Internet-Communities YouTube
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Internet-Communities YouTube Hausarbeit A Vorgelegt von: Sven Schick Studium: International Management Siebtes Semester Betreuender Dozent: Prof. Dipl. Oec. Christoph Ewert Datum: 31.12.2010 Internet Communities – YouTube Seite I Inhalt Inhalt ....................................................................................................................................................... I Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................................... II Kurzfassung der Arbeit ....................................................................................................................... III 1 Einführung .......................................................................................................................................... 1 1.1 Motivation der Arbeit ................................................................................................................. 1 1.2 Ziele und Aufbau der Arbeit ...................................................................................................... 1 2 Grundlagen ......................................................................................................................................... 2 2.1 Internet-Communities ................................................................................................................. 2 2.2 Bedeutung von Internet Communities....................................................................................... 3 2.3 Bewegtbilder im Internet ............................................................................................................ 5 3 YouTube .............................................................................................................................................. 6 3.1 YouTube Geschichte ................................................................................................................... 6 3.2 Übernahme durch Google........................................................................................................... 6 3.3 Treiber der YouTube-Entwicklung ........................................................................................... 7 3.4 Aktuelle Situation der Online-Videoportale ............................................................................. 8 4 YouTube als Marketinginstrument .................................................................................................. 8 4.1 Bedeutung von YouTube ............................................................................................................ 8 4.2 Zielgruppe .................................................................................................................................. 10 4.3 Aufmerksamkeit erzeugen ........................................................................................................ 10 4.4 Dialog führen ............................................................................................................................. 12 4.5 Offline und Online Medien verknüpfen .................................................................................. 14 4.6 Virales Marketing mit YouTube .............................................................................................. 15 4.7 Risiko Urheberrecht .................................................................................................................. 17 5. Erfolgskennzahlen bestimmen ....................................................................................................... 18 5.1 Erfolgskennzahlen auf YouTube ............................................................................................. 18 5.2 Erfolgskennzahlen bei mehreren Internet-Videoplattformen ............................................... 19 5.3 Analyse Kosten/Nutzen ............................................................................................................. 19 6 Weiterführende Analyse .................................................................................................................. 20 6.1 Pre-Roll ...................................................................................................................................... 20 6.2 Zukünftige Entwicklung Internet vs. TV ................................................................................ 21 7 Zusammenfassung ............................................................................................................................ 22 Literaturverzeichnis ............................................................................................................................. IV Internet Communities – YouTube Seite II Abbildungsverzeichnis Abb1.: Segmentierungstools für Internet Communities……………………….……………………3 Abb2.: Brand Channel von HUGO BOSS auf YouTube……………………………….………….12 Abb3.: Interaktive Schaltflächen auf YouTube………………………………….…………………14 Abb4.: Analyse durch das Insight-Tool von YouTube…………………………………..…………18 Internet Communities – YouTube Seite III Kurzfassung der Arbeit Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema Internet-Communities. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf Online-Videoportale, insbesondere auf YouTube geworfen. Ziel dieser Arbeit ist es, die Chancen und Potentiale solcher Plattformen für Marketingzwecke aufzuzeigen, aber auch deren Risiken näher zu beleuchten. Die Relevanz von Bewegtbildern im Internet ist bereits heute enorm. So wurden alleine im April 2010 durch 44 Millionen deutsche Internetnutzer mehr als 9,4 Milliarden Videos online abgerufen. Dies entspricht im Schnitt 214 Videos je User. Mit einem Marktanteil von knapp 50 Prozent wird ein Großteil dieser Videos bei YouTube angesehen. Damit ist YouTube die bedeutendste Internet-Videoplattform. Dabei weisen Entertainment-Plattformen, zu denen auch Videoportale zählen, optimale Bedingungen für Werbliche Botschaften auf. Nutzer befinden sich hier in einem sehr wachen, aktiven und interessierten Zustand. Die Aufnahmebereitschaft für Werbebotschaften ist dadurch deutlich erhöht. Um jedoch YouTube als Marketinginstrument richtig und effizient zu nutzen, werden in der vorliegenden Arbeit verschiedene Aspekte erläutert, sowie ausführlich und kritisch analysiert. So wird gezeigt, wie es gelingt, Aufmerksamkeit für seine eigenen Videos zu erzeugen, durch eine Kombination von offline- und online-Medien die Reichweite zu erhöhen oder virale Effekte vorzubereiten. Des weiteren werden mit den Themen Datenschutz und Kontrollverlust Risiken aufgezeigt, denen sich ein Unternehmen durch Internet-Communities ausgesetzt sieht. Grundlage für eine kritische Erfolgsmessung ist der ehrliche Umgang mit Zahlen. In dieser Arbeit werden dafür verschiedene Werkzeuge vorgestellt, womit Aspekte wie Phasen zu- und abnehmender Popularität, genauso wie die Zielgruppe oder demografische Merkmale analysiert werden können. Ferner wird gezeigt, dass sich durch Werbung auf YouTube der ROI, sowie der Abverkauf kurzfristig deutlicher steigern lassen als dies bei Werbung über andere Medien möglich wäre. Zuletzt stellt die Arbeit in einer weiterführenden Analyse die wirtschaftlich wirkungsvollste Form klassischer Bewegtbildwerbung im Internet vor. Bei Pre-Rolls handelt es sich um Werbeclips, die vor dem Start des eigentlich ausgewählten Filmes gezeigt werden. Diese zeigen sich besonders erfolgreich, da ein Nutzer, der einen Clip aktiv auswählt, einen vorgeschalteten Spot auch ansehen und dessen Botschaft wahrnehmen wird. Angesichts der nun genannten Erscheinungen stellt sich die Frage, ob professionelle und nicht-professionelle Videos die Fernsehinhalte zukünftig verdrängen werden. In einer abschließenden Analyse, in der das Nutzungsverhalten beider Medien