B3-43/12 - Bundeskartellamt

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B3-43/12 - Bundeskartellamt
3. Beschlussabteilung
B 3 - 86101- Fa – 43/12
FUSIONSKONTROLLVERFAHREN
VERFÜGUNG GEMÄß § 40 ABS. 2 GWB
– öffentliche Version –
Beschluss
In dem Verwaltungsverfahren
1. Klinikum Worms gGmbH
Gabriel-von-Seidl-Straße 81
67550 Worms
– Beteiligte zu 1. –
Verfahrensbevollmächtigte zu 1.:
Schilling, Zutt & Anschütz
Rechtsanwälte
Hans-Joachim Hellmann und Dr. Christina Malz
Otto-Beck-Straße 11
68165 Mannheim
2. HDV gemeinnützige GmbH
Freiligrathstraße 6
64285 Darmstadt
– Beteiligte zu 2. –
zur Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 36 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hat die 3. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes am 5.
September 2012 beschlossen:
I.
Das mit Schreiben vom 30. März 2012 angemeldete Zusammenschlussvorhaben der Klinikum Worms gGmbH, Worms, die Kontrolle über das Agaplesion Hochstift Evangelisches
Krankenhaus, Worms, zu übernehmen, wird untersagt.
-2-
II.
Die Gebühr für diese Entscheidung wird unter Anrechnung der gesondert festzusetzenden
Gebühr von […] für die Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens auf
[…]
festgesetzt und den Beteiligten als Gesamtschuldnern auferlegt.
A.
SACHVERHALT
I. Das Vorhaben
1.
Die Beteiligte zu 1. (“Klinikum”) beabsichtigt, durch Übernahme der Vermögenswerte
des Agaplesion Hochstift Evangelisches Krankenhaus, Worms, (“Hochstift”) von
dem Beteiligten zu 2. (“HDV”) die alleinige Kontrolle über das Hochstift zu erwerben
und das Hochstift mit dem Klinikum als Verbundkrankenhaus zusammenzuführen. Im
Rahmen der Transaktion wird sich die Förderstiftung Hessischer Diakonieverein,
Darmstadt, einer der zwei Gesellschafter des HDV, mit einer Minderheitsbeteiligung
[…] am Klinikum beteiligen. Die Kontrolle über das Klinikum soll bei der Stadt Worms
verbleiben.
II. Die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
1. Klinikum Worms gGmbH
2.
Das
Klinikum
betreibt
in
der
Stadt
Worms
ein
Krankenhaus
der
Schwerpunktversorgung mit 540 Planbetten in den Fachabteilungen für Innere
Medizin, Chirurgie, Unfallchirurgie/Orthopädie, Urologie, Gynäkologie/Geburtshilfe,
Kinder-
und
Jugendmedizin
und
Intensivmedizin/Anästhesie
sowie
in
den
Belegabteilungen für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde (im Folgenden: HNO) und
Radiologie/Nuklearmedizin. Das Klinikum verfügt über ein Perinatalzentrum der
höchsten Versorgungsstufe (Level 1 für extrem untergewichtige Neu- und Frühgeborene),
ein zertifiziertes onkologisches Zentrum, sowie über ein zertifiziertes Brust-, Darm-, und
Prostatazentrum. Ferner ist die Medizinische Klinik I - Kardiologie und Angiologie - als
Herzinfarktzentrum etabliert; eine zertifizierte Schlaganfalleinheit (Stroke-unit) besteht dort
seit 1999.
3.
Nach dem derzeit gültigen Krankenhausplan des Landes Rheinland-Pfalz soll die Zahl
der Planbetten bis 2016 auf 555 Betten vergrößert werden. Das Klinikum ist
Lehrkrankenhaus der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.
-3-
4.
Ferner betreibt das Klinikum Worms als Tochtergesellschaft ein medizinisches
Versorgungszentrum (im Folgenden: MVZ) mit drei Kassenarztsitzen in den
Fachbereichen Anästhesie, Nuklearmedizin und seit 2011 für Neurologie. 2010
behandelte das Klinikum insgesamt […] Fälle und erzielte einen Umsatz von über 80
Mio. €. Das Klinikum wird von der Stadt Worms kontrolliert, deren Umsatzerlöse 2010
über 500 Mio. € lagen.
2. Agaplesion Hochstift Evangelisches Krankenhaus, Worms
5.
Das Hochstift ist ein Krankenhaus der Grundversorgung in der Stadt Worms, das vom
HDV betrieben wird. Das Haus verfügt über 141 Planbetten in den Fachabteilungen
für Innere Medizin, Chirurgie (Allgemein- und Visceralchirurgie sowie Unfall- und
Orthopädische Chirurgie), Gynäkologie und Intensivmedizin/Anästhesie sowie über
Belegabteilungen für HNO und Augenheilkunde. 2010 wurden im Hochstift […]
Patienten stationär behandelt. Der Umsatz des Hochstift lag 2011 bei über [5] Mio. €.
6.
Ferner wird in den Räumen des Hochstift das Medizinische Versorgungszentrum Hochstift
Worms GmbH mit den Fachrichtungen Neurochirurgie und Neurologie betrieben.1 Ferner
befindet sich in den Räumlichkeiten des Hochstift eine Facharztpraxis für Innere
Medizin2 sowie die Gastroenterologische Gemeinschaftspraxis im Ev. Krankenhaus
Hochstift.3
7.
Der HDV wird von der Agaplesion gAG, Frankfurt am Main, (im Folgenden:
Agaplesion) kontrolliert. Agaplesion ist eine Gesellschaft, deren Aktien von
verschiedenen
evangelischen
Einrichtungen
gehalten
werden. 4
Neben
Pflegeeinrichtungen betreibt Agaplesion bundesweit 22 Krankenhäuser mit über 5.000
Betten, in denen pro Jahr rund 280.000 Patienten versorgt werden.5
III. Verfahren
8.
Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 30. März 2012, eingegangen per Telefax im
Bundeskartellamt am selben Tag, hat das Klinikum das Vorhaben angemeldet, das
Hochstift mit dem Klinikum zusammenzuführen, wobei Veräußerer der Anteile an
Hochstift die HDV sei. Bei dem Vorhaben handele es sich um einen Zusammenschluss
nach § 37 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB.
1
siehe: http://www.hdv-darmstadt.de/krankenhaeuser/ev-krankenhaus-hochstift-worms/
http://www.praxis-drstiefel.de/118.htm
3
http://www.gastro-praxis.com/
4
siehe: http://www.agaplesion.de/aktionaere.html
5
siehe: http://www.agaplesion.de/ueber-uns.html
2
-4-
9.
Mit Schreiben vom 18. April 2012, das per Telefax am gleichen Tag im Bundeskartellamt
eingegangen ist, stellte das Klinikum richtig, dass es sich bei dem geplanten Erwerb des
Hochstift um einen Vermögenserwerb und damit um einen Zusammenschluss nach § 37
Abs. 1 Nr. 1 GWB und nicht um einen Anteilserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB handeln
wird. Zudem wurde die genaue Firma und der Sitz der Tochtergesellschaft des Klinikum
mitgeteilt, die in Worms ein Medizinisches Versorgungszentrum betreibt (§ 39 Abs. 3 S. 3
i.V.m. § 39 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GWB).
10.
Mit
Schreiben
vom
27.
April
2012
hat
die
Beschlussabteilung
den
Verfahrensbevollmächtigten des Klinikum sowie dem HDV mitgeteilt, dass sie in das
Hauptprüfverfahren eingetreten ist.
11.
Am 2. Mai 2012 wurden die Ergebnisse der Ermittlungen im Vorprüfverfahren mit den
Verfahrensbevollmächtigten des Klinikums und am 9. Mai 2012 auch mit Vertretern der
Geschäftsführung des Klinikums sowie Vertretern des HDV und der Agaplesion gAG als
Muttergesellschaft des HDV erörtert.
12.
Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat unter dem 6. Juli
2012 das Bundeskartellamt informiert, dass der geplante Zusammenschluss im Interesse
des Landes Rheinland-Pfalz liege. Das Hochstift habe einen hohen Investitionsbedarf in
die Gebäude, die zum großen Teil vom Land nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz
zu fördern seien. […] Aufgrund von Synergieeffekten müssten Investitionen nach einem
Zusammenschluss beim Hochstift nur in erheblich geringerem Umfang getätigt werden.
13.
Mit Schreiben vom 11. Juli 2012 („Abmahnung“) wurde den Beteiligten die Einschätzung
der Beschlussabteilung, das Vorhaben erfülle die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1
GWB, und die wesentlichen Gründe hierfür mitgeteilt, gleichzeitig erhielten sie Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 25. Juli 2012. Mit Schreiben vom gleichen Tag ist der
Landeskartellbehörde Rheinland-Pfalz, am 28. August 2012 der Landeskartellbehörde
Hessen gemäß § 40 Abs. 4 GWB Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
14.
Mit Schreiben vom 18. Juli 2012, im Bundeskartellamt eingegangen am gleichen Tag per
Telefax, stimmte die Anmelderin einer Fristverlängerung bis zum 7. September 2012 zu.
Die Frist zur Stellungnahme der Beteiligten und der Landeskartellbehörde Rheinland-Pfalz
wurde daraufhin bis zum 24. August 2012 verlängert.
15.
Das Klinikum hat mit Schreiben vom 23. August 2012 zur Abmahnung Stellung genommen. Darin trug das Klinikum vor, die räumliche Betrachtung des relevanten Marktes
müsse ausgeweitet werden, denn auch die Ausweichmöglichkeiten der Nachfrager akutstationärer Krankenhausleistungen seien zu berücksichtigen. Es dürfe nicht auf das aktuelle Patientenverhalten abgestellt werden, sondern es müsse eine Prognose und damit
eine Einschätzung des künftigen Patientenverhaltens erfolgen. Ferner sei in räumlicher
-5-
Hinsicht zu berücksichtigen, dass Notfallpatienten in das nächstgelegene fachlich geeignete Krankenhaus gebracht würden und insoweit kein Qualitätswettbewerb stattfinde.
Deshalb müssten Notfallpatienten für die Betrachtung der Wettbewerbssituation außer
Betracht gelassen werden. Bei einer Verringerung der Berechnungsgrundlage um den Anteil der Notfallpatienten im Klinikum Worms liege der Anteil der umliegenden Krankenhäuser deutlich höher als in der Abmahnung dargestellt. Das Klinikum führt in seinem Schreiben ferner aus, dass trotz des Erreichens der Marktbeherrschungsvermutung wesentlicher Wettbewerb auch nach dem Zusammenschluss zu erwarten sei und weist hierzu auf
den Kauf des roboterassistierten OP-Systems „da Vinci SHD System“ Ende 2009 für die
Urologie als Reaktion auf Patientenabwanderungen nach einer entsprechenden Beschaffung des Klinikum Ludwigshafen Anfang 2009 hin, ferner auf eine Patientenzuwanderung
zum Klinikum Worms nach der Einstellung eines neuen Chefarztes für Unfallchirurgie, der
zuvor am Universitätsklinikum Mainz tätig war, sowie auf die Einrichtung von Strahlentherapiepraxis und Brustzentrum am Klinikum Worms, um Patientenabwanderungen zuvorzukommen. Eine Qualitätsverringerung nach dem Zusammenschluss führe zur Patientenabwanderung. Schließlich hält sich das Klinikum Worms am besten für eine Übernahme
geeignet und meint, ernsthafte alternative Interessenten seien für den Erwerb des Hochstift nicht vorhanden. Das Klinikum könne durch den Zusammenschluss Ressourcen bündeln und eine ortsnahe Behandlung sicherstellen.
16.
HDV sowie die Landeskartellbehörden Rheinland-Pfalz und Hessen haben keine Stellungnahme zur Abmahnung abgegeben. Mit E-Mail vom 3. September 2012 erläuterte
Agaplesion unter Bezugnahme auf die Abmahnung ihre Ansicht, dass der geplante Zusammenschluss zur Versorgung der Bevölkerung und Sicherung der Arbeitsplätze die
langfristig beste Lösung sei. Es sei das Ziel von Agaplesion, die Krankenhäuser des HDV
zu sanieren. […] Agaplesion sehe nicht, dass der geplante Zusammenschluss zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führe, es gebe erhebliche
Ausweichmöglichkeiten.
IV.
17.
Krankenhausplanung im Bundesland Rheinland-Pfalz
Die Krankenhausplanung im Bundesland Rheinland-Pfalz erfolgt auf der Grundlage des
Landeskrankenhausgesetzes vom 28. November 1986 (“RPKHG”). Nach § 6 Abs. 3
RPKHG sind in den Krankenhausplan alle gegenwärtig und zukünftig für die Versorgung
der Bevölkerung erforderlichen Krankenhäuser, gegliedert nach Versorgungsstufen und
Versorgungsgebieten,
aufzunehmen.
Der
gegenwärtige
und
der
zukünftige
Versorgungsauftrag der einzelnen Krankenhäuser, die Art und die Anzahl der
Fachrichtungen und Versorgungsschwerpunkte sowie die Zahl der Krankenhausbetten
-6-
(Planbetten) und ihre Aufteilung auf die einzelnen Fachrichtungen sind ebenfalls
anzugeben.
18.
Insgesamt existieren in Rheinland-Pfalz nach dem Landeskrankenhausplan 20106 fünf
Versorgungsgebiete.
Das
Versorgungsgebiet
Rheinhessen-Nahe,
in
dem
die
Krankenhäuser der Zusammenschlussbeteiligten liegen, umfasst die kreisfreien Städte
Mainz und Worms, den Landkreis Alzey-Worms, sowie die Landkreise Bad Kreuznach,
Birkenfeld und Mainz-Bingen.7
19.
Der Landeskrankenhausplan des Landes Rheinland-Pfalz gibt vergleichbar einer
innerdienstlichen Verwaltungsanordnung die förmlich festgestellten Absichten der
Landesregierung zur Krankenhausplanung wieder und entfaltet keine unmittelbaren
Rechtswirkungen nach außen. Er ist vielmehr Grundlage für im Einzelfall umzusetzende
Maßnahmen
der
Krankenhausplanung.
Eine
Grundlage
der
Vorgaben
im
8
Krankenhausplan ist die erwartete Bedarfsentwicklung. Für das notwendige Angebot
stationärer Akutversorgung ist der tatsächliche Bedarf entscheidend, weshalb die
Fortentwicklung und Abänderungsmöglichkeit des Planes als unverzichtbar angesehen
wird.9
20.
Die Aufnahme in den Krankenhausplan wird nach § 8 Abs. 1 S. 3 RPKHG durch Bescheid
festgestellt,
der
den
Versorgungsauftrag
eines
in
den
Plan
aufgenommenen
Krankenhauses beschreibt. Er gibt die Aufgabenstellung des Krankenhauses, die Art und
Anzahl der Fachrichtungen und Versorgungsschwerpunkte sowie die Zahl der
Krankenhausbetten (Planbetten) und ihre Aufteilung auf die einzelnen Fachrichtungen an.
Der Versorgungsauftrag ist von den Krankenhäusern zu beachten. Dabei werden aber
nicht die einzelnen Krankheiten oder Indikationen definiert. Vielmehr werden die Bereiche
angegeben,
die
das
Krankenhaus
vorzuhalten
hat.
Im
Rahmen
seiner
der
Versorgungsstufe entsprechenden Ressourcen hat das Krankenhaus die bedarfsgerechte
Versorgung in der zugewiesenen Fachrichtung sicherzustellen.10 Die im Rahmen des
Versorgungsauftrags erbrachten Krankenhausleistungen können die Krankenhäuser mit
den Krankenkassen abrechnen.
21.
Das Bundesland Rheinland-Pfalz fördert dem Landeskrankenhausplan 2010 zufolge die
Bildung von Verbundkrankenhäusern, wenn dadurch die akutstationäre Versorgung
6
veröffentlicht im Internet unter:
http://msagd.rlp.de/gesundheit/krankenhauswesen/landeskrankenhausplan-2010/
7
Landeskrankenhausplan Rheinland-Pfalz 2010, S. 47
8
Landeskrankenhausplan Rheinland-Pfalz 2010, S. 50 f.
9
Landeskrankenhausplan Rheinland-Pfalz 2010, S. 51
10
Landeskrankenhausplan Rheinland-Pfalz 2010, S. 52
-7-
besonders in der Fläche nachhaltig verbessert werden kann. Dabei soll die Bildung von
Verbundkrankenhäusern dem Erhalt kleinerer Standorte dienen, die alleine nicht oder nur
unter erschwerten Bedingungen lebensfähig wären oder sich durch den Aufbau nicht
bedarfsnotwendiger Parallelstrukturen lebensfähig zu halten versuchen. Dabei betont die
Landesregierung
jedoch,
dass
im
Rahmen
der
Organisationshoheit
jedem
Krankenhausträger die unternehmensstrategische Ausrichtung seiner Krankenhäuser frei
stehe.11
22.
Der Landeskrankenhausplan 2010 sieht verschiedene Verbundlösungen in RheinlandPfalz vor, nicht erwähnt werden dabei das Klinikum und das Hochstift.12
B. Untersagungsvoraussetzungen
I. Formelle Untersagungsvoraussetzungen
1. Anwendbarkeit des GWB
23.
