BroschŸre 04 - Forum Interkultur
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BroschŸre 04 - Forum Interkultur
aktiv FÜR DEMOKRATIE UND TOLERANZ Projekte gegen Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Gewalt Impressum Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt Stresemannstraße 90 10963 Berlin Tel.: (030) 23 63 408 -0 Fax: (030) 23 64 408 -88 E-Mail: [email protected] Internet: www.buendnis-toleranz.de Berlin, Oktober 2003 Redaktion: Dr. Reiner Schiller-Dickhut Text: Bernhard Wagner Gestaltung: Martin Heinlein ([email protected]) Fotos: (Titel, S. 15, 31, 33, 35, 39) Christian Ditsch/Version; (S. 19, 27) Martin Heinlein (S. 23) Herby Sachs/Version Druck: p.altmann-druck GmbH Auflage: 7.000 VORBILDLICHE PROJEKTE AUS DEM WETTBEWERB „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ Vorwort VON BUNDESTAGSPRÄSIDENT WOLFGANG THIERSE 4 AKTIV für Demokratie und Toleranz Drei Jahre nach seiner Gründung ist das Bündnis für Toleranz – ich muss sagen: leider – nicht überflüssig. Ganz im Gegenteil: Es wird dringend gebraucht. Rechtsextremismus, Hass auf Juden, Hetze gegen Ausländer, die alltägliche Zurücksetzung von Minderheiten – all das gibt es nach wie vor. Bloß wird das in der breiten Öffentlichkeit zunehmend verdrängt. Wegschauen liegt wieder im Trend. Wir waren schon mal weiter: Noch vor drei Jahren, im Sommer 2000, hatten wir die große, die öffentliche Empörung, das allgemeine Entsetzen über die braune Szene und den Willen, im gemeinsamen Schulterschluss etwas dagegen zu tun. Drei Jahre später ist das Thema ziemlich „out“. Dabei genügt ein Blick in die Zeitung, um sich davon zu überzeugen, wie konkret das Problem ist. Nur drei Beispiele aus diesen Wochen des Sommers 2003: In Schwedt foltern Rechtsextremisten stundenlang einen 16jährigen, in Potsdam traktieren Rechtsextreme drei ausländische Offiziere mit Schlägen und Tritten, am Bahnhof Alexanderplatz in Berlin attackieren drei Männer zwei junge Frauen afrikanischer bzw. asiatischer Herkunft. Solche Fälle liefern dann zwar für ein, zwei Tage Schlagzeilen, aber eine kontinuierliche Berichterstattung und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Rechtsradikalismus findet in den Medien kaum noch statt. Umso wichtiger, dass es Menschen gibt, die nicht wegschauen, die erkennen, dass sich nur etwas ändert, wenn wir die allgemeine Gleichgültigkeit und Gewöhnung an den täglichen Angriff auf die Menschenrechte überwinden. Im Laufe der letzten Jahre haben sich zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen für Demokratie und Toleranz gebildet. Sie sind ein großer Erfolg, über den wir uns freuen dürfen. Gerade auch viele junge Leute engagieren sich in solchen Initiativen, worüber ich besonders froh bin. Denn in jeder Demokratie kommt es darauf an, dass ihr die Demokraten nicht ausgehen, sondern nachwachsen. Allen, die solche Initiativen für Demokratie und Toleranz tragen und unterstützen, danke ich an dieser Stelle herzlich, und ich ermutige dazu, in diesem Engagement nicht nachzulassen. Wir sind noch längst nicht am Ziel! Zu den Aufgaben des Bündnisses für Toleranz gehört es, Aktionsideen zu sammeln und zu vermitteln. Denn oft ist wohl die Bereitschaft zum zivilgesellschaftlichen Engagement da, aber es fehlt an einer zündenden Idee für das „Wie“. Hier hilft in Zukunft ein Blick in diese Broschüre, die bewährte und innovative Projekte vorstellt – ein Resümee von zwei Wettbewerben, die das Bündnis für Toleranz durchgeführt hat. Es sind Projekte, die den großen Vorteil haben, dass sie funktionieren (weil sie praxiserprobt sind) und leicht nachzuahmen sind. Wie einleuchtend und überzeugend klingen zum Beispiel Projekte wie die „Weltreise durch Lippstadt“ oder die „Interkulturelle Hausaufgabenbetreuung“! Ich wünsche mir, dass möglichst viele sich von den Ideen dieser Broschüre inspirieren lassen und eigene Projekte auf die Beine stellen. Denn jeder kann mit alltäglichem Engagement dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und Gewalt vorzubeugen. Seien wir uns dabei im Klaren, dass wir noch viel Ausdauer beweisen müssen. Aber die Demokratie, die offene Gesellschaft ist diese Anstrengung wert! Wolfgang Thierse Präsident des Deutschen Bundestages Aktiv für Demokratie und Toleranz 5 inhalt VORWORT von Wolfgang Thierse 4 EINFÜHRUNG 7 SCHULE Projektunterricht, eine spannende Erfahrung 9 BÜNDNISSE Gemeinsam stark für Toleranz 13 INTEGRATION Miteinander auf gleicher Augenhöhe 15 GESCHICHTE Denkzeichen der Erinnerung 19 RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN Gespräche über Kopftuch und Messgewand 21 GEWALTPRÄVENTION Streitbar für friedliche Konfliktlösung 23 GESTEN DES GUTEN WILLENS Fremde werden Freunde 26 INTERKULTURELLES Weltreise in der Provinz 27 NEUE MEDIEN Begegnung im Internetcafé 29 SPORT Fairplay für Respekt und Toleranz 31 INITIATIVEN Zivilcourage trotz rechtsextremer Gewalt 33 INFORMATION Argumentationshilfen gegen Verführungspotenzial 35 KUNST UND THEATER „Wer, wenn nicht wir?“ 37 MUSIK „Meet the culture“, eine Sprache, die alle verstehen 39 DAS BÜNDNIS FÜR DEMOKRATIE UND TOLERANZ 41 EIN PORTAL FÜR ENGAGIERTE 43 6 AKTIV für Demokratie und Toleranz Liebe Leserinnen und Leser, in vielen Bereichen der Gesellschaft engagieren sich Menschen für Demokratie, Respekt und Toleranz. Da ist etwa die „Aktion Zivilcourage Pirna”, die trotz gewalttätiger Übergriffe von Neonazis mit Jugendarbeit, Veranstaltungen und öffentlichen Aktionen ein Zeichen gesetzt hat. Oder die Caritas in Berlin, die sich mit der Vermittlung von Patenschaften für neu zugezogene Migrantinnen und Migranten für eine bessere Integration einsetzt; die „Wirbelstürmer gegen Gewalt” aus Aachen, die sich der Gewaltprävention verschrieben haben und an ihren Schulen Konzepte friedlicher Konfliktlösung verbreiten. Die in dieser Broschüre vorgestellten Initiativen stammen großteils aus den bisherigen zwei Wettbewerben in den Jahren 2001 und 2002. Kriterien der Auswahl waren u. a. Ideenreichtum und Nachahmbarkeit der Projekte. Sie zeigen in erster Linie das ehrenamtliche Engagement kleiner Vereine und Initiativen, aber auch Aktionen von Verbandsgruppen mit Hauptamtlichen im Rücken. Die Projekte können anregen, selbst aktiv zu werden, sich in Schule, Verein, am Arbeitsplatz oder in der Nachbarschaft für Demokratie und Toleranz zu engagieren. Wir bitten Sie deshalb auch, diese Schrift an Bekannte weiterzugeben. Die alltägliche Arbeit von Initiativen, kirchlichen Gruppen, Künstlerinnen und Künstlern, Sportvereinen oder an den Schulen ist oft unspektakulär. Sie findet nur wenig öffentliche Aufmerksamkeit. Dabei ist es gerade dieses alltägliche Engagement, an dem die demokratische Gesellschaft wächst. Ziel dieser Broschüre ist es, das beim “Bündnis für Demokratie und Toleranz” gesammelte einzigartige Potenzial zivilgesellschaftlichen Engagements in gebündelter Form zu präsentieren und für Interessierte zu erschließen. Dazu haben wir die bei uns gesammelten Projekte in vierzehn Bereiche gegliedert, in denen jeweils eine Handvoll unterschiedlich gearteter Aktivitäten mit ihrer Idee vorgestellt werden; zudem finden Sie die notwendigen Angaben, um sich bei der Initiative direkt zu informieren. Das „Bündnis für Demokratie und Toleranz” sammelt und erschließt dieses gesellschaftliche Potenzial, stellt vorbildliche Projekte vor und trägt zu ihrer Vernetzung bei. Es hilft Initiativen bei dem Schritt in die Öffentlichkeit und versucht nachahmenswerte Ideen zu verbreiten. Im Zentrum dieser Arbeit steht ein alljährlicher Best-Practice-Wettbewerb, bei dem in den beiden ersten Jahren weit über 100 Initiativen mit Geldpreisen prämiert wurden. Die Preise bis zu 5.000 EUR ermöglichen nicht nur neue Projekte; die Auszeichnung der Preisträger ist auch eine wichtige „moralische” Unterstützung und Aufwertung für lokale Initiativen. Durch die Auszeichnung können sich neue Türen für sie öffnen. Das Spektrum der ausgewählten Projekte ist vielfältig. Einige Gruppen haben sich etwa zum Ziel gesetzt, Opfer rechtsextremer Gewalt zu unterstützen oder arbeiten an der Integration von Minderheiten und dem Abbau von Vorurteilen. Andere treten Diskriminierung entgegen oder zeigen das Miteinander unterschiedlicher Kulturen und Lebensweisen. Vermittlung von Geschichte, Gewaltprävention oder Information und Argumentationshilfen gegen rechtsextreme Parolen sind Schwerpunkte anderer Initiativen. Aktiv für Demokratie und Toleranz 7 Einige Aktive haben sich zu Gruppen und Bündnissen zusammengeschlossen, andere engagieren sich in ihrem persönlichen Lebensumfeld, im Sportverein, in kirchlichen Gruppen, in der Schule oder in Wohlfahrtsorganisationen. Rechtsextreme Gewalt ist nach wie vor ein vordringliches Problem. Die Bundesregierung stellt in ihrem Bericht vom Mai 2002 fest: „Tatsächlich hat sich in den letzten vier Jahren der Trend zu einem jüngeren, gewaltbereiteren und aktionistischen Rechtsextremismus verstärkt.” (Bericht über die aktuellen und geplanten Maßnahmen und Aktivitäten der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt S. 4) Rechtsextreme richten sich in Ideologie und Gewalttaten gegen Zuwanderer, Obdachlose, Menschen jüdischen Glaubens, Homosexuelle, Behinderte, andersdenkende und alternative Jugendliche. Auch wenn in den großen Medien inzwischen seltener über Angriffe berichtet wird, ist die alltägliche Bedrohung nicht geringer geworden. Die Zahlen des Verfassungsschutzes belegen dies ebenso wie die Recherchen nicht staatlicher Quellen. Der Schutz dieser oder anderer Minderheiten gehört zu den Grundwerten einer Demokratie. Ebenso notwendig wie polizeiliches Handeln und juristische Sanktionen ist hier das zivilgesellschaftliche Engagement. Je solidarischer, lebendiger und vielfältiger die demokratische Zivilgesellschaft, desto mehr wird Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt der Boden entzogen. Initiativen und Projekte, die in dieser Broschüre präsentiert werden, stärken die Zivilgesellschaft. Sie leisten unmittelbare Hilfe oder tragen langfristig zur Integration bei. Die Internetseite des Bündnis für Demokratie und Toleranz www.buendnis-toleranz.de enthält eine Fülle weiterer Initiativen und bietet zusätzliche Informationen zu den hier vorgestellten; auf diese Weise unterstützen wir die Vernetzung aktiver Gruppen. Viele Projekte beweisen, dass Engagement ohne großen Mittelaufwand möglich ist. Andere bedürfen der Förderung, um erfolgreich Demokratie und Toleranz zu stärken. Wolfgang Arnold Geschäftsführer Bündnis für Demokratie und Toleranz 8 AKTIV für Demokratie und Toleranz Dr. Reiner Schiller-Dickhut stv. Geschäftsführer Bündnis für Demokratie und Toleranz SCHULE PROJEKTUNTERRICHT, EINE SPANNENDE ERFAHRUNG An Schulen sind eine Fülle von Projekten zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Gewalt entwickelt worden. Projektunterricht zu diesen Themen ist alles andere als langweilig. Beispiele sind die Spurensuche nach der lokalen Geschichte des Nationalsozialismus oder die kreative Auseinandersetzung mit Rassismus und Gewalt durch Bilder, Videos, Hip Hop Songs oder Neue Medien. Schule ist ein wichtiger Lebensraum für Kinder und Jugendliche ganz unterschiedlicher Herkunft. Wer in der Vielfalt eine Chance erkennt, kann spannende Erfahrungen machen und seinen Horizont erweitern. Die multikulturelle Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler bietet nicht selten den Anlass für das Interesse an anderen Kulturen und einen Beitrag zur aktiven Integration. Manche Schulen nutzen die Angebote freier Träger für Tage des Projektunterrichts. In anderen haben Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer die Initiative ergriffen und führen dauerhafte Projekte durch, die nicht nur dem Lernen dienen, sondern von großem Engagement getragen sind und öffentliche Wirkung entfalten. Schließlich spiegelt Schule auch gesellschaftliche Spannungen wieder. Sie ist nicht frei von rechtsextremen Orientierungen, interkulturellen Konflikten oder Gewalt. Bei der Bewältigung durch Methoden gewaltfreier Konfliktaustragung, Streitschlichter und Konfliktlotsen haben Schulen Vorbildfunktion. Aktiv für Demokratie und Toleranz 9 EINBLICK IN ANDERE WELTEN Interkulturelle Hausaufgabenbetreuung JUNGE DOKUMENTARFILMER Mehr als Geschichtsunterricht An der Hermann Leeser-Realschule in Dülmen wurde 1998 das Konzept der interkulturellen Hausaufgabenbetreuung entwickelt. Schülerinnen und Schüler betreuen Kinder aus Flüchtlingsfamilien, die noch zur Grundschule gehen. Die Kooperation mit lokalen Akteuren, dem „Runden Tisch für das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern“ und der Caritas, sichert den Initiatoren fachkundige Unterstützung. Zweimal wöchentlich treffen sich 10 bis 15 Flüchtlingskinder mit vier jungen Lehrerinnen und Lehrern. Ziel ist die Verbesserung des aktiven und passiven Wortschatzes der Kinder, die Förderung weiterer schulischer Fähigkeiten und das interkulturelle Lernen aller Beteiligten. Das Projekt leistet einen Beitrag zur Integration, indem es den Zwanderern etwas über das Leben in Deutschland vermittelt. Die deutschen Jugendlichen erhalten Einblick in Migrationshintergründe und den Alltag der Flüchtlinge. Die gemeinsame Arbeit und Freizeitgestaltung der Kinder und Jugendlichen aus dem Kosovo, dem Libanon, Albanien und Deutschland eignet sich hervorragend zum Abbau von Vorurteilen. Das Projekt der Realschule Kellinghusen zu Verfolgung und Widerstand im Nationalsozialismus existiert seit 1996. Am Anfang stand ein Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme. Um den Besuch zu verarbeiten, schrieben Schülerinnen und Schüler in einer Textsammlung ihre Erfahrungen und Eindrücke auf. Der nächste Schritt war die Umsetzung in einem Dokumentarfilm. Die Initiative kam dank fachkundiger Unterstützung durch den „Offenen Kanal Kiel”, eines Kameramanns des NDR und der ChronosFilm-Berlin zustande. Der Film wurde in der Gedenkstätte veröffentlicht und unter Moderation von Ralph Giordano im „Offenen Kanal” gezeigt. Später erstellten die Schülerinnen und Schüler ein Modell des ehemaligen Konzentrationslagers und vertonten das Gedicht eines Häftlings. 1998 entstand die Broschüre „Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Kellinghusen” und ein Jahr darauf eine Ausstellung aller bisherigen Projekte. Die Arbeit der Realschule wirkt weit über die Schule hinaus. Ein dort produzierter Film über einen ehemaligen Häftling der Konzentrationslager Sachsenhausen und Neuengamme wurde mehrfach öffentlich präsentiert und wird zur pädagogischen Arbeit in den Gedenkstätten der ehemaligen Konzentrationslager genutzt. Hermann-Leeser-Schule Dülmen Charleville-Mezieres-Platz 2 48249 Dülmen Tel.: 02594-3942 (Ansprechpartner: Ulrich Bangert) Realschule Kellinghusen Danziger Str. 40 25548 Kellinghusen Tel. 04822-376710 (Ansprechpartner: Walter Vietzen) THEATER UND SCHULE – Ein interkulturelles Schulkonzept In der Berliner Spreewald-Grundschule waren 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler nicht deutscher Herkunftssprache. Etliche Eltern vermuteten deshalb eine hohe Gewaltbereitschaft und eine geringes Leistungsniveau und versuchten, ihre Kinder an Nachbarschulen anzumelden. Um die Attraktivität für alle zu verbessern, hat sich die Schule das Profil „Theater und Schule” gegeben. Das pädagogische Konzept ruht auf den vier Säulen Theaterarbeit, zweisprachige Erziehung, Konfliktlotsenausbildung und soziale Arbeit. So werden etwa unterschiedliche Betreuungsangebote zugesichert, die für einige Schülerinnen und Schüler eine Ganztagsbetreuung ermöglichen. In der Schule wird zudem Behindertenintegration praktiziert. Das Konzept überzeugt vor allem durch seinen umfassenden Ansatz. So werden in der Theaterarbeit neben der Sprache allgemeine Fähigkeiten als Voraussetzung einer toleranten Haltung geschult, etwa die Rollendistanz. Der zweisprachige Unterricht unterstützt die türkischen Schülerinnen und Schüler nicht nur in ihrem Selbstbewusstsein, sondern erleichtert ihnen auch das Erlernen der deutschen Sprache. 