gegenübergestellt wird, zeigt sich jedoch, dass sich die Medien eher ergänzen den ersetzten. Internet Communities – YouTube Seite 1 1 Einführung 1.1 Motivation der Arbeit The medium ist the message – das Phänomen YouTube lässt sich kaum treffender formulieren. Diese Aussage prägte Marshall McLuhan, einer der bedeutendsten Medientheoretiker des 20. Jahrhunderts. So beschreibt er in seinem Buch aus dem Jahr 1964 „Understanding Media“, dass die Gesellschaft, sowie deren Kommunikation einer ständigen Veränderung unterworfen ist. Maßgeblich beeinflusst wird diese durch die Einführung neuer Technologien. So nahm McLuhan an, dass der Kommunikationskanal aufgrund seiner charakteristischen Eigenschaften schon Botschaft ist, welche sich als „message“ auf eine Gesellschaft auswirkt. YouTube selbst hatte zunächst weder etwas mit den klassischen Medien noch mit der Unternehmenskommunikation zu tun. Durch die Partizipation der breiten Masse entstand jedoch eine neue Ausdrucksform, welche schnell Akzeptanz im Kommunikationsverhalten der Menschen fand. Dabei vereint YouTube Ausdrucksform, Lebensgefühl und Selbstbewusstsein einer neuen Generation in sich. Die Videoplattform gibt dem globalen Dorf1 ein Fenster, durch das ein jeder hinein- oder hinausschauen kann. In diesem Zusammenhang sind die Filme von Matt Harding „Where the hell is Matt“ ein Symbol für das globale Zusammenwachsen. Der immer gleiche Protagonist verbindet durch einen immer gleichen Tanzstil verschiedenste Orte dieser Welt, u.a. das Kap der guten Hoffnungen, New York oder Tokyo und es entsteht der Eindruck, das Raumgrenzen verschwinden.2 Schon heute ist die Relevanz bewegter Bilder im Internet enorm. Nichtsdestotrotz wird ihnen durch Experten auch weiterhin ein großes Wachstumspotential zugesprochen, wie im weiteren Verlauf gezeigt wird. Um dieses Potential zu nutzen erklärt diese Arbeit, wie Internet Communities für Bewegtbilder, im Besonderen YouTube, für das Marketing eingesetzt werden können. 1.2 Ziele und Aufbau der Arbeit Im Folgenden soll gezeigt werden, wie Internet Communities speziell für Bewegtbilder für das Marketing genutzt werden können. Dabei werden Chancen und Potentiale genauso wie Risiken erläutert und untersucht. Im ersten Teil der Arbeit wird auf Grundlagen und Begriffserläuterungen eingegangen. So wird gezeigt, was unter Internet Communities verstanden wird und wie sich solche gliedern lassen. Ferner wird das Potential von Bewegtbildern im Internet aufgezeigt. Im zweiten Teil wird die größte Internet-Videoplattform YouTube näher vorgestellt und die aktuelle Situation der Branche beleuchtet. 1 Der Begriff „globales Dorf“ wurde 1962 ebenfalls von McLuhan in seinem Buch The Gutenberg Galaxy geprägt. Damit bezeichnet er die moderne Welt, die aufgrund der elektronischen Vernetzung zu einem Dorf zusammenwächst. 2 Beißwenger, A., Audivisuelle Kommunikation in der Globalen Netzwerkgesellschaft, S. 16 Internet Communities – YouTube Seite 2 Im dritten Teil wird gezeigt, wie YouTube für Marketingzwecke verwendet werden kann. Ferner wird erklärt, welche Vorteile YouTube gegenüber klassischen Medien, aber auch gegenüber anderen Formen von Online-Werbung bietet. Auch das Thema Urheberrecht wird hier als Risikofaktor betrachtet. In Teil fünf dieser Arbeit wird auf die Erfolgsmessung eingegangen. Dazu werden verschiedene Modelle sowie der ROI (Return on Investment) vorgestellt. Letztlich werden in Teil sechs der Pre-Roll als weiterer Aspekte der Bewegtbildwerbung im Internet vorgestellt. Mit einem Vergleich der Format TV und Internetvideo als Zukunftsausblick schließt die Arbeit. 2 Grundlagen 2.1 Internet-Communities Die neuen Entwicklungen durch das Web 2.0 verändern die Rahmenbedingungen der Kommunikation grundlegend. Hauptsächlich durch den technologischen Fortschritt getrieben, entstehen neue Bewertungsdimensionen für Informationen genauso wie die Möglichkeit, dass eine einzelne Stimme viel bewirken kann. Durch diese neue Partizipation einer breiten Öffentlichkeit entstehen wiederrum Netzwerke und Communities.3 Jedoch existiert weder in der wissenschaftlichen noch in der anwendungsorientierten Literatur eine allgemein gültige oder abschließende Definition des Begriffes „Internet Community“. Auch für den Begriff selbst lassen sich in den zu diesem Thema erschienenen Publikationen verschiedene Begriffe finden. Als Synonyme werden beispielsweise „Online Communities“, Web Communities“ oder „Virtual Communities“ genutzt. Daher werden im Folgenden zwei häufig in der Literatur erwähnte Definitionsansätze gezeigt.4 Hagel III/ Armstrong (1997): „Virtual Communities are […] groups of people with common interests and needs who come together online. Most are drawn by the opportunity to share a sense of community with likeminded strangers, regardless of where they live. But virtual communities are more than just a social phenomenon. What starts of as a group with a critical mass of purchasing power, partly thanks to the fact that communities allow members to exchange information on such things as a product’s price and quality.”5 Kozinets (1999): “They (virtual communities) can be defined as affiliative groups whose online interactions are based upon shared enthusiasm for, and knowledge of, a specific consumption activity or related group of activities.”6 3 Beißwenger, A., Audivisuelle Kommunikation in der Globalen Netzwerkgesellschaft, S. 26 Panten, G., Internet-Geschäftsmodell Virtual Community, S. 18 5 Panten, G., Internet-Geschäftsmodell Virtual Community, S. 19 6 Panten, G., Internet-Geschäftsmodell Virtual Community, S. 19 4 Internet Communities – YouTube Seite 3 Internet Communities im Sinne dieser Arbeit sind folglich Online-Gemeinschaften von Menschen, die ein gemeinsames Interesse oder eine gemeinsame Zielsetzung verfolgen, mit organisierter Kommunikation auf einer technischen Plattform. Unter Nutzern oder Usern werden Mitglieder solcher Communities verstanden. Auch in Bezug auf Community-Strukturen gibt es noch keinen allgemein gültigen Schluss. Erkenntnisse zeigen jedoch, dass mit dem Grad der Fokussierung auf ein bestimmtes Themenspektrum das Entstehen enger Beziehungen initiiert wird. Auch steigt mit zunehmender Identifikation der Nutzer die Bereitschaft zur gegenseitigen Hilfe. Dennoch beteiligen sich trotz hoher Identifikation nicht alle Nutzer am Geschehen der Community. Es besteht folglich ein Kern aktiver Nutzer als Zentrum der Gemeinschaft.7 2.2 Bedeutung von Internet Communities Internet-Communities bieten Unternehmen viele Chancen, bergen allerdings auch Risiken. Unternehmen müssen daher verstehen lernen, welche Arten von Communities es gibt, welche für sie relevant sind und wie man mit diesen eine sinnvolle Interaktion aufbauen kann, um die eigene Marke zu stärken. Um die vielfältigen Internet-Communities zu klassifizieren steht eine große Anzahl an Segmentierungstools zur Verfügung. Das im Folgenden vorgestellte Modell der Autoren Claudia Fisher-Buttinger und Christine Vallaster konzentriert sich auf zwei Hauptdimensionen. Zunächst wird die Zielsetzung der Community betrachtet: geht es um konkrete Ziele oder eher um eine spielerische Interaktion, bei der das Hauptaugenmerk auf der Kommunikation liegt. Zum anderen wird die Initiierung und Steuerung der Community untersucht: Zeigt sich ein Unternehmen oder die User selbst verantwortlich. Abbildung 1 Segmentierungstool für Internet Communities 7 Panten, G., Internet-Geschäftsmodell Virtual Community, S. 12f Internet Communities – YouTube Seite 4 Open-Source Kollaborateure Das sogenannte Crowdsourcing ermöglicht das Auslagern von Aufgaben in die Community. Die Nutzer (Experten oder Amateure) lösen die Probleme, z.B. logistische vor Ort. Folglich wird dabei die Kreativität einer großen Gruppe genutzt. Beispiele für Crowdsourcing lassen sich in fast jedem Industriezweig finden. „A