Die grundsätzliche Anwendbarkeit der Zusammenschlusskontrolle nach den §§ 35 bis 43
GWB auf Zusammenschlüsse zwischen Krankenhäusern hat der Bundesgerichtshof
erstmals in seinem Beschluss in der Kartellverwaltungssache Rhön-Klinikum /
Krankenhäuser des Landkreises Rhön-Grabfeld bestätigt13. Sie entspricht seitdem der
ständigen Rechtsprechung.14
2. Zusammenschlusstatbestand
24.
Der
geplante
Zusammenschluss
der
Beteiligten
verwirklicht
die
Zusammenschlusstatbestände des Vermögenserwerbs nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB und
des Kontrollerwerbs gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB.
3. Keine gemeinschaftsweite Bedeutung
25.
Der Zusammenschluss hat keine gemeinschaftsweite Bedeutung. Nach Art. 1 Abs. 2 lit. a)
bzw. Abs. 3 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004
über
die
Kontrolle
Anwendbarkeit
der
von
Unternehmenszusammenschlüssen
europäischen
Fusionskontrolle
nicht
in
(FKVO)
kommt
Betracht,
weil
die
die
Zusammenschlussbeteiligten zusammen im Jahr 2011 weltweit weniger als 2,5 Mrd. Euro
Umsätze erzielt haben.
11
12
13
14
Landeskrankenhausplan Rheinland-Pfalz 2010, S. 58
Landeskrankenhausplan Rheinland-Pfalz 2010, S. 59
BGH, Beschluss vom 16. Januar 2008, KVR 26/07 – Kreiskrankenhaus Bad Neustadt, Leitsätze, zit. n.
juris
zuletzt: BGH, Beschl. v. 8.11.2011, KVZ 14/11 – Gesundheit Nordhessen, Beschlussausfertigung, Rz.
6; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.12.2010, VI-Kart 6/09 (V) – Gesundheit Nordhessen, Beschlussausfertigung, S. 7 ff.
-8-
4. Überschreiten der Umsatzschwellen des § 35 Abs. 1 GWB
26.
Der Zusammenschluss ist kontrollpflichtig, weil die beteiligten Unternehmen –
einschließlich der mit ihnen gemäß § 36 Abs. 2 GWB verbundenen Unternehmen – die
Umsatzschwellen des § 35 Abs. 1 GWB überschreiten. Das Klinikum hat unter
Berücksichtigung der Umsätze der Stadt Worms gemäß § 36 Abs. 2 GWB im Jahr 2011
mehr als 500 Mio. Euro Umsatz erzielt. Die de-minimis-Klausel des § 35 Abs. 2 Nr. 1
GWB ist nicht erfüllt, ebenso wenig liegt ein Bagatellmarkt im Sinne des § 35 Abs. 2 Nr. 2
GWB vor.
27.
Außerdem sind die mit Inkrafttreten des Mittelstandsentlastungsgesetz am 25. März 2009
geänderten Inlandsumsatzschwellen des § 35 Abs. 1 Nr. 2 GWB erfüllt. Demnach muss
im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 25
Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 5
Millionen Euro erzielt haben. Diese Schwellen werden von den Beteiligten erreicht.
II. Materielle Untersagungsvoraussetzungen
1. Sachlich relevanter Markt
28.
Der Zusammenschluss betrifft den sachlich relevanten Markt für akutstationäre
Krankenhausdienstleistungen, weil es sich beim Hochstift als Zielobjekt um ein
Allgemeinkrankenhaus
handelt.
Krankenhausdienstleistungen
Der
umfasst
Markt
sämtliche
für
akutstationäre
stationären
medizinischen
Dienstleistungen, die die Krankenhäuser gegenüber ihren Patienten erbringen.15 Davon
abzugrenzen sind die Märkte für Rehabilitationseinrichtungen sowie für Alten- und
Pflegeheime. Auch reine Privatkliniken, die nicht in die Krankenhauspläne der Länder
aufgenommen sind und die keine Verträge nach § 108 SGB V mit den Krankenkassen
geschlossen haben, werden nicht in den Krankenhausmarkt miteinbezogen, da sie aus
Sicht eines Patienten aufgrund fehlender Erstattung seitens der Krankenkasse nicht als
realistische Alternative angesehen werden. Dabei sind in vorangegangenen Verfahren
deutliche
Anhaltspunkte
Fachabteilungen
(in
dafür
Allgemein-
gesehen
und
worden,
dass
Fachkrankenhäusern)
die
psychiatrischen
dem
allgemeinen
(somatischen) Krankenhausmarkt nicht zuzurechnen sind.16 Die Beteiligten bieten
keine psychiatrischen Behandlungen an.
15
16
Vgl. BGH, WuW/E DE-R 2327/2336 - Kreiskrankenhaus Bad Neustadt, Rz. 49.
BKartA, Beschl. vom 6.06.2007, B 3-6/07 – LBK/Maria Hilf; BKartA, Beschl. vom 10.05.2007, B 3587/06, - Region Hannover/NLKH Wunstorf
-9-
29.
Der BGH hat bestätigt, dass eine sachliche Marktabgrenzung nach akutstationären
Krankenhausdienstleistungen zumindest dann zugrundezulegen ist, wenn sich wie im
vorliegenden Fall Allgemeinkrankenhäuser zusammenschließen. Im Hinblick auf eine
mögliche engere Marktabgrenzung lässt der BGH offen, ob im Einzelfall gesonderte
Märkte anzunehmen sind, wenn sich der Zusammenschluss in besonderer Weise auf
bestimmte Fachgebiete auswirkt.17
30.
Daher hat die Beschlussabteilung zusätzlich Ermittlungen im Hinblick auf die
wettbewerblichen
Auswirkungen
auf
die
von
den
Krankenhäusern
in
Worms
vorgehaltenen Fachabteilungen vorgenommen, die ebenfalls bei der Bewertung der
wettbewerblichen Auswirkungen des Zusammenschlusses Berücksichtigung finden, im
Ergebnis
allerdings
nichts
an
der
wettbewerblichen
Einschätzung
des
Zusammenschlussvorhabens ändern.
31.
Eine Differenzierung der akutstationären Krankenhausdienstleitungen in planbare
Behandlungen und Notfälle, wie das Klinikum Worms vorschlägt18, ist nicht sachgerecht,
weil die Krankenhäuser ein einheitliches Angebot für beide Fallgruppen bereitstellen.19
Dabei ist bereits die Ausgangsprämisse des Klinikums, bei Notfällen spiele der
Qualitätswettbewerb keine Rolle, nicht zutreffend. Zum einen werden nicht alle
Notfallpatienten ohne Bewusstsein vom Notarzt in das Krankenhaus verbracht, wie das
Klinikum es darstellt. Vielmehr kommen zahlreiche Patienten mit Beschwerden außerhalb
der ärztlichen Sprechstunden, insbesondere am Wochenende, als Notfälle in die
Krankenhäuser. So wie der Patient mit Beschwerden seinen behandelnden Arzt auswählt,
wird er auch dann auswählen, welches Krankenhaus er zur weiteren Behandlung
aufsucht. Auch in den Fällen, in denen der Patient nicht bei Bewusstsein ist und vom
Notarzt
in
das
Krankenhaus
eingeliefert
werden
muss,
bleiben
im
Einzelfall
Entscheidungsmöglichkeiten vorhanden, z.B. ob das nächstgelegene Krankenhaus mit
Herzkathetermessplatz
angefahren
wird
oder
das
entfernter
gelegene,
einem
Herzinfarktnetz angeschlossene Krankenhaus. Der einliefernde Notarzt muss jeweils
entscheiden, welches der umliegenden Krankenhäuser für den Notfallpatienten fachlich
am besten geeignet ist, d.h. die Qualität vergleichen. Zudem verstärkt unter wettbe-
werbsrechtlichen Gesichtspunkten ein hoher Anteil der "captive user" eher die Marktstellung eines Anbieters.20
17
18
19
20
BGH, WuW/E DE-R 2327/2336 - Kreiskrankenhaus Bad Neustadt, Rz. 59.
Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012, I.1. (5.), S. 5 f.
BGH, WuW/E DE-R 2327/2336 - Kreiskrankenhaus Bad Neustadt, Rz. 60.
BKartA, Beschl. v. 6.06.2007, B 3-6/07 - LBK/Maria Hilf, Rz. 81
- 10 -
32.
Daher kommt es für die Marktabgrenzung nicht darauf an, ob das Klinikum tatsächlich
einen hohen Anteil an Notfallpatienten aufweist, wie das Klinikum behauptet.21 Die vom
Klinikum übermittelte Aufnahmestatistik 201122 belegt dies jedenfalls nicht, denn sie
umfasst ausdrücklich nicht die Aufnahmen in der Zeit von Montag bis Freitag zwischen
7.00 Uhr und 12.00 Uhr, also gerade die Zeit, in der die Aufnahmen für geplante
stationäre Behandlungen stattfinden.
2. Räumlich relevanter Markt
33.
Das Zusammenschlussvorhaben betrifft in räumlicher Hinsicht den relevanten Markt
„Worms“, der die PLZ-Gebiete 67240 (Bobenheim-Roxheim), 67308 (Albisheim), 6754767599 (Worms), 68623-68649 (Lampertheim) umfasst. Das Marktgebiet ist aus der Karte
3 in der Anlage ersichtlich.
2.1 Bedarfsmarktkonzept
34.
Ebenso wie die sachliche Marktabgrenzung erfolgt auch die räumliche Marktabgrenzung
nach dem Bedarfsmarktkonzept.23 Demnach ist für die Zusammenschlusskontrolle der
Nachfragemarkt räumlich relevant, auf dem sich das Zusammenschlussvorhaben
auswirkt. Er umfasst alle Nachfrager, die nach den tatsächlichen Begebenheiten des
konkreten Falls als Abnehmer für das Angebot der zusammenschlussbeteiligten
Unternehmen in Betracht kommen und deren Handlungsmöglichkeiten durch den
Zusammenschluss betroffen, insbesondere eingeschränkt werden können.24
35.
Der räumlich relevante Markt umfasst ein Gebiet, in dem die Zusammenschlussbeteiligten ihre Leistungen anbieten, in dem die Wettbewerbsbedingungen
hinreichend homogen sind, und das sich von den benachbarten Gebieten durch
spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet.25
36.
Ausgangspunkt ist zunächst das Gebiet, in dem die am Zusammenschlussvorhaben
beteiligten Unternehmen Produkte bzw. Dienstleistungen anbieten (angebotsseitige
21
22
23
24
25
Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012, I.1. (5.), S. 5 f.
Anlage 1 zur Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012
vgl. Ruppelt in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 11. Auflage
2011, § 19 Rdnr. 37.
BGH, WuW/E DE-R 2327/2336 - Kreiskrankenhaus Bad Neustadt, Rz. 69; OLG Düsseldorf, Beschl.
v. 15.12.2010, VI-Kart 6/09 – Gesundheit Nordhessen, Beschlussausfertigung, S. 13; BGH, Beschl. v.
8.11.2011, KVZ 14/11, Beschlussausfertigung, Rz. 11
BGH, WuW/E DE-R 2327/2336 - Kreiskrankenhaus Bad Neustadt, Rz. 69; OLG Düsseldorf, Beschl.
v. 15.12.2010, VI-Kart 6/09 – Gesundheit Nordhessen, Beschlussausfertigung, S. 13
- 11 Betrachtung, vgl. dazu sogleich).26 Der räumlich relevante Markt kann allerdings größer
oder kleiner als dieses Gebiet sein.
37.
Entscheidendes Kriterium für die räumliche Marktabgrenzung ist die nachfragebezogene
Betrachtung (s. unten). Hier wird analysiert, welche Krankenhäuser die Bewohner eines
Gebiets zur Behandlung aufsuchen. Daraus lässt sich schließen, welche Krankenhäuser
aus Sicht der in einem Gebiet wohnenden Patienten für ihre Versorgung in Betracht
kommen. Suchen die Patienten überwiegend Krankenhäuser des Gebiets auf, in dem sie
selber
wohnen
(hoher
Eigenversorgungsanteil),
spricht
dies
für
homogene
Wettbewerbsbedingungen in diesem Gebiet und für die Annahme eines eigenständigen
räumlich relevanten Marktes.27
38.
Dabei kommt es entgegen der Ansicht des Klinikum Worms28 nicht auf das potenzielle,
sondern
das
tatsächliche
Verhalten
der
Nachfrager
an.29
Überregionale
Bezugsmöglichkeiten (Auswanderungen aus einem Gebiet) sind daher nicht als
Ausweichmöglichkeit zu berücksichtigen, wenn sie von den Nachfragern faktisch nicht
oder kaum wahrgenommen werden.30 Selbst wenn es in erheblichem Umfang zu
Auswanderungen aus einem Gebiet kommt, ist der räumlich relevante Markt nicht um die
überregionalen Gebiete zu erweitern, wenn das Angebot im räumlich relevanten Markt
nicht in einem erheblichen Umfang von den überregionalen Nachfragern wahrgenommen
wird, d.h. wenn es nicht gleichzeitig zu erheblichen Einwanderungen in den räumlich
relevanten Markt kommt. Denn andernfalls käme es zu einer Einbeziehung von Gebieten,
deren Einwohner die Leistungen der Krankenhäuser im räumlich relevanten Markt
mehrheitlich überhaupt nicht nachfragt.31
39.
Umliegende Gebiete sind in den Markt folglich dann mit einzubeziehen, wenn die dort
wohnenden Patienten in relevantem Umfang Krankenhäuser im Kerngebiet
aufsuchen, wenn also eine nicht unerhebliche Einpendlerquote besteht.32 Dabei
kommt es dem BGH zufolge nicht auf eine wechselseitige Marktdurchdringung an. Die
Erheblichkeit der Einpendlerquote hat das OLG Düsseldorf dahingehend konkretisiert,
26
27
28
29
30
31
32
BGH, a.a.O., Rz. 69.
BGH, a.a.O., Rz. 72.
Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012, I.1. (4.), S. 4 f.
BGH, WuW/E DE-R 2327/2336 - Kreiskrankenhaus Bad Neustadt, Rz. 65; OLG Düsseldorf, Beschl.
v. 15.12.2010, VI-Kart 6/09 – Gesundheit Nordhessen, Beschlussausfertigung, S. 13
BGH, a.a.O., Rz. 65.
BGH, a.a.O., Rz. 74, 75; OLG Düsseldorf, aaO, S. 14.
BGH, aaO, Rz. 68.
- 12 -
dass Einpendlerquoten, die eine bloß unbedeutende Randunschärfe darstellen, nicht
bei der räumlichen Marktabgrenzung zu berücksichtigen sind.33
40.
Akutstationäre Krankenhausbehandlungen werden typischerweise relativ nah am Wohnort
der Patienten angeboten, was sich in einem hohen Anteil der Patienten ausdrückt, die
sich in einem Krankenhaus behandeln lassen, das seinen Sitz in dem Marktgebiet hat, in
dem
die
Patienten
wohnen
(Eigenversorgungsquote).
Unterschiedliche
Eigenversorgungsquoten infolge einer unterschiedlichen Verteilung der Marktanteile in
den Gebieten stehen dabei der Annahme homogener Wettbewerbsbedingungen in den
Gebieten entgegen.34
41.
Mögliche räumliche Ausweichmöglichkeiten sind allerdings im Rahmen der Prüfung der
Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung zu berücksichtigen,
wenn sie den wettbewerblichen Verhaltensspielraum der zusammenschlussbeteiligten
Unternehmen einschränken. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn zu erwarten ist, dass die
Patienten bei einer Verschlechterung der Angebotsqualität der Krankenhäuser im
räumlich relevanten Markt Krankenhäuser außerhalb des räumlich relevanten Marktes
aufsuchen würden.35
42.
Ausgangspunkt für die räumliche Marktabgrenzung ist daher im vorliegenden Fall
zunächst die Region, in der sich das Zusammenschlussvorhaben auswirkt.
2.2 Datenerhebung und Ermittlungsgebiet
43.
Das Bundeskartellamt hat neben den Beteiligten insgesamt 72 Krankenhäuser in einem
Ermittlungsgebiet in einem Umkreis von rund 50 km um die Standorte der
Zusammenschlussbeteiligten nach der Herkunft der Patienten ihrer somatischen
Fachabteilungen im Jahr 2010 befragt. Das Ermittlungsgebiet wird im Norden begrenzt
durch Mainz, Rüsselsheim und Darmstadt, im Osten durch Erbach/Odenwald und im
Süden durch Wiesloch und Germersheim sowie im Westen durch Kaiserslautern und Bad
Kreuznach. Das Gebiet ist in der als Anlage beigefügten Karte 1 markiert. Die Abfrage
erfolgte anhand der (fünfstelligen) Postleitzahlbereiche.
44.