10 AKTIV für Demokratie und Toleranz Das Konzept zur Überwindung der sozialen und ethnischen Entmischung war bereits nach kurzer Zeit erfolgreich: In einer ersten Klasse spricht wieder die Hälfte der Schülerinnen und Schüler deutsch als Muttersprache. Es hat zum Erfolg beigetragen, dass die Schule mit Theatereinrichtungen und der benachbarten Gesamtschule kooperiert, um die Gewaltprävention auch langfristig und über den engen Schulrahmen hinaus zu gewährleisten. Spreewald Grundschule Pallasstr. 10 10781 Berlin Tel. 030-75607151 (Ansprechpartner: Schulleiter Erhard Laube) Internet: www.spreewald-Grundschule.de INTEGRATION DURCH LESEFÖRDERUNG Bei dem Brandanschlag in Solingen 1993 kam auch eine Schülerin der Grundschule Yorckstraße ums Leben. Eine Lehrerin ergriff gemeinsam mit Eltern, Sponsoren, einer Buchhandlung und der Kinderbuchautorin Annette Langen die Initiative, um zur Verbesserung der Integration beizutragen. Zentrum der Aktivitäten war der Aufbau einer mehrsprachigen Schülerbücherei. Rund 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler nutzen diese Bibliothek. Die Schule liegt in einem sozialen Brennpunkt und etwa ein Viertel der Kinder sind nicht deutscher Herkunft. Insbesondere die Mütter dieser Schülerinnen und Schüler sprechen kaum Deutsch. Um ihnen einen Zugang zur Literatur und damit auch zur Schule allgemein zu schaffen, stellt die Bücherei Kinderliteratur in der jeweiligen Muttersprache bereit. Regelmäßig lesen engagierte Eltern daraus vor, Buchausstellungen finden statt, Spiele können aus der Spielothek des Kinderschutzbundes ausgeliehen werden und es gibt einen Ausleihkoffer, der italienische, türkische und deutsche Bücher enthält. Darüber hinaus wurden Leserallys und Vorlesewettbewerbe in der Bücherei veranstaltet. Annette Langen, die Autorin der Felix-Bücher, hat die Patenschaft für 400 Schülerinnen und Schüler übernommen, die der Schriftstellerin regelmäßig schreiben. In den Büchern spielt die Begegnung der Hauptfigur Felix mit fremden Menschen und Kulturen eine wichtige Rolle. Durch die Patenschaft identifizieren sich die Kinder stark mit den dort vermittelten Werten wie Toleranz und Weltoffenheit. Schließlich werden in Zusammenarbeit mit der Arbeiterwohlfahrt Sprachkurse für ausländische Mütter angeboten und damit auch ein stärkeres Engagement der Frauen in der Schule ihrer Kinder unterstützt. Grundschule Yorckstraße Yorckstr. 12 42653 Solingen Tel. 0212-2541220 (Ansprechpartnerin: Karin Crewett) PROJEKTWOCHE MIT WIRKUNG – Rap-Songs gegen Gewalt Die Martin-Luther-Schule in Herten hat sich mit einer Vielzahl von Projekten gegen Rassismus engagiert. Die Aktionen bieten ein ganzes Reservoir an Ideen. Schon 1993 wurde das Projekt „Spurensuche” ins Leben gerufen. Im November 2000 fand eine Projektwoche gegen Rassismus statt. Im Rahmen der Woche entwarfen Schülerinnen und Schüler einen Vertrag, in dem sich alle Beteiligten der Schule verpflichten sollten, niemanden wegen seiner Herkunft auszugrenzen, zu beleidigen oder zu verletzen. Es wurden einige weitere Regeln festgelegt, etwa ein Verbot des Tragens von Bomberjacken. Rund 80 Prozent der Schulgemeinde unterschrieben den Vertrag. In den unteren Klassen führte das Diakonische Werk ein zweitägiges AntiGewalt- und Deeskalationstraining durch. Auch Besuche themenbezogener Filme und deren Vor- und Nachbereitung gehörten zum Programm. Andere Projekte der Schule wirken auch in die Hertener Öffentlichkeit, so eine Mahnwache aus Anlass des Jahrestages der Reichspogromnacht am 9.November. Schülerinnen und Schüler schrieben RapSongs gegen Gewalt und Rassismus und nahmen sie auf eine CD auf. Die Songs wurden auf vielen Veranstaltungen vorgetragen. Höhepunkt war 2002 die Aufführung auf der Jugendmesse „You” in Essen. Zur Erinnerung an ehemalige Zwangsarbeiter in Herten gestalteten Schülerinnen und Schüler des 9. und 10. Jahrgangs gemeinsam mit einem Künstler das Denkmal „Sagt Nein”. Es wurde auf einem alten Zechengelände aufgestellt. Martin-Luther-Gemeinschaftshauptschule Martin-Luther-Str. 3 45701 Herten Tel. 02366-303940 (Ansprechpartner: Herr Westerholt) Aktiv für Demokratie und Toleranz 11 DIE STREITSCHLICHTER Friedliche Konfliktbewältigung auf dem Schulhof Die Arbeitsgemeinschaft „Streitschlichter” an der NordendSchule in Brandenburg hat sich die Ausbildung von Jugendlichen zu Streitschlichtern zur Aufgabe gemacht. Sie sollen im Klassenverband und in den Pausen Konflikte friedlich lösen und ihren Mitschülern eine größeres Potenzial an Konfliktmanagement vermitteln. Ein einwöchiges Naturcamp diente der Ausbildung der Konfliktspezialisten. Während einer Projektwoche wurden die Handlungsanleitungen an alle Schülerinnen und Schüler weitergegeben. Nach der Methode der Peer-Group-Education wird das Wissen über Methoden friedlicher Konfliktlösung nicht von den Pädagogen, sondern durch Mitschülerinnen und Mitschüler vermittelt. Auch die Bürgerstiftung des Landkreises Fürstenfeldbruck hat ein Modell-Projekt „Schüler-Streitschlichtung” gegen Gewalt in der Schule ins Leben gerufen. Mit 22 Lehrerinnen und Lehrern von vier Real- und sieben Hauptschulen wurde eine einwöchige Weiterbildung durchgeführt. Diese bildeten daraufhin an ihren Schulen insgesamt 150 Schülerinnen und Schüler zu Streitschlichtern aus. Da das Projekt breit angelegt ist, ermöglicht es einen umfassenden Erfahrungsaustausch unter den Beteiligten, der ihnen auch Rückhalt bei der Einführung des relativ neuen pädagogischen Konzeptes gibt. Eine Betreuerin des Instituts für Zusammenarbeit im Erziehungsbereich moderierte den Erfahrungsaustausch und begleitete den Prozess der Einführung. Das Streitschlichtermodell ist ein sinnvolles Mittel der Gewaltprävention und stärkt die demokratische Kultur. „BEGEGNUNG DER KULTUREN” Ein Schulprojekttag FARBE BEKANNT Die Volksschule Würzburg-Heuchelhof ist eine Grundschule mit 450 Schülerinnen und Schülern aus 17 verschiedenen Ländern. Die Hälfte kommt aus osteuropäischen Nachbarstaaten. Die Schule arbeitet seit vielen Jahren im ComeniusSchulprojekt mit Partnerschulen aus Barcelona, Assisi und Mondeville zusammen. Sie griff den Leitgedanken der UNSCO für das Jahr 2002 auf – „Begegnung der Kulturen” – und veranstaltete einen eigenen Projekttag. Dabei konnte das multikulturelle Potenzial der Schule selbst genutzt werden. Es ging um das gegenseitige Kennenlernen des kulturellen Hintergrunds der Kinder. Der Tag sollte zu mehr Verständnis füreinander und gegenseitiger Achtung und Wertschätzung führen. Die Begegnung der Kulturen hat einen direkten Bezug zu der kulturellen Vielfalt an der Schule selbst und zum Alltag der Beteiligten. Sie trägt zum Abbau von Vorurteilen auf allen Seiten bei. Schon die Vorbereitungsgruppe setzte sich aus Eltern zusammen, die aus neun verschiedenen Ländern stammen. Im Mai 2001 renovierten rund 50 Auszubildende und Lehrer des Oberstufenzentrums “Farbtechnik und Raumgestaltung Berlin” ein Kinder- und Jugendzentrum in Berlin-Lichtenberg. Das Zentrum ist eine Begegnungsstätte für Jugendliche und versucht, vor allem Aussiedlerinnen und Aussiedler zu integrieren. Die Auszubildenden setzten mit der Renovierung ein ganz praktisches Zeichen für Toleranz. Die Aktion wurde von einem Studienrat des Oberstufenzentrums initiiert, dem es gelang, zahlreiche Helfer und Institutionen zu motivieren und zur Kooperation zusammen zu führen. Eine Malerfirma stellte die benötigten Materialien zur Verfügung und einige Betriebe gaben ihren Azubis für die Aktion frei. Volksschule Würzburg-Heuchelhof Römerstr. 1 97084 Würzburg (Ansprechpartnerin: Maria Kauczok) 12 AKTIV für Demokratie und Toleranz AG Streitschlichter, Nordend-Schule Lärchenweg 8 16225 Eberswalde Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck Schongerweg 7 82275 Emmering Email: [email protected] (Ansprechpartner: Rolf Marquardt) Caritasverband Berlin e.V. Magdalena Caritas Kinder- und Jugendzentrum Buchbergstr. 4-12 Haus 8Ao 10365 Berlin Tel. 030-55009200 BÜNDNISSE GEMEINSAM STARK FÜR TOLERANZ Zivilgesellschaft muss Flagge zeigen, um demokratische Kultur zu stärken und Rechtsextremen nicht das Feld zu überlassen. Gerade da, wo Neonazis versuchen, Plätze und Orte durch Gewalt zu dominieren, ist es erforderlich, ihnen gemeinsam entgegen zu treten. Bündnisse sind oft der einzige Weg, um etwas zu erreichen. Durch die gesellschaftliche Verankerung haben sie eine breite Wirkung. Sie schaffen Synergieeffekte bei der praktischen Arbeit und zeigen extrem Rechten die Stärke der demokratischen Gesellschaft. FREIBURG „FÜR EINE OFFENE STADT” Toleranz, kulturelle und ethnische Vielfalt sollen das öffentliche Klima der Stadt Freiburg prägen. Dafür stehen die Initiative „Für eine offene Stadt – gegen Fremdenhass und Rassenwahn” sowie das Netzwerk „Freiburg engagiert für Toleranz und Demokratie”. Die Bündnisse werden vom Bürgermeisteramt koordiniert. In ihnen sind mehr als 70 Gruppen, Vereine, Schulen und Institutionen aktiv – von Schülerinnen und Schülern einer 6. Klasse bis zum Wirtschaftsverband. Als im September 2002 in Freiburg eine NPD-Demonstration stattfinden sollte, riefen Netzwerk und Initiative zu einem Aktionstag gegen den Aufmarsch auf. 15.000 Bürgerinnen und Bürger kamen zu den Aktionen und konnten den NPD-Aufmarsch verhindern. Dieses Projekt wurde von der Öffentlichkeit besonders wahrgenommen. Der Schwerpunkt des Netzwerkes liegt jedoch auf kontinuierlicher Arbeit, insbesondere der Jugendarbeit. Eine Broschüre des Bündnisses weist über 100 Projekte auf. Vor allem Jugendliche, die sich in unterschiedlichsten Bereichen engagieren, werden dabei vom Netzwerk unterstützt. Initiative „Für eine offene Stadt” und Netzwerk „Freiburg engagiert für Toleranz und Demokratie” Postfach, 79095 Freiburg, Tel. 0761-2013016, (Ansprechpartner: Hans Steiner) Aktiv für Demokratie und Toleranz 13 „JUGEND MIT PERSPEKTIVE” Eine Zukunftskonferenz „WIR MIT EUCH” Stärkung demokratischer Kultur Zossen ist eine Stadt, die wenig Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten bietet und kaum Freizeitangebote für Jugendliche bereithält. Sie treffen sich meist auf dem Spielplatz oder an den Bushaltestellen des Ortes. Im September 2000 entstand im Jugendfreizeitclub Leo daher die Idee einer Zukunftskonferenz. Rechtsextremen Einflüssen sollte schon präventiv begegnet und Jugendlichen die Beteiligung an demokratischer Mitgestaltung ermöglicht werden. Als Kooperationspartner wurde das Mobile Beratungsteam Brandenburg gewonnen, das bereits Erfahrung mit der Durchführung solcher Veranstaltungen hatte. Ziel war, vorhandene Potenziale in der Stadt zusammenzuführen, darunter auch die vier verschiedenen Jugendcliquen. Der Gesprächsfaden zwischen den Generationen sollte neu geknüpft und den Jugendlichen mehr Mitbestimmung ermöglicht werden. Rund 40 Erwachsene und 40 Jugendliche engagierten sich in dem Bündnis. Ergebnisse der Konferenz waren mehrere konkret vereinbarte Projekte und eine veränderte Atmosphäre in der Stadt. Zwei Projekte befassen sich mit der generationsübergreifenden Kommunikation, ein Projekt hat die Konzeption und Errichtung einer Skaterbahn, ein weiteres die Schaffung eines Jugendraumes zum Ziel. Vertreter der Wirtschaft und des Arbeitsamtes bemühten sich gemeinsam um die Schaffung von mehr Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Bei der Zukunftskonferenz ist es gelungen, Repräsentanten aus verschiedensten Bereichen des Gemeinwesens und Jugendliche aller vier Cliquen an einen Tisch zu bekommen. Sie ist zu konkreten Ergebnissen gekommen und hat die Lebensqualität von Jugendlichen in Zossen verbessert. Der Verein „Wir mit Euch” rief im Mai 2001 das „Bündnis gegen Rechts” in Dessau ins Leben. Es entstand eine Zusammenarbeit von Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Gewerkschaften, Kirchen, Bildung, Kultur, Wirtschaft, Vereinen und Jugend. Anlass war die immer größer werdende Akzeptanz von rassistischen und nationalistischen Meinungen in der Öffentlichkeit und die gefährliche Auffassung, diese böten Lösungsansätze für soziale Probleme. Im Dessauer Umland sind rechtsextreme Übergriffe gegen Flüchtlinge und Andersdenkende häufig. Dem versuchen die Aktiven ein möglichst umfassendes Gegengewicht entgegen zu setzen. Das Bündnis setzt sich für Opfer rechtsextremer Gewalt ein und wirbt für mehr Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit. Es unterstützt Projekte an Schulen und Bildungseinrichtungen, fördert die Arbeit Dessauer Jugendclubs als Zentren der Demokratie und führt das Projekt „Aktion Noteingang” weiter. Im Rahmen der Geschichtsaufarbeitung setzten sich die Initiativen für ein Mahnmal zum Gedenken der Opfer von Zyklon–B ein, das im Zweiten Weltkrieg in Dessau produziert wurde. Zu den Aktionen gehören auch Kundgebungen und Mahnwachen, etwa zum Gedenken an den von Rechtsextremen ermordeten Alberto Adriano oder Gegendemonstrationen zu Aufmärschen von Neonazis in Dessau. Im August 2001 hat das Bündnis ein Antidiskriminierungsbüro für in- und ausländische Bürgerinnen und Bürger eröffnet. Jugendfreizeitclub „Leo” e.V. Nächst Neuendorfer Chaussee 1 15806 Nächst Neuendorf Tel. 03377-332409 (Ansprechpartner: Dr. Rainer Reinecke) „Wir mit Euch” Grenzstr. 