better tomorrow“ (http://www.a-better-tomorrow.com) ist eine deutsche Plattform in der Modeindustrie und Anlaufstelle für zumeist ausgefallene Designs, abseits der großen Versender. User werden animiert, eigene Designs von Shirts oder Accessoires zu entwerfen und der Community zu präsentieren. Diese entscheidet dann zusammen mit einer Jury, welche Entwürfe in diversen Magazinen vorgestellt oder gar in Läden zum Kauf angeboten werden. Innovative Experten Hier werden Communities beschrieben, deren Mitglieder sich um ein gezieltes Vorhaben versammeln, wie die Verbesserung oder Weiterentwicklung eines bestimmten Produktes. In der Regel werden diese Communities von gleichgesinnten selbst initiiert, gesucht wird der Austausch mit anderen, gut informierten Enthusiasten. Ein Beispiel ist die Plattform „alt.coffee“, auf der sich Kaffee-Enthusiasten treffen, mit dem Ziel, den perfekten Espresso zu brühen. Obwohl solche Communities unabhängig von Unternehmen oder Marken agieren, sollten Unternehmen dennoch derartige Diskussionen verfolgen. Typischerweise handelt sich bei Usern in solchen Communities um Trendsetter, Opinion Leader oder zumindest um Early Adaptors. Unterhaltungssuchende Hier versammeln sich User mit dem Ziel, unterhalten zu werden. Zur Zeit werden für dieses Segment eine Vielzahl von Methoden und Techniken entwickelt. Dazu gehören Webisodes (Seifenopern im Internet) oder auch virale Marketingkampagnen. Auf die Effekte dieser Mund-zu-Mund-Propaganda wird im weiteren Verlauf genauer eingegangen. Kreative Kontributeure Mitglieder dieser Communities sind meistens sehr kommunikativ. So generieren z.B. manche Blogs eine treue und interaktive Leserschaft, die letztlich Community-ähnliche Merkmale aufweist. Viele Blogs fallen jedoch in dieses Segment und nicht in jenes der Experten, da den Autoren meist das fundierte Wissen fehlt. Auch Evaluierungsportale, in denen Mitglieder ihre Erfahrungen mit Produkten oder Dienstleistungen veröffentlichen, gehören zu dieser Art von Communities. Trotz starker Schwankungen in Qualität und Tiefe solcher Rezessionen, vertrauen Kunden solchen Online Reviews meist mehr als den bekannten Selbstdarstellungen von Unternehmen.8 8 Fisher-Buttinger, C., Vallaster, C., Interaktion mit Online Communities- Spielregeln zur Stärkung der Marke, Marketing Review St. Gallen, 01/2009 Internet Communities – YouTube Seite 5 YouTube ist Online-Video und Internet-Community zugleich. So bilden sich große und kleine Communities auf der Plattform um verschiedene Videos. Je nach Art und Interesse des Nutzers und des veröffentlichten Videos lassen sich so alle oben beschriebenen Arten von Communities auf YouTube finden.9 2.3 Bewegtbilder im Internet Bewegte Bilder üben seit jeher einen besonderen Reiz auf Menschen aus. Angefangen bei Daumenkinos auf Jahrmärkten des 19. Jahrhunderts über erste Kurzfilme der Gebrüder Lumière aus dem Jahr 1895, den Stumm- und Farbfilm bis hin zum Fernsehen. Mit der live-Übertragung der ersten Mondlandung der US-Amerikaner am 21. Juli 1969 wird oft der erste Höhepunkt und der Siegeszug des Fernsehens in Verbindung gebracht.10 Jedoch verliert das Fernsehen heute zunehmend an Strahlkraft. Dabei ist die Entwicklung keinesfalls stehen geblieben, einzig die Ströme verlagern sich. Mitte 2010 hat das Internet in der Nutzung das traditionelle Fernsehen überholt. Innerhalb Europas nutzen die Menschen dann 2,5 Tage je Monat oder 14 Stunden je Woche das Internet. Das Fernsehen indes kommt nur auf 11,5 Stunden je Woche.11 Ein Treiber dieser Entwicklung ist dabei die seit Jahren steigende Beliebtheit von Videos im Internet. Hatten im Jahr 2006 erst 28 Prozent der deutschen Onliner Erfahrungen mit Bewegtbildern im Internet gemacht, waren es 2010 bereits 65 Prozent (2009: 62 Prozent). Diese Entwicklung ist vor allem auf die Nutzung von Videoportalen zurückzuführen. So haben inzwischen 58 Prozent der deutschen mit Internetzugang Kontakt zu Videoportalen (2009: 52 Prozent). Eine im Oktober 2009 veröffentlichte Studie von comScore zeigt zudem, dass im August 2009 in Deutschland 36 Millionen Nutzer mehr als 6 Milliarden Videos online abgerufen wurden. Dies entspricht einem Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr um 38 Prozent.12 Auch die Marktforschungs-Institute prognostizieren der Werbeform Online-Video ein weiteres dynamisches Wachstum. So geht Forrester Research von einem Volumen von 7,1 Milliarden USDollar für den Video-Werbemarkt im Internet für das Jahr 2010 aus. Der eMarketer beziffert das Volumen gar auf 9,5 Milliarden.13 Diese Daten belegen deutlich, welche Dynamik Bewegtbilder im Internet haben und welches Potential ihnen für die Zukunft zugemessen wird. Im folgenden Teil dieser Arbeit wollen wir uns daher auf die Nutzung von Videos im Internet konzentrieren. 9 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 78ff Beißwenger, A., Audivisuelle Kommunikation in der Globalen Netzwerkgesellschaft, S. 17 11 Beißwenger, A., Audivisuelle Kommunikation in der Globalen Netzwerkgesellschaft, S. 18 12 Van Eimeren, B., Frees, B., Fast 50 Millionen Deutsche online – Multimedia für alle?, Media Perspektive, 7-8/2010, S. 342f 13 Beißwenger, A., Audivisuelle Kommunikation in der Globalen Netzwerkgesellschaft, S. 19 10 Internet Communities – YouTube Seite 6 3 YouTube 3.1 YouTube Geschichte YouTube wurde am 15. Februar 2005 von den drei ehemaligen Pay-Pal Mitarbeitern Chad Hurley, Steve Chen und Jawed Karim gegründet. Der Legende nach entstand die Idee bei einer Dinner Party in Chens Apartment in San Francisco. Das erste Büro lag oberhalb einer Pizzeria und eines japanischen Restaurants in San Mateo, Kalifornien. Mit wachsendem Erfolg verlegte man das Büro nach San Bruno. Am Tag des Einzuges wurde die Übernahme durch Google bekannt gegeben, einen Monat später war die Übernahme Realität.14 Ende 2006 war YouTube mit 67 Mitarbeitern und einem Marktanteil von 47% bereits das führende Videoportal im Internet. Laut Firmenangaben wurden jeden Tag mehr als 100 Millionen Videos abgerufen – eine Unternehmensentwicklung in 15 Internetgeschwindigkeit. 3.2 Übernahme durch Google Im November 2006, 19 Monate nach Gründung des Unternehmens, wurde YouTube von Google Inc. übernommen. Google bot für das Start-up-Unternehmen, welches bis dahin noch keinen Gewinn erwirtschaftet hatte, 1,65 Milliarden Dollar in Aktien. Damit wurde erstmals eine Website, die auf der Beteiligung der Nutzer basiert, mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet.16 Doch auf welcher Basis wurde dieser bislang teuerste Kauf Googles begründet? Denn im Vergleich hielt den bisherigen Rekord Rupert Murdochs News Corp., welche für das CommunityNetzwerk MySpace 580 Millionen Dollar bezahlt hatte. Darüber hinaus verfügte Google mit Google Video bereits über einen eigenen Videodienst.17 Google folgte der Überzeugung, dass bewegte Bilder die Zukunft im Internet sind. Dabei gelang es dem Suchmaschinenbetreiber zwar, Gewinne mit suchgebundener Werbung zu erwirtschaften. Jedoch gelang es ihnen nicht, ein bedeutender Akteur im Online-Videomarkt zu werden. So erreichte Googles eigener Dienst nur gut ein Zehntel Marktanteil. Durch die Übernahme von YouTube erlang Google nun die führende Position. Nachdem der Suchmaschinenbetreiber im Jahr 2005 für Übernahmen insgesamt 130 Millionen Dollar ausgegeben hatte, verdeutlicht diese Akquisition, welche Bedeutung Google bereits 2006 dem Markt für Videoclips im Internet entgegenbrachte.18 14 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 71 Manager Magazin, Googles teuerster Kauf, 10. Oktober 2006 16 Handelsblatt, Nächster Schritt der Internet-Entwicklung, 10. Oktober 2006 17 Manager Magazin, Google und YouTube machen Weg frei, 09. Oktober 2006 18 Handelsblatt, Nächster Schritt in der Internet-Entwicklung, 10.10.2006 15 Internet Communities – YouTube Seite 7 3.3 