Autowelt König

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Autowelt König
REGIONALE WIRTSCHAFT
Freitag, 25. Januar 2013
WIREGFP2-1
Seite 21
Frapo v. 25.01.2013,Wun,S.21
Autowelt König: Die stetige Expansion verlangt eine breiter aufgestellte Führungsmannschaft
Mit frischer Kraft in die Zukunft
Die Autohandels-Gruppe
in Wunsiedel organisiert
ihre Leitungsebene um.
Die Schließung von
weiteren Standorten ist
ebenso wenig geplant wie
ein Personalabbau.
Walter Missing ist es
gewohnt, Schlagzeilen zu
machen. Auch negative.
Der Auto-Manager hat in
seiner Karriere einiges an
Höhen und Tiefen erlebt.
Von Rainer Maier und Matthias Will
Wunsiedel – In der Autowelt König
ist seit Anfang des Jahres das operative Geschäft klar von der strategischen Ausrichtung des Unternehmens getrennt. Während sich – wie
bereits kurz berichtet – der neue Geschäftsführer Walter Missing um das
Tagesgeschäft kümmert, stellt die
Gesellschafter-Familie König die
konzeptionellen Weichen für die Zukunft.
„Wir haben eine Größenordnung
erreicht, wo man sich als geschäftsführender Gesellschafter einfach
nicht mehr um alles selbst kümmern
kann“, sagt Firmenchef Thomas König. „Deshalb haben wir Herrn Missing ins Boot geholt.“
Der Vertriebsexperte, der König bereits seit Sommer 2012 berät, soll als
Interims-Geschäftsführer die neue
erweiterte Führungsstruktur der beiden operativen Firmen Autowelt Kö-
Die Autowelt König will in Wunsiedel (Bild) und an ihren weiteren elf Standorten vor allem im regionalen Markt ihr Engagement intensivieren.
Die Autowelt König in Zahlen
„ Ich sehe mich bei König
nicht als Krisen-Manager.
“
Autowelt-Geschäftsführer Walter Missing
nig und AWK Automobile aufbauen.
Schon bald soll ein fester Nachfolger
gefunden werden. „Dann ziehe ich
mich wieder in die Beraterrolle zurück“, sagt Missing.
Als Krisen-Manager sieht sich der
neue Chef nicht. „Das kann manchmal auch meine Rolle sein“, sagt er
im Gespräch mit der Frankenpost .
„Aber hier bei König fühle ich mich
nicht so.“ Sicher gebe es, das habe
seine eingehende Analyse in den vergangenen sieben Monaten ergeben,
durchaus Korrekturbedarf. Und:
„Korrekturbedarf und Krise liegen
manchmal eng nebeneinander.“
Eine der Korrekturen sei es eben,
dass die Familie König sich jetzt
nicht mehr „um jedes kleine Problemchen kümmern muss, dass da
täglich im Weg steht“. Dafür sei jetzt
er zuständig „und zwar mit voller
Konzentration“. Die drei alleinigen
Gesellschafter – und das sind Thomas König, seine Frau Karin und
Tochter Julia auch weiterhin – könnten dafür nun ungestört ihre Vorstellungen davon entwickeln, wie die
Unternehmensgruppe ausgerichtet
Neuer Chef
mit bewegter
Vergangenheit
Die neue Führungsspitze der Autowelt König in Wunsiedel: Geschäftsführer Walter Missing (Zweiter von links) mit den Gesellschaftern Karin König, Julia König
und Thomas König (von links).
Fotos: R. M. (2), Archiv (4)
werden soll. Gerade die Verhandlungen mit den Markenherstellern verlangten großen Einsatz und ungeteilte Kraft. Thomas König bereitet demzufolge gerade einen beachtlichen
weiteren Expansionsschritt in Nordostbayern vor, zu dem er aber konkret noch nichts sagen möchte. Auch
er betont: „In der bisherigen Struktur
weiterzumachen, das wäre auf Dauer
nicht zielführend gewesen.“
Dass die Königs in ihrer Autowelt
nun angeblich nichts mehr zu sagen
hätten, wischt Missing vom Tisch
und versucht sich dabei sogar an
kräftigen fränkischen Worten: „Das
ist ein Schmarrn!“
Auch, dass er – so lauten andere
kursierende Gerüchte – auf Druck der
kreditgebenden Banken eingesetzt
worden sei, sei falsch und völlig aus
Die König-Gruppe besteht aus zwei
eigenständigen Unternehmen: der
Autowelt König GmbH & Co. KG und
der AWK Automobile GmbH & Co.