5 06849 Dessau Tel. 0340-8002120 (Ansprechpartner: Udo Gebhardt) „LICHTERMEER” für Toleranz Um ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt zu setzen, organisierte der Bund der Katholischen Jugend in Osnabrück die Aktion „LichterMeer”. An der breit angelegten Aktion beteiligten sich rund 20.000 Menschen. Am 17. Dezember 2001 stellten sie vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang Kerzen auf, die zusammen das „LichterMeer” bildeten. Vor allem junge Menschen sollten dazu angeregt werden, sich mit Fremdenhass auseinander zu setzen. Die Aktion 14 AKTIV für Demokratie und Toleranz wurde darum durch eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit mit Flugblättern, Plakaten und einer Homepage begleitet. Schulen, Kirchen, Jugendtreffs, Betriebe und Organisationen waren angesprochen und zur Beteiligung aufgerufen. Bund der Deutschen Katholischen Jugend, Domhof 12 49074 Osnabrück, Telefon: 0541-318-236 (Ansprechpartner: Peter Klösener) Internet: www.bdkj-osnabrueck.de INTEGRATION MITEINANDER AUF GLEICHER AUGENHÖHE Integration ist keine Einbahnstraße. Zuwanderer bringen immer auch eine eigene Geschichte und Kultur mit. In Deutschland sind immer wieder große Gruppen von Zuwanderern integriert worden, etwa die französischen Hugenotten oder die Polen im Ruhrgebiet. Zuwanderer sind eine Bereicherung der Kultur. Die bundesdeutsche Gesellschaft braucht Zuwanderung und Zuwanderer brauchen je nach Gruppe – Arbeitsmigranten, Spätaussiedler und Flüchtlinge – oft spezielle Starthilfen, um sich in der fremden Sprache, Gesellschaft oder Kultur zurecht zu finden. Durch unzureichende Integration, durch Diskriminierung und Ausgrenzung entstehen Probleme. Für eine rasche Eingliederung können alle etwas tun, am Arbeitsplatz, in der Schule oder in der Nachbarschaft. Viele Initiativen, Organisationen und die Wohlfahrtsverbände zeigen ein vorbildliches Engagement, um die Integration zu beschleunigen. Sie fungieren oft als Vermittler zwischen den Zuwanderern und der Mehrheitsgesellschaft und fördern damit auch gegenseitigen Respekt und Toleranz. Etliche davon setzen sich auch für die Rechte der Zuwanderer ein, vor allem für Arbeitsmigranten und Flüchtlinge. Eine verbesserte Rechtsstellung soll das Miteinander auf gleicher Augenhöhe stärken und Diskriminierungen abbauen. Aktiv für Demokratie und Toleranz 15 INTERNATIONALE GÄRTEN PATENSCHAFTEN FÜR MIGRANTEN Kleingärten als Integrationsprojekt: In Göttingen werden Gartengrundstücke gemeinschaftlich von Deutschen und Zuwanderern genutzt, die aus 18 verschiedenen Ländern stammen. Die Idee entstand, als bosnische Frauen im Beratungszentrum für Flüchtlinge äußerten, dass ihnen in Deutschland am meisten ihre Gärten fehlten. Die Gartenarbeit hilft Flüchtlingen bei der Verarbeitung von Traumata und fördert die Eingliederung durch gemeinsame kreative und praktische Arbeit. Der Verein „Internationale Gärten e.V.” organisiert neben der Gartenarbeit eine Reihe von Veranstaltungen zur Förderung der Integration. Dazu zählen Alphabetisierungskurse mit Kinderbetreuung, Bildung und Fortbildung, berufliche Orientierung, Praktika oder Betriebsbesichtigungen. Im Sommer 2000 und 2002 veranstaltete der Verein Antirassismus-Workcamps mit Jugendlichen aus 16 verschiedenen Ländern. Er unterstützt sozialkommunikative Aktivitäten wie Nachbarschaftsfeste und Seniorentreffen. Zuwanderer werden direkt in die Vereinsarbeit einbezogen. Insbesondere Migrantinnen aus dem Projekt treten mit einem neuen Selbstbewusstsein bei öffentlichen Veranstaltungen auf und beziehen in deutscher Sprache Position – gelegentlich zum Erstaunen ihrer Ehemänner. Das Integrationsprojekt des Berliner Caritasverbandes vermittelt Kontakte zwischen neu zugezogenen Migrantinnen und Migranten und ehrenamtlichen Patinnen und Paten. Sie unterstützen Zuwanderer und ihre Familien, sich im fremden Land zurecht zu finden, helfen bei der Arbeitssuche sowie bei Behörden- und Arztbesuchen, sind Ansprechpartner für Schul- und Ausbildungsfragen oder geben Tipps für Freizeitbeschäftigungen. Durch die Patenschaften treten die Zuwanderer gleich zu Beginn ihres Aufenthaltes in direkten persönlichen Kontakt zu Einheimischen. Auch die Patinnen und Paten werden bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht allein gelassen. Bei der Caritas steht ein Ansprechpartner für sie zur Verfügung. Einmal im Monat finden Fortbildungsveranstaltungen statt, in denen Erfahrungen ausgetauscht und Vorträge über Ausländerrecht, Migrationsgeschichte oder andere Kulturen und Religionen angeboten werden. Auf diese Weise sind viele Patenschaften mit Zuwanderern aus zahlreichen verschiedenen Ländern entstanden. Ein Integrationsprojekt mit großer Wirkung. Integrationsprojekt „Internationale Gärten e.V.” Auf dem Hagen 23 37079 Göttingen, Tel. 0551-3513787 (Ansprechpartner: Tassev Shimeles) „Patenschaften für Migranten” des Caritasverbandes Berlin e.V. Stresemannstr. 66 10963 Berlin Tel. 030-25450322 (Ansprechpartner: Herr Seibert) ABKEHR VON DER PARALLELGESELLSCHAFT – Vernetzung sozialer Dienste Soziale Angebote der muslimischen Selbstorganisationen bestehen parallel zu denen der Mehrheitsgesellschaft, oft ohne deren Kenntnis. Daraus entstand die Idee, muslimische soziale Dienste mit denen der Kirchen, Kommunen und freien Träger zu vernetzen. Ziel war die gegenseitige Stärkung und eine Verbesserung der sozialen Versorgung der muslimischen Bevölkerung. Das Projekt der „Aktion Courage” hat modellhaften Charakter und wird in Berlin und Mainz durchgeführt. In Berlin wurde der „Arbeitskreis Berliner Muslime” gegründet, der muslimischen Vereinen ein Forum zur Diskussion und Lösung ihrer Probleme bietet und zahlreiche Gäste aus Verbänden, Kirchen und Verwaltungen einbezieht. In thematischen Arbeitsgemeinschaften werden etwa Probleme der Gefangenenbetreuung, Krankenversorgung oder des Sports bearbeitet. In Mainz ist die „Initiative Mainzer Muslime für Austausch und Integration” 16 AKTIV für Demokratie und Toleranz der zentrale Zusammenschluss für das Projekt. Sie führt erfolgreiche Kooperationen in den Bereichen Lehrerberatung, Ausbildungsförderung, Erziehung oder Krankenhäuser durch. Das Projekt ermöglicht eine interkulturelle Öffnung der Sozialdienste und trägt zur Förderung von gegenseitigem Verständnis und Toleranz bei. Dazu dienen auch weitere Maßnahmen, wie Gemeindepartnerschaften zwischen Kirchengemeinden und Moscheevereinen oder die Weiterbildung von Mitarbeitern sozialer Dienste mit den Schwerpunkten Islam und Muslime in Deutschland. Zugleich leistet das Projekt einen Beitrag zur Vermeidung von Parallelgesellschaften. Aktion Courage e.V., Kaiserstr. 201, 53113 Bonn, Tel. 02289140045 (Ansprechpartner: Hisham Hammad), Internet: www.aktioncourage.org GESCHICHTE DER RUSSLANDDEUTSCHEN / FLÜCHTLINGSALLTAG IN BERLIN Zwei Ausstellungen In der Caritas-Beratungsstelle im Übergangswohnheim für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler in Tögings entstand 1999 die Idee einer Ausstellung über die Geschichte und Schicksale der Russlanddeutschen. Sie erhielt den Titel: „Endlich daheim?” und sollte ein effektiver Beitrag zur Integration und dem Abbau von Vorurteilen sein. Eine der Hauptzielgruppen sind Lehrerinnen und Lehrer, denn ein fundierteres Wissen über die Geschichte der Russlanddeutschen fördert einen sensibleren Umgang mit Aussiedlerkindern im Unterricht. Auch für die Aussiedlerinnen und Aussiedler, die aktiv an der Ausstellungsarbeit beteiligt sind, ist sie eine positive Erfahrung. Sie können ihre Geschichte vermitteln und darüber in Kontakt mit den Ausstellungsbesuchern treten. Das Projekt war erfolgreich und wurde bereits an Schulen, einer Fachakademie und einem Berufsbildungswerk gezeigt. In Berlin betreut der Flüchtlingsrat eine Wanderausstellung über den Alltag von Flüchtlingen in der Stadt. Damit will der Verein den Betroffenen die Möglichkeit geben, durch Fotografien und Texttafeln sich selbst und ihr Leben darzustellen und darüber Kontakte zu knüpfen. Die Ausstellung gibt einen Einblick in das Alltagsleben der Flüchtlinge in Berlin, ihre schwierige Situation in der Gesellschaft und die Gründe, die sie gezwungen haben ihre Herkunftsländer zu verlassen. Sie steht Schulen, Vereinen oder Jugendbegegnungsstätten kostenlos zur Verfügung. Begleitend bietet der Flüchtlingsrat Veranstaltungen und Diskussionsrunden an. Die Ausstellungsbesucherinnen und -besucher sollen durch die Gesprächsrunden angeregt werden, möglichst in direkten Kontakt mit den Flüchtlingen zu treten. Caritas Zentrum Mühldorf Kirchplatz 7 84453 Mühldorf Tel. 08631-13045 Flüchtlingsrat Berlin Georgenkirchstr. 69-70 Haus 3, Zimmer 3211 10249 Berlin Tel. 030-243445762 SPRACHFÖRDERUNG IN „RUCKSACKGRUPPEN” Die „Regionalen Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien” (RAA) sind kommunale Einrichtungen, die durch das Land NordrheinWestfalen gefördert werden. Sie entwickeln Konzepte und Strategien interkultureller Erziehung, die Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien stärken und unterstützen, damit sie in Schule und Arbeitswelt erfolgreich bestehen können. Das Projekt „Rucksack” stammt aus den Niederlanden und stellt sich dem Problem, dass Kinder aus Migrantenfamilien aufgrund von Sprachdefiziten im Bildungsbereich oft nur unterdurchschnittliche Chancen haben. Um die deutsche Sprache als Zweitsprache gut erlernen zu können, ist es erforderlich, die Muttersprache als Erstsprache ebenfalls gut zu beherrschen. Familien mit Migrationshintergrund wissen oft nichts über diesen Zusammenhang. Hier setzt das Projekt „Rucksack” an. Es will Müttern aus Migrantenfamilien Anleitungen geben, wie sie ihren Kindern die Erst- und Zweitsprache am besten vermitteln können. Für das Projekt ist eine starke Vernetzung mit den Kindertagesstätten erforderlich. Dort werden die Mütter für das Projekt interessiert und von den RAA als Multiplikatorinnen ausgebildet. Sie sollen in die Lage versetzt werden, im „Rucksackverfahren” auch anderen Frauen aus ihrer Nachbarschaft die pädagogischen Methoden eines effektiven Spracherwerbs zu vermitteln. In der Sprache, die die Mütter am besten beherrschen, werden ihnen die Lerneinheiten, die sie mit ihren Kinder durchführen sollen, vermittelt. Jede von der RAA „ausgebildete” Mutter betreut sieben weitere Frauen. Im Jahr 2002 gab es in Nordrhein-Westfalen 119 „Rucksackgruppen” mit 1146 Teilnehmerinnen. Regionale Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) Tiegelstr. 27 45141 Essen Tel. 0201-8328304 (Ansprechpartnerin: Dr. Monika Springer-Geldmacher), Internet: www.raa.de Aktiv für Demokratie und Toleranz 17 „MAGDEBURG GOES VIETNAM” Der Austausch zwischen Einheimischen und den meist vietnamesischen Migrantinnen und Migranten ist Schwerpunkt des interkulturellen Beratungs- und Begegnungszentrums des Caritasverbandes. Die gegenseitige Verständigung wird durch zahlreiche Projekte gefördert. Dazu zählen gemeinsame Veranstaltungen wie Picknicks oder Fußball-Turniere, die Herausgabe der zweisprachigen Zeitschrift „Lotos-Hoa sen” oder Seminare und Vorträge. Eine multikulturelle Mediengruppe des Zentrums macht im „Offenen Kanal Magdeburg” durch eine Fernsehsendung auf die Probleme und Lebenssituation der Migrantinnen und Migranten aufmerksam. Regelmäßig finden unter dem Motto „Grüne gehen fremd – Fremde sehen grün” Treffen zwischen der Polizei und Zuwanderern statt. Ziel ist, den Dialog zu fördern und Erfahrungen im gemeinsamen Umgang zu sammeln. Das Begegnungszentrum initiierte 2001 in Zusammenarbeit mit der Otto-Benecke-Stiftung das Projekt „Magdeburg goes Vietnam”. Im Rahmen eines Wettbewerbs wurden Schulen in Sachsen-Anhalt aufgerufen, sich bewusst mit kulturellen Unterschieden auseinander zu setzen und Vorschläge für ein besseres Miteinander zwischen deutschen und vietnamesischen Bürgerinnen und Bürgern zu machen. Durch die Wettbewerbsbeteiligung befassten sich die Jugendlichen intensiv mit der fremden Kultur und bauten dadurch spielerisch Vorurteile ab. Der Gewinner erhielt eine Reise nach Vietnam. Einer der Höhepunkte der Integrationsarbeit ist die Feier des vietnamesischen Neujahrsfestes im Magdeburger Rathaus gemeinsam mit Deutschen – ein Zeichen, dass die Zuwanderer und ihre Kultur von den Magdeburgerinnen und Magdeburgern akzeptiert und in „ihre Mitte” aufgenommen werden. Caritasverband für das Bistum Magdeburg e.V. Karl-Schmidt-Str. 5c 39109 Magdeburg Tel. 0391-308050 (Ansprechpartner: Nguyen Tien Duc) HILFEN FÜR JUGENDLICHE FLÜCHTLINGE Die Flüchtlingshilfe „Janusz Korczak” betreut überwiegend minderjährige Flüchtlinge ab 16 Jahren, die ohne ihre Familien geflohen sind. Sie werden nicht mehr in der Jugendhilfe betreut, sondern von den Behörden wie Erwachsene behandelt. Das heißt, sie müssen zumeist in Flüchtlingsunterkünften leben, bekommen Wertgutscheine und sind aus Sozialhilfe- und Förderleistungen weitgehend ausgegrenzt. Durch den ungewissen Rechts- und Aufenthaltsstatus und eingeschränkten Zugang zur Schule haben sie kaum Chancen, eine Ausbildung zu absolvieren. Um solchen Jugendlichen zu helfen, hat die „Janusz Korczak-Flüchtlingshilfe” ein Patenprojekt gegründet. Die Unterstützung umfasst Fragen der Unterbringung und Betreuung, Wahrnehmung der Vormundschaft und des Asylverfahrens. Die Paten arbeiten in enger Abstimmung mit den Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen der Flüchtlingswohnheime, den Vormunden und zuständigen 18 AKTIV für Demokratie und Toleranz Jugendämtern. Sie kümmern sich zum Beispiel um Hausaufgabenhilfen oder die Finanzierung von Deutschkursen für Jugendliche, die noch nicht zur Schule gehen können – um die Übergangszeit sinnvoll zu nutzen. In Gesprächen mit Lehrerinnen und Lehrern der Schulen geht es um die Situation und Perspektiven der Jugendlichen. Neben der praktischen, ausschließlich ehrenamtlichen Arbeit setzt sich der Verein für die Interessen der jungen Flüchtlinge gegenüber Behörden und Politik ein. Der Verein „Janusz Korczak” will Ausgrenzung und Entmutigung entgegenwirken, Kriminalisierung vorbeugen und Mitmenschlichkeit erlebbar machen. „Janusz Korczak Humanitäre Flüchtlingshilfe e.V.” Aachener Str. 17 30173 Hannover Tel. 05121-47360 (Ansprechpartnerin: Christa Klassen) GESCHICHTE DENKZEICHEN ZUR ERINNERUNG Die Aufarbeitung und Vermittlung der Geschichte des Nationalsozialismus trägt auch zur Prävention gegen Rechtsextremismus bei. Nicht umsonst versuchen extrem Rechte, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu leugnen. Wer die Geschichte kennt, weiß: Rechtsextremismus schafft Probleme statt sie zu lösen. Vor allem die authentische Geschichtsvermittlung durch Zeitzeugen trägt zur Stärkung demokratischen Bewusstseins bei. Wo Nationalsozialisten Orte der Geschichte zerstört haben, etwa des jüdischen Lebens in Deutschland, ist Wiederaufbau und Erinnerungsarbeit notwendig. DENKZEICHEN ZWANGSARBEITEN Schülerinnen und Schüler des Oberstufenzentrum Holztechnik aus Berlin stießen auf die Information, dass sich auf dem Gelände ihrer Schule zur Zeit des Nationalsozialismus ein Zwangsarbeitslager befand. Die Entdeckung war Anlass für die Idee, ein Mahnmal zu errichten. Die praktische Arbeit an dem „Denkzeichen Zwangsarbeiten” wurde von dem bildenden Künstler Lothar Oertel betreut. Zusammen mit ihm entstanden Ideen und Konzepte für das Mahnmal, auf deren Grundlage dann ein Modell gefertigt wurde. Zugleich entstanden erste Teile für das Denkmal selbst. Jeder neue Geldbetrag, den die Beteiligten von Sponsoren einwerben, ermöglicht den Bau weiterer Teile. Mit dem Projekt konnte ein unmittelbarer Zugang zur Geschichte und zum Rechtsextremismus gefunden werden. Viele Schülerinnen und Schüler mit zuvor stark rechtsorientierten Ansichten haben im Laufe des Projektes ihre Einstellungen revidiert. Oberstufenzentrum Holztechnik, Klasse VZ 14, Rudower Str. 18, 12524 Berlin, Tel. 030-6729529 (Ansprechpartner: Holger Sonntag), Internet: www.zwangsarbeit-in-berlin.de/denkzeichen Aktiv für Demokratie und Toleranz 19 „ONE BY ONE” – Authentische Form der Geschichtsvermittlung DIE GEWALT VOR DER HAUSTÜR Die internationale Organisation „One by One” wurde 1995 von Amerikanern und Deutschen in den USA gegründet. Sie hat sich zur Aufgabe gemacht, die Folgen des