Noch kein Beschluss zu Kaufland

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Noch kein Beschluss zu Kaufland
WANGEN
Mittwoch, 28. Januar 2015
Schwäbische Zeitung
Noch kein Beschluss zu Kaufland
Zitat des Tages
„Wir beschreiten
neues Terrain, es
wird eine
Herausforderung
für alle sein.“
Günther Hannes Hauptkorn,
Regisseur des Theaterstücks
„Schatten der Nacht“ von Karl
Stiefenhofer. ● SEITE 17
Auto gerät auf
Schnee ins
Schleudern
WANGEN (sz) - Ins Schleudern geraten und nach rechts von der Fahrbahn abgekommen ist am Montag,
gegen 20.15 Uhr, ein Autofahrer auf
der Kreisstraße 8002. Dies berichtet
die Polizei.
Auf schneeglatter Fahrbahn war
das Auto zwischen Wangen und Primisweiler, kurz nach der Argenbrücke, nach rechts von der Fahrbahn
abgekommen und gegen Leitplanken
geprallt. Es entstanden 1300 Euro
Sachschaden. Verletzt wurde niemand.
Vorfahrt an der
Behelfsausfahrt
missachtet
WANGEN (sz) - An der Einmündung
Behelfsausfahrt
Neuravensburg/
Landesstraße 2374 sind am Montag,
gegen 13.30 Uhr, zwei Autos zusammengestoßen.
Ein Autofahrer fuhr von der A 96
kommend in die Kreisstraße 2374 in
Richtung Achberg ein, ohne die Vorfahrt eines von Achberg kommenden
Autofahrers zu beachten. Beim Zusammenstoß entstand 10 000 Euro
Sachschaden. Verletzt wurde niemand.
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15
Verwaltungsgericht Sigmaringen tagt in Wangen – Stadtrundgang und Austausch der Argumente
Von Jan Peter Steppat
●
WANGEN - Das Verwaltungsgericht
Sigmaringen hat am Dienstag noch
keinen Beschluss gefasst, ob Kaufland einen Verbrauchermarkt auf
dem früheren Kutter-Areal am Bahndamm errichten darf. Die Richter
wollen aber bis zum heutigen Mittwoch entscheiden – entweder über
die Sache an sich oder aber, ob weiter
verhandelt wird.
Im Kern des zweiten Verhandlungstags stand Gutachten gegen
Gutachten. Das städtische von Cima
sollte beweisen, dass der Bau eines
gut 5000 Quadratmeter großen
Markts für den Innenstadthandel
schädlich ist. Jenes von KauflandPartner GMA besagte das Gegenteil.
Erhellen sollte die Sachlage zudem
ein Stadtrundgang. Dabei erläuterte
Oberbürgermeister Michael Lang
die Gegebenheiten Wangens mit einem starken Innenstadt-Einzelhandel. Der Rundgang war ein Wunsch
des Gerichts, das sich am ersten Verhandlungstag Anfang Dezember in
Sigmaringen auf Dienstag vertagt
hatte.
Inhaltlich waren dieses Mal zwei
Fragen Kernpunkt: Bedroht der
Kaufland-Markt die Händler in der
Altstadt? Und: Passt der Verbrauchermarkt in das Gebiet zwischen
Adler-Quartier und weiterem Gewebe an der Zeppelinstraße? Beim Thema Kaufkraftabfluss war vor allem
geltende Rechtsprechung Grundlage. Konkret: Verlieren die Innenstadt-Händler mehr oder weniger als
zehn Prozent des bisherigen Umsatzes? Beim städtischen Gutachten lag
die Marke darüber und damit im gefährlichen Bereich, bei jenem von
Kaufland darunter.
An dieser Stelle ging es ins Detail.
Die Stadt bezieht bei ihren Berechnungen die Geschäfte des ArgenCenter mit ein, sagt also: Sie gehören
zum Zentrum. Bei Kaufland widerum gehört das Einkaufszentrum
nicht zum Kern Wangens.
