Räume zum Arbeiten - Union Investment Real Estate France SAS

Transcription

Räume zum Arbeiten - Union Investment Real Estate France SAS
ENTRÉE
Juni 2011
Das Themenmagazin für Mietpartner
aktuelle studie
Wie zufrieden Büroangestellte
mit ihrer Arbeitsumgebung sind
kampf um die talente
High Potentials stehen
auf clevere Büroarchitektur
kommunikation
Meetings in der Cafeteria
liegen voll im Trend
OVG-Direktor Bas van Holten
im Penthouse-Büro des
Las Palmas in Rotterdam
Räume zum
Arbeiten
Wie Bürowelten unseren Erfolg beeinflussen
Inhalt
4
10
30
2
Foto Titelseite: Tobias Trapp, Fotos Inhalt: WAZ PhotoPool/Ulrich von Born; Tobias Trapp;
View Pictures/Hufton Crow; Thomas Mayer, Foto Editorial: Union Investment
22
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
3
Editorial
4
Von Wohlfühl-Büros und Großraum-Nöten
Wie Büromieter heute arbeiten – und was sie vermissen. Union Investment hat deutsche
Arbeitnehmer dazu in einer großen Nutzerstudie befragt.
10
Räume zum Arbeiten
18
Schöne neue Arbeitswelt
20
Bürokonzepte im globalen Dorf
22
Vorsprung im Kampf um die Talente
26
Architektur schafft Identifikation
28
Weiter Weg zur besten Lage
30
Zeit zum Durchatmen
33
Facts & Trends, Impressum
34
Ich hab auch ein Zuhause!
Ob luxuriös, ob funktional, mit Großraum oder ohne – Firmen geht es zunehmend ums Wohlbefinden der Mitarbeiter. ENTRÉE zeigt Beispiele aus München, Hamburg und Rotterdam.
Moderne Büros müssen in ihrer Aufteilung flexibel sein. Dazu gehören immer öfter auch
offene Räume mit Ruheinseln und Meetingpoints. Ein beispielhaftes Schaubild.
Gesundheit und Wohlbefinden stehen für Büroangestellte auf der ganzen Welt an erster
Stelle. ENTRÉE hat mit einigen von ihnen gesprochen.
Gehalt und Aufstiegschancen sind nicht alles, was den Fachkräftenachwuchs interessiert.
Wer das verstanden hat, ist im Vorteil.
Über Wunsch und Wirklichkeit der neuen Bürowelt und deren Rolle im Kampf um die Besten
sprach ENTRÉE mit der Employability-Professorin Jutta Rump und dem Berater Tiemo Kracht.
Wenn Unternehmen einen Standort suchen, müssen sie vieles beachten: etwa, wie sich die
Wahl auf die Anfahrtswege auswirkt. Nicht immer schneidet die City-Lage am besten ab.
Zum Italiener um die Ecke, zur Kantine im Haus oder doch lieber ein Fischbrötchen? Ist die
Auswahl abwechslungsreich, sinkt die Versuchung, auf die Mittagspause zu verzichten.
Meisterschaft im Bürostuhlfahren, Gehalts-Check in deutschen Metropolen, Work-LifeBalance als Recruiting-Instrument – und weitere Nachrichten aus der Bürowelt.
Buchautor Markus Albers fragt: Brauchen wir überhaupt noch Büros? Eine Glosse.
Titel:
OVG-Direktor Bas van Holten im Penthouse-Büro des Las Palmas. Das 1953 errichtete Gebäude
wurde 2007 von OVG gemeinsam mit der Rotterdam Development Corporation unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten saniert. Das Objekt gehört einem Offenen Immobilienfonds von Union
Investment.
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
40 Millionen Menschen zwischen Flensburg und Füssen,
Aachen und Zwickau gehen jeden Morgen zur Arbeit,
sagt das Statistische Bundesamt. Wie viele von ihnen
einen Büroschreibtisch ansteuern, das wissen die Statis­
tiker nicht oder zumindest nicht genau. Ebenso ­wenig
kann man exakt sagen, wie viel Quadratmeter Büroflä­
che es hierzulande gibt. Ganz zu schweigen von Daten
darüber, wo sie sich befindet: ob in modernen Konzern­
zentralen oder der umgebauten Gründerzeitvilla, ob im
Gewerbegebiet am Rand einer Kreisstadt oder im Zen­
trum einer der großen deutschen Wirtschaftsmetropolen.
Daran ändert auch der Zensus 2011 nichts: Die groß
angelegte Totalerhebung zum Stichtag 9. Mai 2011 er­
mittelt zwar nach mehr als 20 Jahren erstmals wieder
genau, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie
sie wohnen und was sie arbeiten. Fragen zur Beschaf­
fenheit des Arbeitsplatzes und zum Büroflächenbestand
allerdings wurden nicht gestellt.
Man bleibt also weiterhin auf Schätzungen angewiesen.
Dass die inzwischen als ziemlich präzise gelten, ist das
Verdienst der Arbeiten, die man in der Gesellschaft für
Immobilienwirtschaftliche Forschung auf den Weg ge­
bracht hat. Wichtigste Ergebnisse: Etwa 12,5 Millionen
Menschen arbeiten bundesweit in einem Büro. Dabei
nutzt jeder Mitarbeiter – rein rechnerisch – eine Fläche
von mehr als 24 Quadratmetern. Hochgerechnet, so die
Forschung, summiert sich die Büro­fläche in Deutschland
damit auf die beeindruckende Zahl von 320 Millionen
Quadratmetern. Besonders interessant: Nicht einmal 20
Prozent aller Bürobeschäftigten ­arbeiten in den sieben
wichtigsten deutschen Bürostädten Berlin, Düsseldorf,
Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Stuttgart und Mün­
chen. Gut 55 Prozent des Flächenbestands, nämlich
knapp 176 Millionen Quadratmeter, befinden sich sogar
außerhalb der 125 größten deutschen Städte.
Mit diesen Forschungsergebnissen sind die ersten
Schritte also getan: Immerhin können wir heute ­genauer
als noch vor zehn Jahren sagen, welche Bedeutung
der Arbeitsplatz Büro in der modernen Berufswelt ein­
nimmt. Auch Visionen über das „Büro von morgen“,
seine technischen Finessen und neuen Gebäudekon­
zepte gibt es zuhauf. Worüber wir aber immer noch zu
wenig wissen, sind die Einschätzungen, Wünsche und
Bedürfnisse jener zwölfeinhalb Millionen Menschen, ­die
Tag für Tag ins Büro gehen. Für Union Investment als
einen der großen deutschen Eigentümer und Vermie­
ter von Büroimmobilien ist dies aber von zentraler Be­
deutung. Gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut
­Ipsos haben wir deshalb eine repräsentative Befragung
von 3.145 deutschen Bürobeschäftigten durchgeführt.
Denn wir wollten wissen, wie zufrieden man mit „sei­
nem“ Büro ist, was man gern verbessern würde und
was eigentlich das wichtigste Kennzeichen des idealen
Büros ist. Die Antwort war eindeutig: 80 Prozent der
Befragten kommt es vor allem darauf an, sich im Büro
wohlfühlen zu können.
Dr. Frank Billand ist seit 2003
Mitglied der Geschäftsfüh­
rung der Union Investment
Real Estate GmbH in Ham­
burg und verantwortet dort
unter anderem das Mieter­
management.
Welche Antworten es sonst noch gab, das können Sie
ausführlich in dieser neuen Ausgabe von ENTRÉE nach­
lesen, unserem Themenmagazin für Mietpartner. Sie
wissen: In Zukunft werden die Ansprüche der Mitar­
beiter an ihren Arbeitsplatz deutlich in den Fokus der
Unternehmen rücken. Denn im Kampf um die besten
Mitarbeiter könnte die Qualität des Arbeitsumfelds das
Zünglein an der Waage sein.
Ich wünsche Ihnen eine spannende und interessante
Lektüre.
Dr. Frank Billand
3.145
Bürobeschäftigte in
deutschen Unternehmen
hat Union Investment
gefragt, wie zufrieden sie
mit ihrem Arbeitsumfeld sind. Die
wichtigsten Ergebnisse
finden Sie auf den
folgenden Seiten.
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
3
Studie
Von Wohlfühl-Büros
und Großraum-Nöten
Wie Büromieter heute arbeiten – und was sie vermissen. Union Investment
hat deutsche Arbeitnehmer dazu in einer umfangreichen Nutzerstudie befragt.
Anne ­Wiktorin­und Ulrike Wirtz zeigen, wie weit Wunsch und Wirklichkeit
bisweilen voneinander entfernt sind
4
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
Für die Mitarbeiter des Sportartikelkonzerns
Adidas hätte der Frühling nicht besser begin­
nen können. Mit dem März-Gehalt überwies
das Unternehmen seinen Beschäftigten in
Deutschland 2.000 Euro extra – und belohn­
te sie mit dieser Sonderzahlung in Rekord­
höhe für das besonders gute Geschäft im
Jahr der Fußballweltmeisterschaft 2010.
Ein hohes Gehalt ist nicht das schlechteste
Argument, wenn man gut ausgebildete,
­motivierte und junge Mitarbeiter davon über­
zeugen will, nicht nur die ersten Schritte auf
der Karriereleiter in einer mittelfränkischen
Kleinstadt wie Herzogenaurach zu machen.
Für einen Global Player wie Adidas, der
Lifestyle-Produkte für junge Kunden produ­
ziert, ist aber genau dies von existenzieller
Bedeutung: „Wir haben bereits vor vielen
Jahren erkannt, dass wir als Arbeitgeber den
internationalen Ansprüchen gerecht werden
­müssen, um hoch qualifizierten Beschäftigten
weltweit attraktive Arbeitsbedingungen an­
zubieten“, sagt Andrea Fehn, Beauftragte für
Work-Life-Balance bei Adidas.
Im Adi Dassler Brand
Center zelebriert der
Sportartikelkonzern
Adidas seine Marke.
Foto: Artur Images/Gerhard Hagen
Moderne Büroarchitektur
macht Arbeitgeber attraktiver
Seit fast zehn Jahren gibt es deshalb im
­Unternehmen ein Programm, das Leben
und Arbeiten ins Gleichgewicht bringen und
dem Sportartikler einen Vorteil gegenüber
Wettbewerbern in München oder Hamburg
verschaffen soll. Flexible Arbeitszeiten, Teil­
zeitmodelle und die Möglichkeit, über Tele­
arbeitsplätze ganz oder tageweise zu Hause
zu arbeiten, gehören ebenso dazu wie eine
internationale Schule mit angeschlossenem
Kindergarten oder ein umfangreiches Ferien­
betreuungsprogramm für den Nachwuchs.
Außerdem schuf das Unternehmen mit der
„World of Sports“ seinen eigenen Kosmos,
in dem die Grenzen zwischen Arbeit und
Freizeit auch räumlich aufgehoben sind.
­Neben den Bürogebäuden – das in diesem
Jahr bezugsfertige neue Firmendomizil Laces
(Schnürsenkel) für 1.700 Mitarbeiter wird
selbstverständlich als architektonisches High­
light gepriesen – besticht die Kantine für
300 Mitarbeiter durch ihre Lage an einem
künstlichen See und ihre preisgekrönte Archi­
tektur. Auf dem Adi Dassler Sportplatz mit
Rasen und Laufbahnen finden Fußball­
§
64%
der Befragten, die in einem
Einzelbüro arbeiten,
sind mit ihrer Arbeitsumgebung zufrieden.
Quelle: Büronutzer-Studie 2011,
Union Investment
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
5
Freundlich und hell: der
Empfangsbereich in der
Züricher Niederlassung des
Internetkonzerns Google.
turniere ebenso statt wie Leichtathletikfeste.
Dazu stehen Mitarbeitern ein Basketballplatz,
ein Tenniscourt, ein Platz für Beachvolleyball
und – was sonst – ein Gym für alle IndoorSportarten zur Verfügung. Allein im vergan­
genen Jahr nutzten 3.600 Adidas-Mitarbeiter
die 225 angebotenen Sportkurse, von Fechten über Nordic Walking bis hin zu Yoga und
natürlich Fußball.
Arbeitsumfeld soll
Mitarbeiter motivieren
Bei Interesse kann eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Büronutzer-Studie
kostenlos bestellt werden bei:
[email protected]
6
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
Nicht viele Unternehmen haben ein so umfassendes Konzept des mitarbeiterfreundlichen Arbeitsumfelds entwickelt. Doch immer
mehr Firmen erkennen, wie wichtig die sogenannten weichen Faktoren für Mitarbeiter sind: „Die Entscheidung für oder gegen
einen Arbeitgeber hängt von mehr ab als
von der Höhe des Gehalts“, sagt etwa Jenö
Kleemann, Gesellschafter des Consulting­
unternehmens Eurocres, das Unternehmen
bei der Optimierung ihrer Büros und Arbeitsprozesse berät. „Ein Arbeitsplatzumfeld, das
gesundheitsfördernd, innovationsfreudig, kollegial und architektonisch ansprechend ist,
gewinnt weiter an Bedeutung.“ Ein Befund,
den Stefan Rief vom Fraunhofer-Institut für
Arbeitswirtschaft und Organisation in Stutt-
gart b­ estätigt: „Prinzipiell gilt: Es darf nicht
überall schöner sein als im Büro.“ Nur so lasse sich künftig unternehmerischer Erfolg absichern. „Fühlen sich die Leute wohl, bleiben
sie gern länger im Büro und tragen damit
mehr zum Unternehmenserfolg bei“, lautet
die simple Gleichung.
Davon war man auch bei ThyssenKrupp überzeugt, als das Industrieunternehmen jüngst
auf konzerneigenem Gelände am Hauptsitz in Essen die neue Unternehmenszentrale­
„Quartier“ plante. „Die Bürowelt ist daher
nicht nur passgenau abgestimmt auf den
Workflow, sondern das Arbeitsumfeld soll
die Mitarbeiter auch motivieren und inspirieren“, erläutert Karl-Heinz Mellis von ThyssenKrupp Real Estate das mit dem Neubau
verbundene Ziel. Und bevor man sich konkret an die Gestaltung und Ausstattung der
Arbeitsplätze in der neuen Zentrale machte,
befragte man die 2.000 Mitarbeiter zu ihren
Wünschen. „Zum Beispiel wurde geklärt, ob
und wo geraucht werden darf“, so Mellis.