Völkermordes während der Zeit des Nationalsozialismus aufzuarbeiten und den Dialog zwischen Opfern und Tätern zu fördern. Bei den monatlichen Sonntagstreffen kann der erste Kontakt zu One by One geknüpft und die Vergangenheit der eigenen Familie erforscht werden. In den sogenannten Dialoggruppen kommen die Nachkommen der Opfer und Täter zusammen, um sich auszutauschen. Zudem führt der Verein Schulbesuche durch, bei denen Vertreterinnen und Vertreter der Opfer- und Täterseite Vorträge im Geschichtsunterricht halten, Gesprächsrunden leiten und die Kontaktaufnahme zu Überlebenden des Holocausts oder ihren Nachkommen herstellen. Den Jugendlichen wird durch die authentischen Schilderungen wesentlich deutlicher als durch Geschichtsbücher vermittelt, wie wichtig die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist. Antisemitische Vorurteile, Fragen und Zweifel am Holocaust können durch die Zeitzeugen oder deren Nachkommen weit effektiver aus dem Weg geräumt werden. Häufig entwickeln sich Kontakte zwischen den Jugendlichen und Überlebenden des Holocausts. Die lebendige Geschichtsvermittlung während der Schulbesuche von „One by One” weckt zudem in vielen Schülerinnen und Schülern die Neugier, etwas über die eigene Familiengeschichte während der NS-Zeit zu erfahren. Der Verein „Geschichtsorte” aus Berlin fördert die historische und politische Bildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Das Projekt „Die Gewalt vor der Haustür” besteht aus drei Bausteinen von jeweils einem Tag Dauer. Anknüpfungspunkt ist die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager in Oranienburg und Sachsenhausen bei Berlin. Vor diesem Hintergrund werden durch die Thematisierung aktueller Formen rechtsextremer Gewalt Brücken zur Gegenwart geschlagen. Am ersten Projekttag erarbeiten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Biographien von Tätern und Opfern in den Konzentrationslagern. Sie leiten daraus Kriterien ab, um schließlich die Frage zu diskutieren, wer heute die Täter sind und warum Menschen zu Opfern rechtsextremer Gewalt werden. Am zweiten Tag besuchen sie eine der KZ-Gedenkstätten und bereiten eigenständig die Führung vor. Der dritte Tag ist der Untersuchung von Verhaltensweisen der Bevölkerung zu Gewalt im Nationalsozialismus gewidmet. Mit Hilfe eines Rollenspiels und plastischen Gestaltens werden Alltagssituationen nachgestellt, die auf historischen Zeitungsmeldungen und Erinnerungen Oranienburger Einwohner basieren. Die Auseinandersetzung mit damaligen Argumentationen und Ansichten zum Nationalsozialismus dient auch dazu, sie mit heutigen zum Rechtsextremismus zu vergleichen. Die Fragestellung lautet: „Kann man aus der Geschichte lernen?”, und „Was kann man gegen rechtsextreme Gewalt heute tun?”. One by One Inc. Deutsche Sektion c/o Berthold Schneiderheinze Edisonstr. 2 16761 Henningsdorf Geschichtsorte e.V. Bornholmer Str. 2 10439 Berlin Tel. 030-4477882 (Ansprechpartner: Jens Kafka) Internet: www.geschichtsorte.de AUSBILDUNGSFÖRDERUNG GEGEN ANTISEMITISMUS Das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands führt seit 1992 regelmäßig Projekte durch, die sich mit dem jüdischen Leben in der Region Freiberg beschäftigen. Dazu gehören Broschüren, Ausstellungen oder Besuche von Überlebenden des Holocausts. Im Jahr 2002 erarbeiteten jugendliche Arbeitslose den virtuellen Stadtführer „Auf den Spuren jüdischen Lebens in Freiberg”. In den Jahren 1998 bis 2000 initiierte das Jugenddorfwerk in Zusammenarbeit mit jüdischen Gemeinden und Begegnungsstätten in der Bundesrepublik und Tschechien das Projekt „Shalom Sachsen-Böhmen”. In diesem Rahmen erforschten 15 junge Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger die jüdische Geschichte in der Region 20 AKTIV für Demokratie und Toleranz Freiberg. Neben der intensiven Auseinandersetzung mit der jüdischen Kultur erwarben sie zugleich berufliche Qualifikationen, mit denen die Reintegration ins Berufsleben erleichtert wird. Das 2001 gestartete Anti-Rassimus-Projekt „Shalom” dient der Erarbeitung einer vollständigen Dokumentation aller Grabstätten des Neuen Jüdischen Friedhofs in Dresden. Gleichzeitig werden zehn junge Arbeitslose zu Fachangestellten für Infomations- und Mediendienste ausgebildet. Christliches Jugenddorfwerk Deutschlands Teckstr. 23, 73061 Ebersbach Tel. 07163-930110 (Ansprechpartner: Wilhelm Schürmann) GESPRÄCHE ÜBER KOPFTUCH UND MESSGEWAND RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN Kirchen und kirchliche Wohlfahrtsverbände engagieren sich in großem Maße, vor allem bei der Integration von Zuwanderern oder der Betreuung von Flüchtlingen. Christliche Gruppen schlagen Brücken zu anderen Religionen, indem sie sich mit der Verfolgung von Juden durch den Nationalsozialismus und dem muslimischen Leben befassen. Das Interesse an der islamischen Religion und der Dialog mit Muslimen ist überwiegend neueren Datums. Der Streit um die Errichtung von Moscheen zeigt, dass Toleranz und die Anerkennung des Islam noch nicht selbstverständlich sind. Interreligiöse Gesprächskreise oder Tage der offenen Moschee bewirken gegenseitiges Verständnis und helfen Vorurteile abzubauen. GEMEINSAMER EINSATZ FÜR SOZIALE BELANGE Christlich-Islamischer Frauengesprächskreis Anfang der 90er Jahre trafen sich in Aachen erstmals christliche und muslimische Frauen zu einem Gesprächskreis, in dem es zunächst um alltägliche Dinge wie Kochen, Kindererziehung oder das Lebensgefühl der Muslima in Aachen ging. Schließlich wurden auch Gespräche über die beiden Religionen, ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede geführt. Mittlerweile engagieren sich die Frauen gemeinsam für soziale Belange. Sie brachten etwa das Thema „Kopftuch” in die öffentliche Diskussion und setzen sich gegen die Benachteiligung muslimischer Frauen auf dem Arbeitsmarkt ein. Der Gesprächskreis hat zudem ein Projekt für Witwen und Waisen in den palästinensischen Autonomiegebieten ins Leben gerufen. Er informiert über deren Situation und sammelt Spenden. Das Engagement der Frauen wirkt sich nicht nur in dem Gesprächskreis aus, sondern auch in der Öffentlichkeit. Sie tragen dazu bei, Vorurteile in der Gesellschaft abzubauen, Aufklärungsarbeit über die Situation in den Herkunftsländern von Migrantinnen zu leisten und wirken Diskriminierungen entgegen. Christlich-Islamischer Frauengesprächskreis der ökumenischen Initiative e.V., Erwachsenenbildungswerk der katholischen Frauenseelsorge Aachen und der islamischen Fraueninitiative Aachen Michaelstr. 6-8, 52062 Aachen (Ansprechpartnerin: Inge Flachskampf ) WILLKOMMENSFEIER FÜR DIE ANDERE RELIGION Die Grundschule Bollenberg ist eine religiöse Schule, in der es bis 1998 ausschließlich christliche Gottesdienste gab. Da mittlerweile rund 30 Prozent der Schülerinnen und Schüler dem islamischen Glauben angehören, führt die Schule seit 1998 auch christlich-islamische Gottesdienste durch. Jedes Jahr werden die Viertklässler mit einer christlich-islamischen Feier verabschiedet und seit dem Jahr 2002 die Erstklässler mit einer entsprechenden Feier willkommen geheißen. In die Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltungen werden die Eltern muslimischer Kinder einbezogen. Grundschule Bollenberg, Robert-Koch-Str. 27, 42781 Haan, Tel. 02129-959629 (Ansprechpartnerin: Doris Schulz) Aktiv für Demokratie und Toleranz 21 TAG DER OFFENEN MOSCHEE ERINNERUNG AN DAS SCHICKSAL DER MAINZER JUDEN Seit 1997 organisiert eine Arbeitsgruppe des Zentralrates der Muslime einmal jährlich den Tag der offenen Moschee, an dem sich im ersten Jahr bundesweit ungefähr 450 Moscheen beteiligten. Die Besucherzahl steigerte sich kontinuierlich und lag im Jahr 2001 bei rund 200.000. Alle muslimischen Spitzenverbände und alle dem Zentralrat angeschlossenen Dachverbände und Zentren beteiligen sich an der Aktion. Die Arbeitsgruppe richtet Lehrgänge für Verantwortliche in den Moscheen aus, entwickelt Werbematerial, berät die Moscheen zu Organisation und Durchführung, führt eine zentrale Auftaktveranstaltung durch und informiert die Presse. Ziel des Projektes ist die Öffnung und Transparenz der muslimischen Gemeinden, der Abbau von Vorurteilen gegenüber Menschen muslimischen Glaubens und die Integration der Muslime in das gesellschaftliche Leben. 1996 erklärte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus”. Das Datum erinnert an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Das Bischöfliche Ordinariat Mainz gründete daraufhin die „Arbeitsgruppe Gedenktag”, die alljährlich Veranstaltungen am 27. Januar durchführt. Jedes Jahr stand dabei eine „Opfergruppe” im Zentrum der Erinnerung: Frauen in Konzentrationslagern oder Behinderte, die von der Euthanasie betroffen waren. Im Jahr 2002 fand im Mainzer Dom ein Gedenkgottesdienst unter dem Titel „Memoria Magenzae” statt. Er sollte an das Schicksal der Juden in Mainz zur Zeit des Nationalsozialismus erinnern. Der Domorganist komponierte dafür eine eigene Musik. Die Arbeitsgruppe erarbeitete ferner eine Broschüre, die historisch fundiert über das Schicksal der ehemaligen Jüdischen Gemeinde in Mainz informiert und beim Gottesdienst auslag. Zentralrat der Muslime in Deutschland e. V. Indestr. 93, 52249 Eschweiler Tel. 02403-702075 (Ansprechpartner: Mounir Azzaoui) Internet: www.islam.de/?site=dialog/tom Bischöfliches Ordinariat Mainz, Arbeitsgruppe „Gedenktag”, Postfach 15 60, 55005 Mainz, Tel. 06131253-165, (Ansprechpartner: Dr. Peter-Otto Ullrich) STOLPERSTEINE GESPRÄCHSKREIS GEGEN VORURTEILE Die Aktion „Stolpersteine” wurde von evangelischen und katholischen Jugendgruppen in Mainz initiiert. Das Projekt will an die Kinder und Jugendlichen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden. Jugendliche aus den Gruppen gestalteten jeweils einen Stein, der symbolisch für die Biographie und das verloschene Leben eines deportierten Kindes oder Jugendlichen stand. Die Steine wurden anschließend in der Mainzer Innenstadt ausgestellt. Die Aktion war Anlass für viele Gespräche mit Passantinnen und Passanten, die sich für die „Stolpersteine” interessierten oder daran Anstoß nahmen. Abschluss des Projekts war ein ökumenischer Gottesdienst, der das Schicksal der deportierten Kinder und Jugendlichen thematisierte. Schon vor rund zwanzig Jahren wurde der christlich-islamische Gesprächskreis in Solingen gegründet. In ihm arbeiten evangelische und katholische Christen sowie Muslime aus drei Solinger Moscheen zusammen. Der Vorstand besteht zu gleichen Teilen aus Christen und Muslimen. Der Gesprächskreis behandelt Fragen des Glaubens und des interreligiösen Dialogs und lädt zu diesen Themenabenden fachkundige Referenten ein. Darüber hinaus finden gemeinsame Ausflüge zu Zentren christlicher und islamischer Kultur statt. Ziel des Gesprächskreises ist die Überwindung von Vorurteilen und Fremdenfeindlichkeit, gegenseitige Verständigung und Förderung von Religiosität in der zunehmend säkularen Gesellschaft. Die Lösung von Problemen ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger wird als gemeinsame Aufgabe angesehen. Bischöfliches Jugendamt Mainz Referat Aus- und Weiterbildung Am Fort Gonsenheim 54 55122 Mainz Tel. 06131-253656 22 AKTIV für Demokratie und Toleranz Christlich-islamischer Gesprächskreis im Kirchenkreis Solingen Wilhelmshöhe 13 42655 Solingen (Ansprechpartnerin: Doris Schulz) STREITBAR FÜR FRIEDLICHE KONFLIKTLÖSUNG GEWALTPRÄVENTION Gewaltprävention beginnt im Kleinen und ist selten spektakulär. Dabei übernehmen gerade Menschen, die zur friedlichen Konfliktaustragung beitragen, große Verantwortung. Sie sind die eigentlichen Helden im Alltag. Interessengegensätze und Konflikte sind im Zusammenleben nicht vermeidbar, aber die Art und Weise wie sie ausgetragen werden, kann erlernt und geübt werden. Initiativen, die eine gewaltfreie Streitkultur fördern, leisten einen großen Beitrag zur Gewaltprävention und stärken damit die demokratische Zivilgesellschaft. Sie schaffen ein Klima, in dem nicht mehr das Recht des Stärkeren gilt und andere als gleichwertig anerkannt werden. SCHRITTE GEGEN TRITTE Das Braunschweiger Modell Das Braunschweiger Modell zur Gewaltprävention ist ein Netzwerk mehrerer Projekte und wird von Kirchen, Jugendhilfe, Erwachsenenbildung, der Polizei und anderen Initiativen getragen. Die Programme werden an Schulen durchgeführt und bestehen aus sechs „Bausteinen”. Einer davon heißt „Schritte gegen Tritte! Vom Umgang mit Gewalt – In Südafrika und bei uns”. Er soll unterschiedliche Ursachen und Strukturen von Gewalt sowie Reaktionsmöglichkeiten am Beispiel südafrikanischer und deutscher Jugendlicher aufzeigen und bewusst machen. Schülerinnen und Schüler haben die Gelegenheit, eigene Gewalterfahrungen zur Sprache zu bringen und kritisch zu hinterfragen. In Rollenspielen werden schließlich konkrete Handlungshilfen im Umgang mit Gewaltsituationen erprobt. Andere Bausteine des Projektes sind: „Stark ohne Gewalt”, „Sport statt Gewalt”, Jugendkriminalität, „Selbstvertrauen stärken” und das Konfliktlotsentraining. Die Modellprojekte haben große Breitenwirkung. „Sport statt Gewalt” konnte prominente Förderer gewinnen. An den Aktionen des Projekts beteiligten sich rund 18.000 Menschen. Aufgrund der Präventionspraxis ist Braunschweig die erste deutsche Stadt im weltweiten Netzwerk „Peace to the City” des Weltkirchenrates. BV Arbeit und Leben in Niedersachsen e.V., Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt, Bohlweg 55 38100 Braunschweig, Tel. 0531-1233642 (Ansprechpartner: Reinhard Koch), Internet: www.arug.de Aktiv für Demokratie und Toleranz 23 PILOTPROJEKT IM KINDERGARTEN „FLAGGE ZEIGEN” MIT GRAFFITI Dieses Pilotprojekt zur Gewaltprävention wurde vom „Haus der Volksarbeit e.V.” in Zusammenarbeit mit drei Kindertagesstätten durchgeführt. Je besser Kinder und Jugendliche gelernt haben, Konflikte konstruktiv auszutragen und zu lösen, so die Ausgangsüberlegung, desto weniger besteht die Gefahr, dass sie später im Streit körperliche Gewalt oder Beleidigungen einsetzen. Die frühe Gewaltprävention umfasst die Förderung einer lebensbejahenden, selbstbewussten Persönlichkeit, sozialer Kompetenz oder der Fähigkeit zu Zusammenarbeit und eigenständigem, selbstbestimmten Handeln. Mit dem Projekt wurde die Stärkung der Erziehungskompetenz der Eltern und eine Kompetenzerweiterung für die Mitarbeiterinnen in den Kitas angestrebt und ihre Zusammenarbeit gefördert. In einer ersten Phase wurden Haltungen und Verhaltensmuster der Erzieherinnen im Umgang mit Aggressionen überprüft. Dann wurden die Eltern einbezogen, damit sie ihre Kinder auf Gewalt- und Konfliktsituationen vorbereiten und diesbezüglich schützen lernen. In einem dritten Schritt wurden Erzieherinnen und Eltern gemeinsam geschult. Den Abschluss bildete ein Multiplikatorenseminar. Das Projekt erstreckte sich über einen Zeitraum von zwei Jahren und wurde zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Am Herzogenrather Bahnhof verbringen viele deutsche und ausländische Jugendliche ihre Freizeit. Als sich der Bahnhof aufgrund zunehmenden Alkohol- und Drogenkonsums und gewalttätiger Konflikte zu einem sozialen Brennpunkt entwickelte, wurde die Schuld von Teilen der Öffentlichkeit unterschwellig auf die ausländischen Jugendlichen geschoben. Um dem vermehrten Aufkommen von Vorurteilen und Fremdenhass entgegenzuwirken, hat die Jugendgruppe der Merksteiner Falken die Initiative ergriffen, den Bahnhof gemeinsam mit den ausländischen Jugendlichen freundlicher zu gestalten. Bis dahin wurden die Bahnhofswände immer wieder mit rassistischen Parolen beschmiert. Durch die Umgestaltung sollte er einen angenehmeren Anblick bieten. Mit Spraydosen und Lackfarbe gestalteten die Jugendlichen verschiedene Bildtafeln, die mit Hilfe der Deutschen Bahn befestigt wurden. Eine Tafel zeigt z.B. das Bild „Staffellauf ”, in dem Menschen unterschiedlicher Hautfarbe „Hand in Hand” an einem Staffellauf teilnehmen. An der Erstellung der Bilder wirkten zahlreiche kommunale Akteure mit. Sie wurden mit einem öffentlichkeitswirksamen Fest und prominenten Gästen eingeweiht. Zentrum Familie – Haus der Volksarbeit e.V. Eschenheimer Anlage 21 60318 Frankfurt/M. Tel. 069-1501187 (Ansprechpartnerin: Ulrike Schneider) Sozialistische Jugend Deutschland Mörgenstr. 