin sehen Sie diese Vorbereitung ? 3.3. Die WEIMARER KLASSIK ist nur im zeitgeschichtlichen, philosophischen und literaturgeschichtlichen Zusammenhang zu verstehen. Stellen Sie den Zusammenhang auf verschiedenen Ebenen her! 3.3.1.zur Französischen Revolution: 3.3.2.zum Sturm und Drang: 3.3.3. zur Aufklärung: 3.3.4. zur Antike: 3.5. Welches Konzept verfolgt Goethe in seinem Bildungsroman 'Wilhelm Meister' 4. Nennen Sie weitere wichtige Werke Goethes und Schillers! Weimarer Klassik Epochenmerkmale Seite 6 Link zur Vertiefung Epochenüberblick zur Abiturvorbereitung BG SH Weimarer Klassik Name: Datum: www.fo-net.de LÜA 50 Dauer und Bezeichnung der Epoche 1786 reist Goethe – dem Antikenideal sich auch räumlich annähernd - nach Italien. Am 22. März 1832 stirbt Goethe in Weimar. Bedeutende Vertreter und Werke Das „Viergestirn“ Wieland, Goethe, Herder und Schiller in Weimar wirkte – im Verständnis des 19. Jahrhunderts – in Weimar. Mindestens fünf Angaben zum Charakter der Zeitstrahl Literatur Auseinandersetzung mit Französischer Revolution: Die Lehre vom Erhabenen (Schiller) - Aus Gefühlskultur des Sturm und Drang wird Anerkennung von Maß + Grenzen. Aus Kants Philosophie wird Idee einer sittlichen (Welt-)ordnung /das Humanitätsideal. Aus Winkelmanns Ideen wird Humanitätsideal. Orientierung an menschlich-ethischen Werten:Zeitlosigk. Gattungen Antike Formen: Elegie, Ode, Tragödie, Epos Bildungsroman Lied, Ballade, Sonett Gedankenlyrik Ästhetische und historische Schriften Themen und Motive Der umfassende, allseits gebildete Mensch Allseitige Entwicklung und sittliche Läuterung des Individuums Antikenideal Epochenmerkmale Sprache und Stil Umfassende Verwendung rhetorischer Figuren Hypotaktischer Satzbau Metrische Sprache 1787 Figuren Figuren als Träger von Ideen (Wahrheit versus Macht / Humanität versus Fremdbestimmung: Iphigenie) Polarität von Mann und Frau (Kämpfer und Bewahrerin) 1790 1795 1800 1805 Goet he: Iphig enie auf Taur as Schil ler: Über Anm ut und Wür de Höld erlin: Hyp erion (179 7– 99) Schil ler: Wilh elm Tell (180 4) Zeitstrahl 1810 1815 Goet he: Faus tI (180 8) Vulp ius: Rina ldo Rina ldini (179 9) 1820 Kleis t: Mich ael Kohl haas (180 9) Technische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Entwicklung 1789 Frankreich: Französische Revolution 1813 Deutscher Unabhängigkeitskampf 1785 Erste Versuche mit Gasbeleuchtung 1832 Telegraphenlinie Berlin - Koblenz 1790 Deutschland: Erste Gewerbeausstellung (Hamburg) 1825 1830 Werke 1832 Goet he: Wah lver wan dtsch aften 1809 ) Goet he: Faus t Der Tr. Zwei ter Teil Link zur Website Weimarer Klassik Technikentwicklung Abiturvorbereitung BG SH Name: Datum: www.fo-net.de WKT 30 Technische Entwicklungen von 1786 - 1832 Überlegen Sie, welche gesellschaftlichen Auswirkungen die technischen Neuerungen hatten und ergänzen Sie die Spalte 2! Zeit Technische Neuerung 1786 Deutschland und England: Erste Versuche mit Gasbeleuchtung 1787 Ernst Chladni entdeckt Klangfiguren tönendschwingender Platten Hochfrequenztechnik und der Konzertsaalarchitektur werden ausdifferenziert 1788 England: Raddampfer USA: Schrauben-Dampfschiff Verbesserung der Manövrierfähigkeit 1789 Erzeugung von Gusseisen im Kupolofen 1790 England: Inbetriebnahme des ersten Walzwerkes mit Dampfkraft, Maschine zur Herstellung von Nägeln 1791 Deutschland: Dachpappe 1792 England: Steinkohlengas zur Beleuchtung; Kehrwalzwerk zur Blechherstellung 1793 USA: Baumwollkörnungsmaschine Georg Joseph Beer: Lehre von den Augenkrankheiten Frankreich: Musterwebstuhl 1794 Paris: Gründung der ersten Technischen Hochschule Deutschland: Bleistiftfabrikation 1795 England: Inbetriebnahme der ersten Pferdeeisenbahn USA: Automatische Getreidemühle Deutschland: Erster Kokshochofen Europas in Gleiwitz England: Erste Dampfwagenmodelle 1796 Alois Senefelder erfindet Steindruck Edward Jenner begründet Pockenschutzimpfung Australien: Entdeckung von Steinkohle 1797 28.10. Paris: Jacques Garnerin wagt den ersten Fallschirmsprung aus einem Ballon Gesellschaftliche Auswirkung 1798 USA: Dampfboot 1799 Deutschland: Erste Dampfmaschinen im Bergbau des Ruhrgebietes 1801 Deutschland: Zuckergewinnung aus Runkelrüben 1802 Deutschland: Schnellpresse für Buchdruck (Friedrich König) 1803 Dampfschiff auf der Seine 1804 England: Erste einsatzfähige Dampfmaschine 1805 Schmetterlingsbrenner für Gasbeleuchtung 1806 Frankreich: Patent auf Verbrennungsmotor (bleibt ungenutzt) 1807 USA: Dampfschiff mit Schaufelrädern 1808 Frankreich: Mechanischer Webstuhl 1809 England: Erfindung des Schleudergusses; Flugzeugmodelle 1810 Albrecht Thaer: Grundsätze der rationellen Landwirtschaft 1811 Deutschland: Stahlgießerei und Maschinenfabrik in Altessen (Krupp) 1812 England: Beginn der europäischen Dampfschifffahrt 1813 England: Erste verwendungsfähige Lokomotive 1816 Erste Wetterkarten 1818 Ritterburg in Wetter wird zu einer Maschinenfabrik umgebaut 1819 Raddampfer “Savannah” fährt in 26 Tagen von den USA nach Europa Schnellpostverkehr 1820 André Marie Ampère findet Kraftwirkung zwischen elektrischem Strom Erste Eißengießerei und Maschinenbauanstalt in Berlin 1821 Michael Faraday findet Grundlage des Elektromotors 1822 Mechanischer Webstuhl (Richard Roberts) 1824 England: Patent für Portlandzement 1825 Eisenbahnstrecke mit Personenverkehr Stockton - Darlington 1826 Regelmäßige Schiffsverbindung Bremen - New York 1827 Friedrich Wöhler gewinnt Aluminium aus Tonerde 1831 England: Dampfomnibuslinie 1832 Deutschland: Optische Telegraphenlinie Berlin Koblenz Dampfpflug Das Zeitungswesen erlebte eine rasche Ausbreitung Link zur Website Weimarer Klassik Zeitgeschichte Abiturvorbereitung BG SH Name: Datum: www.fo-net.de WKZ 30 Zeitgeschichte von 1786 - 1832 Überlegen Sie, welche Auswirkungen die zeitgeschichtlichen Ereignisse auf die Literatur hatten und ergänzen Sie diese! Jahr Zeitgeschichtliches Ereignis Gesellschaftliche Auswirkung 1786 Preußen: König Friedrich Wilhelm II. 1787 England: Erklärung Australiens zur Strafkolonie 1788 Frankreich: Schwere Missernte; Höhepunkt der revolutionären Situation; Welle von Bauernunruhen; Verdoppelung der Deputierten im dritten Stand 1789 Frankreich: Französische Revolution (5.5.: Eröffnung der Generalstände, 20.6.: Schwur im Ballhaus, 9.7.: Umbildung der Generalstände zur Verfassung gebenden Nationalversammlung, 14.7.: Sturm auf die Bastille (Augustdekrete über die teilweise Aufhebung der Feudallasten), 26.8.: Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte USA: Inkrafttreten der Verfassung (Annahme der Bill of Rights 25.9.) 1790 Frankreich: Einteilung des Landes in 83 Departements 1791 Frankreich: Gescheiterter Fluchtversuch Ludwigs XVI ( 20.21.6.); erste Spaltung des Jakobinerklubs 1792 1. Koalitionskrieg (bis 1797): Österreich und Preußen gegen Frankreich, 2. Spaltung des Jakobinerklubs 1793 Frankreich: 31.5.: Eröffnung des Bürgerkrieges durch die Girondisten, 13.7.: Ermordung Jean Paul Marats Deutschland: Mainzer Republik durch Georg Forster Haiti: Intervention spanischer und englischer Truppen 1794 Preußen: Allgemeines Landrecht Frankreich: 28.7.: Sturz Robespierres und Hinrichtung; 12.11. Schließung des Jakobinerklubs 1795 Preußen: Ausscheiden aus der Koalition gegen Frankreich Frankreich: Wiedereröffnung der Börse, Hungeraufstände in Paris, Frieden mit Preußen und Spanien, Regierung des Direktoriums; Niederschlagung des royalistischen VendémiaireAufstandes u.a. durch Napoleon Bonaparte Italien: Jakobinische Nationalbewegung (Buonarotti) Cuba: Schwarzen- und Mulattenaufstand 1796 10.4.: Beginn von Bonapartes Italienfeldzug, Siege über Sardinien und Österreich Russland: Willkürherrschaft Zar Paul. I 1797 Im Verlauf der cisrhenanischen Bewegung (Bewegung links des Rheins für den Anschluss an die Republik Frankreich) Abschaffung der Feudalordnung Preußen: König Friedrich Wilhelm III. 1798 Schlesien: Weberaufstand Ägyptenfeldzug Bonapartes Rom: Ausrufung der Republik 1799 Deutschland: ca. 74 % der Bevölkerung leben auf dem Lande (1907 nur noch 27 %) 1800 Napoleon erobert Mailand und München 1801 Frankreich: Angliederung der deutschen linksrheinischen Gebiete Haiti: Aufhebung der Sklaverei 1802 2.8. Napoleon wird Konsul auf Lebenszeit Spanien: letztes Todesurteil der spanischen Inquisition 1803 Deutschland: Reichsdeputiertenhauptausschuss (von Frankreich erzwungene Aufhebung der feudalstaatlichen Zersplitterung) 1804 Preußen: Karl August Fürst von Hardenberg wird Außenminister Frankreich: 21.3.: Verkündung des Code Civil: Napoleon I,, Kaiser der Franzosen Haiti: 1.1.: Proklamation der Unabhängigkeit durch Jean-Jacques Dessalines (Kaiser Jacob I.) 1805 Frankreich: Dritter Koalitionskrieg; Eroberung Wiens, Seeschlacht von Trafalgar (Vernichtung der französischer Flotte), Dreikaiserschlacht bei Austerlitz (französischer Sieg) Deutschland: 29 Mio Einwohner 1806 Gründung des Rheinbundes Schlacht bei Jena und Auerstädt (Vernichtung der preußischen Armee); Napoleon verkündet in Berlin die Kontinentalblockade gegen England 1807 Preußen: Reichsfreiherr vom und zum Stein wird ltd. Minister: Preußische Reformen, u.a. Bauernbefreiung Frankreich: Frieden von Tilsit mit Preußen und Russland 1808 Erfurter Fürstenkongress: Napoleon trifft den Zaren und die Rheinbundfürsten Preußen: Steinsche Städtereform; Napoleon ächtet Stein als Feind Frankreichs 2.5. Spanien: Volksaufstand in Madrid: Unabhängigkeitskampf des spanischen Volkes; Juni: Joseph Bonaparte wird König USA: Einfuhrverbot von Sklaven 1809 Preußen: Auszug des Schillschen Regiments zum Kampf gegen die Franzosen 1810 Preußen: Gewerbefreiheit Spanisch-Amerika: Beginn des Unabhängigkeitskrieges Unabhängigkeitskrieg in Mexiko 1811 England: Höhepunkt der Maschinenstürmerei (b. 1812) 1812 Preußen: 11.3. Staatsbürgerliche Gleichstellung der Juden Frankreich: 23./24.6.: Große Armee überfällt Russland; Besetzung Moskaus; Niederlage gegen Russland schwächt französisches Kaiserreich entscheidend 1813 Deutscher Unabhängigkeitskampf: 5.2.: Volksbewaffnung in Ostpreußen; Bündnis Preußen-Russland; 17.3.: Landwehrordnung; 16.