Westliche Projektionen, selbstzensur

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Westliche Projektionen, selbstzensur
P.P./Journal CH - 8038 Zürich
DIE ORIENT ausgabe
Fabrikzeitung Nr.244 September 2008
Für Asef Bayat, den Direktor von ISIM (International
Institute for the study of Islam in the modern world)
ist die muslimische Bevölkerung gefangen zwischen
drei Eckpunkten: den autoritär-patriarchalischen,
westlich-getragenen Familienherrschaften einerseits,
den religiösen Fundamentalisten andererseits und
zuletzt den westlichen Demokratisierungs-Interventionen. Im holländisch-iranischen Kunst/Activist-Magazin «Pages» fordert er deshalb einen Aktivismus
aus dem Inneren, den er als «Art of Presence» bezeichnet. Er argumentiert, die Menschen in den Ländern
des Nahen Ostens sähen häufig nur die Möglichkeit,
sich dem Mainstream des durch Familie, Gemeinde
und Vaterland dominierten sozialen Kontextes loyal
zu beugen; die Alternative dazu besteht darin, die
eigene Stimme versiegen zu lassen und jegliche politische Verantwortung abzugeben. Eine entscheidende
Aufgabe von Kunst und Kultur sei es deshalb, aufmerksam zu machen; auf alternative Möglichkeiten, auf
räumliche wie auch gedankliche Zwischenräume.
Diesem Kredo entsprechend, setzt die vorliegende
Ausgabe der Fabrikzeitung ihren Fokus auf Alternativkultur aus dem Nahen Osten, zeigt Projekte und Figuren aus Kunst, Theater und Musik. Es geht um Bedürfnisse, Missverständnisse, Schwierigkeiten; und
vor allem um Möglichkeiten.
Rabih Mroué
Der libanesische Regisseur, Schauspieler und
Performancekünstler Rabih Mroué im Gespräch über Tod und Glauben in seinem aktuellen Stück «How Lucy wished everything was
an April Fool’s Joke», arabische Identitätsfindung, schwarzen Humor und innere Tabus.
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«It’s on the way»
– unterwegs
in Teheran
Charlotte von Bausznern reiste mit dem
Theaterstück «Rashomon» in den Iran und
versuchte, in die verborgene Welt hinter
der touristischen Fassade zu blicken.
Eine Geschichte von Aufpassern, Bloggern
und Hintertüren zu Freiräumen.
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Westliche Projektionen,
selbstzensur,
übersetzungsfehler &
arabische identitätssuche
«TunIsian
Sandwich»
Von homosexuellen Pornos, welche Lust am
Exotischen mit rassistischen Machtfantasien
vermischen, und Schwulen, welche von
Sex mit arabischen Heteros träumen – die
Selbstbestimmung der schwulen Orientalen
interessiert dabei nicht.
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I broke the law?
No.
The law broke me
Hip Hop im Krisengebiet: Wenn die Kunst nicht
von der Politik zu trennen ist. Ein Blick entlang
der «lyrischen Fronten» im Nahen Osten.
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Die Vielfalt
der
Traditionen
Das «Ocora»-Label und die Diskussion um
das Verschwinden traditioneller Musik
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DIE ORIENT ausgabe
«Das Hauptproblem
ist die
Selbstzensur»
Der libanesische Regisseur, Schauspieler
und Performancekünstler Rabih Mroué im
Gespräch über Tod und Glauben in seinem
aktuellen Stück «How Lucy wished everything was an April Fool’s Joke», arabische
Identitätsfindung, schwarzen Humor und
innere Tabus.
möchte ich ändern. Weil die vorgefertigten
Meinungen und Bilder so stark sind, ist das
aber schwer.
FaZ: Kaum eine Identität ist derzeit mit so
vielen Stigmata und Stereotypen behaftet wie jene des Arabers. Welche Rolle spielen dabei die Massenmedien? Und welche
Unterschiede bestehen zwischen der arabischen und der westlichen Presse?
Sie fürchten die Polizei oder die Institutionen nicht, aber vor ihrer Religion, besser gesagt ihren religiösen Führern, haben
sie grosse Angst. Die sagen ihnen, wenn
sie nicht dies oder jenes täten, werde Gott
nicht zufrieden sein. Es ist aber eine andere, seltsame Angst, nicht irdisch und dennoch sehr konkret. Die Leute sind brainwashed wie in einem totalitären System.
Mroué: Grosse Medien, egal wo, sind immer Instrumente in den Händen der Mächtigen. Sie werden dazu genutzt, die öffentliche Meinung zu formen. Vergleicht man
den Einf luss der arabischen und der westlichen Medien, muss man sehen, dass die arabischen im globalen Kontext keinerlei Relevanz haben. Denn wir als Libanesen, als
Araber, die gesamte Dritte Welt, wir können keine Images prägen. Diese werden
durch den Westen produziert. Weil es im
Libanon einen Glaubenskonf likt gibt, fragen mich die Leute im Westen sofort nach
meiner Religion. Wenn ich dann sage, ich
sei Muslim, sagen sie: «Oh!» Sie haben sofort
ein Bild im Kopf, und dieses sagt ihnen:
Muslim gleich Terrorist.
Welche Bilder zeichnen denn die arabischen Medien?
Zum Teil zeichnen sie das Bild der ignoranten, unzivilisierten, arabischen Terroristen sogar nach. Der dominanteste Diskurs
ist aber, dass der Westen böse sei, familienfeindlich, dass er uns zerstören wolle. Dort
gäbe es all diese Krankheiten und Viren,
die seien eine Gefahr für uns. Wir begegnen dieser Logik mit einer künstlerischen
Auseinandersetzung. Ein Weg ist, zu sagen:
Ich befinde mich ausserhalb von alledem
und kann dann mit dem Finger zeigen, dies
und das anprangern. Aber ich verorte mich
innerhalb des Systems. Ich arbeite auch darin und versuche, diese Diskurse zu formen
und sehr simple – und bitterböse – Fragen
aufzuwerfen.
Zum Beispiel?
Israel ist unser Feind. Ok, das finde ich ja
auch, aber ich will nicht drei Stunden darüber reden. Deshalb rede ich über andere Dinge. Was heisst es Libanese zu sein? Da
gibt es sehr viele verschiedene Standpunkte, und wir kämpfen seit vielen Jahren ...
ja, wofür, worum denn genau? Wenn man
so blöde Fragen stellt, dann sieht man, wie
kompliziert schon ganz grundsätzliche Dinge sind.
Was wird deiner Meinung nach aus der
westlichen Perspektive am öftesten übersehen?
Der Unterschied zwischen Terrorismus und
Widerstand. Eines unserer Stücke handelt
von Selbstmordattentätern, die aber keine
Islamisten, sondern libanesische Kommunisten sind, welche die Israelische Armee
angreifen. Nicht, dass wir Selbstmordattentate unterstützten, aber in diesem Fall
kann man nicht von Terrorismus sprechen,
das ist Widerstand gegen Besatzer, die uns
schlecht behandeln. Sie sind auf unserem
Land, sie sind Soldaten, und wir haben das
Recht uns zu wehren. Man muss die Frage stellen: Wie kommt eine säkulare Bewegung dazu, Selbstmordattentate auszuüben?
In Europa löste das Stück heftige Diskussionen aus, denn für Westler ist immer sofort
klar: Das ist Terrorismus. Diese Sichtweise
Der Autor Samir Kassim hat geschrieben:
«Radikale Islamisten kennen keine Angst.»
Stimmt das?
Für mich ist er kein Videogame, keine Metapher, keine Symbolik, es ist etwas, das ich
konkret fühle. Du kommst aus dem Haus
und von den Wänden starren dich aus Postern Getötete an. Du stellst das Radio an,
und dort reden Getötete. Am Fernsehen
siehst du Interviews mit Leuten, die getötet
wurden. Es ist absurd. Wir Libanesen wollen die Toten nicht auf dem Friedhof beisetzen, also bestatten wir sie in uns. In unseren Herzen. Wenn du in einem Bürgerkrieg
lebst, dann fragst du dich manchmal: Warum lebe ich noch? Aber dann denke ich
wieder: Nein, ich wurde getötet, viele Male,
und ich komme immer wieder zurück.
Ist der Tod also eine Art Obsession?
Es ist, als ob die Lebenden und die Toten
sich vermischten. Und sie haben eine inzestuöse Beziehung.
Was hat das für gesellschaftliche Konsequenzen?
Dass die Libanesen Zombies sind. Sie leben
weiter, als ob nichts geschehen wäre. Du
kannst dir gar nicht vorstellen, wie schnell
sie den Tod vergessen und weiter leben.
Das hat seine guten Seiten, ist aber auch
sehr schädlich, denn sie sind auch sofort
wieder bereit, einfach weiter zu machen.
Töten und getötet werden.
Trotzdem trieft das Stück vor Humor, es
wird viel gelacht.
Ja, es ist lustig, wenn die Leute immer wieder sterben und immer wieder auferstehen. Auch wir lachen darüber. Wenn wir
«Lucy» in Beirut zeigen, halten sich die Leute die Bäuche vor Lachen. Und gleichzeitig
schnürt es ihnen die Kehle zu.
Es ist eine Strategie, um Distanz zu schaffen
zwischen uns und der Tragödie. Wir brauchen die Distanz, um den Horror zu sehen.
Erst dann können wir darüber nachdenken.
Es wäre so einfach, bei diesem Thema nur
auf die Tränendrüse zu drücken, aber dann
könnte man gar nicht darüber nachdenken.
Das Ding ist: Diese Menschen werden zwar
manipuliert, aber sie glauben wirklich.
Die vier Charaktere in meinem Stück lügen nicht, die glauben wirklich an ihre Sache, auch wenn sich ihre Positionen ständig
ins Gegenteil verkehren. Die Leute wollen
einen Führer, jemand, der sie retten kann
und jedes Mal, wenn jemand sie verarscht,
dann suchen sie wieder einen neuen Retter.
Vor einiger Zeit wurde «Lucy» im
Libanon verboten.
Sie scheinen gefangen in einem Laufrad
und hetzen möglichen Identitäten hinterher, für die sie sogar zu töten und sterben
bereit sind. Einmal ist es eine nationalistische Ideologie, dann wieder eine konfessionelle, dann muslimisch-sozialistisch und
so weiter. Die fragen sich gar nie, was sie
als Individuum denken und wollen.
Zensur ist eine recht perfide Form der
psychischen Gewalt.
Wie ist es möglich, sich diesem System
zu entziehen? Dir scheint das ja gelungen
zu sein.
Es ist schwierig. Wenn ich komme und
sage: «Ich bin säkular, ich bin Libanese, ich
will einen libanesischen Staat», dann ist
das problematisch. Wir sind Intellektuelle,
Künstler und wir befinden uns in der merkwürdigen Position, für einen Staat kämpfen zu müssen. Ein Staat mit Gesetzen, einer
Verfassung, Institutionen. Normalerweise befinden sich ja Leute wie ich in Opposition zum Staat, hier ist alles umgekehrt. Es
ist nicht einfach derzeit, es herrscht immer
noch Bürgerkrieg, aber wir geben jeden Tag
unser bestes.
In Beirut spiele ich meine Stücke an den
grossen Theatern, auch ohne Bewilligung
der Regierung. Ich muss sagen, ich bin
nicht Teil der libanesischen Kulturszene,
ich arbeite gegen den Mainstream. Aber ich
bin nicht allein, es gibt auch andere. Wir
sind eine kleine Gruppe, aber sie löst etwas
aus. Es ist nichts Grosses, aber ich spüre,
dass wir einen Einf luss haben auf die jüngeren Generationen.
Und wie, glaubst du, wird sich die Situation
in Zukunft entwickeln?
Keine Ahnung. Ich kann nur für mich sprechen, und ich spüre, dass ich mich mit zunehmendem Alter immer einsamer fühle.
Und vielleicht sind wir am Schluss alle ganz
alleine. Noch vor fünf Jahren hatte ich viel
mehr Leute um mich und es gab viel mehr
Zusammenhalt und Gemeinschaftsgefühl.
Es ist traurig, aber irgendwie auch ganz normal.
Interview von Yvonne Kunz
Zur Person
Der 1967 in Beirut geborene Rabih Mroué
ist Schauspieler, Regisseur und Dramatiker. Seit 1990 entwickelt er eigene Stücke,
Performances und Videos, die weltweit zur
Aufführung gelangen. Seine Arbeiten
behandeln die Themen, die in der momentanen politischen Situation im Libanon
unter den Tisch gefegt wurden. Er ref lektiert
politische und ökonomische Zusammenhänge mit den Mitteln des halb-dokumentarischen Theaters und stellt so die dringend nötige Öffentlichkeit her.
Was ist denn hier die Funktion von Humor?
In «How Lucy wished that everything was
an April fool’s joke», das gerade am Theater Spektakel zu sehen war, kommen auch
dutzende Führerfiguren vor, denen die vier
Protagonisten blindlings folgen. Was steckt
hinter dem unbedingten Willen zu glauben?
Lass es mich so sagen: Im Libanon gibt es
18 Konfessionen, alles Minderheiten, die
zusammen leben. Das System des Landes
beschäftigt sich nur mit der Frage, wie diese verschiedenen Minderheiten geschützt
werden können. Der Staat wird von den
Konfessionellen besetzt gehalten und diese wiederum vertreten nur die Interessen
ihrer jeweiligen Gemeinschaft. Sogar das
Parlament, die Regierung, das Kabinett, die
Ministerien sind strikt aufgeteilt. Der Präsident der Republik zum Beispiel muss immer ein maronitischer Christ sein, der Premierminister immer sunnitischer, der
Parlamentspräsident schiitischer Muslim
und so weiter.
Wie muss man sich die kulturelle Landschaft in Beirut vorstellen? Unter welchen
Bedingungen arbeitest du?
Ja, letztes Jahr wurde es komplett verboten.
Danach hatte ich grosse Schwierigkeiten,
Orte zu finden, die bereit waren, meine Stücke ohne Bewilligung zu zeigen. Also legte ich den Text der Behörde vor. Wir haben
gekämpft und wir haben gewonnen.
Genau. Es ist gefährlich. Dabei geht es nicht
nur um Zensur durch die Regierung. Sie
kommt von überall her, von der Gesellschaft, der Familie, der Schule. Bewusst
und unbewusst beginnst du dich selbst zu
zensieren, wegen all der Traditionen, die
man verinnerlicht hat. Man sollte an den
Tabus arbeiten, die in einem drin stecken,
nicht an jenen der Gesellschaft. Wir müssen uns selbst provozieren, nicht den Staat
oder andere Obrigkeiten. Es wäre
für mich wirklich einfach, ein Stück zu
schreiben, und anschliessend zensiert zu
werden. Und dann bist du der Held, alle
schreien: «In unserem Land gibt es keine
Meinungsfreiheit!»
Das ist zu einfach, dieses Spiel mach ich
nicht mit. 1997 hatte ich mich entschieden, den Zensurbehörden meine Arbeiten
nicht mehr vorzulegen und zeigte die Stücke dann an zwei, drei Abenden. Gratis.
Und wenn die Polizei kam, konnte ich sagen, es sei ein Privatanlass. Wichtig war damals, dass ich mich nach meiner Entscheidung, die Stücke nicht von den Behörden
genehmigen zu lassen, plötzlich sehr entspannt fühlte. Dann sass ich da und wusste,
niemand würde mich mehr zensieren, und
ich fragte mich: Ja, was schreibe ich jetzt?
Da wurde mir klar, dass das Hauptproblem
die Selbstzensur ist.
Um was für Tabus geht es dabei?
Jede Menge. Sexuelle oder ideologische. Immer sollte man sich selbst fragen: Wie weit
kann ich mit dieser Idee gehen? Bekomme
ich Angst vor einer Idee, dann weiss ich:
Das ist interessant.
Zurück zum Stück: Die Figuren sterben
fortlaufend, sind dann mehr oder weniger
lang tot, leben dann trotzdem weiter
und sterben wieder. Wie präsent ist der
Tod in deinem Alltag?
Identität
Beim Menschen bezeichnet Identität (v. lat. idem, derselbe) die ihn
kennzeichnende und als Individuum von anderen Menschen unterscheidende Eigentümlichkeit
seines Wesens. Analog wird der
Begriff auch zur Charakterisierung
von abgrenzbaren Entitäten verwandt. Bezogen auf unterscheidbare Größen bedeutet Identität
auch eine größtmögliche Übereinstimmung.
Meinung
Eine Meinung (von indogermanisch moino Wechsel, Tausch) ist
die in einem Menschen bestehende subjektive Ansicht bzw. Einstellung zu Zuständen, Ereignissen
oder anderen Personen (rechtlich:
Werturteil).
Diskurs
Der Begriff des Diskurses wurde
laut unterschiedlichen philosophischen und allgemeinen Lexika ursprünglich in der Bedeutung „erörternder Vortrag“ oder „hin und her
gehendes Gespräch“ verwendet.
Widerstand
Als Widerstand wird die Verweigerung des Gehorsams (passiver
Widerstand) oder das aktive oppositionelle Handeln gegenüber der
Obrigkeit oder der Regierung (aktiver Widerstand) bezeichnet.
Angst
Angst ist ein menschliches Grundgefühl (neben Freude, Trauer, Wut
und Scham), welches sich in als
bedrohlich empfundenen Situationen als Besorgnis und unlustbetonte Erregung äußert. Auslöser
können dabei erwartete Bedrohungen etwa der körperlichen Unversehrtheit, der Selbstachtung oder
des Selbstbildes sein. Begriff lich
wird dabei die objektunbestimmte Angst von der objektbezogenen
Furcht unterschieden.
Individuum
Unter einem Individuum (lat.: unteilbar, aber auch nicht zu Teilendes) versteht man etwas Einzelnes in seiner Gesamtheit mit allen
Eigenheiten und Eigenarten, die
in ihrem Gesamtgefüge wiederum bestimmend sind für seine Individualität. Es bezeichnet also das
räumlich und qualitativ einmalige Einzelwesen (seltener auch Einzelding).
Minderheit
Eine Minderheit ist eine demographische Gruppe auf einer bestimmten territorialen Einheit
(Staat, Region), die sich durch bestimmte personale Merkmale von
der Bevölkerungsmehrheit unterscheidet. Merkmale in diesem Sinne können Sprache, Rasse, Religion, Moral, sexuelle Identität,
soziale Funktion u.v.a. mehr sein.
Meinungsfreiheit
Die Meinungsfreiheit ist das in einer Demokratie gewährleistete subjektive Recht auf freie Rede,
Äußerung und (öffentliche) Verbreitung einer Meinung in Wort,
Schrift und Bild sowie allen weiteren verfügbaren Übertragungsmitteln.
Alle (westlich geprägten, mehr
oder weniger kollektiv-zensurierten) Definitionen von
de.wikipedia.org.
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DIE ORIENT ausgabe
«It’s on thE way»
– unterwegs
in
Teheran
Charlotte von Bausznern reiste mit dem
Theaterstück «Rashomon» in den Iran und versuchte in die verborgene Welt hinter der touristischen Fassade zu blicken. Eine Geschichte
von Aufpassern, Bloggern und Hintertüren
zu Freiräumen.