19 52064 Aachen Tel. 0241-30832 (Ansprechpartnerin: Beate Kuhn) „BUNTES LICHT AUF BRAUNE SCHATTEN” Die Polizeidirektion Halberstadt führt im Rahmen ihrer Präventionsarbeit das Projekt „Buntes Licht gegen braune Schatten” durch. Es dient der Auseinandersetzung von Jugendlichen mit den Ursachen rechtsextremer Gewalt und der Erläuterung strafrechtlicher Aspekte. Durch Interaktionsspiele und Workshops wird die Möglichkeit geboten, Diskriminierung, Rassismus und negative Gefühle zu reflektieren, eigenes Verhalten zu bewerten und Verhaltensalternativen zu entwickeln. Die Jugendlichen setzen sich mit der Täter- und Opferrolle auseinander und erlernen Verhaltensweisen für Gefahrensituationen. Zudem werden Gesprächsrunden mit Zuwanderern zu den Themen Fremdenfeindlichkeit, Fremdenangst und Asyl in Deutschland durchgeführt. Der Auseinandersetzung mit der Geschichte dienen Gespräche mit Zeitzeugen und Opfern des Nationalsozialis- 24 AKTIV für Demokratie und Toleranz mus. Das Projekt richtet sich an Jugendliche im Alter von 13 bis 17 Jahren und wird erfolgreich an verschiedenen Schulformen durchgeführt. Durch die Initiative der Polizeidirektion werden Jugendliche argumentativ gestärkt und die Notwendigkeit eines Engagements gegen Rechtsextremismus aufgezeigt. Die Initiatoren arbeiten mit Städten und Landkreisen sowie mit etlichen zivilgesellschaftlichen Vereinen zusammen. Darunter sind der Verein Miteinander, der Weiße Ring und die Gedenkstätte Langenstein Zweiberge. Polizeidirektion Halberstadt Theaterstr. 6 38820 Halberstadt Tel. 03941-590264 (Ansprechpartnerin: Christiane Suennemann) HELDEN IM ALLTAG WIRBELSTURM GEGEN GEWALT Die Zivilcourage steht im Mittelpunkt des Projektes „Alltagshelden”, das von der Jugendakademie des C.–Pirkheimer–Hauses in Nürnberg ins Leben gerufen wurde. Das Projekt richtet sich vorwiegend an Haupt- und Berufsschüler. Es soll Verständnis für demokratische Grundwerte fördern. Dazu führen die Initiatoren eintägige Seminare mit Schulklassen durch. Das Angebot ist breitgefächert und spricht verschiedene Aspekte des Themas an, wie Kommunikations- und Konfliktfähigkeit, Mobbing, kritisches Hinterfragen von Vorurteilen, Einschreiten bei Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit, gewaltfreie Handlungsmöglichkeiten oder rhetorische Tipps und Tricks, die in Gewaltsituationen gezielt eingesetzt werden können. Mit den Seminaren soll den Jugendlichen Mut gemacht werden, sich für Toleranz einzusetzen und Zivilcourage zu zeigen. Es dient der Förderung von sozialer Kompetenz, der Stärkung des Selbstbewusstseins und soll sie befähigen, durch gewaltfreies Einschreiten persönlich Verantwortung zu übernehmen. Zur Förderung des Verständnisses zwischen teilweise rivalisierenden, gewaltauffälligen Jugendlichen in Aachen initiierte der Verein „IN VIA” zusammen mit der Polizei eine Ferienfreizeit. Im Mittelpunkt stand das Thema „Gewalt”. Die Jugendlichen sollten lernen, Konflikte zukünftig verbal zu lösen und anderen in Konfliktsituationen beizustehen. Sie gaben sich den Namen „Wirbelstürmer gegen Gewalt” und setzten sich an ihren Schulen für Gewaltprävention und friedliche Lösungen von Konflikten unter ihren Mitschülern ein. Somit fungieren die Schülerinnen und Schüler als Multiplikatoren. Über weitere Freizeiten konnten neue „Wirbelstürmer” hinzu gewonnen werden. Im Jahr 2002 zählte das Projekt 70 Mitglieder, die von der Polizei und „IN VIA” unterstützt und beraten werden. In eigenen Räumlichkeiten haben die Jugendlichen Gelegenheit zu Sport, Nachhilfe oder Weiterbildung. Zum Programm gehören auch gemeinsame Unternehmungen, etwa Fahrten nach Berlin und an Orte der deutschen Geschichte. C.-Pirckheimer-Haus, Königstr. 64, 90402 Nürnberg Tel. 0911-2346118 (Ansprechpartnerin: Christina Zitzmann) Internet: www.projekt-zivilcourage.de IN VIA Aachen e. V., Kasinostr. 57, 52066 Aachen Tel. 0241-60908-0 (Ansprechpartner: Kurt Willms) Internet: www.wirbelsturm-aachen.de AUFKLÄRUNG ÜBER SEXUELLE MINDERHEITEN Im Aufklärungsprojekt des Jugendnetzwerkes Lambda Berlin-Brandenburg e.V. arbeiten seit 1990 junge Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen zusammen. Sie führen ehrenamtlich jedes Jahr rund 120 Veranstaltungen in Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen durch, um durch das persönliche Gespräch Vorurteilen über Homosexualität, Bisexualität oder Transgender entgegenzuwirken. Homosexuelle gehören zu den Opfergruppen rechtsextremer Übergriffe, so dass die Aufklärungsarbeit auch gewaltpräventiv wirkt. Der Gewaltprävention dienen auch die enge Zusammenarbeit des Jugendnetzwerkes mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Schulen und Jugendeinrichtungen und Fortbildungsveranstaltungen für Multiplikatoren. Jugendnetzwerk Lambda Berlin-Brandenburg Kopernikusstr. 23 10245 Berlin Tel. 030-2827990 (Ansprechpartner: Ammo Recla) Internet: www.lambda-berlin.de Aktiv für Demokratie und Toleranz 25 FREMDE WERDEN FREUNDE GESTEN DES GUTEN WILLENS Wer etwas gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und Integration unternehmen will, braucht dafür keine Großorganisation. Das Engagement kann im Alltag, in Schule, Nachbarschaft, auf der Arbeit oder im Verein beginnen. Viele kleine Gesten des guten Willens gestalten den Alltag der Demokratie und fördern das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen. BOWLINGABEND MIT JUNGEN FLÜCHTLINGEN „RADIO ON!” GEGEN STAMMTISCHPAROLEN Einmal im Monat besuchen die Junghelfer des Malteser Hilfsdienstes die Kinder und Jugendlichen in einer Unterkunft für Asylbewerber. Bei den Treffen werden Gespräche geführt oder gespielt. Ebenso gehören Kinobesuche, Bowlingabende oder Fußballspiele zum Programm. Die Jugendlichen der Asyleinrichtung sind im Gegenzug eingeladen, an den Gruppenstunden der Malteser Junghelfer teilzunehmen. Auf diesen aktiven Austausch und Beitrag zur Integration wurden die Junghelfer durch drei Schulungen vorbereitet. Zudem gibt es Nachbesprechungen, die der Reflexion der Treffen dienen. „Radio on!” heißt die Jugendgruppe der Radiowerkstatt in der Evangelischen Kirchengemeinde Westerkappeln-Velpe. Im Mai 2001 wandte sich das „Bündnis gegen Rechts” an die Jugendgruppe. Gemeinsam entwickelten die Initiativen ein Konzept für Sendungen zum Thema Rechtsextremismus, das die 14- bis 16jährigen dann umsetzten. Zuerst interviewten sie einen Pfarrer, der sehr anschaulich über das Leben Martin Niemöllers berichtete. Der bekennende Christ und Widerstandskämpfer ist biographisch eng mit der Region Westerkappeln-Velpe verbunden. Es folgten ein Hörspiel, in dem rechte Stammtischparolen entlarvt wurden, und eine Umfrage zum Thema Rechtsextremismus. Die Beiträge wurden über den Bürgerfunk ausgestrahlt. Malteser Hilfsdienst e. V., Postfach 10 05 44, 47906 Kempen Tel. 02152-1091 (Ansprechpartner: Peter Fischer) Internet: www.malteser-kempen.de FREMDE WERDEN FREUNDE Der Verein „Montagsgespräche” entstand 1993 und gab sich das Motto „Fremde werden Freunde”. Ziel ist der Austausch zwischen Zuwanderern und den Alteingesessenen in Straubing. Alle zwei Wochen finden Informationsveranstaltungen statt, in denen es um Themen des alltäglichen Lebens oder der Politik geht, etwa um das neue Staatsbürgerrecht. Das Angebot wird vor allem von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern genutzt. Aus den Montagsgesprächen hat sich später der Verein „Raduga” entwickelt, der einer gegenseitigen Vermittlung von deutscher, russischer und jüdischer Kultur dient. Raduga bietet aber auch konkrete Hilfen für Zuwanderer an, etwa Deutschkurse, Nachhilfestunden oder Dolmetscher für Arzt- und Behördenbesuche. Jedes Jahr am 3. Oktober veranstaltet der Verein den Tag der Gastfreundschaft, ein Fest, an dem sich viele Straubinger Kulturvereine beteiligen. Montagsgespräche e. V., Karl-Bickleder Str. 44c, 94315 Straubing, Tel. 09421-33369 (Ansprechpartner: Prof. Dr. med. Kurt G. Naber) 26 AKTIV für Demokratie und Toleranz Radio on!, c/o Radiowerkstatt Velpe Hambürener Str. 5, 49492 Westerkappeln, Tel. 05456-932699 (Ansprechpartner: Thomas Brümmer) Internet: www.westerkappeln-live.de LESEWELTEN ZUR FÖRDERUNG DER SPRACHENTWICKLUNG Der Verein Lesewelt bietet wöchentliche Vorlesenachmittage für Kinder in Berliner Bibliotheken an. Rund 80 ehrenamtliche Vorleserinnen und Vorleser engagieren sich in dem Projekt. Zielgruppe sind Kinder bis zu zwölf Jahren aus sozial benachteiligten Familien und Kinder mit nichtdeutscher Herkunftssprache. Mit der Lust und Freude am Lesen soll die Sprachentwicklung gefördert werden. Als Anreiz erhalten die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer bei regelmäßiger Teilnahme eine Urkunde und ein Buchgeschenk. Lesewelt e. V. Schulstr. 99, 13347 Berlin Tel. 030-4589209 (Ansprechpartnerin: Carmen Stützel) Internet: www.lesewelt.org WELTREISE IN DER PROVINZ INTERKULTURELLES Eine Weltreise können sich alle zum Sparpreis leisten. Wer Neues entdecken will, sich für fremde Sprachen, exotische Speisen oder andere Sitten und Gebräuche interessiert, kann sie schon in der eigenen Umgebung finden. Erfahrungen, die jenen versagt bleiben, die Zuwanderer nur dulden. Der Anerkennung geht das Kennenlernen voraus. Interkulturelle Projekte suchen den kulturellen Austausch zur Erweiterung des eigenen Horizonts. Sie erfordern keinen großen Aufwand, sondern ein Umdenken. Das kann schon beim Nachbarschaftsfest geschehen. „DIE KLEINE HOFFNUNG” – Eine interkulturelle Kindertagesstätte Rund 80 bis 100 Menschen sind im Rahmen des „Osnabrücker Aktionsbündnisses gegen Hass und Gewalt” aktiv. Das Bündnis organisiert integrationsfördernde Begegnungen, etwa gemeinsame Kultur- und Sportveranstaltungen, gegenseitige Besuche in Kirchen und Moscheen, Schulprojekte und politische Veranstaltungen. Ein weiteres Projekt ist der Aufbau und die Entwicklung einer interkulturellen deutsch-türkischen Kindertages- und Begegnungsstätte. „Die kleine Hoffnung” soll 80 Kinder deutscher und anderer Abstammung aufnehmen. Das Konzept sieht jeweils eine deutsche und eine ausländische Erzieherin als Gruppenleiterinnen vor. Den türkischen Kindern soll so die Verständigung erleichtert werden. Zugleich lernen die Kinder, die jeweils andere Sprache und Kultur als wichtig und gleichberechtigt anzusehen. Im Rahmen des KitaProjektes ist auch vorgesehen, Familien bei Erziehungsproblemen zu unterstützen. Osnabrücker Aktionsbündnis gegen Hass und Gewalt Tannenstr. 81, 49084 Osnabrück Tel. 0541/51978 (Ansprechpartner: Walter Schmidt) DEUTSCHE UND TÜRKISCHE VOLKSHOCHSCHULEN IN PARTNERSCHAFT 1994 gründete die Volkshochschule aus dem thüringischen Pößneck die wohl erste Partnerschaft mit einer Volkshochschule aus dem türkischen Antalya. Seitdem hat sich ein umfangreiches Austauschprogramm etabliert. Die Zusammenarbeit geht längst über das vorgegebene Rahmenprogramm hinaus und wird durch das Engagement zahlreicher Gruppen aus Pößneck getragen. Tanz- und Folkloregruppen, Schülerinnen und Schüler, Mitglieder eines Freizeitzentrums und natürlich die Kursteilnehmer der Volkshochschulen waren daran beteiligt. Somit nehmen nicht nur unmittelbar Interessierte an dem Austausch teil, sondern auch diejenigen, deren Interesse durch einen Kurs in der Volkshochschule geweckt wird. Ein Projekt war die Veranstaltung gegenseitiger Ausstellungen, so auch über Fremdenfeindlichkeit und Gewalt in Deutschland. Volkshochschule des Saale-Orla-Kreises, Wohlfahrtstr. 3-5, 07381 Pößneck, Tel. 03647-448143 Aktiv für Demokratie und Toleranz 27 „JUNGE TÜRKEN – JUNGE POLIZISTEN” IM TANDEM Zusammen mit der Verwaltungsfachhochschule für Polizeiwesen und dem Institut für Türkologie der Universität Gießen initiierte die Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung das Projekt „Junge Türken – junge Polizisten, wir lernen uns kennen”. Je 13 türkische und deutsche Teilnehmer treffen einmal wöchentlich zu einem gemeinsamen Sprachkurs zusammen. Durch das Tandem-Lernverfahren vermitteln sie sich gegenseitig ihre Muttersprache. Der neue Lernstoff wird von einer Kursleiterin eingeführt. In Gruppenarbeit finden dann sprachpraktische Übungen statt. Zusätzlich treffen sich die Teilnehmer einmal im Monat zu einem Themenabend, bei dem Aspekte beider Kulturen behandelt werden, beispielsweise Ramadan oder das christliche Weihnachtsfest. Auch Freizeitgestaltung, etwa der Besuch einer Moschee, Wandern oder Grillen, sind Bestandteil der Partnerschaft. Durch das Erlernen der jeweils anderen Sprache und durch die Annäherung an den fremden Kulturkreis in den Themenabenden findet ein direkter Austausch statt. Die Teilnehmer erweitern ihr Wissen über Hintergründe und Mentalität der jeweils anderen Kultur, bauen Vorurteile ab und lernen, Handlungsmuster der anderen zu verstehen. Natürlich fördert die gemeinsame Freizeitgestaltung auch persönliche Beziehungen unter den Teilnehmern. Zum Projektabschluss nach zwei Jahren ist eine gemeinsame Reise in die Türkei geplant. ERFOLGVERSPRECHENDE „HILFE ZUR SELBSTHILFE” WELTREISE DURCH LIPPSTADT Der Verein für interkulturelle Arbeit „Refugium Wesermarsch” orientiert seine Migrationssozialarbeit am Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe”. Er betreibt ein Gebrauchtmöbelhaus, in dem Möbel aus Spenden gesammelt, wieder hergerichtet und an Hilfsbedürftige abgegeben werden. In der Werkstatt arbeiten Zuwanderer mit Einheimischen zusammen. Der Verein unterstützt Migrantinnen und Migranten vor allem beim Einstieg in den Arbeitsmarkt. 