-19-10.: Völkerschlacht bei Leipzig (entscheidende Niederlage Napoleons) 1814 Abdankung Napoleons; Wiener Kongress (bis 9.6.1815): Bildung der Heiligen Allianz und des Deutschen Bundes (Beginn der Restaurationszeit) 1815 Preußen: Verfassungsversprechen des Königs Frankreich: Rückkehr Napoleons; Niederlage bei Waterloo; Abdankung und Verbannung Napoleons Gründung des Deutschen Bundes und der Heiligen Allianz (Österreich, Russland, Preußen) 1816 Deutschland: Missernte, Hungersnot, Viehsterben (bis 1817) 1817 18./19.10. Wartburgfest deutscher Studenten (Lektüreempfehlung: T. Röhrig: Sand) 1818 Jena: Die Allgemeine deutsche Burschenschaft stellt bis 1830 die einzige oppositionelle Vereinigung unterschiedlicher Weltanschauungen dar. 1819 Württemberg: Verfassung 1820 23.3. Sand ermordet Kotzebue Karlsbader Beschlüsse: Universitäts-, Presse- und Untersuchungsgesetz sowie Exekutionsverordnung (sog. 1. Demagogenverfolgung) 31.12.: Sieg der preußischen Reaktionspartei Preußen: Turnverbot Spanien und Portugal: Bürgerliche Revolutionen 1821 Österreich: Metternich wird Staatskanzler 1830 Frankreich: 27./29.7.: Sturz der Bourbonenherrschaft und Proklamation Louis-Philippes zum “Bürgerkönig” Deutschland besteht aus 34 souveränen Staaten und 4 Freien Städten. Von 1825 bis 1835 wächst die Bevölkerung von 25 auf 35 Mio Menschen. 1831 Deutschland: Sympathiekundgebungen für den Kampf des polnischen Volkes 1832 27.5. Hambacher Fest: 30.000 Patrioten bekennen sich zum demokratisch-föderalen Nationalstaat 26.6. u. 5.7. Bundestagsbeschlüsse zur sog. 2. Demagogenverfolgung Kompetenzbereich Einen dramatischen Text analysieren Einen dramatischen Text analysieren [email protected] 1 Einen dramatischen Text analysieren Zielsetzung Die folgenden Seiten sind so konzipiert, dass sie einen Überblick darüber vermitteln, welche zentralen Aspekte beim Umgang mit dramatischen Texten und beim Schreiben durch die Kompetenzvorgaben der Lehrpläne zu berücksichtigen sind. Der Lehrplan für die Berufsfachschule I Deutsch (Nr. 3024.22.150 vom August 2008) formuliert die Kompetenz der „kriteriengeleiteten Texterschließung“ (S. 16) auf der Grundlage der der KMKBildungsstandards. Der Lehrplan für das Berufliche Gymnasium ebenfalls vom August 2008 fordert eine Ausdifferenzierung und Kontextualisierung der Textanalyse, indem er vorgibt: Die Schülerinnen und Schüler „… erschließen und bewerten Inhalte und Formen von Literatur (…) unterschiedlicher Epochen und Stile in ihrer medialen Repräsentanz.“ (S. 22) Einen dramatischen Text analysieren [email protected] 2 Einen dramatischen Text analysieren Vorbemerkung Die Komplexität der mit den Kompetenzen beschriebenen Anforderungen macht es erforderlich, dass die Kompetenzen in Teilaufgaben erworben und gesichert werden müssen. Diese Übersicht liefert der Lehrkraft Instrumente für die Entwicklung von Unterricht. Eher kontraproduktiv für das Lernen wäre es, den Schülerinnen und Schülern in oder vor Überprüfungssituationen jeweils diese gesamte Übersicht zur Verfügung zu stellen, die die Komplexität der Anforderungen beschreibt und zugleich als Basis für eine Beurteilung der Leistungen für Lehrkräfte dient (im Sinne einer Drohung: Das alles müssen Sie können). Die Aspektfülle würde die Schülerinnen und Schüler eher verunsichern. Die Übersicht ist differenziert und aspektreich, sie ist jedoch keine Anleitung zum Verfassen Textinterpretationen. Jeder Text erfordert andere individuelle, intuitive Zugänge als auch Schwerpunktsetzungen. Die Übersicht hilft der Lehrkraft bei der Vorbereitung, führt bei Lernenden jedoch eher zu einem schematischen Vorgehen. Schülerinnen und Schüler haben in Überprüfungssituationen selten genug Zeit für solch umfängliche Be- und Überarbeitungen aller Aspekte der Aufgabe. Einen dramatischen Text analysieren [email protected] 3 Einen dramatischen Text analysieren I. Aufbau einer Textinterpretation: • Einleitung: Der Autor des Textes, Titel, Textsorte, das Erscheinungsjahr, Ort, Zeit (, Hauptfiguren ) und die Kernthematik des Textes werden in einem Satz wiedergegeben. • Inhaltsangabe: Der Inhalt des Textes wird verkürzt wiedergegeben. Dabei wird weniger auf Details geachtet, wichtiger sind der Verlauf der Erzählung, die wichtigsten Charaktere und die wesentlichen Ereignisse (Präsens, keine Zitate oder Sprache des Textes, Vermeiden von Charakterisierungen). • Interpretationshypothese: Sie soll das eigene Textverständnis erklären und kurz skizzieren, welches Ziel die Interpretation hat . • Formale Analyse: Der Text wird vor allem auf Besonderheiten der Wortwahl, Formen des Satzbaus und der Satzverknüpfungen und auf rhetorische Besonderheiten hin analysiert. • Interpretation: Der Text wird entsprechend der Interpretationshypothese gedeutet. Wichtig sind dabei Zitate entscheidender Textstellen, die die Hypothese belegen. Auch auf sprachliche Stilmittel kann hingewiesen werden (verlaufs- oder aspektorientiert). • Schluss: Der Schluss besteht meist aus einer zusammenfassenden Bewertung der eigenen Hypothese, um sie nochmals zu bekräftigen. Einen dramatischen Text analysieren [email protected] 4 Einen dramatischen Text analysieren II. Interpretationshypothese(n) : Sie soll(en) das eigene Textverständnis erklären und kurz skizzieren, welches Ziel die Interpretation hat. Stellen Sie in diesem Zusammenhang folgende Fragen an den Text: • Warum handeln die Personen so, wie sie handeln? Stellen Sie, von dieser Frage ausgehend, weitere Fragen, die die tiefere Bedeutung des Textes erschließen. Einen dramatischen Text analysieren [email protected] 5 Kompetenzbereich : Einen dramatischen Text analysieren Aspekte: -Thema/Stoffe/Motive – Gattung – Literaturepoche - Aufbau - Aspekte: Kommunikationssit uation im Drama - Haupt- und Nebentext - Redeformen - Figurenrede - Gestik - Mimik Aspekte: Die Handlungsstruktur beschreiben Kommunikation und Sprache Wirkung Raum- und Zeitstruktur - Einheit des Ortes/der Zeit gegeben oder nicht gegeben - Qualität des Raumes - Qualität der Zeit - Lokalisierungsund Datierungstechniken Figuren Aspekte: Aspekte: -Kontextualisierung - Wirkungsabsicht - Rezeption Einen dramatischen Text analysieren [email protected] Konstellation Konfiguration Konzeption Figurencharakterisierung und ihre Techniken 6 Kompetenzaspekt : Die Handlungsstruktur beschreiben Teilaspekte: - Anzahl der Regieanweisungen – Welche symbolische Bedeutung können Ort und Regieanweisungen haben? Teilaspekte: Bauform (geschlossen/offen; analytisches/Ziel-[= Konflikt]drama) Akt- und Szenengliederung Komposition (ggf. symmetrisch-pyramidaler Aufbau; G. Freytags Modell mit Exposition, Steigerung, Höhepunkt, Peripetie und Katastrophe/Lösung) Handlungsstruktur: Hauptund Nebenhandlung(en); aufsteigende/fallende Handlung (erregendes Moment, retardierendes Moment, Moment der letzten Spannung) Teilaspekte: Regieanweisungen Aufbau Bedeutung im Kontext Teilaspekte: Positionierung der Szene im Drama; Einordnung in die Entwicklung des Dramas Kontext Weitere strukturelle Merkmale biografischer, sozialhistorischer, geistesgeschichtlicher, literarhistorischer und poetologischer (dramentheoretischer) Kontext (= Entstehungsbedingungen) als Argumentationshilfe zur Klärung bestimmter Textphänomene Zeitstruktur; besondere strukturelle Merkmale ( z.B. episches Theater), Motive und ihre Entwicklung Einen dramatischen Text analysieren [email protected] 7 Mögliche Fragen zur Handlungsstruktur Hinweis: Die nachstehenden Aspekte müssen immer im Hinblick auf ihre Funktion untersucht werden. Es müssen die Fragestellungen ausgewählt werden, die für die konkrete Analyseaufgabe und den vorliegenden Text fruchtbar sind. • Wie ist die Szene aufgebaut? • Welche Bedeutung hat die Szene im Kontext? • Welche Funktion hat die Szene für die Struktur des Dramas ? • Gibt es Rückverweisungen ? Einen dramatischen Text analysieren [email protected] 8 Kompetenzaspekt : Wirkung auf den Zuschauer erläutern - Welche Bezüge zur Autorin bzw. zum Autor und zum literaturgeschichtlichen Hintergrund lassen sich herstellen? Mittel der Rezeptionssteuerung (Zuschauer /Sympathielenkung u.ä.) Der niedere Stil Wirkungsabsicht: belehren, informieren: Der mittlere Stil Wirkungsabsicht: erfreuen, unterhalten: Der hohe Stil Wirkungsabsicht: das Erregen von starken Affekten Kontextualisierung Wirkungsabsicht Rezeption Einen dramatischen Text analysieren [email protected] Wie ist die Bedeutung des Dramas für die zeitgenössischen Leserinnen/Leser und Zuschauerinnen/Zuschauer? • Welche Bedeutung hat das Thema? • Wie wirkt das Drama auf die heutigen Leserinnen/Leser und Zuschauerinnen/Zuschauer? • Welche gesellschaftliche Funktion hat(te) das Drama? 