Treiber der YouTube-Entwicklung YouTube hat es geschafft, innerhalb kürzester Zeit zu einem Synonym für Bewegtbilder im Internet zu werden. Dabei sind die Erfolgsfaktoren sowohl intern, als auch extern zu finden. YouTube folgte zunächst einem altbekannten Prinzip: KISS – Keep it simple and stupid. Um Erfolg zu erlangen bedarf es danach nicht einer neuen Erfindung. Vielmehr soll etwas Bewährtes in einen neuen Kontext gesetzt werden, welcher sich vor allem durch eine besonders einfache und nutzerorientierte Oberfläche auszeichnet. YouTube basierte dabei auf der einfachen Idee, Videos über das Internet allen so einfach wie möglich zugänglich zu machen. Keine überladenen Grafiken oder Erklärtexte sollten vom eigentlichen Filmschauen ablenken. Vor allem das einfache Hochladen von Videos unterschiedlicher Formate und das flüssige Anschauen von Filmen war zuvor unüblich. YouTube wandelte alle hochgeladenen Videos in das bis dahin wenig genutzte Flash-Video-Format um (Dateiendung .flv). Dieses Format konnte von jedem Webbrowser auf jedem Rechner weltweit gelesen werden.19 Dazu kommt der Fokus der YouTube-Gründer auf Innovative Features, wie das einfache Weiterleiten der Videos per Link oder die Einbindung (Embedding) in fremde Websites. Zusätzlich bedurfte es technischen Treibern für die Entwicklung. So ist ein wesentlicher Treiber die Zunahme von Breitband-Internetanschlüssen in den letzten Jahren. Ein zweiter, technischer Aspekt sind die stark fallenden Preise für Speichermedien. So sind in den letzten zehn Jahren die Preise für Computerspeicher um 35.000 Prozent gefallen. Diese Entwicklung bedeutet für Anbieter wie YouTube – nach Expertenschätzungen erzeugt YouTube ca. 10% des gesamten Datenvolumens im Internet – dass eine Plattform mit hohem und schnellem Speichervolumen auf einer niedrigen Kostenbasis betrieben und daher für den Nutzer gratis zur Verfügung gestellt werden kann. Als dritten technischen Grund gilt die wachsende Verbreitung digitaler Kameras. Heute können schon mit Mobiltelefonen Videos gedreht werden. Zudem sind Videoschnittprogramme kostengünstig und einfach in der Handhabung.20 19 20 Beißwenger, A., Audivisuelle Kommunikation in der Globalen Netzwerkgesellschaft, S. 15 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 72f Internet Communities – YouTube Seite 8 3.4 Aktuelle Situation der Online-Videoportale Nach einer im Juli 2010 von comScore veröffentlichten Studie wurden in Deutschland im April 2010 durch 44 Millionen Internetnutzer 9,4 Milliarden Videos abgerufen. Dies entspricht einem durchschnittlichen Wert von 214 Videos je User. Zudem verbrachten sie besonders viel Zeit mit Internet-Videos (im Schnitt 34,5 Minuten pro Tag und Person). Mit 4,6 Milliarden abgerufenen Videos lag Google Sites, zu welchen auch YouTube zählt, an erster Stelle mit einem Marktanteil von 48,9 Prozent. Damit repräsentieren sie beinahe 50 Prozent des Gesamtmarktes für Onlinevideos in Deutschland. Mit Abstand folgen Magavideo (2,3 Prozent), ProSiebenSat1 (1,5 Prozent) und das Videoangebot der RTL Group (1 Prozent).21 Speziell auf YouTube sahen im April 2010 34,3 Millionen Nutzer knapp 4,6 Milliarden Videos. Dies entspricht 134 Videos pro Person. Die, gemessen an Aufrufen, beliebtesten Clips 2010 auf YouTube waren Musiktitel bzw. Parodien. (1) Bed intruder song, 61 Millionen Aufrufe (2) Parody Kesha Klitter Puke – Key Awesome, 51 Millionen Aufrufe (3) Greyson Chance singing Paparazzi, 35 Millionen Aufrufe Der erste Werbeclip - Old Spice: The man your man could smell like - folgt auf Platz 5 mit 24,5 Millionen Aufrufen. Beworben wird ein Shampoo der traditionsreichen Pflegeproduktmarke Old Spice. Kreiert wurde die Kampagne von der Agentur Wieden + Kennedy aus Portland.22 4 YouTube als Marketinginstrument 4.1 Bedeutung von YouTube Unabhängig vom Geschäftsmodell können Angebote im Internet in verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Websites verfolgen demnach vier Hauptfunktionen: Information Suchmaschinen wie Google oder Nachschlagewerke wie Wikipedia helfen Nutzern, sich im Internet zurechtzufinden. Sie ermöglichen den schnellen Zugriff auf Informationen jeglicher Art. 21 22 comScore Press release 08. Juni 2010 Gietschir, L., Welche Videos YouTube erobert haben, Handelsblatt, 14. Dezember 2010 Internet Communities – YouTube Seite 9 Kommunikation E-Mail-Dienste, soziale Netzwerke wie Facebook und Chatrooms erleichtern die Kommunikation. Diese Seiten werden gezielt von Anwendern besucht, um mit Geschäftspartnern oder Freunden in Kontakt zu treten oder Informationen auszutauschen. Transaktion Online-Banking, Versteigerungsportale wie eBay oder Online-Kaufhäuser wie Amazon werden von Anwendern besucht, um gezielte Geschäfte, aber auch Impulskäufe zu tätigen. Entertainment Das Internet ermöglicht eine neue Form der Unterhaltung. Auf Portalen wie YouTube erleben die User eine selbstgesteuerte Form der Unterhaltung. Die Konsumenten treten aus der passiven Form des Fernsehens in eine aktive, indem sie das Programm bestimmen, Filme selbst produzieren und Kritiken verfassen. Betrachtet man in einem weiteren Schritt die Aufnahmebereitschaft für Informationen, so ist bekannt, dass diese sehr stark vom Grad der Aktivierung abhängt. Ob Informationen wahrgenommen oder ignoriert werden, hängt dabei sehr stark von dem emotionalen Zustand des Nutzers ab. In diesen Zusammenhang fällt der Begriff der Fokussierung. Je stärker sich ein Mensch auf eine bestimmte Aufgabe konzentriert, desto unempfänglicher wird er für Informationen, die inhaltlich außerhalb dieses Aufmerksamkeitsfokus liegen. So wird beispielsweise Fernsehwerbung ein höherer Wirkungsgrad zugeschrieben als Radiowerbung, welches durch die Rolle des Radios als Begleitmedium bedingt ist. Hier liegt der Fokus des Empfängers meist auf anderen Aktionen wie Autofahren oder Arbeiten. Bezieht man nun die vier Hauptfunktionen von Websites mit ein, so zeigt sich, dass nicht alle gleichwertig für Werbung nutzbar sind. So wurden teilweise spezielle, neue Werbeformen eingeführt, wie beispielsweise Anzeigen in Suchmaschinen. Andere Bereiche wie das Online-Banking werden dagegen überhaupt nicht mit Online-Werbung in Verbindung gebracht. Hingegen weisen Entertainment-Plattformen optimale Bedingungen für werbliche Botschaften auf. Die Nutzer befinden sich in einem entspannten, jedoch sehr wachen und interessierten Zustand. Er ist in einer aktiven Position, in der der Nutzer Entscheidungen bewusst und aufmerksam trifft. Die Aufnahmebereitschaft für Werbebotschaften ist folglich hoch.23 23 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 74ff Internet Communities – YouTube Seite 10 4.2 Zielgruppe In den bisherigen Kapiteln wurde bereits über die Dynamik und das Potential von Bewegtbildern im Internet gesprochen. Es wurde gezeigt, dass 44 Millionen deutsche Internetnutzer zumindest gelegentlich Videos im Internet abrufen. Ausgeklammert wurde jedoch, wer diese Nutzer sind. Daher soll im Folgenden auf die Empfänger hochgeladener Videos näher eingegangen werden. Die höchste Attraktivität haben Videos bei Jugendlichen. Dabei nutzen 96 Prozent zumindest gelegentlich Videos im Internet, 87 Prozent wöchentlich. Für 42 Prozent der Jugendlichen gehören Videos bereits zur täglichen Medienroutine. Dabei werden die meisten Videodaten (95 Prozent bei gelegentlichen Nutzern) von Videoportalen abgerufen. In diesem Zusammenhang suchen auch immer mehr Unternehmen Rat bei Teenagern wie Philipp Riederle. Sein Video-Podcast „Mein iPhone und ich“ hat mehr als eine Million Zuschauer jährlich. Inzwischen sind erste Firmen auf den Teenager aufmerksam geworden und buchen Werbeplätze in seinen Filmen und er tritt als Referent auf Konferenzen wie „The world after advertising“ in Düsseldorf auf.24 Auch die Morgan Stanley Research Europe veröffentlichte im Jahr 2009 einen Aufsatz mit dem