KG. Sie vertreibt im Neuwagen-Geschäft die Marken des VolkswagenKonzerns und der Fiat-Gruppe.
Es gibt insgesamt 19 König-Niederlassungen an folgenden Standorten:
Arzberg, Bamberg, Coburg, Niederfüllbach, Himmelkron, Hof, Marktredwitz, Münchberg, Tirschenreuth,
Waldershof, Weiden und Wunsiedel.
Die Standorte Naila, Tröstau und
Selb waren zum 31. Oktober 2012
geschlossen worden.
Die Gruppe beschäftigt rund 650
Mitarbeiter. Als führendes Autohaus
der Luft gegriffen. Thomas König Deutschland von 18 000 im Jahr
stellt dazu klar: „Wir sind schon seit 2001 auf 7950 im Jahr 2011 verrinüber einem Jahr an den Überlegun- gert habe. Und bis 2020 würden dagen zur neuen Struktur. Wir wissen von wohl weitere 3500 auf der Streselbst, was zu tun ist. Da brauchen cke bleiben. „Man kann entweder
wir keinen Druck.“ Es gelte, das Ma- sein Unternehmen permanent ans
nagement der Größenordnung anzu- Marktgeschehen anpassen – oder
passen, die die
verschwinden.“
Autowelt mittSchiere Größe
Die bisherige Struktur
lerweile erreicht
und ungehemmwäre auf Dauer
tes Wachstum
habe. Mit den
nicht zielführend gewesen.
seien dabei jeKreditgebern
doch nicht entstehe man im
Autowelt-Gesellschafter Thomas König
scheidend: „Es
Dialog, sie müssten selbstverständlich in die strategi- geht um die innere Substanz: Nur die
schen Überlegungen eingebunden besten Autohandelsunternehmen
sein. Auch über die neuen Expansi- werden langfristig eigenständig bleionspläne gebe es „ein Einvernehmen ben.“ Er wolle den Weg dafür bereiten, dass die Autowelt König eines
mit den Banken“.
Walter Missing verdeutlicht, dass davon sein wird.
Wachstum sei sicher nicht hindersich die Zahl der Markenhändler in
„
“
in Nordbayern und eine der größten
Autohandelsgruppen in Deutschland
(bei Neuwagen Rang 19, bei Gebrauchtwagen Rang 14) verkaufte
die Autowelt König im Jahr 2011 laut
IFA-Statistik 15 506 Fahrzeuge und
erzielte dabei einen Umsatz von 275
Millionen Euro. Allein am Standort
Wunsiedel sind ständig 400 bis
600 Autos für die Kunden verfügbar.
1964 von Siegfried König als KfzWerkstatt gegründet und 1985 beim
Umzug an den Wunsiedler Stadtrand
erst zwölf Mitarbeiter stark, hat die
Autowelt König enorm expandiert.
Dabei hat sie aber immer ihre Verbundenheit zur Region unterstrichen.
R. M.
lich für eine erfolgreiche Zukunft,
aber: „Die Prozesse und Strukturen
müssen entsprechend mitwachsen.“
Dafür werde bei der Autowelt der
Grundstein gelegt. „Wir holen manches nach, wir arbeiten aber auch bereits vor für künftiges Wachstum.“
Das Konsolidierungstempo in der
Branche habe sich zuletzt drastisch
gesteigert. Die Auto-Konzerne sonnten sich in immer neuen Rekordverkaufszahlen in China, USA und Russland. Die deutschen Händler erzielten aber kaum Margen, die zum
Überleben reichten. Walter Missing:
„Man kann nur versuchen, besonders im wettbewerbsintensiven Neuwagen-Markt kein Geld zu verlieren.
Und man muss schauen, dass man
im Service und im GebrauchtwagenMarkt Geld verdient.“
Wunsiedel – Mit demonstrativer Gelassenheit begegnet Walter Missing
Fragen nach seiner beruflichen Vergangenheit. Der neue Geschäftsführer der Autowelt König hat weggesteckt, was er als „tiefen Einschnitt“
in seine Karriere empfunden hat: seinen Rauswurf aus der DaimlerChrysler-Geschäftsführung und einen 9000-Euro-Strafbefehl wegen
Untreue. „Aus heutiger Sicht“, sagt
Missing auf Nachfrage der Frankenpost , „kann ich ganz locker beschreiben, was damals los war.“
In der Presse hieß das im Frühjahr
2005 „Vertriebs-Affäre“ oder gar
„Schmiergeld-Skandal“.