Von den befragten Krankenhäusern teilten die DRK Tagesklinik Bad Kreuznach und die
DRK Tagesklinik Worms mit, sie betrieben psychiatrische Tageskliniken und behandelten
keine somatischen Erkrankungen. Die Asklepios Schlossberg-Klinik, Bad König, teilte mit,
ausschließlich im Bereich der neurologischen Frührehabilitation tätig zu sein und wurde
33
34
35
OLG Düsseldorf, aaO, Beschlussausfertigung, S. 13, 21, bestätigt durch BGH, Beschl. v. 8.11.2011,
KVZ 14/11, Beschlussausfertigung, Rz. 11
OLG Düsseldorf, aaO, Beschlussausfertigung, S. 14
BGH, a.a.O., Rz. 67.
- 13 -
deshalb
ebenfalls
nicht
berücksichtigt.
Von
den
befragen
somatischen
Akutkrankenhäusern haben derzeit bis auf das DRK Schmerzzentrum Mainz (80 Betten),
die Klinik Heidelberg Neurologisches Fachkrankenhaus in Heidelberg (38 Betten), die
Klinik Sankt Elisabeth gGmbH, Heidelberg, (70 Betten) und das Krankenhaus zum Guten
Hirten, Ludwigshafen (158 Betten) alle Krankenhäuser geantwortet und die angeforderten
Daten übermittelt. Dabei hat das BG-Krankenhaus Ludwigshafen neben den Falldaten der
nach DRG abgerechneten Behandlungen auch die mit den Berufsgenossenschaften
abgerechneten Fälle übersandt. Angesichts der geringen Bettenzahlen der noch
ausstehenden Krankenhausdaten kann ausgeschlossen werden, dass sich bei einer
Vollerhebung das Ermittlungsergebnis grundlegend ändert.
45.
In die Analyse einbezogen wurden auch die Krankenhäuser in den angrenzenden
Gebieten (u.a. in den Gebieten Wiesbaden und Trier), für die bereits in vorangegangenen
Verfahren Daten erhoben worden sind. Insgesamt flossen die Angaben von 499
Krankenhäusern in die Analyse ein.
Ermittlungsgebiet:
46.
In dem Ermittlungsgebiet liegen neben dem räumlich relevanten Markt „Worms“ folgende
weitere Gebiete, bei denen offen bleiben kann, ob sie jeweils eigene räumliche Märkte
darstellen können:36
Gebiet 1: Markt Worms
 Albig
 Gau-Odernheim
 Worms
 Lampertheim
 Bobenheim-Roxheim
 Albisheim
(PLZ-Gebiet 55234)
(PLZ-Gebiet 55239)
(PLZ-Gebiet 67547-67599)
(PLZ- Gebiet 68623-68649)
(PLZ-Gebiet 67240)
(PLZ-Gebiet 67308)
Gebiet 2: Ludwigshafen
 Ludwigshafen
(PLZ-Gebiet 67059 - 67169)
 Frankenthal
(PLZ-Gebiet 67227 - 67259)
 Grünstadt
(PLZ-Gebiet 67269 – 67278, 67281-67283, 67316-67319)
 Gommersheim
(PLZ-Gebiet 67377)
 Haßloch
(PLZ-Gebiet 67454)
 Böhl-Iggelheim
(PLZ-Gebiet 67459)
36
Grund hierfür ist, dass die Krankenhäuser in den benachbarten Gebieten nicht mehr nach ihren Patienten befragt wurden und das Marktvolumen der Randgebiete daher nicht hinreichend ermittelt wurde.
- 14 -
Gebiet 3: Mannheim
 Rimbach
 Edesheim
 Mannheim
 Lampertheim
 Hockenheim
(PLZ-Gebiet 64668)
(PLZ-Gebiet 67483)
(PLZ-Gebiet 68159 - 68549)
(PLZ-Gebiet 68623-68649)
(PLZ-Gebiet 68723-68809)
Gebiet 4: Alzey
 Mainz Süd
 Bad Kreuznach
 Worms Land
(PLZ-Gebiet 55232-55239, 55286-55288)
(PLZ-Gebiet 55578 und 55599)
(PLZ-Gebiet 67585-67587, 67596)
Gebiet 5: Mainz
 Mainz
 Bingen
 Badenheim
 Gau Weinheim
 Wöllstein
 Eckelsheim
 Ginsheim
 Bischofsheim
 Guntersblum
 Wintersheim
(PLZ-Gebiet 55116-55299)
(PLZ-Gebiet 55411-55425, 55435-55437, 55452-55459)
(PLZ-Gebiet 55576)
(PLZ-Gebiet 55578)
(PLZ-Gebiet 55597)
(PLZ-Gebiet 55599)
(PLZ-Gebiet 65462)
(PLZ-Gebiet 65474)
(PLZ-Gebiet 67583)
(PLZ-Gebiet 67587)
Gebiet 6: Heppenheim
 Seeheim-Jugenheim
 Bickenbach
 Gernsheim
 Heppenheim
 Bürstadt, Biblis,
Groß Rohrheim
(PLZ-Gebiet 64342)
(PLZ-Gebiet 64404)
(PLZ-Gebiet 64579)
(PLZ-Gebiet 64625-64689)
(PLZ-Gebiet 68642-68649)
Gebiet 7: Heidelberg
 Bickenbach
 Heppenheim
 Beerfelden
 Mannheim Land
 Hockenheim
 Heidelberg
(PLZ-Gebiet 64404)
(PLZ-Gebiet 64625-64658, 64668, 64683-64689)
(PLZ-Gebiet 64743)
(PLZ-Gebiet 68526-68549)
(PLZ-Gebiet 68723-68809)
(PLZ-Gebiet 69115-69259)
Gebiet 8: Darmstadt
 Darmstadt
 Riedstadt
 Gernsheim
 Biebesheim
 Stockstadt
 Alsbach-Hähnlein
(PLZ-Gebiet 64283-64380, 64390-64405, 64409)
(PLZ-Gebiet 64560)
(PLZ-Gebiet 64579)
(PLZ-Gebiet 64584)
(PLZ-Gebiet 64579)
(PLZ-Gebiet 64665)
2.3 Ermittlungsergebnisse
47.
Nach den Ermittlungen der Beschlussabteilung betrifft das Zusammenschlussvorhaben
den räumlich relevanten Markt „Worms“. Wesentlicher Grund hierfür ist, dass die
- 15 -
Patienten aus diesem Gebiet hauptsächlich die Krankenhäuser in dem Gebiet als
tatsächliche Behandlungsmöglichkeit ansehen und sich aus Nachfragersicht die
Wettbewerbsbedingungen in dem Markt wesentlich von den Wettbewerbsbedingungen
außerhalb des Marktes unterscheiden.
48.
Das Klinikum liegt ebenso wie das Hochstift in der Stadt Worms und damit im räumlich
relevanten Markt “Worms”. Die Krankenhäuser im Gebiet Worms behandeln zu rund 80%
Patienten aus diesem Gebiet, und rd. 56% aller Patienten aus dem Gebiet Worms lassen
sich in Krankenhäusern dieses Gebietes behandeln. Die Nachfrager aus den
umliegenden Gebieten nehmen demgegenüber die Krankenhäuser ihres jeweiligen
Gebietes,
nicht
aber
die
Krankenhäuser
im
Gebiet
Worms,
als
relevante
Behandlungsalternative wahr.
2.4.1 Angebotsseitige Betrachtung
49.
Die Analyse der anbieterorientierten Einzugsgebietsstatistiken der Krankenhäuser der
Zusammenschlussbeteiligten und der übrigen Krankenhäuser ergibt keine Anhaltspunkte,
von einem räumlich relevanten Markt auszugehen, der über das Gebiet Worms
hinausreicht. Die Einzugsgebiete der Krankenhäuser der Beteiligten zeigen, dass diese
weitestgehend
deutlich
von
den
Wettbewerbskrankenhäusern
abgegrenzte
Einzugsgebiete haben.
50.
Klinikum und Hochstift haben ihren Sitz in der kreisfreien Stadt Worms im Südwesten des
Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Ihre räumlichen Haupteinzugsgebiete überschneiden sich
weitgehend.
51.
Der Tätigkeitsschwerpunkt des Hochstift als Zielkrankenhaus liegt ausweislich der
Angaben in der Anmeldung in den Postleitzahlgebieten […]. Aus diesem Gebiet stammten
2010 über 90% der Patienten des Hochstift. Das Gebiet ist in der nachfolgenden Karte 2
dunkel gefärbt.
52.
Das Klinikum ist ebenfalls schwerpunktmäßig in einen Gebiet um die Stadt Worms herum
tätig, das die PLZ-Gebiete […] umfasst. Aus diesem Gebiet stammten 2010 über 90% der
im Klinikum behandelten Patienten. Das Einzugsgebiet ist in der nachfolgenden Karte 2
hell eingefärbt. Die Überschneidung der Einzugsgebiete des Klinikum und des Hochstift
sind in der nachfolgenden Karte 2 schraffiert eingezeichnet.
53.
Das Gebiet liegt im südwestlichen Rheinland-Pfalz zwischen Mainz im Norden und Ludwigshafen/Mannheim in Süden, nördlich der Autobahn A 6 und westlich der Autobahn A
67 um die Stadt Worms herum und wird durch die Autobahn A 61 vom Kreuz Alzey im
Nordwesten bis zum Kreuz Frankenthal im Südwesten durchzogen.
- 16 -
Karte 2 – Einzugsgebiet der Beteiligten
[…]
54.
Im Folgenden wird ausgehend von den Gebieten, in denen die am Zusammenschluss
beteiligten
Krankenhäuser
ihren
Sitz
haben,
die
Einzugsgebietsstatistik
der
Krankenhäuser in den einzelnen Gebieten dargestellt.
55.
Für die Angaben in den nachfolgenden Tabellen gilt Folgendes: Die Prozentangaben
werden zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in gerundeten 2,5 %-Intervallen
angegeben. Die in den Tabellen angegebenen Summen werden ihrerseits in gerundeten
2,5 % Intervallen der exakten Summen angegeben, d.h. sie können im Einzelfall von der
Summe der gerundeten Einzelwerte abweichen. Anteile von weniger als 1 % werden mit
0,0 % dargestellt; Anteile zwischen 1,0% und 2,5 % werden mit 2,5 % wiedergegeben.
Summenfelder sind grau hinterlegt.
Einzugsgebietsstatistik der zusammenschlussbeteiligten Krankenhäuser
Tabelle 1: Einzugsgebietsstatistik der zusammenschlussbeteiligten Krankenhäuser
Krankenhäuser
Klinikum
Worms
>20.000
Fallzahlen
PLZ-Gebiete
Worms
Ludwigshafen
Mannheim
Mainz (inkl. Alzey)
Alzey*)
Heppenheim
Heidelberg (inkl. Heppenheim)
80%
7,5%
7,5%
10%
5%
5%
2,5%
Hochstift
Worms
> 6.000
95%
2,5%
2,5%
0%
0%
0%
0%
*) Berücksichtigt wurden die PLZ-Gebiete, die nicht bereits dem Gebiet Worms zugerechnet wurden.
56.
Die obige Tabelle 1 zeigt die Einzugsgebietsstatistik der am Zusammenschluss
beteiligten Krankenhäuser. Es sind alle Gebiete aufgeführt, aus denen mindestens ein
Krankenhaus der Zusammenschlussbeteiligten mindestens 2,5 % seiner Patienten
rekrutiert.
57.
Die beiden Krankenhäuser der Beteiligten liegen im räumlich relevanten Gebiet Worms,
und zwar in der Stadt Worms. Im Jahr 2010 behandelten die Krankenhäuser jeweils
über 20.000 bzw. über 6.000 Fälle.
58.
Tabelle 1 zeigt für die Krankenhäuser der Beteiligten das typische Bild, dass die
Allgemeinkrankenhäuser den weit überwiegenden Teil ihrer Patienten aus dem eigenen
- 17 -
Gebiet rekrutieren. So stammen über 90% der Patienten des Hochstift aus dem eigenen
Gebiet. Das Hochstift rekrutiert aus keinem angrenzenden Gebiet in größerem Umfang
mehr Patienten. Diese Gebiete spielen für das Krankenhaus keine Rolle mehr. Von dort
stammen jeweils weniger als 2,5 % der Patienten. Zusammenfassend bedeutet das,
dass Patienten außerhalb des Gebietes Worms das Angebot des Hochstift faktisch
kaum bzw. nicht mehr nutzen.
59.
Das Krankenhaus der Schwerpunktversorgung des Erwerbers, das Klinikum Worms,
liegt ebenfalls im Gebiet Worms. Wie die Beschlussabteilung auch in vorherigen
Fusionskontrollverfahren
festgestellt
hat,
verfügen
Schwerpunktversorger
und
spezialisierte Kliniken über ein größeres Einzugsgebiet als die Krankenhäuser der
Grund- und Regelversorgung. Dies wird auch durch die Einzugsgebietsstatistik des
Klinikums bestätigt: Das Klinikum rekrutiert rd. 80% seiner Patienten aus dem Gebiet
Worms. Außerdem zieht es noch aus den umliegenden Gebieten, hier insbesondere aus
den Gebieten Mainz, Mannheim und Ludwigshafen Patienten an.
60.
Im Hinblick auf die räumlichen Überschneidungsbereiche zeigt die Tabelle Folgendes:
Das Klinikum rekrutiert zum Teil noch in relevantem Umfang Patienten aus den jeweils
umliegenden Gebieten (7,5%-10%), während das Hochstift auf das eigene Gebiet
Worms konzentriert ist. Mit dem Hochstift ergeben sich daher nur geringe
Überschneidungsbereiche außerhalb des Gebietes Worms: Das Klinikum rekrutiert
lediglich jeweils weniger als 7,5% der Patienten aus den Gebieten Ludwigshafen und
Mannheim; hier besteht ein begrenzter Überschneidungsbereich mit dem Hochstift, das
von dort jeweils weniger als 2,5% der Patienten erhält. Tabelle 1 zeigt, dass es bis auf
das Gebiet Worms keine relevanten räumlichen Überschneidungsbereiche der
zusammenschlussbeteiligten Krankenhäuser mehr in anderen Gebieten gibt.
2.4.2 Nachfrageorientierte Marktanteilsbetrachtung
61.
Entscheidend
für
die
räumliche
Marktabgrenzung
ist
das
tatsächliche
Patientenverhalten, d.h. die Analyse, welche Krankenhäuser aus Sicht der Nachfrager,
die einem bestimmten Gebiet wohnen, als miteinander austauschbar angesehen
werden.
62.
Auch die nachfrageorientierte Marktanteilsbetrachtung kommt zu dem Ergebnis, dass
das Gebiet „Worms“ den räumlich relevanten Markt darstellt.
63.
Das Marktvolumen eines Gebietes setzt sich aus sämtlichen Einwohnern aus diesem
Gebiet zusammen, die sich im Jahr 2010 einer stationären Behandlung in einem
Krankenhaus unterzogen haben, d.h. auch aus Patienten, die aus dem Gebiet Worms
stammen, aber (auch) die in den umliegenden Gebieten ansässigen Krankenhäuser für
- 18 -
eine Behandlung aufgesucht haben. Insgesamt betrug das Marktvolumen im räumlich
relevanten Markt Worms im Jahr 2010 rd. 45.000 Fälle.
64.
In der untenstehenden Tabelle sind die Marktanteile der Krankenhäuser eines Gebietes
in den jeweiligen Gebieten angegeben, die sog. Eigenversorgungsquoten. In den Zeilen
lassen sich die Marktanteile der Krankenhäuser in den jeweils anderen Gebieten
ablesen; die Spalten geben die Marktanteilsverteilung in einem Gebiet wieder.
65.
Der Tabelle kann entnommen werden, welche Krankenhäuser welcher Gebiete die
Bewohner eines Gebietes im Jahr 2010 tatsächlich zur Behandlung aufgesucht haben
(Beispiel: rd. 2,1 % aller Einwohner aus dem Gebiet Ludwigshafen, die sich im Jahr
2010 einer stationären Krankenhausbehandlung unterzogen haben, haben hierfür die
Krankenhäuser
im
Gebiet
Worms
aufgesucht).
Diese
nachfrageorientierte
Marktanteilsbetrachtung ist für die räumliche Marktabgrenzung entscheidend.
66.
In der nachfolgenden Tabelle 2 sind die Eigenversorgungsquoten der einzelnen Gebiete
des Ermittlungsgebietes dargestellt:
Tabelle 2: Eigenversorgungsquoten im Ermittlungsgebiet
Worms
Ludwigshafen Mannheim
Alzey*)
Mainz
Heppenheim*)
Heidelberg
Darmstadt
KH im Gebiet Worms
54,1%
2,1%
2,5%
7,7%
2,7%
3,7%
0,7%
0,4%
Ludwigshafen
9,6%
69,5%
3,2%
1,4%
0,3%
2,3%
1,4%
0,5%
Mannheim
9,6%
9,3%
73,7%
0,3%
0,1%
18,3%
14,2%
1,9%
Alzey
4,9%
0,2%
0,0%
32,3%
9,3%
0,1%
0,0%
0,0%
Mainz (inkl. Alzey)
10,2%
0,7%
0,3%
62,1%
78,4%
1,2%
0,3%
3,4%
Heppenheim
5,9%
0,1%
4,1%
0,1%
0,0%
38,6%
7,6%
5,6%
Heidelberg (inkl.