18 von 32 Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer entsprechenden Maßnahme konnten dabei in feste Arbeitsverhältnisse vermittelt werden. Drei weitere befinden sich in berufsvorbereitenden Maßnahmen oder Praktika. Darüber hinaus hält das Refugium eine allgemeines Angebot vor. Es umfasst die Beratung in asylrechtlichen Angelegenheiten, Unterstützung bei Behördengängen, Wohnungs- oder Arbeitssuche. Eine wichtige Rolle spielen Aktivitäten zur Förderung der gegenseitigen Akzeptanz und kulturelle Angebote unter Berücksichtigung der verschiedenen ethnischen und sozialen Gruppen. Das Refugium wird monatlich von rund 140 Hilfesuchenden in Anspruch genommen. Dass eine Weltreise auch in der westfälischen Provinz möglich ist, zeigt ein Projekt der Arbeiterwohlfahrt Lippstadt. Stationen für 50 Jugendliche waren der Iran, Libanon, Syrien, Armenien und Georgien. Familien, die aus diesen Ländern stammen, wohnen nämlich in Lippstadt und wurden von den Jugendlichen nach einer Vorbereitung besucht. Im Mittelpunkt der Stationen stand ein gemeinsames Essen mit den Familien, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in entspannter Atmosphäre ins Gespräch kamen. Durch den persönlichen Kontakt konnten die Jugendlichen die fremde Kultur kennenlernen und Berührungsängste abbauen. Den Abschluss des mehrere Wochen dauernden Projekts bildete ein gemeinsames Fest mit allen Beteiligten, bei dem die Jugendlichen dann Gastgeber waren. Sie überreichten den Familien Fotoalben, in denen das Projekt dokumentiert worden war. Die Weltreise durch Lippstadt zeigt, dass auch mit wenig Mitteln und einer guten Idee viel erreicht werden kann. Refugium Wesermarsch e.V. Grünbestr. 5 26919 Brake Tel. 04401-6617 (Ansprechpartner: Falko Reh) 28 AKTIV für Demokratie und Toleranz Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung e. V. Friedrichstr. 13 35392 Gießen Tel. 0641- 966116-0 (Ansprechpartner: Stephan Kordts) Arbeiterwohlfahrt Unterbezirk Hochsauerland/Soest Jugendgemeinschaftswerk Klusentor 9 59555 Lippstadt Tel. 02941-923151 NEUE MEDIEN BEGEGNUNG IM INTERNETCAFÉ Neue Medien bieten sich an, Respekt und Toleranz zu vermitteln. Ob Bürgerradio, Video, Internet oder Computerspiel: Gerade Jugendliche finden dazu eher Zugang als zu Vorträgen und Texten. Die Arbeit mit neuen Medien fördert zugleich die Medienkompetenz und stellt eine oft sehr einfache Möglichkeit dar, Öffentlichkeit zu erreichen. Besonders in Jugendprojekten ist darum die Arbeit mit neuen Medien attraktiv und wird gerne genutzt. IM FILM Jugendliche klären Jugendliche auf Fünf Dokumentarfilme produzierte das „Medienprojekt Wuppertal” zum Thema „Interkulturelles Zusammenleben”. Erarbeitet wurden die Filme von Jugendlichen unter Mithilfe der Medienpädagogen des Projekts. Sie behandeln die Themen „Kopftücher” muslimischer Frauen, Drogenkonsum nicht-deutscher Jugendlicher, voreheliche Beziehungen und Sexualität eingewanderter Mädchen, Diskriminierung von schwarzen Jugendlichen und das Zusammenleben von Jugendlichen unterschiedlicher Kulturen in Israel und Deutschland. Ein Film zur Diskriminierung schwarzer Jugendlicher stellt deren Situation sehr authentisch dar. Es geht um den alltäglichen Rassismus und es ist gut herausgearbeitet, wie die selbstbewussten schwarzen Jugendlichen über Äußerungen und diskriminierende Vorfälle denken. Sie thematisieren aber auch die Religion, die eigene Identität als Schwarze oder den Umgang der „zivilisierten Welt” mit dem Thema Kolonialismus. Ebenfalls hervorzuheben ist „in or between”, ein Film über das Zusammenleben verschiedener Kulturen. Im Mittelpunkt des Films stehen acht Jugendliche aus Deutschland und Israel mit und ohne Migrationshintergrund. Die Methode „Jugendliche klären Jugendliche am besten auf ” hat sich bewährt. Die prägnanten Aussagen der Protagonisten regen zum Überdenken der eigenen Einstellungen an, und die Filme werden bundesweit an Schulen, in Jugendeinrichtungen und in Beratungsstellen verwendet. Medienprojekt Wuppertal Hofaue 55, 42103 Wuppertal Tel. 0202-5632647 (Ansprechpartner: Norbert Weinrowski) Internet: www.wuppertal.de/borderline Aktiv für Demokratie und Toleranz 29 BEGEGNUNG IM INTERNETCAFÉ „NEWSWAVE” Radio für Zivilcourage und Toleranz In der Gemeinde Villmar gibt es einen hohen Anteil an Aussiedlerfamilien. Zur Integration der Jugendlichen wurde 2001 ein Internetcafé eröffnet – ein Gemeinschaftsprojekt der Johann-Christian-Senckenberg-Schule und des Kreisjugendamtes Limburg-Weilburg. Das Café für Aussiedlerinnen und Aussiedler, einheimische und ausländische Jugendliche hat an zwei Nachmittagen in der Woche geöffnet. Es bietet rund um den Computer die Möglichkeiten zu arbeiten, im Internet zu surfen, Gesellschaftsspiele zu spielen oder Hausaufgaben zu erledigen. Darüber hinaus werden Computerkurse von Einführungen bis zum Homepageseminar angeboten. Ein Ergebnis des Kurses ist die Internetseite für das Café selbst. Aber auch jenseits des Computers organisieren die Initiatoren Freizeitaktivitäten und Ausflüge. Das Internetcafé stellt inzwischen eine Begegnungsstätte dar. Es sind Freundschaften untereinander entstanden, die Sprachdefizite konnten verbessert und die gegenseitige Akzeptanz gefördert werden. „NewsWave” ist eine Bürgerfunksendung zweier engagierter Menschen aus Wachtendonk. Sie wird über den lokalen Radiosender ausgestrahlt und in der Radiowerkstatt der Volkshochschule Solingen hergestellt, die diese Einrichtung für „NewsWave” kostenlos zur Verfügung stellt. Alle Sendungen behandeln in verschiedener Weise die Themen Toleranz, Zivilcourage, Gleichberechtigung und Demokratie. Dabei will das Projekt vor allem Jugendliche ansprechen und bereitet die Produktionen jugendgerecht auf, etwa durch entsprechende Musik. Die Redakteure gehen für ihre Berichte direkt auf gesellschaftliche Gruppen zu. Für eine Sendung über „Ausgrenzung und Fremdheit – ausländische Frauen in Deutschland” setzten sie sich mit einem Internationalen Erzählcafé in Verbindung. Bei einer anderen Produktion, „Frauen in Afghanistan”, zeichneten sie ein Gespräch mit einer jungen afghanischen Frau auf, die im afghanischen Frauenverband RAWA für die Rechte von Frauen kämpft. Johann-Christian-Senckenberg Schule Villmar und Kreisjugendamt Limburg-Weilburg Ansprechpartner: Bernd Steloff Ferdinand-Dirichs-Str. 65606 Villmar Internet: www.internet-schueler-cafe-runkel-villmar.de News Wave-Radio Casy M. Dinsing und Michael Holland Aeckerbecker Str. 8 47669 Wachtendonk „XENOPHILIA” – Computerspiel für Schule und Freizeit Das Computer-Quiz „Xenophilia” ist ein Spiel zum Thema „Fremdsein”. Anliegen der Initiative des „Forschungsverbands Area-Studies” ist nicht, einen vorgefertigten Verhaltenskodex für den Umgang mit Fremden vorzugeben. Vielmehr soll trainiert werden, sich respektvoll in Fremde hineinzuversetzen. Zunächst werden in „Xenophilia” durch Fragen zu Menschen und Lebensweisen verschiedener Länder der Erde Wissensfundamente geschaffen. Es geht um Situationen auf Reisen, in denen Missverständnisse und Fehldeutungen fremder Verhaltensweisen auftauchen. In der zweiten Spielphase werden Kenntnisse zu den Themenkomplexen Alltag und Sprache, Vorurteile und Minderheiten, Staatsangehörigkeit und Migration erweitert. Hier werden vor allem Vorurteile angesprochen und Begriffe geklärt, Situationen von Zuwanderern in Deutschland beschrieben und deren Perspektive in Bezug auf Deutschland eingenommen. Neben Sachkenntnis vermittelt das Spiel ein Gespür dafür, dass eigene Sitten und Gebräuche keine Allgemeingültigkeit besitzen, sondern in anderen Ländern womöglich 30 AKTIV für Demokratie und Toleranz als unhöflich oder missverständlich aufgefasst werden können. Es verdeutlicht am praktischen Beispiel die Schwierigkeit, uns als Fremde in Sitten und Gebräuchen anderer Länder zurecht zu finden, und vermittelt damit die Fähigkeit zum Perspektivwechsel in Bezug auf Fremde in unserem Land. Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Verständnisbrücken zu bauen. Je mehr Fundamente gelegt worden sind (abhängig von der Zahl der richtigen Antworten), desto mehr Brücken können gebaut werden. Die Schulversion des Spiels erhielt im Jahr 2002 das Comenius-Siegel für exemplarische Bildungsmedien. Es enthält eine Lehrerbroschüre mit Hintergrundinformationen, Unterrichtsmaterialien und Info-Tipps. Forschungsverband Area Studies Kochstr. 4 91054 Erlangen Tel. 09131-8522011 (Ansprechpartnerin: Sonja Hock) Internet: www.xenophilia.de SPORT FAIRPLAY FÜR RESPEKT UND TOLERANZ Sport ist international und eignet sich gut zur Vermittlung von Werten des Fairplay und der Anerkennung von Regeln. Rund um die wichtigste Nebensache der Welt existieren aber auch unschöne Erscheinungen. In den Stadien nutzen Neonazis und Rechtsextreme hochschlagende Emotionen zur Verbreitung von Diskriminierungen, Nationalismus und Antisemitismus. Unter Hooligans versuchen sie, neue Anhänger zu rekrutieren. Sportvereine stehen in der Verantwortung, hier gegen zu steuern. Einige Vereine und FanGruppen nutzen diese Chance für einen Beitrag zu mehr Respekt und Toleranz. LÖWEN-FANS BEZIEHEN STELLUNG Die Löwen-Fans gegen Rechts sind Anhänger des Bundesligavereins TSV München von 1860. Sie treten rassistischen und diskriminierenden Verhaltensweisen im Münchner Olympiastadion entgegen. Der Verein hat 25 Mitglieder zwischen 17 und 50 Jahren und arbeitet beim Bündnis aktiver Fußballfans mit. Die Aktiven verleihen ihrer antirassistischen Haltung durch T–Shirts, Transparente oder Aufkleber Ausdruck und führen Flugblattaktionen vor dem Stadion durch. Um auch andere Fans zu ermutigen, gegen Naziparolen Stellung zu beziehen, laden sie zu einem monatlichen Stammtisch ein. Gegenüber der Vereinsspitze setzt sich der Fanclub dafür ein, im Stadion klar gegen rechtsextreme Tendenzen Stellung zu beziehen, die Ordner besser über verbotene Symbole aufzuklären und mehr für die Integration von Zuwanderern zu tun. Auch außerhalb des Stadions engagieren sich die Fans. Sie zeigten in München zum Beispiel die Ausstellung „Tatort Stadion” des Bündnisses aktiver Fußballfans. Im Rahmen der Vorbereitungen für die Ausstellung begann auch eine Zusammenarbeit mit Sportvereinen aus dem multikulturellen und homosexuellen Bereich. Faninitiative Löwen-Fans gegen Rechts, Dachauer Str. 7, 80636 München, Internet: www.loewen-fans-gegen-rechts.com Aktiv für Demokratie und Toleranz 31 STRASSENFUSSBALL FÜR FAIRNESS UND TOLERANZ Fußball eignet sich gut zur Vermittlung von Werten des Fairplay. Zum einen spielen Jungen sowieso gerne Fußball, zum anderen ist es eine Mannschaftssportart, in der faires Miteinander gut erprobt werden kann. Durch Übertragung von fairem Verhalten auf den Alltag können Sportprojekte auch die demokratische Kultur stärken. Das Projekt des CLIP Medienzentrums für Kinder und Jugendliche richtet sich an Jungen aus sozial schwachen Familien zwischen neun und 16 Jahren. Den Jugendlichen sollen über den Fußball Werte wie Fairness, Toleranz, Gemeinschaft und Respekt vermittelt werden. Auf spielerische und „kämpferische” Weise können sie so Alternativen zur Gewalt und Mittel konstruktiver Konfliktlösung erlernen. Durch konsequente Vermittlung von Regeln und die Unterstützung sportlicher Fairness konnten diese Ziele Eingang in die Alltagswelt der Jungen finden. Im Rahmen des Projektes fanden Freundschaftspiele mit Mannschaften anderer Jugendeinrichtungen statt und die CLIP-Mannschaft nahm an einem Fairplay-Turnier teil. Ferner wurden die Jungen in einem demokratischen Prozess an der Projektgestaltung beteiligt. Gemeinsam analysierten sie etwa ihr zuvor mit Fotos und Video dokumentiertes Spielverhalten. Alle Beteiligten identifizierten sich sehr stark mit der Mannschaft und sind stolz auf gewonnene Pokale und Urkunden. Die Jungen lernten, sich wesentlich fairer und weniger aggressiv gegenüber ihren Mitspielern zu verhalten. stammt. Das Konzept wird vorwiegend in Problemstadtteilen umgesetzt und soll Jugendliche von der Straße holen. In zwei Altersklassen wurden Fußball-Ligen eingerichtet. Beteiligen kann sich, wer mindestens drei Mitspieler hat. An insgesamt 14 Spieltagen finden dann die Spiele statt. Wenn eine Mannschaft nicht erscheint, wird das Spiel als verloren gewertet und sie steht ziemlich schnell ganz unten in der Tabelle. Damit haben die Jugendlichen fixe Termine und eine Motivation, sie auch wahrzunehmen. Das Besondere an dem Konzept ist, dass die Spiele ohne Schiedsrichter stattfinden und die Mitspieler selbst Verantwortung für die Einhaltung der Regeln übernehmen müssen. Wenn es dennoch zu Streitigkeiten kommt, treten Streitschlichter in Aktion, die bei jedem Spiel zuschauen. Clip Medienzentrum für Kinder und Jugendliche Frobenstr. 27 10783 Berlin Tel. 030-75606306 (Ansprechpartner: Jürgen Macpolowski) Streetsoccerliga Hamburg Mittelweg 120 20148 Hamburg Tel. 040-41449750 (Ansprechpartner: Dieter Galinski) Mit der Streetsoccer-Liga führt die Bürgerstiftung Hamburg ein Projekt durch, dessen Idee ursprünglich aus Kolumbien „AUFTAUCHEN STATT ABDRIFTEN” ÜBER INTEGRATIONSTAGE ZUM STAMMSPIELER „Gegen den Strom der Ignoranz schwimmen”, wollte die hessische Jugendorganisation der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) im wahren Sinne des Wortes. Die Lebensretter veranstalteten ein „24-Stunden-Schwimmen”, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen. Durch Disziplinen wie „Mitternachtsschwimmen” im Discolicht oder „Karnevalsschwimmen” wurde die Veranstaltung attraktiv gemacht. Um sie jugendgerecht zu gestalten, gab es in den Nachtstunden eine Disco und Wasserspiele. Der unterhaltsame Aspekt stand jedoch nicht alleine. Parallel zum Schwimmen fanden Workshops und Veranstaltungen zum Thema Rechtsextremismus oder Argumentationstrainings gegen Stammtischparolen statt. Filmvorführungen, Podiumsgespräche und Informationsstände ergänzten das Programm. Mit dem Flugblatt „Auftauchen statt Abdriften” bezog die Jugendorganisation gegen Rechtsextremismus Position. Es wurde in allen DLRG-Gliederungen Hessens verbreitet. Der Sportverein TSV Breitengüßbach setzt einen Schwerpunkt auf die Jugendarbeit. Dazu gehören Projekte zur Suchtprävention, Computer- und Internetkurse, Fußballspiele gegen straffällig gewordene Jugendliche oder deutsch-tschechische Jugendbegegnungen. Die Junioren-Spieler unterstützt der Verein bei den „Erlebnis- und Integrationstagen”, ein Konzept, das von den Jugendlichen selbst erarbeitet wurde. Flüchtlingskinder und deren Familien werden auf den Sportplatz eingeladen. Während die Jugendlichen dort gemeinsam spielen, haben die Eltern Gelegenheit, sich kennen zu lernen. Etliche Jugendliche aus Migrantenfamilien haben so auch den Weg in den Sportverein gefunden und nehmen aktiv am Vereinsleben teil. Deutsche Lebensrettungsgesellschaft DLRG Jugend Bundessekretariat Im Niedernfeld 2, 31542 Bad Nenndorf, Tel. 05723-955300 32 AKTIV für Demokratie und Toleranz TSV Breitengüßbach Ahornstr. 