Titel „How Teenager consume Media“ und bestätigt damit diesen Trend25. Dennoch steigt die Attraktivität von Bewegtbildern auch bei der mittleren und älteren Generation. So haben unter den 30- bis 39-jährigen bereits 71 Prozent, unter den 40- bis 49-jährigen bereits 60 Prozent und unter den 50- bis 59-jährigen bereits 36 Prozent Videos im Internet angesehen.26 Laut der bereits erwähnten comScore Studie sind die aktivsten Nutzer von Online Videos männlich und zwischen 15 und 24 Jahren alt. Diese sahen im April 2010 durchschnittlich 34,5 Stunden Video online, und damit mehr als doppelt so lange wie der durchschnittliche deutsche Nutzer.27 4.3 Aufmerksamkeit erzeugen Auf YouTube werden jede Minute 20 Stunden neuer Inhalt hochgeladen. Dies entspricht etwa zehn Hollywood-Filmen. Dabei handelt es sich vor allem um von Nutzern selbst erstellten Inhalt (User Generated Content, UGC). Konsumenten, die ihre eigenen Inhalte auf Plattformen wie YouTube veröffentlichen, werden damit zu Produzenten, Journalisten und Kommentatoren. Einige schaffen es sogar, Berühmtheiten zu werden. Dabei zeigen Musiker, wie man Gitarre spielt oder Gamer verraten 24 Bialek, C., 16-jähriger Gymnasiast erklärt neue Werbewelt, Handelsblatt, 12.12.2010 Beißwenger, A., Audivisuelle Kommunikation in der Globalen Netzwerkgesellschaft, S. 20 26 Van Eimeren, B., Frees, B., Fast 50 Millionen Deutsche online – Multimedia für alle?, Media Perspektive, 7-8/2010, S. 343f 27 comScore Press Release 08. Juni 2010 25 Internet Communities – YouTube Seite 11 ihre Tricks und Kniffe. Immer wieder bilden sich um solche Auftritte verschieden große Communities. Aber auch die Zahl professioneller Inhalte steigt in letzter Zeit stark an.28 Diese Menge an Inhalt im Internet stellt jedoch Kommunikationsstrategien von Unternehmen vor große Probleme. Der Nutzer geht immer stärker dazu über, zu scannen anstatt zu lesen und bei Videos den Verlauf-Button zu drücken, um direkt zu der interessierenden Szene zu gelangen. Der Nutzer entscheidet sehr schnell und teilweise nach nur oberflächlicher Prüfung, ob die Information für ihn relevant ist und sich folglich eine intensivere Beschäftigung lohnt. Die Aufmerksamkeit des Nutzers ist somit die Ware, die rar ist.29 „Die Chance einer Information beziehungsweise eines Absenders, beachtet zu werden, steigt mit der wahrgenommenen Relevanz dieser Information für den Einzelnen.“ (Buhr, T., Tweraser, S., S. 80). In diesem Zusammenhang kann Relevanz verschiedene Dimensionen haben. Dazu gehören Spaß, die Chance, etwas Gutes zu tun genauso, wie die Aussicht auf einen Gewinn oder einen persönlichen Vorteil. Beachtet man dies, so verwundert es nicht, dass nur eine geringe Anzahl der eingestellten Videos eine hohe Abrufzahl erreicht. So werden 53 Prozent aller Videos weniger als 500 Mal angeschaut, 30 Prozent weniger als 100 Mal. Mehr als 1 Million Abrufe erzielen lediglich 0,3 Prozent aller Videos.30 Um das eigene eingestellte Video zu promoten bieten YouTube dafür verschiedene Modelle an, welche auf YouTube unter dem Menüpunkt „Werbung“ zusammengefasst sind. So besteht die Möglichkeit, eigene Videos zu bewerben oder Werbung neben Videos anderer zu platzieren. Im Folgenden werden die Möglichkeiten zum Bewerten eigener Videos vorgestellt. Gesponserte Videos Ähnlich dem Suchmaschinenmarketing erscheint das Video neben den relevanten Suchergebnissen in der rechten Bildschirmhälfte, sobald im Vorfeld festgelegte Suchanfragen gestellt werden. Gebühren fallen dabei erst an, sobald das Video abgerufen wird. Markenkanal Ein Brand Channel stellt das Portal für Videoinhalte einer Marke dar. Solchen Kanäle können durch das Einbeziehen von Kanalbannern, Hintergrundbild und Markenlogo das Markentypische-Design eines Unternehmens annehmen. Da vorgestellte Videos ebenfalls im Markenkanal abgespielt werden, bieten sie die Möglichkeit, bleibende Beziehungen zu den Nutzern zu schaffen. Über das Moderieren von Kommentaren kann das Unternehmen zudem mit der Community interagieren. 28 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 77f Beißwenger, A., Audivisuelle Kommunikation in der Globalen Netzwerkgesellschaft, S. 26 30 Van Eimeren, B., Frees, B., Fast 50 Millionen Deutsche online – Multimedia für alle?, Media Perspektive, 7-8/2010, S. 343f 29 Internet Communities – YouTube Seite 12 HUGO BOSS beispielsweise nutzt seit April 2009 einen eigenen Brand Channel (http://www.youtube.com/hugobosstv), indem das Unternehmen regelmäßig neue Inhalte rund um die Themen Mode, Lifestyle, Arts und Sports präsentiert.31 Abbildung 2 Brand Channel von HUGO BOSS auf YouTube Startseite Mit einem Roadblock kann die YouTube-Startseite 24 Stunden exklusiv gebucht werden. Dadurch besteht die Möglichkeit, die Reichweite und Wirkung der YouTube-Startseite vollständig zu nutzen.32 4.4 Dialog führen Internet-Communities verfolgen unterschiedlichste Zielsetzungen. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass Mitglieder untereinander kommunizieren, wodurch ein Dialog entsteht. Wesentliches Element dieses Dialoges ist das „Teilenwollen von Informationen, Meinungen, Eindrücken oder Ideen sowie das aktive Teilhaben an den Erlebnissen und Gedanken anderer“ (Buhr, T., Tweraser, S., S. 81). Der Community-Gedanke ist auf YouTube stark ausgeprägt. So werden etwa 50 Prozent aller Inhalte kommentiert und/oder bewertet. Zudem werden Filme weitergeleitet oder auf der eigenen Homepage integriert. Durch einen solchen Dialog können auch Stars entstehen. Paul Potts beispielsweise wurde erst durch den Austausch von Videos seines legendären Auftritts in der 31 32 http://www.google.de/press/pressrel/20090420_youtube.html, 28. Dezember 2010 http://www.youtube.com/t/advertising_overview, 28. Dezember. 2010 Internet Communities – YouTube Seite 13 britischen Casting-Show „Britain’s Got Talent“ unter den Nutzern als Opernsänger bekannt. Bis heute wurde das Video weltweit über 73 Millionen Mal abgerufen und über 160.000 Mal bewertet. Auch die Deutsche Telekom nutzte die Emotionen dieses Dialoges in einem ihrer Werbespots. Auch die bereits erwähnten Brand Channels, welche u.a. von Unternehmen, Musikern oder politischen Parteien genutzt werden, unterstützen einen solchen Dialog. Sie ermöglichen das Einbeziehen aller YouTube-Funktionen, sowie derer ganzen Community. Dadurch kann ein Dialog entstehen und gelebt werden. Auch in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ wird diese Form des Dialoges genutzt. Der Zuschauer wird involviert. So bekommt er die Möglichkeit, Meinungen, Vorschläge oder Ideen über YouTube an die Sendung zu übermitteln und diese mit einem breiten Publikum zu teilen.33 Die Interaktivität mit den Nutzern muss gefördert und genutzt werden. Denn berechtigte oder unberechtigte Kritik verbreitet sich häufig schneller als Lob. Es gibt daher etliche Beispiele, die belegen, wie keine oder falsche Kommunikation das Markenimage beschädigen können. Das Mailänder Unternehmen Modo & Modo beispielsweise produziert unter dem Namen Moleskine ein Notizbuch mit schwarzem Synthetik-Einband. Dabei hat sich Moleskine als hochpreisige LifestyleMarke etabliert, deren Kundschaft sich kultiviert und wählerisch gibt. Plötzlich hat sich im Internet die Nachricht verbreitet, das Moleskine industriell in China produzieren lässt. Schnell entwickelte sich eine Diskussion über die angeblich nachlassende Qualität der Bücher, die Preispolitik angesichts der vermuteten Herkunft, sowie über die Produktionsbedingungen in China.34 Folglich haben Communities erheblich an Einfluss gewonnen, ein guter Dialog gehört zwischenzeitlich zur Markenführung. YouTube ist Online-Video und soziales Netzwerk zugleich. Verschiedengroße Communities finden sich überall auf YouTube, jedes zweite Video wird hier bewertet, kommentiert oder weitergeleitet. Durch diese Interaktion können Werbungtreibende profitieren.35 