Am Ende der von rund 50 Bürgern
besuchten Verhandlung, darunter diverse Stadträte und Kaufleute, stellten beide Seiten zusätzliche Beweisanträge. Ob das Verwaltungsgericht
diese zulässt, wird am Mittwoch bekanntgegeben.
OB Michael Lang zeigt Juristen und Bürgern, worauf es nach seiner Meinung ankommt beim Handel in Wangen. Impressionen von der Verhandlung
und dem Stadtrundgang finden Sie im Internet unter www.schwaebische.de/wangen
FOTO: SUSANNE MÜLLER
Das sagt die Stadt
Das sagt Kaufland
Fußgängerzählung als wichtiges Argument
Argen-Center bildet „regelrechte Zäsur“
Z
u Beginn des zweiten Verhandlungstages wartete die Stadt
mit einer kürzlich gelaufenen
Fußgängerzählung auf. Ergebnis:
Den Argensteg zwischen Altstadt
und Argen-Center passieren täglich
zwischen 3200 und 3900 Menschen,
in Spitzen mehr als 6000. Die Stadt
wollte mit diesen Daten untermauern, dass das Einkaufszentrum sehr
wohl zur Innenstadt gehört – zumal
laut OB Michael Lang von nirgendwo
mehr Menschen in die Altstadt
strömten. Weitere Strukturen, wie
der Großparkplatz P 14 oder die Radbox, sprächen ebenfalls dafür.
Ins Feld führten Lang und Marcus
Merkel, Anwalt der Stadt, zudem den
bei Kaufland-Märkten üblichen
„Vorkassen-Bereich“ mit Metzgern
und Bäckern. Dieser schädige die 31
Innenstadt-Händler, die mit Lebensmitteln zu tun hätten, enorm.
Lang erklärte zudem, dass ein
Kaufland-Standort
städtebaulich
nicht an den geplanten Standort passe. Der Markt allein sei fünfmal größer als das benachbarte Adler-Haus,
„was optisch als gewaltiger Riegel
wahrgenommen wird“. Auch die
restlichen Gebäude, etwa an der Zeppelinstraße, seien deutlich kleiner.
Lang verwies zudem unter anderem auf die „extreme Verkehrsbelastung an der B 32“, die These, dass
Kaufland ein reiner „AutofahrerStandort“ sei, der der Innenstadt
nichts bringe, und die einhellige politische Meinung zur Kaufland-Ansiedlung. Fazit Langs: „Kommt der
Markt, kommt es mittelfristig zu Geschäftsaufgaben.“ (jps)
D
as Argen-Center gehört nach
Ansicht von Kaufland-Anwalt Rainard Menke nicht
zum „zentralen Versorgungsbereich“ Wangens. Die Stadtmauer,
dort gelegene Wohnungen und die
Grünfläche an der Argen bildeten eine „regelrechte Zäsur“. Dass die
Stadt den kleinen Norma-Markt in
der Lindauer Straße nicht zum Zentrum zählt, konterte Menke so:
„Wenn der Norma nicht dazugehört,
dann der Edeka erst recht nicht.“
Der
Kaufland-Rechtsbeistand
verwies zudem auf die vitale Altstadt, also genau das, was die Stadt
Wangen mit ihrem Widerstand gegen den Kaufland-Markt schützen
will. Eine juristisch möglicherweise
ebenfalls bedeutsame „Vorschädigung“ sei nicht zu erkennen. Deshalb
sei die Marke von mehr als zehn Prozent bei der Definition schädlichen
Kaufkraftabflusses maßgebend. Das
GMA-Gutachten sieht zudem nur einen Umsatzverlust von sieben bis
acht Prozent (mit dem Argen-Center) oder fünf Prozent ohne dieses.
Menke argumentierte überdies,
dass der Markt in Bahnhofsnähe –
Kaufland gehört der Bereich zwischen der B 32 und der Höhe des
Oberwirts – in die dortige Bebauung
passe. Der Anwalt führte das benachbarte, 81 Meter lange Gebäude des
Adler-Quartiers an und verwies auf
die an der Zeppelinstraße gelegenen
Handels- und Gewerbebetriebe.