9 Folie 9 JB16 Jürgen; 28.08.2010 JB17 Jürgen; 28.08.2010 JB18 Jürgen; 28.08.2010 JB19 Jürgen; 28.08.2010 JB20 Jürgen; 28.08.2010 Kompetenzbereich : Die Figuren beschreiben und vergleichen Die Figuren des dramatischen Textes handeln in Beziehungen mit anderen Figuren und gehen dabei dynamische Interaktionsstrukturen ein. Diese dynamischen Strukturen bei der Figurengestaltung basieren im Allgemeinen auf den personalstrukturierenden Kontrast- und Korrespondenzrelationen, in deren Schnittpunkt sich die einzelnen Figuren befinden. Bei der Figurencharakter isierung im dramatischen Text gibt es folgende Techniken: Konstellation Figurencharakterisierung und ihre Techniken Konfiguration Die Figuren des dramatischen Textes sind zu einer bestimmten Zeit auf der Bühne präsent oder nicht. Diesen Aspekt der Figurengestaltung im dramatischen Text bezeichnet man als Konfiguration. Konzeption Es lassen sich drei verschiedene Dimensionen der Figurenkonzeption unterscheiden: Weite (W): Bandbreite der Entwicklungsmöglichkeiten einer Figur, Offenheit, Festgelegtheit und Begrenztheit einer Figur Länge (L): Entwicklung, die eine Figur zurücklegt auf Grund von Veränderungen, Verstärkungen oder Enthüllungen Tiefe (T): Verhältnis und Beziehung zwischen dem äußeren Verhalten und dem Innenleben einer Figur. Einen dramatischen Text analysieren [email protected] - auktoriale Techniken zur Figurencharakterisierung, die vom Autor direkt an den Zuschauer bzw. Leser adressiert sind. - figurale Techniken zur Figurencharakterisierung, die von den Figuren in ihrem Sprechen und Handeln zum Ausdruck gebracht werden. Techniken der Figurencharakterisierung im Drama Quelle: http://www.teachsam.de/deutsch/d_literatur/d_gat/d_drama/drama_8_2_4_1.htm Einen dramatischen Text analysieren [email protected] 11 Kompetenzbereich : Die Kommunikationsstruktur des Textes analysieren Teilaspekte: (Fehlen einer vermittelnden Instanz; inneres/äußeres Kommunikationssystem; (Modell der literarischen Kommunikation: narrative versus dramatische Texte) Haupt- (= Figurenrede) und Nebentext (= Regieanweisunge n; Form und Funktion beachten!); Kommunikationssituation Haupt- und Nebentext Figurenrede Gestik und Mimik Sprache und Redestil der Figuren (Vers oder Prosa [bei Versdichtung: Metrum, Versform, ggf. Reimformen und -folgen, Strophenform(en)]; Idiolekt, Soziolekt, Dialekt); elaborierter und restringierter Code, Lexik (Wortschatz, Wortwahl, Fremd/Fachwörtergebrauch u.a.), Syntax, rhetorische Tropen und Figuren; Stilhaltung: ironisch, distanziert, engagiert usw.; Situationsbezug der Rede (situatives Sprechen); Funktionen der Rede (appellativ, expressiv, referentiell, poetisch, phatisch, metasprachlich): Gestik im Sinne von kommunikativen Bewegungen insbesondere der Arme, Hände und des Kopfes, wird sowohl lautsprachersetzend wie auch lautsprachbegleitend bzw. lautsprachunterstützend eingesetzt. Als die Mimik (hochsprachlich auch die „Miene“ oder das „Mienenspiel“) werden die sichtbaren Bewegungen der Gesichtsoberfläche bezeichnet. Einen dramatischen Text analysieren [email protected] 12 Kompetenzbereich : Raum- und Zeitstruktur Einheit des Ortes/der Zeit gegeben oder nicht gegeben Teilaspekte: (neutral oder Verweischarakt er der Zeit); Kontinuum oder Diskontinuum; Verbindung von Raum und Zeit mit Handlungselementen zu einmaligen Situationen u.ä.) Einheit von Ort und Zeit Qualität der Zeit Qualität des Raumes Teilaspekte: -(z.B. neutraler Raum/ individueller Raum; offener/ geschlossener Raum; Verweischarakter) Lokalisierungs- und Datierungstechniken Einen dramatischen Text analysieren [email protected] 13 TIP Textinterpretation Drama Sekundarstufe II Name: Datum: www.fo-net.de TIP 322 Der Konflikt, der zwischen dem Spieler (dem Protagonisten) und dem Gegenspieler (dem Antagonisten) in Form von verbaler oder auch tätlicher Aktion und Reaktion ausgetragen wird, ist das tragende Element jeder Handlung im Drama. Der Dialog ist die gängige Form der verbalen Auseinandersetzung zwischen den Figuren. Der Monolog ist das Gespräch einer Figur mit sich selbst, bei dem sie sich entweder offenbart, ihre Lage bzw. die der Welt reflektiert oder das Für und Wider einer Entscheidung abwägt. Die Handlung kann als Haupthandlung durch Nebenhandlungen unterbrochen oder begleitet werden. Um eine solche Fülle auf der Bühne zu organisieren, haben sich im Laufe der Zeit bestimmte Formen entwickelt, die man mit Volker Klotz grob in geschlossene und offene unterteilt. Hier erscheint das klassische Drama mehr in der geschlossenen Form und das moderne mehr in offener. Die Einheit von Handlung, Raum und Zeit bedeutet in ihrer strikten Anwendung, dass sich nur ein Geschehen in nur einem Raum ohne Zeitsprünge in etwa der gleichen Zeit abspielt, die für das Sprechen des Dialogs benötigt wird. | Aristoteles: Regel der drei Einheiten bietet die Möglichkeit, zum Beispiel die Vorgeschichte oder räumlich wie zeitlich fernab liegende Ereignisse in knapper Form auf die Bühne zu bringen. bietet die Möglichkeit, Ereignisse, die zur selben Zeit ablaufen, ohne großen Aufwand zu vermitteln, so zum Beispiel Schlachten oder Naturkatastrophen. Der Botenbericht Die Mauerschau oder Teichoskopie Die Szene ist die kleinste Einheit, in der sich die Handlung auf der Bühne zeigt. Im klassischen Drama ist sie bestimmt durch Auf- oder Abtritt einer Person und fest eingefügt in die größere Einheit des Aktes, im modernen Drama ist sie oft das einzige Strukturmerkmal. Der Akt ist vor allem im klassischen Drama die große Struktureinheit, die meist einen Ort umfasst. Die Szene ist ihm untergeordnet. 1 TIP Textinterpretation Drama Sekundarstufe II Name: Datum: www.fo-net.de TIP 322 Das klassische Drama (Tragödie) hat nach Aristoteles einen dreistufigen Aufbau: die Exposition als die Entwicklung der Handlung; die Peripetie als den Umschlag der Handlung; die Katastrophe als das Ende der Handlung. Nach Gustav Freytag hat es einen fünfstufigen Aufbau: die Exposition als Einführung in Ort, Zeit und Atmosphäre; die steigende Handlung mit dem sie erregenden Moment und der Verwicklung; der Höhepunkt der Handlung, in dem sich das Schicksal der Hauptfigur entscheidet; die fallende Handlung mit dem sie scheinbar aufhaltenden retardierenden Moment; die Katastrophe als die Lösung der Handlung und dem Untergang des Protagonisten, wobei die Idee, für die er eingetreten ist, unverändert ihre Gültigkeit zeigt. Das Entfaltungsdra ma bzw. Zieldrama entwickelt zielgerichtet ein Ereignis, das sich für alle Figuren erstmals im Laufe der Handlung zeigt und erfüllt somit in seinem Aufbau die von Gustav Freytag gestellten Forderungen des klassischen Dramas. Das Enthüllungsdra ma bzw. analytische Drama rollt anhand von Indizien Fakten auf, deren Ursache in einer vor Beginn des Stückes liegenden Handlung zu finden sind. Erst gegen Schluss wird die ganze Tragweite des Geschehens deutlich. Die geschlossene Form des Drama stellt jedes Element in einen festen, hierarchisch geordneten Rahmen und lässt es repräsentativ für das Ganze stehen. Spiel und Gegenspiel finden sich in einem ausgewogenen Verhältnis. Die in zielstrebigem Dialog schlüssig geführte Handlung führt ohne große Ablenkungen und oft unter Wahrung wenigstens der Einheit von Handlung und Zeit auf ein unausweichliches Ende hin. Es ist die Form des klassischen Dramas in Frankreich (17.-19.Jh.), in Deutschland (18. und 19. Jh.). lässt jedem Teil seine Selbstständigkeit und bietet das Ganze in fragmentarischen Ausschnitten. Der Protagonist sieht sich in seinen Gegenspielern der Fülle der Welt gegenüber. Die Vielfalt der Handlung und die Auflösung der Einheit von Raum und Zeit gibt dem Augenblick und damit dem Strukturmerkmal der Szene eine alles überragende Bedeutung. Es ist die Form des modernen Dramas des 19.Jh., aber vor allem des 20.Jh. Die offene Form des Dramas 2 TIP Textinterpretation Drama Sekundarstufe II Texte Dramentheorie Name: Datum: www.fo-net.de TIP 321 Interpretation dramatischer Texte Dramentheorie: Griechische Tragödie: Aufbau der Tragödie nach Sophokles * monologisch oder dialogisch gehaltener Prolog * Parodos = Einzugslied des Chores * 1.Epeisodion, 1.Standlied des Chores * 2.Epeisodion, 2.Standlied des Chores * 3.Epeisodion, 3.Standlied des Chores * 4.Epeisodion, 4.Standlied des Chores * 5.Epeisodion, 5.Standlied des Chores * Exodos = Schlusswort des Chores Dramentheorie des Aristoteles: * Einheit von Handlung, Ort und Zeit * Lückenlose Kausalität im Aufbau der Handlung (Nachahmung einer edlen und abgeschlossenen Handlung) * Katharsis (grch.:. Reinigung): Mithilfe von “Mitleid” und “Furcht” (seelischen Erregungszuständen, die sich in heftigen körperlichen Prozessen äußern) wird eine Reinigung des Zuschauers von eben derartigen Affekten bewirkt. Pyramidaler Dramenaufbau nach Gustav Freytag: * 1.Akt = Exposition * 2.Akt = steigende Handlung, erregendes Moment * 3.Akt = Höhepunkt, Peripetie * 4.Akt = fallende Handlung, retardierendes Moment * 5.Akt = Katastrophe, Lösung Theorie des offenen Dramas: * keine Exposition, d.h. keine Einführung in Vorgeschichte und Figuren, keine eindeutige Anfangsszene * Selbstständigkeit und Versetzbarkeit der Einzelszene (keine/ kaum Vorwärtsund Rückwärtsbezüge), Szenen verbunden durch Zentrales Ich, Wiederholung von Orten/ Situationen, Wortmotive, Integrationspunkt * nur bedingte Handlungskontinuität * keine formal festgelegte Handlungseinteilung * häufiger Ortswechsel; unbestimmte, längere Zeitspanne * oft unterbrochene, punktuelle Zeitdarstellung * Personen aus dem unteren und mittleren Stand * dem Protagonisten stehen alle anderen Personen seines Umfeldes als Gegenspieler gegenüber Theorie des epischen Theaters: * Vorarbeit durch Erwin Piscator (1893-1966): Entwicklung eines politischen Theaters 1 TIP Textinterpretation Drama Sekundarstufe II Texte Dramentheorie Name: Datum: www.fo-net.de TIP 321 * ■ Nutzung aller technischen Mittel wie Filmeinblendungen, Ausschnitte aus Rundfunkreden ■ Arbeit mit Plakaten und informierenden Tabellen ■ Geschehen spielte auf mehreren Ebenen, wobei eine Szene die andere erläuterte Bertolt Brecht: Weiterentwicklung zum experimentellen Theater ■ Verfremdungseffek t, d.h. bestimmte Situationen und Verhaltensweisen müssen historisch oder geografisch verfremdet werden, damit aus dieser Ferne das Exemplarische an den vorgestellten Fällen um so deutlicher erkannt werde ■ zeigende Geste, d.h. der Schauspieler müsse in zeigender Geste einzelne Episoden vorführen, der Zuschauer muss erkennen, dass der Schauspieler nicht die Gestalt sei, die er spiele, sondern sie nur interpretierend dem Publikum vorführe ■ Episierung, d.h. Handlung auf der Bühne kein geschlossenes Ganzes, sondern Abfolge von beispielhaften Ausschnitten, an denen Wichtiges gezeigt werde. 