DaimlerChrysler-Vertriebschef Eckhard Panka wurde in den Ruhestand geschickt, den Geschäftsleitungs-Mitgliedern Walter Missing und Jürgen
Fahr sowie anderen Top-Managern
wurde fristlos gekündigt. Der damalige Konzernchef Jürgen Schrempp
und sein Kronprinz Eckhard Cordes
hatten die Innenrevision auf die
deutsche Vertriebsspitze angesetzt.
Ihnen waren die seinerzeit in der
Branche üblichen und auch legalen
Graumarkt-Geschäfte ein Dorn im
Auge. Der Verkauf von Tausenden
Fahrzeugen mit saftigen Abschlägen
am offiziellen Händlernetz vorbei
trieb zwar die Absatzzahlen nach
oben, verstieß jedoch gegen interne
Richtlinien. Und: Die recht zwielichtigen Geschäftspartner im Graumarkt-Handel brachten das Ansehen
des Weltkonzerns in Misskredit.
Missing sieht sich als eines der Opfer der Schrempp‘schen Säuberungswelle in einem Verkaufssektor, den
die Konzern-Oberen jahrelang abgenickt hatten. „Ich bin eben mit in
dieses Kreuzfeuer hineingeraten“,
Image aufpoliert: Nach Bereinigung
der „Vertriebsaffäre“ sollte der Mercedes-Stern noch strahlender glänzen.
„Ich spüre Begeisterung für das Unternehmen“
Der Vertriebsexperte
Walter Missing hat am
1. Januar die Geschäftsführung der Autowelt
König übernommen. Er
will das Unternehmen im
operativen Geschäft neu
ausrichten.
Herr Missing, wenn Arbeitnehmer
den Begriff „Restrukturierung“ hören, dann schrillen die Alarmglocken. Denn meistens heißt das: Arbeitsplatzabbau.
Das trifft für die Industrie sicher zu.
Aber in unserer Branche heißt Restrukturierung: die Leistung verbessern. Wenn wir das schaffen, dann
brauchen wir keine Kosten cutten,
dann müssen wir kein Personal abbauen. Es geht darum, in allen Geschäftsfeldern die Leistung zu optimieren, um Geld zu verdienen.
Es bleiben also alle derzeitigen
Standorte und alle Mitarbeiter?
Die vier Standorte, die aus unserer
Sicht nicht überlebensfähig waren,
sind ja bereits im Oktober letzten
Jahres geschlossen worden. Alle anderen hoffen wir, langfristig weiterführen zu können.
Mit dem bestehenden Personal?
Es ist in den Plänen unseres Projektes
kein Personalabbau vorgesehen. Absolut ausschließen kann man das
nie, weil so etwas natürlich immer
vom Markt abhängt. Im Moment ist
der Markt im Neuwagen-Sektor rückläufig, 2013 wohl um etwa zehn Prozent. Wir hätten uns für die Restrukturierung eine schönere Zeit gewünscht, eine Zeit mit Rückenwind
aus einem günstigen Markt. Aber
derzeit ist das eben nicht so. Dennoch: Es ist konkret kein Arbeitsplatzabbau geplant.
Wo sehen Sie Ansatzpunkte für die
Optimierung?
Im Service wollen wir weiter optimieren, da ist die Hürde hier auf dem
Land für uns sehr hoch und die Konkurrenz groß. In den Bereichen Gebrauchtwagen und Neuwagen wird
sich das Geschäftsmodell verändern:
Hier wollen wir uns mehr auf die Region konzentrieren. Denn darin liegt
ganz eindeutig unsere Kernkompetenz. Wir wollen etwas weniger die
großen Bögen überregional spannen.
Wollen Sie also Ihre bundesweite
Internet-Aktivität einschränken?
Nein. Das Internet ist heutzutage ein
Vertriebsmedium, das zu jedem Autohaus zwingend dazugehört. In diesem Markt muss man mitspielen. Gebrauchtwagen werden heute bundesweit verkauft, das ist ganz nor-
mal. Wer ein bestimmtes Auto haben
will, der wartet nicht ab, bis der
Händler vor Ort dieses Modell auf
dem Hof stehen hat, sondern der
kauft eben online anderswo.
Wie reagieren denn Ihre Mitarbeiter auf die neue Ausrichtung?