„Die Mehrheit wollte dies nur in speziellen
Zonen zulassen – und so ist es jetzt auch.“
Außerdem wollten die meisten Mitarbeiter Fenster, die sich öffnen lassen, auch dies
wurde umgesetzt. Noch dazu baute ThyssenKrupp frühzeitig auf 4­ 00 Quadratmetern eine
Muster-­Bürowelt zum Ansehen und Testen.
Studie
In Gruppen von maximal 25 Leuten konnten
die Mitarbeiter diese besichtigen und mit den
verantwortlichen Designern vor Ort diskutie­
ren. Alle erarbeiteten die konkrete Lösung für
ihre jeweilige Abteilung mit.
Das ist keineswegs selbstverständlich, wie
eine aktuelle Studie von Union Investment
zeigt. Der Hamburger Immobilieninvestor
und Vermieter moderner Büroflächen ließ
3.145 Büroangestellte durch das Markt­
forschungsinstitut Ipsos zu ihrer Zufrieden­
heit mit dem aktuellen Arbeitsumfeld und
ihrer­Vorstellung vom idealen Büro befragen.
­Danach wollen gerade einmal ein Drittel der
Unternehmen von ihren Mitarbeitern wissen,
was sie von einem modernen Büro erwarten.
­Die Studienresultate sind durchaus überra­
schend – und dürften manchen Personal­
manager ebenso interessieren wie diejenigen
Entscheider im Unternehmen, die verantwort­
lich zeichnen für die Auswahl und Konzeption
von Büroarbeitsplätzen. Das wichtigste Er­
gebnis: Für die überwältigende Mehrheit von
80 Prozent der Befragten steht das subjek­
tive Wohlbefinden am Arbeitsplatz an erster
Stelle. Folgerichtig zeichnet sich das ideale
Büro durch Komfortaspekte wie angenehmes
Raumklima, helle Räume mit Tageslicht, Fens­
ter, die sich öffnen lassen, und eine gute
Schallisolierung aus. Kriterien wie technische
Ausstattung des Arbeitsplatzes, die Erreich­
barkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder
die Größe des Büros spielen demgegenüber
eine eher untergeordnete Rolle.
sich die meisten Büromitarbeiter wünschen.
„Aufenthalts- und Nutzungsqualität sind
heute wichtige Argumente, damit die Leu­
te gern länger am Arbeitsplatz bleiben“,
sagt Beos-Chef Stephan Bone-Winkel und
zeigt sich in diesem Punkt nicht überrascht
über das gleichlautende Ergebnis der Union
­Investment-Studie.
Aufhorchen dürften die Personaler und
­Immobilienspezialisten in deutschen Un­
ternehmen jedoch beim nächsten Studien­
befund: Beschäftigte in Einzelbüros sind
deutlich zufriedener mit ihrem Arbeitsplatz
als jene, die sich Räume mit anderen tei­
len müssen. Während 64 Prozent all jener,
die allein am Schreibtisch sitzen, mit ihrem
Arbeits­umfeld sehr oder sogar außerordent­
lich zufrieden sind, sagen dies nur 24 Prozent
derer, d­ ie in einem als besonders effizient
geltenden Großraumbüro arbeiten. 34 Pro­
zent von ihnen sind sogar weniger oder
§
Blick aus dem Zentralbereich
der neuen ThyssenKruppZentrale in Essen auf die umliegende Parklandschaft.
Fotos: Google; WAZ PhotoPool/Ulrich von Born
Mehrheit der Beschäftigten
bevorzugt Einzelbüros
Erfahrungen, die man bei der Verlagsgrup­
pe Lübbe durchaus teilt. 2010 zog sie mit
170 Mitarbeitern ins Kölner Carlswerk um.
Vor allem eine gute Aufenthaltsqualität
sollten die 5.200 Quadratmeter großen Räu­
me im komplett modernisierten ehemaligen
Firmensitz des Kölner Drahtseil- und Kabel­
herstellers Felten & Guilleaume bieten, so der
Wunsch des Mieters. Der Berliner Projektent­
wickler Beos und die Innenarchitekten von
Lübbe entfernten deshalb Wände, brachen
dunkle Flure auf und ergänzten Türen um
Glaselemente. All das brachte viel Tageslicht
in das veraltete Bürokonzept und schuf Raum
für großzügige Sozialflächen. Genau das, was
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
7
Studie
Im Carlswerk in Köln, dem
Hauptsitz der Verlagsgruppe
Lübbe, lädt eine lichtdurch­
flutete Kantine zur Mittags­
pause ein.
8
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
ausdrücklich unzufrieden mit ihrer Arbeitsplatzsituation.
Interessieren wird das vor allem Unter­nehmen,
die ihre Büroflächen mieten und deshalb in
erster Linie auf die Kosten pro ­Arbeitsplatz
schauen. Die sind nämlich umso niedriger, je
besser die vorhandene Fläche genutzt wird.
„Aber der Kostenaspekt kann im Spannungsverhältnis zur Produktivität der Mitarbeiter stehen. Beides ist auszutarieren“, warnt
Hendrik von Paepcke, Geschäftsführer der
Hamburger Firma Apoprojekt. Das bundesweit tätige Unternehmen plant und realisiert im Auftrag von Mietern deren Büroausbauten. Auch Beos-Mann Bone-Winkel
argumentiert: „Manche Unternehmen stellen
eine fehlerhafte Rechnung auf, wenn sie zu
sehr auf die Bürokosten schauen und ihre
Leute in Großraumbüros setzen.“ Das drücke
zwar die Kosten. Dennoch empfiehlt er, zuerst
nach Möglichkeiten zu suchen, die Produktivität im Team zu steigern: „Denn ein Pro-
zent mehr Produktivität wirkt bei Kopfarbeitern besser als zehn Prozent Kostenersparnis
durch die Reduzierung von Fläche.“
Mieter müssen stets die
Flächenkosten im Blick haben
Genau diese Quadratur des Kreises versucht
das Düsseldorfer Telekommunikationsunternehmen Vodafone, das im Dezember 2012
seinen neu angemieteten, 65.000 Quadratmeter großen Campus am Standort Seestern
beziehen wird. „Wir setzen auf viel Transparenz und schaffen eine kommunikative, interaktive Bürowelt“, sagt Vodafone-Manager
Ulrich Kerber. Als Mieter müsse man aber die
Flächenkosten im Blick haben. Daher setze
das Unternehmen auf ein offenes, modulares
System, das sich flexibel handhaben lasse.
Kerber: „Wir steigern die Flächeneffizienz in
den persönlichen Arbeitsbereichen, zugleich
erhöhen wir aber den Anteil an Flächen, die
als Begegnungspunkte gemeinsam genutzt
werden“, beschreibt er die Strategie und
bricht eine Lanze für das offene Büro. „Große
Schreibtische sind ohnehin ein Relikt aus der
Vergangenheit, Mitarbeiter sitzen heute am
Notebook, nutzen E­ -Mail und Mobiltelefone
und deutlich weniger Papier.“ Allerdings erfordere der Open-Space-Bürotyp auch die
Einhaltung gewisser Regeln, etwa dass man
sein Handy leise stellt.
Fotos: BEOS; Fraunhofer IAO
Wohlfühldoktrin versus
Diktat der Flächeneffizienz
Dem ThyssenKrupp-Konzern fiel es als Eigentümer seiner neuen Unternehmenszentrale
leichter, auf ein Optimum an Flächeneffizienz zu verzichten. Bei dem Essener Industriekonzern gilt die Devise: Wohlfühlen. Viele
Abteilungen arbeiten überwiegend auf offen gestalteten Flächen mit maximal acht
Arbeitsplätzen pro Einheit. Aber es stehen
auch Einzelbüros zur Verfügung – als Rückzugsbereiche auf Zeit oder wenn vertrauliche
Arbeiten anliegen. Zum raschen informellen
Austausch sind verschiedene Coffee Points
strategisch platziert. Mellis: „Nach einem Jahr
Nutzung sehen wir, wie gut dieser informelle
Austausch an den Coffee Points funktioniert,
wie sich auf diesen kurzen Wegen schnell
­Arbeit erledigt, für die früher zeitaufwendige
Meetings anberaumt werden mussten.“
Auch aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich
die Funktion der Cafeteria nur bestätigen,
sagt Stefan Rief vom Fraunhofer-Institut:
„Die­se kommunikativen Ankerpunkte ziehen
Menschen an, verschaffen ihnen kreative
Pausen, geben ihnen das Gefühl einer guten
Atmosphäre und Autarkie über ihre Zeit.“
Eine Beobachtung, die durch die Ergebnisse
der Union Investment-Studie unterstrichen
wird: So gaben 43 Prozent der Befragten an,
dass Aufenthaltsräume die spontane Kommunikation mit den Kollegen fördere – für
­39 Prozent übernehmen Cafeteria und Kan­
tine diese Funktion.
Die Beispiele von Adidas, Lübbe, ThyssenKrupp und Vodafone zeigen: Unternehmen,
die ihre Büroflächen den Anforderungen der
Arbeitswelt von morgen anpassen, handeln
durchaus im Sinne ihrer Mitarbeiter. Insgesamt nämlich, so das Ergebnis der Union
Investment-Studie, sind deutsche Büromit-
arbeiter eher mäßig zufrieden mit ihrem Arbeitsplatz. Kein einziger der in der Studie
abgefragten Faktoren erreicht eine Zufriedenheit von mehr als 50 Prozent. Und der
besonders wichtige Wohlfühlfaktor ist nur
für 41 Prozent der Befragten erfüllt. Es gibt
also noch viel zu tun. Besonders groß ist der
Nachholbedarf beim Thema Nachhaltigkeit –
und dies ist nicht den Mitarbeitern anzulasten. Deren Bewusstsein für Fragen der Nachhaltigkeit ist erstaunlich hoch, wie die Studie
zeigt. So ist fast die Hälfte der befragten Büroangestellten überzeugt, durch ihr Verhalten
im Büro einen Beitrag zum aktiven Umweltschutz des Unternehmens leisten zu können.
Nachhaltige Büronutzung birgt
großes ökonomisches Potenzial
Was allerdings fehlt, ist eine ausreichende
Unterstützung durch den Arbeitgeber: Gerade einmal ein Viertel der Befragten sieht sich
hierin von ihren Arbeitgebern ausreichend
unterstützt. In großen Konzernen etwa gibt
nur ­jedes vierte Unternehmen der Belegschaft Verhal­tensrichtlinien zum Energiesparen an die Hand. Bei den kleineren Unternehmen tut das sogar nur eines von zehn.
Intensiv bei der Sache sind alle Unternehmen – unabhängig von ihrer Größe – allein
bei den Mülltrennungssystemen. „Bei Unternehmen steht noch im Vordergrund, welche
Investitionen sich in Sachen Nachhaltigkeit
realisieren und finanzieren lassen“, erklärt
Andreas Pfnür, Professor an der TU Darmstadt und Leiter des Lehrstuhls für Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre,
die Indifferenz der Unternehmen. Der Vorsatz,
Arbeitnehmer glücklich zu machen, stoße da
eben an seine Grenzen.
„Dabei liegt in der nachhaltigen Nutzung des
Gebäudes ein enormes ökologisches, aber
auch ökonomisches Potenzial“, plädiert Reinhard Kutscher, Vorsitzender der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate
GmbH, für ein Umdenken.
Bei Adidas hat das offenbar bereits begonnen: Bis 2015 will man den Energieverbrauch
um 20 Prozent und die CO2-Emissionen um
30 Prozent senken. Und gemessen an heute
soll der Papierverbrauch pro Beschäftigtem
sogar halbiert werden. Die Mehrheit der Mit$
arbeiter dürfte begeistert mitmachen.
„Kommunikative Ankerpunkte ziehen an, verschaffen kreative Pausen, geben das Gefühl einer guten
Atmosphäre und Autarkie
über die Zeit.“
Stefan Rief, Fraunhofer-Institut ­
für Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart
1/4
Nur
aller Beschäftigten
fühlt sich auch im
Großraumbüro wohl.
Quelle: Büronutzer-Studie 2011,
Union Investment
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
9
Foto: Tobias Trapp
Moderne Arbeitswelten
10 EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
Geschmackvoll, einladend:
Das Foyer der Münchner
Kanzlei Nachmann Rechtsan­
wälte. Ausgewählte Kunst­
objekte dienen als Blickfang.
Räume zum
Arbeiten
Ob luxuriös oder funktional, mit Großraum oder ohne – in modernen
Büros geht es nicht nur ums Arbeiten, sondern auch um die Zufriedenheit
der Belegschaft. ENTRÉE stellt drei besonders gelungene Beispiele vor
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 11
Ein Ruhepol mitten in der Stadt
Vor vier Jahren bezog die Münchner Anwaltskanzlei Nachmann Rechtsanwälte ihre
Räume in den Fünf Höfen – einer der besten Adressen der Stadt. ENTRÉE-Autorin
Christiane Harriehausen besuchte Kanzleigründer Josef Nachmann und sprach mit
ihm über Standort und Gebäude
Salvatorpassage der
Fünf Höfe in München mit
„hängenden Garten“ von
Tita Giese.
12 EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
Bürogebäude stehen gemeinhin im Ruf, vor
allem eines zu sein: funktional. Ästhetische
Ansprüche seien diesem Ziel im Zweifel unterzuordnen, heißt es. Ein Denkfehler. Denn
architektonisch wirklich durchdachte Räume
schaffen die Synthese aus Funktionalität und
Ästhetik – und stiften vielfältigen Nutzen: Sie
üben eine besondere Wirkung auf Menschen
aus, können sie inspirieren, öffnen das Denken für neue Perspektiven – und schaffen ganz
einfach eine gute Arbeitsatmosphäre. Die Fünf
Höfe in München gehören zu diesen besonderen Gebäudeensembles. Hier, inmitten der
Münchner Altstadt, ist mehr entstanden als
nur eine Fläche für Einzelhandel, Gastronomie
und Büros.
Wer die Fünf Höfe zum ersten Mal betritt,
spürt gleich, dass in diesen Gebäuden vieles
anders ist: dank der Hängenden Gärten von
Tita Giese, der Kunstobjekte wie der Spiralkugel von Olafur Eliasson im Viscardihof oder
der ungewöhnlichen Lochblechfassade an
der Theatinerstraße. Eine Architektur für die
Sinne wollte das Büro Herzog & de Meuron
aus Basel schaffen – und hat eindrucksvoll gezeigt, wie dies erreicht werden kann.
