In der Disco im Akkord flirten
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In der Disco im Akkord flirten
SERIE Dienstag, 23. November 2010 So flirtet der charmante Wetterauer richtig Friedberg. Wer bei der Suche nach der Zukünftigen oder dem Zukünftigen nicht von einem Fettnäpfchen ins nächste treten möchte, der sollte die folgenden Tipps beachten. Sie sind eine Sammlung aus den Café-Besuchern der Wetterau. So flirtest Du richtig: erst mit Blicken, dann im Smalltalk mit Witz und Niveau sein Interesse zeigen Komplimente machen – aber individuell, keine abgedroschenen Phrasen höflich sein, ohne Respekt vor dem anderen geht gar nichts man selbst bleiben – wer sich verstellt, wirkt künstlich früh abklären, ob es um Spaß oder um mehr geht, um Missverständnisse zu vermeiden auf sein Äußeres achten Das solltest Du bleiben lassen: dumme Anmachsprüche und eindeutige Gesten sind absolut tabu zu direkt sein – nicht gleich anfassen aufdringliches Einschleimen, das wirkt plump weitermachen, wenn man abblitzt – wird nur peinlich zu Persönliches im ersten Gespräch preisgeben, das könnte sich schneller herumsprechen, als einem recht ist sich von anderen Zeitgenossen ablenken lassen Kaugummi kauen Fragt sich nur noch, wo man auf die Suche gehen soll. Definitiv einen hohen Flirtfaktor für Jugendliche gibt es in verschiedenen Bars und Cafés der Region. Nachfolgend ist eine kleine Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit aufgelistet: In Bad Vilbel sollte man als Single mal im Down Under vorbeischauen. Einsame Friedberger finden ihr Glück vielleicht im Pastis oder im Café Kaktus. In Bad Nauheim trifft man sich auf dem Marktplatz, etwa in der HavannaBar. In Butzbach floriert das Partyleben unter anderem im Buster’s Workshop. In Karben ist die Bar Salute eine Möglichkeit unter Leute zu kommen. ew/zis In der Disco im Akkord flirten Heute suchen Clubbesucher auf der Tanzfläche nicht den Partner fürs Lebens, sondern ein Gegenüber für den Abend Entsteht in der Disco erst einmal ein anfänglicher Blickkontakt, ist der nächste Schritt schnell gemacht. Eng ist es auf der Tanzfläche sowieso, daher ist die erste Berührung oft kein Problem. Seitdem der Kuschelblues in den 1980ern die Pärchen in den Discotheken zusammen führte, hat sich viel verändert. Junge Partygänger wollen heute schnell feststellen, ob sie und ihr Gegenüber zueinander passen. Von Thomas Scholz Bad Vilbel. Der klassische Flirt in der Discothek ist fast ausgestorben. Partygänger zwischen 18 und 25 Jahren gehen heute lieber schnell und direkt auf ihr Gegenüber zu, als sich langwierig anzunähern. Stimmt die Chemie, wird der Abend zusammen verbracht – viel- leicht auch die Nacht. Am nächsten Abend beginnt das Spiel von vorne. Eine Beziehung entsteht dabei nur zufällig. Tanzen nur zweitrangig Rainer Groeber hat in 30 Jahren als Discjockey diesen Wandel auf den Tanzflächen beobachtet. „Heute geht es nicht mehr ums Tanzen. Es wird knallhart geflirtet.“ Sowohl junge Frauen als auch Männer sind in kleinen Gruppen von vier bis fünf Leuten unterwegs. Während die Damen tanzen, stehen die Herren mit dem Drink am Rand der Tanzfläche. Kontakt gibt es jedoch meistens nicht zwischen Einzelnen, sondern zwischen den jeweiligen Single, Christ, weltoffen sucht... Bad Nauheim. Für Singles gibt es in der Wetterau eine Gruppe, in der sie nicht alleine sein müssen. Auch die eine oder andere Beziehung ist daraus schon entstanden. „Wir sind im Grunde eine Form von Gemeinschaft“, erklärt Regina Kern. Sie ist eine der Organisatorinnen der Gruppe „Christ und Single“ in der Wetterau. „Bei uns geht es aber weniger um Partnervermittlung. Allerdings schließt es das nicht aus.