Februar 2008 kommen wir spät nachts am
Imam Khomeini Airport in Teheran an und jagen mit dem Taxi durch die nachtleeren Strassen, vorbei an den riesigen Plakatwänden
(Bilder von Märtyrern, Revolutionsführer Khomeini und seiner Schar von bärtigen Nachfolgern, von Fatimah, deren Gesicht aus weissem
Licht in einer Pietà-ähnlichen Szene über
einen toten Soldaten gebeugt ist), vorbei an den
Werbetafeln für Nokia, Siemens und jedwede
Haushaltsartikel, vorbei an den Stahlgerippen
vorzeitig beendeter Bauvorhaben. Wir sind
mit unseren Produktion «Rashomon», die vor
zwei Jahren am Fabriktheater in Zürich Premiere feierte, ans Fadjr Festival eingeladen, das
grösste Theaterfestival der Region. Dass die
Strassen ab elf Uhr menschenleer gähnen,
daran gewöhnen wir uns bald.
«Wir sind weit hinter den Rest der Welt zurückgefallen», schreibt ein Blogger. Sie gieren nach
allem, was aus dem Westen kommt, sind durstig und kompensieren ihre Bedürfnisse mit
dem modernsten Mainstream. Das führt dazu,
dass ein Iraner dich in Zürich schräg anschauen wird, wenn du immer noch mit einem Handy vom vorletzten Jahr telefonierst. Und dass du
dich in Teheran mit einem Russischstudenten
unterhältst, der zwar kaum fünf Sätze englisch
kann, aber einfach so gerne alles wüsste, was es
zu wissen gibt.
Dafür sehen wir uns am nächsten Morgen mit
einem Verkehrschaos sondergleichen konfrontiert: Regeln gibt es keine, wer schneller ist,
hat Vorfahrt. Schneller will heissen: f linker im
Kolonnen wechseln, wenden, abbiegen, reinfahren, denn die Höchstgeschwindigkeit beträgt bei diesen schieren Mengen an Autos üblicherweise 50 Stundenkilometer. Bis vor nicht
allzu langer Zeit bekamen die Teheraner ihr
Benzin praktisch umsonst, mittlerweile versucht die Regierung das Problem mit Abgaberegelungen in den Griff zu bekommen. «Und
den Mädchen, den Prinzessinnen, schenkt der
Papa ein Auto, damit sie sich nicht auf der Strasse zeigen müssen», bemerkt unser Dolmetscher.
Unser Hotel liegt im Norden der Stadt, wohin
diejenigen ziehen, die der verpesteten Luft entf liehen. Der Bazar gehört da schon fast wieder zum «südlichen Tumult» der ärmeren Gebiete, und dorthin nehmen wir Reissaus, zu zweit,
die Kopftücher besonders eng anliegend. «Made
in China» reiht sich an «Made in Taiwan», nicht
gerade das, was man sich unter einem orientalischen Bazar vorstellt; eine wahllose Fülle an
Geschmacklosigkeiten, aufgehellt mit dem Getränk, das garantiert wach und glücklich macht:
frisch gepresster Granatapfelsaft – Blut für die
Fruchtvampire.
Nach drei Stunden stehen wir völlig erschöpft
vor dem Eingangstor, hinter dem sich tausend
unübersichtliche Gassen verzweigen, und haben vor allem eins bewirkt: Einen Tobsuchtsanfall unseres Aufpassers, den wir bald nur noch
Mr. Haschmich nennen. Dass wir keine Sekunde um unsere Sicherheit fürchteten, lässt er
nicht gelten; die Sorge ist der Vorwand, nicht
der Grund: Von nun an ist alles nur noch «on
the way». Das Taxi, das zu spät kommt und dessen Fahrer die nötige Gehirnwäsche durchlaufen hat, um die touristentaugliche Strecke zu
nehmen. Das Visum, das verlängert werden
sollte und nie wird. Wir stehen unter strenger
Bewachung und die ergiebigste Taktik der Regierungsvertreter ist, mit ständigen Verzögerungen die Freiräume für Entdeckungen so minimal zu halten wie möglich: «It’s on the way»,
trink einen Tee. Gleichzeitig ist es die einzig
wahre Art, den ewig unfertigen Zustand
dieser Stadt zu akzeptieren: Das wird schon.
Die zwanghafte Entdeckung der entspannten
Langsamkeit.
Wir fahren mit knarzenden Gondeln, deren vergilbte Etiketten auf eine Vergangenheit aus Deutschland hinweisen, ruckelnd und
wackelnd auf den Tochal: Wir gleiten durchs
Nichts, durch das dichte, beinahe greif bare
Grau des Smogs, der wie ein gewaltiger Deckel
über der Stadt ruht. 14 Millionen Einwohner hat
Teheran, manchmal sind es 17, und natürlich
werden es immer mehr. Nach Norden hin vom
Elburgebirgsmassiv begrenzt, aus dem an schönen Tagen der Demawand ragt, wuchert sie gen
Süden; aus den Hochhäusern werden Bruchbuden. Eine halbe Ewigkeit rattert unser Gefährt
der Höhe entgegen, dann endlich bricht ein vergessenes Himmelblau durch und die Sonne –
doch, es gibt sie noch – schüttet sich aus über
Teherans Hausberg: Vormittags kann man weiter oben Skifahren, jetzt klemmen sich die jungen Teheraner Mülltüten unter den Hintern
und rutschen kreischend und lachend den verschneiten Abhang hinunter. Eine willkommene Gelegenheit, das Kopftuch gleich ganz in
den Nacken rutschen zu lassen, Worte miteinander zu wechseln, die man unter diesen Umständen beinahe zwanglos nennen könnte; sich
kennen lernen, fern von den wachsamen Augen
der Sittenwächter. Hier oben kann man atmen,
und man kann einen Blick über eine gedeckelte Stadt werfen. Verschwunden unter dem Nebel des Verkehrs.
Wir nutzen einen der wenigen freien Abende, schummeln uns an Mr. Haschmich vorbei,
um uns einen Theaterabend im Keller eines
Privathauses anzuschauen. Er wurde des Fadjr Festivalprogramms für nicht würdig empfunden, was wohl weniger mit Qualitätsfragen zu
tun hatte. Ein paar junge Menschen – gestandene Schauspieler – in Militäranzügen üben
sich im breitesten amerikanischen Englisch
und hartem Kriegsjargon. Die Inszenierung arbeitet mit Mitteln, die an sich völlig überholt
sind, das Thema, die Konf likte US-amerikanischer Soldaten, mutet weit hergeholt an – aber
die Darsteller glühen. Unsere Zuschauer begeistern alle dadurch, dass sie ohne sozialen Vorbau auskommen, sie lassen sich auf das Spiel
ein, ihr Vergleichskanon besteht aus nichts weiter als ihrer Person. Im Gästebuch unserer Produktion reiht sich ein radebrechender Beitrag
an den anderen, alle verraten eine Sehnsucht
nach Theaterformen, die Begegnung ermöglichen; Theaterformen also, die jenseits der Zensurgrenzen liegen. Auch hier zeigt sich wieder
der Drang zum Neuesten, Performances interessieren mehr als klassisches Theater - selbst,
wenn die Vorstellung davon vage ist und die
Realisierung so gut wie nicht machbar. Um die
Zensur und ihre Wächter zu umgehen, werden
tausende Wege gefunden, manchmal führen
sie mittendurch. Eneda, Künstlerin aus Teheran, bringt ihre Installationen auch nach Europa an die Biennale, weil ihre Kunstsprache für
die Behörden unverständlich ist. In einer ihrer
Installationen stehen mehrere Flaschen in einer Badewanne, die etwa bis zur Mitte der Flaschen mit Wasser gefüllt ist. In den Flaschen,
die wiederum randvoll mit Wasser gefüllt sind,
schwimmen Fische: Sobald das Badewannenwasser mit Tinte dunkel gefärbt wird, schwimmen die Fische ans Licht, in den noch so engen
Flaschenhals. Eine subtile Art und Weise zu sagen: Ihr könnt’s noch so dunkel machen, wir
suchen die Weitsicht, ihr könnt uns die Wege
noch so eng bereiten, wir zwängen uns durch.
DIE ORIENT ausgabe
Am letzten Abend in Teheran sind wir im
Norden der Stadt zu einer Party eingeladen.
Erschrocken registriere ich die Spaghettiträger
der Gastgeberinnen – es wird zur totalen Erlösung. Vodka wird getrunken, Madonna plärrt
bis zum Stromausfall aus den Lautsprechern, es
fühlt sich an, als sei man gerade ins Leben zurück gekehrt, hätte gerade gelernt, sich zu bewegen. Ohne diese Parties zu Hause läuft nichts
in Teheran. Sie sind das zweite Gesicht der
Stadt, wo zwischen öffentlichem und privatem
Leben ein Tag- und Nachtwechsel liegt. Eine
Bloggerin schreibt, in Teheran sei sie während
einer Woche an so vielen Parties wie anderswo
während drei Monaten gewesen. Hier ist der
so sehr vermisste Freiraum. Die Hintertür, mit
der sich der präsentierbare Vorgarten aushalten
lässt. Trotzdem: Kann man sich abfinden mit
diesem zweigeteilten Leben? Gewöhnt
man sich daran? Teheran besteht aus einer
übermässig jungen Bevölkerung und über 70
Prozent der Studierenden sind Frauen. Diese Menschen verändern sich, die Kluft zwischen Vorgebetetem und dem eigenen Horizont
wächst, das Verlangen nach der eigenen Perspektive und der Möglichkeit sie zu leben kriegt
die Repression nicht kleiner. «Gebt uns Zeit»,
bittet eine iranische Freundin: Noch so eine Revolution ist so ziemlich das letzte, was sich die
Iraner so wünschen. Dass es anders werden
muss, das wissen sie selbst.
Der erste Abend wieder in Zürich: Mein letztes Päckchen Bahmanzigaretten, ein junger Kerl
spricht mich an und bittet um eine. Ich steh unter dem blauen Deckel endlich wieder in meiner Nacht.
In Teheran sitzt eine der grössten Blogger-Gemeinschaften der Welt, und man muss tatsächlich von Gemeinschaft sprechen, denn NachVon Charlotte von Bausznern
richten werden schneller verbreitet als über
die Presse, es wird heiss diskutiert über Politik
und die privaten Freiräume. Sie hämmern in die
Tasten, was sonst nicht gesagt werden darf. Immer mehr weichen von Farsi auf Englisch aus,
einerseits weil sie in ihrer Muttersprache gefährdeter sind, andererseits weil ihnen klar geworden ist, dass sie nur so auch von der Welt
gehört werden. Sie werden verfolgt, des Öfteren verhaftet, aber sie finden im unübersichtlichen Netz ihre Wege ans Licht, in die Freiheit
einer Kommunikation. Eine Bloggerin schreibt:
«Selbst wenn niemand diese Scheisse liest, es ist
wie eine gratis Therapiesitzung.» Sie beweisen
einen unschlagbaren Galgenhumor im Umgang
mit einem von Kontrolle beherrschten Leben.
Eine junge, begabte Studentin sieht sich eines Tages damit konfrontiert, dass ihr gesamter Computer Schrott ist. Es wird ihr abgeraten,
ihn reparieren zu lassen: zu gefährlich. Ein Student soll gehängt werden, weil er schreibt, dass
er zwar an etwas Höheres glaubt – nicht aber
an den Gott, wie er im Buche steht. Solche Fälle
Zweieinhalb Wochen lang laufe ich mit Wut im verbreiten sich jeweils wie ein Lauffeuer der SoBauch durch Strassen, deren Namen sich unablidarität. Beinahe jeder, mit dem wir sprechen,
lässig ändern. Unterdrücke eine ständige Agkann von einem Gefängnisaufenthalt erzählen.
gression, während ich unmerklich die Schrittart Sie sind wachsam geworden und analysieren
der Stadt übernehme: Nach zwei Tagen hört der mit gnadenlos offenen Augen.
Spass mit dem unbekannten Phänomen namens
Kopftuch auf und es ist nichts als Schikane. Niemand kennt die genaue Regelung für den «HeAuf der Fahrt nach Esfahan bietet Marzie mir
jab», die Vorschrift für Frauen, ihr Haar zu bededen Platz ihres Mannes an. Sie ist komplett eincken und einen Mantel zu tragen. Mal wird eine
gehüllt und das erste, was sie mich fragt, ist,
neue Zusatzregelung erlassen, wie das Verbot
was ich vom Kopftuch halte. Sie selbst ist religivon «Stiefeln über Hosen» (kurz vor unserer Anös, aber der Tschador stört sie dann doch, stänkunft ausgerufen), mal wir die Länge des Kopfdig rückt sie ihn zurecht, zupft und zerrt dartuchs wieder lockerer gehandhabt. Moden entan. Sie schenkt mir ihren kompletten Proviant
wickeln sich und passen sich dem Verwirrspiel
(immer mit Pistazien und mindestens einer
an, in dem jede nach bestem Gewissen raten
Gurke). Als wir am Imam Khomeini Mausolemuss – und das sieht eben sehr unterschiedlich
um vorbeifahren, und ich auf gut Glück erwähaus. Die einen geben sich die grösste Mühe, eine
ne, dass wir auch diesen Schandf leck besucht
Last wenigstens ansatzweise in eine Verschönehaben, verschliesst sich ihr Gesicht: Das grosrung zu verwandeln, frisieren den Pony in tause Versprechen von Khomeini hat sich zu eisend türmenden Varianten, schminken sich bis
ner noch grösseren Enttäuschung gewandelt.
zur Unkenntlichkeit und wer mit siebzehn noch
Alles von diesem - für manche hoffnungsvoleine unoperierte Nase zur Schau trägt, ist einlen - Neubeginn hat sich ins Gegenteil verkehrt,
deutig «out». Andere sagen der Verschwendung
und im Mausoleum werden kreischende Mädvon Energie an einen Zwang den Kampf an. Trachenklassen in rosa und hellgrünen Schulunigen müssen sie es alle. Und damit umgehen,
formen vor den vergitterten Überwurf geführt,
dass kein Mann im Gedränge der Strassen eine
über dem noch eines dieser Plakate von PopFrau auch nur versehentlich berühren würde.
star-Übervater Khomeini hängt. Marzie weicht
Die Wachsamkeit ist immer der erste Teil eines
auf Hollywood aus, von dem sie begeistert erKennenlernens. Ist das lebensnotwendige Überzählt. Im gleichen Atemzug schimpft sie auf den
prüfen abgeschlossen, bricht eine offene HerzSchmachtfetzen im Busfernseher, in dem die
lichkeit, potenziert mit Neugier, umso umwerFrauen auch noch im Bad das Kopftuch nicht
fender über dich herein.
ablegen. Für die Pinkelpause halten wir mitten im Nichts, wo es zum ersten Mal Touristengeschenke und eine überfordernde Auswahl an
Süssigkeiten zu kaufen gibt. Wir schlürfen unseren Beuteltee, ihr Mann tuschelt mit Marzie;
«Er ist schüchtern», meint sie todernst und beweist, dass sie unter ihrem «Zelt» die Hosen anhat. Überraschenderweise lädt er mich in ihre
Wohnung zum Essen ein. Sie schielt auf mein
verrutschtes Kopftuch und ich nehme einen tiefen Zug an der Bahmanzigarette.
4
«I broke the
law? No.
The law broke
me»
Hip Hop im Krisengebiet: Wenn die Kunst
nicht von der Politik zu trennen ist. Ein
Blick entlang der «Lyrischen Fronten» im
Nahen Osten.
Ein Ort, wo die Gewalt seit Jahren Seelen
zerbricht und den Asphalt aufreisst, wo
Identitäten und Perspektiven mit einem
Schlag prekär werden, ist auch ein gutes
Pf laster für Hip Hop. Wie keine andere Strömung der Popgeschichte dient das Genre
als Sprachrohr für jene, die sonst schlicht
nicht zu Wort kommen und für Sichtweisen, denen sonst nirgends Platz eingeräumt wird. Die Parallelen zwischen den
Ausgangssituationen des afroamerikanischen Originals und des relativ jungen Hip
Hop des Nahen Ostens sind augenfällig. So
kommt der Bewegung stark die von Public Enemys Chuck D benannte Funktion des
«CNN der Strasse» zu; ein Kanal für Zorn
und Frustration über Diskriminierung und
Ohnmacht. Es überrascht nicht, dass Hip
Hop auf dem nahöstlichen Krisenherd brutzelt, brodelt und zischt – und auch heiss gegessen wird. In Israel ist die Bewegung seit
ihren Anfängen Mitte der Neunzigerjahre zu einem der bedeutendsten Genres des
dortigen Musikmarktes aufgestiegen. Auch
in den Palästinensergebieten strömen allen
Widrigkeiten zum Trotz regelmässig tausende von Menschen an Konzerte der zahlreich gewordenen Reimkünstler.
Paradebeispiel der «Glokalisierung»
Als Produkt afrikanischen Erbes und amerikanischer Kultur lieferte Hip Hop ein Abbild der schwierigen Lebensumstände in
den Ghettos, war Ausdruck tiefer Frustrationen, aber auch Soundtrack einer urbanen Partykultur. In den Neunzigerjahren
hatte Hip Hop bereits eine Ausstrahlung erreicht, die weit über seinen ursprünglichen
Kontext hinaus ging, und sich zu einem populären globalen Medium der Selbstdarstellung und –bestimmung entwickelt. In
den vielfältigen Adaptionsprozessen wird
die lokale Kultur nicht einfach amerikanisiert und Mc-Donaldisiert, sondern das Original auf die jeweiligen Umstände zugeschnitten. Hip Hop ist ein Paradebeispiel
der «Glokalisierung», zeigt komplexe globale Flüsse, die zur Bildung von sozialen und
kulturellen Identitäten beitragen. Im Nahen
Osten orientieren sich zwar bis heute viele
Hip Hop-Acts unverkennbar an der Ästhetik
und dem Stil des US-amerikanischen Vorbilds, dennoch werden Inhalte und die musikalischen Ausprägungen inzwischen fast
vollständig durch die lokal vorherrschenden politischen und kulturellen Verhältnisse bestimmt.
Im Zentrum des Hip Hop-Fiebers stand vorerst die Lust an der kulturellen Neuerung,
ein wahrer Heisshunger nach Innovation.
Als 1995 die rappenden Rocker Shabak Samech den ersten israelischen Hip HopHit landeten, war das einfach cool, trendy,
sexy und alles andere als politisch. Der Videoclip zeigte junge Leute in Hip Hop-Kleidern, die in den staubigen Strassen eines
israelischen Dorfes auf Autos auf- und abspringen, Fenster einschlagen und das saulustig finden. Hip Hop schlug ein wie eine
Bombe, denn viele Leute waren des traditionsbeladenen Pop- und Discokitschs längst
überdrüssig geworden. Westliche Beats begannen mit orientalischen Samples zu verschmelzen, Rockelemente wurden beigemischt, Reden von Arafat verscratcht und
da und dort waren bald die ersten Dancehall-Klänge auszumachen. Die hebräische
und etwas später auch die arabische Sprache wurden gedehnt und neu erfunden und
in das neue Format eingepasst. Neben Shabak Samech erlangten auch HaDag Nachash
und Subliminal Starstatus und die Bewegung begann sich entlang ethnischer und
sprachlicher Grenzen zu diversifizieren.