Im Jahr 2007 hat die Kanzlei Nachmann
Rechtsanwälte ihre Büros in den Fünf Höfen
bezogen. Hohe, loftartige Räume mit auberginegrau gestrichenen Wänden schaffen eine
angenehme Grundatmosphäre. Alles stimmt,
ohne perfekt zu wirken, denn der Kanzlei-
Moderne Arbeitswelten
Wie wichtig ist für Sie die Architektur?
Bei der Anmietungsentscheidung standen für
uns die Funktionalität der Räume und deren
Struktur im Vordergrund. Wir suchten Räume, in denen wir sämtliche Büroflächen auf
einerEbene haben. Hinzu kam, dass es sich bei
den Fünf Höfen um ein Architekturmonument
handelt, das in Deutschland über einen hohen
Bekanntheitsgrad verfügt. Unsere Mandanten
kommen daher auch gerne zu uns in die Kanzleiräume. Das Konzept stimmt, nicht nur im
Hinblick auf die Mieterstruktur, sondern auch
im Hinblick auf die Qualität und das Preisniveau. Das macht den Standort für viele Menschen interessant und führt zu einer hohen Besucherfrequenz.
Beim Meeting stets die Zeit
im Blick: Besprechungsraum in
der Kanzlei Nachmann Rechtsanwälte.
Fotos: Tobias Trapp; Nachmann Rechtsanwälte
gründer Josef Nachmann versteht es, Ästhetik
und Funktionalität in Einklang zu bringen und
beidem den richtigen Stellenwert zu geben.
Der ästhetische Anspruch, den Nachmann an
sein Umfeld stellt, spiegelt sich auch in seiner
Kunstsammlung: Nichts Überladenes findet
der Besucher. Keine Skulptur und kein Foto
drängen sich in den Vordergrund. Auf diese
Weise ist eine ganz eigene Arbeitswelt entstanden, die immer wieder überraschende Perspektiven eröffnet.
ENTRÉE: Warum haben Sie sich für eine An­
mietung in den Fünf Höfen entschieden?
Josef Nachmann: Mich begeisterte von Anfang
an die ungewöhnliche Mischung aus großstädtischer Atmosphäre und Ruhepol mitten in
der Stadt. Es gibt keinen Straßenlärm, und der
Blick in die verschiedenen Höfe eröffnet immer
wieder eine andere Sicht auf das Gebäude. Die
46 Mitarbeiter der Kanzlei schätzen die ruhige
Arbeitsatmosphäre genauso wie ich. Zudem
sind die Fünf Höfe sehr gut erreichbar und eingebettet in eine hervorragende Infrastruktur.
Kanzleigründer Josef
Nachmann ist leiden­
schaftlicher Kunstsamm­
ler und zeigt in den Büro­
räumen etliche Werke aus
seiner Sammlung.
Wie haben Sie die Büroräume gestaltet?
Wir haben uns intensiv mit den Räumen auseinandergesetzt und zusammen mit unserem
Architekten Joachim Jürke an der Farbwahl,
den Lichtquellen und der Raumaufteilung gearbeitet. Schöne Räume sind für uns keine repräsentative Schale, sondern spiegeln die Bereitschaft zur Leistung.
Nachmann Rechtsanwälte ist
eine wirtschaftsrechtlich ausge­
richtete Kanzlei, deren Arbeits­
schwerpunkte die Sanierungsund Investitionsberatung sowie
Immobilienrecht sind. Die Juris­
ten bringen nicht nur Fachwissen­
im Bank-, Gesellschafts-, Insol­
venz-­und Steuerrecht mit, son­
dern auch betriebswirtschaftliche
Kompetenz. Weitere Schwer­
punkte sind das Sportrecht sowie
der gewerbliche Rechtsschutz,
einschließlich Marken- und
­Urheberrecht. Seit 2008 hat die
Kanzlei­eine zweite Repräsen­
tanz in Berlin.
www.nachmann.com
Was schätzen Sie persönlich am meisten an
den Fünf Höfen?
Ich binde die Kunst in mein Leben ein. Daher
war ich vom Konzept der Fünf Höfe überzeugt,
weil es einen ästhetischen Anspruch an das
Umfeld enthält. Die Kanzleiräume stehen wie
unsere Arbeit für Qualität und Transparenz.
Kunst ist in Ihren Kanzleiräumen allgegen­
wärtig. Wie kommt das?
Ich sammle Fotografien, Skulpturen und andere Kunstobjekte – vor allem von jungen Künstlern aus der Region. Dabei interessiert mich in
erster Linie Kunst, der ein gedankliches Konzept zugrunde liegt. Besonders spannend ist
es, wenn der Künstler versucht, verschiedene
Disziplinen wie Musik und Malerei zusammenzuführen. Dabei entstehen überraschende Eindrücke und auch immer wieder eine neue Sicht
auf die Welt.
§
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 13
Moderne Arbeitswelten
Direkter Informationsfluss
Im Januar dieses Jahres hat das Emissionshaus Wölbern Invest seine neuen
­Büro­räumlichkeiten im Centurion Commercial Center in der Hamburger Hafencity­
­bezogen. Wichtig für das Unternehmen ist eine kommunikative Arbeitsatmo­
sphäre. Christian Hunziker wollte vom Inhaber Prof. Dr. Heinrich Maria Schulte
wissen, wie dieses Ziel erreicht wird
Wölbern Invest ist das Emis­
sions­haus der Hamburger
­Wölbern Gruppe, die seit 1993
­Geschlossene Fonds initiiert. Es
gilt als P­ ionier der sogenann­
ten Hollandfonds. Seit 2007 hat
das ­Thema Nachhaltigkeit bei
Wölbern Invest eine zentrale Be­
deutung. Sämtliche Fondsimmo­
bilien sind als Green Buildings
zertifiziert. Der Umzug ins neue
Hauptquartier in der Hafencity
unterstreicht diese Ausrichtung.
Das Centurion Commercial Cen­
ter ist mit dem DGNB-Vorzerti­
fikat in „Gold“ für nachhaltige
Bauweise ausgezeichnet und ge­
hört zum Portfolio des U
­ niImmo:
Deutschland, eines Offenen
Immo­bilien-Publikumsfonds von
Union ­Investment.
www.woelbern-invest.de
14 EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
triertes Arbeiten als auch für Gespräche. ­Wenn
es sich anbietet, nutzen wir darüber hinaus
gern auch die ­allen Mietern offenstehenden Kommunikations­flächen im Centurion
­Commercial Center, also die Lounge im Eingangsbereich oder den ­Sky Room im sechsten
Obergeschoss.
Für welche Flächen der Immobilie haben Sie
sich entschieden, wie sind sie aufgeteilt?
Wir belegen im Centurion Commercial Center
die vierte und fünfte Etage mit jeweils mehreren Zugängen. Abhängig von der jeweiligen
Abteilung haben wir für unsere 88 Mitarbeiter Einzel-, Zweier- und Kombibüros gewählt.
Mitarbeiter, deren Aufgabenbereich einen
täglichen Informationsaustausch innerhalb
der Abteilung erfordert, sitzen in Kombi­büros.
­Andere, deren Tätigkeit ein Höchstmaß an
Konzentration voraussetzt, arbeiten in Einzelbüros. Ich glaube, dass diese Aufteilung die
beste Voraussetzung dafür ist, dass Arbeits­
abläufe einwandfrei funktionieren.
Sie haben für die Mitarbeiter nicht weniger
als vier Meetingpoints mit Teeküche einge­
richtet. Warum?
Die Förderung des persönlichen Gesprächs
untereinander ist uns sehr wichtig. Wir wollen sicherstellen, dass es hierfür ausreichend Möglichkeiten auf unserer Fläche gibt.
­Natürlich nutzen wir auch andere Informa­
tionswege und halten unsere Mitarbeiter zum
Beispiel mit internen Newslettern auf dem
Laufenden. Gestört wird durch diese Meetingpoints niemand. Denn die neuen Räumlichkeiten sind mit 2.800 Quadratmetern sehr
großzügig a­ ngelegt. Das bietet genügend
Rückzugs­möglichkeiten sowohl für konzen-
Fotos: Wölbern Invest KG; Tobias Trapp
Für Prof. Dr. Heinrich
Maria Schulte, Inhaber der
Wölbern Invest KG, steht
der Kommunikationsfluss
im Büro ganz weit oben
auf der Agenda.
ENTRÉE: Ihr Unternehmen legt Wert auf
flache Hierarchien und kurze Entscheidungs­
wege. Welche Rolle spielen die Büroräume?
Prof. Dr. Heinrich Maria Schulte: Wir haben die
Büroräume der Abteilungen, die im Arbeitsalltag viel miteinander kommunizieren, auf ­einer
Etage angesiedelt. Dadurch sind die Wege
kurz, und der direkte Informationsfluss ist gewährleistet. Beispielsweise hat die Akquisitionsabteilung ihre Räume direkt neben der
Konzeptionsabteilung – genauso, wie es dem
Wertschöpfungsprozess entspricht.
Ansprechende Cafeteria bei
Wölbern Invest im Centurion
Commercial Center, Hamburg.
Welche weiteren Aspekte waren Ihnen bei
der Wahl des neuen Firmensitzes besonders
wichtig?
Die Räume am Großen Grasbrook haben wir
im Januar bezogen, um auch unsere Nachhaltigkeitsstrategie stärker zu unterstreichen. Das
Hauptquartier war ein Objekt unseres Development-Fonds und wurde nach nachhaltigen
Kriterien errichtet. Ein für uns wichtiger Aspekt
ist beispielsweise die Flexibilität der Flächen,
auch wenn wir momentan nicht planen, die
Bürokonfiguration zu ändern. Außerdem waren die Umgebung und ihre Infrastruktur für
unsere Standortwahl von hoher Relevanz. Im
Nachbargebäude gibt es zum Beispiel eine
Kindertagesstätte. Wir befinden uns hier ja in
der Hafencity und damit an einem lebendigen
Standort. Was nutzt denn das schönste Büro,
wenn ich dorthin kilometerweit fahren muss?
Unser Standort vereint eine attraktive Lage,
eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und ein urbanes Umfeld – davon profitiert auch das Arbeitsklima.
Haben Sie an Ihrem Unternehmenssitz einen
persönlichen Lieblingsort?
Das nicht. Aber mir gefällt der Blick aus dem
Fenster auf die Magellan-Terrassen und die
Elbphilharmonie.
§
Wandverschalung wie Fischschuppen, Fußboden
wie Schiffsplanken: Lobby im Centurion
Commercial Center in der Hamburger Hafencity.
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 15
Moderne Arbeitswelten
„Das Büro ist zum Treffpunkt geworden“
Las Palmas heißt ein gemischt genutztes Gebäude im alten Hafenviertel von Rotterdam. Der Projektentwickler OVG hat das ehemalige Lagerhaus revitalisiert und
nutzt das neu ergänzte Penthouse selbst. Dabei setzt OVG besonders auf Nachhaltigkeit, wie Christian Hunziker von Direktor Bas van Holten erfahren hat
ENTRÉE: Was macht Las Palmas zu einem
nachhaltigen Gebäude?
Bas van Holten: Vor allem der Umstand, dass
es sich um ein Bestandsobjekt handelt. Es ist
immer am nachhaltigsten, mit bestehenden
Gebäuden zu arbeiten. Beim Las Palmas ist
Großzügige Räume und ein
phänomenaler Blick auf
Maas und Skyline: OVGZentrale in Rotterdam
(gr. Bild); lichtdurchflutete
Flure im Büro (kl. Foto).
es uns gemeinsam mit der Stadt Rotterdam
gelungen, die Struktur komplett zu erhalten.
Haben Bestandsgebäude keine Nachteile?
Ein neues Gebäude lässt sich äußerst ener­
gieeffizient konzipieren, während es bei
einem bestehenden Objekt immer Dinge gibt,
die sich nicht ändern lassen. Beim Las Palmas ist die Gebäudetiefe mit 40 Metern wesentlich größer als die 14,50 Meter, die bei
modernen Bürogebäuden üblich sind. Das ist
jedoch kein Nachteil. Die Angestellten sind
nicht mehr die ganze Woche am selben Ort
tätig. Oft arbeiten sie im Auto und zu Hause,
sodass das Büro nur noch ein Teil der Arbeitswelt ist. Es ist zu einem Treffpunkt geworden,
an dem die Leute Ideen austauschen – und
zu dieser neuen Arbeitsweise passt die Größe
des Gebäudes sehr gut. Auch unser Arbeitsstil ist stark von Kommunikation geprägt. ­Wir
haben deshalb eine Open-Space-Lösung gewählt; es gibt lediglich vier Einzelbüros mit
gläsernen Trennwänden.
Welche Funktion hat das begrünte Dach?
Zum einen stellt es eine gute Isolierung dar
und fängt Regenwasser auf. Zum anderen
bietet es Mitarbeitern die Möglichkeit, sich
dort aufzuhalten. Schließlich nutzen wir das
Dach auch, um innovative Möglichkeiten der
Energieversorgung zu testen – zum Beispiel
eine kleine Windmühle und Solarmodule.
Zur Nachhaltigkeit gehört umweltgerechter
Verkehr. Was bietet hier das Las Palmas?
Auf der Westseite des Gebäudes haben wir
eine Ladestation für Elektrofahrzeuge installiert. Zudem haben wir natürlich Fahrradstellplätze und auch Duschen für Radfahrer.
Ich selbst lege übrigens mindestens einmal
wöchentlich meinen 35 Kilometer langen
­Arbeitsweg mit dem Fahrrad zurück.
Fotos: Tobias Trapp
Ist es im Sommer im Penthouse sehr heiß?
Nein. An der Südfassade ist ein Sonnenschutz angebracht, der per Computer dem
Sonnenstand entsprechend gesteuert wird.
Das ist die beste Methode, um Überhitzung
zu verhindern. Zudem haben wir hochwertiges Fensterglas eingebaut. Dass sich die
Fenster im Regelfall nicht öffnen lassen, ist
kein Problem: Die Leute möchten nur dann
die Fenster öffnen können, wenn das Klima
im Gebäude nicht gut genug ist. Wir haben
aber eine Kühldecke installiert, die eine angenehme Atmosphäre schafft.
OVG-Direktor Bas van
Holten schwört auf nachhaltige Bürokonzepte.
Der Immobilienentwickler OVG
ist ein junges Unternehmen:
1997 von Coen van Oostrom gegründet, hat es sich von Beginn
an auf die Entwicklung nachhaltiger Gebäude spezialisiert, maßgeschneidert für die Bedürfnisse
der künftigen Nutzer. OVG ist
derzeit vor allem in den Niederlanden und Deutschland ­aktiv,
hat es sich aber zum Ziel gesetzt, in Europa zu expandieren.