Heppenheim)
10,2%
5,0%
12,5%
1,1%
0,1%
54,3%
74,0%
11,5%
Darmstadt
0,1%
0,0%
0,1%
0,0%
0,0%
6,8%
0,5%
59,2%
Fallzahlen
49.861
95.543
100.126
16.576
120.558
29.841
109.689
43.124
*) = bereinigt um Gebietsüberschneidungen mit dem Gebiet Worms
67.
Tabelle 2 zeigt, dass Patienten aus dem Gebiet Worms ganz überwiegend die
Krankenhäuser zur Behandlung aufsuchen, die auch in diesem Gebiet liegen. Die sich
daraus ergebende Eigenversorgungsquote von rund 54% ist ein deutliches Indiz dafür,
dass das Gebiet Worms den zutreffend abgegrenzten räumlich relevanten Markt
darstellt. Ferner wird aus der Tabelle deutlich, dass das Gebiet Worms und die
Nachbargebiete unterschiedlich hohe Eigenversorgungsanteile aufweisen. Während er
- 19 -
in Worms bei rund 54% liegt, beträgt er in Ludwigshafen rund 70%, in Mannheim und
Heidelberg jeweils rund 74%, in Mainz bei über 78%, in Alzey und Heppenheim
hingegen deutlich unter 50%. Hieraus folgt eine sehr unterschiedliche Verteilung der
Marktanteile
in
diesen
Gebieten,
die
der
Annahme
homogener
37
Wettbewerbsbedingungen in diesen Gebieten entgegenstehen.
68.
Für die Patienten in Worms scheinen noch die Krankenhäuser in den Gebieten Heidelberg, Mainz, Ludwigshafen und Mannheim eine Ausweichalternative darzustellen. Die
Krankenhäuser in diesen Gebieten erzielen im Gebiet Worms insgesamt Marktanteile
zwischen 9,6% und 10,3%. Grund hierfür ist aber nicht eine tatsächlich gebietsbezogene
Ausweichalternative, sondern dass jeweils individuelle Krankenhäuser in den Gebieten
als Alternative angesehen werden. Dies sind im Wesentlichen das Universitätsklinikum
Heidelberg in Heidelberg, die Universitätsmedizin Mannheim in Mannheim, die
Universitätsmedizin Mainz im Gebiet Mainz und das Klinikum Ludwigshafen in Ludwigshafen. Eine Ausweitung des räumlich relevanten Marktes auf die betroffenen Gebiete ist
entgegen der Ansicht des Klinikum Worms38 allerdings nicht sachgerecht, weil für die
dort wohnhaften Patienten umgekehrt Krankenhäuser im Gebiet Worms keine
Ausweichalternative mehr darstellen: Die Einpendlerquote aus diesen Gebieten in das
Gebiet Worms beläuft sich auf nur maximal 2,7% (Mainz) und ist daher als
Randunschärfe außer Betracht zu lassen.39
69.
Auch die Einpendlerquoten aus den Gebieten Alzey und Heppenheim führen nicht zu
einer Ausdehnung des räumlichen Marktes über das Gebiet Worms hinaus. Beide
Gebiete verfügen über nur geringe Eigenversorgungsquoten (Alzey rund 32%,
Heppenheim rund 39%) und weisen erhebliche Auswanderungen in andere Gebiete als
das Gebiet Worms aus.
70.
Die Krankenhäuser im Gebiet Alzey liegen im größeren Gebiet Mainz. Dementsprechend lag die Eigenversorgungsquote des kleinen Gebietes mit knapp 17.000
Fällen bei deutlich unter 50%. Insgesamt wurden 2010 über 60% der aus dem Gebiet
Alzey stammenden Patienten in einem Krankenhaus im Gebiet Mainz (inkl. Gebiet
Alzey) behandelt, d.h. rund 30% der Patienten aus dem Gebiet Alzey wurden in einem
Krankenhaus außerhalb von Alzey im Gebiet Mainz behandelt. Die Krankenhäuser im
Gebiet Worms wurden demgegenüber nur in wesentlich geringem Ausmaß als
tatsächliche Behandlungsalternative wahrgenommen und stellen damit aus Sicht der
37
vgl. BGH, a.a.O., Rz. 72
Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012, I.1. (3.), S. 4
39
vgl. BGH, a.a.O., Rz. 73
38
- 20 -
Patienten des Gebietes Alzey keine Behandlungsalternative in wettbewerblich
relevantem Umfang dar.
71.
Gleiches gilt für das Gebiet Heppenheim: Die Krankenhäuser im Gebiet Heppenheim
liegen im Gebiet Heidelberg. Dementsprechend liegt die Eigenversorgungsquote im
Gebiet Heppenheim deutlich unter 50%. Die Mehrheit der aus dem Gebiet Heppenheim
stammenden Patienten wurde 2010 in den Krankenhäusern im Gebiet Heidelberg
behandelt, ferner ließen sich rund 20% der aus diesem Gebiet stammenden Patienten in
einem Krankenhaus im Gebiet Mannheim behandeln. Auch für die aus dem Gebiet
Heppenheim stammenden Patienten stellen die Krankenhäuser im Gebiet Worms keine
hinreichende Behandlungsalternative dar. Würden die Gebiete Alzey und Heppenheim
dem Gebiet Worms zugerechnet, würde eine große Zahl von Nachfragern in den Markt
einbezogen, die in dem Angebot der Zusammenschlussbeteiligten tatsächlich in keinem
praktisch erheblichen Umfang als Bezugsalternative ansehen. Dies wäre jedoch mit dem
Bedarfsmarktkonzept unvereinbar.40
72.
Den nicht unerheblichen Auspendlerquoten aus dem Gebiet Worms ist vielmehr dadurch
Rechnung
zu
tragen,
dass
die
Marktanteile
der
Krankenhäuser
aus
den
Nachbargebieten bei den in Worms wohnhaften Patienten für die Ermittlung der
Marktanteile und im Hinblick auf ihre Fähigkeit berücksichtigt werden, eine potenzielle
marktbeherrschende Stellung im Gebiet Worms hinreichend zu kontrollieren.41
2.4.3 Zusammenfassung
73.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass dem vorliegenden Zusammenschluss der
räumlich relevante Markt Worms zugrundezulegen ist. Denn Patienten aus diesem
Gebiet suchen zum überwiegenden Teil Krankenhäuser in diesem Gebiet für eine
Krankenhausbehandlung auf. Der Tatsache, dass aus dem Gebiet Worms Patienten in
teilweise nicht unerheblichem Ausmaß in andere Gebiete auswandern, ist Rechnung zu
tragen, indem die Marktanteile der Krankenhäuser aus diesen Gebieten bei den in
Worms wohnhaften Patienten für die Ermittlung der Marktanteile mitberücksichtigt
werden. Der Markt Worms ist in der beigefügten Karte 3 in der Anlage dargestellt.
40
41
BGH, a.a.O., Rz. 75
BGH, a.a.O., Rz. 74.
- 21 -
3. Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung
74.
Für die Prüfung, ob Marktbeherrschung auf einem relevanten Markt besteht, ist eine
umfassende Gesamtbetrachtung aller für die Marktstärke eines Unternehmens
relevanten Umstände vorzunehmen. Relevant ist die Gesamtschau aller unternehmensund marktbezogener Strukturkriterien. Die Höhe des Marktanteils stellt im Rahmen der
Prüfung der Untersagungsvoraussetzungen nach § 36 Abs. 1 GWB ein besonders
aussagekräftiges und bedeutsames Merkmal dar.
75.
In dem Markt Worms führt der geplante Zusammenschluss zumindest zur Entstehung
einer marktbeherrschenden Stellung. Neben den Marktanteilsadditionen sprechen auch
diverse Strukturfaktoren hierfür.
3.1
76.
Marktanteile
Die Marktanteile werden auf der Grundlage von Fallzahlen errechnet, die sich nur auf
akutstationäre Patienten beziehen.
77.
In Tabelle 3 sind die Marktanteile der Beteiligten und der Wettbewerber im Markt Worms
dargestellt.
Tabelle 3: Marktanteile insgesamt nach dem Zusammenschluss (Worms)
Krankenhaus
67550 - Klinikum Worms
67547 - AGAPLESION Hochstift Evangelisches Krankenhaus
Summe Beteiligte nach Zusammenschluss
68167 - Universitätsmedizin Mannheim
67063 - Klinikum Ludwigshafen
64646 - Kreiskrankenhaus Bergstraße
68623 - St. Marienkrankenhaus Lampertheim
69120 - Universitätsklinikum Heidelberg
55131 - Universitätsmedizin Mainz
55232 - DRK Krankenhaus Alzey
übrige Wettbewerber jeweils < 2%
78.
Vor
dem
Zusammenschluss
größter
Anbieter
Markt Worms
37,5%
12,5%
50%
7,5%
5%
5%
5%
5%
5%
5%
20%
von
stationären
Krankenhausbehandlungen im Markt Worms ist das Klinikum mit einem Marktanteil von
37,5% mit einem deutlichen Abstand vor dem Hochstift, mit einem Marktanteil von
12,5%. Alle übrigen Wettbewerber erreichen nur Marktanteile von unter 7,5%, größter
von ihnen ist das Universitätsklinikum Mannheim. Das Hochstift ist vor dem
Zusammenschluss das einzige Krankenhaus im Markt Worms mit einem signifikanten
Marktanteil und überdies das einzige Krankenhaus, das zu einem bundesweit tätigen
Krankenhausbetreiber mit insgesamt 22 Krankenhäusern gehört. Nur das kleinere DRK
- 22 -
Krankenhaus Alzey wird mit der DRK gemeinnützige Krankenhaus GmbH RheinlandPfalz von einem Träger geführt, der mehrere Krankenhäuser betreibt, nämlich insgesamt
6 Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz.42 Alle übrigen Wettbewerber sind Einzelkrankenhäuser und überwiegend in kommunaler Hand. Es kann offen bleiben, ob das
Klinikum bereits vor dem geplanten Zusammenschluss eine marktbeherrschende
Stellung verfügt, weil das Klinikum sie jedenfalls mit dem geplanten Zusammenschluss
erwerben wird.
79.
Mit dem geplanten Zusammenschluss wird der führende Krankenhausanbieter in
Worms, das dortige Klinikum als Schwerpunktkrankenhaus, mit dem größten
Wettbewerber zusammengeschlossen, der als einziger Wettbewerber ebenfalls in der
Stadt Worms als Oberzentrum seinen Sitz hat und als einziger Marktanteile über 10%
aufweist. Nach dem geplanten Zusammenschluss werden die Beteiligten im räumlich
relevanten Markt Worms einen gemeinsamen Marktanteil von 52,5% erreichen. Damit
überschreiten sie bei weitem die Marktbeherrschungsvermutung des § 19 Abs. 3 GWB
von einem Drittel.
80.
Durch den Zusammenschluss sind auch keine Abschmelzungseffekte zu erwarten. Im
Gegenteil dürften die Marktanteile der am Zusammenschluss Beteiligten nach dem
Zusammenschluss weiter ansteigen. Grund hierfür ist, dass mit dem Zusammenschluss
die beiden in der Stadt Worms, dem Oberzentrum der Region, gelegenen
Krankenhäuser zusammengeführt werden. Der Erwerber verfügt mit dem einzigen
Krankenhaus der Schwerpunktversorgung im Markt sowie einem Medizinisches
Versorgungszentrum bereits über eine herausgehobene Stellung im Markt, die mit der
Verbindung des einzigen in der Stadt Worms tätigen Grundversorgers und dessen MVZ
weiter ausgebaut wird. Bis auf das auf Innere Medizin und Geriatrie spezialisierte St.
Marienkrankenhaus in Lampertheim ist kein weiterer Wettbewerber im Markt Worms
ansässig. Keiner verfügt über vergleichbare Kontakte zu Patienten über die ambulante
Versorgung in den MVZ oder das Zentrum für Gesundheitsförderung wie das Klinikum
Worms. Durch die Marktpräsenz mit zwei Krankenhäusern in der Stadt Worms nach
dem Zusammenschluss und dem Kontakt zu einweisenden niedergelassenen Ärzten im
Marktgebiet über zwei MVZ und zwei Facharztpraxen im Gebäude des Hochstift wird es
dem
Klinikum
nach
dem
Zusaemmenschluss
leichter
gelingen,
Patienten
–
insbesondere zu Lasten der Universitätsmedizin Mannheim und des Klinikums Ludwigshafen sowie der Fachkliniken – verstärkt in die eigenen Häuser zu steuern.
42
siehe: http://www.drk-kh-alzey.de.drktg.de/az/01_portrait/1-5_traeger.php?navid=7
- 23 -
81.
Aus dem Hochstift wurden 2010 zudem rund […] Patienten in ein anderes Krankenhaus
verlegt, davon mit […] Patienten die meisten in das Klinikum Worms. An zweiter Stelle
der Verlegungen lag das Klinikum Ludwigshafen (Anteil an der Verlegung vom Hochstift
von über 20%) vor der Rheinhessenfachklinik und dem Diakonissenkrankenhaus Mannheim (Anteil an der Verlegung des Hochstift von jeweils über 5%) Nach dem
Zusammenschluss ist zu erwarten, dass diese Verlegungen vom Hochstift als
Krankenhaus
der
Grundversorgung
soweit
möglich
immer
zunächst
in
das
konzerneigene Klinikum als Krankenhaus der Schwerpunktversorgung erfolgen werden
und die Beteiligten ihre Stellung dadurch ausbauen werden.
82.
Neben
der
absoluten
Marktanteilsabstand
Höhe
zu
des
den
Marktanteils
nachfolgenden
der
Beteiligten
ist
Wettbewerbern
auch
nach
der
dem
Zusammenschluss extrem groß. Der nach Marktanteilen nächstgrößere Wettbewerber
der Beteiligten ist die Universitätsmedizin Mannheim, die im Markt Worms nur einen
Marktanteil von weniger als 7,5% erzielt. Der Marktanteilsabstand zum nachfolgenden
Wettbewerber beträgt damit rund 42,5%-Punkte.
83.
Die Universitätsmedizin Mannheim liegt darüber hinaus außerhalb des räumlich
relevanten
Marktes
im
benachbarten
Bundesland
Baden-Württemberg.
Die
Entfernungen zu den Krankenhäusern der Beteiligten sind aus Patientensicht mit 30 km
(Klinikum Worms) bzw. 25 km (Hochstift Worms) und einem Zeitbedarf von ca. 36
Minuten bzw. 26 Minuten nicht unerheblich.43 Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich das
Marktgebiet von Worms aus nach Norden und Westen ausdehnt und Worms mit den
beiden Krankenhausstandorten im Süden des Gebietes liegt. Die Krankenhäuser im
Gebiet Worms sind daher für die Patienten aus dem Gebiet Worms schneller zu
erreichen als die Universitätsmedizin Mannheim. Zwar verfügt die Universitätsmedizin
Mannheim
als
Krankenhaus
der
Maximalversorgung
über
ein
umfassendes
Fachabteilungsangebot, rekrutiert aber gleichwohl aus dem Marktgebiet Worms nur
weniger als 7,5% der eigenen Patienten. Die überwiegende Zahl der Patienten dieses
Krankenhauses stammt demgegenüber aus dem Gebiet Mannheim. Es ist daher nicht
zu erwarten, dass das außerhalb des Marktgebiets ansässige und auf sein Gebiet
konzentrierte Universitätsklinikum Mannheim wettbewerbliche Vorstöße im Raum
Worms unternehmen wird, das sich zudem im benachbarten Bundesland befindet. Bei
den
Verlegungen
vom
Hochstift
spielte
die
Universitätsmedizin
Mannheim
dementsprechend ebenfalls keine besondere Rolle, nur weniger als 5% der insgesamt
verlegten Patienten wurden in dieses Krankenhaus verlegt.
43
Berechnungen auf der Basis von: http://maps.google.de/
- 24 -
84.
Alle weiteren Wettbewerber der Beteiligten erreichen nach dem Zusammenschluss
Marktanteile von weniger als 5%, darunter auch das Klinikum Ludwigshafen als
Krankenhaus der Maximalversorgung. Dieses Krankenhaus liegt außerhalb des
relevanten Marktes mit einer Entfernung von 24 km und einer Fahrtzeit von rund 30
Minuten vom Klinikum Worms aus. Wie im Fall der Universitätsmedizin stammen nur
weniger als 7,5% der in diesem Krankenhaus behandelten Patienten aus dem Markt
Worms, der damit für das Klinikum Ludwigshafen keine wettbewerbliche Bedeutung
aufweist. Vielmehr stammen 75% der Patienten aus dem eigenen Gebiet Ludwigshafen.
Das Haus wird überdies in städtischer Trägerschaft geführt, so dass in der
Gesamtschau ebenfalls keine wettbewerblichen Vorstöße im Markt Worms zu erwarten
sind.
85.
Das einzige Wettbewerbskrankenhaus, das nach dem Zusammenschluss im räumlich
relevanten Markt liegt, ist das St. Marienkrankenhaus in Lampertheim. Es handelt sich
dabei um ein auf die Geriatrie und die Innere Medizin spezialisiertes Krankenhaus mit 85
Betten, das in Worms nur einen Marktanteil von weniger als 5 % erzielte. Die
Krankenhäuser der Beteiligten werden nach dem Zusammenschluss über ein wesentlich
breiteres Fachangebot verfügen, so dass das St. Marienkrankenhaus nicht geeignet ist,
den wettbewerblichen Verhaltensspielraum der Beteiligten einzuschränken.