Dass das frühere Kuttergelände seit
zehn Jahren Brache ist, hält Menke
für unwichtig: Hier sei immer eine
Bebauung geplant gewesen. (jps)
Der größte Geldbatzen fließt in die Gemeinschaftsunterkunft
Kommentar
●
Zwei Millionen Euro gehen in die Sanierung von städtischen Gebäuden – Haushaltsreden folgen in zwei Wochen
Von Jan Peter Steppat
●
WANGEN - Gut elf Millionen Euro
will die Stadt im laufenden Jahr investieren. Größter Einzelposten ist
der Bau der Gemeinschaftsunterkünfte am Herzmannser Weg mit gut
1,7 Millionen Euro. Dies ist am Montagabend beim zweiten Teil der
Haushaltsberatungen im Gemeinderat deutlich geworden. Langfristiger
Schwerpunkt wird aber der Bereich
Schule/Kindergärten sein.
Wenn im Frühjahr 2016 die Gemeinschaftsunterkünfte fertig sind,
hat die Stadt in der Summe drei Millionen Euro am Herzmannser Weg
verbuddelt. Aktuell für die Erstaufnahme von Flüchtlingen vorgesehen,
soll das Gebäude später der Anschlussunterbringung von Asylbe-
werbern dienen. Vergangene Woche
habe die Stadt vor diesem Hintergrund einen Förderantrag beim Land
gestellt, erklärte Oberbürgermeister
Michael Lang.
Dieser größte Einzelbetrag im
Haushaltsansatz für 2015 wird übertroffen von den gesammelten Investitionen in städtische Gebäude.
Knapp zwei Millionen Euro will die
Verwaltung hierfür bereit stellen,
sollte der Gemeinderat den Haushalt
in zwei Wochen verabschieden.
400 000 Euro für Martinstorschule
Und hier wiederum bilden die städtischen Schulen den Schwerpunkt: Für
die Restsanierung der Martinstorschule mit der Erneuerung des
Dachs und der Renovierung der Fassade werden 400 000 Euro veran-
schlagt. 200 000 soll die „Anpassung“ vier weiterer Klassenzimmer
und der Verwaltung der Gemeinschaftsschule kosten.
Auch städtische Gebäude sind
aufgeführt: Zusammen 116 000 Euro
sind für neue Fenster am Hinderofenhaus, die Umgestaltung der
Stadtkasse oder die Modernisierung
von Toiletten vorgesehen. Zudem,
weil nicht in diesem zwei-MillionenEuro-Block enthalten, kommen noch
mehr als 700 000 Euro für die Sanierung der Bücherei im Kornhaus dazu. Nachdem der barrierefreie Eingang angegangen wurde, steht jetzt
Gleiches bei den Toiletten an. Ergänzt wird das Paket durch neue Möbel und Fenster, eine Dachsanierung
und Putzarbeiten. Weite Teile davon
sind erst 2016 vorgesehen.
Markante Ausgabenposten sind
zudem folgende Posten: 360 000 gehen in die Fahrzeuge der Feuerwehr,
300 000 Euro fließen in die weitere
Sanierung des Alten Gottesackers.
Hier ist der Rohbau mittlerweile fertig, hieß es im Rat. 350 000 Euro hat
die Kämmerei für den Abschluss von
Sanierung und Erweiterung des Kindergartens Leupolz eingeplant.
Beim Bauhof wird schnell geknapst
Mehrere Hunderttausend Euro soll
es zudem aus verschiedenen Einzelposten für die Stadtgärtnerei und
den Bauhof geben, unter anderem für
Fahrzeuge. Kämmerin Christina
Schnitzler begründete dies mit der
Darstellung, dass beim Bauhof jährlich als erstes geknapst werde, wenn
es es um Einsparungen gehe.
Interessant zudem: 2015 will die
Stadt für 1,5 Millionen Euro Grundstücke kaufen. Im Vorjahr lag der Ansatz hier bei mehr als 3,7 Millionen.