“ Kern selbst hat ihren Lebensgefährten indirekt über die christliche Gruppe kennengelernt. Gegründet wurde diese 2006 als Angebot für Singles, die vom Alleinesein genug haben. „Sonntags nach dem Gottesdienst hatten sich die Familien verabredet und die Alleinstehenden fühlten sich ein bisschen außen vor“, erklärt Kern die Intention der beiden damaligen Gründer. Schon zum ersten Treffen kamen 15 Singles. Im Schnitt sind es heute immer noch so viele. Die Treffen finden an jedem dritten Sonntag im Monat statt. Entweder in der Freien Christengemeinde Bad Nauheim oder in der evangelischen Stadtmission Friedberg. „Allerdings unternehmen wir auch oft Ausflüge, etwa in den Hessenpark“, sagt Kern. Neben dem Beisammensein organisieren Kern und ihr Team von Zeit zu Zeit auch Vorträge: „Der nächste Vortrag ist ein Erfahrungsbericht eines Mannes, der in Kamerun in einer Klinik gearbeitet hat.“ Dabei wird es auch um Heilungen gehen, die in Kamerun passiert sein sollen. Der Name des Treffs, „Christ und Single“, heißt ist nicht unbe- dingt Programm. Denn mit einer bestimmten Religion oder Konfession oder auch nur mit Kirchenthemen haben die Treffen wenig zu tun. Zwar gibt es auch Vorträge über religiöse Themen, aber es kommen auch Singles, die mit christlichen Gemeinden nichts zu tun haben. „Auch wer nicht glaubt, kann zu unseren Treffen kommen“, so Kern. Welcher Konfession man angehört spiele keine Rolle. Auf der Internetplattform „Christ und Single“, eine Partnerbörse, ist die Wetterauer Gruppe zwar vertreten, hat aber ansonsten wenig damit zu tun. zis Wer Interesse an den Treffen hat, erhält Infos bei Regina Kern unter Telefon (0 60 32) 7 33 29 oder per E-Mail an [email protected]. Gruppen, erklärt Groeber. „Der schnell. Denn um die große Liebe ,einsame Wolf’ hat heute fast keine geht es erstmal nicht. „Ich weiß Chancen nicht, ob man mehr.“ es noch als Doch die ,Flirten’ beJagd im Ruzeichnen del ist umso kann. Es ist einfacher. mehr ein Erst kommt ,Abchecken’ Blickkonauf mehretakt, dann ren Ebenen.“ ein Lächeln, Stimmt und schon die Chemie Heute: Singles sind Mann und man und Frau im kann den AnGespräch. deren ,gut rieKörperliche Nähe ist am „Tatort chen’, dann steht einem gemeinTanzfläche“ sowieso gegeben – samen Abend nichts im Weg. der erste Kuss kommt heutzutage Passt es nicht, ist es auch kein Welt- Meine Stadt im Test Auf Partys wird immer nur geflirtet? Richtig, denn die Jugend von heute setzt nicht aufs Internet, sondern auf Charme und Blickkontakt Bad Vilbel. „Ey, was geht, chica – ist es wirklich heiß hier drin oder bist nur Du das?“ – So oder ähnlich stellen sich vielleicht viele die ersten Annäherungsversuche bei Jugendlichen vor. Aber die meisten jungen Leute sehen das selbst ganz anders, dumme Sprüche sind beim Flirten für sie völlig out. „Mit seinem Charme macht man das, und mit einem süßen Lächeln“, erklärt zum Beispiel Georg Weigand (19). Nach der Kontaktaufnahme durch Blicke und Lächeln folgt dann Smalltalk – aber „man muss das In den letzten Tanzcafés schwoft die Generation über 50 noch zur Musik von Elton John Die Gäste des Tanzcafés König kommen von weither. Viele Paare haben sich hier schon gefunden. Besonders zahlreich sind die Über-50-Jährigen vertreten. Von Petra Ihm-Fahle Pralinen für fleißige Tänzer Rosen stehen auf einem Tisch, denn mittwochs ist Rosenabend angesagt. „Ich bau dir ein Schloss, das in den Wolken liegt“, schmachtet die Stimme von Jürgen Drews aus den Boxen. Spots beleuchten das Parkett, Paare drehen sich. Nach jedem Rosentanz gibt’s eine Blume. „Der Tisch mit der vollsten Vase erhält am Ende Pralinen“, schildert Jagielski. Paare und Singles kämen, „es sind schon viele Ehen hier ent- Volles Parkett im