86.
Alle nachfolgenden Wettbewerber stellen allein schon wegen ihres geringen Marktanteils
keine wettbewerblich relevante Alternative dar. Nur wenige erzielen überhaupt
Marktanteile von über 2,5%, nämlich das Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim,
das Universitätsklinikum Heidelberg, die Universitätsmedizin Mainz und das DRKKrankenhaus Alzey. Alle liegen außerhalb des Marktgebietes. Das Kreiskrankenhaus
Bergstraße ist ein kleineres Krankenhaus mit 280 Planbetten und verfügt neben den
Fachabteilungen Innere Medizin und Chirurgie nur über zwei weitere Fachabteilungen
(Gynäkologie und Orthopädie) sowie eine Belegabteilung für HNO mit 2 Betten.44 Das
DRK-Krankenhaus Alzey ist noch kleiner. Es weist als Krankenhaus der Grund- und
Regelversorgung 145 Planbetten auf, die im Schwerpunkt auf die Fachabteilungen für
Chirurgie und Innere Medizin entfallen, daneben gibt es eine kleinere Belegabteilung für
Gynäkologie (10 Betten) sowie Belegabteilungen für HNO mit 5 und für Urologie mit 3
Betten.45 Das Universitätsklinikum Heidelberg liegt über 50 km und über 45 Minuten
Fahrzeit entfernt von Worms, ebenso die Universitätsmedizin Mainz.46
44
45
46
s. http://www.kkh-bergstrasse.de/de/abteilungen/index.php?navanchor=2110002
Landeskrankenhausplan 2010 des Landes Rheinland-Pfalz, S. 231, abrufbar unter:
http://msagd.rlp.de/gesundheit/krankenhauswesen
Berechnungen auf der Basis von: http://maps.google.de/
- 25 -
87.
Allein aufgrund des hohen absoluten Marktanteils, der außerordentlich hohen
Marktanteilsabstände, der Entfernungen zu den Wettbewerbskrankenhäusern, ihren
Spezialisierungen und ihrer Größe ist zu erwarten, dass der geplante Zusammenschluss
im
räumlich
relevanten
Markt
Worms
jedenfalls
zum
Entstehen
einer
marktbeherrschenden Stellung der Beteiligten führen wird.
3.2
88.
Marktanteile in einzelnen Fachabteilungen
Die Beschlussabteilung geht in ständiger Praxis von einem allgemeinen Markt für
akutstationäre Krankenhausleistungen aus und unterscheidet in sachlicher Hinsicht
weder
zwischen
Krankenhäusern
unterschiedlicher
Angebotstiefe
(d.h.
nach
Versorgungsstufen) noch zwischen Krankenhäusern unterschiedlicher Angebotsbreite.
Um allerdings den heterogenen Angeboten der Krankenhäuser Rechnung zu tragen, hat
die Beschlussabteilung vorliegend auch die Daten der Krankenhäuser im Jahr 2010 in
den einzelnen von den Beteiligten vorgehaltenen Fachabteilungen Chirurgie und Innere
Medizin ausgewertet. Auf die beiden großen Fachabteilungen Chirurgie und Innere
Medizin entfallen im Markt Worms rund 54% aller erfassten Krankenhausfälle.
89.
Allerdings
ändert
Fachabteilungen
sich auch
nichts
bei
an
Betrachtung
der
der
Anteile
wettbewerblichen
in
den
einzelnen
Beurteilung
des
Zusammenschlussvorhabens.
90.
Zur besseren Übersichtlichkeit sind in den nachfolgenden Tabellen nur noch diejenigen
Krankenhäuser einzeln aufgeführt, die (gerundet) einen Marktanteil von rd. 5 % erzielen.
Darüber hinaus beschränkt die Beschlussabteilung aus den bereits dargestellten
Gründen diese Darstellung nach Fachabteilungen auf den aus ihrer Sicht relevanten
räumlichen Markt Worms.
Tabelle 4 : Anteile in der Fachabteilung Innere Medizin, Markt Worms
Krankenhaus
67550 - Klinikum Worms
67547 - AGAPLESION Hochstift Evangelisches Krankenhaus
Summe Beteiligte nach Zusammenschluss
68623 - St. Marienkrankenhaus Lampertheim
64646 - Kreiskrankenhaus Bergstraße
55232 - DRK Krankenhaus Alzey
68167 - Universitätsmedizin Mannheim
67063 - Klinikum Ludwigshafen
67227 - Stadtklinik Frankenthal
übrige Wettbewerber jeweils < 2,5%
Markt Worms
40%
15%
55%
15%
7,5%
7,5%
5%
5%
5%
11,2%
- 26 -
Tabelle 5 : Anteile in der Fachabteilung Chirurgie, Markt Worms
Krankenhaus
Markt Worms
67550 - Klinikum Worms
27,5%
67547 - AGAPLESION Hochstift Evangelisches Krankenhaus
22,5%
Summe Beteiligte
47,5%
55232 - DRK Krankenhaus Alzey
7,5%
64653 - Chirurgisch-Orthopädische Fachklinik Lorsch
7,5%
67292 - Westpfalz-Klinikum
5%
68167 - Universitätsmedizin Mannheim
5%
67063 - Klinikum Ludwigshafen
5%
67071 - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Ludwigshafen
5%
64646 - Kreiskrankenhaus Bergstraße
5%
68165 - Theresienkrankenhaus und St. Hedwig-Klinik
5%
übrige Wettbewerber jeweils < 2,5%
19%
91.
Aus den Tabellen 4 und 5 ergibt sich Folgendes:
92.
Vor dem Zusammenschluss ist das Klinikum im Bereich der Inneren Medizin mit einem
Anteil von 40% der führende Anbieter vor dem Hochstift und dem auf Innere
Medizin/Geriatrie spezialisierten St. Marienkrankenhaus, auf die jeweils unter 15%
entfällt. Alle weiteren Wettbewerber erreichen Anteile von unter 7,5%.
93.
Im Bereich der Chirurgie ist ebenfalls das Klinikum führender Anbieter im Markt Worms
mit einem Anteil von 27,5%, dicht gefolgt vom Hochstift mit 22,5%. In deutlichem
Abstand folgen das DRK-Krankenhaus Alzey und die Chirurgisch-Orthopädische
Fachklinik Lorsch mit jeweils unter 7,5%. Alle weiteren Wettbewerber erzielen
Marktanteile von jeweils unter 5%.
94.
Nach dem geplanten Zusammenschluss liegen die gemeinsamen Marktanteile der
Beteiligten im Bereich der Inneren Medizin über denen des Gesamtmarktes, im Bereich
der Chirurgie nur geringfügig unter denen des Gesamtmarktes.
95.
Die wettbewerbliche Bedeutung des Hochstifts für das Klinikum Worms wird
insbesondere in Bezug auf den Bereich der Chirurgie (Tabelle 5) deutlich. Im diesem
Bereich wurden 2010 annähernd soviele Patienten aus dem Markt Worms im Hochstift
wie
im
Klinikum
behandelt,
das
Hochstift
ist
zudem
vor
dem
geplanten
Zusammenschluss der einzige Wettbewerber des Klinikums mit Marktanteilen von über
10% auf dem relevanten Gesamtmarkt.
96.
Nachfolgender Wettbewerber der Beteiligten im Bereich Innere Medizin und Chirurgie
sind nach dem Zusammenschluss reine Fachkrankenhäuser, die nur auf jeweils eine
Fachrichtung spezialisiert sind sowie kleinere Allgemeinkrankenhäuser, die im Hinblick
- 27 -
auf
das Fachangebot und ihre Größe nicht an die Beteiligten nach dem
Zusammenschluss heranreichen. Im Bereich der Inneren Medizin größter Wettbewerber
der Beteiligten nach dem Zusammenschluss ist das St. Marienkrankenhaus in
Lampertheim mit Anteilen von weniger als 15%. Dieses Krankenhaus ist als
Fachkrankenhaus auf die Innere Medizin und die Geriatrie spezialisiert und verfügt über
lediglich 85 Betten. Dabei ist zu erwarten, dass der Zusammenschluss zu einem
Abschmelzen der Anteile des St. Marienkrankenhauses führen wird, weil das Klinikum
mit dem Hochstift ein Krankenhaus übernehmen will, das im Bereich der Inneren
Medizin der zweitstärkste Wettbewerber des Klinikums ist […]. Damit kann das Klinikum
nach dem Zusammenschluss diese Fachrichtung als führender Anbieter an einem
zentralen Ort im Markt selbst anbieten. Da das St. Marienkrankenhaus nur über eine
Fachabteilung verfügt, kann es diesem Vorstoß nicht durch eine Verlagerung auf eine
andere Abteilung ausweichen und dort versuchen, neue Patienten für sich zu gewinnen.
97.
Im Bereich der Chirurgie ist nachfolgender Wettbewerber das DRK-Krankenhaus Alzey
als Haus der Grund- und Regelversorgung mit Anteilen von weniger als 7,5%, gefolgt
von der chirurgisch-orthopädische Fachklinik Lorsch mit ebenfalls einem Anteil von
weniger als 7,5%. Alle weiteren Wettbewerber bleiben jeweils unter 5%. Die
wettbewerbliche Bedeutung des DRK-Krankenhauses und der Fachklinik in Lorsch ist
jedoch ebenfalls nur begrenzt: Das DRK-Krankenhaus ist ein kleines Krankenhaus
außerhalb des Marktes mit 145 Planbetten, von denen 45 auf die Allgemeine Chirurgie
der Grund- und Regelversorgung entfallen. Die Beteiligten werden nach dem
Zusammenschluss als Krankenhaus der Schwerpunktversorgung im Oberzentrum des
Markes an zwei Krankenhausstandorten über 110 Betten in der Allgemeinen Chirurgie
und weitere 86 Betten in der Unfallchirurgie/Orthopädie verfügen. Damit wird die
Chirurgie der Beteiligten nach dem Zusammenschluss so viele Betten aufweisen, wie
das gesamte DRK-Krankenhaus Alzey. Zudem verfügen die Beteiligten nach dem
Zusammenschluss
über
ein
breiteres
Fachangebot
mit
einer
höheren
Spezialisierungstiefe als das Krankenhaus in Alzey. Dabei kann das Klinikum das
Angebot im Haus der Schwerpunktversorgung einfacher spezialisieren als das Haus der
Grund- und Regelversorgung, denn die Krankenhäuser müssen sich an ihren jeweiligen
Versorgungsauftrag halten.47 Dieser ist bei den Krankenhäusern der Grund- und
Regelversorgung enger als bei den Schwerpunktversorgern.
98.
Die chirurgisch-orthopädische Fachklinik Lorsch ist ein Fachkrankenhaus, das als
Einzelkrankenhaus von drei Ärzten geführt wird.48 Es verfügt über 94 Planbetten in der
47
48
Landeskrankenhausplan 2010 des Landes Rheinland-Pfalz, S. 52, oben Fn. 37
siehe: http://www.fachklinik-lorsch.de/index.php?id=58
- 28 -
Fachrichtungen für Orthopädie und verfügt damit über ein sehr begrenztes
Leistungsspektrum. Bereits aus diesem Grund ist die Fachklinik nicht in der Lage, den
Verhaltensspielraum
des
Schwerpunktversorgers
der
Beteiligten
nach
dem
Zusammenschluss wirksam zu begrenzen. Hinzu kommt der begrenzte Anteil in dem
eigenen Fachbereich mit unter 7,5% und dem geringen Marktanteil auf dem relevanten
Gesamtmarkt von unter 2%.
99.
Die geringere Bedeutung der Krankenhäuser der Maximalversorgung in Mannheim,
Ludwigshafen oder Heidelberg bei Betrachtung der großen Fachabteilungen Innere
Medizin und Chirurgie ist ein Hinweis darauf, dass im Markt Worms wohnende Patienten
für allgemeine Krankenhausbehandlungen typischerweise die ortsnahen Krankenhäuser
aufsuchen, während sie die Krankenhäuser außerhalb des Gebietes - hier insbesondere
die Universitätsmedizin Mannheim - insbesondere bei spezielleren Behandlungen in
Anspruch nehmen.
100.
Die in den Tabellen dargestellten Fallzahlen in den Fachabteilungen Chirurgie und
Innere
Medizin
geben
daher
keinen
Hinweis
darauf,
dass
das
Zusammenschlussvorhaben anders als auf dem Gesamtmarkt einzuschätzen wäre. Der
hohe
Marktanteil
der
Krankenhäuser
der
Beteiligten,
der
sich
nach
dem
Zusammenschluss ergeben würde, und der erhebliche Marktanteilsabstand zu den
nachfolgenden
Wettbewerbern
spiegelt
sich
auch
bei
Betrachtung
der
Marktanteilsverteilung in den Fachabteilungen wider.
101.
Die Tatsache, dass kleinere Fach- und Allgemeinkrankenhäuser in den beiden
Fachbereichen jeweils die nächstfolgenden Wettbewerber der Beteiligten sind,
verdeutlicht
nochmals
das
Wachstumspotenzial
der
Marktanteile
der
am
Zusammenschluss Beteiligten. Denn sie werden durch den Zusammenschluss in der
Lage
sein,
das
Klinikum
Worms
als
Schwerpunktversorger
zu
Lasten
der
Fachkrankenhäuser zu fördern.
102.
Dies gilt auch bei Betrachtung der Marktanteilsverteilungen in den Fachabteilungen
Gynäkologie/Geburtshilfe und Kinderheilkunde, wie sich aus den nachfolgenden
Tabellen 6 und 7 ergibt.
- 29 -
Tabelle 6:
Marktanteile in der Fachabteilung Gynäkologie, Markt Worms
Krankenhaus
Klinikum Worms gGmbH
Anteile Gynäkologie
50%
Agaplesion Hochstift
17,5%
Beteiligte gesamt
67,5%
Kreiskrankenhaus Bergstraße
10%
Universitätsmedizin Mannheim
5%
Westpfalz Klinikum Kaiserslautern
5%
Westpfalz Klinikum Standort Kusel
5%
Universitätsklinikum Heidelberg
5%
übrige Wettbewerber <2,5%
15,3%
Tabelle 7: Marktanteile in der Fachabteilung Kinderheilkunde, Markt Worms
Krankenhaus
103.
Anteile
Kinderheilkunde
Klinikum Worms gGmbH
75%
Agaplesion Hochstift
0%
Beteiligte gesamt
75%
Universitätsmedizin Mannheim
12,5%
Universitätsmedizin Mainz
7,5%
Universitätsklinikum Heidelberg
5%
Uniklinik Mainz
5%
St. Marienkrankenhaus und St.
Annastift
2,5%
übrige Wettbewerber < 2,5%
3,64%
Im Bereich der Frauenheilkunde und Geburtshilfe liegt der Marktanteil der Beteiligten
deutlich höher als auf dem Gesamtmarkt. Zwar hat das Hochstift den Bereich der
Geburtshilfe eingestellt, weil die behandelnden Belegärzte zum Klinikum Worms
gewechselt sind. Das Hochstift führt jedoch nach wie vor gynäkologische Operationen
durch. Auf die Gesamtfallzahl der Beteiligten wird die Verschiebung der Geburtshilfe
zwischen den Krankenhäuser keinen Einfluss haben. Aus Tabelle 6 ergibt sich, dass die
Geburten in einem regional begrenzten Radius zum Wohnort der Eltern stattfinden, und
damit die Fallzahlen in Bezug auf Entbindungen im Hochstift, nun im Wesentlichen dem
Klinikum Worms zuzurechnen sein dürften. Die Wettbewerber spielen für die
Gynäkologie und Geburtshilfe ausweislich der ermittelten Falldaten 2010 keine
signifikante Rolle.
- 30 -
104.
Nächstgrößter Wettbewerber im Bereich der Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist das
Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim außerhalb des Marktes Worms, auf das
allerdings ein Anteil von weniger als 10% der Behandlungen entfällt und das im
Vergleich zum Klinikum über keine Einstufung als Perinatalzentrum Stufe 1 für
Risikoschwangerschaften und –geburten verfügt. Ferner gibt es im Kreiskrankenhaus
Bergstraße keine Kinderklinik wie im Klinikum Worms, die nach einer Geburt im
Bedarfsfall die Neugeborenen behandeln könnte. Das Klinikum Worms kann hingegen
nach dem Zusammenschluss Geburten an zwei Standorten im Oberzentrum des
Marktes Worms sowie notfalls eine Weiterbehandlung in der eigenen Kinderklinik
anbieten.
105.
Wie Tabelle 7 für den Bereich der Kinderheilkunde zeigt, werden rund 75% der aus dem
Markt Worms stammenden Kinder, die im Krankenhaus stationär in der Pädiatrie
behandelt wurden, im Klinikum behandelt. Auf die Universitätsmedizin Mannheim entfällt
ein Anteil von unter 12,5%, alle übrigen Wettbewerber liegen bei unter 7,5%. Diese
Krankenhäuser stellen jedoch im Bereich der Gynäkologie und Geburtshilfe keine
tatsächlich
wahrgenommene
Ausweichalternative
zu
den
Krankenhäusern
der
Beteiligten dar.