33 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 81ff Fisher-Buttinger, C., Vallaster, C., Interaktion mit Online Communities- Spielregeln zur Stärkung der Marke, Marketing Review St. Gallen, 01/2009 35 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 86 34 Internet Communities – YouTube Seite 14 Abbildung 3 Interaktive Schaltflächen auf YouTube 4.5 Offline und Online Medien verknüpfen Durch die Medienplanung soll die richtige Kombination aus den verschiedenen Medien erarbeitet werden. Dabei gilt es, Gewohnheiten und das Verhalten seiner Zielgruppe zu verstehen, um das Angebot zum richtigen Zeitpunkt, im richtigen Umfeld und im richtigen Umfang zu kommunizieren. Das Konzept von Push und Pull gilt dabei auch heute noch. Push steht für die Verbreitung einer Botschaft, beispielsweise über die klassische Fernsehwerbung. Pull dagegen für die aktive Nachfrage durch den Konsumenten. Die Medienplanung verbindet Push und Pull durch die richtige Wahl verschiedener Medien. Dazu gehört auch die richtige Mischung aus Online und Offline. So lassen sich zum einen die Kontaktchancen mit der Zielgruppe erhöhen, zum anderen aber auch jene Zielgruppen erreichen, die sich von klassischen Medien wie Fernsehen oder Print bereits abgewandt haben.36 Festgestellt wurde, das über Online-Werbung zusätzliche Reichweiten realisiert und damit Menschen erreicht werden, die mit klassischen Medien nicht angesprochen werden können. Dadurch wird die Netto-Reichweite einer Kampagne gesteigert. Insgesamt zeigt sich, dass über ein Drittel der mit der Online Kampagne erreichten Konsumenten keinen Kontakt zur Basis-Kampagne haben. Bei separater Analyse erkennt man, das Videoplattformen wie YouTube dabei meist die höchsten Zuwächse erzielen.37 Eine Studie der GfK zeigt, das YouTube die Reichweite einer TV-Kampagne um 2,9 Millionen Nutzer oder 3,7 Prozent steigern kann.38 36 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S.84f Knäble, S., Aus sicherer Quelle, Research and Results, 06/2010 38 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 85 37 Internet Communities – YouTube Seite 15 Dazu sind Cross-Media-Kampagnen wesentlich effizienter. Bei Nutzern, die Kontakt zu beiden Medien hatten, liegt der gemessene Effekt signifikant höher als bei solchen, die ausschließlich Kontakt zu nur einer Mediengattung hatten.39 Jedoch sollte bei einer cross-medialen Kampagne auf Konsistenz geachtet werden. Es sollte nicht eine Anzeige über verschiedene Medien hinweg dupliziert werden. Die einzelnen Erfolgsfaktoren jedes Kanales (TV, Online-Videowerbung oder Banner) müssen beachtet werden.40 4.6 Virales Marketing mit YouTube Immer mehr Unternehmen entdecken das frühere Mund-zu-Mund-Propaganda genannte Viralmarketing für sich. Zu den wohl bekanntesten viralen Stars gehören die Evian-Roller-Babies. Ihre Videos wurden auf YouTube mittlerweile weit über 30 Millionen Mal abgerufen. Da diese Form des Marketings in einer separaten Arbeit näher untersucht wird, soll hier lediglich auf die Besonderheiten in Bezug auf Videoplattformen wie YouTube hingewiesen werden. Laut einer Studie der Marketingagentur Sharpe Partners leiten 63 Prozent aller Internetnutzer mindestens einmal pro Woche eine Nachricht weiter, ein Viertel sogar fast täglich. 75 Prozent der erhaltenen E-Mails werden wiederum an bis zu sechs weitere Personen geschickt. Jedoch muss beachtet werden, dass ein Clip, welcher sich über das Internet verbreiten soll, einen Lacher oder einen Überraschungseffekt bieten muss. So stehen laut Sharpe Partners mit 88 Prozent E-Mails mit witzigen Inhalten an erster Stelle der weitergeleiteten Mails.41 Virale Kampagnen nutzen dabei die Interaktivität von Internetseiten wie YouTube um die Botschaft innerhalb der Community zu verbreiten. So können diese Kampagnen ein wichtiges und glaubwürdiges Element der Marketingkampagne sein. Grundsätzlich bergen derartige Kampagnen aber auch Risiken. So kann eine Community als große Gruppe eine virale Kampagne schnell als plumpen Werbetrick entlarven. Dies kann wiederum eine negative Wirkung auf die Marke haben. Andererseits kann eine virale Kampagne eine Botschaft oder deren Absender auch zu gut verbergen, sodass das Video zwar Rekordzahlen erzielt, die beworbene Marke jedoch nicht davon profitiert.42 Eine gute Verbreitung lässt sich zudem dann realisieren, wenn Meinungsmacher erreicht werden, welche die Clips dann z.B. in ihrem eigenen Blog veröffentlichen. Eine Kampagne kann sich somit innerhalb weniger Tage weltweit verbreiten. Beispielsweise hat es ein Clip von Volkswagen USA, in dem getunte Autos unkonventionell verschrottet werden, geschafft, sich von den Vereinigten Staaten bis nach Deutschland auszudehnen. 43 39 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 85 Fortmann, H.: Videowerbung in Online-Werbenetzwerken, Handelsblatt, 18.06.2008 41 Volkhard, W., E-Marketing, S. 280 42 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 88 43 Volkhard, W., E-Marketing, S. 280 40 Internet Communities – YouTube Seite 16 Somit besitzen potentielle virale Stars spezielle Kernanforderungen. Zu diesen zählen: Kreativität, einen Nutzen für die Mitglieder der Community, welcher für den viralen Effekt sorgen soll, Ehrlichkeit, sowie eine klare Abgrenzung zu verbotener unterschwelliger Werbung. Darüber hinaus existieren jedoch drei Methoden, welche für die Vorbereitung viraler Effekte genutzt werden können. Quick Testing Bereits vor dem Start einer Kampagne können Tests mit sehr aktiven Usern einer Community, sogenannten Powerusern, wichtige Erkenntnisse über die virale Eignung einer Kampagne liefern. Diese Mitglieder gelten meist als Meinungsführer innerhalb einer Community. Um den Überraschungseffekt nicht zu verschenken, können für die Analyse grobe Storyboards verwendet werden. Solche User erreicht man auf YouTube beispielsweise über die Videoupload-Seite. Auch aus der Analyse bereits verwendeter Videos können Schlüsse gezogen werden, im Falle der Evian-Roller-Babies beispielsweise aus den Kommentaren der Videos. Push Seeding Wie bereits erwähnt werden jede Minute 20 Stunden Videomaterial auf YouTube hochgeladen. Ein einfaches Hochladen der Kampagne wird daher für das Einsetzen viraler Effekte kaum genügen, ein starker Anfangsimpuls wird benötigt. Für solche Impulse können die vorgestellten Tools auf YouTube genutzt werden. Evian beispielsweise buchte einen Werbespot auf der Startseite von YouTube. Dieser ist besonders effektiv, da diese Seite pro Tag nur von einem Werbetreibenden gebucht werden kann. Durch die YouTube-Technologie wird auch das seeding verbessert. So können Videos leicht auf anderen Webseiten eingebunden werden. Damit kann die Reichweite und der virale Effekt verbessert werden. Wave Riding Hat der virale Effekt eingesetzt kann die Begeisterung der Zielgruppe, beispielsweise durch zusätzliche Inhalte und Videos, für eine stärkere Penetration mit der Markenbotschaft genutzt werden. Evian baute im Zuge des Erfolgs der „Roller-Babies“ den Evian YouTube-Brand Channel auf. Hier werden ergänzende Inhalte wie ein „making of“ Video angeboten.44 Ein anderes Beispiel für eine erfolgreiche virale Kampagne ist die Marke killathrill.com. Dafür wurde im Oktober 2008 ein Video mit dem Titel „The best Air Race Pilot Ever“ auf YouTube platziert. Zu sehen ist ein Pilot, welcher im Flug eine Tragfläche seines Flugzeuges verliert und dennoch sicher landet. In der Community entstand schnell eine Diskussion darüber, ob das Video echt oder eine Fälschung sei. Letztlich wurde dies sogar in der ProSieben-Sendung Galileo diskutiert. Wie die Betreuende Agentur Dialog Solutions Group GmbH beschreibt, ist es für die Platzierung eines 44 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 88f Internet Communities – YouTube Seite 17 Gerüchtes wichtig, dass bei den Empfängern ein Gefühl stimuliert wird. Irrelevant ist dabei, ob es als positiv oder negativ empfunden wird. Gleichzeitig zeigt diese Analyse den Erfolg von Seeding. Eine Version des Clips wurde nach dem Platzieren nicht weiter betreut und erreicht bis Dezember 180.000 Abrufe. Eine zweite Version erreichte durch Seeding – durch die Agentur, sowie freiwillige Adaption – bis Dezember über 3 Millionen Abrufe.45 Viral verbreitete Videospots haben zudem einen Langzeiteffekt. Auch Monate nach der Veröffentlichung können Videos mit einer zweiten Verbreitungswelle erneut durch das Netz wandern. Bei verfehlten Kampagnen stellt dies jedoch auch eine Gefahr für das Marken- und Unternehmensimage dar.46 4.7 Risiko Urheberrecht Das Internet ist bereits heute Teil einer jeden Markenstrategie. Dabei ist es irrelevant, ob das Internet von Unternehmen aktiv mit einbezogen wird oder nicht. Internet-Communities können durch virale Effekte eine große Eigendynamik entwickeln. Dabei lässt sich ein Kontrollverlust meist nicht vermeiden. 