2 TIP Textinterpretation Drama Formen und Funktionen dramatischer Sprache Name: Datum: www.fo-net.de TIP 324 Formen und Funktionen der dramatischen Sprache 1. Formen • Monolog ■ epischer Monolog: Schilderung der Vorgeschichte oder anderer, nicht dargestellter Ereignisse ■ lyrischer Monolog: expressive Selbstaussprache, Darstellung der Gefühle und der Situation in liedhafter Form ■ Reflexionsmonolog: Nachdenken, Betrachtung zu vergangenen Handlungen zukünftigen Entscheidungen ■ Konfliktmonolog: dramatische Steigerung der Reflexion: Erörterung des Für und Wider, seelisches Ringen um Werte und Entscheidungen, oft auf dem Höhepunkt von Verwicklungen • Dialog ■ Expositionsdialog: Äußerung zu Handlungsvoraussetzungen ■ Konsensdialog: Übereinstimmung der Partner ■ Konfliktdialog: Konfrontation der Figuren ■ Enthüllungsdialog: Klärung / Aufdeckung von Zusammenhängen 2. Funktionen • Bericht: Darstellung eines Geschehens außerhalb der Szene ■ • Botenbericht, Mauerschau (Teichoskopie) Expression: emotionale Ergriffenheit, Affekte, Entscheidungsringen ■ Parataxen, Ellipsen, Satzbrüche, Ausrufe, Wiederholungen • Appell: Beeinflussung und Überreden des Gesprächspartners ■ Anrede, Bitte, Befehl, Wiederholung, rhetorische Frage, Argumentation • Kommunikation: ■ Verstärkung und Verdichtung des Partnerbezuges ■ Herstellung und Fortsetzung des Kontaktes ■ Anrede, Eingehen, positive Bewertungen, Provokationen Kommunikative Handlungen / Sprechakte • ergeben sich unmittelbar aus dem Gesagten oder • müssen erschlossen werden TIP Textinterpretation Drama Formen und Funktionen dramatischer Sprache Name: Datum: www.fo-net.de TIP 324 Ermittlung der Sprechakte • Erkennen aktiver und reaktiver, vorantreibender und verzögernder Momente im Dialog • Unterscheidung zwischen Gesagtem und Gemeintem • Analyse der Beziehung der Personen • Benennung durch Verben des Redens, Argumentierens ■ behaupten, begründen, vorschlagen, vertrösten, ausweichen • Sprechaktsequenzen: aufeinander bezogene Redebeiträge ■ Rede- Gegenrede • hierbei von Bedeutung: • Länge der Repliken (Entgegnung / Erwiderung) • Replikenwechsel in jedem Vers (Stichomythie) ■ fragen- antworten ■ unterrichten- rückfragen ■ vorwerfen- rechtfertigen Mögliche Aufgabenstellungen als Bestandteil der Interpretation: • Untersuchen Sie (z.B. Gesprächsverlauf, Gesprächsverhalten, Redestrategie, Argumentation der Figuren) • • Erarbeiten Sie die Figurenkonstellation. • Analysieren Sie den Dialog unter kommunikativen Aspekten. • Erläutern Sie den gestalteten Konflikt. • Charakterisieren Sie die Figuren. Beurteilen Sie die Haltung der Figur (im Hinblick auf…). • Setzen Sie sich mit der Position der Figur(en) (zu…) auseinander. TIP Textinterpretation Drama Sekundarstufe II Name: Datum: www.fo-net.de TIP 32 5 Arbeitsschritte bei der Interpretation eines dramatischen Textes 1. Erstes Lesen/ Spontanreaktion - (erste Eindrücke) 2. Vorbereitende Textanalyse - mehrmaliges Lesen des Textes - Unterstreichungen, Textgliederungslinien, Markierung von semantischen Einheiten, von Bezügen, Gegensätzen, Untersuchung der formalen Elemente (Akt, Szene, Auftritt, Abgang, Monolog, Dialog, Regieanweisungen), Untersuchung der sprachlichen Gestaltung (rhetorische Mittel, Syntax) + Funktion, Erfassen wesentlicher inhaltlicher Aspekte, Figurencharakteristik, Gesprächsverhalten - Bildung von Interpretationshypothesen und Zuordnung der Notizen auf dem Arbeitsblatt + Textbezüge 3 3.1 Gliederung der schriftlichen Darlegung Einleitung: Reflexion des Szeneninhalts • Einordnung der Szene in den dramatischen Kontext (bei Werkkenntnis) • Klärung der Ausgangssituation (Ort, Zeit, Personen und deren Beziehung, Vorgeschichte) • zusammenfassende Wiedergabe des Szeneninhalts mit eigenen Worten 3.2 Hauptteil 3.2.1 Analyse des Szenenaufbaus bzw. Gesprächverlaufs Dieser Aspekt zielt auf die innere Dynamik einer Szene ab. Diese entwickelt sich aus einer Kette von Begebenheiten, die in einem Zusammenhang zueinander stehen, den es zu erschließen gilt. Leitfragen: ♦ Welche Handlungsschritte bzw. Gesprächsphasen sind zu erkennen? ♦ Wodurch sind diese gekennzeichnet? Welche Aufgabe(n) haben sie? ♦ Welche Entwicklung ist in den Schritten/Phasen ablesbar? ♦ Wie sind die Szenenteile aufeinander bezogen? 3.2.2 Untersuchung von Sprache und Argumentation (vgl. S.4) Die Analyse von Dialogen/Monologen soll zumeist die Absicht(en) der Figur(en) herausstellen. Diese werden aber nicht immer direkt ausgesagt, sondern müssen erschlossen werden. Darüber geben Sprachhandlungen und Argumentation(sweise) Aufschluss. Der Autor hat die sprachlichen Mittel (auch) zur Charakterisierung der Figuren eingesetzt. Leitfragen: ♦ Wozu dient die Aussprache? ♦ Welche Positionen nehmen die Figuren ein; wie argumentieren sie? ♦ Welcher Sprachstil (Sprachebene) wird verwendet, mit welchem Ziel? ♦ Welche rhetorischen Mittel sind mit welcher Absicht eingesetzt? 3.2.3 Untersuchung der Figurengestaltung Bei diesem Schwerpunkt geht es um die Charakterzeichnung der Figuren. Man unterscheidet die Art der Charakterisierung: ♦ direkt - Äußerungen über die Figur durch andere und sich selbst, durch den Autor, z.B. Namensgebung oder Regiehinweise; 3 TIP Textinterpretation Drama Sekundarstufe II Name: Datum: www.fo-net.de TIP 32 ♦ indirekt - Rückschlüsse auf das Wesen durch Auftreten, Handeln, Sprechen. Weiterhin spielen die Figurenbeziehungen eine Rolle (kommunikative Aspekte). 3.3 Schlussteil zusammenfassende und die Darlegung abschließende Gedanken • • • persönliche bzw. weiterführende Problematisierung Einordnung in größere Zusammenhänge ( z.B. literaturhistorischer Kontext) Verdeutlichung eigener Positionen 4 TIF Textinterpretation Drama Sekundarstufe II Faust I Walpurgisnacht Name: Datum: Jürgen Bucksch www.fo-net.de TIF 1334 Über das Bild gelangen Sie zum (Es ist ein Passwort erforderlich, das Sie auf der Fortbildungsveranstaltung erhalten. Gern veröffentliche ich Ihren Beitrag auf der Seite fo-net.de ) Szenen-Text und zu weiteren Bearbeitungsvorschlägen sowie zur Gesamtinterpretation. Aufgabe: Interpretieren Sie die Walpurgisnacht-Szene in Goethes “Faust I” (V. 3835 - V. 4225) 1. Ordnung Sie die Gesamthandlung 2. Untersuchen Sie den Form. 3. Interpretieren Sie die Zusammenhang. Szene in die ein! Text nach Inhalt und Szene in ihrem Nach der Szenenanalyse werten sie die Ergebnisse mit der Methode der Figurengasse aus (siehe 4.) Gliederung: 1. Zuordnung und Inhaltsangabe 2. Untersuchung nach Inhalt und Form 3. Deutungsversuch Unterrichtliche Umsetzung zu 1: Die Walpurgisnacht ist eingebettet in die drei Stationen der Weltfahrt Fausts: 1. Das tierische Gelage in Auerbachs Keller, das Faust langweilt. 2. Die Idealisierung der kleinbürgerlichen Unschuld Gretchens und Fausts erotisches Begehren. 3. Der Ausbruch aus der biederen Welt der Ehe in die entfesselte Sinnlichkeit In dieser Szene verfolgt Faust an Mephistos Seite das Geschehen auf dem Brocken weitgehend als distanzierter Betrachter, bis ihm zum Schluss von Mephisto die Möglichkeit geboten wird, seine Sexualität hemmungslos auszuleben (1. Satz) Die Wanderszene besteht wiederum aus drei Stationen: 1. Faust steigt auf den Brocken hinauf (3835 - 3955) 2. Faust gerät in den Strudel des Hexensturms (3956 - 4015) 3. Aus Fausts Absonderung vom Hexenzug wird sein (vulgärer) Tanz mit der jungen Hexe (4016 - 4225) zu 2: Die Szene beginnt mit dem Anstieg. Als Faust den prächtig beleuchteten Palast des Herrn Mammon bewundert (3932 - 4), zieht ein Hexenzug vorüber. Der Hexensturm weckt Fausts Wunsch, zum Gipfel zu gelangen (4037 - 40). Mephisto rät ihm jedoch, sich von der “großen Welt” abzuwenden, um sich in der kleinen zu vergnügen an “jungen Hexen nackt und bloß” (4046). Nun wandert man von Feuer zu Feuer, an denen z.B. drei alte Herren über die Umwälzungen der Französischen Revolution klagen. Mephisto ist vom Anblick der historisch überlebten Gestalten derart mitgenommen, dass er auch auf einmal sehr alt erscheint . Er formuliert seine 1 TIF Textinterpretation Drama Sekundarstufe II Faust I Walpurgisnacht Name: Datum: Jürgen Bucksch www.fo-net.de TIF 1334 Weltuntergangsstimmung (“Zum Jüngsten Tag fühl ich das Volk gereift” (4092). Am Laden (4100) einer “Trödelhexe” werden “Dolche, durch die Blut floss; Kelche, aus denen sich Gift ergoss; Schmuck, der ehrbare Frauen verführte; Schwerter, die hinterrücks mordeten” angeboten, die Mephisto für unzeitgemäß hält. Er rät der Trödelhexe zur Modernisierung. Schließlich treffen Faust und Mephisto auf die versprochenen Hexen. Nach Lilith, dem Urbild der Verführung und Adams ersters Frau, treffen Faust und Mephisto auf zwei namenlose Hexen, eine junge und eine alte. Faust tanzt mit den jungen Hexe. Die Apfelmetaphorik verweist auf das Hohe Lied Salomos . Mephisto wiederholt beim Tanz mit der alten Hexe den obszönen Traum Fausts