106.
Auf die Universitätskliniken in Mannheim und Heidelberg entfiel 2010 jeweils nur ein
Anteil von unter 5%, auf das Universitätsklinikum Mainz von unter 2,5%, woraus zu
schließen
ist,
dass
diese
Krankenhäuser
insbesondere
für
hochspezialisierte
gynäkologische Behandlungen aufgesucht werden, aber wettbewerblich für den Markt
Worms keine Rolle spielen.
107.
Die Marktanteilsverteilung in den Fachabteilungen Frauenheilkunde und Geburtshilfe
und Kinderheilkunde gibt insoweit ebenfalls keinen Anlass zu einer anderen materiellen
Einschätzung des Zusammenschlussvorhabens.
3.3 Breite des Versorgungsangebotes
108.
Das Klinikum Worms verfügt als Krankenhaus der Schwerpunktversorgung seit 2011
über 555 Planbetten in 9 Kliniken (Hauptfachabteilungen), einem Fachbereich, 2
Belegabteilungen sowie 2 Instituten49 und ist das größte Krankenhaus in der Region
zwischen den Städten Mainz im Norden, Kaiserslautern im Westen und Ludwigshafen/Mannheim im Süden. Aus Sicht der rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerin ist
49
Siehe http://www.klinikum-worms.de/data/file/qualitaetsbericht_2010.pdf
- 31 -
das Klinikum Worms eines der größten und wohl renommiertesten Krankenhäuser in
Rheinland-Pfalz.50
109.
Das Klinikum Worms ist das größte Krankenhaus, das seinen Sitz im Markt Worms hat.
Es bietet nach dem geplanten Zusammenschlusss an zwei Standorten im Oberzentrum
der Region, der Stadt Worms, in 11 Abteilungen fast die gesamte Leistungspalette an
stationären Krankenhausbehandlungen an. Dazu gehören Leistungen in den Bereichen
Augenheilkunde,
Chirurgie,
Unfallchirurgie,
Orthopädie,
Frauenheilkunde
und
Geburtshilfe, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Innere Medizin, Kinderheilkunde, Neurologie,
Urologie und Nuklearmedizin.51 Die Kinder- und Jugendmedizin bildet zusammen mit der
Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe ein Perinatalzentrum auf der höchst möglichen
Stufe und bietet die Versorgung von Risikoschwangerschaften und Risikogeburten an. 52
Ferner verfügt das Klinikum über eine Schlaganfall-Spezialstation (stroke-unit) und ist
seit 2004 als diabetologisches Zentrum zertifiziert. Außerdem hat sich das Klinikum
Worms auf die Behandlung von Krebserkrankenungen spezialisiert. Dementsprechend
ist das seit 2006 von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Brustkrebszentrum
Worms im Klinikum angesiedelt, das in Benchmark-Vergleichen unter 200 Brustkliniken
in Deutschland immer einen Spitzenplatz belegte.53 Ferner gibt es dort ein
Onkologisches Zentrum, ein Darmzentrum und ein Prostata-Zentrum.
110.
Das Klinikum Worms verfügt über eine Krankenhausapotheke sowie ein Zentrallabor
und eine Ausstattung an medizinischen Großgeräten54, die allenfalls mit der Ausstattung
der Universitätskrankenhäuser in Mannheim, Mainz und Heidelberg oder dem Klinikum
Ludwigshafen vergleichbar sein dürfte. Bis auf die Universitätsmedizin Mannheim gibt es
aber für die Patienten neben dem Klinikum nach dem Zusammenschluss kein weiteres
Krankenhaus mit relevanten Marktanteilen im räumlichen Markt, das über ein
vergleichbares Angebot an Fachabteilungen wie das Klinikum Worms verfügt.
111.
Die
Wettbewerbskraft
der
Universitätsmedizin
Mannheim
und
der
übrigen
Maximalversorger im Markt Worms ist begrenzt. Die Krankenhäuser liegen außerhalb
des räumlich relevanten Marktes und verfügen nur über Marktanteile von unter 7,5%, in
50
51
52
53
54
http://msagd.rlp.de/presse/einzelansicht/archive/2010/june/article/malu-dreyer-land-sichert-durchfoerderung-hohe-qualitaet-des-klinikums-worms/
siehe Landeskrankenhausplan 2010 des Landes Rheinland-Pfalz, Regionale Versorgungskonzepte,
S. 249, abrufbar unter: http://msagd.rlp.de/gesundheit/krankenhauswesen.
siehe http://www.klinikum-worms.de/ueber-uns.html
siehe http://www.klinikum-worms.de/brustzentrum-klinikum-worms.html
z.B. Computertomograph, Kernspintomograph, OP-Roboter „da Vinci“, Linksherzkathetermessplatz
u.a., s. Qualitätsbericht Klinikum Worms 2010, S. 17 ff., abrufbar unter: http://www.klinikumworms.de/data/file/qualitaetsbericht_2010.pdf sowie Internetdarstellung des Klinikum Worms unter
http://www.klinikum-worms.de/medizinische-grossgeraete.html
- 32 -
den Hauptfachrichtungen, die von den Patienten im Markt Worms in Anspruch
genommen werden, Innere Medizin und Chirurgie sogar von weniger als 5%. Hinzu
kommt, dass die Häuser ihren Tätigkeitsschwerpunkt außerhalb des Marktes Worms im
jeweils eigenen Gebiet haben. Aus dem jeweils eigenen Gebiet behandelte die
Universitätsmedizin Mannheim 60% bzw. das Klinikum Ludwigshafen 75% der
insgesamt behandelten Fälle.
112.
Soweit das Klinikum ausführt, es habe nach der Beschaffung eines roboterassistierten
Operationssystems der neuesten Generation für die Urologie durch das Klinikum Ludwigshafen Patienten dorthin verloren und deshalb selbst diese Operationstechnik
erworben,55 ist dies kein Beleg für eine besondere Wettbewerbsstärke des Klinikums
Ludwigshafen im Markt Worms. Das Klinikum Worms wird auch nach dem geplanten
Zusammenschluss im Wettbewerb mit verschiedenen Krankenhäusern stehen, darunter
dem Klinikum Ludwigshafen. Dieses weist jedoch, wie die übrigen Krankenhäuser, die
im Markt Worms tätig bleiben, nur eine begrenzte Anziehungskraft auf die Patienten im
Markt Worms auf, wie die Marktanteile von unter 7,5% zeigen, und ist von den weiteren
Strukturfaktoren dem Klinikum nach dem Zusammenschluss im Markt unterlegen. Das
Beispiel des Klinikums aus dem Bereich der Urologie betrifft zudem nur eine spezielle
Fachabteilung, auf die lediglich 10% der Planbetten des Klinikums Worms entfällt. Das
Klinikum ist nach eigener Darstellung in der Lage gewesen, auf den Vorstoß zu
reagieren und ein eigenes Gerät zu beschaffen und damit die Patientenzahlen seit 2010
im Bereich der Urologie zu Lasten der anderen Krankenhäuser zu erhöhen.56 Hier ist die
Stellung des Klinikums Ludwigshafen im Markt Worms mit unter 5% deutlich schwächer
als die des Klinikums Worms mit Anteilen von unter 75%. Größter Wettbewerber im
Fachbereich Urologie ist die Universitätsmedizin Mannheim mit Anteilen von unter 7,5%.
Dies zeigt, dass die Patienten auch im Bereich der Urologie ein ortsnahes Angebot
bevorzugen und das entferntere Klinikum Ludwigshafen über eine wesentlich
schwächere Stellung als das Klinikum Worms im Markt Worms verfügt.
113.
Ferner verfügen die Universitätsmedizin Mannheim und das Klinikum Ludwigshafen im
Unterschied zum Klinikum Worms im Markt Worms über kein ambulantes Angebot, das
Einweiserfunktion für die stationäre Behandlung hat. Das Klinikum Worms verfügt in
Worms über ein Medizinisches Versorgungszentrum mit den Bereichen Nuklearmedizin,
Neurologie und Anästhesie sowie über ein ambulantes Operationszentrum mit drei OPSälen. Außerdem sucht das Klinikum Worms den Kontakt zu den Patienten, um sich
bekannt zu machen, und betreibt in Worms ein Zentrum für Gesundheitsförderung, wo
55
56
Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012, I. 2.(9.), S. 7
Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012, I. 2.(9.), S. 8
- 33 -
verschiedene Kurse und Vorträge zu verschiedenen Bereichen der Gesundheit für die
Patienten angeboten werden. Das Angebot richtet sich an die Bevölkerung des
Einzugsgebietes des Klinikums und stellt das Klinikum als Anbieter umfassender
Gesundheitsdienstleistungen dar.57 Es wird mit der Fertigstellung in das neue Ärztehaus
an der Ecke Bebel- / Von-Steuben-Straße in Worms umziehen, in dem auch Ärzte der
Fachrichtungen Augenheilkunde, Gynäkologie, Haut, Orthopädie, Kinder und Hals-,
Nasen-, Ohrenerkrankungen (HNO) tätig sein werden. Hierüber erhält das Klinikum
Kontakt zu Patienten, die im Ärztehaus ambulant behandelt werden und die sich im Falle
einer stationären Behandlung an das Klinikum Worms mit seinem umfassenden
Fachangebot wenden sollen.
114.
Einen solchen Kontakt zu ambulanten Patienten erhält das Klinikum auch über das
Brustzentrum und die eigene Strahlentherapiepraxis, die das Klinikum eingerichtet hat,
um ein Abwandern der Patienten in andere Krankenhäuser zu verhindern.58 Zuvor hatten
sich viele Wormser Patienten mangels eines entsprechenden Angebots in Ludwigshafen
behandeln lassen. Mit dem Brustzentrum und der Strahlentherapiepraxis hat das
Klinikum die Fallzahlen in diesem Bereich erhöht59, d.h. die Stellung der anderen
Krankenhäuser im Markt Worms ist seitdem noch schwächer geworden.
115.
Das Klinikum Mannheim liegt außerhalb des Markts Worms und verfügt über kein
ähnliches Angebot für die Patienten im Markt Worms. Das Klinikum der Stadt Ludwigshafen arbeitet mit dem Klinikum Worms dergestalt zusammen, dass es einen
Kooperationsvertrag
über
eine
Zusammenarbeit
im
Bereich
der
ambulanten
Augenoperationen gibt. Mit dem geplanten Zusammenschluss wird das Klinikum Worms,
das bislang über keine Abteilung für Augenheilkunde verfügt, die Belegabteilung für
Augenheilkunde am Hochstift übernehmen, so dass zu erwarten ist, dass der
Kooperationsvertrag, der kurzfristig60 gekündigt werden kann, beendet werden wird.
Damit wird sich der Zugang des Klinikum Ludwigshafen zu Patienten im Markt Worms
nach dem Zusammenschluss verschlechtern.
116.
Abgesehen von der Universitätsmedizin Mannheim und dem Klinikum Ludwigshafen,
von denen aus den oben dargestellten Gründen bereits kein hinreichender
Wettbewerbsdruck ausgeht, gibt es kein weiteres Krankenhaus mit Marktanteilen von
über 5% im Markt Worms, das über die Fachabteilungen Chirurgie, Innere Medizin und
Frauenheilkunde und Geburtshilfe verfügt.
57
58
59
60
siehe http://www.klinikum-worms.de/ueber-uns.html
Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012, I. 2.(12.), S. 9
Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012, I. 2.(12.), S. 9
[…]
- 34 -
117.
Zwar ist mit dem Universitätsklinikum Heidelberg ein weiterer Maximalversorger im
Markt tätig, der allerdings mit einer Fahrzeit von rund 45 Minuten von Worms aus so weit
außerhalb des räumlichen Marktes liegt, dass es im Markt Worms nur einen Marktanteil
von unter 5% erreicht. In den Hauptüberschneidungsbereichen der Beteiligten, den
Fachabteilungen für Innere Medizin und für Chirurgie liegen die Marktanteile des
Universitätsklinikums Heidelberg sogar bei unter 2,5%, so dass der von dem
Universitätsklinikum ausgehende Wettbewerbsdruck auf die Beteiligten trotz des
umfangreichen Fachabteilungsangebots sehr gering ist.
118.
Die weiteren Wettbewerber verfügen nicht über die Fachabteilungsbreite der Beteiligten
nach dem geplanten Zusammenschluss: Das Kreiskrankenhaus Bergstraße in
Heppenheim ist ein kleineres Krankenhaus in öffentlicher Trägerschaft, das über
lediglich
4
Fachabteilungen
(Chirurgie,
Innere
Medizin,
Frauenheilkunde
und
Geburtshilfe, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Unfallchirurgie/Orthopädie) und 280
Betten verfügt.
119.
Ferner sind im Markt mit der Chirurgisch-Orthopädischen Fachklinik Lorsch und dem
Krankenhaus St. Marien in Lampertheim, das auf Innere Medizin spezialisiert ist, zwei
kleinere
Fachkliniken
im
Markt
Worms
tätig,
die
den
wettbewerblichen
Verhaltensspielraum der Krankenhäuser der Beteiligten nur begrenzt beschränken
können.
120.
Alle übrigen Wettbewerber weisen mit Marktanteilen von unter 2,5% nur eine sehr
geringe Patientenzahl im Marktgebiet Worms auf und verfügen bis auf das
Universitätsklinikum Mainz ebenfalls nicht über die Breite der vom Klinikum Worms
angebotenen Fachabteilungen.
3.4
121.
Zugang zum Absatzmarkt
Durch den Zusammenschluss wird das Klinikum Worms einen wesentlich besseren
Zugang zum Absatzmarkt Worms erlangen.
122.
Mit dem Zusammenschluss erwirbt das Klinikum Worms mit dem Hochstift im Markt
Worms einen zweiten Krankenhausstandort in zentraler Lage der Stadt Worms, dem
Oberzentrum der Region Worms. Das Klinikum Worms ist damit für die Patienten im
Markt Worms noch leichter zu erreichen als bisher. Von den Wettbewerbern verfügt
nach dem Zusammenschluss allein das auf Innere Medizin/Geriatrie spezialisierte St.
Marienkrankenhaus in Lampertheim mit 85 Betten über einen Standort im Markt Worms.
Alle übrigen Wettbewerber liegen außerhalb des Marktes.
123.
Ferner erhöht das Klinikum Worms seine Kapazitäten im Bereich der Inneren Medizin,
der Chirurgie und der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde sowie bei den gynäkologischen
- 35 -
Operationen. Ferner wird das Klinikum durch den Zusammenschluss um eine
Belegabteilung für Augenheilkunde erweitert. […] Damit kann das Klinikum Worms nach
dem Zusammenschluss weitere Patienten auf sich ziehen, die bislang das Klinikum
mangels Angebots nicht als Auswahlmöglichkeit in Betracht gezogen haben.
124.
Die Anzahl der Planbetten erhöht sich um 144 Planbetten, so dass das Klinikum nach
dem Zusammenschluss über insgesamt rund 700 Planbetten verfügen würde. Nach dem
Zusammenschluss
wäre
das
Klinikum
das
größte
Krankenhaus
nach
dem
Universitätsklinikum Mainz im Krankenhaus-Planungsbereich Rheinhessen-Nahe. Im
Südwesten von Rheinland-Pfalz wäre das Klinikum Worms das größte Krankenhaus
nach dem Klinikum Ludwigshafen mit 970 Betten. Dieses Krankenhaus erreicht im Markt
Worms jedoch einen Marktanteil von nur weniger als 5%. Zudem hat das Klinikum nach
dem Zusammenschluss mit zwei Standorten im Oberzentrum Worms und zwei
Medizinischen Versorgungszentren und einem Zentrum für Gesundheitsvorsorge einen
weitaus besseren Zugang zu den Patienten im Markt Worms als das außerhalb des
Marktes liegende Klinikum Ludwigshafen. Gleiches gilt auch in Bezug auf die übrigen
Wettbewerber der Beteiligten.
3.5
125.
Verhinderung potentiellen und nachstoßenden Wettbewerbs
Durch den Zusammenschluss fällt bei Zugrundelegen des relevantes Marktes Worms
der größte Wettbewerber weg. Das Klinikum kann sich – bei Betrachtung des Marktes
Worms – durch den Zusammenschluss diejenigen Patienten sichern, die bislang das
Hochstift als Ausweichalternative angesehen haben.
126.
Die Kooperationen zwischen den Krankenhäusern der Beteiligten und anderen
Krankenhäusern sind durch den Zusammenschluss gefährdet. So bestehen z.B. konkret
Kooperationen des Klinikum mit dem Klinikum Ludwigshafen bezüglich ambulanter
Augenoperationen und mit der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen
über eine neurochirurgische Zusammenarbeit im Traumazentrum. Es ist nicht davon
auszugehen,
dass
diese
Kooperationen
nach
dem
Zusammenschluss
weiter
aufrechterhalten werden. Denn das Klinikum Worms als Schwerpunktversorger wird
daran interessiert sein, die Patienten, die einer Behandlung durch eine bei einem
Schwerpunktversorger bzw. einer Fachklinik vorgehaltene Abteilung bedürfen, in das
eigene Haus umzulenken. Da das Hochstift über eine eigene Belegabteilung für
Augenheilkunde und […] verfügt, ist davon auszugehen, dass diese Behandlungen
künftig im eigenen Haus erfolgen werden. Eine Kooperation mit Dritten ist insoweit nicht
mehr erforderlich.