Neben dem jüdisch-israelischen Hip Hop
enstand auch die Szene der äthiopischen
Juden, die in den Neunzigerjahren nach Israel einwanderten, und auch die nach der
Grenzziehung von 1948 innerhalb von Israel verbliebenen Palästinenser griffen zum
Mirkofon. Das Trio MWR veröffentlichte
1999 gar den ersten arabischen Rap-Track
überhaupt, «Ashanak Arabi – Because you’re
an Arab». Innerhalb des Genres begann sich
die Bewegung in Mainstream und Minderheiten zu scheiden, eine Unterteilung, die
bis heute gilt. Grob gesagt befasst sich der
Mainstream mit der nationalen Identität
und der säkularen Seite der jüdisch-israelischen Geschichte, während die Rapper der
Minderheiten den Fokus auf soziale und institutionelle Unterdrückung sowie Rassismus richten.
Wenn das Lächeln
schwierig wird
Mit der zweiten Intifada im Jahr 2000 fand
der Friedensprozess ein jähes Ende, Palästina wurde durch Israel grossf lächig demoliert und palästinensische Selbstmordattentäter versetzten Israels Bevölkerung in
Angst und Schrecken. Ein gesellschaftliches
Totalereignis, dem sich niemand entziehen
konnte und das in der kulturellen Landschaft des Nahen Ostens für einen heftigen
Ruck sorgte. Menschen starben, Existenzen
wurden zerstört und Freundschaften zerbrachen – auch innerhalb der Hip Hop-Szene. Im Dokumentarfilm «Channels of Rage»
(2007) zeichnet die israelische Filmemacherin Anat Halachmi das bittere Ende der
musikalischen Zusammenarbeit von Subliminal und dem palästinensischen Israeli Tamer Nafar nach. Vor der Zäsur hatte Subliminal den aufstrebenden Nafar und seine
Crew DAM (Da Arab MCs) unter seine Fittiche genommen, doch die Intifada zog ihnen den Teppich unter den Füssen weg, auf
dem sie zum Olymp des Nachost-Hip Hop
f liegen wollten. Ihre unüberbrückbaren
Differenzen stehen stellvertretend für den
allgemeinen Sog, der die Menschen erfasste,
politisierte und die Kommunikation zwischen den Kulturen abschnitt. In einem Interview mit der «Zeit» erzählt Tamer Nafar,
wie schwierig es wurde, die Leute auf der
Strasse anzulächeln – es könnte ja sein, dass
der Passant zu jenen gehörte, die einst seine
Familie enteignete.
Tamer Nafars Crew DAM bescherten die
auff lammenden Unruhen mit ihrer ersten Singleveröffentlichung «Meen Erhabe –
Who’s the Terrorist?» den grossen Durchbruch. Der nur online veröffentlichte Song
wurde innerhalb weniger Wochen über
eine Million Mal herunter geladen, heute sind sie die Superstars des pälestinensischen Rap. Sie nutzen ihre Musik als Plattform für mannigfaltigen Protest, rappen
nicht nur in Arabisch, sondern auch in Hebräisch und Englisch, um ein grösseres Publikum anzusprechen. In den palästinensischen Autonomiegebieten schossen weitere
Gruppen, etwa RFM oder die Palestinian
Rappers, wie Pilze aus dem Boden. Auch
das Kollektiv Ramallah Underground, deren
Mitglieder vor der Intifada noch nicht mal
Lyrics schrieben, sondern nur mit Sounds
aller Art experimentierten, weil sie die kitschigen arabischen Plastikbeats nicht mehr
hören konnten, griffen zum Griffel. Anlass
war, dass sie im Jahr 2003 während 22 Tagen das Haus nicht verlassen durften. «Es
war der reine Terror, pure psychologische
Unterdrückung», sagte Rapper Aswatt gegenüber dem dubaischen Internetportal «7
Days». «Es gab schon immer viel zu sagen,
aber damals verspürte ich den unbändigen
Drang, wahrheitsgetreu über meinen Alltag
zu sprechen.»
Davidstern als Fashion-Statement
Auch in der israelischen Szene änderten
sich Fokus und Tonfall, die krasseste Wandlung vollzog sich bei Subliminal, der zum
f lammenden Patrioten mutierte. An seinen Konzerten entsteigt der selbst ernannte «King of Israeli Hip Hop» einem gigantischen Davidstern und der Kampfruf «Tod
den Arabern» erklingt aus tausenden von
Kehlen. Seine Stücke werben voller Pathos
für den Militärdienst, die Angehörigen der
Soldaten beschwört er, stark zu sein, wenn
diese in einem Sarg aus dem palästinensischen Einsatzgebiet zurückkehren. Obwohl
er mit Zeilen wie «Das Land hängt noch immer wie eine Zigarette in Arafats Mund» für
viel Befremden sorgte, traf er bei vielen israelischen Jugendlichen einen Nerv. Er
habe es wie kein anderer verstanden, ihre
Frustrationen und Ängste in Worte zu fassen, lobt das amerikanische «Jewish Journal». Genrekonform brachte der sich stark
am amerikanischen Geschäftsmodell orientierende Subliminal eine Kleiderlinie auf
den Markt – das Logo ist ein Davidstern
und dieser baumelt auch gross und golden
vom Ende seiner schweren Halskette. Geschadet haben ihm nicht mal auf kommende
Faschismusvorwürfe, im Gegenteil: Auf seinem neuesten Album «Just when I thought
it was all over» machten 2006 Killah Priest
und Remedy vom Wu-Tang Clan, Ashanti und Wyclef Jean ihre Aufwartung. Mit einem Hip Hop-Remake der Nationalhymne
trat er dieses Jahr bei den offiziellen Feierlichkeiten zum 60 Jahre Jubiläum Israels
auf und führte während fünf Wochen die
Charts an.
Solche Reaktionen blieben jedoch die Ausnahme, die meisten Acts betonen unermüdlich, dass sie gegenüber den Arabern keine Feindschaft hegen. Insgesamt tendiert
der neuere hebräische Hip Hop hin zum sozialkritischen Kommentar, der Themenbereich ist weit gefächert: Korruption, Kindsmissbrauch, Ungleichheit, die missliche
wirtschaftliche Lage. Diese schwerverdaulichen Themen werden mit dem berühmten jüdischen Humor vorgetragen, der sich
facettenreich durch die Texte zieht. Die israelischen Rapper sind virtuos im Umgang
mit Stilmitteln wie Sarkasmus oder Parodie, mit cleveren Textkonzepten begegnen
sie den zahllosen Widersprüchen, mit denen sie täglich umgehen müssen. Einer der
grössten jüdisch-israelischen Hip Hop-Hits,
HaDag Hachashs «Sticker Song» besteht ausnahmslos aus Slogans von in Israel sehr beliebten Autoauf klebern und lässt so die Gegensätze plakativ aufeinender prallen: «Eine
starke Nation macht Frieden», «Eine ganze Generation fordert Frieden», dann aber
«Kein Frieden mit den Arabern» und «Weg
mit den Samthandschuhen». Das Resultat
ist eine absurde Bricolage von sich widersprechenden Mantras, aber auch einer pluralistischen politischen Debatte, in der die
Teilnehmer ihre Meinung öffentlich artikulieren können.
Auffällig ist, dass im jüdischen Hip Hop die
schwierigen jüdisch-arabischen Beziehungen zwar angesprochen werden, aber die
skeptische Grundstimmung der Israeli unhinterfragt bleibt. Offene Kritik äussern nur
die Rapper der palästinensischen Minderheit im Land und diese wiederum prangern
vor allem die Zustände im eigenen Dorf an.
DAM etwa stammen aus dem Grenzort Lod,
der in Armut, Kriminalität und Drogenelend versinkt – als direkte Folge von Diskriminierung. Damit verbindet sie natürlich
wieder einiges mit jenen Afroamerikanern,
die vom Fremdsein im eigenen Land berichteten und von einer durch Gewalt und Verelendung geprägten Lebenswelt erzählten.
«Wir brauchen bloss aus dem Fenster zu blicken, dann sehen wir Leute vor der Polizei
f lüchten, tote Freunde, Drive-by Shootings»,
gibt Tamer Nafar in einem Fernsehinterview mit der britischen BBC zu bedenken.
Ein zweischneidiges Schwert
Bei der Auseinandersetzung mit diesem
kulturellen Phänomen ist es schwierig, um
die Klippen der Klischees herum zu navigieren, denn Nuancen und Differenzierungen gehen schnell verloren. Schon das
Genre Hip Hop an sich weist eine grosse
Zerrissenheit auf, ist gleichermassen Sprache des hemmungslosen Materialismus und
trotzdem eine Plattform für Underdogs. Innerhalb dieses Schemas nehmen die Paläs-
5
tinenser einen besonderen Platz ein. Sie
sind weltweit Symbole für den Kampf aller
Unterdrückten – ob sie wollen oder nicht.
«Wenn wir im Ausland auftreten, dann hat
es garantiert immer eine palästinensische
Flagge auf dem Konzertf lyer», sagte Boikutt
vom Ramallah Underground Kollektiv, das
zu einem Netzwerk für verschiedenste zeitgenössische Kunstformen herangewachsen
ist. Das Resultat sei, so Boikutt weiter, dass
dann vor allem Exilpalästinenser und Politaktivisten an ihre Konzerte kommen und
nicht die Musikliebhaber. «Wir würden lieber als Leute wahrgenommen werden, die
Musik machen und zufälligerweise Palästinenser sind denn als Palästinenser, die Musik machen.» Gerade bei Palästinensern
wird quasi vorausgesetzt, dass sie hoch politisierte Freiheitskämpfer sind, erfüllen sie
diese Erwartung nicht, dann würden sie als
ignorant gelten. Dass sie als Künstler aufgrund ihrer intellektuellen Fähigkeiten und
ihres Könnens beurteilt werden wollen –
was ja wahre Emanzipation bedeuten würde – wird oft ausgeblendet. Der palästinensische Politiker Azmi Bishara brachte es so
auf den Punkt: «Alle Welt liebt den palästinensischen Freiheitskampf. Aber sie hasst
die Palästinenser.»
Damit leben die palästinensischen Hip Hopper in einem bittereren Widerspruch, der
sich so schnell nicht lösen lässt. Gegen aussen sind sie die Symbole für einen Freiheitskampf, den sie aber gegen innen genauso
austragen. Denn für die islamistisch-fundamentalistischen Kräfte in Palästina sind sie
des Teufels, weil sie eine moderne westliche Kultur verbreiten. Bei Auftritten in den
Autonomiegebieten wird regelmässig die
Stromzufuhr unterbrochen, auch schon lösten bewaffnete Hamaskämpfer Hip HopKonzerte in Gaza auf. Der Dokumentarfilm
«Slingshot Hip Hop» (dt. Steinschleuder-Hip
Hop) beobachtet die Künstler dabei, wie
sie im Alltag mit den vielen Hindernissen
klar kommen. Tamer Nafar berichtet vom
schwierigen Los, arabischer Israeli zu sein.
Es gäbe viele hervorragende Künstler, die
im explodierenden Markt des arabischen
Raps keinen Einlass finden. «Wir sind Verräter, weil wir den israelischen Pass haben.»
Dann fragt er: «Seit wann definiert dein
Pass deine Persönlichkeit, dein Talent oder
deine Kunst?»
Von Yvonne Kunz
Channels of Rage, 2007, Anat Halachmi
Slingshot Hip Hop, 2007, Jackie Salloum
DIE ORIENT ausgabe
DIE ORIENT ausgabe
«TunIsian
Sandwich»
Homosexuelle Pornos vermischen Lust
am Exotischen mit rassistischen Machtfantasien. Schwule träumen von Sex mit
arabischen Heteros – die Selbstbestimmung
der schwulen Orientalen interessiert dabei nicht.
Das prä-queere Kultbuch «Drei Milliarden
Perverse», eine Spezialnummer des französischen Magazins «Recherches», ist so legendär wie rar. 1973 herausgebracht vom Philosophen und Aktivisten Felix Guattari,
findet sich darinneben Texten zu schwuler Militanz, Pädophilie, Polysexualität oder
Porno-Poesie eine anonyme Gruppendiskussion über das Verhältnis von schwulen
Franzosen und Arabern. Der Text heisst:
«Die Araber und Wir». Es ist der verstörendste Text dieses heute fast vergessenen
Kult-Buches, an dem unter anderem auch
Jean Genet, Jean-Paul Sartre, Michel Foucault und Gilles Deleuze mitwirkten, und
das Guattari damals 600 Francs Busse wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses einbrockte.
In besagtem Gruppengespräch diskutieren
offensichtlich weisse, französische schwule Männer über ihre geheimen sexuellen
Freundschaften und Affären mit «Arabern».
Darin finden sich hochinteressante Statements, wie sich zwei verschiedene und
doch in Frankreich eindeutig marginalisierte Identitäten der Siebziger (denen auch in
den Kämpfen um 1968 keine grosse Rolle
als politische Subjekte zugestanden worden
war), im Alltag erotisch streiften, berührten, begehrten. Diese im sozialen Raum
nicht geduldete Liason, welche auch von
der Homophobie der Araber und dem Rassismus der weissen Schwulen durchdrungen war, hatte den Transgressionsappeal
der politischen Uncorrectness. Er war ein
Schock für den Mainstream, war aber
auch in der arabischen Community unaussprechbar. Die weissen Schwulen hingegen erotisierten die Männlichkeit ihrer Gegenüber und verfielen dabei dem Exotismus. Die Durchdringung einer Beziehung
mit Macht und Lust wird im Zitat eines
Schwulen über seine letzte Affäre mit einem «Araber» sehr klar: «Er hat mich
gefickt. Ich stand unter dem Gesetz des
Mannes, und nun will ich ihn dem Gesetz
meiner Kultur unterwerfen.»
Der geile Muezzin
Auch heute ist «der Araber», nach der Globalisierung, der Kolonialismus- und Migrationsgeschichte Europas, dem Israel-Palästina-Konf likt und dem elften September
wieder im Zentrum der First-World-Phantasmatik. Und wo Ängste zirkulieren, ist bekanntlich die obszöne Phantasie nicht weit.
Das zeigen auch zeitgenössische heterosexuelle und schwule Pornos mit ihrem Blick
auf «den Anderen». Über Pornos aus Frankreich und Israel und ihre Repräsentation
von «Arabern» geht es in diesem Text. Denn
der Porno bleibt, gerade weil er – wie das
Horrorkino – nicht in die Alltagsmedien integriert ist, einer der primären Orte des Filmes, wo Gefüge von Trauma und Angst und
Lust ausagiert werden können.
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Die hyperaktive und knallbunt gekleidete Liad Kantarowicz, eine Art Pipi-Langstrumpf des politischen Aktivismus in Tel
Aviv, hat sich viel mit israelischem Rassismus beschäftigt und gehört auch zur staatskritischen Gruppe «Anarchists Against the
Wall». Aber Liad ist auch queere Pro-SexAktivistin und Sex-Arbeiterin. Letztes Jahr
beim 2. Berliner Pornofilmfestival (das dritte steigt diesen Oktober) hielt sie einen informativen wie kritischen Vortrag über
soziale und politische Tabus in der israelischen Pornographie. Sie legte gleich klar,
wie besessen der israelische Porno von
«Arabern» ist. Doch natürlich findet man
keine Araber, die Rollen in einem israelischen Porno übernehmen. Deswegen werden «die Araber» von Israelis dargestellt,
was eine durchaus trashige, aber wirksame
Klischee-Fantasienmaschine anwirft und
«die Araber» zu Karikaturen macht. Der Erfolg von Filmen mit Titeln wie «Tunesian
Sandwich», «The Horny Muezzin» und «Shaved Arab Pussies» wird nur noch von Pornos mit «echten Arabern» übertroffen. Nicht
zuletzt, weil die eigentlich verboten sind.
Als ein Libanese Sex mit seiner Ex-Freundin im Internet veröffentlichte, glotzten geschockte Libanesen und faszinierte Israeli zu Tausenden mit. Das Mädchen aus dem
Film lebt übrigens nach der Verbreitung ihres Gesichts gefangen in einem Netz aus
Angst vor Gewalt und gesellschaftlichem
Ausschluss im Verborgenen. Doch an dieser
Stelle sollte man auch daran erinnern,
dass auch in Deutschland die Karriere der
türkischen Schauspielerin Sibel Kekilli
(«Gegen die Wand») zerstört wurde, als herauskam, dass sie einst als Pornodarstellerin tätig war.
Homosexualität als Mythos
nige männlicher Weiblichkeit. So lange der
Schein als «normaler Mann» aufrechterhalten wird, gibt es wenig Probleme. Das kreiert durchaus subversiven Spielraum, aber
auch noch stärkere Repression gegenüber
femininen Schwulen und Transen. Wie in
anderen – auch europäischen – homophoben Staaten ist der einfachste Weg also das
«Passing» als Heterosexueller.
Die Erotik des Schreckens
Auch im heutigen Frankreich wird zunehmend mehr Pornographie mit Migranten produziert. «Gay Ethnic Pronography»
ist nach dem Pariser Queer-Theoretiker
Maxime Cervulle eines der erfolgreichsten Subgeneres der schwulen Porno-Marktes. Insbesondere das Label «Studio Beur»
ist bekannt geworden durch die Darstellung möglicherweise heterosexueller Migranten aus dem arabischen Raum. Gangsterund Hip Hop-Klischees sowie proletarische
Männlichkeit treffen hier auf harten schwulen Sex, der von den weissen Zuschauern
begehrt wird. Dass «die Araber» angeblich
heterosexuell sind, aber Sex mit weissen
Schwulen haben scheint ein besonderer
Kick zu sein: Der «Studio Beur»-Produzent
und –Regisseur Joen-Noel Rene Clair erzählte in einem Interview mit einer schwulen Website, dass er mit seinen Performern
eine sehr «männliche» Beziehung hätte. Er
würde sogar fiktionale Freundinnen erfinden. Es wäre wichtig, dass es hier nicht
um ein «Schwuchtelding» ginge. Männlichkeit und Hetero-Performance werden also
schon vom Regisseur mit aufrechterhalten. Ob sich allenfalls der eine oder andere
Performer gerne outen würde, interessiert
ihn nicht. «Der heteromachistische Araber» scheint genau in die Reihe der schwulen Phantasmen von homophober Unterdrückung zu passen. So verbinden die Filme
des «Studio Beur» Rasse mit Sexualität. Und
Identitäten, die sie fürchten, haben Schwule schon immer erotisiert. Siehe den Polizisten bei Y.M.C.A (Warum gibt es eigentlich
kein schwules Begehren für Psychoanalytiker nach der langen Geschichte der Pathologisierung schwulen Begehrens?) Doch
leider dreht sich der Spiess teilweise um,
wenn die Identitätsfetische der Lust selbst
Unterdrückte sind. Die Antwort auf diesen Konf likt der verschiedenen Achsen von
Macht wären im Moment mehr geoutete
schwule Araber und mehr weisse Schwule,
die gerade deren Schwulsein begehren.