noch einmal. Die junge und alte Hexe erklären ihre Bereitschaft analog zur Gartenszene mit Gretchen und Marthe . Doch die orgiastischen Phantasien werden nicht real. Der “Proktophantasmist” ( der Aufklärer Nicolai) stört die Tanzenden. Faust lässt die junge Hexe los, da ihr mitten beim Tanz eine rote Maus aus dem Mund sprang. Nun sehe er ein “blasses schönes Kind allein und ferne stehen” (4184). Faust kann sich in der Folge nicht vom Gedanken an Gretchen lösen, er löst sich von den Verlockungen der Walpurgisnacht. Mephisto kann den verwirrten Faust nur noch auf ein “Hügelchen” (4210) ziehen, wo ein von einem Dilettanten geschriebenes Stück aufgeführt wird. zu 3: Nachdem Gretchen im Dom unter den Einflüsterungen des Bösen zusammengebrochen ist und damit Mephistos Plan fehlgeschlagen ist, Faust Unzufriedenheit durch eine Ehe zu aufzulösen, geht er nun den Weg hin zur entfesselten Sexualität. Dieser Ort spiegelt die Welt der Triebhaftigkeit und Leidenschaftlichkeit, deren Erregungszustände durch eine dämonisch-bewegte Natur verkörpert werden. Während die Verführung Gretchens in der realen Welt erfolgt, entfaltet sich die Parallelhandlung in einer phantastischen Welt: Während sich Faust mit Lilith verbindet, nach altrabbinischer Legende die erste Frau Adams, die diesen verlässt, um sicht mit zum Teufel zu verbinden, gesellt sich Faust zu einer “Alten” mit “ungeheurem Loch” im Unterschied zu den zwei begehrlichen “schöne(n) Äpfeln” der Lilith. Dem selbstvergessenen Rausch folgt die Ernüchterung, dem drohenden Selbstverlust Fausts folgt die Rückkehr zum besseren Selbst. Mephisto ist mit seinem Versuch der vollkommenen Verbindung Fausts mit der Aufgabe seiner Selbstkontrolle gescheitert. Faust bricht das orgiastische Spiel ab, als ihm das “rote Mäuschen ... im Munde” (4179) das Illusionäre und Tierische seiner Handlung vergegenwärtigt. Das rote Schnürchen mahnt ihn an Gretchen, die im entfernten Gefängnis auf ihre Hinrichtung wartet: Erkenntnis und Vernunft , Moral und Gewissen bereiten der rauschhaften Illusion ein Ende. zu 4: Zunächst wählt jeder eine Figur. Faust und Mephisto durchschreiten die Figurengasse. Jede Figur wählt ein wichtiges Zitat, die sie ausdrucksstark zu dem Paar sagt. Nachdem diese Phase abgeschlossen ist, liest jede Figur erweiterte Textzitate vor. Die Plausibilität der Zitate wird abschließend besprochen. 2 TIF Textinterpretation Drama Sekundarstufe II Faust I Gretchen Name: Datum: Jürgen Bucksch www.fo-net.de TIF 1342 Ist Gretchen naiv ? Bewerten Sie den Schüleraufsatz 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Gretchen ist ein wohlanständiges (V.2611), naives, liebes, religiöses und sehr gottesfürchtiges Mädchen. Sie neigt dazu, recht negativ über die eigene Person zu denken und sich bei jeder Gelegenheit zu kritisieren, bzw. herabzusetzen (V.2607 „Bin weder Fräulein, weder schön/“). Sie beweist Willensstärke, die sich durch die „Abweisung“ Fausts deutlich macht (V. 2608 „Kann ungeleit nach Hause gehen/“). Auch während dem ersten Aufeinandertreffen mit Faust im Garten der Nachbarin Marthe kritisiert Gretchen sich fortwährend (V.3078 ff.) und kann nicht verstehen, was ein Mann wie Faust mit hohem Stande etwas an ihr finden kann („Ich weiß zu gut, dass solchen Mann, mein arm Gespräch nicht unterhalten kann“; Vgl. V. 3215 „Bin doch ein arm unwissend Kind, Begreife nicht, was er an mir find’t.“). Gretchens Gläubigkeit und Unschuld kristallisiert sich vor allem anhand eines Zitats Mephistos heraus: V.2625 „Es ist gar ein unschuldig Ding, das eben für nichts zur Beichte ging/“; das besagt, dass Gretchen in solch einem Maße gottesfürchtig sei, dass sie wegen nichts zu Beichte gehe. Ihre Naivität bzw. Leichtgläubigkeit nimmt im Gespräch mit Marthe und Mephisto Konturen an (V.2941), als Mephisto über den vermeintlich toten Ehemann Marthes spricht und diesen als sehr reuig darstellt (Reaktion Gretchens V.2941 „Ach, dass Menschen so unglücklich sind! Gewiss, ich will für ihn in manchem Requiem noch beten“). Gretchens innere Ruhe und Ordnung oder auch Sittlichkeit wird durch die erste Begegnung mit Faust erschüttert („Ich gäb was drum, wenn ich nur wüsst, wer heut der Herr gewesen ist“), da sie Gedanken an einen Mann „verschwendet“. Durch ihre Reinheit und Gläubigkeit wird Gretchen zu Mephistos „Gegenspielerin“ - dies wird erstmals in Vers 2755ff. deutlich, als sie nach Hause kommt und bemerkt, dass jemand in ihrem Zimmer war, der jedoch nicht in „ihre“ Welt gehört und wessen Anwesenheit sie erschauern lässt („Es wird mir so, ich weiß nicht wie – (…) - Mir läuft ein Schauer übern ganzen Leib/“). In Vers 2795 bildet sich erneut Gretchens Unzufriedenheit mit ihrem Stande heraus (vorher V. 2607 „Bin weder Fräulein/“, da die Anrede Fräulein wohl vorwiegend in den „gehobeneren“ Kreisen verwendet wird), als sie den Schmuck (das Geschenk Fausts) erblickt („Wem mag diese Herrlichkeit gehören? (…) Nach Golde drängt (…) Ach wir Armen!“), durch welchen sie sich einen sozialen Aufstieg erhofft. Durch ihre „Standeskritik“ wird Fausts zuvor aufgestellte Behauptung zerstört (Vgl. V. 2691-2694), dass Gretchen voll Zufriedenheit und Ruhe sei. Nachdem Gretchen nun das herrliche Geschenk erhalten hat, kann sie nicht mehr aufhören, an den Überbringer zu denken (V. 2851ff.), was wiederum ihren Wunsch nach dem sozialen Aufstieg belegt. Auch im Vers 3078 ff. und Vers 3123 f. weist Gretchen erneut auf die Standesunterschiede hin. In Vers 3206 gesteht Gretchen zum ersten Mal Faust ihre Liebe (welcher ihr schon in der vorhergehenden Szene „Garten“ seine Liebe gestanden hat Vgl. V. 3184f). Es wird erneut die Problematik des Standesunterschiedes deutlich, da das Gartenhäuschen der einzige Ort ist, an welchem die Beiden sich wie zwei Verliebte verhalten können, da sie dies nicht in der Gesellschaft publik machen können. Nachdem Faust das „Liebesnest“ der Beiden verlassen hat, wird im Gespräch mit Marthe Gretchens Willenlosigkeit gegenüber Faust merklich, (V. 3211 ff „Du lieber Gott! (…) Beschämt nur steh ich vor ihm da, und sag zu allen Sachen ja“) bzw. wie stark ihre Gefühle für ihn sind. 1 Zur Vertiefung Die Bewertung kreativer Leistungen www.fo-net.de ABK 01 Vorschlag zur Kriterienbildung bei der Benotung kreativer Leistungen am Beispiel des szenischen Interpretierens: Zur Bewertung gehören die Selbstbewertung der Schülerinnen und Schüler und die Bewertung durch die Lehrkraft. Zu Beginn der Arbeit bewerten Lehrer und Schüler die Bedeutung der Teilleistungen und ergänzen diesen Katalog entsprechend. Diese Kriterien sind auch die Grundlage der Bewertung schriftlicher Gestaltungen. Phantasie, Kreativität und Spielintelligenz sehr wichtig wichtig wenig wichtig unwichtig 1 Ästhetische Kompetenz 2 Originalität der Ideen 3 Orientierung an den verabredeten Regeln 4 Fähigkeit zur Interaktion Arbeit an der Figur und an der Rolle 5 Auseinandersetzung mit der Rolle 6 Beiträge zum Textverständnis 7 Verhältnis Darsteller / Rolle 8 “die innere Wahrheit” der Figur Arbeit an der Gattung 9 Denken und Handeln in den Dimensionen der Szene 10 Festgefahrene Figurenmuster überwinden Literarische Kompetenz 11 Textverständnis 12 Qualität des Textzuganges 13 Verbindung von Text und Spiel 14 Methoden- und Begriffssicherheit Weitere Kriterien, z.B. 15 Klarheit des Ablaufs 16 Beteiligung aller 17 Freie Präsentation usw. Methode Einen Text verständlich machen Name: Datum: www.fo-net.de MTV 30 Wie macht man einen Text verständlich? 1. Lange Sätze in kurze verwandeln! Machen Sie aus Schachtelsätzen mehrere einfache Sätze mit Subjekt, Prädikat, Objekt. 2. Fremdwörter ersetzen! Bei Fachtexten müssen die Fachwörter natürlich erhalten bleiben. Oft strotzen deutsche Texte aber auch vor allgemeinen Fremdwörtern. Übersetzen Sie diese ins Deutsche! (Achtung: Nicht immer ist die im Fremdwörterlexikon angeführte Bedeutung korrekt, manchmal ergibt sich die korrekte Bedeutung erst aus dem Kontext!) 3. Beim Umschreiben fallen Längen und Wiederholungen auf. Kürzen Sie den Text, wenn das ohne Sinnverlust möglich ist! So ersparen Sie sich Schreib-, und den anderen Leseaufwand. 4. Gliederung verbessern! Führen Sie gegebenenfalls mehr Gliederungspunkte ein. Verschieben Sie Textstücke, die besser zu einem vorherigen Gliederungs punkt passen. Verbessern Sie Zahl und Anordnung der Gliederungsebenen. 5. Auf eigene Beispiele verweisen! Machen Sie sich eine kurze Anmerkung in den Text, wenn Ihnen ein gutes Beispiel einfällt. Textproduktion Ein Essay schreiben: Sprache / Stil Name: Datum: www.fo-net.de TPE 48 Ein stilistisch guter Essay ist ein Essay, der klar und verständlich geschrieben ist. Hier einige Tipps zum verständlichen Schreiben: Sätze, bei denen das Prädikat früh im Satz auftritt, sind leichter verständlich: „Einen Sachverhalt richtig zu erklären, dabei die Interessen der Leser nie aus dem Auge zu verlieren und trotzdem verständlich zu bleiben, ist keineswegs leicht.“ „Es ist keineswegs leicht, einen Sachverhalt richtig zu erklären, dabei die Interessen der Leser nie aus dem Auge zu verlieren und trotzdem verständlich zu bleiben.“ Je länger und verschachtelter ein Satz ist, desto schwerer ist er in der Regel zu verstehen: Tipp: Nachdem Sie Ihren Essay fertig geschrieben haben, versuchen Sie noch möglichst viele Punkte („.“) einzufügen. Auf diese Weise können Sie aus einem langen Satz mehrere kurze machen. Tendenziell gilt, dass Sätze mit mehrteiligen Prädikaten, in denen die Teile des Prädikats im Satz weit voneinander entfernt stehen, schwerer verständlich sind. Vermeiden Sie doppelte Verneinungen: „Es ist nicht ratsam, beim Schreiben von Essays unverständliche Formulierungen zu verwenden.