47 YouTube ermöglicht es jedem Nutzer, Inhalte in das Video-Portal einzustellen. Dies bietet für Unternehmen jedoch Vor- und Nachteile. Im Bereich des Seedings bewirkt es beispielsweise eine deutliche Erhöhung der Reichweite. Auf YouTube finden sich so auch Ausschnitte aus Fernsehshows oder Werbefilme, die nicht durch die entsprechenden Unternehmen veröffentlicht wurden. Unternehmen verlieren dadurch u.a. die Möglichkeit, Kommentare zu moderieren. Zudem haben sie keinen Zugriff auf die Statistiken für Analysezwecke.48 So verklagte beispielsweise der italienische Mediaset-Konzern im Jahr 2008 YouTube auf 500 Millionen Euro Schadensersatz. Mediaset belegte, dass am 10. Juni 2008 mindestens 4643 illegale Kopien von Mediaset Sendungen mit einer Gesamtlänge von rund 325 Stunden identifiziert worden waren. Dadurch habe man den geschätzten Umsatz von 315.672 Sendetagen verloren.49 YouTube verbietet seinen Nutzern in den Nutzungsbedingungen, urheberrechtlich geschütztes Material zu veröffentlichen. Aus diesem Grund ist auch die maximale Länge je Video für neue Mitglieder der Community auf 15 Minuten beschränkt. Auch können Videos durch das Nachweisen eines Copyrights entfernt werden. Darüber hinaus wurde eine Filtersoftware eingeführt, welche gestohlene Inhalte automatisch erkennen und blockieren soll.50 45 http://www.viralmarketing.de/2008/12/18/the-best-air-race-pilot-ever-%E2%80%93-fakten-rund-um-denviralen-fake/, 30. Dezember 2010 46 Volkhard, W., E-Marketing, S. 280 47 Fisher-Buttinger, C., Vallaster, C., Interaktion mit Online Communities- Spielregeln zur Stärkung der Marke, Marketing Review St. Gallen, 01/2009 48 Weinberg, T.; Social Media Marketing, S. 325 49 Manager Magazin, Berlusconi-Konzern verklagt Google, 31. Juli 2008 50 Lischka, K., YouTube testet den Superfilter, Spiegel Online, 16. Oktober 2007 Internet Communities – YouTube Seite 18 5. Erfolgskennzahlen bestimmen 5.1 Erfolgskennzahlen auf YouTube Grundlage für eine kritische Erfolgsmessung ist der ehrliche Umgang mit Zahlen. OnlineWerbung bietet dabei gegenüber Offline-Aktivitäten einen klaren Vorteil: Hier besteht die Möglichkeit durch die Messung von Klicks und Besucherströmen den Verlauf und Erfolg einer Kampagne detailliert verstehen zu können. Dieser Vorteil gilt selbstverständlich auch für YouTube. YouTube bietet dafür ein umfangreiches Werkzeug, das sogenannte Insight-Tool an. In detaillierten Statistiken wird hier der Erfolg eines Videos ermittelt. Zu den Kriterien gehören: Aufrufe, Erwähnungen, demographische Kriterien, sowie Hotspots51. So lassen sich die Phasen zu- und abnehmender Popularität genauso wie die Zielgruppe analysieren.52 30 Prozent aller User bei YouTube sind registriert. Folglich kann YouTube anonymisiert einem Eigentümer eines Videos oder eines Kanals Auskunft über Alter, Geschlecht und Herkunft jener Nutzer geben, die den Inhalt abgerufen haben. Abbildung 4 Analyse durch das Insight-Tool von YouTube 51 Szenen in einem Video, die häufiger angesehen werden Weinberg, T., Social Media Marketing, S. 324 52 Internet Communities – YouTube Seite 19 5.2 Erfolgskennzahlen bei mehreren Internet-Videoplattformen YouTube ist im Segment der Videoplattformen Marktführer. Dennoch sollte für eine erfolgreiche Kampagne das Video auch auf anderen Portalen für Nutzer zugänglich gemacht werden. Zu solchen Seiten gehören: Allgemeine Video-Sharing Sites: Blip.tv (http://www.blip.tv), Yahoo! Video (http://www.video.yahoo.com), MySpace Video (http://www.vids.myspace.com), MetaCafe (http://www.metacafe.com), Revver (http://www.revver.com), Spike (http://www.spike.com) oder Vimeo (http://www.vimeo.com). Portale für Anleitungen und Instruktionen: 5min (http://www.5min.com), Howcast (http://howcast.com), oder Sclipo (http://www.sclipo.com). Comedy-Videoportale: Break (http://www.break.com) Um dabei eine ganzheitliche Auswertung zu realisieren bieten sich Plattformen wie TubeMogul an (http://www.tubemogul.com). TubeMogul ermöglicht es beispielsweise, das Video auf mehr als 20 Videoplattformen gleichzeitig zu veröffentlichen. Die gesammelten Daten werden kumuliert angezeigt und können u.a. als Excel-Datei exportiert werden.53 5.3 Analyse Kosten/Nutzen Bei eingestellten Videos sind die Erfolge oft nicht sofort messbar. Die Strategie arbeitet langfristig. Vergleichbar zu anderen Marketingtaktiken wird das Produkt oder der Service Menschen vorgestellt, welche interessiert daran sind, dieses auch anderen, gleichgesinnten Nutzern zu zeigen. Folglich kann dieser Prozess nur so schnell arbeiten wie die Menschen, welche die Inhalte weitergeben.54 Ein Beispiel, dass kostengünstige in Videoportale eingestellte Clips den Abverkauf steigern können, stammt aus dem Jahr 2006. In diesem Jahr erhielt George Wright, Marketing Director für Bledtec, einem Hersteller von Mixgeräten für Haushalt und Industrie, ein Werbebudget von 50 Dollar. Ziel war es, die wenig bekannten Produkte seines Unternehmens populärer zu machen. Dabei fiel ihm auf, dass seine Kollegen oft ein Stück Holz in den Mixer legten, um die Stärke des Gerätes zu demonstrieren. Wright lancierte daraufhin die Website willitblend.com, produzierte erste Videos, in denen Rechen und Murmeln in den Mixern der Firma vernichtet wurden und veröffentlichte diese auf seiner Website und auf YouTube. Dieses Vorhaben sollte sich als großen Erfolg herausstellen. Die Videos wurden bereits über 185 Millionen Mal aufgerufen und der Umsatz der Blendtec-Produkte 53 54 Weinberg, T., Social Media Merketing, S. 324 Weinberg, T., Social Media Marketing, S. 9 Internet Communities – YouTube Seite 20 steigerte sich um 700 Prozent. Dabei wurden bis heute 75 Videos veröffentlicht. Zu den beliebtesten Videos gehört die Demonstration anhand eines iPhones.55 Darüber hinaus können auch Online-Werbekontakte zu kurzfristigem Abverkauf führen. Dies ist eine Erkenntnis aus dem Media Efficiency Panel der GfK. Untersucht wurde die kurzfristige Abverkaufssteigerung und kurzfristiger ROI (Return-on-Investment). Dabei wurde gezeigt, dass Werbung innerhalb von Videos die höchste Effizienz hat. Für einen eingesetzten Werbeeuro werden auf YouTube im Durchschnitt der Kampagne 1,03 Euro kurzfristig zusätzlich generiert. Damit liegt YouTube vor klassischen Medien wie Print (0,89 Euro) oder TV (0,27 Euro). Lediglich das Suchmaschinenmarketing erreichte mit 1,57 Euro einen höheren Wert. Dies wird damit begründet, dass Kunden, die bereits aktiv nach einem Produkt oder einer Marke suchen, per se auf einer höheren Stufe der Kaufbereitschaft sind. Werbung auf Videoportalen zeigt zudem die höchsten Abverkaufssteigerungen.56 6 Weiterführende Analyse 6.1 Pre-Roll Neben dem Einstellen eigener Videos in Online-Portale gewinnt auch die klassische Bewegtbild-Werbung im Internet an Bedeutung. Wirtschaftlich am erfolgreichsten sind sogenannte Pre-Rolls, Werbeclips die vor dem Start des