Das 1953 errichtete Gebäude Las
­Palmas wurde 2007 gemeinsam
mit der Rotterdam Development
Corporation saniert. Das Objekt
gehört einem Offenen Immobilienfonds von Union Investment.
www.ovg.nl
Stichwort soziale Nachhaltigkeit: Wie steht
es damit im Las Palmas?
Immer mehr Menschen schätzen es, sich in
einem gemischt genutzten Gebäude aufzuhalten. Die reinen Büroparks am Stadtrand
sind nicht mehr beliebt. Las Palmas beherbergt eben nicht nur Büros, sondern auch ein
Restaurant und das Niederländische Fotomuseum. Zudem haben sich unterschiedliche
Büromieter angesiedelt, etwa Architekturbüros und eine Internetfirma, sodass man stets
kreative Leute trifft. Ganz wichtig ist ferner,
dass man vom Las Palmas aus überall Wasser sieht. Die Szenerie ändert sich ständig. E­ s
ist ein dynamisches Gebäude in einer dyna$
mischen Umgebung.
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 17
Bürolandschaften
Schöne neue Arbeitswelt
Schmale Einzelbüros und fantasielose Großraum-Etagen haben ausgedient. Moderne Arbeitsplatzgestaltung
setzt auf Bürolandschaften: Offene Räume wechseln sich ab mit Büros zum konzentrierten Arbeiten,
Entspannungszonen bieten Platz und das passende Ambiente für die Kommunikation mit den Kollegen.
Ein Schaubild von Simone Knapek. Text: Ulrike Wirtz
1 Flexible Wandsysteme, offene Strukturen mit
viel Tageslicht und effizienter Lärmdämmung,
dazu Inseln zum Wohlfühlen: Das sind wichtige
Trends in der modernen Büroraumgestaltung.
2 Wo es um Vertrauliches geht, etwa in
Personalabteilungen, sind Einzel­büros­
noch immer erste Wahl. Auch Führungskräfte arbeiten am liebsten ungestört.
6
3 Für Arbeiten, die höchste Konzentration erfordern,
oder für vertrauliche Telefonate können sich
Mitarbeiter zeitweise in Einzelsbüros zurückziehen.
90% der Büroangestellten in Deutschland*, die in Einzelund Zweierbüros arbeiten, sorgen sich gar nicht oder kaum
um gesundheitliche Auswirkungen ihrer Bürotätigkeit.
1
2
4 Business Clubs nennt man Büros, in denen sich
11
Mit­arbei­ter mit wenig Inhouse-Präsenz, etwa
Außendienstler oder Teilzeitbeschäftigte, einen
Schreibtisch teilen. Stichwort: Desksharing.
5 Inseln als Treffpunkt für spontane Kommunikation:
Die Sitz­ecke oder Lounge, die Kaffee-/Teeküche
mit Theke und Hockern, oder die Drucker­station, die zu kurzem Austausch einlädt.
39%­der Büroangestellten* finden, dass die Caféteria
ein guter Ort für die spontane Kommunikation ist.
*Büronutzer-Studie 2011, Union Investment
18 EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
11 Licht: Die Beleuchtung soll sich den möglichen Veränderungen der Raumzuschnitte anpassen können. Deshalb sollte
es an jedem Arbeitsplatz Tageslicht geben – ergänzt durch
blendfreie, individuelle Lichtquellen. Für 23% der Büroangestellten* sind helle Räume und eine gute Beleuchtung
die wichtigsten Merkmale eines idealen Arbeitsplatzes.
10 Meetingpoints für Projektarbeit im Team: ­
in sich geschlossene Open-Space-Bereiche,
bevorzugt mit Lounge und Rückzugsplätzen für Stillarbeit.
9 Open-Space-Büros mit Abschir-
4
mung, die für Privatheit sorgen,
und einer mobilen Möblierung
zur individuellen Gestaltung.
5
3
10
9
8
7
8 Akustik: Geräuschdämmung durch aku7 Klima: Wichtig sind moderne Klimaanlagen, da6 Mittelflächen mit wenig Tageslicht dienen als Stellfläche für
Schränke oder Regale, aber nicht
als Dauerarbeitsplätze.
mit die Mitarbeiter Temperatur und Umwälzung der Luft individuell regeln können. Immer­
begehrt: Fenster, die sich öffnen lassen.
Ein Drittel der Befragten* nennt schlechtes Raumklima als häufigsten Störfaktor am Arbeitsplatz.
stisch wirksame Oberflächen am Mobiliar,
schalldämmende Deckenlösungen, Fußböden, Paneele, Paravents, Bilder und Screens.
Knapp ein Viertel der Befragten*
befürchtet Gesundheitsschäden aufgrund
der Lärmkulisse im Büro.
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 19
Internationale Arbeitswelten
Bürokonzepte
im globalen Dorf
Gesundheit und Wohlbefinden stehen für Mitarbeiter auf der ganzen Welt
an erster Stelle. Das stellte ENTRÉE-Autorin Anette Kiefer fest, als sie mit
Menschen sprach, die in anderen Ländern arbeiten
80%
aller Angestellten geben
an, dass die Arbeit am
Bildschirm ihre
Gesundheit belaste.
Quelle: Büronutzer-Studie 2011, ­
Union Investment
Kann mein Büro mich krank machen? Ja,
sagt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin (BAuA), wenn es falsch
eingerichtet ist. Jeder fünfte Deutsche arbeitet täglich im Büro, auf 90 Prozent aller
Schreibtische steht ein Computer. Und damit
die Gesundheit bei dieser Arbeit möglichst
wenig Schaden nimmt, regelt eine EU-Richtlinie schon seit 20 Jahren die Mindestanforderungen, die ein Büroarbeitsplatz erfüllen
muss. Wenigstens acht Quadratmeter sollen im Einzelbüro zur Verfügung stehen, im
Großraumbüro sogar zwölf pro Arbeitsplatz.
­Geregelt sind auch die minimale Schriftgröße auf den Computerbildschirmen und die
Frage, wie viel Tageslicht auf der Schreibtischplatte mindestens ankommen muss. Im weltweiten Vergleich stehen Deutschlands Büros
damit relativ gut da, sagt Lars Adolph, Leiter
Chris Snailham, London
Büro ohne Aussicht
Wenn Chris Snailham aus dem Fenster seines Büros in der City von London schaut, fällt
sein Blick auf eine massive Ziegelwand. Sein
größter Wunsch lautet daher verständlicherweise: „Wenn ich etwas an diesem Büro verändern könnte, wäre es die Aussicht.“
Ansonsten gefällt ihm sein Arbeitsplatz in dem riesigen
Großraumbüro bei der Deutschen Bank, in dem 50 Personen
­arbeiten. Etwa zehn Stunden am Tag verbringt er hier,
davon allerdings nur rund die Hälfte an seinem Schreibtisch.
Eines bemängelt er am offenen Konzept seines Großraumbüros: „Es gibt hier bei Weitem nicht genug Besprechungsplätze, an denen man sich mal eben zusammensetzen und ­
ein Meeting abhalten kann.“
20 EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
der Gruppe Ergonomie bei der BAuA. „Viele
­Arbeitsplätze sind mit kombinierten SitzSteh-Arbeitstischen ausgestattet, sodass man
sich ab und zu bewegt und nicht ausschließlich im Sitzen arbeitet. Das ist das Beste, was
man bei der Büroarbeit für seine Gesundheit
tun kann.“ Oft dürften die Angestellten auch
ihren Arbeitsplatz selbst mitgestalten, zum
Beispiel mit Fotos, Pflanzen auf der Fens­
terbank und anderen dekorativen Dingen.
„Das erfüllt ein grundsätzliches menschliches
­Bedürfnis und steigert das persönliche Wohlbefinden“, sagt Adolph.
Auch in anderer Hinsicht haben es deutsche Büroarbeiter besser als ihre Kollegen
im Ausland. Denn die deutsche Auslegung
der EU-Richtlinie, die Berufsgenossenschaftliche Information (BGI) 650, geht über das
Mindestmaß hinaus: Ein dauerhaft einge-
Luciano Machado, Rio de Janeiro
Blick auf den Zuckerhut
Noch vor einem halben Jahr fragte sich Luciano
Machado beim Blick aus seinem Bürofenster des Öfteren, wann sein Arbeitsplatz ihn endgültig krank machen würde. Denn als Ingenieur in der brasilianischen Filiale einer großen US-Auto­fabrik atmete er schon morgens um sieben den beißenden
schwarzen Rauch ein, der über dem Gelände lag. Inzwischen arbeitet
Machado für eine Beratungsfirma in Rio de Janeiro und kann auch die
Aussicht wieder genießen: „Unser Büro liegt in einem der schönsten
Viertel der Stadt. Wir blicken direkt auf den berühmten Zuckerhut. Wenn
das Wetter­schön ist und die Sonne scheint, ist das so ein friedlicher Anblick – daran kann ich mich einfach nicht sattsehen.“ Nur einen kleinen
Nachteil hat der Panoramablick: „In unseren Büroräumen funktionieren die Handys nicht richtig, weil der Felsen die Funkfrequenzen stört.“
richteter Arbeitsplatz ist nur in einem Raum
mit Fenster zulässig. Dunkle Kammern ohne
Tageslicht, die zum Beispiel in den USA als
Büroplätze durchaus üblich sind, dürfen deshalb in Deutschland Angestellten nicht zugemutet werden. Außerdem nennt die BGI 650
Richtwerte für die Mindestgröße eines Bildschirmarbeitsplatzes. Er muss – je nach Tätigkeit und Raumzuschnitt – zwischen acht und
zehn Quadratmeter groß sein.
Fotos: View Pictures/Edmund Sumner; A1 Pix (2); F1 online; Westend 61
Efacts Photography/Frank Lassak
Offene Bürokonzepte fördern
die Teamarbeit
Dabei gebe es auch in Deutschland einen
Trend hin zu offenen Bürokonzepten, be­ob­
achtet Regine Rundnagel, Geschäftsführerin der Gesellschaft Arbeit und Ergonomie,
­einer Informationsplattform zum betrieblichen ­Arbeits- und Gesundheitsschutz in
Frankfurt. Vorherrschendes Ziel sei meist, so
die ­Arbeitsschutz-Expertin, die vorhandene
­Fläche effizienter zu nutzen und auf diese
Weise die Raumkosten zu senken.
Ebenso wichtig aber ist: In vielen Branchen
wächst die Notwendigkeit zur Teamarbeit.
Einzelbüros sind da nur ein bedingt geeignetes Arbeitsumfeld. Zwar profitiert von der
Abgeschiedenheit, wer sich bei der Arbeit
über lange Strecken stark konzentrieren
muss. Zudem sind Büroangestellte in Einzelbüros allgemein am zufriedensten mit ihrem
Arbeitsplatz, zeigt die repräsentative Um-
frage von Union Investment. Für Teamarbeiter seien offene Bürokonzepte aber deutlich sinnvoller, so BAuA-Experte Lars Adolph.
„Hier lassen sich viele Fragen schnell auf
­Zuruf entscheiden.“
Das bestätigt die Union Investment-Studie:
Mehr als 30 Prozent der Angestellten, die
sich ihr Büro mit Kollegen teilen, unterhalten sich pro Woche etwa zwei bis fünf Stunden dienstlich mit ihnen. Unter den Nutzern
von Einzelbüros sind es nur 25 Prozent.
Am wichtigsten aber ist für zwei Drittel aller ­Arbeitnehmer noch immer die kollegiale
­Atmosphäre. Sie sei der Garant für guten
­Informationsaustausch.
$
Heli Repo, Salo
Nie mehr frieren
Das Klima in Heli Repos Büro im finnischen Salo
lässt zu wünschen übrig: „Das Gebäude ist zu
alt, deshalb bleibt es im Winter oft kalt. Dafür
wird es dann im Sommer viel zu warm“, sagt Repo. Allerdings gibt
es auch Dinge, die sie sehr schätzt, etwa die offene Struktur des
Hauses: 15 Kollegen auf 150 Quadratmetern bedeutet Arbeiten in
Rufnähe. Vieles lässt sich deshalb schnell und unkompliziert besprechen. Das könnte sich schon bald ändern: In Kürze zieht die
Firma in ein neueres Gebäude, wo sie statt eines großen mehrere kleine Büros angemietet hat. Dafür allerdings dürfte sich dann
auch das Raumklima deutlich verbessern: „Eigentlich sind die Häuser in Finnland alle gut isoliert und belüftet, sodass ich dann endlich nicht mehr im Winter frieren und im Sommer schwitzen muss.“
Hell und nachhaltig: Der New
Yorker Hearst Tower g
­ ilt als
wegweisend für moderne
Büroarchitektur und erhielt
als Green Office Building das
LEED-Gold-Zertifikat.
Chad Searcy, Houston
Wohlfühlfaktor Licht
Chad Searcy arbeitet in Houston, Texas, für die
Ingenieurberatungsfirma Stress Engineering Services. Sein Zehn-Quadratmeter-Büro gehört ihm
ganz allein und liegt in einem zweistöckigen, sogar zertifizierten
Green Building, das über eine Reihe von energiesparenden Einrichtungen v­ erfügt. Aus Sicht der Angestellten ein großer Pluspunkt für
den Wohlfühlfaktor, sagt Searcy: „Wir brauchen in unseren Büros
nur wenige Glühlampen, weil so viel Sonnenlicht durch die großen Fens­ter hereinkommt. Das hebt meine Stimmung. Ich habe viel
mehr Spaß an meiner Arbeit als früher.“ Einen Kritikpunkt hat er
aber doch: Es gibt 70 Einzelbüros im Gebäude. Dadurch seien die
Angestellten von ihren Kollegen viel zu weit entfernt, um
untereinander den Kontakt zu halten.
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 21
Recruiting
Vorsprung im Kampf
um die Talente
Wer verstanden hat, dass nicht nur Gehalt und Aufstiegschancen
den heiß begehrten Fachkräftenachwuchs überzeugen, ist klar im Vorteil.