Thomas König hat die Entwicklung
vorbildlich eingeleitet: Nach der
Analyse-Phase gab es eine Betriebsversammlung, in der wir unseren
Interview
Mitarbeiter kann ich im Management doch gar nichts ausrichten. Es
finden derzeit überall Workshops
statt, in denen unsere Teams zusammensitzen und die konkreten Themen ausarbeiten. Alle bringen ihre
Ideen ein. Ich bin sehr froh, dass König so gute Leute hat.
Sie sind also zufrieden mit Ihrem
Personal?
Oh ja. Das war für mich am Anfang
eine ganz wichtige Phase. Ich wollte
spüren: Wie sind die Menschen in
dieser Region? Wie arbeiten sie mit?
König hat gute Leute, die engagiert
dabei sind. Es ist Begeisterung für das
Unternehmen zu spüren. Das ist
wirklich beeindruckend. Die Mitarbeiter stehen unserem Projekt aufgeschlossen gegenüber.
Weg den Mitarbeitern dargestellt haben. Wir haben dabei betont, dass
wir dazu das Engagement jedes Einzelnen brauchen.
Diese Einbindung erstreckt sich
auch auf die Öffentlichkeit?
Deswegen sitzen wir hier. Kommunikation ist ein wichtiger Faktor, gerade, weil die Autowelt König seit einiger Zeit in der Öffentlichkeit leider
mit allen möglichen haltlosen Gerüchten massiv denunziert wird. Das
müssen wir mit einer guten Kommunikation bereinigen.
Sie nehmen also die Mitarbeiter aktiv mit?
Einbindung, Einbindung, Einbindung! Nur so geht es. Ohne meine
An welchen Stellschrauben werden
Sie konkret drehen?
Da gibt es viele Möglichkeiten. Oft
hängt es ja an Kleinigkeiten. Man
mit Walter Missing,
Geschäftsführer der Autowelt König
muss einfach jede Entwicklung beobachten, hellwach sein, schnell
und zielgerichtet reagieren. Für die
Autohandelsbranche gibt es keinen
allgemeingültigen Königsweg. Aber:
Für König gibt es einen Weg.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter? Über finanzielle Anreize?
Über Geld kann man nicht motivieren. Das ist kein Faktor, der lange
hält. Motivation geht über Einbindung, über das Übertragen von Verantwortung. Man muss den Leuten
klarmachen, dass sie wertvoll sind.
Und man muss dafür sorgen, dass sie
Spaß bei der Arbeit haben, dass sie
wirklich jeden Morgen gerne zur Autowelt König gehen.
Die Fragen stellten
Rainer Maier und Matthias Will
Zur Person
Der 59-jährige Manager und Unternehmensberater Walter Missing
stammt aus Kassel und lebt heute
in Potsdam. Er gilt in der Branche
als Experte für Vertrieb und Restrukturierung, der das Automobilgeschäft aus allen Perspektiven
kennt. So leitete er mehrere Mercedes-Benz-Niederlassungen. Von
1998 bis 2004 war er bei DaimlerChrysler Deutschland in der Geschäftsführung für die Vertriebsnetze zuständig.
Jürgen Schrempp Eckhard Cordes
sagt er heute, obwohl er als Verantwortlicher für die Händlerentwicklung gar nichts mit den GraumarktDeals zu tun gehabt habe.
Alle Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn, unter anderem
wegen Bestechlichkeit, seien eingestellt worden. In zwei Verfahren
habe er daraufhin Daimler verklagt,
und der Konzern habe schließlich
eingelenkt und einen Vergleich geschlossen. Aber: Der Manager musste, um die Affäre abzuschließen, einen Untreue-Strafbefehl akzeptieren, weil er den Berliner DaimlerHausarchitekten beratend zum Bau
seines Privatanwesens beigezogen
hatte. Missing blieb nach monatelangem Rechtsstreit im Januar 2007
„die Wahl zwischen Pest und Cholera“. Im Gegenzug, so ist man sich in
Branchenkreisen
sicher,
nahm
Daimler-Chrysler die fristlose Kündigung zurück und zahlte stattdessen
eine satte Abfindung. Missing hält
sich auch heute noch an das damals
bei der außergerichtlichen Einigung
abgemachte strikte Stillschweigen.
„Es ging um viel Geld“, sagt er nur.
Nach der Affäre hat sich der Autobranchen-Kenner neu orientiert und
hilft jetzt als Berater mit InsiderKnow-how Autohandelsunternehmen bei der Neuausrichtung. R. M.