10 96149 Breitengüßbach Tel. 09544-983546 (Ansprechpartner: Ralf Kestel) INITIATIVEN VOR ORT ZIVILCOURAGE TROTZ RECHTSEXTREMER GEWALT Rechtsextreme Ideologie schließt Gewalt gegen Zuwanderer oder politische Gegner ein. Daher gehört manchmal besonderer Mut dazu, sich für Demokratie und Toleranz zu engagieren. In einigen Regionen versuchen Neonazigruppen, Jugendzentren, Plätze oder Stadtteile mit Gewalt zu dominieren. Wenn Demokraten mit starken rechtsextrem orientierten Szenen konfrontiert sind, kann schon die Organisation von Kultur-, Bildungs- oder Diskussionsveranstaltungen mit Risiken verbunden sein. Engagierte Menschen laufen Gefahr, Bedrohungen und persönlichen Angriffen ausgesetzt zu werden. Aktiv für Demokratie und Toleranz 33 ZEIGEN, DASS POLITIK SICH LOHNT Im Februar 1999 jagten Neonazis drei Algerier durch Guben. Der 28jährige Farid Guendoul überlebte die Hetzjagd nicht. Er suchte Hilfe in einem Wohnblock, aber niemand öffnete. Vor Verzweiflung trat er die gläserne Eingangstür ein, verletzte sich dabei und verblutete im Treppenhaus. Einer von vielen rechtsextremen Übergriffen, die das Klima in der brandenburgischen Kleinstadt beeinflussen. Dem versucht der internationale Jugendverein Guben etwas entgegen zu setzten. Er wurde von deutschen und polnischen Jugendgruppen gegründet und führt zahlreiche Aktionen gegen Rechtsextremismus und Rassismus durch. Die Lage des Ortes an der polnischen Grenze war Anlass für die Organisation von Begegnungen mit Jugendlichen aus Polen und Deutschland, um antipolnischen Ressentiments entgegen zu treten. Der Bildungsarbeit dient ein Infoladen, in dem ein großer Bestand von Literatur für Jugendliche bereit steht. Angeboten werden zudem Filmabende, eine eigene monatlich erscheinende Zeitung, internationale Fußballturniere und Bildungsveranstaltungen. Der Verein engagiert sich bei der Unterstützung von Opfern rechtsextremer Gewalt und richtete eine Anlaufstelle ein, die von der Anzeige bis zur Prozessfinanzierung Hilfe leistet. „Wir wollen dem rechten Mainstream unter Jugendlichen als Internationaler Jugendverein Guben entgegenwirken. Wir wollen zeigen, dass Politik sich lohnt”, beschreibt eine Aktivistin die Arbeit. Das Ziel der Ehrenamtlichen ist, Jugendliche zur eigenen Meinungsbildung und politischen Aktivität zu animieren. Dazu nimmt der Verein aktiv am politischen Geschehen in Guben teil, etwa im „Forum gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit” oder im Kinder- und Jugendparlament. Auch die Bürgerinitiative zur Erhaltung des Gedenksteins für Farid Guendoul kam auf Anregung des Jugendvereins zustande. An der Pflege des immer wieder von Rechtsextremen beschädigten Mahnmals beteiligen sich mehrere Gubener Bürgerinitiativen. DEM RECHTSEXTREMEN GEDANKENGUT DEN BODEN ENTZIEHEN MIT KULTUR UND POLITIK GEGEN RECHTSEXTREMISMUS Der Falkenkeller Barsinghausen ist ein unabhängiges Zentrum mit einem attraktiven jugendkulturellen Angebot. Er wird von Jugendlichen im Alter von 16 bis 25 Jahren selbst organisiert. Ein Schwerpunkt ist das Engagement des Falkenkellers im Bündnis gegen Rechts, das sich aufgrund des Erstarkens neonazistischer Gruppen in Barsinghausen gegründet hat. Die Arbeit erfordert ein besonderes Maß an Zivilcourage, denn viele der rechtsextremen Übergriffe richten sich gegen den Falkenkeller und die sich dort treffenden Jugendlichen selbst. An dem Bündnis beteiligen sich Gewerkschaften, Vertreter von Schulen, Kirchengemeinden und anderen Organisationen. Gemeinsam wurden Demonstrationen und Kundgebungen gegen Aufmärsche der NPD und ihrer Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten” organisiert. So mancher Dissens zwischen den unterschiedlichen Akteuren im Bündnis konnte durch den Willen zur Zusammenarbeit überwunden werden. Die Jugendlichen sind neben dem Bündnis auch in einer Arbeitsgruppe der Präventionsrunde Barsinghausen aktiv, die regelmäßig im Falkenkeller tagt. Die Arbeitsgruppe entwickelte Aktionsideen, von denen der Falkenkeller einige in Form von Veranstaltungen umsetzte. Den Aktionen der Jugendlichen und vieler Bürgerinnen und Bürger ist es zu verdanken, dass dem rechtsextremen Gedankengut in Barsinghausen der Boden entzogen werden konnte. Etliche rechtsextreme Aktivisten, die zuvor aus benachbarten Landkreisen aufgebrochen waren, um in der Region Hannover Fuß zu fassen, haben sich wieder zurückgezogen. Die „Aktion Zivilcourage Pirna” gründete sich 1999. Hintergrund waren hohe Wahlergebnisse von Rechtsextremen in der Sächsischen Schweiz und zahlreiche, brutale Übergriffe, die teilweise von Anhängern der inzwischen verbotenen Gruppierung „Skinheads Sächsische Schweiz” verübt wurden. Die Initiative organisierte den ersten „Runden Tisch”, an dem sie mit Vertreterinnen und Vertretern von Polizei, Gewerkschaften, Parteien, Vereinen oder Kirchen das Problem thematisierte und konkrete Handlungsweisen diskutierte. Dem Aufruf zu einer Demonstration im November 2000 folgten rund 800 Menschen. Rechtsextreme bewarfen die Demonstrationsteilnehmer mehrfach mit Flaschen und Steinen. Trotz dieser Hindernisse entwickelte die Initiative umfassende Aktivitäten. Ein Schwerpunkt ist die Arbeit an den Schulen, einem Haupttätigkeitsfeld der Rechtsextremen. Die Aktiven klären mit dem Projekt „Das sieht verboten aus!” über rechtsextreme Symbole auf, widerlegen einschlägige Parolen mit klaren Fakten und weisen auf Handlungsansätze hin. Opfern rechtsextremer Gewalttaten bietet die Aktion Zivilcourage moralische Unterstützung und Hilfe bei Behördengängen. In enger Kooperation mit dem Büro für freie Kultur- und Jugendarbeit Dresden und dem Netzwerk Sachsen betreut sie den Jugendclub Liebstadt, der zuvor von Rechtsextremen dominiert wurde. Durch die Schaffung von kulturellen Angeboten wie Lesungen, Theateraufführungen, Konzerten oder Kulturfesten versucht die Initiative, der rechtsextremen Szene etwas entgegenzusetzen und ihr die Hauptansatzpunkte für die Nachwuchsrekrutierung zu nehmen. Falkenkeller, Postfach 1141, 30881 Barsinghausen Internet: www.falkenkeller.de Aktion Zivilcourage Pirna, Postfach 100228, 01782 Pirna Internet: www.Zivilcourage-pirna.de 34 AKTIV für Demokratie und Toleranz Internationaler Jugendverein Guben Kirchstr. 4, 03162 Guben, Tel.: 0170 - 8872803 INFORMATION ARGUMENTATIONSHILFEN GEGEN VERFÜHRUNGSPOTENZIAL Zur schweigenden Mehrheit zu gehören reicht nicht aus. Rechtsextremen und rassistischen Ansichten muss in allen Lebensbereichen mit Wort und Tat entgegen getreten werden. Viele Initiativen haben es sich zur Aufgabe gemacht, Demokratie und Zivilgesellschaft argumentativ zu stärken. Denn um ausländerfeindlichen Vorurteilen oder rechtsextremen Parolen entgegen zu wirken, bedarf es solider Informationen und Argumentationshilfen. Derartige Aufklärung – als Flugblatt, Plakat, Internetseite oder in Veranstaltungen – kann große Multiplikatorenwirkung entfalten. LEXIKON GEGEN RECHTSEXTREMISMUS Der „Informationsdienst gegen Rechtsextremismus” ist ein Internetauftritt, der über Rechtsextremismus informiert und aufklärt. Kernstück der Homepage ist ein qualitativ hochwertiges Lexikon mit Artikeln zu Gruppierungen und wichtigen Vertretern der extremen Rechten. Ausführliche Texte finden sich aber auch zur rechtsextremen Ideologie und zahlreichen Schlagworten, die mit Rassismus, Antisemitismus und Neonazismus in Verbindung stehen. Das Lexikon soll als Lieferant von Fakten und Argumenten für Diskussionen dienen. Anders als bei vergleichbaren Fachbüchern wird es ständig aktualisiert und ist durch das Internet leicht zugänglich. Die gute technische Aufbereitung ermöglicht zudem eine rasche Darstellung der vielen Querverbindungen in der rechtsextremen Szene. Neben dem Lexikon enthält die Seite aktuelle Artikel, in denen Aktivitäten der rechtsextremen Szene dargestellt werden. Ein Schwerpunkt ist die Aufklärung über geschichtsrevisionistische Literatur und deren Verfasser. Die Texte stellen nicht nur die Situation in Deutschland dar, sondern berichten auch über aktuelle Diskussionen in Chile, Russland, Österreich und den Niederlanden. Ein weiterer Schwerpunkt sind literaturkritische Hinweise auf Sachbücher und eine umfangreiche Link-Liste zu verschiedenen Themen der Politik, Geschichte, Presse und Wissenschaft. Informationsdienst gegen Rechtsextremismus, Email: [email protected], Internet: www.idgr.de Aktiv für Demokratie und Toleranz 35 PLAKATE FÜR DIE WÜRDE DES MENSCHEN „DIE GEISTER, DIE ICH RIEF...” Im Arbeitskreis kulturelle Öffentlichkeitsarbeit Karlsruhe sind alle kommunalen und staatlichen Kultureinrichtungen vertreten. Der Arbeitskreis kam einem Aufruf der Stadt nach, sich an der Diskussion über Ursachen und Möglichkeiten der Überwindung von Gewalt zu beteiligen. Entstanden sind neun Plakate, die von acht Einrichtungen entworfen wurden und die Würde des Menschen thematisieren. Sie wurden drei Wochen lang in allen Karlsruher Straßenbahnen ausgehängt und im Internet präsentiert. Später entstand eine feste Ausstellung in der Volkshochschule. Die „Grufties gegen Rechts” aus Bremen wenden sich gegen Vereinnahmungsversuche von Rechtsextremen in der Dark Wave und Gothic Szene. Die Jugendsubkultur huldigt einer dunklen, romantischen Musik und Inszenierung. Zentrale Themen sind die Vergänglichkeit und die Thematisierung des Todes. Teile der Szene greifen auf Mystiker des Nationalsozialismus und Theoretiker der sogenannten „Konservativen Revolution" zurück. Tendenzen, die von extrem rechten Ideologen aufgenommen wurden, um die Szene zu vereinnahmen. Mit der Broschüre „Die Geister, die ich rief...” informiert die Gruppe ausführlich über diese Anknüpfungspunkte, den rechtsextremen Kulturkampf, die ihn tragenden Personen und Organisationen sowie die theoretischen Hintergründe und Ideologieansätze der Neuen Rechten. Mit der Broschüre und ihrer Öffentlichkeitsarbeit haben die Grufties gegen Rechts Stellung bezogen und eine breite Diskussion in der Jugendszene angestoßen. Arbeitskreis kulturelle Öffentlichkeitsarbeit Karlsruhe Rathaus, Marktplatz 76124 Karlsruhe Tel. 0721–1334035 (Ansprechpartnerin: Susanne Lauwitz) JUGENDLICHE KLÄREN JUGENDLICHE AUF Das Projekt für Toleranz und Demokratie ist ein Zusammenschluss mehrerer Träger aus Sachsen-Anhalt. Es ist im „Netzwerk für Demokratie und Courage e.V.” organisiert, das in allen neuen Bundesländern aktiv ist. Seit April 2001 werden kostenlose Projekttage an Schulen und Jugendeinrichtungen mit dem Leitthema Antirassismus durchgeführt. Zur ehrenamtlichen Durchführung wurden 35 junge Leute zu Teamerinnen und Teamern ausgebildet. Dem liegt das pädagogische Konzept der Peer-Group-Education zugrunde. Jugendliche selbst sollen dabei ihrer Altersgruppe die Inhalte der Projektwoche vermitteln. Die Projekttage werden teilweise auch von ausländischen Teamerinnen und Teamern durchgeführt, die über das Leben von Zuwanderern in Sachsen-Anhalt und ihr jeweiliges Herkunftsland berichten, um Vorurteilen entgegen zu wirken. Durch Diskussionen, Plan- und Rollenspiele werden die Jugendlichen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Umwelt angeregt. Dies geschieht auf eine Weise, die sowohl das rationale als auch das emotionale Verständnis von Zusammenhängen fördert. Einer der drei angebotenen Projekttage befasst sich etwa mit den Themenfeldern Gehorsam, Autorität, Macht und Widerstand. Bestandteil sind Rollen- und Planspiele, in denen die Jugendlichen Macht und Ohnmacht durch Einnahme der Täter- und Opferrolle selbst erleben sollen. Andere Projekttage werden zu den Themen Rechtsextremismus, Gewalt und Courage oder zu Rassismus, Migration und Gewalt angeboten. Projekt für Toleranz und Demokratie Otto-von-Guericke-Str. 6 39104 Magdeburg Tel. 0391-5442798 Internet: www.netzwerk-courage.de 36 AKTIV für Demokratie und Toleranz Grufties gegen Rechts – Music for a new society Kulturzentrum Schlachthof Findorffstr. 51 28215 Bremen Tel. 0421-377750 Internet: www.geister-bremen.de ARGUMENTATIONSHILFE GEGEN HOLOCAUST-LEUGNER Das Internet-Projekt „Holocaust-Referenz” liefert Argumente gegen die Holocaust-Leugnung und informiert über Ereignisse und Gesetze aus der Zeit des Nationalsozialismus, die mit dem Holocaust in Verbindung stehen. Zielsetzung des Betreibers ist die Entlarvung von Neonazis und Hilfestellung vor allem für die Aufklärungsarbeit an der Schule. Die Texte führen durch die Angabe von Quellen und Zitaten zu weiter- und tiefergehender Literatur. Neben der Homepage „h-ref ” sind auf der Seite „ns-archiv” Dokumente und Abschriften von Originaldokumenten einzusehen. Damit werden Quellen klar und deutlich aufgezeigt und Holocaust-Leugner widerlegt. Die Homepage veranschaulicht, wie Sachverhalte von den Geschichtsrevisionisten missinterpretiert und verdreht werden. Holocaust-Referenz Ansprechpartner: Jürgen Langowski Erlenweg 34 58453 Witten Internet: www.h-ref.de und www.ns-archiv.de KUNST UND THEATER „WER, WENN NICHT WIR?” DESIGN GEGEN RECHTSEXTREMISMUS In der Fachhochschule Dortmund beschäftigten sich rund 150 bis 200 Studentinnen und Studenten des Fachbereichs Design ein Semester lang mit dem Thema „Rechtsextremismus”. Ergebnisse waren zahlreiche Plakate, Objekte oder Filme, die im Februar 2002 als Ausstellung einer breiten Öffentlichkeit präsentiert wurden. Die Arbeiten nehmen das Thema ernst, setzen es aber künstlerisch und spielerisch um. Bezüglich des Lebensgefühls von Jugendlichen sind sie authentisch. Jugendlichen, der primären Zielgruppe von Neonazis, soll das Gefühl vermittelt werden, dass es keinesfalls „cool” ist, zu den Rechtsextremen zu gehören. Das ehrenamtliche Engagement erzielte bereits eine große Öffentlichkeitswirkung. Sponsoren ermöglichten etwa die 50.000fache Verteilung von Plakatmotiven auf Gratispostkarten. Ein Internetauftritt stellt alle Arbeiten dar und vermittelt Informationen über das Projekt und Kontakte. Vielfältige Projekte aus Theater und bildender Kunst zeigen, dass die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus nicht nur in die Felder der Politik und Pädagogik gehören. Plakative Denkanstöße, kreative Erfahrungen und die Beschäftigung mit eigenem und fremdem Rollenverhalten fördern Zivilcourage und Weltoffenheit. Eigene Grenzen können so auf spielerische Weise überschritten werden. Die Aktionen entfalten nicht selten eine ungeahnte Öffentlichkeitswirkung. Fachhochschule Dortmund, Fachbereich Design Postfach 10 50 18, 44047 Dortmund Tel. 0231-912533 (Ansprechpartner: Prof. Johannes Graf ) Internet: www.artikeleins.de Aktiv für Demokratie und Toleranz 37 POSITION ZU MINDERHEITEN HINTERFRAGT – Ein Theaterprojekt Die „Schotte” ist ein viel besuchtes Theater in Erfurt, in dem über 140 Kinder und Jugendliche unterschiedliche Angebote zu eigenem kreativen Handeln nutzen und dabei künstlerische und pädagogische Unterstützung erfahren. Rund 20.000 Menschen nutzen jährlich das Angebot der „Schotte”. Im Jahr 2002 inszenierte das Theater ein Stück zum Thema Behinderung nach dem Textbuch „Die Jungs von nebenan” von Tom Griffin. Sowohl Zuschauerinnen und Zuschauer als auch Projektteilnehmerinnen und Projektteilnehmer wurden dadurch angeregt, sich intensiv mit ihrer eigenen Position zu Behinderten zu beschäftigen. Die beteiligten Jugendlichen entwickelten über ein umfangreiches Literaturstudium zunächst Arbeitsthesen, befassten sich mit der Geschichte der Psychiatrie, hinterfragten ihre ei- genen Positionen und Gefühle zum Thema Behinderung und definierten ihre Motivation zu dem Stück. Mit den Zuschauern, vor allem mit Schulklassen, wurde die Thematik in Gesprächen aufgearbeitet. Das Gesprächsangebot ermöglichte eine bewusste Reflexion der Emotionen, die das Stück auslöste. So konnte ein Beitrag dazu geleistet werden, den Umgang mit Behinderten ohne Zeigefingerpädagogik zu entkrampfen. SCHÜLERBILDER GEGEN GEWALT UND RASSISMUS AKTIONSKUNST IM PLATTENBAU „Wer, wenn nicht wir” ist eine Wanderausstellung, die 1992 von der Ludwigshafener Grafikerin Silvia Izi ins Leben gerufen wurde. Sie besteht aus