- Spurensuche in Schaumburg

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- Spurensuche in Schaumburg
Erläuterungen zu den Einzelobjekten
in Wiedenbrügge
Historischer Ortsspaziergang
durch Dorf und Flur
Wiedenbrügge
Der Ortsname im Laufe der Zeit
1247 Winbrugge
1314 Winbrucke
1549 uth der Winbrügge
1578 zur Weinbrugge
1600 Wienbrügge
1748 Wienbrück
Namendeutung: Zusammensetzung von mnd. brügge
(Brücke), wohl mit mnd. winne (Weideland)
Das Wappen in grün zeigt eine wachsende silberne Weide
unter einer gemauerten silbernen Bogenbrücke.
1
Eisenbahnbrücke Winzlarer Grenzgraben
Die Kleinbahnstrecke Wunstorf - Bad Rehburg wurde
1898 eröffnet.
Am 20. Mai lief die Dampflok „Steinhude“ das erste Mal
in den Winzlarer Bahnhof ein. Die schöne Gewölbebrück
lässt noch erkennen, mit welcher Solidität und Harmonie
Bauwerke zu jener Zeit erstellt wurden.
2
Buschmanns Landwehr
Kleine Ortsgeschichte
Wiedenbrügge wurde als eine der ersten Hagenkolonien
der Grafen von Roden-Wunstorf in der Zeit zwischen
1203-1228 im Bereich des Dülwaldes angelegt.
Bis zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges gehörte
Wiedenbrügge zum Amt Sachsenhagen und fiel nach der
Teilung Schaumburgs 1647/48 an den lippischen Teil
zum Amt Hagenburg. 1899 übernahm der Kreis
Stadthagen die Verwaltung und von 1948 bis 1977 der
Landkreis Schaumburg-Lippe.
Am 1. März 1974 schloss sich Wiedenbrügge mit
Wölpinghausen, Bergkirchen, und SchmalenbruchWindhorn zu einer Gemeinde zusammen. Heute gehört es
der Samtgemeinde Sachsenhagen an.
Mitte des 16. Jahrhunderts umfasste Wiedenbrügge 12
Höfe, deren Bauern, allesamt Halbmeier, waren
Eigenbehörige (Leibeigene) der von Münchhausen zu
Remeringhausen.
Eine Erweiterung um Hofstellen erfolgte in
Wiedenbrügge erst Mitte des 18. Jahrhunderts durch
Förderung von Zuwanderungen durch Graf Wilhelm
(1766 - 142 Einwohner) und im 19. Jahrhundert durch die
Agrarreformen und die Gründung der Ziegelei mit
zeitweilig 70-80 Beschäftigten (1905 - 229 Einwohner).
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich
Wiedenbrügge zunehmend zum Wohnstandort (1964 333 Einwohner, Buschmanns Landwehr 55 Einwohner,
Ziegelei 17 Einwohner / Im April 1994 werden 394
Einwohner angegeben).
In der frühen Zeit war Buschmanns Landwehr eine
Wehrstation, später Zollgrenzstation zum Königreich
Hannover und ab 1866 zum Königreich Preußen.
Noch um die Jahrhundertwende war sie eine
Ausspanngaststätte für die vielen Pferdefuhrwerke.
Betrieben wurde sie seinerzeit von Anton Bultmann, als
Lustiger Anton bekannt.
Namensgebung: In alten Steuerregistern wird 1602 ein
Hans vom Busche erwähnt, gefolgt von Lüder vom
Busche, der dann ab 1609 als Lüder Buschmann
Landwehr bezeichnet wird.
3
Salzquelle
Der alte Salzbrunnen, der „Soltsoot“ ist urkundlich
erstmals 1237 erwähnt. Um 1790 wurde er mit Hilfe einer
Siedeanlage zur Herstellung von Speisesalz genutzt.
Im vorletzten Jahrhundert wurde die Sole im nahe
gelegenen Brunnenbad Bad Rehburg genutzt (18121900).
In den Jahren 1936-1939 plante die Gemeinde hier ein
Solebad zu errichten, welches sich aber in den folgenden
Kriegsjahren wieder zerschlug.
4
Straßen- und Eisenbahnbrücke
Der Brückenplatz, an der die Steinhuder-Meer-Bahn bis
1969 die Straße überquert hatte.
Die Brücke hat eine erstaunliche Breite. Das erklärt sich
dadurch, dass Bahntrasse und Landstraße über die gleiche
Brücke führten und diese außerdem schräg über den Bach
führt.