Carolyn Braun hat für ENTRÉE nachgefragt, wie wichtig den Unternehmen
die Immobilie im Kampf um die Besten ist
Wenn Kandidaten zum Vorstellungsgespräch
bei Hellmann World­wide Logistics in Osnabrück antreten, sind sie oft erstaunt: „In der
Regel übertreffen wir die Erwartungen bei
Weitem“, sagt Bärbel Krehen­brink, Leiterin
Personalentwicklung des Logistikunternehmens. Nicht selten beeinflusst das die Entscheidung über das Jobangebot, gerade in
Zeiten, da vor allem der Mittelstand zunehmend über Fachkräfte­mangel klagt: „Wenn
Bewerber sich zwischen uns und einer vergleichbaren Posi­tion bei einem anderen Logistiker entscheiden müssen, sind unsere neuen
Arbeitswelten oft das ­i-Tüpfelchen“, sagt sie.
Sogar wenn der Konkurrent im Kampf um
Nachwuchs-Talente in einer Weltstadt wie
Hamburg sitzt.
Komfortabler Rückzugsraum
in der gläsernen Denkzelle
80%
Für
der
Bürobeschäftigten steht
das Wohlbefinden
am Arbeitsplatz auf Platz
eins der Wunschliste.
Quelle: Büronutzer-Studie 2011,
Union Investment
22 EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
Die Zentralbereiche der international tätigen
Spedition befinden sich in einem entkernten
Backstein-Getreidespeicher aus dem Jahr
1934. Die Bürolandschaft darin ist hochmodern: Gruppiert nach Bereichen sitzen hier
die Teams von Marketing, Controlling oder
Produktmanagement, unter ihnen leuchten
verschiedenfarbige flauschige Teppiche. Denkzellen aus Glas ermöglichen zeitweiligen Rückzug; in der „Silent Zone“ können Mitarbeiter
besonders konzentriert arbeiten. Geschlossene
Räume gibt es nicht, abgesehen von den Besprechungszimmern, die sich originellerweise­
in original Hellmann-Containern befinden.
„Jeder kann jederzeit zu jedem Schreibtisch
gehen, das gilt bis hinauf zum Board und zum
Firmenchef selbst“, sagt Krehenbrink. So können die Hellmann-Angestellten bereichsüber-
greifend arbeiten, die Mail-Flut ist signifikant
gesunken. Feste Arbeitsplätze gibt es nicht
mehr, jeder kann sich überall hinsetzen – das
geht nur, weil das Unternehmen seine Akten­
komplett digitalisiert hat: „Unsere Aktenschränke befinden sich heute in unseren Laptops.“ Zudem telefonieren alle über ihre Rechner, klassische Telefone gibt es ebenfalls nicht
mehr. So spart Hellmann Platz: 190 Mitarbeiter benötigen nur 120 Arbeitsplätze, dank Vertrauensarbeitszeit – und weil die Beschäftigten
viel auf Reisen rund um den Globus sind.
Sollte es doch mal eng werden, „kann man
sich auch in eine Sesselecke setzen oder auf
die Terrasse oder den Balkon“, so Krehenbrink.
Das Gebäude und sein Innenleben spiegeln
die Unternehmenskultur: Die Firma setzt auf
Eigeninitiative und Eigenverantwortung, sie
beschäftigt Mitarbeiter, die selbstständig erfolgsorientiert arbeiten wollen. Auch die Personalmanagerin fühlt sich wohl im Speicher 3,
gegenüber Besuchern hat sie sich schon mehr
als einmal versprochen und gesagt: „Wir wohnen hier seit drei Jahren.“
Kein Wunder, dass sie selten Probleme hat,
Absolventen von einem Umzug nach Osnabrück zu überzeugen. Hellmann wurde kurz
nach dem Bezug des Speichers vom Magazin
„Wirtschaftswoche“ und der Koelnmesse als
Sieger des Wettbewerbs „Best Office 2008“
ausgezeichnet.
Indes sind solche Fälle in der deutschen Wirtschaft eher die Ausnahme. So überzeugend
Krehenbrinks Erfahrungen sind, so selten sind
sie immer noch. Die Erkenntnis, dass die
Büroimmobilie und ihre Ausstattung nicht nur
eine wichtige Rolle dabei spielen, Mitarbeiter zu motivieren und an das Unternehmen
zu binden, sondern sogar dabei, potenziellen
Nachwuchs von einer Anstellung zu über­
zeugen, hat sich längst nicht flächendeckend
durchgesetzt. Dabei ist der demografische
Wandel real – und der Mangel an Fachkräften
gerade im Mittelstand, bei den vielen Hidden
Champions der deutschen Wirtschaft, wird
weiter zunehmen. Immer weniger High Poten­
tials müssen immer mehr wissensintensive
Tätigkeiten bewältigen. Eine Untersuchung
der Beratungsgesellschaft Ernst & Young un­
ter 3.000 mittelständischen Unternehmen hat
kürzlich ergeben, dass mehr als die Hälfte der
Firmen konkrete Umsatzeinbußen befürchten,
weil qualifiziertes Personal fehle. Beinahe jede
sechste Firma beziffert diese Einbußen auf
mehr als fünf Prozent.
Fotos: Carl Brunn
Büroarchitektur spielt wichtige
Rolle im „War for Talents“
Viele Faktoren, die helfen können, geeignete
neue Mitarbeiter zu gewinnen und an die
­Unternehmen zu binden, sind bereits erkannt:
Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Gesund­
heitsfürsorge oder Angebote für ältere Mit­
arbeiter. Das Gebäude, in dem sich all diese
Prozesse abspielen, ist dabei aber noch nicht
in den Fokus geraten. Kaum eine Studie stellt
Absolventen Fragen nach dem gewünschten
Arbeitsumfeld. Bei Instituten wie Trendence,
die regelmäßig die beliebtesten Arbeitgeber
des Landes küren, heißt es etwa: „Immobi­
lien, ­Büroausstattung und Ähnliches kommen
in unseren Studien bisher nicht vor.“ Das Ge­
bäude als Kriterium fehle dabei nicht nur im
festgelegten Fragenkatalog. Auch dort, wo
Befragte die Möglichkeit haben, zusätzliche
Wünsche frei zu benennen, fehle der Hin­
weis auf das räumliche Arbeitsumfeld. „Es ist
kein Hot Topic, aber ein weicher Faktor, der
einfach stimmen muss“, sagt Gerold Frick,
­Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft
für Personalführung. In den Umfragen zu wich­
tigen Kriterien bei der Wahl eines Arbeitgebers
nennen die Hochschulabsolventen das Thema
ebenfalls nicht: „Aber man darf nicht vernach­
lässigen, dass die räumliche Qualität eines
­Gebäudes ein wesentlicher Bestandteil der
Unternehmenskultur ist, und das berücksichti­
gen Bewerber durchaus.“
Möglicherweise ist ihnen manchmal gar nicht
bewusst, wie sehr die Atmosphäre des Hauses,
in dem sie künftig einen Großteil ihres Lebens
verbringen, ihre Entscheidung beeinflusst.
Die Immobilie sei ein „Thema auf den zwei­
ten Blick, das aber den ersten Eindruck von
einem Unternehmen präge“, sagt Jutta Rump,
Professorin am Institut für Beschäftigung und
Employability in Ludwigshafen (siehe auch
Seite 24). Und Martin Brübach, Direktor der
deutschen Zweigstelle des internationalen Ar­
chitektur- und Beratungsunternehmens DEGW,
kann ihr nur beipflichten. DEGW ist für Groß­
konzerne von Google bis zur Deutschen Bank
tätig und entwickelt Arbeitsplatz- und Design­
konzepte, die sich an den Werten der Unter­ §
Die Firma Hellmann World­
wide Logistics hat ihre Zen­
trale in Osnabrück in einem
entkernten Getreidespeicher
aus dem Jahr 1934 unterge­
bracht.
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 23
Bunt und luftig im Großraum: In den Räumen des
Londoner BürodesignSpezialisten DEGW wird
Kommunikation nicht durch
Wände erschwert.
nehmen orientieren und nach denen weltweit
die jeweiligen Unternehmensstandorte konzipiert werden. Brübach hat sich in der Studie
„Recruiting the Next Generation“ mit den Ansprüchen der heiß umworbenen „Gene­ration
Y“ – die nach 1980 Geborenen, die zurzeit
auf den Arbeitsmarkt streben – beschäftigt
und mit vielen Human-Resources-Verantwortlichen in Unternehmen gesprochen. Sie bestätigten ihm, dass bei Bewerbungsgesprächen
in einer attraktiv gestalteten Arbeitsumgebung
die Bereitschaft der Kandidaten sehr viel höher
sei, ein Jobangebot anzunehmen.
„Büroräume sind Ausdruck gebauter Unternehmenskultur“, meint Brübach. Ganz wichtig
ist es ihm, mit den Nutzern der Flächen zu reden und deren Bedürfnisse zu erfragen. Aber
nicht nur in Großkonzernen, auch bei manchen Mittelständlern sei die Erkenntnis inzwischen angekommen, dass sie sich im „War for
Talents“ auch durch die ganzheitliche Qualität
ihres Firmen­gebäudes und des Umfelds von
ihren Mitbewerbern abheben können: „Da
muss man natürlich Gleiches mit Gleichem
vergleichen, und nicht etwa ein Familienunternehmen aus dem Schwarzwald mit Google“,
sagt er. Aber schließlich sei deren Bewerberstruktur auch ganz unterschiedlich.
Bürogebäude sind eine Botschaft
für Kunden und Mitarbeiter
Während das Unternehmen DEGW die gro­ßen
Konzerne zu seinen Kunden zählt, konzentriert
sich der Karlsruher Baudienstleister Vollack
auf familiengeführte mittelständische Firmen.
Wolfgang Eitel, Chef von Vollack Archi­tec,
meint, dass die Zeiten vorbei seien, da Unternehmen auf hochwertigste und ­teuerste
­Maschinen setzten, aber geringen Wert darauf
legten, den Mitarbeitern ein ansprechendes
24 EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
Ambiente zu bieten. Inzwischen stelle sich für
viele Mittelständler die Frage, wie die Attraktivität der Arbeitswelt die Suche nach Mitarbeitern unterstützen könne. „Dabei darf die
Unternehmenskultur nicht isoliert betrachtet
werden“, so Eitel. „Jedes Gebäude ist eine
Botschaft, an Kunden wie an Mitarbeiter.“
Vanja Schneider ist Geschäftsführer der Firma
Interboden Innovative Gewerbewelten (IIG)
in ­Ratingen, die das Konzept der „Ecomotional Offices“ entwickelt hat. „Individuelle Lösungen, bezogen auf die Aufgabenstellung“
bietet sie an. IIG hat dies auch gleich in die
Tat umgesetzt, in den eigenen Räumen. Die
Immobilie aus dem Jahr 1991 wurde zum
„Networking“-Haus umgestaltet, ganz gemäß
der Unternehmensphilosophie.
Besser motivierte Mitarbeiter
dank ansprechendem Ambiente
Dazu habe man sich eigens einen Hoteldesigner kommen lassen, so Schneider. Ein Experiment: „Schließlich darf es am Arbeitsplatz
ruhig wohnlich sein, meist verbringt man hier
ja mehr ­Lebenszeit als zu Hause.“ Ein durchdachtes Farbkonzept, großzügige Café- und
Lounge­bereiche, Fahrräder für die schnelle Fahrt in die Innenstadt und ein Kicker für
das Spielchen zwischen­durch gehören dazu.
Schneider hat die Erfahrung gemacht, dass
dies die Mitarbeiter zu längerem Arbeiten motiviert. Auch beim Recruiting verzeichnet er
Erfolge. Ein Mieter des Hauses, der Chef eines
Inge­nieurbüros, erzählte ihm kürzlich, dass
sich ein Bewerber auf eine schwer zu besetzende Stelle explizit wegen des außergewöhnlichen Gebäudes für eine Anstellung entschieden habe. „Wir heben uns mit dem Konzept
im intensiven Wettbewerb deutlich ab und
konnten nennenswerte Vermietungserfolge in
unseren Objekten erzielen“, so Schneider.
Auch betriebswirtschaftlich klingt der Ansatz
überzeugend: „Die Raumkosten belaufen sich
im Durchschnitt auf gerade acht Prozent, die
Personalkosten liegen dagegen bei 80 Prozent
der Unternehmensausgaben.“ Das heißt: Wer
seine Mitarbeiter motivieren will, ohne signifikant an der Gehaltsschraube zu drehen, ist gut
beraten, etwas mehr Geld und Sorgfalt in Auswahl, Ausstattung und Umfeld zu investieren.
Im Wettkampf um die Besten zählt schließlich
jeder Meter Vorsprung vor der Konkurrenz. $
Facts & Trends
Rasante Rennmaschinen für Bürohengste
Ja, das gibt es auch: die Deutsche Meisterschaft im Bürostuhlfahren. Bereits zum dritten Mal wurde das etwas andere Rennen im
April dieses Jahres im hessischen Bad König-Zell ausgetragen. Den
Sieg sicherte sich der Luxemburger Pierre Feller: Für den 200-Meter­Sprint auf der abschüssigen Piste brauchte er genau 26,59 Sekunden – und setzte sich damit in Rekordzeit souverän gegen die
­57 Konkurrenten durch. Den Preis für das coolste Design holte sich
Lokalmatador Heiko Winter mit seinem Pferdeboliden „Jaqueline“.