Eine weitere neue Verkettung zwischen israelischen und palästinensischen Begehren, erzählte Liad Kantarowicz, findet in
der schwul-lesbischen Underground-Szene von Tel Aviv statt, in der Transgenders
und Drag Kings zwar noch eine Seltenheit,
aber keine Unbekannten mehr sind. Als vor
ein paar Jahren das erste Mal ein junger, palästinensischer Schwuler als Drag Queen
auf einer Party im besetztem Territorium
nahe Tel Aviv performte, wurde er von den
anwesenden «Arabern» begeistert supportet. «Geoutet ist die palästinensiche schwule und lesbische Community noch nicht»,
schreibt Kantarowicz. «Aber sie ist auf dem
Weg dahin.»
Von Tim Stüttgen
Die Forderung nach Outing ist zwar trotz
seiner identitären Begrenzung unablässlich
in einer homophoben Gesellschaft, doch eigentlich ist die Geschichte der Identität in
der arabischen Welt eine andere als im Westen. Die Vorstellung, wonach sexuelle Orientierung und Gender zusammen die innere, feste Identität eines Menschen bilden, ist
eine konkrete Erfindung des westlichen Europas. Dass sexuelle Praktiken das Innere
des Menschen widerspiegeln, dass es also
Heteros und Homos gibt, gilt in der arabischen Welt immer noch als Mythos. So lange ein Ehemann sich nicht homosexuell
nennt, mag er durchaus Sex mit Männern
praktizieren. Das grosse Tabu ist eher dasje-
Liad Kantarowiczs Text «Queen Hussein»
zu Queerness in Palästina findet man hier:
mrzine.monthlyreview.org/kantorowicz010606.html
7
Referenzen:
Die deutschsprachige Version von «Drei
Milliarden Perverse» findet man manchmal
noch in Antiquariaten. Es erschien 1980 in
der Reihe «Schwule Texte» im Verlag Rosa
Winkel, Berlin.
Ein vielschichtiger Text zur kontroversen
Arbeit «Die Araber und Wir» und der Geschichte des Buches «Drei Milliarden Perverse» findet man von Gary Genesko auf:
www.rhizomes.net/issue11/genosko.html
Maxime Cervulles Text «Erotic / Exotic.
Race and Class in Gay Ethinc Pornography» erscheint Ende Jahr im Buch «Post
Porn Politics». Herausgegeben von Tim
Stüttgen, b-books, Berlin.
DIE ORIENT ausgabe
«Die Vielfalt
der
Traditionen»
Das «Ocora»-Label und die Diskussion um
das Verschwinden ursprünglicher Musik
Um es gleich vorweg zu benennen: Kein
Mensch braucht das Genre Weltmusik.
Schon der Begriff ist völlig irreführend.
Letztlich spielen auch Madonna und Radiohead Weltmusik, oder stammen sie etwa
von einem anderen Planeten? Unter diesem
Begriff hat sich in den westlichen Ländern
ein seltsamer musikalischer Hybrid ausgebreitet, der in der Regel nichts anderes
meint, als auf westliche Hörgewohnheiten
zugeschnittene Musik aus nichtwestlichen
Ländern. Mit traditioneller Musik – ebenfalls ein problematischer, aber nicht ganz
so irreführender Begriff – hat das meist
nichts zu tun. Natürlich ist es völlig legitim
und musikalisch oft auch gewinnbringend,
wenn sich westliche Pop-, Rock- und Jazzmusik so genannte Folklore aneignet. Doch
das, was in Weltmusik-Regalen angeboten
wird, hat weniger mit Bereicherung als mit
Angleichung zu tun. Es ist eine falsch verstandene, nämlich kulturindustriell lancierte Form der Assimilierung und damit
oft Ausdruck eines latenten Rassismus und
Exotismus, der die Klischees vom heissen
«latin lover» oder primitivistischen AfroTrommler fortschreibt.
Dem gegenüber ist die Archivierung von
traditioneller Musik erst einmal wertneutral. Das stellt die von Radio France herausgegebene «Ocora»-Reihe wie kein anderes Label auf hohem Niveau unter Beweis.
Ganz gleich, ob Musik aus Indien, Marokko, Spanien, Armenien, Chile oder Nigeria: Die Aufnahmen von «Ocora» sind um
grösstmögliche Authentizität bemüht, ein
Begriff, der in diesem Fall ausnahmsweise
einmal Sinn macht. Das bedeutet: Keine CD
aus dieser Reihe schmeichelt westlichen
Ohren. Im Gegenteil, selbst und gerade Aufnahmen aus Europa, zum Beispiel «Danemark – Chanteurs et ménétriers» oder «Belgique – Ballades, danses et chansons de
Flandre et de Wallonie» klingen dermassen
sperrig und stellenweise sogar atonal, dass
man sich wundert, welch eigentümliche
Musik sich sogar in unseren Breitengraden
entdecken lässt.
Die «Ocora»-Reihe ist weltweit einzigartig und in gewissem Sinn Resultat der imperialen Geschichte Frankreichs. Der Edition selbst haftet der positivistische Geist
des neunzehnten Jahrhunderts an, dem
es vor allem darum geht, die Vielfalt traditioneller Musik ohne Unterschiede und
Wertungen möglichst lückenlos zu dokumentieren. Vom Umfang her hat die Reihe etwas Enzyklopädisches, wirkt wie der
verzweifelte Versuch, die traditionelle Musik aus möglichst allen Winkeln dieser Erde
auf Tonträger zu bannen, solange sie noch
nicht verschwunden ist. Aber es wäre zu
einfach, die «Ocora»-Edition nur unter diesem Aspekt zu betrachten und zu beklagen,
dass der westliche Pop die hier dokumentierte Artenvielfalt langfristig aussterben
lässt. Einmal abgesehen davon, dass Folklore selbst permanenten Veränderungen unterworfen und daher nichts Statisches ist,
sondern sich durch ständige Migrationsbewegungen nationalen Eingrenzungen –
zum Glück – entzieht, ist die Existenz einer
Reihe wie «Ocora» ja bereits der beste Garant, dass solche Traditionen nicht wirklich
aussterben. So unterschiedliche Popmusiker wie Squarepusher und Animal Collective haben erklärt, dass sie sich intensiv mit
Aufnahmen traditioneller Musik beschäftigen und diese in ihre eigene Musik integrieren – ohne dabei dem Etikett Weltmusik zu
entsprechen.
Was ist aber der Grund dafür, dass ausgerechnet viele der europäischen Aufnahmen
der «Ocora»-Reihe in unseren Ohren fremd
oder zumindest ungewohnt klingen, Aufnahmen wie das türkische «L’art vivant de
Talip Özkan» oder die kurdische CD «Zikr
et chants soufis» dagegen vergleichsweise vertraut? Womöglich liegt es daran, dass
traditionelle Musik in den meisten europäischen Ländern nicht mehr in einem aktiven Austausch mit anderen Musikspielarten steht und aus dem Alltag nahezu völlig
verschwunden ist. Selbst das Wissen um sie
ist von Schlager, Chanson oder volkstümlicher Musik absorbiert worden. In einem
Land wie der Türkei dagegen gibt es keinerlei Musikspielart von HipHop bis Heavy Metal, von Punk bis Dancef loor, die nicht von
der traditionellen Musik des eigenen Landes durchdrungen wäre. Dies hat erst einmal nichts mit Chauvinismus zu tun, sondern mit Eigenständigkeit. Eine türkische
Metal-Band weiss, dass niemand sie bräuchte, wenn sie nur wie eine Kopie westlicher
Vorbilder klingen würde. Fatih Akins Dokumentarfilm «Crossing The Bridge – The
Sound Of Istanbul» (2005), in dem Alexander Hacke von den Einstürzenden Neubauten den unterschiedlichsten Musikern in
der türkischen Metropole nachspürt, macht
deutlich, dass dort jegliche Musik traditionelle Elemente enthält. Selbst die Gangsta Rapper sind stolz auf ihren arabesken
Sound, der nicht einfach nur die amerikanischen Ghetto-Sounds nachahmt.
Was der Film allerdings verschweigt, musste ich auf einem Symposium in Istanbul vor
drei Jahren erleben, bei dem auch Alexander Hacke anwesend war. Das türkische
«Bant»-Magazin hatte Journalisten aus ganz
Europa zu einer Tagung über Popkultur eingeladen. Am Rande der Veranstaltung wurde auch darüber diskutiert, dass «Bant» von
vielen Jugendlichen in der Türkei angefeindet wird, weil es sich vorwiegend mit westlicher Independent-Musik beschäftigt. Dass
«Bant» nun dem türkischen Publikum mit
einer Zeitverzögerung von zum Teil über
zehn Jahren Bands wie Fugazi oder Sigur
Ros nahe bringt, wird von seinen Gegnern
als Verwestlichung und Verrat an der eigenen Musikkultur empfunden.
Hier zeigt sich die Kehrseite einer von traditionellen Elementen durchdrungenen Musikkultur: Das Fehlen des Traditionellen
wird sofort als Identitätsverlust kritisiert.
Für europäische Ohren klingen solche Argumente ziemlich absurd, ganz so, als ob
man eine deutsche Band ablehnen müsste, sobald sie keine Jodler in ihre Songs einbaut oder die schottischen Belle & Sebastian nicht hören dürfte, weil in ihrer Musik
kein Dudelsack vorkommt. Vielleicht müsste man dem entgegen halten, dass Popund Rockmusik in Europa längst zu neuen
Formen von Folklore geworden sind, was
nichts mit Verlust, sondern lediglich mit
Identitäts-Verschiebung zu tun hat.
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Und doch konnte sich ein Label wie «Ocora» wahrscheinlich nur in Westeuropa ansiedeln, wo der Blick und die Ohren noch
immer mit ein wenig Neid und Bewunderung vernehmen, wie vielfältig und lebendig die traditionelle Musik im Orient, im
Balkan, in Afrika und Fernost ist. Man kann
und sollte die Aufnahmen von »Ocora« lieben, ohne sie gleich für einen Diskurs über
Identitäten und Traditionspf lege zu instrumentalisieren. Gute Musik im Sinne von intensiven, den ganzen Körper erschütternden Klängen , überlebt immer. Allerdings
nur, wenn die Tradition nicht wie ein Korsett geschnürt und krampf haft bewahrt
werden soll oder für ein Konstrukt wie Nation herhalten muss.
Von Martin Büsser
Ocora Top-Five:
Albanie: Pays labe. Plaintes et chants
d’amour
Rein vokale, mehrstimmige Gesänge aus
Albanien. Herzerreissend traurige
Liebeslieder.
Arménie: Musique de tradition populaire
et des Achough.
Getragen, oft geradezu wie in Zeitlupe
verlangsamte Stücke, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen.
Turquie: L’art vivant de Talip Özkan.
Historische Aufnahmen von einem der besten Lautenspielers der Türkei, dem es gelingt, ebenso verziert wie reduziert zu
klingen.
Finlande: Musique traditionnelle.
Musikalische Miniaturen, zum Teil auf Pfeifen frei improvisiert, die weit von Klischees
wie dem finnischen Tango entfernt sind.
Ouzbekistan: Farhod Qori Halimov –
Chants classiques tadjiks.
Zu zwei Lauten und Percussion vorgetragene Klagelieder aus Usbekistan.
Fabrikzeitung September 2008
Was übrig bleibt
Seit der Schliessung der Boa im November 2007 klafft in
der Luzerner Kulturlandschaft eine Lücke. Das «Boa-Teil»
dokumentiert nun die Geschichte der Luzerner Alternativkultur. Die Szeneaktivisten suchen derweil nach Freiräumen
jenseits des Südpols.
Die Boa existierte von 1988 bis 2007. Sie war
ein Markstein in der Geschichte der Luzerner Alternativszene. Hier wurde getanzt und
gefestet, getrunken und gekifft, diskutiert
und politisiert. Kulturell war alles zu haben,
ausser Mainstream. Was die Boa für Luzern
und die Innerschweiz bedeutet hat, lässt
sich nicht auf einen Nenner bringen. «Für
die einen war die Boa ein Ort der hoch stehenden Musik, für andere ein Zentrum des
freien Theaters, der politischen Debatten,
der Literatur. Für viele war es vor allem ein
schlafraubender Partytempel. Für die junge
Generation war es ein Platz, an dem die sogenannte Alternativkultur gelebt, erlebt und
gelernt werden konnte, und für die ältere
Generation ist die Geschichte des Hauses
ein Zeitzeugnis für erkämpften Freiraum»,
schreiben die Herausgeber im «Boa-Teil».
Das soeben erschienene Buch schildert auf
260 Seiten in Wort und Bild die Euphorien
und Leiden eines alternativen Kulturzentrums. Über Hundert Autoren und Grafiker
haben am «Boa-Teil» mitgewirkt. Die
Initiative für das Buch kam von jungen
Leuten, die nicht mit Nostalgie geladen
waren, sondern die Boa als Freiraum der
Vielfalt kennen und schätzen gelernt hatten
und auch den Geist der Alternativkultur
reflektieren wollten: Im Schlusskapitel «Der
letzte Walzer im grossen Saal» unterhalten
sich zwei anonyme Exponenten in einem
fiktiven Dialog über Freiräume, Strukturen,
alternative Lebensformen, Konsumzwang
und verlängern damit ein vermeintlich abgeschlossenes Kapitel über den Tag hinaus.
Für die historische Aufarbeitung der BoaEtappen engagierte das Redaktionsteam
Journalisten, die das kulturelle Geschehen in
Luzern schon lange verfolgen und teilweise
regelmässige Boagänger waren. Darüber
hinaus wurden Dutzende von Personen eingeladen, ihre persönlichen Boa-Erlebnisse
kund zu tun: MusikerInnen, BesucherInnen,
Boa-Mitarbeitende, VeranstalterInnen,
KünstlerInnen. Gestaltet wurde das Teil vom
jungen Grafiker- und Verlegerteam Mario
Suter und Camillo Paravicini.
Erkämpft, umdefiniert, befriedet
Die Boa wurde von unten erkämpft. Ganz
im Gegensatz zum «südpol», dem offiziellen Boa-Nachfolger, der im November
2008 eingeweiht wird: Der Neubau auf dem
Areal des alten Schlachthofs an der Grenze
von Luzern und Kriens wurde als politischkultureller Schachzug von oben konzipiert
und sozusagen fixfertig hingestellt. Luzerns
neues Multi-Kulturzentrum ist ein 25-Millionen-Projekt, das neben dem Boa-Ersatz
auch Proberäume für das Luzerner Theater
und das Luzerner Sinfonieorchester anbietet
sowie die städtische Musikschule unter dem
gleichen Dach vereint.
Vor gut 20 Jahren war die Boa eine leer
stehende Schlauchfabrik in einer Wohn- und
Gewerbezone. Die Räumlichkeiten wurden
besetzt und die ersten Feste gefeiert. Luzern
steckte mitten in der Kulturraum-Debatte.
Die Stadtverantwortlichen planten das KKL
und machten dafür in einer ersten Etappe
über 100 Millionen Franken locker. Das provozierte die Alternativ- und Jugendkultur.
Auch sie wollten ihren Anteil an frei nutzbarem Kulturraum. Unter der Ägide von
Stadtpräsident Franz Kurzmeyer entstand
der sogenannte «Kulturkompromiss»: Die
etablierte Kultur erhielt das KKL Luzern
(250 Millionen Franken), die alternative
Szene wurden für zwölf Millionen mit dem
Konzerthaus Schüür (Schwerpunkt Musik)
und dem Kulturzentrum Boa (Schwerpunkt
Theater) befriedet.
Trotz besten infrastrukturellen Voraussetzungen und einigen eindrücklichen Produktionen in der Frühphase (Urs Steiner, Theater Klara, Theater Marie, zusammenstoss)
konnte sich die Boa als Theaterhaus nie
etablieren. Zu karg war die finanzielle Unterstützung, zu dominant war die Musikfraktion, zu wenig Widerhall kam vom Publikum.
Die Boa wurde immer stärker ein Ort für
Konzerte. Aber sie funktionierte auch als
Spielweise für Konzeptkunst, Spielabende
und andere Eigenproduktionen, bei denen
nie der Kommerz, aber immer Spass und
quere Ideen im Vordergrund standen.
Mit dem Umbau anfangs der Neunziger
Jahre wurde das Experiment Boa in ein
offizielles Kulturzentrum umdefiniert und
damit befriedet. Für viele ging mit diesem
Schritt ein erstes Stück Freiheit und Magie
verloren. Andere wussten längst, dass auch
die sogenannt alternative Kultur nicht gefeit
war vor den Gesetzen des Marktes und des
Konsums, vor den Einmischungen der Politik
und auch nicht vor zwischenmenschlichen
Konfliktpotentialen. Ideologische Diskussi-
onen und zu knappe Betriebsgelder zerrten
intern an den Nerven. Die Boa sorgte mit
jeder Vollversammlung und jeder DefizitAnkündigung wieder für Schlagzeilen, was
dem Image nach aussen nicht förderlich
war. Die bürgerlichen Parteien forderten
klare Führungsstrukturen, die SVP ortete
gar Revolution in der Boa und wollte das
Kulturzentrum schliessen.
Der Ruch des Versifften
Dabei war die Boa schlicht ein fantastischer
Ausgangsort: Gut erreichbar, unkompliziert und ideal, um in die Nacht hinein zu
hängen. Für musikalische Highlights hatten
in den frühen Neunziger Jahren schon die
Programm-Verantwortlichen Trixa Arnold
und später Orpheo Carcano gesorgt. Sie
brachten die «Step Across The Border»Musiker (Fred Frith, Tom Cora, Iva Bittova),
radikale Underground-Bands aus Osteuropa
(Ne Zhdali, Dunaj), Noise-Avantgardisten
aus Japan (Otomo Yoshihide), Impro-Punks
wie The Ex, Crossover-Sonderlinge wie
Eugene Chadbourne, Folk-Legenden wie
Townes van Zandt, Klangtüftler wie Pierre
Bastien, oder eigensinnige Volksmusiker wie
Rees Gwerder in die Bar, in das Foyer oder
in die Aktionshalle. Mehrtägige Anlässe
wie das Solofestival konfrontierten das
Publikum mit Klängen und Performances,
wie sie in der Innerschweiz sonst nirgends zu
erleben waren. Es war eine Zeit, in der man
ungeachtet der Namen in die Boa pilgern
und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit glücklich bis milde verstört
wieder von dannen ziehen konnte. Nur eines
war es nie: Mittelmässig.
Ab Mitte der Neunziger Jahre wurde die
Boa auch eine regelmässige Plattform
für elektronische Musik. Die Leute von
Ephidrena/Spezialmaterial und vom Buffet
für Gestaltung – beide Gruppierungen sind
unterdessen in Zürich tätig – gestalteten
visuell stimulierte Konzert- und DJ-Abende
mit avantgardistischen Electronica-Acts wie
Autechre oder Plaid. Zur Sonderklasse entwickelte sich die musikalische Programmation in den letzten drei Jahren unter Eugen
Scheuch. Ironie des Schicksals: Je stärker die
Boa aufgrund von Lärmklagen der Anwohner und später auch gerichtlichen Verfahren
in die Enge getrieben wurde, desto solider,
unbeirrter und publikumswirksamer fuhr sie
zur Hochform auf.