“ „Beim Schreiben von Essays ist es ratsam, nur verständliche Formulierungen zu verwenden.“ Im Deutschen beziehen wir uns oft mit Fürwörtern (Pronomina: „er“, „sie“, „dieser“, „sich“) und anderen Ausdrücken („dort“, „hier“) auf etwas, wovon schon die Rede war. (Beispiel: „Hans ging auf sein Zimmer. Dort las er ein Buch.“). Dabei gibt es oft Unklarheiten darüber, worauf man sich auf diese Weise beziehen will. Vermeiden Sie unnötige Substantivierungen. „Das Stattfinden des Unterrichts wurde durch die Erkrankung des Lehrers verhindert.“ „Der Unterricht hat nicht stattgefunden, weil der Lehrer krank war.“ Vermeiden Sie unnötige Fachbegriffe, blumige Metaphern und nebulösen Tiefsinn. Wenn Fachbegriffe unvermeidlich sind, müssen sie erklärt werden. Einige Wörter werden in unserer Alltagssprache ungenauer oder anders verwendet als in geschriebener Sprache. Beispielsweise werden „scheinbar“ und „anscheinend“ in gesprochener Sprache etwa synonym gebraucht; streng genommen gilt aber: „scheinbar“ meint, dass etwas irgendwie zu sein scheint, tatsächlich aber anders ist, während „anscheinend“ offen lässt, wie es tatsächlich ist. (Ein anderes Beispiel ist die Verwendung von „das gleiche“ und „dasselbe“. Im Alltag werden diese Wörter oft synonym gebracht, in der Schriftsprache gilt aber: „Hans und Katharina fahren dasselbe Auto“ bedeutet, dass es ein Auto gibt, mit dem Hans und Katharina fahren; „Hans und Katharina fahren das gleiche Auto“ bedeutet, dass die Autos von Hans und Katharina vom selben Typ sind.) Wer mehr über Verständlichkeit und guten Stil beim Schreiben erfahren will, dem seien Wolf Schneiders Deutsch für Profis (Goldmann 1999) und Deutsch für Kenner (Piper 2005) empfohlen. Textüberarbeitung Texte aspektiert in Gruppen überarbeiten Name: Datum: www.fo-net.de TPÜ 31 Überarbeiten Sie den Text mit Hilfe folgender Leitfragen, indem jedes Gruppenmitglied Vorschläge für einen Aspekt vorbereitet auf einer Folie in einer Farbe vorbereitet. Die Vorschläge werden anschließend in der Gruppe diskutiert und abschließend in eine Reinschrift-Fassung übertragen: Inhalt Ist dem Leser / der Leserin ohne besondere Mühe verständlich, worum es in dem Text geht? Werden Personen, Schauplätze und Vorgänge anschaulich, präzise usw. beschrieben? Fühlt der Leser / die Leserin sich vom Thema angesprochen? Sind klare Schwerpunkte gesetzt oder gerät das Thema häufiger aus dem Blick? Aufbau/Gliederung Ist der Text übersichtlich gegliedert, z. B. nach Einleitung, Hauptteil und Schluss? Ist die Reihenfolge der Gliederungsschritte stimmig? Sind die einzelnen Schritte wirkungsvoll auf den Leser / die Leserin bezogen? Regt beispielsweise die Einleitung zum weiteren Lesen an? Orientiert sich der Text an einem Thema? Enthält der Text Widersprüche und Ungereimtheiten? Werden unbekannte Begriffe erklärt? Sprachlicher Ausdruck / Stil Ist die Wortwahl abwechslungsreich, genau, anschaulich, angemessen usw.? Entsprechen die gewählten Bilder, Vergleiche und Metaphern der gewählten Textart? Ist der Satzbau klar und abwechslungsreich? Lässt sich der sprachliche Ausdruck durch Ersatz-, Umstell-, Weglass- oder Erweiterungsprobe verbessern? Werden unnötige Wiederholungen und Füllwörter vermieden? Rechtschreibung/Zeichensetzung/Grammatik Ist der Text grammatisch einwandfrei strukturiert: Tempus, Modus (Indikativ und Konjunktiv), grammatische Beziehungen, Wortstellung, Satzbau usw.? Sind Rechtschreibung und Zeichensetzung fehlerfrei? Ist ein Rechtschreib- und Fremdwörterbuch vorhanden, aber auch ein Wörterbuch, das über Wortbedeutungen, sinnverwandte Begriffe und Wortfamilien informiert? Sind persönliche Lernkarteien oder Merkhefte benutzt worden? Reinschrift Ist die äußere Form ansprechend gestaltet (Rand, Kopf des Textes usw.)? Ist die Schrift gut lesbar? Sind nachträgliche Korrekturen vermieden? Ist die Abschnittsgliederung klar markiert? Entspricht das Lay-out dem Verwendungszweck des Textes ? Bei einem Text, der Schwächen im Aufbau und in der Genauigkeit der gedanklichen Verknüpfung aufweist, ist ein Vorgehen, bei dem die Fehler Zeile für Zeile bearbeitet werden, nicht sinnvoll. Denn oft muss man ganze Abschnitte umstellen, Passagen weglassen, Sätze neu formulieren, andere Begriffe wählen usw., sodass manche Einzelfehler aus der ursprünglichen Fassung „von selbst" wegfallen. Darum sollte man zunächst den Text ganz lesen und dann die Textüberarbeitung planen. Link zur Vertiefung Epochenüberblick zur Abiturvorbereitung BG SH Vormärz Aufgabe Name: Datum: www.fo-net.de LÜA 51 Aufgabe: Recherchieren Sie die Epochenmerkmale des Vormärz (im weiteren Sinne)! Dauer und Bezeichnung der Epoche Mindestens fünf Angaben zum Charakter der Zeitstrahl Literatur Bedeutende Vertreter und Werke Gattungen Themen und Motive Epochenmerkmale Sprache und Stil 1815 1718 1720 1825 Figuren 1828 Zeitstrahl 1830 1834 Technische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Entwicklung 1838 1840 1845 Werke 1848 Link zur Website Vormärz Epochenbegriff Abiturvorbereitung BG SH Name: Datum: www.fo-net.de LGV 10 Vorbemerkung zum Epochenbegriff “Vormärz” Der neue Lehrplan für Berufliche Gymnasien gibt die Themen “Eine Epoche in ihrer Eigenart” und “Epochenwandel und Epochenkontraste” vor. Diese Themen legen ein Vorgehen nahe, dass die Lehrkraft in 11.2. zunächst eine Textauswahl aus “typischen Vertretern” der Epoche vornimmt. Das Thema “Eochenwandel..” rückt dagegen die Epochenränder stärker in den Blick. Auf diese Weise erhalten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, “Orientierungswissen über die Widersprüche einer Makro-Epoche zu erwerben und dabei auch literarische Formentscheidungen als das Ergebnis von Auseinandersetzungen mit überkommenen Normen zu erkennen” ( Karlheinz Fingerhut: Didaktik der Literaturgeschichte. In: Bogdal, Klaus-Michael / Korte, Hermann (Hg.): Grundzüge der Literaturdidaktik, München 2002, S. 162). Am Beispiel Nikolaus Lenaus stellt Dorothee Meerkötter im Heft 6, Seite 86 f.der Zeitschrift “Der Deutschunterricht” (2003) eine Unterrichtsreihe zur Widersprüchlichkeit der Zuordnung Lenaus zu einer Literaturepoche (Spätromantik oder Vormärz ?) vor. Der Begriff Vormärz wird hier verstanden als die zeitgeschichtliche Zuordnung der Literatur zwischen 1815 und 1848. Andere Epochenbegriffe sind zur genaueren Beschreibung von Übergängen der Epochenränder hilfreich und zu untersuchen: Struwwelpeter 1844 Ferdinand Raimund als Aschenmann in Der Bauer als Millionär 1826 1 Vormärz Epochenbegriff www.fo-net.de LGV 10 Theodor Hosemann Armut 1840 Karikatur Denkerclub 1819 1. Historischer Hintergrund 2. Christian D. Grabbe Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung Don Juan und Faust 3. Heinrich Heine Lyrik Heines Atta Troll Heines Reisebilder 4. Georg Büchner Der Hessische Landbote Woyzeck Leonce und Lena Dantons Tod 5. Nikolaus Lenau 1. Historischer Hintergrund Die Umwälzung der Lebensweise der Zeit war durch folgende wichtige Erfindungen / Ideen geprägt: Dampfmaschine mechanischer Webstuhl Spinnmaschine Darwins Lehren Wandel im Rhythmus des öffentlichen Lebens und der Erwerbsarbeit 2 Vormärz Epochenbegriff www.fo-net.de LGV 10 einschließlich der Kinderarbeit : Projektvorschlag: Repräsentationen von Arbeit und Beruf im Bilderbuch / im Volksmärchen: Produkte: Essays schreiben ( Passwortgeschützt / verfügbar für die Nutzer von www.fo-net.de und www.lesezeiten.de ) Dampfschiff / Eisenbahn elektronischer Telegraf (Bedeutung für die Börse / Politik. Beispiel: Als 1801 der russische Zar starb, war die Nachricht erst nach 21 Tagen in London, die Nachricht vom Tod Nikolaus I. erreichte London 1855 nach vier Stunden) 1847 produzierte Krupp die erste Gussstahlkanone weitere Momente des Wandels: Massive Häuser mit großen Fenstern, neuen Öfen und fließendem Wasser wurden gebaut. Leuchtgas ersetzte Petroleumlampen. Seit 1824 gab es Streichhölzer. Die Klassiker wurden in großem Stil in Goldschnittausgaben vermarktet. Die Straßenbeleuchtung ermöglichte ein Nachtleben. In Hamburg wurde 1850 die Kanalisation gebaut. Bürgersteige und Schaufenster erlaubten es vornehmen Damen, (verschleiert) die Straßen zu betreten. Durch Anilinfarben wurde die Tapeten- und Textilindustrie befördert. Der Zylinderhut ersetzte den demokratischen Schlapphut. Für die Autoren des Vormärz, Christian D. Grabbe , Heinrich Heine, Georg Büchner und Nikolaus Lenau, spielt der historische Hintergrund eine bedeutende Rolle. Mit der Umorientierung des literarischen Kanons von einem klassisch- romantischen Idealbild hin zu einem gesellschaftlich und historisch möglichst allumfassenden Literaturkanon fand auch Heine im literarischen Kanon Platz. Als wichtige Daten der Zeit sind zu nennen: 1815 Wiener Kongress 1817 Wartburgfest Karlsbader Beschlüsse 1830 Julirevolution, Bürgerkönig Louis Philippe 1832 Hambacher Fest 1833 Gründung deutscher Zollverein 1848 Märzrevolution, erste deutsche Nationalversammlung Der Sturm und Drang war eine Bewegung, auf welche sich die Literaten des Vormärz beriefen. Der von F.M. Klinger verfasste Roman "Sturm und Drang" war daher auch eines der Basiswerke für die Epoche des Vormärz. 