5
Alter Grenzstein von 1745
Bei den historischen Grenzsteinen handelt es sich zumeist
um behauenen Naturstein. Sie dienten zur Markierung
größerer Herrschaftsbereiche (hier: Schaumburg-Lippe
und damaliges Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg/Kurhannover).
Sie finden sich wie dieser, nicht selten an Landwehren
oder Grenzgräben.
6
Ziegelei
8
Alte Schule von 1904
Die Schule wurde 1904 von den Gemeinden
Wiedenbrügge und Schmalenbruch errichtet.
Die Inschrift am Giebel (8a) lautet:
„Wachset in der Gnade und Erkenntnis unsers Herrn und
Heilandes Jesu Christi – Anno Domini 1904 – Jugend
und verlor’ne Zeit kommt nicht wieder in Ewigkeit“.
Im
Jahr
1969
wurde
die
Schule
laut
Schulentwicklungsplan geschlossen. Heute befindet sich
hier der örtliche Kindergarten.
9
Grotte
Die Bruchstein-Grotte diente als Außensitzbereich des
Wiedenbrügger Bahnhofs (siehe auch Punkt 17) zur
Steinhuder Meerbahn.
10
Die Ziegelei wurde ca. 1890 durch die Brüder Wilhelm
und August Lübking in Wiedenbrügge gegründet.
Um 1922 wurde sie an die Fa. Bernhard Pape in Wunstorf
verkauft. In den 50er Jahren hatte die Zweigstelle
Wiedenbrügge eine Belegschaft von rund 140 Personen
und es wurden hier hauptsächlich Dachpfannen und
Klinker produziert.
Nach der Schließung 1969 wurde auf dem Gelände eine
Mülldeponie eingerichtet, welche mittlerweile abgedeckt
ist.
Die Brüggebeeke, hier um 1930, bezeichnete den alten
Dorfteich. Er wurde bei der Flurbereinigung 1959/60
zugeschüttet und durch einen Durchflussgraben ersetzt.
11
7
Brüggebeeke
Alter Kirchweg
Riesenstein
Der Riesenstein, ein Zeitzeuge aus der Eiszeit, gelang
wahrscheinlich als Teil einer Endmoräne in die
Wiedenbrügger Heide.
1922 versuchte man den Stein zu sprengen, um aus den
Felsteilen ein Kriegerdenkmal herzustellen. Die
Sprengung misslang jedoch.
Zwischen den damaligen Wiedenbrügger Hofstätten 2
und 10 lag der sogenannte Kirchweg.
Auf diesem Kirchweg hatten die Bewohner ihren Weg
zur Kirche genommen.
Er war 1 m breit. Bei der Flurbereinigung 1959/60 wurde
das Wegerecht aufgehoben und existiert heute nicht mehr.
(Kartenausschnitt von 1876)
12
Fachwerkscheune Hof Nr. 8
Eine bauzeitlich erhaltene Scheune zugehörig zum
nebenstehenden Wohnhaus mit Ziermauerwerk, 1900
erbaut von Heinrich und Caroline Wüstenfeld.
13
Hofmauer mit Toreinfahrt
Alte Ziegelmauer, mit schönen Abschlusssteinen beim
ehemaligen Halbmeierhof Nr. 9.
Durch Heirat erhielt sie den Namen Kannenmeyer. Ein
geringes Einzugsgebiet und deren Nachfolgeprobleme
führten 1969 zur Schließung der Molkerei.
17
Bahnhofsrestaurant Wiedenbrügge
Neben dem Bahnhof Wiedenbrügge wurde eine Gaststätte
betrieben. Die Gaststube war zugleich Warteraum mit
Fahrkartenverkauf. Daneben war die Bäckerei mit
Kohlenhandel und Landwirtschaft. Auch die Poststelle
befand sich bis Kriegsende in diesem Haus.
14
Fachwerkgiebel der Hofstelle Nr. 26
Die etwas außerhalb des Dorfes liegende Hofstelle Nr. 26
mit ihren Stallungen und Scheune (14a) wurde 1853
durch Cord Heinrich und Sophie Schade errichtet.
Die Vielfalt der liebevoll gepflegten Tore, Türen und
Luken prägen das Ensemble.
15
Kriegerdenkmal
Schmalenbruch
Der Ortsname im Laufe der Zeit
1549 im Schmalenbrock
1550 im Smalenbroke
1600 im Schmalenbruche
Das Denkmal wurde 1928 erbaut und war auf dem
damaligen Schulhof errichtet worden.