eigentlich ausgewählten Filmes gezeigt werden. Die Werbung kann dabei nicht weggeklickt werden. So muss die Werbung vollständig angeschaut werden um zum eigentlichen Video zu gelangen. Diese Form der Werbung wird auch auf InternetVideoplattformen wie YouTube eingesetzt.57 Dabei erzielt diese Werbung die größte Aufmerksamkeit aller Werbeformen im Internet. Ein Nutzer, der einen Clip aktiv auswählt wird dabei einen vorgeschalteten Spot auch ansehen und dessen Botschaft wahrnehmen. Ihre Bedeutung steigt auch dadurch, dass andere Werbeformen wie Banner durch die große Masse an Attraktivität für Werbekunden verlieren. Weitgehend offen ist allerdings, wie viel Werbung in Video-Inhalten annehmbar ist. So stiegen laut Angaben von sevenload und MyVideo die Abbruchraten auf 20 bis 50 Prozent, sobald vorgeschaltete Werbeclips eine Länger von 10 bis 15 Sekunden übersteigen. Clips von 20 bis 30 Sekunden, welche im TV als attraktives Format gelten, werden im Internet folglich als störend empfunden. Auch bleiben die Preise für Werbe-Clips im Internet weitgehend stabil, wohingegen Preise für Banner unter Druck geraten sind. So liegt der Preis für einen Spot bei ca. 20 Euro. Allenfalls Video55 Weinberg, T., Social Media Marketing, S. 36 Knäble, S., Aus sicherer Quelle, Research and Results, 06/2010 57 Fortmann, H., Werbung in Online-Werbenetzwerken, Handelsblatt, 18.06.2008 56 Internet Communities – YouTube Seite 21 Communities bieten bei User-Generated-Content Preise von ca. zehn Euro an. Dennoch dürften auch hier mittelfristig die Preise aufgrund eines steigenden Angebotes an Werbeplätzen und einem Verdrängungswettbewerb der Vermarkter fallen. So betragen schon heute Rabatte, bezogen auf die offiziellen Listenpreise, 90 Prozent und mehr.58 6.2 Zukünftige Entwicklung Internet vs. TV Angesichts der bereits weiter oben genannten Erscheinungen stellt sich nun die Frage, ob professionelle und nicht-professionelle Videos die Fernsehinhalte verdrängen. Als gesichert gilt, dass das Internet und sich verändernde Vorlieben der Mediennutzer die traditionellen Geschäftsmodelle gefährden. So konstatiert auch Thomas Bellut, Programmdirektor des ZDF, dass es sein Sender „sehr schwer haben [werde], dem neuen Sehverhalten gerecht zu werden“ (Manager Magazin, 01/2011). Das Internet bietet dem Nutzer gegenüber dem TV zwei große Vorteile: Zum einen muss sich der Konsument nicht an feste Sendezeiten binden. Er kann selbst bestimmten, wann er welche Sendung sieht. Diese kann zudem ohne Probleme angehalten und zu einem späteren Zeitpunkt an exakt derselben Stelle fortgesetzt werden. Zum anderen ist das neue Format überall verfügbar. Smartphones der jüngsten Generation bieten eine Rechenleistung, welche diese der Laptops von vor zehn Jahren übertrifft. Dadurch sorgen sie für eine meist ruckel- und streifenfreie, hochauflösende Videoübertragung. Auch Netzbetreiber wie die deutsche Telekom haben die Übertragungsraten ihrer Datennetze deutlich erhöht. Dennoch bietet auch TV Vorteile gegenüber dem Internet. So bietet bislang nur das Fernsehen kollektive Großerlebnisse. Millionen Menschen versammeln sich zeitgleich, um den „Tatort“, „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Wetten, dass..?“ anzusehen. Ein Vollprogramm ist dem ARD-Vorsitzenden Peter Boudgoust zufolge immer noch ein „elektronisches Lagerfeuer“. Doch: „Die Jüngeren sitzen nicht mit am Feuer“.(Manager Magazin, 01/2011)59 Beide Formate scheinen sich vielmehr zu ergänzen. In seiner 2010 veröffentlichten Studie „Do we watch the web the same way we watch TV?” beantwortet John Gibs seine eingangs gestellte Frage mit „Not really“. Dabei führt Gibs auf, dass das Onlineschauen größtenteils als Ersatz für Videoaufzeichnungen genutzt wird. Auch zeigt er, dass Onlinevideos im Gegensatz zum TV meist alleine angesehen werden und kommt letztlich zu dem Schluss, dass das Internetangebot die herkömmliche Fernsehnutzung eher ergänzt denn ersetzt.60 58 Pelikan, F., Bewegtbild-Werbung – Ein Ausblick auf Potentiale und Gefahren, S. 261 f Kröher, M., Digitales Lagerfeuer, Manager Magazin, 01/2011 60 http://blog.nielsen.com; Do we watch the web the same way we watch TV? 59 Internet Communities – YouTube Seite 22 7 Zusammenfassung Das Medienverhalten der Konsumenten wandelt sich und stellt damit neue Anforderungen an das Marketing und die Unternehmenskommunikation. Dabei wollen Konsumenten Inhalte zunehmend flexibel nutzen und gehen dazu über, Inhalte zu scannen und nach nur oberflächlicher Prüfung zu entscheiden, ob die Information relevant ist. Und aus Nutzern werden Produzenten, Journalisten und Kommentatoren mit einem neuen Selbstbewusstsein. YouTube erfüllt dabei zwei der wichtigsten Trends im Internet. YouTube ist Online-Video und Internet-Community gleichermaßen. Jede Minute werden 20 Stunden neuer Inhalt auf der VideoPlattform veröffentlicht. Die Hälfte davon wird kommentiert, bewertet oder weitergeleitet. YouTube ist eine große, globale und kreative Community. Die Plattform bietet dabei eine große Anzahl an Möglichkeiten, auf eigene Inhalte aufmerksam zu machen und die Reichweite einer Kampagne zu erhöhen. Videos sollten dabei mit Kreativität und Ehrlichkeit gestaltet werden und dem Nutzer der Community einen Mehrwert bieten. Viele Unternehmen nutzen bereits die Funktionalität und die Community auf YouTube parallel um die Anforderungen eines neuen Marketingumfeldes zu erfüllen und mit der Zielgruppe zu interagieren. Allerdings entstehen auch Risiken durch Urheberrechtsverletzungen oder Kontrollverluste. In den nächsten Jahren wird sich YouTube weiterentwickeln. Nutzer werden die mediale Vielfalt auch auf dem Mobiltelefon und dem Fernseher fordern. Schon heute ist YouTube auf einigen Smartphones wie dem iPhone vertreten. Dadurch wird die Plattform auch weiterhin eine aktive Community bleiben und für Werbende ein attraktives Umfeld bieten. Jedoch muss letztlich im Einzelfall abgewogen werden, ob sich ein Engagement auf Online-Videoplattformen für ein Unternehmen rechnet.61 61 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time, S. 90f Internet Communities – YouTube Seite IV Literaturverzeichnis Beißwenger, A., Audiovisuelle Kommunikation in der Globalen Netzwerkgesellschaft Erschienen in: Beißwinger, A., YouTube und seine Kinder, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden Baden, 2010 Buhr, T., Tweraser, S.: My time is prime time Erschienen in: Beißwinger, A., YouTube und seine Kinder, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden Baden, 2010 Fisher-Buttinger, C., Vallaster, C., Interaktion mit Online Communities- Spielregeln zur Stärkung der Marke, Marketing Review St. Gallen, 01/2009 Fortmann, H.: Videowerbung in Online-Werbenetzwerken, Handelsblatt, 18.06.2008 Gietschir, L., Welche Videos YouTube erobert haben, Handelsblatt, 14. Dezember 2010 Handelsblatt, Nächster Schritt der Internet-Entwicklung, 10. Oktober 2006 Lischka, K., YouTube testet den Superfilter, Spiegel Online, 16. Oktober 2007 Knäble, S., Aus sicherer Quelle, Research and Results, 06/2010 Kröher, M., Digitales Lagerfeuer, Manager Magazin, 01/2011 Manager Magazin, Googles teuerster Kauf, 10. Oktober 2006 Manager Magazin, Google und YouTube machen Weg frei, 09. Oktober 2006 Panten, G., Internet-Geschäftsmodell Virtual Community, 1. Auflage, Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden, 2005 Pelikan, F., Bewegtbild-Werbung – Ein Ausblick auf Potentiale und Gefahren, S. 261 f Erschienen in: Beißwinger, A., YouTube und seine Kinder, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden Baden, 2010 Internet Communities – YouTube Seite V Van Eimeren, B., Frees, B., Fast 50 Millionen Deutsche online – Multimedia für alle?, Media Perspektive, 7-8/2010 Weinberg, T., Social Media Marketing, O’Reilly Verlag GmbH & Co KG, 2010 Volkhard, W., E-Marketing, Oldenburg Verlag, München, 2007