2. Christian D. Grabbe Heute ist der in Detmold geborene Christian Dietrich Grabbe (1801 - 1836) ein literarischer Außenseiter. . Sein erstes Drama, "Herzog von Gotland" (1822) wurde von Tieck bewundert, zugleich aber auch als abstoßend kritisiert. Grabbe erwiderte: "Ein Spiegel kann die abstoßende Realität zeigen, ohne sich selbst zu beschmutzen". Der Mensch erscheint im Stück als Tier, die Reime sind absichtlich schief [Im Gegensatz zu Friederike Kenntners "der schlesische Schwan", die ihre 3 Vormärz Epochenbegriff www.fo-net.de LGV 10 schlechten Reime für vollkommene Poesie hielt und bis heute als Muster für schlechte Dichtkunst steht]. Der Mensch ist nach Grabbe schlechter als das Tier, er tötet seinesgleichen. Die Theodizee als göttliches Gebot wird zugleich in Frage gestellt. Ein Geschichtsdrama mit umfassenden Rückgriff auf historische Quellen ist "Napoleon oder die hundert Tage". Aber auch Legenden und Anekdoten über den von den Vormärz- Autoren bewunderten Feldherren und Politiker Napoleon fließen in das Stück ein. Die titelgebende dramatische Figur Napoleon steht nicht im Mittelpunkt des Stücks, ist kaum in die Handlung involviert, statt dessen werden reportageartig Volkes Stimmen gesammelt. Die Zeit erscheint als entscheidender Faktor, Napoleon selbst ist aber nicht an sie gebunden, sondern erscheint überall und unvermutet. Die Gegner Gneisenau und Blücher sind dagegen bloße Typen und Teil des Volkes, was dazu beitrug, dass das Stück im Nationalsozialismus missbraucht wurde. Der Mensch wird bei Grabbe insgesamt stets begrenzt und klein dargestellt, als bloße Vorstufe des Übermenschen. Das Stationendrama "Hannibal" als episiertes Drama beschreibt Hannibals Feldzug gegen Rom und endet mit dem Untergang Karthagos. Don Juan und Faust Die Welt des zu sinnlichen Don Juan (nach Mozarts Don Giovanni) und des übersinnlichen Faust werden durch Grabbe verknüpft. Das Stück war das einzige Stück Grabbes, welches zu Lebzeiten des Autors aufgeführt wurde. Die Handlung ist leicht und einfach. Im Zentrum steht der Streit der Nationalitäten Deutsch (Faust) und Spanisch (Don Juan). 3. Heinrich Heine zum Wintermärchen (Text und Unterrichtsideen) Der in Düsseldorf geborene Heinrich Heine (1797 - 1856) wurde lange Zeit in der Literaturwissenschaft ignoriert. Der von Schwermut und Dekadenz geprägte GeorgeKreis lehnte Heine wegen seiner Leichtigkeit ab. Auch Karl Kraus verurteilte Heine, da Heine mit seiner Sprache den Duktus des Journalismus vorwegnahm, Kraus sah darin einen Auslöser für den Sprachverfall am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Sprache Heines macht den Menschen erkennbar, sie führt so direkt in den Krieg. Kraus wandte sich gegen die Phrasen und die sprachliche Kommerzialisierung Heines sowie gegen die Ästhetisierung des Alltags. Noch in der BRD sprach Adorno von der "Wunde Heine". Die Nationalsozialisten ließen unter das Loreley- Lied "Dichter unbekannt" schreiben. Düsseldorf war zur Zeit der Jugend Heines französisch besetzt, Heine wurde von Jesuiten erzogen und erlebte als Jugendlicher den Einzug Napoleons im Rheinland 1808, was für alle Autoren des literarischen Vormärz ein epochales Ereignis war. Auch bei Heine findet sich eine Mystifizierung der Person Napoleons. 1835 werden die Schriften des Jungdeutschen Gutzkow (Walli die Zweiflerin etc.) vom deutschen Bundestag verboten, wenig später die Jungdeutschen insgesamt. Auf Betreiben Metternichs werden Heines Schriften ebenfalls auf die Verbotsliste gesetzt. Ab 1840 setzt eine Radikalisierung Heines ein. Eine Hetzschrift gegen den Schriftsteller und Mitbegründer des Jungen Deutschland, Ludwig Börne (1786 1837, Begründer des Feuilletons) mit dem Vorwurf des Nazarenertums und des Verrats an der Aufklärung stellt den Höhepunkt dar. Nazarener war die abfällige 4 Vormärz Epochenbegriff www.fo-net.de LGV 10 Bezeichnung für Künstler wie Schnorr von Carolsfeld, die historistische Malerei im katholischen Rom betrieben, statt die romantische Mittelaltervision zu verwerfen und sich dem hellenistischen, aufgeklärten Zeitalter zu öffnen. Über seinen Freund Wilhelm Schlegel erhält Heine Kontakt zu Md. de Staël, welche das Bild Deutschlands vom Land der Dichter und Denker vor allem in Frankreich prägte ("de l'Allemagne"). Heine war dieses Bild zu idealistisch und berücksichtigte auch nicht die sozialen Verhältnisse. Das von Heine proklamierte Ende der Kunstperiode (1832, Tod Goethes) ist gemäß der Schule der Romantik das Ende der Klassik. Heine inszeniert diesen Aufstand gegen Goethe gemäß der Didaktik Hegels von These (Klassik) und Antithese ( Romantik). [Im Gegensatz zu Schiller sollte Goethe aber nicht auf das verklärte Bild eines abstrakt denkenden imperialistischen und idealistischen Autors mit Vorliebe für den Historismus beschränkt werden.] Heine gruppiert die Romantiker, insbesondere E.T.A. Hofmann, Zacharias Werner und Novalis in den literaturgeschichtlichen Kontext ein. Die 1835 von Gervinius herausgebrachte erste große deutsche Literaturgeschichte wird dagegen von Heine (und Grillparzer) angefeindet. Im "zweiten Buch der Romantik" kritisiert Heine ferner Schlegels exzessiven Gebrauch der Allegorie und Metapher. Diese sollten nach Heine nur als politische Mittel gebraucht werden. Auch Ludwig Tieck, der Literaturpapst dieser Zeit und produktivster romantischer Schriftsteller, wird von Heine kritisiert, insbesondere die serielle Gedichtsproduktion (vgl. auch Grillparzer: "Teewasser. Gedichte von Tieck"). dagegen verehrte Heine in der Aufklärung Lessing. Kritik musste hier vor allem Nicolai (naive Aufklärung) einstecken. Lyrik Heines Heines Lyrik umfasst eine Vielzahl an Bildern Die an zentraler Stelle angeordneten Machtwörter innerhalb des für Heine typischen lyrischen Intermezzos sind identisch mit der romantischen Auffassung von Lyrik. Nacht, Traum, Rosen, Lippen und Tränen sind dabei als Allegorien ähnlich konnotiert wie in der Romantik. Die Annäherung der Geliebten an eine Heilige wird meist durch einen Maler ausgedrückt. Heine ist sich darüber im klaren, dass er damit romantische Grundtopoi benutzt und versucht sich zeitlebens vergeblich davon zu distanzieren. Atta Troll Diese Mischung aus Lied und Gedicht in Form eines Versepos ist für die Literatur des Vormärz' typisch. Der 1841 veröffentlichte Atta Troll ist eine Mischung aus komischem Tierepos, Travestie und den durch Grandville bekannt gewordenen illustrierten Tierepen (lösten Fabel ab). Das Metrum ist ein vierfüßiger reimloser Trochäus, der künstlicher als der Jambus wirkt und den natürlichen Sprachfluss hemmt. Im Trochäus ist zugleich der hämmernde Vers des spanischen Dramas geschrieben, er war zudem in der deutschen Romantik beliebt. Die Zeilen sind zu Blöcken auch sinngemäß zusammengefasst, wobei der letzte Satz eines Blocks die vorher aufgestellte Illusion stets bricht. Atta Troll ist eine Allegorie auf die vormärzliche politische Opposition der unterschiedlichsten Richtungen. Das Tier als Kritiker des Menschen stellt die Ideale 5 Vormärz Epochenbegriff www.fo-net.de LGV 10 der Liberalen Ferdinand Freilingrath und Emmanuel Geibel ("Der Mai ist gekommen") in Frage. Heines Reisebilder Die Reisebilder sind kein stimmiges Ganzes, es besteht in ihnen kein interner Sachzusammenhang. Statt dessen herrscht ein Durcheinander von Prospekten, Berichten und Aussagen als Potpourri vor. Es handelt sich aber auch nicht um ein gewachsenes, organisches Ganzes, sondern um eine Konstruktion, dessen integrale Einheit aufgebrochen wurde, der Text umfasst insgesamt auch nicht den Anspruch auf eine Gesamtaussage. 4. Georg Büchner Arbeitsblatt Abiturwissen: BVW 30 Vormärz Wissen zu Büchner und Woyzeck Der 1813 im hessischen Godelau geborene Büchner gründete 1834 die "Gesellschaft für Menschenrechte" und rief im selben Jahr mit der sozialistischen Kampfschrift "der hessische Landbote" zum politischen und gesellschaftlichen Umsturz auf. 1835 muss er deshalb nach Straßburg flüchten, wo er zwei Jahre später im Alter von erst 23 Jahren an Typhus stirbt. Er selbst war promovierter Anatom, sein Bruder war Reichstagsabgeordneter und erfand das Ultramarin, eine Schwester war Frauenrechtlerin. Sein Werk ist trotz geringen Umfangs nicht zu unterschätzen, erhalten blieben zwei abgeschlossene Theaterstücke (Leonce und Lena, Napoleon) und ein Fragment ( Woyzeck), ein Novellenfragment (Lenz) und diverse Briefe. Er nimmt insbesondere im Woyzeck u.a. Entwicklungen der Psychologie des Realismus vorweg. Die Figuren selbst praktizieren dabei eine Minimalsprache. Literaturgeschichtlich ist Büchner eng mit Grabbe verbunden. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts sind beide literarische Außenseiter. Büchner lebte lange im kleinbürgerlichen Darmstadt (Pensionopolis, laut Büchner), vergleichbar mit Grabbes Detmold. Büchner wird danach insbesondere durch "Woyzeck" zum Klassiker des 19. Jahrhunderts. Mit 21 Jahren erfolgt der erste Druck des hessischen Landboten. Von den Vorläufern Marx' lernt Büchner, dass die Wirtschaft auf Ausbeutung beruht und Veränderungen nur durch organisierte Aufstände realisierbar sind. Büchner schwankt dabei zwischen Pessimismus und Revolution (Republikaner), will aber gegen die Herrschaft zunächst mit Hilfe der Statistik (Elend der Massen) und der Religion (religiöser Fanatismus) vorgehen. Insbesondere sein bis heute umstrittener konservativer Freund Weidig war für die religiösen Elemente im Landboten zuständig. Danach soll der Glaube an Gott den Glauben an das Gute im Menschen bestärken. Bis ins 20. Jahrhundert war der hessische Landbote verpönt und nicht als politisches Pamphlet betrachtet. Die statistischen Grundlagen und das Motto "Friede den Hütten, Krieg den Palästen" waren unbekannt. Die Novelle "Lenz" basiert auf der Biographie des Sturm- und Drang- Dichters Jakob Michael Reinhold Lenz. Lenz selbst war deviant und in die Gesellschaft seiner Zeit nicht integriert sowie seelisch zerrüttet. Die Novelle kann so als Studie einer Krankheit betrachtet werden. Dabei werden die psychologischen Merkmale klar herausgestellt, wie dies medizinisch erst 60 Jahre später möglich ist. Der Text hat zwar Anfang und Ende, wichtige Zwischenpartien fehlen dem Fragmentaber. 