Es steht seit 1972 auf dem 1961 angelegten Friedhof. Die
zugehörige Friedhofs-Kapelle wurde 1965 erbaut.
16
Alte Dampfmolkerei
Namendeutung: Zusammensetzung von mnd. brok
(Bruchgebiet / mit Bäumen bewachsenes, sumpfiges
Gelände und mit dem Adjektiv mnd. smal (schmal)
Kleine Ortsgeschichte
Schmalenbruch entstand im 16. Jahrhundert als
Nachsiedlung für Wiedenbrügge durch Brinksitzer und
Kötner, denen ausschließlich Rottland zur Verfügung
stand.
1651 zählte es 11 Hausstellen zu denen erst 1732 weitere
5 Einlieger hinzukamen. 1766 hatte der Ort 69
Einwohner. 1871 hatte sich der Ort auf 18 Wohnhäuser
vergrößert, die Einwohnerzahl lag nun bei 106 Personen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es 1950 bei 273
Einwohnern (99 Vertriebene) 29 Wohngebäude im Ort.
Im April 1994 zählte Schmalenbruch (mit Windhorn) 100
Einwohner.
Hinter dem Bahnhof war die Molkerei. Sie wurde um
1900 von Herrn Lukow erbaut.
Die geschichtliche Verwaltungszugehörigkeit ist mit der
Dorfschaft Wiedenbrügge identisch.
Erläuterungen zu den Einzelobjekten
in Schmalenbruch
18
Giebel Haupthaus Hof Nr. 1
18a Die Wagenremise vom Hof Nr. 1 ist mit den
Rundbögen aus Ziermauerwerk und den passenden
Türblättern ein schönes Zeitzeugnis.
Die Inschrifttafel des mit reichlichem Ziermauerwerk
versehene Wohnhaus weist als Erbauer Heinrich Meier
im Jahre 1894 aus. Die mit Eichenlaub-Ornamenten
umgebende Tafel trägt den Spruch Ehre dem Herrn von
deinem Gut, so werden deine Scheunen voll werden.
Weiterhin wurde sie mit den Symbolen der Sense, Harke
und Butterfass versehen.
Steinhuder Meerbahn
Der durch die Gemeinde verlaufende Abschnitt der
Strecke Wunstorf-Bad Rehburg wurde erstmals am
21. Mai 1898 von der Steinhuder-Meerbahn AG in
Betrieb genommen.
Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h wurden an
Wochenenden überwiegend Erholungssuchende in die
„Seeprovinz“ befördert.
19
Wirtschaftsgiebel – Ziegelbau Hof Nr. 16
Ein weiterer Giebel mit Ziermauerwerk und einem
bauzeitlich erhaltenem dreiflügeligem Dielentor mit einem
Oberlicht aus feingliedrig geteilten Sprossenfenstern.
20
Fachwerkbau von 1839 - Hof Nr. 9
Durch die alte Toreinfahrt (20a) gelangt man auf den 1839
errichteten Hof der damaligen Familie Dühlmeyer (20bSchriftbalken). In der Wagenremise befand sich nach hinten
anschließend eine Stellmacherwerkstatt (20c).
21
Bauzeitliche Haustür
Bauzeitlich erhaltene Holztür mit blauem Anstrich und
weiß abgesetzten Kassettenfüllungen.
22
Ursprünliche Hofstelle Nr. 3 – im Verfall
Das alte Dreiständer-Fachwerkhaus und der angefügte
Ziegelbau der ehemaligen Hofstelle Nr. 3. In seiner Art
eine Seltenheit, der Verfall deshalb besonders
bedauerlich.
23
Hofstelle Nr. 2
Als Hofeinfahrt zur ehemaligen Hofstelle Nr. 2 dient eine
Allee aus Birnbäumen (23a). Dicht neben den Gehöften
befanden sich zumeist die Hofbrunnen (23b). Sie waren
aus Bruchsteinen gesetzt und über all die Jahrhunderte
die Wasserquelle der Hofbewohner, bis 1954 der
Anschluss an die zentrale Wasserversorgung erfolgte. Für
die Vierbeiner befindet sich am Wirtschaftsgiebel ein
Hundeloch (23c).