127.
Desweiteren wird durch den Zusammenschluss nachstoßender Wettbewerb behindert.
Wie bereits oben dargestellt, fällt bei Betrachtung des Marktes Worms durch den
- 36 -
Zusammenschluss der nächstgrößere Wettbewerber des Klinikum weg. Nach den
vorliegenden Informationen hat der HDV eine strategische Neuausrichtung des Hochstift
im Bereich der Inneren Medizin beschlossen […]. […] Ferner wurde der Bereich der
Gynäkologie zum 1. Mai 2011 in den Status einer Hauptabteilung erhoben. Diese
Neustrukturierung stärkt das Hochstift gegenüber dem Klinikum Worms, das bislang
keinen
Schwerpunkt
Altersmedizin
aufweist,
und
gegenüber
den
übrigen
Wettbewerbern. Mit dem Zusammenschluss entfällt dieser nachstoßende Wettbewerb
gegenüber dem Klinikum Worms.
3.6
128.
Vertikale Verflechtungen
Auch im Hinblick auf vertikale Verflechtungen mit sonstigen Einrichtungen des
Gesundheitswesens
sind
die
Krankenhäuser
der
Beteiligten
den
sonstigen
Wettbewerbern im Markt Worms überlegen. So ist das Klinikum Worms an dem
Medizinisches Versorgungszentrum Klinikum Worms gGmbH beteiligt, das aus den
Bereichen Nuklearmedizin, Neurologie und Anästhesie besteht.61 Zudem betreibt das
Klinikum, wie oben dargestellt, in der Stadt Worms künftig in einem Ärztehaus, in dem
Ärzte
verschiedener
Gesundheitsförderung
Fachrichtungen
mit
einem
tätig
sein
werden,
Informations-,
ein
Zentrum
Präventions-
für
und
Rehabilitationsangebot. Auch im Hochstift wird ein Medizinisches Versorgungszentrum
betrieben, das die Fachrichtung Neurochirurgie abdeckt. Zudem sind in den Räumen
des Hochstifts eine Facharztpraxis für Innere Medizin und eine Gemeinschaftspraxis für
Gastroenterologie tätig. Durch die Etablierung von niedergelassenen Praxen am
Krankenhaus ist eine enge Verzahnung von ambulantem und stationärem Sektor
bezweckt, der dauerhaft den Patientenzugang sichern soll.62 Dieser Zugang zu
Patienten und niedergelassenen Ärzten des Hochstift wird nach dem Zusammenschluss
dem Klinikum Worms zu Gute kommen.
129.
Das Klinikum kann nach dem Zusammenschluss die Kontakte zu Patienten und
niedergelassenen Ärzten des Hochstifts auch für die Akquisition stationärer Patienten
bzw. zur Verfestigung der Beziehungen zu den Nachfragern des Gesamtkrankenhauses
nutzen.
130.
Aufgrund der Tatsache, dass die Beteiligten nach dem Zusammenschluss sämtliche
Leistungen beider Häuser in Worms aus einer Hand anbieten können, ist zu erwarten,
dass das Klinikum Worms auch gegenüber den niedergelassenen Ärzten als Einweisern
61
62
Schreiben des Klinikums Worms vom 18.04.2012, S. 2
Bericht der HDV gemeinnützige GmbH, Darmstadt zur Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2010 und des Lageberichtes für das Geschäftsjahr 2010, S. 6
- 37 -
Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Krankenhäusern hat und diese Vorteile künftig
auch gegenüber den im Versorgungsgebiet ansässigen niedergelassenen Ärzten
„verkaufen“ kann.
3.7
131.
Zugang zum Nachfragemarkt
Durch den geplanten Zusammenschluss wird das Klinikum zudem eine verbesserte
Verhandlungsposition gegenüber den Krankenkassen erlangen. Die Finanzierung der
Krankenhäuser erfolgt in Deutschland regelmäßig über zwei Säulen: Zuschüsse der
Bundesländer für Infrastrukturmaßnahmen sowie durch die Krankenhausentgelte für den
laufenden Betrieb. Die Krankenhausentgelte werden nach Fallpauschalen wie folgt
bestimmt: Alle Leistungen an Patienten sind anhand der Haupt- und Nebendiagnosen
für den einzelnen Behandlungsfall und anhand der fallbezogen durchgeführten
Behandlungen in Fallgruppen, sog. Diagnosis Related Groups (DRGs) klassifiziert.
Jeder DRG ist dabei ein sogenanntes Kostengewicht zugeordnet, so dass die DRG den
durchschnittlichen Ressourcenaufwand auf Grund der Fallschwere abbildet. Zur
Berechnung des Entgeltes für die jeweilige Krankenhausbehandlung wird die
Bewertungsrelation der DRG mit dem sog. Basisfallwert multipliziert. Der Basisfallwert ist
ein
einheitlicher
Bewertungsmaßstab
auf
Landesebene,
der
zwischen
den
Landeskrankenhausgesellschaften, den Landesverbänden der Krankenkassen, den
Ersatzkassen und dem jeweiligen Landesausschuss des Verbandes der privaten
Krankenversicherung vereinbart wird (§ 10 Abs. 1 S. 1 KHEntgG). Für das einzelne
Krankenhaus wird jedoch weiterhin das Erlösbudget zwischen dem Krankenhausträger
und den Krankenkassen verhandelt, auf die mehr als 5% der Belegungstage des
Krankenhauses entfällt (§ 11 Abs. 1 KHEntgG i.V.m. § 18 Abs. 2 KHG).
132.
Mit dem geplanten Zusammenschluss sollen Klinikum und Hochstift zu einem
Verbundkrankenhaus zusammengeführt werden, so dass die Entgelte für beide Häuser
einheitlich mit den Krankenkassen verhandelt werden. Nach dem Zusammenschluss
würden über 50% der aus dem Markt Worms stammenden Patienten an einem der
Standorte
des
Klinikum
Worms
behandelt,
das
als
Krankenhaus
der
Schwerpunktversorgung über ein Fachangebot verfügen wird, das in dem Markt von
keinem weiteren Krankenhaus angeboten wird. Damit stärkt der Zusammenschluss auch
die Verhandlungsposition des Klinikum gegenüber den Krankenkassen und gibt dem
Klinikum die Möglichkeit, höhere Budgets auszuhandeln, die zu einer Ausweitung der
Fallzahlen und damit zu einer weiteren Stärkung gegenüber den Wettbewerbern und
hier insbesondere gegenüber den kleineren Fachkrankenhäusern genutzt werden kann.
- 38 -
3.8
133.
Keine Sanierungsfusion
Die Vertreter des Klinikums haben in der Besprechung im Bundeskartellamt am 2. Mai
2012 die Ansicht vertreten, [es liege ein Fall der Sanierungsfusion vor]. Ähnliches trägt
das Ministerium für für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes
Rheinland-Pfalz vor.63
134.
Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen einer sog. Sanierungsfusion jedoch
nicht vor, damit ist auch der geplante Zusammenschluss kausal für die Verschlechterung
der Marktverhältnisse nach dem Zusammenschluss.
135.
Ein
Zusammenschluss
ist
trotz
Entstehung
oder
Verstärkung
einer
marktbeherrschenden Stellung als Sanierungsfusion freizugeben, wenn die folgenden
Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, wobei der Nachweis, dass die Voraussetzungen
hierfür vorliegen, den beteiligten Unternehmen obliegt64:
- Das zu erwerbende Unternehmen würde ohne den Zusammenschluss aus dem Markt
ausscheiden, weil es sanierungsbedürftig und alleine nicht überlebensfähig ist. Im
Regelfall dürfte dies gegeben sein, wenn ein Insolvenzverfahren bereits eingeleitet ist
oder überprüfbar unmittelbar bevorsteht. Die Sanierungsbedürftigkeit ist mit
geeigneten Unterlagen nachzuweisen, die bloße Behauptung der Beteiligten reicht
nicht aus.
- Es gibt keine wettbewerblich weniger schädliche Alternative zu dem geplanten
Zusammenschluss. Insbesondere kommt kein Unternehmen als alternativer Erwerber
in Betracht, dessen Erwerb den Wettbewerb weniger beeinträchtigen würde als der
angemeldete Zusammenschluss. Dies erfordert den Nachweis, dass sich der
Verkäufer ausreichend um eine anderweitige Veräußerung bemüht hat.
-
Die
Marktposition
des
erworbenen
Unternehmens
würde
auch
ohne
den
Zusammenschluss im Wesentlichen dem erwerbenden Unternehmen zufallen.
Dies
ist
insbesondere
dann
zu
erwarten,
wenn
es
sich
bei
den
Zusammenschlussbeteiligten um die einzigen wesentlichen Wettbewerber handelt
und die Marktgegenseite somit keine anderen Ausweichmöglichkeiten hat. Bei
mehreren im Markt verbleibenden Wettbewerbern ist im Regelfall zu erwarten, dass
die bislang auf das ausscheidende Unternehmen entfallenden Marktanteile ohne den
63
64
Schreiben vom 6.07.2012
BKartA, Leitfaden zur Marktbeherrschung, Randnr. 184,
http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Publikationen/2012-0329_Leitfaden_Endfassung_neu.pdf
- 39 -
Zusammenschluss nicht insgesamt dem Erwerber zufallen, sondern sich auf die am
Markt verbleibenden Unternehmen verteilen.
136.
Keine dieser drei Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall erfüllt:
3.8.1. Keine Sanierungsbedürftigkeit des Hochstift
137.
Das Hochstift steht nicht unmittelbar vor der Insolvenz und ist dementsprechend auch
nicht sanierungsbedürftig. Dabei kann dahinstehen, ob es für die Frage des
Sanierungsbedarfs unmittelbar auf das Hochstift als Zielobjekt des geplanten
Zusammenschlusses ankommt oder aber – weil es sich beim Hochstift um eine
unselbstständige Einrichtung des von Agaplesion beherrschten HDV handelt, auf die
Agaplesion-Gruppe. In beiden Fällen ist kein Sanierungsbedarf ersichtlich. Zur Prüfung
der
Voraussetzungen
Verlustrechnungen
des
hat
sich
Hochstift
das
für
die
Bundeskartellamt
Jahre
2009
bis
die
Gewinn-
2011
sowie
und
den
Jahresabschluss des HDV für die Jahre 2009 und 2010 sowie von Agaplesion für 2010
und 2011 vorlegen lassen.
138.
[…]
139.
Aus der strategischen Entscheidung der HDV-Geschäftsführung, […], ist zu erkennen,
dass auch aus Sicht der Geschäftsführung des HDV das Hochstift für sich gesehen nicht
unmittelbar vor der Insolvenz steht. Dementsprechend hat der HDV auf den
Auskunftsbeschluss vom 16.05.2012, mit dem sämtliche Strategieunterlagen des HDV in
Bezug auf die Veräußerung des Hochstift angefordert wurden, keine Unterlagen
vorgelegt, aus denen sich Beratungen des HDV über die wirtschaftliche oder finanzielle
Situation des Hochstift oder gar dessen Schließung ergeben. Vielmehr gab es nach
Angaben der HDV-Geschäftsführung keine solchen Sitzungen.
140.
Der Hinweis des Klinikums65 und des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und
Demografie des Landes Rheinland-Pfalz auf notwendige bauliche Investitionen am
Hochstift belegt ebenfalls keine wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Hochstift. Wie das
Ministerium ausführt, sind diese Kosten zum großen Teil vom Land nach dem
Krankenhausfinanzierungsgesetz vollständig zu fördern.66 Soweit das Ministerium meint,
es bestehe die Gefahr, dass das Hochstift nicht wirtschaftlich geführt werden könne und
möglicherweise sogar den Betrieb aufgeben müsse, trifft dies, wie oben in den
Randziffern 136 und 137 dargestellt, nicht zu. Im übrigen würde durch den geplanten
Zusammenschluss der bauliche Investitionsbedarf entgegen der Darstellung des
65
66
Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012, II. (16.), S. 10
Schreiben des Ministeriums für für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz vom 6.07.2012, S. 2
- 40 -
Ministeriums
nicht
geringer.
Vielmehr
soll
das
Hochstift
auch
nach
dem
Zusammenschluss als eigenständiger Krankenhausstandort weiterbetrieben werden, so
dass die Gebäude ohnehin saniert werden müssen.
141.
Auch die Darstellung des Klinikums, wesentliche Wirtschaftsbereiche des Hochstift wie
Küche, Wäscherei, Reinigung, Technik, Apotheke und Lager seien ausgelagert und aus
Kostengründen in dieser Form nicht weiter zu betreiben67, zeigt weder eine
wirtschaftliche Notlage des Hochstift noch gar dessen bevorstehende Insolvenz. Selbst
wenn es zutreffen sollte, dass diese Bereiche derzeit nicht wirtschaftlich betrieben
würden, wofür das Klinikum keine Belege anführt oder beibringt, wäre dies kein Grund
für eine Notlage, weil nicht behauptet wurde und auch nicht ersichtlich ist, dass die
ausgelagerten Dienstleistungen nicht an andere, kostengünstigere Anbieter wie
beispielsweise das Klinikum vergeben werden könnten. Eine wirtschaftliche Notlage des
Hochstift ergibt sich nicht. Gleiches gilt für den Hinweis des Klinikums auf ein
Fremdlabor und die Sterilisationsabteilung.68
142.
Wird in Bezug auf die Sanierungsbedürftigkeit nicht auf das Zielobjekt des
Zusammenschlussvorhabens, das Hochstift, sondern wegen der wirtschaftlichen Einheit
mit HDV und Agaplesion auf Agaplesion abgestellt, ergibt sich das gleiche Bild:
Agaplesion betreibt zahlreiche Gesundheitseinrichtungen in Deutschland und erzielte in
den
Jahren
2010
Millionenbereich.
und
Eine
2011
Konzernjahresüberschüsse
unmittelbare
Insolvenzgefahr
im
und
zweistelligen
auch
eine
Sanierungsbedürftigkeit des Hochstift besteht daher insbesondere auch bei einer
Gesamtbetrachtung
des
Agaplesion-Konzerns
nicht.
Dies
erscheint
umso
unwahrscheinlicher, als Agaplesion vor wenigen Tagen der Erwerb der proDiako
gGmbH, Rotenburg/Wümme, beim Bundeskartellamt angemeldet hat. proDiako betreibt
sieben
Krankenhäuser,
zwei
Rehabilitationseinrichtungen
und
zwei
stationäre
Pflegeeinrichtungen und erzielt einen Jahresumsatz von 290 Mio. €.69 Demgegenüber
würde das Hochstift nach dem Zusammenschluss mit dem Klinikum unter der Kontrolle
der Stadt Worms stehen, die für die Jahre 2011 bis 2015 im Unterschied zu Agaplesion
67
68
69
Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012, II. (18.), S. 11
Stellungnahme zur Abmahnung vom 23.08.2012, II. (19.), S. 11
Meldung von proDiako „Zusammenschluss zwischen AGAPLESION und proDIAKO besiegelt“ vom
18.08.2012, veröffentlicht im Internet unter:
http://www.prodiako.de/index.php?id=76&type=123&tx_ttnews[backPid]=75&tx_ttnews[tt_news]=904&
cHash=04d6415d89&tx_ttnews[tt_news]=904
- 41 -
im Haushaltsplan jeweils einen Jahresfehlbetrag im zweistelligen Millionenbereich
angesetzt hat.70
143.
Das Hochstift ist daher wirtschaftlich keineswegs unmittelbar von der Insolvenz
bedroht, so dass ein unmittelbares Ausscheiden aus dem Markt nicht zu erwarten ist.
3.8.2 Kein Nachweis eines fehlenden alternativen Erwerbers
144.
Die Beteiligten haben, wenn sie sich auf das Institut der Sanierungsfusion berufen
wollen, nicht nur den Nachweis zu erbringen, dass das betroffene Unternehmen
sanierungsbedürftig ist, sondern auch, dass es keine weniger wettbewerbsschädliche Alternative und insbesondere keinen geeigneten alternativen Erwerber gibt.
145.
Diesen Nachweis haben die Beteiligten nicht erbracht. Vielmehr hat der HDV als
Betreiber des Hochstift nach eigenen Angaben71 keine weiteren Verhandlungen und
Gespräche mit anderen über eine Veräußerung des Hochstift geführt.
146.
In Bezug auf die vom Klinikum angeführten wirtschaftlichen Schwierigkeiten in den
ausgelagerten Wirtschaftsbereichen Küche, Wäscherei, Reinigung, Technik, Apotheke
und Lager sowie in den Bereichen des Fremdlabors und der Sterilisationsabteilung ist
nicht dargelegt worden, dass ausschließlich der geplante Zusammenschluss des
Hochstift mit dem Klinikum diese Schwierigkeiten beseitigen könnte, wenn sie denn
tatsächlich bestehen sollten, wofür es keinen Beleg gibt. Diese Leistungen könnten auch
durch eine vertragliche Kooperation mit einem Drittanbieter in Bezug auf den speziellen
Bereich als weniger wettbewerbsschädliche Alternative zu einem vollständigen
Zusammenschluss beider Krankenhäuser beseitigt werden.