Alleine in den letzten zwei Betriebsjahren
traten Bands wie Tortoise, Lambchop, The
Go-Betweens, Coco Rosie, Element Of
Crime, Art Brut oder Band of Horses auf,
aber auch MusikerInnen wie Howe Gelb,
Cat Power, Eleni Mandell, M.Ward oder
José Gonzalez. Impro-Abende mit Joyful
Noise oder Hardcore-Rock mit dem New
Yorker Gitarristen Marc Ribot stiessen
auf ein interessiertes Publikum. Dazu kam
die erfolgreiche World-Music-Reihe «un
otro mundo es possibile», die das stilistische Spektrum von Gypsy-Balkan-Brass
über Latin-Ska bis Klezmer zog. Auch ein
externer Veranstalter wie Memphisto prägte
die Boa über Jahre mit seinem erstklassigen
Angebot an dreckig wühlenden GarageRock-Bands. Lesungen, Filmabende und
politische Diskussionen sorgten immer mal
wieder für Nachspiele in der Presse. Dass
sich phasenweise auch junge linke Aktivisten
und Autonome samt ihren Hunden in der
Boa einnisteten, störte wiederum die Rechtschaffenen und Kulturetablierten. Ohnehin
war das raue Punk-Ambiente mit dem Ruch
des Versifften nicht immer dazu angetan, die
potentiell interessierten Bildungsbürger für
die alternative Kultur zu gewinnen. Ihnen
fehlte der Blumenschmuck auf den Tischen,
und auf den Toiletten hatte es so komische
Sprayereien. Den Grundwiderspruch jedes
nicht-etablierten Kulturhauses – warum soll
das System eine Institution unterstützen,
die ihr auch mal ans Bein pisst – ist auch die
Boa nie losgeworden.
«südpol» versus Freiraum
Das System hat sich am Ende als stärker
erwiesen. Auch wenn die internen Machtkämpfe der Boa-Betreiber und Szenen
alles andere als förderlich waren und die
jahrelangen Auseinandersetzungen mit den
Anwohnern wegen Nachtruhestörung das
Klima zermürbten: Den Todesstoss führte
die Stadt Luzern mit ihrer Baupolitik, die
notabene auch von den linken Parteien
durchgewunken wurde: Die Erstellung von
85 Eigentumswohnungen in unmittelbarer
Nähe zur Boa verdoppelte die ruhebedürftigen Nachbarn und verschärfte die Konflikte.
Eine Lärmsanierung der Boa wurde an der
Urne knapp abgelehnt.
Dass nun die gleiche Stadt Luzern mit dem
«südpo» ein neues Kulturzentrum aufgebaut
hat, das explizit auch die alternative Kultur
abholen soll, ist eine verdienstvolle, wenn
auch verdammt teure Geste, die mehr nach
Wiedergutmachung riecht und weniger nach
einer wahren Einschätzung der Bedürfnisse
einer sogenannten Alternativkultur. Denn
diejenigen, die sich als alternativ verstehen,
haben sich von Anfang an vom «südpol» distanziert und Räume gefordert, die sie selber
gestalten und betreiben können.
Es wäre ein obsoleter Versuch, im «südpol»
eine neue Boa etablieren zu wollen. Was
die Boa verkörperte, hat die Geschichte
ausgeschwitzt. Sollte etwas davon lebendig
geblieben sein, wird es sich erneut durchsetzen, wenn die Zeit reif dafür ist. Die
Bewegung «Aktion Freiraum» ist ein erstes
Zeichen dafür. Die neue Organisation hat
in Luzern schon mehrere Kundgebungen
lanciert und dank dem massiven Polizeieinsatz im Dezember 2007, bei dem rund 250
Personen eine Nacht lang in den Sonnenbergtunnel gesperrt wurden, viel Aufmerksamkeit erlangt.
«Un otro mondo es possibile» hiess die
World-Music Reihe der letzten Boa-Crew.
Im gleichen Sinne darf man behaupten: «Un
otro Boa es possibile.» Nur braucht es dafür
viel mehr Leute, die es anpacken, als solche,
die bloss darauf warten. Im heutigen Klima
von Konsum und Kultur-Wellness ist das
geradezu eine Utopie. Nicht nur die Aktion
Freiraum ist gefordert, sondern alle, die eine
Alternative neben der obrigkeitsverordneten Alternative wollen.
Von Pirmin Bossart
Das «Boa Teil» ist bestellbar unter
www.maniacpress.ch
Fabrikzeitung September 2008
Fabrikzeitung September 2008
13 Jahre Erismannhoffest
Heute schon gesoundsnackt?
FaZ-Kolumnist Audioviel, bekennender alphabetisch-einsortierender Plattensammler und MP3-Skeptiker, scheitert
an den Hörgewohnheiten der jüngeren Generation.
Ein Festival der anderen Art. Zwar hat es nichts mit der
Roten Fabrik direkt zu tun, aber wir können es nicht lassen,
trotzdem darauf hinzuweisen.
Dreizehn ist eine Glückszahl. Zumindest
am Erismannhof. Bereits zum dreizehnten
Mal wird in diesem Jahr nämlich im Hof
des 1927 erbauten Häusergevierts an der
Seebahnstrasse gefeiert, getrunken, gezockt
und getanzt. Über die Jahre hinweg hat das
Fest zunehmend an Kontur und Ausstrahlungskraft gewonnen, ohne dabei seine
finanzielle und ideologische Unabhängigkeit
zu verlieren. Bis zum heutigen Tag gibt keine
versteckten Seilschaften, keine Subventionen oder Sponsorengelder, welche die
Kasse füllen.
Vielleicht ist es gerade diese Widerständigkeit, welche den Erismannhof zu einer
beliebten Adresse für lokales Kunstschaffen
machen. Die Bereitschaft, für wenig Geld
fantastische Arbeit zu leisten, ist beeindruckend gross. So geben sich auch in diesem
Jahr attraktive Formationen die Ehre:
Am Freitagabend wird die französische
Chanson-Sängerin Clara Moreau erwartet,
am Samstag dann betreten die The Circle
Brothers die Showbühne, gefolgt von den
Country Terminators, den legendären Bucks
und Newcomern Joules. (pd)
Programm:
Freitag, 5. September
Ab 18.30 Uhr Offenes Jassturnier (Anmeldung direkt im Festzelt) und Konzert der
französischen Chanson-Sängerin
Clara Moreau, Bar
Samstag, 6. September
Ab 15 Uhr Kinderfest mit Sirupbar
und Blasiomatten
Ab 18 Uhr Bar und Grill
Ab 19 Uhr Livekonzerte mit The Circle
Brothers (ZH), Country Terminators (ZH),
The Bucks (ZH) und Joules (ZH)
The Circle Brothers
The Bucks
Joules
Wenn die Circle-Brüder auftreten, lässt sich
von den ersten Akkorden an die Hitze der
Prärie erahnen. Der Staub, die Weite und
die Einsamkeit. Country ist eine wichtige
Komponente in den Kompositionen des Trios, doch lässt sich ihr Schaffen nicht darauf
reduzieren: «Unsere Musik ist wesentlich
düsterer und wird von New Wave und
Bands wie Sixteen Horsepower beeinflusst»,
führt Songwriter Alban Ringli aus. Der Mix
scheint zu überzeugen. In der Presse gab es
Lobeshymnen und Vergleiche mit Nick Cave
zu lesen. Eine hochinteressante Affiche also.
Alles ist heute «Kult» und vieles «Legende».
Beide Wörter werden inflationär gebraucht.
Doch im Zusammenhang mit den Bucks
haben sie ihre Richtigkeit. Die Band um
den Bassisten und Sänger Rams und den
Schlagzeuger Päde Scherrer hat Kultstatus.
Ihre Anfänge gehen in die 70er-Jahre an
die Wurzeln des Punk zurück. Vorbei an
allen kurzlebigen Trends hat die Band über
Jahrzehnte hinweg ihre Authentizität und
künstlerische Eigenständigkeit bewahrt. Ihr
neustes Doppelalbum «More is More» ist
gerade erst in diesem Frühjahr erschienen:
Druckvoll und kompromisslos. Der Auftritt
der Bucks im Erismannhof kann also gut
und gern als «legendär» bezeichnet werden.
Ein Song von Joules kann gut und gerne
10 Minuten dauern. Die drei Zürcher, die
im vergangenen Sommer ihr Bühnendebüt
gaben, verbinden schwere Gitarren- und
Bassriffs mit fetten Beats und melodiösen
Gesangslinien zu einem unverkennbaren
Sound, der packend mit der Monotonie
spielt. Dass zwei Drittel der Band waschechte Erismannhöfler sind, macht dieses
Konzert zu einem spannenden Heimspiel.
www.circlebrothers.net
Country Terminators
Auch die fünf Country Terminators aus Wollishofen, Tennessee brettern in bestechendem Wildlederchic auf ihren Instrumenten
rasant gen Westen. Ihr ironisch unterfüttertes Repertoire reicht von Johnny Cash über
Hank Williams bis zu Steve Earle und Augie
Meyers. Sie können rockig klingen, punkig,
dann aber auch wieder süss wie der Saft des
Feigenkaktus.
www.thebucks.ch
schweiz.myspace.com/joulesrocks
Bei der täglichen Lektüre meiner Lieblingsseiten des RTL-Teletextes, den «V.I.P.News» (ab Seite 150) und speziell der
«Musik-News»-Sektion (ab Seite 180), stiess
ich auf die vielversprechende Meldung
«Der Trend zum Quickie mit Musik». Und
gerade, weil man in den Niederungen des
RTL-Teletexts bei einer solchen Headline
eine Story à la «wer wo wie lange mit
wem bei welcher Musik» erwartet oder
allenfalls einige tiefgründige Ausführungen
zum Thema «Half Hit Wonders» und wie
unglaublich kurzlebig das Musik-Business
heutzutage doch sei, war ich überrascht,
dass sich tatsächlich eine Story dahinter
verbarg. Es geht um folgendes: eine Studie
(ich liebe Studien) im Auftrag von Sony
Ericsson (die mag ich etwas weniger)
hat das Hörverhalten von knapp 10‘000
Menschen zwischen 18-24 Jahren erhoben, indem sie europaweit Menschen der
erwähnten Zielgruppe die Möglichkeit
gaben, online über ihre Musikgewohnheiten
Auskunft zu geben. Wie repräsentativ
dies nun in Wirklichkeit ist, bleibe mal
dahingestellt.
Weitere Details botder RTL-Artikel nicht,
schliesslich musste auch noch etwas Platz
für Sandy sein, die gerade im Online-Chat
wartete. Der österreichischen Zeitung «Der
Standard» ist allerdings gelungen, was ich
trotz aufwendiger Suche im Web nicht
erreicht habe, nämlich Details der Studie
zu erhalten. Die folgenden Erkenntnisse
betreffen die österreichische Jugend, dürften wohl aber nicht allzu unterschiedlich zu
hiesigen Hörgewohnheiten sein. Demzufolge hören 10 Prozent der Befragten «immer»
nur 20-30 Sekunden eines Songs. 41 Prozent
gaben an, «oft» zu snacken. Mehr als eine
Minute Spieldauer gewähren gerade mal
sechs Prozent der Hörer einem Song. Und
im Schnitt bloss 3 von 100 der Befragten
hören die ganzen Songs. Und es gibt keine
erwähnenswerten Unterschiede der Hörgewohnheiten von Männlein und Weiblein.
Wenn ich jetzt also richtig rechne, hören 51
Prozent der 18-24 Jährigen immer bis oft
nur 20-30 Sekunden eines Tracks. Nicht erhoben wurde leider, ob das alles Songs sind,
die die Konsumenten mögen. Ich gehe jetzt
aber mal davon aus, wer schleppt schon
Songs auf seinem MP3-Player oder Handy
oder was auch immer, mit sich herum, die er
nicht hören will?
Das Musik-Quicken heisst in der «Fachsprache» auch «Soundsnacking» und
darunter versteht man, dass die Songs nur
kurz angespielt werden (etwa 30 Sekunden
ist gemäss Studienautoren ein gängiger Mittelwert). Danach geht’s zum nächsten Track.
Falls Sie das nicht gewusst haben, sind Sie
vermutlich alt, denn 97 Prozent der befragten 18-24 Jährigen wussten, was «Soundsnacking» bedeutet. Ich wusste es nicht. Falls
Sie alt sind und es trotzdem gewusst haben,
Hut ab. Oder Sie haben Kinder.
Ok. Also 20-30 Sekunden sind ja schon
ziemlich kurz. Aber ich bin ja so ein furchtbar junggebliebener alter Sack, daher ab
zum Selbstversuch. Die Testbedingungen:
mein iPod mit ein paar hundert Songs
unterschiedlichster Stilrichtungen aus
unterschiedlichsten Epochen drauf. Eingestellt auf Terrormodus - sprich zufällige
Wiedergabe der Tracks kreuz und quer. Ein
mittelmässiger Kopfhörer. Als Testdauer
gebe ich mir 30 Minuten, was dann wohl in
etwa 60 kastrierte Songs bedeuten wird. Als
Standort pflanze ich mich vor den Computer. Ein bisschen surfen dazu, Ausgangsseite
ist «www.bild.de». Los geht’s.
Klick. Klick. Klick. Eine ganz schön nervöse
Angelegenheit das. Klick. Klick. Klick.
Lustig sind die Live-Tracks mit Ansagen.
Bis zum Song geht’s gar nicht. Klick. Klick.
Klick. Auch die zufällige Wiedergabe macht
Spass. Jetzt hatte ich gerade 30 Sekunden
Rachmaninov-Klavierkonzert und danach
30 Sekunden Reeves Gabrels. Gefolgt von
Falco. Klick. Klick. Klick. Fairerweise muss
ich zugeben, dass ich auch ein paar Songs
begegnet bin, die aus irgendeinem Grund
auf meinem iPod sind und dort eigentlich
gar nicht hingehören, so dass ich froh war,
dass ich nach 30 Sekunden weiterklicken
konnte. Fünf Sekunden hätten teilweise
auch gereicht. Klick. Klick. Klick. Songs mit
langen Intros funktionieren irgendwie nicht
so recht. Klick. Klick. Klick. Lieblingstracks
sowieso nicht, was für ein Ärger, ich will
die Synthies am Schluss von Bowies «Ashes
To Ashes» hören! Klick. Klick. Klick. Was
Spass macht, ist zu schauen, wie lange ich
brauche, bis ich weiss, welcher Song jetzt
gerade läuft. Mehr so als Kampfsportart.
Klick. Klick. Klick. Klick. Klick.
Zig Klicks, ein Valium und eine halbe
Stunde absoluter Ruhe später hier nun die
Erkenntnisse: das funktioniert für mich
überhaupt nicht und macht mich nervös. Ich
bin mindestens 15 Songs begegnet, bei denen es mich geärgert hat, diese nicht auf der
Stelle zu Ende hören zu können. Die Songs,
die ich nicht hören wollte, hätte ich nach
fünf Sekunden weggeklickt. Fazit: Ich bin
alt. Meine Hörgewohnheiten sind langweilig
konservativ. «Soundsnacking» ist definitiv
nichts für mich. Ist mir zu anstrengend. Ich
solidarisiere mich hiermit feierlich mit den
3 von 100 Befragten, die ganze Songs hören.
Willkommen meine Freunde. Seid nicht
traurig, dass ihr Aussenseiter seid! Schliesst
euch zusammen und gründet eine Community für bedrohte Songteile!
Kämpft für die «Intros», «Bridges» und
«Outros»! Und für die «Soundsnacking»Fans hier noch ein paar Überlegungen:
Stellen Sie sich mal vor, wie. Klick.
Aber würden Sie nicht. Klick.
Haben Sie jemals ein. Klick.
Es könnte aber doch sein, dass. Klick.
Sind Sie sicher, dass. Klick.
Können Sie nachts gut. Klick.
Power off.
Von Silvan Lassauer
In 30 Sekunden können Sie von ausgewählten Stilrichtungen in etwa Folgendes hören:
Pop
Referenztrack «Kylie Minogue:
Can’t Get You Out Of My Head»:
8 Takte Intro plus 8 Takte «La La La».
Dance
Referenztrack «Dylan Rhymes:
Don’t Want You Anyway»:
Ein cooles Intro mit spacigen Synthiesounds.
Hip-Hop
Referenztrack «Eminem: Business»:
Intro und etwa 8 ½ Takte der ersten Strophe.
Elektro
Referenztrack «Squarepusher: Planetarium»:
16 Takte Drum-Intro und 4 Takte Drums
mit Bass.
Heavy-Metal
Referenztrack «Slayer: Seasons In The
Abyss»: 15 ½ Takte pompöses Intro
Klassik
Referenztrack «Rachmaninov: Piano-Konzert #2, 1. Moderato»: Das wunderschöne
Piano-Intro, der Einsatz des Orchesters
wird im Keim erstickt.
Experimentelles Zeugs
Referenztrack «Coil: Untitled 2»: Nuff Said
Fabrikzeitung September 2008
In eigener Sache:
Saisonauftakt Fabriktheater
Mit einem wahren Paukenschlag geht das
Fabrikthater in die neue Spielzeit: Wo hört
die Darstellende Kunst auf und wo beginnt
die Musik? Wann ist Musik performativ und
wann wird die Performance zum Musikstück? Zum Saisonauftakt des Fabriktheaters gehen lokale und nationale Kunstschaffende unter dem Titel «Is it wrong to mix
your Wasabi with your Soya sauce?» über
zwei vollgepackte Abende diesen Fragen
nach.
FR 12., SA 13. SEP / 19.30h
// Fabriktheater
Is it wrong to
mix your Wasabi with
your Soya Sauce?
Neun Performances zur Saisoneröffnung des
Fabriktheaters Rote Fabrik
Wenn nicht anders vermerkt, sind die
Performances in einem Aufführungsblock
gebündelt, der jeweils um 19.30h beginnt.
Beide Tage:
Bleu Remix
Mit «Bleu Remix» lädt der Performer Yann
Marussich (GE) zu einer neuen geheimnisvollen und intimen Reise ein, die unter die
Haut geht. Dabei nimmt er wesentliche Elemente aus «Bleu Provisoire» (2001) wieder
auf und macht sich auf die Suche nach dem
Universalmenschen. Die Idee des Remix gilt
auch für den Sound der Performance. Bei
jeder Vorstellung mixt ein lokaler Musiker
den Originalsound von «Bleu Provisoire»
(Herztöne, Atmung, Blutfluss...) auf seine
Art und Weise und trägt so zur Einmaligkeit
des Abends bei.
Konzept und Performance Yann Marussich
Beide Tage:
DANCE MA(E)DL(E)Y &
PARADISE
Mit grossen Schuhen an den Füssen tastet
sich die Performerin vor. Naturmaterialien
sowie Garten- und andere Alltagsgeräte sind
ihre Mess-, Orientierungs- und Erkundungsgeräte. Sie zieht Steine über den Boden, hebt
sie auf und bringt sie zum Tönen; Wasser,
Pflanzen, Früchte und Musik von Velvet
Underground navigieren sie im Raum. Alles
hat sein eigenes Gewicht und der Umgang
damit existenzielle und manchmal prekäre
Seiten.