Das Tuning der Bürostühle ist allerdings nur in engen Grenzen erlaubt: Der Grundaufbau des Stuhls mit Drehkreuz und vier bis fünf
drehbaren Rollen muss beibehalten werden. Der Einsatz von Motoren ist ebenso regelwidrig wie eine Lenkung oder das Aufstehen
am Start und während der Fahrt. Angeschoben und beschleunigt
wird per Fuß oder Hand. Einzige Erleichterungen sind Inliner-Rollen
und das Beschweren des Stuhls etwa durch Montage schwerer Hantelscheiben. So ausgestattet, erreichen die Gefährte eine Geschwindigkeit von bis zu 35 Stundenkilometern. Ein Helm ist deshalb
Pflicht – und statt Anzug und Krawatte schnallen die Bürohengste
Hand- und Knieschützer um oder kommen gleich in der Lederkombi.
www.buerostuhlrennen.com
Führungskräfte dringend gesucht – Bewerber achten immer mehr auf Work-Life-Balance
Die Besetzung von Führungspositionen wird
für den deutschen Mittelstand immer mehr zum Flaschenhals
im Aufschwung. Rund ein
Drittel der vakanten
Stellen für Führungskräfte ist dort derzeit
nicht oder nur nach
überdurchschnittlich
langer Zeit besetzbar, so eine aktuelle
Markteinschätzung der Personalberatung
Rochus Mummert. Noch vor wenigen
Jahren habe eine Führungsposi­
tion im Mittelstand binnen
ein bis zwei Monaten besetzt werden können, heute suchten Mittelständler
in Einzelfällen länger als
ein Jahr nach dem richtigen Kandidaten. Wichtig
sei es daher für Unterneh-
men, sich als attraktiver Arbeitgeber zu posi­
tionieren – und zwar sowohl für aktuelle
als auch potenzielle Mitarbeiter. Die größte
Herausforderung sei dabei nicht allein die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern vor allem von Karriere und Familie,
heißt es in der Untersuchung. Die dafür erforderlichen neuen Arbeitszeitmodelle stießen allerdings in der Welt des Mittelstands
noch immer auf erheblichen Widerstand.
www.rochusmummert.com
Fotos: View Pictures/Alex Hill;
Dpa/Picture Alliance/Arne Dedert; Visum/Ilja C. Hendel
Die höchsten Gehälter werden in Frankfurt am Main gezahlt
Ein Softwareentwickler in Frankfurt am Main verdient im Schnitt
57.000 Euro pro Jahr. Sein Kollege in Frankfurt (Oder) muss sich mit
37.000 Euro begnügen. Der Controller in einem Münchner Unternehmen kann mit einem Jahresgehalt von 63.000 Euro rechnen, der
Kollege in Erfurt geht mit 20.000 Euro weniger nach Hause. Und
sogar in der Hauptstadt werden unterdurchschnittliche Gehälter
gezahlt: In Berlin verdient eine Sekretärin im Schnitt 32.000 Euro
pro Jahr, in Düsseldorf würde sie gut 5.000 Euro mehr bekommen.
Wie ein Vergleich aus 2011 von mehr als 300.000 Gehaltsdaten
aus 90 deutschen Städten zeigt, hängt die Höhe des Gehalts nicht
allein von Tätigkeit und Qualifikation, sondern auch davon ab,
wo man arbeitet. Dabei werden die Unterschiede zwischen den
Regionen tendenziell größer, so die Untersuchung der Hamburger Vergütungsdatenbank Personalmarkt Services. Spitzenlöhne
werden in Frankfurt am Main, München, Düsseldorf, Wiesbaden,
Stutt­gart und Offenbach gezahlt. Hier liegen die Gehälter bis zu
15 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Zum Mittelfeld zählen Bamberg, Schweinfurt, Koblenz, Lübeck, Kaiserslautern und
Flensburg. Schlusslichter sind die Städte Frankfurt (Oder), Cottbus, Neubrandenburg, Stralsund, Wismar und Schwerin. Hier erreichen die Gehälter gerade 75 Prozent des Bundesdurchschnitts.
www.personalmarkt.de
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 25
Recruiting
Architektur schafft
Identifikation
Über Wunsch und Wirklichkeit der schönen neuen Bürowelt und deren
Rolle im Kampf um die Besten sprach ENTRÉE-Autorin Carolyn Braun mit
der Professorin Jutta Rump und dem Personalberater Tiemo Kracht
Jutta Rump ist Professo­
rin für Allgemeine
­Betriebswirtschafts­lehre mit Schwerpunkt
­Inter­nationales Personal­
management und Orga­
nisationsentwicklung
an der Fachhochschule
­Ludwigshafen. Zudem
leitet sie das ­Institut
für Beschäftigung und
Employability. ­
26 EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
Fotos: Laif/Johannes Arlt; FH Ludwigshafen
ENTRÉE: Warum steht das Arbeitsumfeld
noch nicht im Fokus der Personalentwickler?
Jutta Rump: Es stimmt, obwohl das Büro und
seine Ausstattung eine wichtige Rolle im Wett­
bewerb um die besten Arbeitskräfte spielen,
wird das längst noch nicht so wahrgenommen.
Die Immobilie und ihre Innenarchitektur sind
einfach ein Thema auf den zweiten Blick –
­obwohl sie den ersten persönlichen Eindruck
prägen, den ein Bewerber von seinem poten­
ziellen Arbeitgeber gewinnt, und damit große
Strahlkraft besitzen.
Tiemo Kracht: Immer mehr Arbeitgebern wird
aber bewusst, wie wichtig die Architektur einer
Büroimmobilie ist. Das gilt jedenfalls für Unter­
nehmen, die willens und in der Lage sind, ihr
Personalmanagement integriert zu betrachten.
Was gehört zu einem integrierten Personalmanagement?
Tiemo Kracht: Entscheidend ist, nicht mehr
nur einzelne Motivationsfaktoren in den
Vordergrund zu stellen, etwa die Höhe des
­Gehalts, sondern das Zusammenspiel der ver­
schiedenen Kriterien zu betrachten, die Einfluss
auf das Team haben. Unternehmen, die dies
tun, haben erkannt, wie wichtig es auch unter
den Vorzeichen des demografischen Wandels
ist, Bindungskraft für die Mitarbeiter zu erzeu­
gen. Sie speist sich aus verschiedenen Quellen:
aus dem Gehalt, der beruflichen Perspektive,
der Anerkennung, der Unternehmenskultur –
aber der Wohlfühlfaktor zählt eben auch. Viel­
leicht ist der nicht unbedingt entscheidend für
die Spitzengruppe der Führungskräfte, aber die
breitere Mannschaft legt großen Wert darauf,
in welchem Ambiente sie sich täglich bewegt.
Hängt die Entscheidung für einen Arbeitgeber tatsächlich auch vom Arbeitsumfeld ab?
Jutta Rump: Junge Fachkräfte werden sich
immer stärker der Tatsache bewusst, dass sie
ein knappes Gut sind. Deshalb erwarten sie zu
Recht, sich am Arbeitsplatz wohlzufühlen. Die
jüngere Generation hat eine andere Vorstel­
lung davon, wie und in welcher Umgebung
sie arbeiten will – und so schaut sie eben,
wie Herr Kracht eben sagte, nicht mehr nur
auf das Gehalt, sondern auch auf Qualifika­
tionsangebote und Gesundheitsförderung. Die
Arbeitswelt wird immer komplexer, schneller
und wissensintensiver, wir müssen in immer
weniger Zeit immer mehr bewältigen. Zugleich
gilt es, hochmotiviert und hochkompetent zu
sein – und natürlich gesund zu bleiben, 45 Be­
rufsjahre lang oder noch länger. Der Bereich, in
dem wir den größten Teil unseres Berufslebens
verbringen, unser Arbeitsplatz, muss uns dabei
unterstützen, diese Ziele zu erfüllen. Das ge­
lingt am besten, wenn wir uns wohlfühlen, das
steigert Produktivität und Kreativität.
Kann ein Arbeitsplatz denn überhaupt so gestaltet sein, dass er wirklich allen Mitarbeitern gerecht wird?
Tiemo Kracht: Innenarchitektur, Bürokonzepte
und Raumpläne müssen die Heterogenität
­einer Belegschaft aufnehmen. Dabei darf man
nicht vergessen, dass Mitarbeiter auch Ge­
wohnheitstiere sind. Nicht alle sind sogenann­
te Digital Natives und um die 20 Jahre alt.
Menschen befinden sich in unterschiedlichen
beruflichen und persönlichen Lebensphasen,
gehören unterschiedlichen Altersgruppen an,
haben verschiedene Funktionen im Unterneh­
men – dieser „Mischwald“ muss abgebildet
werden. Daher kann und darf es schon bei der
Gebäudekonzeption keine Uniformität geben.
Auch die Bedürfnisse der älteren Generation­
wollen berücksichtigt sein. Wenn jemand
i­mmer nur sein Laptop in ein steriles Büro­
umfeld tragen muss, kann das auch zu einer
Verarmung der Sinne führen und die Motiva­
tion senken.
Inwiefern unterscheiden sich die Bedürfnisse
älterer und jüngerer Arbeitnehmer?
Jutta Rump: Nur wenige – ob Ältere oder
Jüngere – bevorzugen Großraumbüros alter
Schule: die Legebatterie, in der jeder in sei­
nem Kistchen hockt. Was aber zu beobach­
ten ist: Insbesondere Mitarbeiter der älteren
Generation wünschen sich das Einzelbüro,
auch wenn es manchmal den Charakter einer
Einzelzelle hat. Dabei hat es meiner Meinung
nach ausgedient. Zwar sind nicht alle Men­
schen mit dem Internet und sozialen Medien
groß g­ eworden, doch der Trend geht sicher hin
zu einer anderen Art zu arbeiten, nicht zuletzt
wegen der Veränderungen in Arbeitsprozes­
sen, Strukturen und Anforderungen.
Welche Veränderungen sind dies nach Ihrer
Beobachtung genau?
Jutta Rump: Immer mehr Menschen sind es
heute gewohnt, sich zu vernetzen, und das
nicht nur virtuell. Eine Bürolandschaft muss
dieses Lebensgefühl widerspiegeln. Gebäu­
de, in denen auf eine moderne Art gearbeitet
werden kann und die mit flexiblen Strukturen
aufwarten, können Menschen überzeugen –
und so dazu beitragen, sie längerfristig an Un­
ternehmen zu binden. Gerade Mittelständler,
die ihren Firmensitz an einem Standort haben,
der für den Nachwuchs nicht spontan attraktiv
ist – eine Kleinstadt in der Provinz zum Bei­
spiel –, können durch die Architektur und das
Innenleben ihres Gebäudes eine Menge tun,
um ein positives Image und eine positive Un­
ternehmenskultur zu transportieren. Dies kann
einen Bewerber davon überzeugen, in einem
kreativen und innovativen Unternehmen zu
arbeiten, das großen Wert auf ihn als Mitar­
beiter legt.
Und wie kann ein Unternehmen dies konkret
umsetzen?
Jutta Rump: Moderne Bürolandschaften kön­
nen zum Beispiel flexible, mobile Arbeitsplät­
ze bieten, dort gibt es Rückzugsorte ebenso
wie Besprechungsecken, in denen man sich
zusammensetzen kann, dazu vielleicht noch
eine Cafeteria, eine Bibliothek oder auch
Ruheräume für die kurze Pause, in der man
ohne Zwischengeräusche entspannen kann.
Im Gegensatz zum Entwurf dieser neuen
Welt: Wie sieht es in der Realität aus?
Tiemo Kracht: Die wenigsten Unternehmen
beschäftigen sich damit, was ihre Mitarbeiter
brauchen, um sich am Arbeitsplatz wohlzufüh­
len. Das sieht man schon daran, dass die ge­
samte Projektierung der Büroimmobilie meist
unter Ausschluss derjenigen passiert, die darin
arbeiten. Einbezogen werden meiner Erfah­
rung nach oft nur Eigentümer, Vorstand und
die externen Dienstleister. Und so entsteht ein
womöglich architektonisch höchst beeindru­
ckender Bau, nur muss die Belegschaft beim
Einzug feststellen, dass die Aufteilung der
Räume und die Einrichtung unzweckmäßig
sind, weil das Gebäude die unternehmensin­
ternen Prozesse nicht berücksichtigt und so
keinen reibungslosen Workflow ermöglicht.
Wir bei Kienbaum in Hamburg haben unsere
Mitarbeiter daher konkret in die Planung un­
seres neuen Gebäudes einbezogen und ihre
Wünsche berücksichtigt – mit dem Ergebnis,
dass sie stolz darauf sind und gern Geschäfts­
partner oder Kandidaten zu uns bringen.
Das heißt: Unternehmen, die sich diesen Dialog leisten, zeigen in der Architektur, dass
sie Wert auf den Austausch mit den Mitarbeitern und auf deren Bedürfnisse legen?
Jutta Rump: Genau. Umgekehrt bringt al­
lerdings auch das beste Architekturkonzept
gar nichts, wenn die Unternehmenskultur
mangelhaft ist. Ein schönes Gebäude, eine
ansprechende Innenarchitektur können im
besten Fall ein gutes, kommunikatives Ar­
beitsklima widerspiegeln und verbessern. Sie
können es aber nicht erzeugen, wenn die
Grundlagen nicht vorhanden sind.
Tiemo Kracht: Wenn ein Unternehmen aber
tatsächlich den Dialog mit seinen Mitarbei­
tern fördert, signalisiert es der Belegschaft
damit, dass sie ernst genommen wird. Und
dies schafft eine starke Bindung. Gemein­
sam beschäftigen sich die Angestellten mit
Plänen, die in die Zukunft gerichtet sind, und
identifizieren sich auf diese Weise mit ihrem
Arbeitgeber. Und auch Bewerber bemerken
sehr schnell, dass die Architektur die Be­
dürfnisse derjenigen berücksichtigt, die darin
arbeiten.
$
Tiemo Kracht ist Geschäftsführer bei Kienbaum Executive Consultants und
verantwortlich für die
­Geschäftstätigkeit der
Kienbaum-Gruppe bei Executive Search und Personalberatung. Zudem leitet
er die Niederlassung Hamburg sowie die Practice­
­Finanzdienstleistungen
und Öffentlicher Sektor.
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 27
Standortwahl
Weiter Weg
zur besten Lage
Wenn Unternehmen einen Standort suchen, müssen sie vieles beachten:
etwa, wie sich die Wahl auf die Anfahrtswege auswirkt. Christian Hunziker hat Argumente für die Innenstadt und für den Stadtrand gefunden
Begehrtes Büro in London:
Blick vom Balkon des St.
Botolph Building auf den
markanten Tower des Swiss
Re Building in der City.
Der Stress ist vorbei für Carsten Esbach – im
Oktober vorigen Jahres ging der Umzug der
rund 500 Mitarbeiter der Bank BNP Paribas
über die Bühne. Sie arbeiten jetzt nicht mehr
in einem am Rand von Frankfurt gelegenen
Gebäude, sondern mitten in der Stadt, im
E­uropaviertel in der Nähe des Hauptbahnhofs.
„Jetzt ist die Lage attraktiver“, sagt Esbach, als
Chief Operating Officer von BNP Paribas für die
Standortwahl mitverantwortlich. „Unser neuer
Standort ist für die Mitarbeiter leichter erreichbar und befindet sich in einem zukunftsorientierten Umfeld.“
Der Entscheidung vorausgegangen war eine
einjährige Standortanalyse. Den Ausschlag für
das Bürohaus Nord 1, das zu einem Offenen
Immobilienfonds von Union Investment gehört,
gab dabei nicht nur die Gebäudequalität, sondern auch die innerstädtische Lage. „Wir analysierten, wo unsere Mitarbeiter wohnen und
wie sich durch den Umzug ihre Anfahrtswege
verändern“, sagt Esbach. „Außerdem kommen
wir jetzt schnell sowohl zum Hauptbahnhof als
auch zum Flughafen.“
Immer mehr Unternehmen machen sich frühzeitig Gedanken, ob ein Umzug für ihre Mitarbeiter
mit Vorteilen oder mit zusätzlichen Belastungen
verbunden ist. Entscheidend für die Wahl eines
Standorts sind deshalb nicht mehr allein die
Höhe der Miete, die Repräsentativität des Gebäudes und die Funktionalität der Büros, sondern auch das Wohlbefinden der Mitarbeiter.