Schülerbildern gegen Gewalt und Rassismus und wird ständig erweitert. Ziel des Projektes ist es, Schülerinnen und Schülern durch ihre aktive Beteiligung eine eigenständige Auseinandersetzung mit dem Thema zu ermöglichen, die von der Initiatorin als viel wirkungsvoller eingestuft wird „als jede noch so eindringliche Belehrung von Lehrerseite”. Die Ausstellung bietet darüber hinaus Anlass, fächerübergreifenden Unterricht zum Thema Rassismus und Gewalt anzubieten. Sie stand im Zentrum von Projektwochen und bildete die Vorlage für Schreibwerkstätten. Silvia Izi kooperiert bundesweit mit Schulen, deren Schülerinnen und Schüler die Bilder malen. Eine Jury, in der Eltern, Künstler, Polizei und Schüler vertreten sind, wählt die eindrucksvollsten Bilder für die Ausstellung aus. Sie wurde an über 60 Orten gezeigt und hatte zehntausende Besucherinnen und Besucher. Die Öffentlichkeitswirkung des Projektes ist groß. Davon zeugen nicht nur zahlreiche Presse- und Fernsehberichte. Bilder und Texte der Wanderausstellung wurden in viele öffentliche Publikationen übernommen. Die Deutsche UNESCO-Kommission hat „Wer, wenn nicht wir?” als offiziellen deutschen Beitrag zur Internationalen Dekade für eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit zugunsten der Kinder dieser Welt anerkannt. Der Marzahner Kinderkeller, eine Einrichtung des Kinderringes Berlin e.V., hat sich zum Ziel gesetzt, die Perspektiven der Kinder und Jugendlichen in der PlattenbauSiedlung zu verbessern, mehr Freizeitmöglichkeiten zu schaffen und mit Aktionen und Projekten den fremdenfeindlichen Tendenzen entgegen zu wirken. In Zusammenarbeit mit der Wohnungsbaugesellschaft Marzahn führte die Einrichtung im November 2001 das Projekt „angeeckt” durch. Kunstschaffende verschiedener Genres waren aufgerufen, die Zimmer einiger in einem Plattenbau leerstehenden Wohnungen zu gestalten. Die Räume verwandelten sich zu Galerien, Werkstätten, Meditationsräumen und Cafés. Die Künstlerinnen und Künstler sprayten, fertigten Collagen an oder gestalteten die Räume zu Fantasie-Welten um. Auch eine Fotoausstellung über Marzahner Kinder wurde gezeigt. Die Kinder und Jugendlichen waren nicht nur an der Vorbereitung des Projekts beteiligt, sondern engagierten sich auch in der Durchführung. Sie unterstützten die Akteure bei ihrer Arbeit, führten Besucher durch die Wohnungen oder veranstalteten spontan ein Break-DanceSeminar. Zunächst kamen nur die Bewohner des Hauses, später dann andere Nachbarn, Schulklassen und Interessierte aus mehreren Berliner Bezirken. Mit dem Projekt wurden die Jugendlichen mit etwas Ungewohntem konfrontiert: Sie lernten den Umgang mit den „fremden” Künstlern und erfuhren, dass Kunst erlebbar und lebendig sein kann. Aufgrund der großen positiven Resonanz soll das Projekt wiederholt werden. Diesmal sind auch internationale Künstlerinnen und Künstler eingeladen. Das Motto des neuen Projekts: „Endstation Ahrensfelde oder nur 70 km bis Osteuropa”. Schülerprojekt „Wer, wenn nicht wir?” Philipp-Scheidemann-Str. 109 67071 Ludwigshafen/Rhein Tel. 0621-676951 (Ansprechpartnerin: Silvia Izi) Internet: www.werwenn.de Schotte e.V. Schottenstr. 7 99084 Erfurt Tel. 0361-6431722 (Ansprechpartnerin: Renate Lichnok) Kinderkeller der Marzahner Wohnungsbaugesellschaft Marzahn, Wittenbergstr. 85, 12689 Berlin Tel. 030-93772052 (Ansprechpartnerin: Christine Otto) 38 AKTIV für Demokratie und Toleranz MUSIK „MEET THE CULTURE” - EINE SPRACHE, DIE ALLE VERSTEHEN Musikgruppen von Neonazis und Rechtsextremen zeigen, dass auch „böse Menschen“ Lieder haben. Trotzdem gibt es kaum einen Bereich, in dem Interkulturalität so zum Selbstverständnis gehört. Musik ist eine Sprache, die alle verstehen. Das umfangreiche Engagement von Musikerinnen und Musikern bei zahlreichen Konzerten, Demonstrationen und Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus und Intoleranz lässt sich kaum dokumentieren. Andere Projekte greifen musikalische Kreativität, Tanz und Bewegung als Mittel der kreativen Auseinandersetzung mit dem Thema und als Prävention auf. „FROM ÜHLÜX TO HÜHSCHED” – Solinger Musik gegen Rechtsextremismus Auf Vorschlag der Landesarbeitsgemeinschaft Musik in Nordrhein-Westfalen entstand die Idee eines CD-Projektes mit Solinger Jugendlichen. Zwölf Jugend-Projektgruppen setzten ihre Gedanken mit pädagogischer und musikalischer Unterstützung in einem professionellem Musikstudio um. Ihre Texte handeln vom täglichen Rassismus, von Rechtsextremismus und Gewalt und sind ein Aufruf zur Toleranz. Die CD vereinigt verschiedene Musikstile wie Hip-Hop, Rock und Elektro. Beteiligt waren Jugendliche verschiedener Herkunft und unterschiedlicher sozialer Schichten. Die erste Präsentation des Projektes fand im Rahmen eines großen Festivals im Solinger Kommunikationszentrum statt. Später folgten weitere Auftritte, etwa am Jahrestag des Solinger Brandanschlags. Die CD wird durch Vereine, Jugendclubs, die Jugendförderung und den Jugendstadtrat Solingen verbreitet. Als Folgeprojekt planen die Initiatoren Videoclips, um mit den Songs auch das Fernsehpublikum zu erreichen. Musiklabel Valve Records Stadt Solingen Pützfeld 10, 42655 Solingen, Tel. 0212-2472149 (Ansprechpartner: Reinhard Finke) Aktiv für Demokratie und Toleranz 39 CORPORATE COMMUNICATION – HipHop gegen Rassismus „Corporate Communication” ist ein Wahlpflichtkurs an den „Kaufmännischen Lehranstalten Bremerhaven”. In dem Kurs und mit viel privatem Engagement organisieren Schülerinnen und Schüler Konzerte, die immer in einem interkulturellen Kontext stehen. Die Veranstaltungen dienen etwa der Begegnung von jungen HipHop-Musikern aus verschiedenen Ländern oder bieten afrikanischen Zuwanderern Auftrittsmöglichkeiten. Der Erlös eines Konzertes ging an die erste demokratische Sendefrequenz in Kapstadt/ Südafrika. Im Rahmen anderer Veranstaltungen wurde durch Stellwände über Hintergründe von Migration oder die Lebenssituation von Flüchtlingen informiert. Weitere Projekte der Gruppe waren die Anregung von Schulpartnerschaften mit ausländischen Bildungseinrichtungen oder ein Didgeridoo-Workshop. In Corporate Communication haben Jugendliche auf sehr authentische Art und Weise und mit viel Kreativität Veranstaltungen für Jugendliche entwickelt, die von einer interkulturellen Atmosphäre geprägt sind und Toleranz fördern. Ein ähnliches Projekt wird im Wiesbadener Gemeindezentrum Schelmengraben durchgeführt. Im Dezember 2000 fand erstmals ein HipHop-Jam unter dem Motto „HipHop gegen Rassismus und Gewalt” statt. Mit den Veranstaltungen sollte gezeigt werden, wie fruchtbar das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen sein kann. Es folgten weitere Veranstaltungen unter dem Titel „Meet the Culture”. Der Eintritt ist frei, und dem Publikum wird Gelegenheit geboten, auf dem Weg des Rap seine Meinung zu Themen wie Diskriminierung oder Fremdenfeindlichkeit zum Ausdruck zu bringen. „STARTRUCK” Eine mobile Musikschule „MUSIK UNTER’M STIEFEL” Die Kreuzberger Musikalische Aktion betreibt den „Startruck”, eine fahrbare Bühnenanlage mit Tonstudio. Er fährt in ostdeutsche Kleinstädte, um ein alternatives Freizeitangebot zu schaffen. Meist werden Jugendliche gezielt angesprochen oder Schulklassen mit „Problemschülern” eingeladen. Das Projekt soll ihre Kreativität und das Interesse an Musik als einer möglicherweise dauerhaften Freizeitbeschäftigung wecken. In kleineren Gruppen gibt es einen Crash-Kurs, in dem das notwendige Grundwissen zum Spielen eines Instrumentes vermittelt oder eine Einführung in Street- und Breakdance gegeben wird. Nach dem Crash-Kurs lernt die Gruppe gemeinsam ein Lied, das am Nachmittag auf einem öffentlichen Platz des Ortes vorgetragen wird. Dieses ausgesprochen jugendgerechte Angebot hat in einigen Gemeinden, etwa in Joachimsthal, Nachahmer gefunden. Dort setzte sich die Kirchengemeinde für die dauerhafte Beschäftigung eines Musiklehrers ein, der Jugendbands betreuen soll. Durch die Arbeit mit dem „Startruck” wird die demokratische Kultur am Ort gestärkt. Das Projekt steht für alle offen, die sich an die „Spielregeln” halten. Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben auch rechtsextrem orientierte Jugendliche das Angebot wahrgenommen. Im Juni 2001 gründete sich in Herrenberg ein breites Bündnis unter dem Namen „Gemeinsam gegen Gewalt – Demokraten zeigen Flagge”. Das Aktionsbündnis führte zahlreiche Veranstaltungen durch, darunter einen ökumenischen Gottesdienst mit dem Titel „Rassismus erkennen – Farbe bekennen”, die Ausstellung „Weiße Rose” oder Filmveranstaltungen. Im Jahr 2002 initiierte das Bündnis die Veranstaltungsreihe „Musik unter‘m Stiefel”. Im Mittelpunkt stand die kommentierte Rekonstruktion der NS-Ausstellung „Entartete Musik” von 1938. Sie wurde durch ein Konzert mit Kompositionen der als „entartet” gebrandmarkten Künstler Ernst Krenek, Kurt Weill oder Arnold Schönberg eröffnet. Zu der Veranstaltungsreihe gehörten auch jugendgerechte Angebote, etwa ein Film über die „Swingkids”, eine damals jazzbegeisterte und oppositionelle Jugendkultur. Um Jugendliche zu motivieren, sich kreativ mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auseinander zu setzen, war ein Wettbewerb „Musik gegen Rechts" geplant. Gerade weil Rechtsextremisten Musikveranstaltungen als Mittel der Nachwuchsrekrutierung und zur Verbreitung von Propaganda nutzen, wollte das Aktionsbündnis hier ein musikalisches Gegengewicht schaffen. Kreuzberger Musikalische Aktion e.V. Friedrichstr. 2, 10969 Berlin Tel. 030-252951-63, (Ansprechpartner: Wolfhart Schulze) Internet: www.kma-antenne.de Aktionsbündnis „Gemeinsam gegen Gewalt – Demokraten zeigen Flagge” Hohe-Wacht-Str. 7 71083 Herrenberg (Ansprechpartner: Volker Mall) 40 AKTIV für Demokratie und Toleranz Kaufmännische Lehranstalten Bremerhaven Max-Eyth-Platz 5-7 27568 Bremerhaven Internet: www.stabi.hs-bremerhaven.de MTC-Organisationsteam Hollerbornstr. 64 65197 Wiesbaden Tel. 0178 - 5011272 (Ansprechpartner: Alexander Causo) Internet: www.hiphopwiesbaden.de DAS BÜNDNIS FÜR DEMOKRATIE UND TOLERANZ STELLT SICH VOR Das „Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt” bündelt alle gesellschaftlichen Kräfte, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt wenden. Es will die Grundwerte der Verfassung in der Öffentlichkeit stärken und sich für ein tolerantes Miteinander einsetzen. Über 900 Organisationen und Initiativen haben sich dem Bündnis angeschlossen. Gegründet wurde das Bündnis am 23. Mai 2000 durch die Bundesministerien des Innern und der Justiz. Die praktische Arbeit gestaltet ein Beirat mit 23 Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Stiftungen und allen Bundestagsfraktionen. Drei Jahre Arbeit des Bündnisses für Demokratie und Toleranz haben gezeigt, dass bürgerschaftliches Engagement wirksamer ist, wenn es von einem breiten Netzwerk unterstützt wird. Diskriminierung und Gewalt lassen sich dauerhaft nur durch Prävention und starke zivilgesellschaftliche Strukturen zurückdrängen. Wir setzen uns weiterhin für den gegenseitigen Respekt verschiedener Kulturen und Lebensweisen in unserem Land ein. Im folgenden stellen wir kurz unsere Schwerpunkte vor. „AKTIV FÜR DEMOKRATIE UND TOLERANZ” Das Bündnis sucht und verbreitet erfolgreiche und innovative zivilgesellschaftliche Projekte. Wir wollen, „dass diese Schule machen”. Dazu führen wir den Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz” durch, der sich vornehmlich an kleine Gruppen wendet. Im Jahr 2001 und 2002 haben sich jeweils fast 300 Initiativen beteiligt. 2002 wurden 89 mit Preisen im Wert von insgesamt 200.000 EUR ausgezeichnet. Die vorbildlichen Projekte werden auf unserer Homepage als nachahmenswert präsentiert. Wir wollen dabei nicht die einzigartige Aktion herausstreichen, sondern die Vielfalt und Breite der Handlungsmöglichkeiten zeigen. Jede und jeder kann in seinem Lebensbereich etwas gegen Diskriminierung, Rassismus und für die Integration tun! Der Wettbewerb ist ein Markenzeichen des Bündnisses und wird fortgesetzt. Aktiv für Demokratie und Toleranz 41 VICTOR-KLEMPERER-WETTBEWERB Der inzwischen drei mal durchgeführte Victor-Klemperer-Wettbewerb regt Jugendgruppen an, sich mit aktuellen Themen unserer Demokratie auseinander zu setzen. Ausgangspunkt ist das Leben und literarische Werk des jüdischen Bürgers Victor Klemperer, der sich während der NS-Zeit immer wieder fragte, wie aus „einem” Deutschland der humanistischen Bildung und Toleranz eines der Barbarei und der Diktatur werden konnte. Inzwischen haben über 30.000 Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren mit kreativen Beiträgen in unterschiedlichsten Ausdrucksformen am Wettbewerb teilgenommen. Der Victor-Klemperer-Wettbewerb ist ein ausgezeichnetes Beispiel für die Kooperation des Bündnisses mit Partnern aus Wirtschaft und Gesellschaft: die Dresdner Bank trägt ihn seit Beginn; im zweiten Jahr beteiligte sich der Deutsche Fussballbund und im dritten Jahr das ZDF. VERANSTALTUNG ZUM VERFASSUNGSTAG Jedes Jahr zum Tag des Grundgesetzes am 23. Mai veranstaltet das Bündnis ein großes, mehrtägiges Begegnungsforum in Berlin. Eingeladen sind mehrere hundert zivilgesellschaftlich aktive Jugendliche aus dem ganzen Bundesgebiet. In Workshops und Diskussionsrunden – 2003 z.B. unter dem Motto „Vielfalt ist in – Diskriminierung ist out“ – informieren sie sich, tauschen Erfahrungen aus und gewinnen Impulse für ihr weiteres Engagement. In einer Festveranstaltung zum Tag des Grundgesetzes zeichnen der Bundesinnenminister und die Bundesjustizministerin vier oder fünf besonders vorbildliche Gruppen mit dem Bündnispreis „Botschafter der Toleranz“ aus. Berlin ist eine Reise wert – erst recht im Mai! BÜNDNIS FÖRDERT GLEICHBEHANDLUNG IN DER ARBEITSWELT Das Bündnis unterstützt Bemühungen für Gleichbehandlung in der Arbeitswelt. Arbeitgeber und Gewerkschaften haben eine gemeinsame Verantwortung, entschieden für die Wahrung der Menschenwürde und gegen Fremdenfeindlichkeit in Betrieben und Büros einzutreten. Zudem ist praktizierte kulturelle Vielfalt in der Arbeitswelt auch ein wirtschaftlicher Vorteil. Eine Reihe von Unternehmen verpflichten sich mit Betriebsvereinbarungen, gegen Diskriminierung in ihrem Bereich aktiv zu werden. Das Bündnis unterstützt diese vorbildlichen Initiativen, indem es den Dialog der Sozialpartner fördert und Handreichungen für die betriebliche Praxis bereitstellt. Denn wir brauchen noch viele Betriebe, die diesen Beispielen folgen. UNTER DEM DACH DES BÜNDNISSES Das Bündnis kooperiert mit großen gesellschaftlichen Organisationen, Religionsgemeinschaften und kleinen Gruppen gleichermaßen. Sportverbände, die bei Veranstaltungen und Events für ein tolerantes Miteinander werben, gehören ebenso dazu wie Initiativen, die sich gegen Diskriminierung in Stadien einsetzen. Wir beraten Projekte, wenn sie für ihre Arbeit vor Ort Unterstützung brauchen. Einer unserer Partner ist der Deutsche Volkshochschulverband. Mehrere hundert Volkshochschulen greifen die Leitgedanken des Bündnisses in ihren örtlichen Veranstaltungen auf. 42 AKTIV für Demokratie und Toleranz www.buendnis-toleranz.de EIN PORTAL FÜR ENGAGIERTE Aktiv für Demokratie und Toleranz 43