Beide Tage:
Beide Tage:
Pigs And Birds 2
Frisörsalon
«Pigs And Birds» bezeichnet ein fortlaufendes Projekt. Auf der Basis von
Grundmaterial werden durch performative
Verfahrensweisen neue Erscheinungsformen und Inhalte entwickelt. Im Verlauf der
30-minütigen Performance Pigs And Birds
2 erfährt der Zuschauer durch das Spiel mit
Kommunikationsformen eine Entwicklung,
die ihn von non-verbaler zu verbaler Kommunikation führt.
Rosi betreibt einen Frisörsalon in einer
kleinen Stadt. Ganz nach den Regeln der
guten alten Frisörkunst. Dauerwelle ist hier
kein Schimpfwort, sondern die Pflicht einer
Dame. Es wird viel geschnackt ( Norddeutsch für plappern) - sämtliche Informationen aus Dorf und Familie werden auf eine
hart aber herzliche Art und Weise verwertet,
umgedreht, weiter getragen und natürlich
mit ihrer Stammkundin Hilde ausgetauscht
und intensivst diskutiert. Wat auf den Tisch
mut, mut auf den Tisch! Vereinbaren Sie
einen Termin und Sie wissen wieder, was los
ist in ihrer kleinen Stadt.
Konzept und Performance: Anne Rosset
und Robert Alexander
Beide Tage:
Tote tanzen nicht
Die Begegnung, oder wenn man so will der
Tanz mit dem Tod, kann als ein Fall von
extremer Vereinzelung, bei welcher die
zwischenmenschlichen Beziehungen an ihr
Ende kommen, betrachtet werden. «Tote
tanzen nicht» zelebriert das Alleinsein der
Lebenden. Das Klavierkonzert «Totentanz»
von Franz Liszt ist Teil der performativen Installation. Inspiriert zu dieser Komposition
wurde Liszt vom Bild «Triumph des Todes»,
gemalt 1353 von Buffalmacco Buonamico.
Von und mit Trixa Arnold und Ilja Komarov
Beide Tage:
Shanghai
Die Shanghai-Auftritte sind von theatraler
und medialer Natur. Die Musikerinnen
werden in Schattenform verdoppelt und mit
den Realschatten projiziert. Dabei kommen
Fragen zur Zeitverschiebung, Live- oder
Konservenmusik, Realität oder Echtheit
auf. Die Schattenzwillinge bearbeiten
Bühnenposen, die man nur zu gut aus der
Rockmusik kennt und versuchen mit diesen
neue Choreografien zu formen. Musikalisch
experimentieren Shanghai im instrumentalen Setting von 2 Bässen und elektronischen
Sounds und Beats.
Stini Arn; Elektonik, Beats, Gesang, Video
Franziska Koch; Bass, Gesang, Video
Monika Schori; Bass, Gesang, Video
Von und mit Heike M. Götze und Gästen
Nur FR 12. SEP / ab 23.00h
// Fabriktheater
CLUB
Dani König - der bekannte DJ, Produzent und Musikchef bei Radio 105 nimmt
gemeinsam mit Pitsch und Smasch fx (zwei
weiteren spektakulären Figuren der Schweizer Partyszene) nun ein neues Projekt in
Angriff. Die ungewöhnliche Location CLUB
öffnet ihre Pforten am 12. September im
Fabriktheater und bietet ihren Gästen die
Möglichkeit, die Stars aus nächster Nähe zu
erleben. Für die Produktionsleitung ist die
Künstlerin Marina Belobrovaja mit an Bord.
Nur FR 12. SEP
Casiofieber
Casiofieber sind die Königinnen des
Bügelbrett-Pop oder der EinbauküchenDisco. Seit drei Jahren sind die beiden
Frauen Vree Ritzmann und Nora Vonder
Mühll eine Band. Auf dem Bügelbrett
bedienen sie je ein Kinderkeyboard und
singen eigene, deutsche Popsongs mit
raffinierten Texten, spielen ausgefeilten
Trashpop, zärtlich und fies.
Von und mit: Vree Ritzmann und Nora
Vonder Mühll
Nur SA 13. SEP
Geschichten aus der
Plattensammlung
«Weißt du noch...?» Die erste Platte, der
erste Slowtanz, Autofahrten mit offenem
Fenster oder das erste verregnete Openair
– Erlebnisse sind oft verbunden mit einem
ganz besonderen Lied oder einer Musikband
und werden so zu unvergesslichen Ereignissen. Phil Hayes und Veit F. Stauffer (Rec
Rec) graben tief in ihren Plattensammlungen und enthüllen ihre eigenen Geschichten.
Von und mit: Dorothea Rust
Von und mit Phil Hayes und Veit F. Stauffer
IMPRESSUM
... dann doch lieber Sport
Kontakt:
Fabrikzeitung
Seestrasse 395
Postfach 1073
8038 Zürich
[email protected]
Tel. 044/ 485 58 08
Druck:
Ropress Genossenschaft
Baslerstrasse 106
8048 Zürich
Herausgeberin:
IG Rote Fabrik
Seestrasse 395,
8038 Zürich
www.rotefabrik.ch
www.glashaus.ch/faz
Redaktion:
Etrit Hasler
Reto Aschwanden
Gestaltung:
Gregor Huber
Artwork (2. / 3. Bund):
Adam Thompson
Mit Beiträgen von:
Yvonne Kunz, Charlotte von Bausznern,
Tim Stüttgen, Martin Büsser, Pirmin Bossart, Richard Zöllig, Silvan Lassauer und
Etrit Hasler
Website:
www.rotefabrik.ch/fabrikzeitung
Auflage:
3‘500 Exemplare
Erscheinungsweise:
monatlich
Abonnemente:
35 Fr. pro Jahr/10 Ausgaben
60 Fr. Soliabonnement
[email protected]
Der Sommer ist zu Ende, die Zugvögel und
die Hippies haben ihre Koffer gepackt und
streifen durch die menschenleeren Strassen
auf der Suche nach den Güterwagen Jack
Kerouacs. Während wir ein letztes Mal den
Grill anwerfen und uns am Blick auf den
satellitenzerstochenen Himmel freuen,
Schnapsgläser gefüllt bis zum Rand, geht
pünktlich irgendwo ein Krieg los. Na dann
Prost. Für jeden Russen weniger bleibt mehr
Vodka für uns. Das sagt sich auch unsere
marginalisierte Jugend und leitet die zweckgebundene Vernichtung der Überschüsse in
die Wege. Da soll noch jemand behaupten,
die hätten keine Ahnung von Nachhaltigkeit. Einzige, die damit ein Problem hat:
Panik-Esthi. Das muss man verstehen. Vor
allem stört sie daran, dass sie sich kein besseres Konzept zur Nutzung der vergammelten Seepromenaden ausgedacht hat. Und
was stört, ist nicht erlaubt. Und wer nicht
erlaubt ist, wird eingesperrt. Und Kinder, die
von tollwütigen Stadtpolizisten mit Knüppeln in die Fresse geschlagen werden, geben
ein noch schlechteres Bild ab als alternde
Fotografen. Was tun? Was tun?
Verzeihung, wir schweifen ab. Es herrscht
Krieg. Aber wirklich schlimm ist doch, dass
Rennpferde fitgespritzt werden, oder? Wo
kommen wir denn da hin, wenn wir nicht
einmal mehr Wendy vertrauen könne, dass
sie ihre Pferdefarm drogenfrei führt? Wenigstens haben wir endlich eine Erklärung
für die psychedelischen Farbkombinationen.
Apropos Drogen: Ab nächstem Jahr dürfen
wir zwar überall kiffen, aber nirgends mehr
rauchen. Niemand hats gemerkt, und das ist
gut so. Und wer das nicht versteht, der soll
weiter den Sportteil lesen.
Habe ich schon erwähnt, dass Krieg ist? Das
klingt so selbstverständlich und regelmässig
wie zu sagen, dass die olympischen Spiele
stattfinden. Oder das Wetter. Oder dass die
Fussballsaison wieder begonnen hat – der
älteste Fussballverein der Welt, der noch
nie in einer Profiliga gespielt hat, ist gerade
aufgestiegen, auf den Flügeln eines rasierten
Tigers und den Ausdünstungen seines bald
pensionierten Stürmers Dean Windass. Und
ja, für den Namen gehören seine Eltern an
den Galgen. Apropos Eltern: Die SVP will
euch an den Kragen. Konntet ihr euch bisher darauf verlassen, eure stressigen Bälger
den Tag durch in die Korrekturanstalt Armee abschieben zu können, ist jetzt Schluss
damit, wenn man Volks-Toni glauben darf.
Nieder mit Harmos, nieder mit der Schweizer Armee, so sein neues Kredo.
Bei so viel Politik schalten wir gern auch
einfach mal das Hirn ab. Man kann nicht
alles Leid der Welt in sich aufnehmen, hat
mir meine manische Nachbarin einmal
erklärt und sie hatte recht. In ihrem Fall war
es sogar so, dass die Welt allein nicht stark
genug war, ihr Leid zu tragen. Irgendwann
verschwinden wir alle unter der Erde und
irgendwann buddeln sie uns alle wieder
aus, ob auf jüdischen Friedhöfen oder aus
Massserngräbern – alles verändert sich, alles
bleibt gleich. Ich kralle mich mit meinen
Zehen in die Decke, damit ich behaupten
darf, ich hätte wenigstens versucht, mir eine
neue Perspektive zuzulegen.
Hangman
Monatsprogramm September 2008
Musikbüro
Fabriktheater
Konzept
Musikbüro
Musikbüro
Jon Spencer Blues
Explosion
Saisoneröffnung
KOFO ohne Dolmetscher?
Immortal Technique
The Melvins
Unter dem Titel «Is it wrong to mix your
Wasabi with your Soya Sauce?» startet das
Fabriktheater gleich über zwei Abende mit
Vollgas in die neue Saison: Neun Performances, gebündelt zu einem grossen Paket,
das von Musik und Remix über Tanz und
Club bis hin zu Casino, Friseursalon und
Schanghai reicht, verspricht eine geballte
Ladung und den perfekten Startschuss für
eine gelungene Saison.
Die Öffnung für Nicht-Gehörlose ist ein
konstantes Thema für die Gehörlosenkultur.
In einem Podium wird kontradiktorisch
die Frage erörtert, ob KOFO-Abende
in Zukunft ohne Gebärdendolmetscher
stattfinden sollen, um damit der Gebärdensprache mehr Gewicht zu verschaffen.
Moderiert von Nejla Helbling.
Unter amerikanischen HipHop-Fans gilt
er als einer der bösesten Reimkünstler
überhaupt. Ob dies daran liegt, dass er sich
mehr oder weniger offen zum Kommunismus bekennt, oder weil er sich traut,
die sozialen Missstände präziser als die
meisten seiner Zeitgenossen zu benennen,
sei dahingestellt. Tatsächlich kommt man in
der Musikrichtung an Immortal Technique
kaum mehr vorbei, sein zweites Album war
sogar der konservativen Washington Post
eine Rezension wert. In Zürich gastiert er
nun mit seinem schon dritten Longplayer,
«The 3rd World». Nicht verpassen!
Wenn schon, denn schon. Als Ausklang des
Super-Startmonats in die Saison bringt das
Musikbüro ein weiteres Mal die Melvins in
die Fabrik. Der Band wird gerne unterstellt,
sie hätten den Grunge begründet, einfach,
weil Kurt Cobain einmal ihr Roadie war.
Musikalisch trennt sie von dem wenig
organisierten Lärm der Grunge-Bewegung
allerdings Welten; Wahrscheinlich ist denn
dies auch der Grund, weswegen sie als eine
der wenigen Bands der Welle den Sprung
ins neue Jahrtausend geschafft haben und
seither auch in Kollaborationen mit allem
was Rang und Namen hat aufgefallen
sind. Nicht nur eine der überzeugendsten
Politbands aus Amerika, sondern auch ein
verdammt heisser Live-Tip.
An dem Versuch, ihre Musik zu beschreiben, sind schon unzählige Musikjournalisten gescheitert. Dabei ist der Name schon
Metapher genug, und wem das nicht reicht,
dem sei ein Zitat von Frontmann Jon Spencer selber hinterhergeliefert: «The bottom
line is, for fuck‘s sake, it‘s just rock‘n roll!»
Zwar ist es in den letzten Jahren etwas
ruhiger um das New Yorker Trio geworden
– wobei ruhiger ohnehin das falsche Wort
sein muss -, doch verschwunden sind sie
noch lange nicht. In der Roten Fabrik kann
man sich davon live überzeugen.
DI 02. SEP / 21.00h
Clubraum
FR 12., SA 13. SEP / 19.30h
Clubraum, Fabriktheater
ausführliches Programm Seite 12
MI 24. SEP / 19.30h
Clubraum
FR 26. SEP / 21.00h
Aktionshalle
SA 27. SEP / 21.00h
Aktionshalle
Fabrikzeitung September 2008
Fabrikzeitung September 2008
Texte wie in Stein gemeisselt
Songwriter-Poet Conor Oberst kommt schon zum dritten Mal in die Rote
Fabrik. Der bekennende Oberst-Fan Richard Zöllig erklärt, wieso dass man
das auf keinen Fall verpassen darf.
Es ist fast mein ältestes Lied: Die Liebe zu Menschen,
die auf wenigen Zeilen grosse Geschichten erzählen.
Voltaires «Trösterin Zeit» ist eine solche. Oder Strophen
wie diese:
Gott sagte zu Abraham: «Kill mir einen Sohn»
Abe sagt: «Du willst mich wohl verarschen, Mann»
Gott sagt: «Nein» – Abe sagt: «Was?»
Gott sagt: «Mach, was du willst, Abe, aber...
wenn du mich das nächste Mal kommen siehst,
renn lieber weg»
Abe sagt: «Wo willst du das Schlachten haben?»
Gott sagt: «Draussen auf dem Highway 61»
Conor Oberst möge mir verzeihen, dass die geplante
Hymne auf ihn mit Bob Dylan beginnt. Schon wieder!
Genauer mit der 30-Sekunden-Kurzgeschichte aus
«Highway 61 revisited» aus dem Jahr 1965. All diese
Vergleiche mit dem Songwriter-Überdaddy! Jesses,
möchte man aus voller Brust ins Jenseits schreien, wo
sich all die Überväter von Dylan – Woody Guthrie zum
Beispiel oder Robert Johnson – schenkelklopfend über
die jämmerlichen Versuche, das Wesen der Musik zu
verstehen, von diesem Planeten abwenden und brachial
mit Friedrich Dürrenmatt anstossen. Die Erkenntnis,
höre ich Friedrich sturzhagelbetrunken zu Woody und
Robert sagen, wohnt in einer Etage, in der Leute, die
über Musik schreiben, keinen Zutritt haben.
Bildstarke und hintersinnige Geschichten in den Köpfen
der Hörenden mit ein paar Worten in Fahrt zu bringen,
ist eine der grossen Stärken des 28-jährigen Conor
Oberst, der an diesem Freitag zum dritten Mal nach
2002 und 2005 in der Roten Fabrik spielen wird. Der
Dylan-Vergleich, so abgenutzt er auf den ersten Blick
erscheinen mag, ist zulässig, wie einige Beispiele aus der
Feder von Conor Oberst unterstreichen:
I‘ve made peace with the falling leaves.
(Method Acting, 2002)
And if I sold my soul for a bag of gold to you
Which one uf us would be the foolish one?
(Don‘t know when but a day is gonna come, 2002)
Some plans were made and rice was thrown.
A house was built. A baby born.
How time can move both fast and slow amazes me.
(I believe in symmetry, 2005)
We made love on the living room floor.
With the noise in the background from a televised war.
(Landlocked Blues, 2005)
Future Markets, Holy Wars
Been tried ten thousand times before
If you think that God is keeping score, Hooray!
(Clairaudients, 2007)
The Bible‘s blind, the Torah‘s deaf, the Qu‘ran‘s mute
If you burned them all together you‘d get close to the
truth (Four Winds, 2007)
Du und wieviel von deinen Freunden?
Der 28-jährige Conor Oberst ist ein verspielter Geschichtenerzähler. Mit seinen Texten, die auch in Stein
gemeisselt werden könnten, findet er oft den Hinteroder Seiteneingang in die gesellschaftliche Aktualität.
So lässt er die Zuhörerinnen und Zuhörer in «At the
bottom of everything» auf dem Album «I‘m wide awake
its morning» (2005) zunächst fast zwei Minuten einem
skurrilen Dialog zwischen zwei Passagieren in einem
abstürzenden Flugzeug folgen. Vier Jahre nach dem
Trauma der brennenden Twin Towers von New York
schildert Oberst einen «glücklichen Flugzeugabsturz»,
und der Moment, in dem die Maschine ins Wasser
knallt, wird vom Ausruf «It‘s a wonderful splash» und
glockenklaren Akustik-Gitarren begleitet. Ein bloss
stellendes Wohlfühllied auf die Paranoia von Fluggästen,
die inzwischen hinter jedem Bart in der Sitzreihe neben
ihnen einen Bruder aus einer Al-Kaida-Zelle vermuten.
Eine Satire auch auf das kollektive Trauma des Westens
nach den Anschlägen auf das World Trade Center.
Ein rein politischer Songwriter ist der Mann aus Omaha/
Nebraska dennoch nicht. Auch wenn er im letzten USWahlkampf gemeinsam mit Leuten wie Michael Stipe
von R.E.M. oder Bruce Springsteen auf der «Vote for
change Tour» für John Kerry war. Angesprochen auf
allfällige Absichten in seinen Songs entgegnet er im
Gespräch in München 2004 jedenfalls zunächst mit
einem Lachen: «Oh, you mean a message?» Man könne
das auch so nennen, sage ich, und Conor Oberst fährt
fort: «Ich möchte schon, dass meine Musik Gefühle wie
Liebe und Mitgefühl auslöst. Aber das kann ich nicht
kontrollieren. Ich weiss nicht, was die Leute aus meinen
Liedern machen.»
Sie hören ihm auf jeden Fall in immer grösserer Zahl
zu. Und sie werden älter. Bei seinem ersten Auftritt im
Clubraum der Roten Fabrik im Dezember 2002 waren
es vielleicht 150, vornehmlich sehr junge Leute, die sich
von seinem 12-köpfigen Bandkollektiv «Bright Eyes»
mitreissen liessen. Drei Jahre später füllte der Mann
mit seiner expressiv verletztlichen Stimme, die direkt
aus den Ewigen Jagdgründen des Mittleren Westens zu
kommen scheint, bereits die Aktionshalle.
Nun besucht er Zürich mit seinem neuen Solo-Projekt
und der Band «The Mystic Valley Band». Die Generation der heute 30- bis 45-Jährigen hat den Songwriter aus
Nebraska ebenfalls entdeckt. Sie kennen die Sehnsucht,
dass Musik (politische) Bewegungen auslösen kann
und sind empfänglich für schnelle Heilungen: «There‘s
nothing that the road cannot heal», singt Oberst 2008 im
Song «Moab», womit wir wieder bei Voltaire und seiner
«Trösterin Zeit» sind. Und leise höre ich, wie Dürrenmatt, Guthrie und Johnson einander erneut zuprosten
und sich im Jenseits totlachen.