Und: 70 000 Euro will man für den
Kauf einer mobilen Bühne für Veranstaltungen ausgeben. Laut Gästeamtsleiterin Belinda Unger entlaste dies den Bauhof. Dessen Mitarbeiter seien pro Jahr insgesamt 40 Mal
mit dem Auf- und Abbau der Bühnen
beschäftigt. Die Kräfte könnten für
andere Aufgaben frei werden.
Die Haushaltsberatungen werden
am Montag, 9. Februar, fortgesetzt. Dann folgen die Haushaltsreden der vier Fraktionschefs und
voraussichtlich die Verabschiedung des Etats.
Schulen, Schulen und Schulen – und Kindergärten prägen die Ausgaben
Die geplante Gemeinschaftsunterkunft am Herzmannser Weg, hier eine
Grafik der Planer, ist die größte Einzelinvestition der Stadt im laufenden
Jahr.
FOTO: WASSUNG-BADER-ARCHITEKTEN
Immer wieder sind es die Schulen,
die den Wangener Gemeinderat bei
seinen Haushaltsberatungen beschäftigen. Zum einen, weil Oberbürgermeister Michael Lang in der
jüngsten Vergangenheit mehrfach
festgestellt hatte, dass der Bildungsbereich die Stadt in den
kommenden Jahren enorm fordern
wird. Zum anderen, weil am Montagabend die Frage aufkam, wie
aktuelle Investitionen zum noch
nicht verabschiedeten Konzept zur
weiteren Standortentwicklung
passen.
Auf Entsprechendes von Gerhard
Lang (SPD) erläuterte der OB, dass
die im Etat für 2015 vorgesehenen
Mittel dem momentanen Diskussionsstand entspreche. Klar sei überdies: Das Schulzentrum im Ebnet
mit Real- und Grundschule plage
Raumnot, die Gemeinschaftsschule wolle sich weiterentwickeln.
Und: Mit der Sanierung des rund
100 Jahre alten Altbaus am RupertNeß-Gymnasium hat die Stadt ab
2016 die vermutlich größte Einzelinvestition in der Geschichte Wangens vor der Brust. Sie war unlängst geschoben worden, da die
Planungen noch nicht fertig sind
(die SZ berichtete). Lang: „Wir
werden ausgelastet mit den Schul-
themen, inklusive Sportstätten, und
den Kindergärten.“ Auch, weil der
Verwaltung nicht klar ist, was sie
bei der Realschule und der Gemeinschaftsschule von oben, also vom
Land, aufgebürdet bekommt: „Wir
wissen nicht, was auf uns zukommt.“
Eine weitere Unbekannte ist für die
Stadt das Wahlverhalten der Eltern bei den weiterführenden Schulen. Wobei Lang prognostiziert,
dass die Realschule auch in den
kommenden Jahren stark bleibe, da
es in Wangen mit den beruflichen
Gymnasien des Kreises ein gutes
Folgeangebot gebe. (jps)
Von Jan Peter
Steppat
Wenig
Freiraum
E
s mag Menschen geben,
die angesichts der ausführlichen Haushaltsberatungen in vier Sitzungen und
über zig Stunden genervt die
Augen rollen. Dass sich der Gemeinderat zwischen Jahresende
und Anfang Februar aber viel
Zeit für den Etat nimmt, ist absolut begründet und nötig.
Schließlich handelt es sich bei
dem Mammutwerk um den Rahmenplan, wo es in den nächsten
Jahren hingehen soll.
Die aktuelle Marschrichtung
ist sonnenklar: Schulen und Kindergärten stehen demnächst
verstärkt im Mittelpunkt der Investitionen. Und da es sich beim
Bildungsbereich um Pflichtaufgaben der Stadt handelt, bleibt
Verwaltung und Rat nicht soviel
freier Entscheidungsspielraum.
Dass diese Tatsache zulasten
des Wunschkonzerts geht, dürfte ebenfalls immer klarer werden. Man darf also jetzt schon
gespannt sein auf die Haushaltsreden der vier Fraktionsvorsitzenden in zwei Wochen. Möglich ist durchaus, dass von der
einen oder anderen Seite – unpopuläre – Streichungen auf die
Agenda gesetzt werden.