Gute Erreichbarkeit erhöht
Zufriedenheit der Mitarbeiter
Ein Befund, den die von Union Investment in
Auftrag gegebene Studie des Marktforschungsinstituts Ipsos eindrucksvoll belegt: Für 80 Prozent der 3.145 Büroangestellten, die in der
Untersuchung befragt wurden, war das „allgemeine Wohlbefinden im Büro“ das wichtigste
Merkmal eines idealen Arbeitsplatzes. „Standortentscheidungen“, stellt Sven Wingerter vom
Beratungsunternehmen Eurocres fest, „werden
vermehrt nicht mehr nur vom Finanzchef, sondern auch vom Personaler getroffen.“
Denn die Chefs wissen mittlerweile: Mitarbeiter,
die auf dem Weg zur Arbeit ständig im Stau stecken oder sich in überfüllte S-Bahnen zwängen
müssen, sind weniger leistungsfähig als solche,
die ihren Arbeitstag ausgeruht beginnen. „Die
Verkehrsanbindung ist bei der Standortwahl von
elementarer Bedeutung“, sagt Jens Reich von
Fotos: View Pictures/Hufton Crow; MB-Bank
der Düsseldorfer Beratungsgesellschaft Anteon.
Sie berät den Verband der Vereine Creditreform,
der noch bis 2015 an seinen Standort in Neuss
gebunden ist, aber schon jetzt prüfen lässt, wie
es danach weitergehen soll.
Dabei nehmen sich die Berater die Postleitzahlen der Mitarbeiter-Wohnorte vor und ermitteln
auf deren Basis, welches infrage kommende
Bürogebäude am besten erreichbar ist. Als vor
einigen Jahren der Bekleidungsriese C&A die
drei Standorte seiner Düsseldorfer Hauptverwaltung im „Quartier (n)“ in der Nähe des Flughafens zusammenführte, resultierte daraus nach
Berechnungen des Maklerhauses Aengevelt für
alle 1.200 Mitarbeiter zusammen eine jährliche
Fahrzeitersparnis von 40.000 Stunden.
Die Schwierigkeit dabei: Die Interessen von Autofahrern und Nutzern öffentlicher Verkehrsmittel unterscheiden sich. Während Mitarbeiter, die
mit dem Auto unterwegs sind, vermutlich einen
mit vielen Stellplätzen ausgestatteten Standort
am Stadtrand bevorzugen, lassen sich Bahnfahrer eher durch ein Bürogebäude in der Nähe
eines – möglichst umsteigefrei erreichbaren –
Bahnhofs begeistern. Kostengünstige Stellplätze
und eine gute Anbindung an den öffentlichen
Nahverkehr – zwei Wünsche, die weit oben auf
der Prioritätenliste von Mitarbeitern stehen –
schließen einander oft aus. Aus Sicht der Unternehmen ist der Fall klar, so Jens Reich von
Anteon: „Für sie ist ein Standort mit wenig Stellplätzen besser. Denn Stellplätze kosten Geld.“
Tatsächlich nennen Unternehmen, die kürzlich
neue Büroräume angemietet haben, auffällig oft die Erreichbarkeit als wichtiges Kriterium. „Mit der zentralen Lage und der guten
Verkehrsanbindung bieten wir einen attraktiven Standort für unsere Mitarbeiter“, sagt
etwa Peter Zieringer, Vorstandsvorsitzender
der Mercedes-Benz-Bank, die Ende 2011 ein
neues Servicecenter in der Nähe des Berliner
Alexanderplatzes beziehen wird. Mit ähnlichen
Worten begründet Oliver Heieck, Kommunikationschef bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
PricewaterhouseCoopers, warum das Unternehmen vom Mertonviertel am Rand Frankfurts
in den Tower 185 im Europaviertel zieht: „Die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen damit über eine verkehrsgünstige Anbindung und
profitieren von den Vorteilen der attraktiven innerstädtischen Lage.“ Welche Bedeutung die
Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz gerade
für jene hat, deren Schreibtische in der Innen-
stadt stehen, zeigen die Ergebnisse der Union
Investment-Umfrage: 59 Prozent finden die Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes mit öffentlichen
Verkehrsmitteln besonders wichtig. Doch gute
Erreichbarkeit heißt nicht zwingend innerstädtische Lage. So lässt sich die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young bis 2015 direkt
am Flughafen Stuttgart eine maßgeschneiderte
Unternehmenszentrale bauen. Die optimale Anbindung an Flughafen, Autobahn und künftig
auch Intercity gab dafür den Ausschlag. „Unsere Mitarbeiter werden von ihrem Schreibtisch
aus in fünf Minuten im Flieger, im Auto oder
in der Bahn sein“, freut sich Mark Smith, Geschäftsführer für die Region Südwest.
Young Urban Professionals
bevorzugen attraktive City-Lagen
Aengevelt-Kommunikationschef Thomas Glodek
kann denn auch einen allgemeinen Trend in die
Innenstadt nicht bestätigen. „Die Standortwahl
wird getroffen nach den Kriterien Flächeneffizienz, Erreichbarkeit und Nutzerakzeptanz – und
der Frage: Welche Adresse brauche ich für mein
Business?“ Dabei sei lediglich für Anwaltskanzleien ein City-Standort „ganz entscheidend“.
Dagegen stellt Robert Kellershohn, Vermietungschef beim Maklerunternehmen Savills,
auch bei anderen Unternehmen „einen Trend in
die Innenstadt“ fest. Beigetragen dazu habe die
Wirtschaftskrise: Weil die Büromieten vielerorts
gesunken seien, hätten sich mehr Unternehmen zentral gelegene Flächen leisten können.
Ihre Mitarbeiter hätten womöglich anders entschieden. Dies jedenfalls legen die Umfrage­
ergebnisse der Union Investment-Studie nahe:
37 Prozent der Befragten, die außerhalb der
City arbeiten, gaben ihrem aktuellen Arbeitsplatz die Bestnote. Würden sie ins Zentrum umziehen, erwarten nur noch 27 Prozent, dass sie
mit der Qualität ihres Büros „außerordentlich“
oder „sehr zufrieden“ wären.
Dennoch haben Experten ermittelt, dass viele
der hoch qualifizierten und deshalb besonders
begehrten Arbeitskräfte ein urbanes Umfeld
bevorzugen. Darauf werden Arbeitgeber angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels in Zukunft reagieren müssen. Denn, so
Jenö Kleemann, Gesellschafter von Eurocres:
„Den Unternehmen wird immer klarer, dass die
Attraktivität und das Umfeld des Arbeitsplatzes
$
eine zunehmend wichtige Rolle spielen.“
„Zentrale Lage und eine
gute Verkehrsanbindung
machen den Standort für
die Mitarbeiter attraktiv.“
Peter Zieringer, Vorstandschef der
Mercedes-Benz-Bank, über das
geplante Servicecenter am Alexanderplatz in Berlin.
45%
aller Angestellten, die in
der Innenstadt arbeiten,
sind mit ihrem Arbeitsplatz sehr zufrieden.
Quelle: Büronutzer-Studie 2011,
Union Investment
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 29
Mittagspause
Zeit zum
Durchatmen
Zum Italiener um die Ecke, zur Kantine im Haus, rasch ein paar Einkäufe
erledigen oder doch ein Mittagsschläfchen? Wer so viel Auswahl hat, wird
kaum in Versuchung kommen, die Durchschnaufpause einfach ausfallen
zu lassen, hat Anette Kiefer festgestellt
Sieben von zehn Deutschen ist eine gesunde­
Ernährung wichtig in ihrem Leben, das zeigte
eine groß angelegte Studie der Universitätsklinik Leipzig im April. Trotzdem könnte die
Mittagspausenbilanz in deutschen Büros
jeden Ernährungswissenschaftler zur Verzweiflung bringen, wie mehrere Statis­tiken
von Marktforschern wie Inno­fact und Forsa
belegen: Fast 30 Prozent der Büroangestellten verbringen ihre Mahlzeit am Schreibtisch, weitere 15 Prozent decken sich beim
Bäcker mit kalorienreichen Wurstbrötchen
oder zuckersüßen Teilchen ein. 25 Prozent
essen ­mittags sogar überhaupt nichts. Und
mit durchschnittlich 20 Minuten Dauer, so
die Innofact-Studie, ist die Pause ohnehin zu
knapp bemessen. Vermutlich ist das auch der
Grund dafür, warum einer Umfrage des Internetportals Job­scout24 zufolge gerade einmal
16 Prozent der Befragten zum Lunch ins Bistro gehen.
Wer unter Zeitdruck steht, lässt die
Mittagspause bisweilen ausfallen
Nicht einmal jeder
dritte
Büromitarbeiter ist mit
den Aufenthaltsräumen in seinem
Gebäude zufrieden.
Quelle: Büronutzer-Studie 2011,
Union Investment
30 EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
Natürlich bleibt im Büro nicht immer ausreichend Zeit für eine richtige Mittagspause, und
besonders bei hoher Belastung ist die Versuchung groß, das Essen ausfallen zu lassen und
stattdessen durchzuarbeiten. Aber gerade das
führe zu weiterem Druck, sagt Elke Arms, Ernährungsberaterin beim Nestlé-Ernährungsstudio, dem Onlineportal des Nahrungsmittelkonzerns. „Auf die Mittagspause zu verzichten
oder zwischen Telefon und Tastatur schnell
etwas zu essen, fördert nur den Stress.“ Eine
Studie des TÜV Süd aus dem Herbst 2010
sieht sogar einen Zusammenhang zwischen
dem gefürchteten Burn-out-Syndrom und zu
wenigen Pausen bei der Arbeit. Gerade geregelte Essenszeiten und eine gesunde Ernährung, so die Forscher, seien nötig, um körperlich und geistig fit zu bleiben und die eigene
Leistungsfähigkeit zu erhalten. Denn sie sei
der beste Schutz gegen die Gefahr auszubrennen.
Abschalten, durchatmen, an der frischen Luft
spazieren gehen – am bes­ten wirkt die Entspannung, wenn man in der Mittagspause
­etwas ganz anderes tut als zuvor. Zum Beispiel
Sport: Viele Fitness- und Sportstudios bieten
inzwischen Yoga­kurse mit Titeln wie „Powerlunch“ für die Mittagspause an, in denen man
sich gleichzeitig bewe­gen und entspannen
kann. Gelegentlich kommen die Trainer sogar
ins Unternehmen und führen in den firmeneigenen Konferenzräumen Kurzprogramme für
die Mitarbeiter durch.
Mittagsschlaf ist gesund,
die Kantine hebt die Motivation
Schlafforscher wie Jürgen Zulley von der Universität Regensburg plädieren sogar für e­ inen
kurzen Mittagsschlaf. Denn nicht nur um
drei Uhr in der Nacht, sondern auch um die
Mittagszeit sei der menschliche Kreislauf besonders labil. Ein Nickerchen von 20 bis 30
Minuten – der sogenannte Powernap – helfe, dieses natürliche Leistungstief rasch und
effizient zu überbrücken. Doch leider ist der
Büroschlaf eher verpönt. Der Ausweg: das
Hotelzimmer für den Mittagsschlaf. In einigen
Best-Western-Häusern, etwa in Frankfurt am
Main oder im schweizerischen Bern, können
Büromenschen zwischen 12 Uhr und ­16 Uhr
ihr müdes Haupt aufs Kopfkissen betten.
Kos­tenpunkt: 25 Euro. Vor einem besonders
Fotos: Thomas Mayer; Arcaid Images/Keith Hunter
Im BMW-Werk in Leipzig
(oben) speisen die Mitarbeiter
mit Blick auf die Fertigung; im
Telford College in Edinburgh
(unten) sitzen Dozenten und
Studierende unter einer
gewagten Dachkonstruktion.
wichtigen Kundentermin vielleicht nicht die
schlechteste Idee.
Doch auch wer nur in die Kantine geht, kann
seinem Körper etwas Gutes tun. Vorausgesetzt, man wählt ein ausgewogenes, nicht zu
reichhaltiges Mittagessen. Dabei wissen­auch
Unternehmen: „Eine gute Kantine kann die
Motivation der Mitarbeiter sehr p­ ositiv beeinflussen, und umgekehrt kann eine schlechte
unglaublich viel kaputt machen“, sagt Irene
Holler, Personalchefin bei der Verpackungsfirma Ball Packaging Europe in Ratingen. „Es
muss ja gar nichts Besonderes sein, keine
Drei-Sterne-Kochkunst, aber eine abwechslungsreiche Speisekarte mit zwei oder drei gesunden Gerichten wäre in jeder Kantine wünschenswert.“ Eine echte Vorzeigekantine hat
voriges Jahr das Textilunternehmen S.Oliver
im bayerischen Rottendorf eröffnet. Klare, gerade Linien außen, innen viel Glas, viel Holz
und eine aufsehenerregende Deckenstruktur:
­Das sogenannte Casino bietet eine dramatische Bühne für das ausgezeichnete Essen,
das die 1.400 Mitarbeiter hier aufgetischt §
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 31
Mittagspause
Minimalistischer Chic in
der Kantine der Northampton Academy (oben); warme
Farben in der Cafeteria ­
der Wölbern Invest KG,
Hamburg (unten).
bekommen. „In Rottendorf selbst gibt es natürlich auch Supermärkte und Bäckereien,
aber unser Standort ist ein gutes Stück vom
Ortskern entfernt“, sagt Sprecherin Janine
Funkel. Zum Glück ist das Angebot in der Kantine sehr gut und so vielseitig, dass praktisch
alle Angestellten mittags dorthin gehen.“
Auch das Konzept des Kaffeeketten-Betreibers
Campus Suite hat sich durchgesetzt: Mit 2­ 3
Cafés, alle in der Nähe von Unis oder anderen Anziehungspunkten wie dem Bootshafen
in der Kieler Innenstadt, ist die Kette in vier
­Städten Norddeutschlands und in der CaféHochburg Wien vertreten. Das Erfolgsrezept:
gesunde, frische Speisen und Getränke, serviert
in schicker Lifestyle-Atmosphäre. Den Zusammenhang zwischen gutem Essen und guter
Gesundheit hat man sich buchstäblich auf die
Fahnen geschrieben. Das Firmenmotto heißt:
„Dein Körper dankt!“.