Von Richard Zöllig
Richard Zöllig (1967) arbeitet beim Ostschweizer Kulturmagazin «Saiten» (www.saiten.ch). Aufgrund einer
Empfehlung eines viel jüngeren Freundes besuchte er
2002 das erste Bright-Eyes-Konzert in der Roten Fabrik,
ohne einen einzigen Ton des damals 22-Jährigen gekannt
zu haben und seither (fast) jedes im Umkreis von 300
Kilometern.
Am 4. September macht eine aussergewöhnliche Band halt in der Roten
Fabrik. Kettcar legt nicht nur textlich soweit vor wie kaum jemand in
Deutschland, ihre Geschichte beweist auch, dass es ein Überleben für Musiker jenseits des Mainstreams gibt.
Es gibt also doch ein Musikleben nach der Pubertät;
diese magischen Momente, wo man einem Sound, einem
Song, einer Band nach nur acht Takten mit Haut und
Haaren verfällt. Bei mir war dies 2002, als der damals
noch alternative St.Galler Radiosender toxic.fm die
erste Kettcar-Single «Wäre er echt» plötzlich in die
Rotation setzte. Niemand war darüber erstaunter als
ich selber, der das Aufkommen der ganzen Hamburger Schule desinteressiert an sich hatte vorbeiziehen
lassen: Einerseits, weil mir das musikalisch immer ein zu
kompromissbereiter Weg zwischen Punk und Kuschelrock für Studenten gewesen war, andererseits, weil all
die anderen Mittzwanziger um mich herum nicht müde
wurden, mir mit den von Lowtzows und Distelmeyers als
grossen Poeten des neuen Jahrtausends die Ohren vollzujammern – ich hatte damals gerade Bret Easton Ellis
und Chuck Palahniuk für mich entdeckt und deutsche
Poeten konnten mir, gelinde gesagt, gestohlen bleiben.
Und vielleicht war genau das der Grund, dass Kettcar
mich so vollkommen unvorbereitet erwischten. Da kam
schrummeliger Gitarrensound daher, wie ihn schon
unzählige Bands davor gemacht hatten (wäre ich fünfzehn gewesern, ich hätte das wohl unter progressivem
Schlager abgetan) mit genuschelten Texten, die man
beim ersten Hinhören kaum identifizieren konnte. Und
trotzdem hockte ich vor meinem Radioempfänger, hinund hergerissen zwischen gleich Losheulen oder nackt
auf die Strasse rennen und einen wildfremden Menschen
zu küssen, weil das Leben zu kurz ist, um es daheim vor
dem Radio zu verbringen.
Es ging keine 48 Stunden, bis sich in meinem Bekanntenkreis jemand fand, der nicht nur den gehörten Song,
sondern das ganze Album «Du und wieviel von deinen
Freunden?» bei sich zuhause hatte, was dazu führte, dass
wir zusammen bei Rotwein um einen Stubentisch sassen,
ich fassungslos durch das Booklet mit den als Lyrik getarnten Songtexten (oder war es umgekehrt?) blätternd,
während mir meine Bekannte Song für Song mit «und
hör dir den an, ist das nicht der Wahnsinn?» ankündigte.
Mit Befindlichkeit gegen
Coca-Cola Wahrheiten
Kettcar hatte mich. Die Tatsache, dass es sich beim Kern
der Band um « ...but alive», bekannte Ex- (oder doch
Alt-?)Punker aus Hamburg handelte, die zwei MajorDeals ausgeschlagen hatten, um mit Tomte-Frontmann
Thees Uhlmann ein neues Label auf die Beine zu stellen,
machte die Band natürlich noch sympathischer, aber ich
hätte sie wahrscheinlich auch noch gehört, wenn es sich
um Verwaltungsräte des Daimler-Konzerns gehalten
hätte. Die Band verlieh dem abgelutschtesten Begriff
der Neunziger, der mythischen «Authentizität», wieder
eine Glaubwürdigkeit, wie sie sonst nur gerade Olifr M.
Guz von den Aeronauten hatte transportieren können.
Und natürlich, dass die erste Platte mit einem Monolog
Chuck Palahniuks endet, war noch das Zürckerchen
obendrauf.
Sechs Jahre später sieht die Welt ein bisschen anders aus.
Das «Befindlichkeitsfixierte» von «Du und wieviel von
deinen Freunden?» hat sich zwar auf immer in meine
Gehörgänge eingebrannt, aber noch einmal würde mich
ein solches Album nicht mehr erwischen. Aber dafür hat
sich Kettcar und die Gefühlswelt der fünf Hamburger
auch zu sehr verändert: Hörte sich das zweite Album
«Von Spatzen und Tauben, Dächern und Händen» noch
an wie eine Sammlung ausgefeilter B-Seiten zu ihrem
Debut an – eine liebevolle Mischung zeitloser Balladen
wie «Balu» und Stadionrock zum Mitgrölen à la «Deiche» oder «Tränengas im High-End Leben» -, beginnt
das neue Album mit einem Paukenschlag: «Graceland»,
eine Kriegserklärung an den Jugendwahn, setzt den
Ton für ein Album, das zeitgemässer kaum sein könnte.
Während sich Blumfeld aufgelöst haben und Tocotronic
von der «Kapitulation» singt, haben sich Kettcar (und
allen voran ihre zwei Texter Lars Wiebusch und Reimer
Bustorff) noch einmal aufgerafft und gehen in die Vollen. Ob sie in «Kein aussen mehr» die Sehnsucht nach
schwarzweissen «Coca-Cola»-Wahrheiten demontieren
oder mit «Geringfügig/Befristet/Raus» die potentielle
Hymne gegen den Turbokapitalismus abliefern, mit
«Sylt» gehen Kettcar keine Kompromisse ein. Mit den
ersten zwei Alben sei es auch als FDP-Wähler noch
möglich gewesen, ihre Musik zu hören, doch die Zeiten
seien vorbei, bemerkte Sänger Markus Wiebusch kürzlich in einem Interview mit «Visions». Und tatsächlich
ist es so, dass Kettcar inzwischen Massen anzieht. Beim
Southside-Festival, wo ich die Gelegenheit zum einem
kurzen Gespräch mit Gitarrist Erik Langer erhalte,
strömen zehntausende vor die Bühne, um die alten Hits
mitzusingen. Und tatsächlich, bei fast allen Songs der
neuen Platte verstummt der Chor der tausend Kehlen
bis auf die hundert Freaks in der ersten Reihe.
Auf dem schmalen Grat zwischen
eingängig und peinlich
Tatsächlich sei es so, dass sie für viele Leute inzwischen
als Mainstream-Band gelten, erzählt Erik im Gespräch
vor dem Auftritt. Deswegen sei es für sie umso wichtiger,
sich die Locations für ihre Auftritte genau auszusuchen.
«Es ist für uns toll, dass wir in der Roten Fabrik spielen
können, das ist ein Ort mit linken Wurzeln, wo man noch
genau hinschaut, wer da spielt und wer nicht,» meint er,
und man hat fast das Gefühl, als wolle er sich dafür verteidigen, dass Kettcar diesen Sommer kaum ein grosses
Festival auslassen. Dabei kann man ihnen weiss Gott
nicht vorwerfen, sie hätten der Versuchung des Geldes
nachgegeben. «Sylt» wurde anstatt mit einem Monsterkonzert mit knapp zehn Clubgigs getauft, die dann auch
in Rekordzeit ausverkauft waren. Und immer, wenn
es um die Sache der alternativen Kultur geht – zum
Beispiel gegen die «Säuberung» des Hamburger Schanzenparks -, sind die Jungs zur Stelle. Und was beinahe
am erstaunlichsten ist, sie schaffen es, damit trotzdem
noch Geld zu verdienen. «Wir sind immer wieder total
überrascht, wie viele Leute immer noch unseren Weg
mitgehen. Das war bei der ersten Platte eine Riesenüberraschung und jetzt genauso wieder.»
Was Kritiker der Band immer vorhalten werden, ist dass
sie musikalisch nichts neues macht. Wie gesagt, progressiver Gitarrenschlager. Das will Erik auch gar nicht
schönreden: «Klar, wir haben nicht so einen breiten
Horizont, wir könnten niemals eine Jazz-Platte machen.
Wenn wir mal anders klingen wollen, dann kommt ein
Song wie Graceland dabei heraus.» Der Eröffnungssong
der neuen Platte, der die Fans geteilt hat wie kein Zweiter. Dabei eigentlich der Song, der das Programm der
neuen Platte – abschrecken, um die Leute zu zwingen,
genauer hinzuhören – klar auslegt, auch ohne krampfhaft politisch sein zu müssen. «Wir wollen eine Popband
sein, keine Punkband. Unser Ziel ist es, den schmalen
Grat zwischen eingängig und peinlich zu gehen.»
Und dabei sind die Texte der wichtigste Faktor, daran ist
kein Zweifel, auch nicht innerhalb der Band. «Ich glaube
nicht, dass wir mit der Musik so viele Platten verkaufen
würden, wenn da nicht diese Texte wären. Aber es ist
auch nicht so, dass der Rest der Band da einfach aussen
vor bleibt,» führt Erik aus. «Wir reden sehr viel über die
Texte in der Gruppe, feilen an Formulierungen, wenn
etwas unklar ist. Jeder gibt seinen Teil.» Das Resultat
spricht für sich. Und da die Texte im Zentrum dieser
Band stehen, ist es umso enttäuschender, sie an einem
grossen Festival zu sehen oder in akustisch desaströsen
Klubs (wie beim letzten Schweizer Klubgig im Abart),
wo im besten Fall ein rockig klingender Brei dabei
herauskommt. Am «Southside»-Festival wurde jede
zweite Zeile im wahrsten Sinn vom Winde verweht. Da
verspricht der Auftritt in der Aktionshalle einiges mehr.
Von Etrit Hasler
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Monatsprogramm September 2008
Monatsprogramm September 2008
monatsprogramm
Rote Fabrik September 2008
Musikbüro
Fabriktheater
Di 02. SEP / 21.00h
// Clubraum / Sugarshit Sharp:
Do 04. SEP / 21.00h
// Aktionshalle / Sugarshit Sharp:
Fr 05. SEP / 21.00h
// Aktionshalle / A Thousand Leaves:
Fr 26. SEP / 21.00h
// Aktionshalle / Woo-Hah!:
FR 12., SA 13. SEP / 19.30h
// Fabriktheater & Clubraum
FR 19., SA 20. SEP / 20.00h
// Fabriktheater
DO 25., FR 26. SEP / 20.00h
// Fabriktheater / Berner Platte:
JON SPENCER BLUES
EXPLOSION
KETTCAR
CONOR OBERST
IMMORTAL TECHNIQUE
Meister Panda
and the Mystic Valley Band / Sky Larkin
Diabolic / Dj Stoecker Stereo
Cobra Killer
www.kettcar.net
www.saddle-creek.com
www.immortal-technique.com
Is it wrong to
mix your Wasabi with
your Soya Sauce?
DatanzDa Anderswo
Mexican Elvis
Ein speediges Splatter-Passionsspiel von Kopp /
Nauer / Vittinghoff
www.thejonspencerbluesexplosion.com
Empfindungen und Gefühle sind doch etwas
Ureigenes. Doch wer einfach so mal das Radio
andreht und den dort vor sich hinplätschernden Songs Beachtung schenkt, wird feststellen,
dass einem Herzensangelegenheiten meist in
den immer gleichen, plumpen Worten dargelegt werden. Eine sprachliche Armut, die der
Hamburger Band Kettcar fremd ist: «Du bist
New York City, ich bin Wanne-Eickel» textete
Sänger Marcus Wiebusch zum Beispiel auf ihrem zweiten Album «Spatzen und Tauben, Dächern und Händen». Seit 2001 unternimmt die
fünfköpfige Band vom Gitarrenpop mit leicht
verstimmtem, melacholisch wirkendem Klavier und Akustikklampfe aus triftig groovende
Ausflügen in den Indie Rock. - Da sich für ihr
Debütalbum kein Plattenlabel fand, gründete
man gemeinsam mit Thees Uhlmann von Tomte einfach selbst ein Label. Auf diesem, Grand
Hotel van Cleef mit Namen, erschien nun auch
ihre neue Platte «Sylt». «Man ist immer so alt
wie man sich lügt», stellt Wiebusch darauf mit
behauchter, ungeschulter Stimme fest. Der Ton
ist zweifelnd bis verzweifelt, oft politisch, meist
sozialkritisch, aber nie konventionell.
Es war vor drei Jahren, kurz nach den Anschlägen auf die Londoner U-Bahn, als der charismatische Songwriter Conor Oberst mit seiner
Band Bright Eyes auf der Bühne des Jazzfestivals in Montreux stand. Nach knapp vierzig
Minuten voller intensiv durchlittener Songs
nahm er seinen Becher, liess den Inhalt mit den
Worten «There goes humanity.» auf die Bühne
rinnen und verliess eilig die Bühne. Niemand
nahm ihm das krumm. Zu genau wissen die
Fans um sein engagiertes Wesen. Immer spricht
aus seinen zwischen Folk, Indie Rock und
Country angesiedelten Songs die Leidenschaft.
Während der letzten gut zehn Jahre hat der
28-jährige Oberst seine Heimatstadt Omaha
im Bundesstaat Nebraska mit den Veröffentlichungen seines Labels Saddle Creek Records
zu einem eigentlichen Stilbegriff gemacht.
Nun stellt er, nach Jahren in Begleitung des
wechselnden Musikerkollektivs Bright Eyes,
in neuer Konstellation ein Soloalbum vor. Die
bewegte, manchmal fast weinerlich klingende
Stimme und die akustischen Americana-Klänge werden bleiben.
Felipe Coronel fixiert finster und entschlossen
sein Publikum. Die Faust schliesst sich fest um
das Mikrofon, jeder Muskel seines Körpers ist
angespannt. Wenn sich der in Peru geborene
und im New Yorker Stadtteil Harlem aufgewachsene Immortal Technique an die Verbreitung seiner Rapbotschaften macht, ist ihm nie
zum Spassen zumute. Mit schneidend scharfen
Worten kritisiert er politische Führer, klagte Bush des Hochverrats am amerikanischen
Volk an oder rechnet mit der Musikindustrie
ab. Wachrütteln heisst seine Devise, HipHop
seine Waffe. Boom-Bap-Beats mit oftmals sehr
versöhnlichen Melodien bilden die Grundlage
für seine grosskalibrigen Wortgeschosse. Im
Juni dieses Jahres hat er nach unzähligen Konzerten auf der ganzen Welt sein drittes Album
«The 3rd World» veröffentlicht.
Auf Einladung von DatanzDa erarbeitet die in
Berlin lebende Bildende Künstlerin Patrycja
German eine performative Installation mit 10
Zürcher Frauen unterschiedlichen Alters und
Backgrounds. In ihren Performances und Videoinstallationen ist Patriycja German auf der
Suche nach Bildern, die Einsicht in die Realität
des Menschen erlangen lassen. Dabei gilt ihr
Interesse der Interaktion mit dem Gegenüber
und der Frage, ob echte Nähe in einer inszenierten Situation möglich ist.
Wer hinter dem Namen dieser amerikanischen
Band eine Truppe von alternden Bierbäuchen
vermutet, die sich an den Werken von B.B.
King und seiner heiligen Saitendame Lucille versuchen, liegt falsch. Um nicht zu sagen,
völlig falsch. Hier rinnt Schweiss aus den Poren, hier wird dem Blues alles Staubige ausgetrieben, hier wird gerne mal übersteuert und
rückgekoppelt. Das in New York ansässige Trio
beschreibt seine Musik gerne als infernale Vermählung von rebellischem Rock, Punk, Boogie
und feurigem Blues. Ein Sperrfeuer aus zwei
Gitarren und einem mit seinem engagierten
Spiel locker den Bass ersetzenden Schlagzeug.
Und vorne fuehrt Sänger Jon Spencer mit einer
an Elvis zu seinen besten Zeiten erinnernden
Stimme die Band seit bald 18 Jahren und sieben Alben durch das Feuer und zurück. That‘s
Rock‘n‘Roll.
Aktuelles Album: «Jukebox Explosion»
Aktuelles Album: «Sylt»
Conor Oberst
Wo hört die Darstellende Kunst auf und wo beginnt die Musik? Wann ist Musik performativ
und wann wird die Performance zum Musikstück? Zum Saisonauftakt des Fabriktheaters
gehen lokale und nationale Kunstschaffende
diesen Fragen nach. Wenn nicht anders vermerkt, sind die Performances in einem Aufführungsblock gebündelt, der jeweils um 19.30h
beginnt.
So 28. SEP / 21.00h
// Clubraum / A Thousand Leaves:
THE MELVINS
Big Business, Porn
MY BRIGHTEST
DIAMOND
www.melvins.com
Clare & The Reasons
Anne Rosset und Robert Alexander
Vorschau:
Fr 10.10.08 Bishop Lamont, Black Milk,
Guilty Simpson
Sa 11.10.08 Anthony B
Sa 18.10.08 Platinum Pied Pipers
Do 23.10.08 Hanson Brothers
Fr 24.10.08 Lambchop
Sa 08.11.08 Sly & Robbie
feat. Cherine Anderson
Mi 12.11.08 The Streets
Di 18.11.08 Mogwai
Do 20.11.08 Joan As Police Woman
Mi 26.11.08 Roots Manuva
www.mybrightestdiamond.com
Dichter kann man kaum weben: Die Atmosphäre, die Sängerin Shara Worden mit ihrem
Projekt namens My Brightest Diamond in
den Raum zaubert, kennt keine Lecks oder
Laufmaschen. Höchstens ein paar schwarze
Löcher, aber das muss jeder selber ergründen.
Mit grosser Perfektion gestaltet die 30-jährige,
in New York lebende Musikerin ihre Klangräume mit diplomierter Opernstimme, einem
Portishead-ähnlichen Stimmungsbewusstsein,
klassischen Streicherklängen und IndierockUnterboden aus. So perfekt, dass die Kritik
sich zu grossen Vergleichen hingerissen fühlt:
Manche beschreiben sie als björkiger als Björk,
manche als Mischung aus Beth Gibbons, Tom
Waits, Nina Simone (damit sind wohl die
Schwingungen gemeint) und Harfen-Sängerin
Joanna Newsom. Dazu nur so viel: Wordens
zweites Studioalbum «A Thousand Shark‘s
Teeth» wird ihren eigenen Name sehr bald als
feste Referenz verankern. Für atemberaubend
stimmungsvolle Musik und gutes Songwriting.
My Brightest Diamond
Cervelle & Gloria
Aktuelles Album: «A Thousand Shark‘s Teeth»
Ziischtigmusig
Fabrikjazz
DI 23. SEP / 21.30h
// Ziegel oh Lac / Ziischtigmusig:
Di, 30.SEP / 20.30h
// Ziegel oh Lac / Ziischtigmusig:
MI 17. SEP / 20.30h
// Clubraum / Fabrikjazz:
31 Knots
Unhold plus Support
Lucas Niggli
The Freeks
www.unholdmusic.ch
www.lucasniggli.com
www.31knots.com
In Meiringen treffen sich die Züge aus Interlaken und vom Brünig im Sackbahnhof. Hier
geht es nicht mehr weiter. Ausser runter in die
Aareschlucht oder hoch zum Grimsel. Von
hier kommen Unhold, vier nicht mehr ganz so
junge Männer mit Gitarren und Verzerrern im
Gepäck. Seit 1992 aktiv, schuf man sich dank
Talent und fleissigem Spielen den Ruf, die
Schönheit und das Biest im Tanz zu vereinen,
als wären diese Gegensätze das selbstverständlichste Traumpaar. Metal, Noise und Hardcore
sind die Zutaten, schwere Brecher das Resultat.