6 Vormärz Epochenbegriff www.fo-net.de LGV 10 5. Nikolaus Lenau Der im rumänischen Csatad 1802 geborene Nikolaus Nimbsch Edler von Strehlenau war in seiner Zeit in Wien mit dem Politiker und Schriftsteller Anastasius Grün Graf von Auersperg (1806 - 1876) befreundet. Die beiden als Dioskuren (Söhne des Zeus, Kastor und Pollux) bezeichneten versteckten ihre Kritik an der Politik des Vormärz in ihrer Literatur. In Stuttgart bekam Lenau später Kontakt zur schwäbischen Dichterschule (Justinus Kerner, Uhland, Gustav Schwab). Trotz seines Versepos Faust ist er eigentlich eher als Lyriker bekannt. Die Grundstimmung in seinen Gedichten ist düster und bedrohlich. In seinen Schilfliedern dominiert die Lyrik der Andeutung, Hexe und andere Wesen tauchen nur als Vision auf, die natürlich zugeordneten Farben gehen verloren so entsteht zusammen mit den kritisch verwendeten Allegorien ein Gefühl der Melancholie. Die Antike geht von vier Temperamenten aus: Sanguiniker lustig, lebensfroh, aber auch fad, oberflächlich und flach Phlegmatiker (Phlegma = Schleim) ruhig, nichtstuend, gemütlich Melancholiker tiefsinnig, traurig, entrückt, die Hintergründe erahnend oder erkennend Choleriker aufbrausend, gereizt Lenaus Gedichte sind meist Wandergedichte (Die drei Indianer, der Polenflüchtling, der Indianerzug etc). Nicht nur dadurch wird Lenaus Literatur singulär, auch durch die Verzweiflung und Enttäuschung am Scheitern der französischen Revolution und an der Metternich- Restauration bis hin zum Vormärz. Der Rückzug in die Literatur des Biedermeier ist damit die einzige Möglichkeit des Schriftstellers. Das bisher geleistete wird bei Lenau nicht satirisch verhöhnt, wie dies unter dem Eindruck der Demontage der französischen Revolution bei Büchner und Heine geschieht. Vielmehr verdeutlicht Lenau, dass nichts Neues aus der gegenwärtigen Situation entstehen kann, alles ist nur mehr ein Nachklang des Vergangenen, insbesondere der Klassik. Lenau verdeutlicht, dass Gräber die Geschichte überdauern. Sein Blick ist der des Melancholikers: Er sieht und denkt in Allegorien. Lenaus "Faust" ist aus Dialogen (Drama) und Erzählpassagen (Prosa) zusammengesetzt. Dabei finden sich zahlreiche Rückgriffe auf Goethes Faust. Im Gegensatz zu Goethes Werk ist Mephisto bei Lenau absolut, Philosoph und Aufklärer, bei Goethe Geprellter, Verführer und Mächtiger. Lenaus Faust wird am Ende nicht gerettet, er ist hoffnungslos der Wissenssucht verfallen. Faust als Sinnbild des Individuums hat sich von Gott, der Welt und der Menschheit entfremdet. Der kenntniswillige Mensch endet im Freitod, die Theodizee kann vom Humanismus der Klassik nicht im Diesseits beantwortet werden. 7 Vormärz Epochenbegriff www.fo-net.de LGV 10 Link zur Website Vormärz Der Literaturmarkt im Vormärz Abiturvorbereitung BG SH Name: Datum: www.fo-net.de LGV 35 1. Der Literaturmarkt des Vormärz in Deutschland Nach den napoleonischen Kriegen expandiert der Handel und damit gleichzeitig das Informationsbedürfnis. Folglich entwickelte sich die Buchproduktion nach 1830 sprunghaft. Zwischen 1821 und 1838 stieg die jährliche Buchproduktion auf über 10.000 Titel um 150 %. Steigerungen erfolgten in den Bereichen Fach- und Sachbuch. Dichtung stagnierte. Das Netz der Buchhandlungen verdichtete sich (1840: 1.350 Buchhandlungen), 1825 wurde der Börsenverein des Deutschen Buchhandels gegründet. Nutznießer dieser Entwicklung waren die vielen Unterhaltungsschriftsteller. Die oppositionelle Literatur unterlag dagegen verschärfter Zensur. Mit dem Wartburgfest formierten sich 1817 Studenten und Professoren (Literaturtipp: T. Röhrig: Sand oder Der Freiheit eine Gasse). Nach 1830 bildeten sich Vaterlandsvereine. Zum Hambacher Fest 1832 und mit dem “Bund der Gerechten” werden die Bewegungen radikaler, das Interesse an (literarischen) Entwicklungen in Europa nimmt zu. Aufgabe : Was erfahren Sie über die soziale Zusammensetzung der Leserschaft der “Poetischen Literatur der Italiener” vom 15. Februar bis 23. August 1845 ? 2. Die Entwicklung des Literaturmarktes in Schleswig-Holstein seit dem Vormärz mehr zur Literatur in Schleswig-Holstein In Eckernförde verlegte 1846 der Buchhändler H. Hansen eine kleine Schrift und verstarb im gleichen Jahr. Heinrich Heldt gründete am 1. November 1854 eine Druckerei mit Buchverkauf, die sein Sohn Carl übernahm und am 1. Januar 1872 zur Buchhandlung erweiterte und der er einen kleinen Verlag angliederte. Er starb 1893, worauf der Enkel Karl zum 1. Oktober dieses Jahres der Inhaber wurde als Herzogl. Holsteinischer Hofbuchhändler und das Geschäft auf Kunst und Musikalienhandlung erweiterte. 1840 hatte Elmshorn 5000 Einwohner, wovon 204 Israeliten waren. Die kleine jüdische Gemeinde entstand durch den Emigrantenzustrom Ende des 18. Jahrhundertsnach Hamburg, das nur die reichen Juden aufnahm. Die armen wurden nach Altona abgeschoben, wo sie jedoch nicht alle ihr Brot finden konnten und nach Elmshorn und Glückstadt weiterzogen. Am 1. August 1876 gründete Wilhelm Hahn hier eine Buchhandlung, die er jedoch schon 1878 nach Plön verlegte, vermutlich, weil am 1. November 1877 die Buchhandlung von J. M. Groth mit einem kleinen Verlag hinzukam und für zwei Firmen die Einwohnerschaft zu klein war. Das Hauptgeschäft lag zunächst im Druckerei und Buchbindereibetrieb sowie im Formulardruck für Behörden aller Art. Später erweiterte Groth das Sortiment auf Musikalien und Kunstblätter, und daneben, wie stets in kleinen Orten, auf Papierhandel, die Firma besteht noch heute wie auch die Hahn’sche Buchhandlung in Plön. In Eutin, der ehemaligen Hauptstadt des Fürstentums Lübeck, zum Großherzogtum Oldenburg gehörig, gründete 1741 Peter Heinrich Struve eine Druckerei, in der Gesangbücher für das Hochstift Lübeck und verschiedene Kalender hergestellt wurden, während anschließend der Sohn Benedict Christian zum 1. Oktober 1802 die “Eutiner wöchentlichen Anzeigen” herausbrachte. Der bisherige kleine Verlag wurde erweitert 1766 durch Joh. Heinr. Hesse: 24 Oden und Lieder und eine Cantate mit Melodien ... bey ihm zu bekommen, 1798 durch Joh. Heinr. Voß “Reineke die Voß mit eener Vorklaring der olden Sassischen Worde” (Erklärung der alten niedersächsischen Worte), 1809 durch G. H. A. Ukert ”Annalen der Residenz Eutin nebst einer Topographie des Fürstenthurns Lübeck" und 1836 durch G. F. Herbart: ”Vor- und Jetzt- Zeit der... Stadt Eutin im Fürstenthume Lübeck”, mit 3 Abdrücken vom Stein. Da es zu dieser Zeit noch keine Buchhandlung in Eutin gab, verkauften die Struves die Bücher und Kalender in eigener Regie oder durch die Autoren selbst. Die Druckerei besteht noch heute. Erst 1838 eröffneten Carl H. Baurmeister zusammen mit ... Griem in Kiel und Eutin Buchhandlungen, aus der Baurmeister im Eutiner Geschäft schon 1843 wieder ausschied. Gleich 1838 verlegten sie von A. L. J. Michelsen ,Ueber die erste holsteinische Landesthellung" eine historische Abhandlung mit lithographierten Wappen. In den Jahren 1854 - 58 lithographierte H. Geerdts in Eutin eine ”Wegekarte vom Fürstenthum Lübeck” und eine ”ForstWegeKarte des Amtes Eutin”, gezeichnet von H. E. Knudsen im Folioformat. In der Industriestadt Neumünster, früher Wippendorf geheißen, entwickelte sich verhältnismäßig spät das kulturelle Leben. Uni 1850 gab es dort noch keine Druckerei oder Buchhandlung, auch keine Zeitung. 1851 bestand das Geschäft des Heinrich Schmidt, der Schul- und Bilderbücher zum Weihnachtsfeste anbot, hauptsachlich aber Nürnberger Spielsachen, Quiz- (Kurz-) und Galanteriewaren verkaufte. Für 1852 gab der Schriftsteller Franz Bocke ein Unterhaltungsblatt heraus; das war zunächst alles. Erst zum 30. April 1870 trat Robert Hieronymus mit einer Buchhandlung nebst Druckerei und Verlag auf, in dem seit dem 2. April. 1872 der ”Holsteinische Courier erschien. Nach 1900 ging der Zeitungsverlag auf K. Wachholtz über und die Buchhandlung an Hans Helmuth Clement, der sie auf Kunsthandel erweiterte. Zum 1. Dezember 1889 gründete Carsten Rathje eine Buch-, Kunst- und Musikalienhandlung. Daneben führte er auch Schreibmaterialien und unterhielt einen Journal-Lesezirkel. Seine beiden Kinder Ella und Bruno ließ er zu Buchhändlern ausbilden und nahm sie ins Geschäft. Ende 1940 zog der Vater sich daraus zurück und starb im hohen Alter von 88 Jahren am 13. März 1954. Die Firmen bestehen heute leider nicht mehr.. In Kappeln an der Schlei im Lande Angeln gründete am 1. Oktober 1876 Peter Kock eine Buchhandlung und gliederte einen kleinen landwirtschaftlichen Verlag an. Als erstes Erzeugnis kam 1879 vom Feldmesser J. S. Meyer ”Tabellen zur Umwandlung Hamburger Ruthen auf die neuen Hamburger Maaße” für 1 Mark, doch gab es darauf keinen Rabatt, sodass die Sortimenterkollegen den Verkaufspreis selbst festsetzen mussten. Schon zum 1. Oktober 1883 übernahm der Sohn August das Geschäft und verlegte 1884 von P. Petersen ”Geschichtliches über (das Gut) Lindau in Angeln” zur 100jährigen Jubelfeler seiner Parcellierung,und 1885 (der Kuriosität halber hier aufgeführt) von Dir. Dr. J. Brümmer ”Die Altersbestimmung des Pferdes,sowie die Betrügerelen, welche an den Schneidezähnen vorgenommen werden”, 16 Seiten mit 15 Holzschnitten, für 50 Pfg., ebenfalls netto ohne Rabatt. Quelle u.a. : Aus dem Antiquariat - Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel - Frankfurter Ausgabe - Nr. 78, vom 29.09.1978