3.8.3 Marktposition des Hochstift fällt nicht im Wesentlichen Klinikum zu
147.
Die Beteiligten haben auch nicht nachgewiesen, dass dem Klinikum die Marktanteile des
Hochstift auch bei Ausscheiden des Krankenhauses aus dem Markt nahezu vollständig
zufallen würden.
148.
Bei einem unterstellten Ausscheiden von Hochstift auf dem relevanten Markt würden
deren Marktanteile nicht nahezu vollständig auf das Klinikum übergehen. Ein Vergleich
der Szenarien (a) "das Hochstift scheidet aus dem Markt aus" mit (b) "Klinikum
übernimmt das Hochstift" zeigt, dass die Verstärkungswirkungen, die durch einen
Zusammenschluss eintreten, die Verstärkungswirkungen, die bei einem Ausscheiden
einträten, übertreffen. Wesentlicher Grund hierfür ist, dass zu erwarten ist, dass
70
Nibelungenstadt Worms, Haushalt 2012, S. 21, veröffentlicht im Internet unter:
https://www.worms.de/downloads/Bereich_2/Haushaltsplan-2012.pdf
71
Schreiben des HDV vom 26.06.2012, Punkt 6, S. 2
- 42 -
substanzielle Marktanteile, die bisher vom Hochstift gehalten werden, auch von
Wettbewerbskrankenhäusern
Wettbewerberkrankenhäusern
übernommen
zählen
im
würden.
Wesentlichen
das
Zu
diesen
Kreiskrankenhaus
Bergstraße für den Bereich der Inneren Medizin und die Chirurgisch-Orthopädische
Fachklinik Lorsch für die Chirurgie sowie das Klinikum Ludwigshafen und die
Universitätsmedizin Mannheim.
149.
Da über die genaue zukünftige Verteilung keine absolut verlässliche und differenzierte
Prognose möglich ist, ist es sachgerecht anzunehmen, dass sich die Marktanteile des
Hochstift auf die verbleibenden Wettbewerber im Verhältnis ihrer aktuellen Marktanteile
verteilen werden. Es ist nicht ersichtlich, warum sich die Patienten des Hochstift in
wesentlichem Umfang anders verhalten sollten als bislang schon die Gesamtzahl der
Patienten im räumlich relevanten Markt.
150.
Nach den Berechnungen der Beschlussabteilung würden sich die in der folgenden
Tabelle dargestellten „autonomen“ - d.h. im Falle eines Ausscheidens des Hochstift an
das Klinikum gehenden - Marktanteilszuwächse ergeben. Die letzte Spalte zeigt die
Differenz
dieser
autonomen
Zuwächse
zu
den
Zuwächsen
im
Falle
eines
Zusammenschlusses, damit also die Anteile, die im Falle des Ausscheidens an
Wettbewerbskrankenhäuser gingen. Die Prozentangaben werden dabei zum Schutz von
Geschäftsgeheimnissen in gerundeten 2,5 %-Intervallen angegeben. Die in der Tabelle
angegebenen Summen werden ihrerseits in gerundeten 2,5 % Intervallen der exakten
Summen angegeben, d.h. sie können im Einzelfall von der Summe der gerundeten
Einzelwerte abweichen.
Tabelle 6: Prognostizierte Marktanteilsverteilung Gesamtmarkt/Chirurgie/Innere Medizin
Marktanteilszuwachs beim Klinikum Worms
151.
vor dem
Zusammenschluss
Zuwachs im Fall des
Zusammenschlusses
Autonomer
Zuwachs
Kausaler
Zuwachs
Gesamtmarkt
37,5%
12,5%
5%
7,5%
Chirurgie
27,5%
22,5%
7,5%
17,5%
Innere Medizin
40%
15%
7,5%
10%
Wie oben dargestellt, würde sich der Marktanteil der Beteiligten auf dem sachlich
relevanten Gesamtmarkt um 12,5 % auf insgesamt rd. 50 % erhöhen. Bei einem
unterstellten Ausscheiden des Hochstift würde sich der Marktanteil dagegen „autonom“
nur auf 42,5% erhöhen. Insoweit würde das Zusammenschlussvorhaben beim Vergleich
- 43 -
der beiden Szenarien zu einem spürbaren kausalen Marktanteilszuwachs von 7,5%
führen. Auf den sachlichen Teilmärkten für Chirurgie und Innere Medizin käme es jeweils
ebenso zu einem kausal bedingten Zuwachs durch den Zusammenschluss in Höhe von
17,5
bzw.
10 %-Punkten.
Die
sonstigen
oben
dargestellten
qualitativen
Verstärkungsaspekte wären insoweit zusätzlich zu berücksichtigen.
152.
Der beabsichtigte Zusammenschluss führt daher bei einem unterstellten Ausscheiden
des Hochstift aus dem Markt nicht dazu, dass die Marktposition des Hochstift im
Wesentlichen dem Klinikum Worms zufallen würde.
153.
Die Voraussetzungen einer sog. Sanierungsfusion sind im vorliegenden Fall daher nicht
erfüllt.
154.
3.9
Gesamtbetrachtung
Unter
Berücksichtigung
aller
relevanten
unternehmens-
und
marktspezifischer
Strukturfaktoren ist zu erwarten, dass die geplante Übernahme des Hochstift durch das
Klinikum auf dem Markt Worms, der auf Basis der angebots- und nachfrageorientierten
Betrachtung dem Zusammenschlussvorhaben zugrundezulegen ist, zumindest die
Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung erwarten lässt.
155.
Neben der Marktanteilsaddition auf dem relevanten räumlichen Markt sind vorliegend
auch zahlreiche Strukturfaktoren relevant, auf Basis derer mit einer erheblichen
Verschlechterung der Wettbewerbssituation zu rechnen ist. So gibt es in dem Markt kein
weiteres Krankenhaus bzw. keinen weiteren Krankenhauskonzern, der über ein derart
weites Netzwerk und damit über eine derart weite räumliche Marktabdeckung verfügt
wie derzeit Agaplesion mit dem Hochstift. Gerade das Hochstift ist bereits im relevanten
Markt der zweitstärkste Wettbewerber des Klinikum. Allein der Wegfall ihres
Wettbewerbspotenzials würde die marktbeherrschende Stellung des Klinikum deutlich
verstärken. Ferner ist das Klinikum Worms ein Schwerpunktversorger, in das die
Patienten, die nach einer Behandlung im Hochstift zum Zwecke einer spezielleren
Behandlungen verlegt werden müssen, nach dem Zusammenschluss bevorzugt
überwiesen werden können.
156.
Darüber hinaus würde die konzerninterne Integration des Hochstift in das Klinikum
zusätzlich erhebliche negative wettbewerbliche Auswirkungen auf die Fachkliniken und
die weiteren Allgemeinkrankenhäuser haben, die im räumlich relevanten Markt tätig sind
und die schon jetzt – mit Ausnahme der Maximalversorger außerhalb des Marktes - im
Hinblick auf ihr Versorgungsangebot und ihre räumliche Marktabdeckung den
Krankenhäusern der Beteiligten nichts entgegenzusetzen haben. Aufgrund dessen ist im
Rahmen einer wettbewerblichen Prognose damit zu rechnen, dass sich die für das Jahr
- 44 -
2010 ermittelten Fallzahlen bzw. Marktanteile der Wettbewerbskrankenhäuser durch den
Zusammenschluss in der Zukunft weiter reduzieren.
4.
157.
Abwägungsklausel
Die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen haben bisher nicht vorgetragen
noch sind Anhaltspunkte erkennbar, dass durch das Zusammenschlussvorhaben auch
Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten würden und dass diese
Verbesserungen die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen könnten (§ 36 Abs. 1
GWB).
5.
158.
Ergebnis
Das angemeldete Zusammenschlussvorhaben lässt jedenfalls die Entstehung einer
marktbeherrschenden
Stellung
auf
dem
Markt
für
akutstationäre
Krankenhausdienstleistungen Worms erwarten und ist daher nach § 36 Abs. 1 GWB zu
untersagen.
C. GEBÜHREN
159.
Die Untersagung eines Zusammenschlussvorhabens ist als Amtshandlung der
Kartellbehörde nach § 40 GWB gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GWB gebührenpflichtig.
Die Kartellbehörde kann hierfür Gebühren bis zu 50.000 €, bei besonders großer
wirtschaftlicher Bedeutung und außergewöhnlich hohem Verwaltungsaufwand bis zu
100.000 € erheben (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 3 GWB). Die
Anmeldung eines Zusammenschlusses nach § 39 Abs. 1 GWB ist gemäß § 80 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 GWB ebenfalls gebührenpflichtig. Auf die Gebühr für die Untersagung ist
die Gebühr für die Anmeldung des Zusammenschlusses anzurechnen (§ 80 Abs. 1 Satz
4 GWB).
160.
Die Höhe der Gebühr bestimmt sich gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 GWB nach dem
personellen und sachlichen Aufwand der Kartellbehörde (Kostendeckungsprinzip) unter
Berücksichtigung
der
wirtschaftlichen
Bedeutung,
die
der
Gegenstand
der
gebührenpflichtigen Handlung hat (Äquivalenzprinzip). Dabei kommt der wirtschaftlichen
Bedeutung des Zusammenschlusses die relativ größere Bedeutung zu. Sie ergibt sich
regelmäßig aus den von dem Zusammenschluss erwarteten wirtschaftlichen Vorteilen
für die anmeldenden Unternehmen und den Auswirkungen auf den betroffenen Markt
161.
Für die wirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses auf Seiten der Unternehmen
sind wiederum indiziell deren Umsätze auf den relevanten Märkten und die Marktanteile
- 45 von Bedeutung.72 Dabei ist innerhalb des Gebührenrahmens dem durchschnittlichen Fall
die Mittelgebühr als angemessene Gebühr zuzuordnen. Diese beträgt nach dem derzeit
geltenden Gebührenrahmen 25.000 €. Von diesem Mittelwert sind, abhängig von der
jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung und dem Arbeitsaufwand, Zu- oder Abschläge
vorzunehmen, deren Höhe im Ermessen der Kartellbehörde liegt.73
162.
Dem angemeldeten Zusammenschlussvorhaben misst die Beschlussabteilung eine
durchschnittliche wirtschaftliche
Bedeutung zu.
Die Zusammenschlussbeteiligten
erzielen auf dem Markt Worms mit stationären Krankenhausdienstleistungen insgesamt
Umsätze von rund […] und einen gemeinsamen Marktanteil weit oberhalb der
Marktbeherrschungsvermutung des § 19 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB.
163.
Der Aufwand zur Erlangung der für eine sachgerechte fusionskontrollrechtliche Prüfung
erforderlichen Informationen über das Zusammenschlussvorhaben lag erheblich über
dem Durchschnitt, es wurden im Vorprüfverfahren 20 und im Hauptprüfverfahren weitere
51 Krankenhäuser mit Auskunftsbeschluss befragt und die relevanten Krankenhausdaten elektronisch erhoben und ausgewertet. Ferner wurden die Ermittlungsergebnisse
mehrfach mit den Vertretern der Beteiligten im Bundeskartellamt erörtert und eine ausführliche Abmahnung erstellt sowie die Frist für das Verfahren verlängert.
164.
In Anbetracht aller für die Bemessung der Gebühr ausschlaggebenden Kriterien ist im
vorliegenden Fall eine Gebühr in Höhe von insgesamt […] angemessen. Nach
Anrechnung
der gesondert
zu
erhebenden Gebühr für
die
Anmeldung
des
Zusammenschlussvorhabens von […] wurde in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens
für die Untersagung noch ein Betrag von […] festgesetzt.
165.
Kostenschuldner sind nach § 80 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 i.V.m § 80 Abs. 1 Nr. 2, § 40 GWB
die Beteiligten als Gesamtschuldner (§ 80 Abs. 6 Satz 3 GWB).
166.
[…]
167.
[...]
168.
[...]
72
73
Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.4.2008, VI-Kart 2/08 (V) m.w.N.
Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.2.2010, VI-Kart 11/09 (V), Rz. 8 m.w.N., zit.n. juris
- 46 -
D. RECHTSMITTELBELEHRUNG
169.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich binnen einer mit
Zustellung des Beschlusses beginnenden Frist von einem Monat beim Bundeskartellamt, Kaiser-Friedrich-Straße 16, 53113 Bonn, einzureichen. Es genügt jedoch, wenn sie
innerhalb dieser Frist bei dem Beschwerdegericht, dem Oberlandesgericht Düsseldorf,
eingeht.
170.
Die Beschwerde ist durch einen beim Bundeskartellamt oder beim Beschwerdegericht
einzureichenden Schriftsatz zu begründen. Die Frist für die Beschwerdebegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des Beschlusses und kann auf Antrag
vom Vorsitzenden des Beschwerdegerichts verlängert werden. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, und die – gegebenenfalls auch neuen – Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.
171.
Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Temme
Dr. Wimmer
Töllner
Sie werden darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung - dem Tenor nach - im elektronischen
Bundesanzeiger (§ 43 Abs. 2 GWB) sowie - im Volltext - im Internet veröffentlicht wird. Sie
werden daher gebeten, der Beschlussabteilung innerhalb von 7 Tagen nach Zustellung dieses
Beschlusses gegebenenfalls schriftlich mitzuteilen, dass die Entscheidung - über von Ihnen im
Verfahren bereits als solche erkennbare Geschäftsgeheimnisse hinaus - weitere
Geschäftsgeheimnisse enthält, die vor Veröffentlichung zu löschen sind. Bitte begründen Sie
mit eingeschriebenem Brief oder per Telefax, warum es sich bei den von Ihnen gewünschten
Löschungen um Geschäftsgeheimnisse handelt. Sollte die zuständige Beschlussabteilung
innerhalb von 7 Tagen keine Nachricht von Ihnen erhalten, geht das Bundeskartellamt davon
aus, dass diese Entscheidung keine weiteren Geschäftsgeheimnisse enthält, und wird sie
veröffentlichen.
- 47 -
A.
SACHVERHALT .............................................................................................................................................. 2
I. Das Vorhaben ........................................................................................................................................................ 2
II. Die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ........................................................................................... 2
1.
Klinikum Worms gGmbH ............................................................................................................................ 2
2.
Agaplesion Hochstift Evangelisches Krankenhaus, Worms........................................................................ 3
III.
Verfahren ........................................................................................................................................................ 3
IV.
Krankenhausplanung im Bundesland Rheinland-Pfalz ................................................................................... 5
B. Untersagungsvoraussetzungen ......................................................................................................................... 7
I.
1.
2.
3.
4.
II.
Formelle Untersagungsvoraussetzungen........................................................................................................ 7
Anwendbarkeit des GWB ........................................................................................................................... 7
Zusammenschlusstatbestand ..................................................................................................................... 7
Keine gemeinschaftsweite Bedeutung....................................................................................................... 7
Überschreiten der Umsatzschwellen des § 35 Abs. 1 GWB ....................................................................... 8
Materielle Untersagungsvoraussetzungen ..................................................................................................... 8
Sachlich relevanter Markt .......................................................................................................................... 8
Räumlich relevanter Markt ...................................................................................................................... 10
2.1 Bedarfsmarktkonzept .......................................................................................................................... 10
2.2 Datenerhebung und Ermittlungsgebiet............................................................................................... 12
2.3 Ermittlungsergebnisse ......................................................................................................................... 14
2.4.1
Angebotsseitige Betrachtung .................................................................................................... 15
2.4.2
Nachfrageorientierte Marktanteilsbetrachtung ........................................................................ 17
2.4.3 Zusammenfassung ......................................................................................................................... 20
3.
Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung ...................................................... 21
3.1 Marktanteile ....................................................................................................................................... 21
3.2 Marktanteile in einzelnen Fachabteilungen ....................................................................................... 25
3.3 Breite des Versorgungsangebotes ...................................................................................................... 30
3.4 Zugang zum Absatzmarkt ................................................................................................................... 34
3.5 Verhinderung potentiellen und nachstoßenden Wettbewerbs ......................................................... 35
3.6 Vertikale Verflechtungen ................................................................................................................... 36
3.7 Zugang zum Nachfragemarkt ............................................................................................................. 37
3.8
Keine Sanierungsfusion ................................................................................................................. 38
3.8.1. Keine Sanierungsbedürftigkeit des Hochstift ............................................................................ 39
3.8.2
Kein Nachweis eines fehlenden alternativen Erwerbers ........................................................... 41
3.8.3
Marktposition des Hochstift fällt nicht im Wesentlichen Klinikum zu ....................................... 41
3.9 Gesamtbetrachtung ........................................................................................................................... 43
4.
Abwägungsklausel ................................................................................................................................... 44
5.
Ergebnis ................................................................................................................................................... 44
1.
2.
C. Gebühren .........................................................................................................................................................44
D. RECHTSMITTELBELEHRUNG..............................................................................................................................46