24
Bahnhof Schmalenbruch
In dem 1901 errichteten Gebäude befand sich neben dem
Bahnhof auch eine Gastwirtschaft. Der damalige
Betreiber Heinrich Meyer bewarb seinen Gasthof zum
Bahnhof seinerzeit als:
„Neues Gebäude mit einem kleinen Balkon,
wohlgepflegtes Blumengärtchen mit Gartenhäuschen;
ausgezeichneter, großer Musikautomat „Polyphon
Rossini“; Saal, 5 Zimmer, Preis nach Übereinkunft;
Standesamt im Hause.“
Der Musikautomat ist heute nicht mehr zu bewundern,
stattdessen aber die reich verzierte Eingangstür (a) und
der alte Bahnhofs-Schuppen (b).
Die Einstellung des Personenverkehrs auf der Strecke
Wunstorf-Bad Rehburg erfolgte Anfang 1964.
25
Die ursprüngliche Bahntrasse lädt heute
zum Spazieren und Verweilen ein.
Windhorn
Der Ortsname im Laufe der Zeit
1596 im Winthorn (als Flurbezeichnung)
1609 Windthorn
1766 Windhorn
Namendeutung: Von mnd. horn
zulaufendes, keilförmiges Landstück.
(Horn)
-
spitz
Ob die Bezeichnung Wind tatsächlich vom Wind herrührt
ist nicht geklärt.
Kleine Ortsgeschichte
Bei Windhorn handelt es sich um eine späte Besiedelung
mit ursprünglichem Einzelhof und lediglich 2 Hofstellen
im Anfang des 17. Jahrhunderts, 1732 waren es 3 Höfe.
Die geschichtliche Verwaltungszugehörigkeit ist mit der
Dorfschaft Wiedenbrügge identisch.
Erläuterungen zu den Einzelobjekten
in Windhorn
Karten siehe
Beiblatt A3 im Anhang
26
Streuobstwiese mit altem Baumbestand
Obstanbau hatte für die Ernährung und
Vitaminversorgung der Bevölkerung Jahrhunderte lang
eine große Bedeutung. Bei einer Streuobstwiese stehen
die Obstbäume ohne geometrische Ordnung zueinander.
Ausschnit aus der
Giesler-Karte von Wiedenbrügge
aus dem Jahr 1751
(Niedersächsisches Landesarchiv Standort Bückeburg S1 B 10284, Bl. 1)
27
Hof Nr. 4
Der Fachwerkgiebel des Haupthauses und die
Wagenremise mit 5 Unterstellplätzen (27a) bilden die
Besonderheit dieser unter Denkmalschutz stehenden
Hofanlage.
Ausschnit aus der
Giesler-Karte von Schmalenbruch
aus dem Jahr 1751
(Niedersächsisches Landesarchiv Standort Bückeburg S1 B 10227, Bl 2)
28/29 Eckgrenzsteine von 1733
Die Grenzsteine auf der Grenze zu Schaumburg-Lippe
und der Hessischen Grafschaft Schaumburg tragen neben
den jeweiligen Landeswappen auch eine laufende
Nummer. Historische Grenzsteine sind vielerorts noch
erhalten, manchmal liegen sie unter der Erde oder sind im
Unterholz verborgen.
(vgl. Karte unten auf diesem Blatt)
„Goose“-Treppe
Der letzte Abschnitt des Kirchweges von Wiedenbrügge
nach Bergkirchen ging über die „Goose“-Treppe
(Gänsetreppe), die aufgrund ihrer geringen Breite
nacheinander, im Gänsemarsch, erklommen werden
musste.
Nachsatz
Die Auswahl der Gebäude stellt keine Wertung dar. Ziel
dieser Darstellung ist vielmehr ein Querschnitt noch
erhaltener Zeugnisse aus historischer Zeit. Neben den
dargestellten Objekten gibt es in diesem Ort darüber
hinaus noch weitere beachtenswerte Beispiele.
Danksagung
Die drucktechnische Bearbeitung und der Auflagendruck
wurden von der Gemeinde Wölpinghausen finanziert.
Dafür sei an dieser Stelle recht herzlich gedankt.
Impressum
Herausgeber:
Schaumburger Landschaft
(Initiativgruppe „ Spurensuche“)
Autor:
Alexandra Blume, Auhagen
Beiträge:
Barbara u. Michael Grossmann,
Friedrich Wilhelm Nölke,
allesamt Wiedenbrügge
Redaktion:
Ute und Dr. K.- H. Oelkers
Druck:
KORTEC, Inh. R. Kording , Südhorsten
Bezugsmöglichkeit: Gemeinde Wölpinghausen