Nach dem Mittagessen zur
Besprechung in die Coffee Bar
Anderswo schaut man nach dem Mittagessen­
noch auf einen schnellen Kaffee in der firmeneigenen Coffee Bar vorbei. Die hat zum Beispiel die Atradius-Versicherung in Köln für ihre
Mitarbeiter eingerichtet, inklusive­Gratis-Kaffeespezialitäten und Sofaecke – ganz wie bei
den trendigen Kaffeeketten. „Unsere Coffee
Bar gibt es schon, seit wir vor einigen Jahren
in dieses Gebäude eingezogen sind, und sie
ist immer voll“, sagt Unternehmenssprecherin Andrea Neumann. „Viele Teams nutzen die
Bar oder die Lounge daneben für informelle
32 EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
Besprechungen, das ist einfach netter als ein
anonymer Konferenzraum. Und weil sich die
Coffee Bar unten im Empfangsbereich befindet, können sich auch unsere Gäste und Besucher hier kurz aufhalten und schon mal ­einen
Kaffee trinken, bis sie abgeholt werden.“
­Einen Barista gibt es hier zwar nicht, aber die
Kantine nebenan kümmert sich darum, dass
die Espressomaschinen immer einsatzbereit
sind und das frische Geschirr nicht ausgeht.
Manchmal allerdings wirken die Sonderausstattungen auch verlockender, als sie im Alltag
tatsächlich sind. Zum Beispiel die atemberaubende Dachterrasse, die die Baumsche Fabrik
in Wuppertal ihren Mietern bietet. Die einstige
Textilfabrik aus der Gründerzeit zieht mit ihren­
hohen Stuckdecken und der historischen Fassade vor allem Designer und Freiberufler an.
Der 500-Quadratmeter-Dachgarten ist das
i-Tüpfelchen und steht allen Mietern offen:
Von hier schweift der Blick zum Botanischen
Garten, über die Hausdächer im Tal und die
Schwebebahn, die sich über die Wupper
schlängelt. „Bei der Besichtigung fand ich die
Dachterrasse sofort genial, das war für mich
ein Grund, dieses Büro zu mieten“, sagt der
Grafikdesigner Marcel Sebastian.
Zum Business Lunch geht‘s
auf die Dachterrasse
Auch bei anderen Mietverhandlungen dürfte
die Terrasse den Ausschlag g­ egeben haben.
Und das, obwohl sie im Alltag offenbar kaum
genutzt wird: „Von den meisten Büros aus
ist die Terrasse einfach zu weit weg und der
Weg dahin etwas kompliziert, weil man erst
durch ein Nebengebäude­muss“, so Sebastian.
Wesentlich gefragter ist die Haus-und-HofSchlemmerstube in der ehemaligen Schnürsenkelfabrik Huppertsberg, nur einen Katzensprung entfernt. In der früheren Schlosserei ist
der Cateringservice Finest + Finger Food untergebracht. Hier kocht Chefin Mehves Bursali
nicht nur unter der Woche täglich zwei bis drei
leckere Mittagsgerichte, sondern auch auf Bestellung abends zusammen mit ihren Kunden.
Die Kochkurse sind gefragt, trotz der stolzen
Preise ab 77 Euro pro Person. Sogar Kindergeburtstage können unter ihrer Anleitung in der
Firmenküche gefeiert werden – ­damit sich die
nächste Generation schon frühzeitig den Gang
$
in die Kantine angewöhnt.
Facts & Trends
Facebook überflügelt E-Mail als Kommunikationsmedium im Büro
Es ist ziemlich viel los auf der Datenautobahn: Täglich erhalten deutsche E-Mail-Nutzer etwa 1,1 Milliarden elektronische
Briefe. Mit durchschnittlich 30 Postsendungen sind die Briefkästen der 35- bis 54-Jährigen besonders voll, hat eine Unter­
suchung der E-Mail-Marketing-Plattform Contactlab ergeben.
Jüngere Internetnutzer allerdings kommunizieren lieber via
­Facebook oder ähnliche soziale Netzwerke: Die 25- bis 34-Jährigen erhalten etwa 24 E-Mails pro Tag, die 18- bis 24-Jährigen sogar nur 18. Bei ihnen wird die digitale Informationsflut
in andere Kanäle geleitet – kostbare Zeit beansprucht sie dennoch. Wie eine Untersuchung des britischen Henley ­Management
College zeigt, vergeuden Führungskräfte pro Tag ­40 Minuten­
für das Sichten überflüssiger Mails. Während des Berufs­
lebens summiert sich das dann auf ganze drei Lebensjahre.
www.contactlab.com
Fotos: Arcaid Images/Craig Auckland;
Tobias Trapp; Corbis/Serge Kozak
Die Büro-Alltags-Bibel. Alles Wissenswerte über das (Über-)Leben im Büro
„Büro ist Krieg.“ Sagt Christoph Maria­
Herbst alias „Stromberg“ in der gleichnamigen Kultserie auf Pro Sieben.
Stimmt, meint der Diplom-Volkswirt und
Wirtschaftsjournalist Jochen Mai. Jedenfalls im Prinzip. Allzu oft sei das Büro
eben keine Gemeinschaft Gleichgesinnter,
sondern ähnele eher einem lebensgefährlichen Dschungel. Grund genug, ein
Buch über das Überleben im Büro zu
schreiben. Überaus detail- und kenntnisreich schildert Mai, wie
man den vielfältigen Gefährdungen des Büroalltags zwischen
sieben Uhr am Morgen und 22 Uhr abends entweder aus dem
Weg gehen oder sie meistern kann. Das ist zwar nicht ganz s­ o
witzig wie „Stromberg“ – macht aber trotzdem gute Laune. Und
das kann man wahrlich nicht von jedem Ratgeber-Buch sagen.
Jochen Mai: Die Büro-Alltags­Bibel. Alle Regeln und Gesetze für
den Job, DTV Premium, 2010
Impressum
ENTRÉE
Das Themenmagazin
für Mietpartner
Herausgeber
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Caffamacherreihe 8, D-20355 Hamburg
Verantwortlich für den Inhalt
Fabian Hellbusch (Leiter Immobilien Marketing,
Kommunikation, Union Investment Real Estate
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- Hamburg Tel.: -4478
- Berlin Tel.: +49 (30) 60 08 60-13
- Rhein-Ruhr Tel.: +49 (2102) 99 778-11
- Frankfurt Tel.: +49 (69) 25 67-7665
- München Tel.: +49 (89) 12 28 44-10
- Einzelhandel Tel.: -4262
Marketing, Kommunikation/
Pressestelle Tel.: -4160 oder -4139
www.union-investment.de/realestate
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 33
Glosse
Ich hab auch
ein Zuhause!
In der einen Welt binden Unternehmen Mitarbeiter mit allerlei Wellness­Fesseln förmlich am Schreibtisch fest; in der anderen lassen sie ihre
­Beschäftigten nur noch zu Hause, in Flughäfen, Zügen oder Coffeeshops
arbeiten. Autor Markus Albers über die Frage, wie sich diese parallelen
­Arbeitswelten zusammenführen lassen
Markus Albers ist Journa­
list (unter anderem „Mo­
nocle“, „Brand Eins“) und
Sachbuchautor. Mit seiner­
Firma Rethink entwickelt­
er Kommunikations­
lösungen für Unterneh­
men und Verlage in einer
sich schnell verändernden
­Medienwelt.
www.markusalbers.com
Foto: Markus Albers
Die stressigsten Jobs sind oft zugleich die
komfortabelsten. In einem Büro, in dem ich
einmal gearbeitet habe, gab es morgens am
Empfang für alle einen frisch gepressten Vitaminsaft, mit Essensgutscheinen konnte man
im Öko-Deli um die Ecke Wraps und S­ alat
kaufen, die Mitgliedschaft im Fitnessstudio
kostete nichts, und auf der Firmentoilette
waren kleine Fernseher installiert, auf denen
man Börsenkurse checken konnte (sofern
man das als Annehmlichkeit wertet). Beim
nächsten Job gab es einen Kickertisch, im
Kühlschrank fanden sich französisches Wasser und deutsches Bier für alle. Im dritten gab
es Obst umsonst, sodass man für den Nachmittagssnack gar nicht mehr aus dem Haus
musste. Wenn die langen Schreibtischstun­
den­den Nacken verspannten, buchte man
20 Minuten beim Masseur – natürlich kos­
tenlos. Der Kaffeevollautomat brühte hervorragenden Cappuccino und Espresso und war
dementsprechend ständig umlagert. Wurde
es abends spät, ließ der Chef Pizza und Sushi
kommen.
34 EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner
Schöner lässt es sich eigentlich nicht arbeiten, oder? Selbstverständlich sind bei derartigen Jobs die Schreibtische von eleganten
Designmarken, die Räume hell, die Stühle
ergonomisch. Und doch ... glücklich machen
solche Nettigkeiten häufig nicht. Denn auf
der anderen Seite der Gleichung steht eine
Präsenzpflicht nach dem Motto: Unser Büro
ist so schön, wie kann man da wegwollen?
Überstunden sind normal, selbst die Vorgesetzten essen am Schreibtisch, wer zwischendurch auch nur mal einkaufen geht, kann
sicher sein, per Handy gefragt zu werden, wo
er gerade steckt. Ambiente und (Selbst-)Ausbeutung hängen nicht selten zusammen.
Zu durchsichtig ist die Motivation der Arbeitgeber: Gib deinen Angestellten eine angenehme Umgebung sowie gutes Essen,
kostenlose Getränke sowie harmlose Möglichkeiten kurzzeitiger Ablenkung – und
sie werden das Büro überhaupt nicht mehr
verlassen wollen. Die Mittags-, mindestens
aber die nachmittägliche Kaffeepause kann
entfallen. Die permanente Versorgung mit
Koffein sorgt für einen durchgehend hohen
Leistungspegel. Vitamine, Massage und eine
Grundbegeisterung für körperliche Fitness
senken Krankmeldungen auf das Minimum.
Kurz: Der kluge Chef macht das Büro zum
zweiten, zum besseren Zuhause. In dieser
verbreiteten Wellness-Konstruktion finden
effizienzsteigernde Arbeitgeberperfidie und
durchaus gut gemeinte Unternehmerverantwortung aufs Problematischste zusammen.
Gleichzeitig – vielleicht auch deshalb – sehen
wir einen genau entgegengesetzten Trend:
den großen Exodus aus dem Büro. Fortschrittliche Firmen räumen ihren Mitarbeitern immer öfter die Freiheit ein, zu arbeiten wann
und wo sie wollen. Sie brauchen nicht mehr
dumpf Zeit am Schreibtisch abzusitzen, sondern können dank Smartphone, Laptop und
Videokonferenz den Job mobil und flexibel
erledigen. Dafür – das ist der Preis – müssen
wir fast immer erreichbar sein. In den USA erlösen große Konzerne wie Google oder Best
Buy ihre Mitarbeiter von Schreibtischzwang
und Stechuhr. Auch in Deutschland sind es innovative Branchenführer wie SAP, BMW, IBM
oder die Deutsche Telekom, die begriffen
haben, dass Arbeit nicht gleich Anwesenheit ist, dass Spaß und Flexibilität zu mehr
Kreativität führen.
Wenn also die Menschen in der neuen, mobilen Arbeitswelt nicht mehr jeden Tag an
den Schreibtisch gehen, brauchen wir dann
überhaupt noch Büros? Oder ist das Ziel
die virtuelle Firma, deren Mitarbeiter sich
nur noch digital vernetzen?
Kurz gesagt: Sie ist es nicht.
Wie man die beiden Trends klug unter
einen Hut bekommt, sieht man aktuell
bei Credit Suisse. Die Bank lud mich vor
Kurzem nach Zürich ein, um ihre Vision
­einer neuen Büroumgebung anzuschauen.
Dass ausgerechnet eine als eher konservativ geltende Schweizer Großbank so mutig
an die Gestaltung künftiger Arbeitsplätze geht, fand ich spektakulär: Die Mitarbeiter im Pilotprojekt müssen nicht mehr
jeden Tag ins Büro kommen. Tun sie das
aber doch, können sie sich entscheiden:
Wollen sie in der Lounge auf Ledersofas
lümmeln und am Espresso nippen? Oder
in der „Quiet Zone“ ungestört vom Telefonklingeln konzentriert arbeiten? In der
Bibliothek Unterlagen lesen oder sich im
„Business Garden“ zwischen großen Grünpflanzen wie im Dschungel fühlen?
Bei der Inneneinrichtung half Stefan Camenzind, der schon das viel gepriesene
­Züricher Google-Büro gestaltete. Credit
Suisse setzt sich mit diesem Experiment an
die Spitze eines Trends und positioniert sich
als moderner und attraktiver Arbeitgeber
für die Generation Y.
Ja, wir brauchen noch Büros, aber gerade
weil nicht mehr jeder Mitarbeiter jeden Tag
hingeht, ändern sie ihre Aufgabe, sind sie
heute vor allem Orte der Kommunikation,
des kreativen Austauschs. Die Schweizer
$
haben das verstanden.
Morgen komm ich später rein
Meconomy
Das Standardwerk zum mobilen und flexiblen
­Arbeiten, ein viel besprochener Wirtschaftsbest­
seller. Das Buch erklärt anhand von Studien, Inter­
views und praktischen Beispielen aus Unternehmen,
wie auch für Festangestellte die Zukunft der Arbeit
mobiler, flexibler, kreativer und produktiver wird.
Und wie sich Führung und Organisationen in
Zukunft v
­ er­ändern müssen, um dem Rechnung
zu tragen. (Campus, 2008)
www.morgenkommichspaeterrein.de
Was geschieht, wenn eine Generation nicht mehr
jeden Tag ins Büro muss, sondern mithilfe moder­
ner Technik selbstbestimmt und kreativ ihre eige­
ne Arbeitswelt gestaltet? In diesem Buch beschreibt
der Autor, wie Digital Natives und Generation Y ar­
beiten wollen, warum so auch in Deutschland das
Gründen in Mode kommt – und was Unternehmen
tun müssen, um diese klugen Köpfe doch noch für
sich zu gewinnen. (Epubli, 2010)
www.meconomy.me
EntrÉe Das Themenmagazin für Mietpartner 35
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