Nach vier Jahren erscheint dieser Tage das neue
Album «Gold Cut» - 52 dynamische Minuten
zäh brodelnder Energie: wütende Ausbrüche
und dazwischen immer wieder Melodien.. Das
erinnert an Neurosis, Deftones und wenn das
Quartett mal ein, zwei Gänge runter schaltet
auch an Black Sabbath. Im Herbst geht es auf
ausgedehnte Europatournee, beim Zürcher
Aufritt dürften Unhold also bestens eingespielt
sein. Bis dahin sollte auch die Nackenmuskulatur der hiesigen Headbanger austrainiert sein.
Klanglandschaften aus zwei Kontinenten finden zusammen, wenn Lucas Niggli, Rolando
Lamussene, Kesivan Naidoo und Conradin
Zumthor ihre Drumsets im Kreis anordnen und
zu spielen beginnen. Lamussene, ein grossartiger Rhythmiker aus Mozambik, nutzt Handtrommel und Mbira (Daumenklavier), um seine Geschichten zu erzählen. Der aus Südafrika
stammende Kesivan Naidoo ist stark mit dem
tanzbaren Jive-Jazz seiner Heimat verbunden,
während der Bündner Conradin Zumthor neuere Spielarten des Rock einbringt. Lucas Niggli, der einen Teil seiner Kindheit in Kamerun
verbracht hat, lebt in Uster. Er hat für Beat Bag
Bohemia Kompositionen geschrieben, in denen zarteste Klänge genauso Platz finden wie
schweisstreibende Beats. Das Quartett knüpft
an eine Tradition an, die mit Art Blakey’s AfroDrum Ensemble in den fünfziger Jahren begann, von Max Roach weitergeführt wurde und
zu der Pierre Favre mit Singing Drums eine
europäische Variation beisteuerte.
Aktuelles Album: «Gold Cut»
Mit freundlicher Unterstützung durch
Stadt Zürich Kultur , Stiftung Corymbo,
Ernst Göhner Stiftung
DatanzDa
Konzept
Lucas Niggli, drums/composition; Peter Conradin Zumthor, drums; Kesivan Naidoo, drums;
Rolando Lamussene, djembe/mbira
SA 27. SEP / 20.00h
SO 28. SEP / 18.30h
// Fabriktheater / Berner Platte:
MI 24. SEP / 19.30h
// Clubraum / KOFO
// Aktionshalle / Musik-Tanz-Theater
Cervelle & Gloria Willkommen im Labor
Dr. Wünsch
KOFO ohne Gebärdensprachdolmetschung?
Schon die alten Griechen wussten: «Vom Gehirn
und nur vom Gehirn stammen unsere Freuden,
Vergnügen, unser Lachen und Scherzen, aber
auch unsere Sorgen, Schmerzen, Trauer und
Tränen.» In Cervelle & Gloria begegnet Gloria
ihrem eigenen Gehirn, das eines Morgens die
Synapsen gestrichen voll hat von ihr. Ein Duell beginnt. Eine aufreibende Reise durch das
eigene Labyrinth, vorbei an komisch tickenden
Zwergen, frivolen Hula-Tänzerinnen und anderen zwielichtigen Gestalten. Doch halt! Ist
dies alles nur eine Versuchsanordnung von Dr.
Wünsch, dieser Koryphäe der Hirnforschung,
die sagt: «Seele? Gibt’s nicht! Geist? Vergiss es!
Wir tun nicht, was wir wollen, sondern wir wollen, was wir tun!»
Regie: Heiko Kalmbach
Text: Grazia Pergoletti
Bühne, Kostüme: Reni Wünsch
Video/Animationskonzept: Irena Germano
Animation: Elio Lüthi
Musik & Ton: Frank Gerber
Licht: Daniel Müller
Produktion: Cristina Achermann
Aktuelles Album: «Nude With Boots»
Aktuelles Album: «Worried Well»
Info:datanzda.blogspot.com
Ausführliches Programm auf Seite 12
Aktuelles Album: «Conor Oberst and the
Mystic Valley Band»
Sa 27. SEP / 21.00h
// Aktionshalle / Sugarshit Sharp:
31 Knots sind drei Virtuosen aus Portland. Wobei Virtuosität hier nicht mit selbstvergessenem Gefrickel verwechselt werden sollte. Das
Trio hält seine Kompositionen drahtig wie Fugazi, modeliert die Melodien à la Gang Of Four
und gniedelt, einmal in Fahrt gekommen, dass
Zappa selig beifällig mitnickt. Den Rhythmus
wechseln die Jungs so flink wie die Instrumente, und wer nicht aufpasst, riskiert durchaus,
sich den einen oder anderen Knoten in die Beine zu tanzen.
Leitung: Patrycja German
Performance: Patrycja German und 10 Frauen
Aktionsgruppe DatanzDa: Angelika Ächter
und Anne Rosset
Fabriktheater
The Melvins
Wenn man fliegen will, muss man loslassen;
und zwar ganz. Und das bedeutet Schmerz.
Meister Panda bietet aktive Lebenshilfe. Denn
jeder Schicksalsschlag bedeutet auch eine
Chance. Auf einer Reise an die Grenzen der
menschlichen Leidensfähigkeit lehrt er uns
Demut und Bescheidenheit. Öffne Dein Herz
und reisse die Liebe heraus. Aber Vorsicht!
Opferbereitschaft allein reicht nicht aus. Denn
da lauert auch noch der heimtückische Lama
Dama. Und wie entrinnt man der wütenden
Bevölkerung von Môtiers? Wie kommt man
durch die Wirren einer immer schneller werdenden Zeit? Wo findet man die Erlösung
Bambis? Und brennt wirklich für jeden irgendwo ein Licht?
Aktuelles Album: «The 3rd World»
Musikbüro
24 Jahre sind vergangen und 23 Tonträger entstanden, seit Gitarrist und Sänger Buzz Osborne und Schlagzeuger Dale Crover die Band
The Melvins gründeten. Und eigentlich haben
wir damit schon viel zu brav begonnen, um die
schroffe Musik dieser kultisch verehrten, um
die beiden Schlüsselfiguren herum wechselnd
besetzten Truppe zu beschreiben. Die Gitarren dröhnen oft wie ein schwarz gestrichener
Rasenmäher oder ein Schwarm tief brummender Bienen. Dazu kurvt Osbornes Stimme zwischen Frustabbau und Selbsttherapie
herum. Und auch am eigenwilligen Spiel von
Drummer Crover kann man die Punk-Attitüde
dieser Band jederzeit ablesen. Eine Attitüde,
die sich in verschiedenen Stilen äussert: Gestartet im Hardcore Punk haben die Melvins
unbewusst massgeblich zur Geburt des Grunge
beigetragen, ihrem ehemaligen Roadie Kurt
Cobain tüchtig den Kopf verdreht und laut
lärmend immer wieder die Grenzen des RockGenres ausgelotet. Auf ihrer diesjährigen Tour
stellen sie ihr Album «Nude With Boots» vor,
das Anfang Juli auf dem Label von Ex-Faith
No More Sänger Mike Patton erschien.
Neun Performances zur Saisoneröffnung des
Fabriktheaters Rote Fabrik
Tag der offenen Fabrik
Vorschau:
Tag der offenen Fabrik
am Samstag,
13. September 2008
Fr 03. OKT Rafik Schami & Günter Sommer
Mi 22. OKT Ingrid Laubrock Trio und Matthew Shipp Solo
So 09. NOV The Zimology Quartet, feat. Zim Ngqawana
Einmal im Jahr stehen auf dem ganzen Areal
Türen und Tore offen und lassen den Blick hinter die Kulissen zu. Auf dem Programm stehen
von 14 – 18 Uhr eine ganze Menge Attraktionen, denen man beim Gang kreuz und quer
durchs Areal begegnet. Wer sich für Kunst interessiert, kommt nicht zu kurz: Zahlreiche
KünstlerInnen-Ateliers stehen den Besuchern
offen, Amitesh Grover aus Dehli präsentiert
im neuen Atelier für Artists in Residence seine Videoarbeiten, und im Druckatelier wird in
die verschiedenen Drucktechniken eingeführt.
Ausserdem öffnet die Gruppe Dock 18 in den
Räumen der ehemaligen Infothek erstmals
die Türen zum Raum für Medienkulturen und
startet zum Tag des Europäischen Denkmals
mit einem virtuellen Zeichen.
Lucas Niggli
Seit ihrer Gründung werden die KOFO-Veranstaltungen in Zürich immer mit Übersetzung
in Gebärdensprache durchgeführt. KOFO
war bisher offen für gehörlose und hörende
BesucherInnen. Um der Gehörlosenkultur
und -sprache noch mehr Gewicht zu geben,
fragen sich viele, ob es besser wäre, die KOFO-Abende ohne DolmetscherInnen durchzuführen. Ein Diskussionsabend mit Pro- und
Kontra-Gästen. Wird eine neue Ausrichtung
gewünscht?
Moderation: Nejla Helbling, Eintritt Fr, 2.-beim Eingang einwerfen
Rote Fabrik mit Gehörlosen- und Sportverein
Zürich in Zusammenarbeit mit sichtbar
GEHÖRLOSE ZÜRICH
DO 25. SEP / 20.00h
// Clubraum / Film
Marthas Garten
Ein Kriminal-Film
Super-8, D/CH 2007, 35 Minuten, Farbe,
Ton, Drehbuch, Regie: Paul Dorn
Mit: Dorothea Flatau, Gisela Honens, Jana
Issleib, Luis Krummenacher, Marco Krummenacher, Anja Saran, Thomas Scherl, Rüdiger
Schnause, Paul Dorn
Musik: Ueli Schill
Ein Dichter schreibt, verwirft, verbrennt das
Papier... Die Figuren werden lebendig. Er
schreibt von Lisa und Alex, einem frisch verheirateten Paar. Der Vorsitzende einer kleinen,
ominösen Partei erteilt den Auftrag, Alex zu liquidieren. Der Parteisekretär, von Beruf Kellner – und Killer, erwischt das Paar in den Flitterwochen am Kasseler Herkules. Alex findet
sich in der Unterwelt wieder. Der Kommissar
tritt umgehend auf den Plan. Er gewährt der
verzweifelten Lisa Quartier. Sie schlafen ein.
Der Traum, die Träume bestim-men die Spurensuche des Kommissars; Gegenstände beginnen sich zu verändern, der Dichter wird in
seine eigene Geschichte verwickelt, Wort wird
Fleisch...
Fabrikvideo
In den Musikproberäumen lassen es die Bands
so richtig krachen, während im Bewegungsraum die Konzentration auf das Jonglieren
und die Akrobatik gerichtet ist. Wer will, kann
sich hier auch an der Kletterwand versuchen.
Kleinere Besucherinnen und Besucher sind
zu einer Rundfahrt auf der Eisenbahn im Hof
eingeladen und können sich an der Sirup- und
Popcornbar vergnügen. Und wer bei der Segelschule vorbeischaut, bekommt eine kleine
Einführung ins Segeln auf dem Zürisee. Die
Entdeckungsreise hinter die roten Backsteinmauern kann auf eigene Faust unternommen
werden, man kann sich aber auch einer der im
Halbstundentakt stattfindenden Führungen
anschliessen. Start ist beim Infostand im Hof.
FABRIKVIDEO
-
Schnittplätze
begleitete Videowerkstatt
Videokurse
Projektbegleitung
Überspielungen DV /DVD / SVHS / Beta
Kamerakurs
In diesem Kurs lernst du die Grundlagen der
Kameratechnik und der Filmsprache kennen.
Der Kurs besteht aus Theorie und Praxis.
4x am Dienstagabend von 18.30-21.30 Uhr
Beginn: 9.9., dann 16.9./ 23.9./ 30.9.
Fr. 240.Animationskurs
In diesem Kurs lernst du anhand eines Countdowns die verschiedenen Möglichkeiten und
Techniken des Animationsfilm kennen.
Anschließend kannst du eine eigene Animationsidee umsetzen. 4x am Montagabend von
18.30-21.30 Uhr
Beginn: 8.9., dann 15.9./ 22.9./ 29.9.
Fr. 240.After Effects CS 3
After Effects wird für die professionelle Gestaltung animierter Grafiken und visueller Effekte im Bereich Film, Video, Multimedia und
Internet eingesetzt. Du wirst das Programm
kennen lernen und anwenden.
Sa/So 13./14. September
Fr. 240.Videogrundkurs
In diesem Kurs lernst du die Grundlagen der
Filmsprache und der Videotechnik kennen.
Der Kurs besteht aus Theorie und Praxis
und gibt dir einen Einblick in den gesamten
filmischen Ablauf. 8x am Dienstagabend von
18.30-21.30 Uhr Beginn: 7.10., dann 14.10./21.1
0./28.10./4.11./11.11./18.11./25.11.
Fr. 390.Schnittkurs:
Final Cut Pro auf dein Projekt bezogen
Hast du schon gefilmt? Möchtest du unter
fachkundiger Anleitung dein Material bearbeiten und die Schnittsoftware Final Cut Pro
anwenden lernen?
Fr-So 10.-12. Oktober
Fr. 450.Für Gruppen ab 3 Personen können eigene
Kurse und Daten vereinbart werden.
Bürozeiten:
Dienstags 10-13 Uhr
Donnerstags 17-20 Uhr
Tel. 044 485 58 78
[email protected]
www.fabrikvideo.ch
Idee / Bühne / Text: Kopp / Nauer / Vittinghoff
Spiel: Armin Kopp/Philippe Nauer
Regie: Dirk Vittinghoff
Technik: Ulysses Probst/Dirk Vittinghoff
Video: Efa Mühlethaler
Produktionsleitung: Sibylle Heiniger
Monatsprogramm September 2008
Rote Fabrik
September 2008
1
Mo
2
Di
Musikbüro
Jon Spencer Blues
Explosion
Clubraum
21 Uhr
3
Mi
4
Do
Musikbüro
Kettcar
Aktionshalle
21 Uhr
5
Fr
Musikbüro
Conor Oberst and the
Mystic Valley Band
Aktioshalle
21 Uhr
6
Sa
Party
Flaming Monkey
Clubraum
22 Uhr
7
So
8
Mo
9
Di
10
Mi
11
Do
15
Mo
16
Di
17
Mi
22
Mo
23
Di
13
Sa
Fabriktheater
Saisoneröffnung
Clubraum
19.30 Uhr
14
So
19
Fr
Fabriktheater
Datanzda anderswo
Fabriktheater
20 Uhr
20
Sa
Fabriktheater
Datanzda anderswo
Fabriktheater
20 Uhr
21
So
26
Fr
Fabriktheater
Meister Panda
Fabriktheater
20 Uhr
27
Sa
12
Fr
Fabrikjazz
Lucas Niggli & Beat Bag
Bohemia
Clubraum
20.30 Uhr
Ziischtigmusig
31 Knots
Ziegel Oh Lac
21.30 Uhr
Fabriktheater
Saisoneröffnung
Clubraum, Fabriktheater
19.30 Uhr
18
Do
24
Mi
Konzept
KOFO
Clubraum
19.30 Uhr
30
Di
Ziischtigmusig
Unhold
Ziegel Oh Lac
21.30 Uhr
Party
GS & Motoguzzi Label
Nacht
Clubraum
23 Uhr
25
Do
Konzept
Marthas Garten
Clubraum
20 Uhr
Fabriktheater
Meister Panda
Fabriktheater
20 Uhr
Musikbüro
Immortal Technique
Aktionshalle
21 Uhr
Fabriktheater
Cervelle & Gloria
Fabriktheater
20 Uhr
Musikbüro
The Melvins
Aktionshalle
21 Uhr
28
So
Fabriktheater
Cervelle & Gloria
Fabriktheater
18.30 Uhr
Musikbüro
My Brightest Diamond
Clubraum
21 Uhr
29
Mo
ROTE FABRIK
SEESTRASSE 395, ZÜRICH
WWW.ROTEFABRIK.CH
DAS DOCK18 ÖFFNET DIE TÜREN ZUM RAUM FÜR
MEDIENKULTUREN DER WELT AM TAG DES
EUROPÄISCHEN DENKMALS UND STARTET DEN VORVERKAUF
MIT EINEM VIRTUELLEN ZEICHEN
ARCHIVFILME ZUR ROTEN FABRIK
OFFENE ATELIERS DER KÜNSTLERINNEN IN DER
ROTEN FABRIK
ARTIST IN RESIDENCE:
AMITESH GROVER AUS DEHLI PRÄSENTIERT
SEINE VIDEOARBEITEN
DRUCKATELIER:
EINFÜHRUNG IN DIE VERSCHIEDENEN DRUCKTECHNIKEN
BANDS AUS DEN MUSIKPROBERÄUMEN LASSEN
VON SICH HÖREN
BEWEGUNGSRAUM:
JONGLIEREN UND OFFENES AKROBATIKTRAINING,
KLETTERWAND
PROGRAMM AUF
DEM GANZEN AREAL
VON 14 – 18 UHR
INFOSTAND:
BROSCHÜREN, FLYERS, FABRIKZEITUNG UND ALLE
INFORMATIONEN RUND UM DIE ROTE FABRIK
FÜHRUNGEN KREUZ UND QUER DURCH'S AREAL,
ALLE 30 MINUTEN AB INFOSTAND
SPIEL UND SPASS IM HOF:
EISENBAHN UND TRAMPOLIN, MIT SIRUP- UND
POPCORNBAR VOM QUARTIERTREFF
MUSIKPERFORMANCE IM HOF
SEGELSCHULE:
KLEINE EINFÜHRUNG INS SEGELN AUF DEM ZÜRISEE
RAD-LOS! VELOWERKSTATT
ZIEGEL OH LAC:
FEINES ZUM ESSEN UND TRINKEN
VON 11 BIS 2 UHR.
19.30 UHR:
SAISONERÖFFNUNG
FABRIKTHEATER MIT PERFORMANCE-FESTIVAL
BITTE VORVERKAUF BENÜTZEN
INFOSTAND // FÜHRUNGEN // EISENBAHN UND TRAMPOLIN IM HOF // SIRUP- UND POPCORNBAR //
DIE FABRIK IM FILM // DOCK18 PRÄSENTIERT ZÜRICHS GRÖSSTES DENKMAL: DIE ROTE FABRIK //
OFFENE ATELIERS UND DRUCKATELIER // ARTIST IN RESIDENCE: VIDEOARBEITEN VON
AMITESH GROVER (DEHLI) // BANDS LIVE AUS DEN MUSIKPROBERÄUMEN // JONGLIEREN UND
AKROBATIKTRAINING // MUSIKPERFORMANCE IM HOF // EINFÜHRUNG INS SEGELN
AUF DEM ZÜRISEE // ZIEGEL OH LAC: FEINES ZUM ESSEN UND TRINKEN VON 11 BIS 2 UHR. //
19.30 UHR: FABRIKTHEATER: PERFORMANCE-FESTIVAL (VORVERKAUF)