Tanzcafé: Der Rosenabend zieht viele Besucher an. standen“. Zahlreiche Besucher sind Stammgäste. Marianne aus Marburg beispielsweise, eine Frau in den besten Jahren. „Seit 1995 fahre ich zweimal in der Woche her. Das ist hier wie zu Hause“, erzählt sie. Leidenschaftlich gern tanze sie, besonders zu Songs von Elton John. Was DJ Stefan sonst so auflegt? „Discofox, Foxtrott, mal ein Walzer. Das Repertoire reicht von schnell bis Kuschelrunde“, sagt er. Klaus steht an der Theke, vor sich ein Bitter Lemon. Wie er erzählt, ist er Single. „Jemanden kennenzulernen, ist aber nicht primäres Ziel, wenn ich ausgehe.“ Er mag die Atmosphäre, schaut gern den Tänzern zu. Was dem 55-Jährigen am „König“ besonders gefällt, ist der Altersdurchschnitt. Heidi (50) aus Aschaffenburg sieht das genauso. „Ich war vor zwei Monaten zur Kur in Bad Nauheim“, berichtet sie. untergang. Gefeiert wird frei nach dem Motto: Klappt es hier nicht, geht Mann zur Nächsten. Frau hält es umgekehrt schließlich genauso. Den klassischen Disco-Flirt gibt es nur noch auf den Partys für Über-30-Jährige. Hier wird noch nach dem oder der Richtigen gesucht, mit deutlich mehr Zurückhaltung als in der aktuellen DiscoGeneration. Kuscheln ist out Auch der Kuschelblues ist „in der Generation um die 40 Jahre“ noch vertreten. Bei jüngeren Clubgängern ist er weniger gefragt. „Früher haben wir immer ein, zwei Runden Musik aufgelegt, bei der man sich Foto: dpa nahe kommen konnte. Wenn man sich heute gefällt, geht man schnell ganz von selbst auf Tuchfühlung.“ Dabei hilft auch der bei Jugendlichen gestiegene Alkoholkonsum. Günstige Angebote – beispielsweise das Bier für 77 Cent, einen Prosecco für einen Euro – sorgen dafür, dass die Partnersuche für einen Abend unkompliziert anfangen kann. „Angetrunken zeigen die Menschen viel leichter Emotionen und lachen miteinander. Schon entsteht der Kontakt.“ Und wer nicht den Partner fürs Leben sucht kann ruhig riskieren, den falschen Eindruck zu erwecken. Denn am nächsten Abend geht das Spiel von vorne los. Die Jugend setzt auf Charme und Blicke Wo „50plus“ Rosen sammelt Bad Nauheim. Ü30-Partys sind in aller Munde. Doch wohin geht die Altersgruppe Über-50 auf der Suche nach Tanzspaß oder neuer Liebe? Ins Tanzcafé. „Ich habe Gäste bis zum Umkreis von 80 Kilometern“, sagt Marian Jagielski. Seit 28 Jahren führt er das Tanzcafé König. „Früher hatte ich noch das ,Edelweiß’ und das ,Calypso’.“ Seinerzeit habe es 16 Tanzlokale in Bad Nauheim gegeben, heute nur noch zwei. Wie er durchgehalten habe? „Mit Geduld – und indem ich etwas für die Gäste tue.“ Seite 21 NDP Foto: Petra Ihm-Fahle Dreimal pro Woche habe sie das Lokal besucht. Mit Kurschatten? Sie lacht: „Nein, mit anderen Frauen, die ebenfalls in der Reha waren.“ Die Musik sei schön, die Titel bekannt, man werde zum Tanzen aufgefordert. Ein idealer Abend. Das Tanzcafé König (Ludwigstraße 17) hat montags, dienstags, mittwochs und sonntags von 19 – 1 Uhr geöffnet, freitags und samstags bis 2 Uhr. Gespräch mit Witz führen“, meint Georg. Am besten geht das heute eindeutig auf Partys. „Da wird immer nur geflirtet“, ist Marleen Kellner (15) überzeugt. Im Gegensatz zu lauten Discos, wo man nur durch sein Äußeres wirken kann, sind hier auch Unterhaltungen möglich. Nach dem ersten Anbandeln sind auch Kino oder Cafés sehr beliebt. In der Schule dagegen würden die wenigsten flirten, denn dort kennt jeder jeden und man treffe sich unweigerlich wieder. Außerdem sei das einfach uncool, findet Andrej Brojatsch (17), und seine Freundin Sabrina stimmt ihm zu. Mit Blick auf sie meint Andrej: „Wenn ich ein Mädchen anspreche, habe ich schon ernsthaftes Interesse an ihr. Aber ich glaube, das sehen nicht alle so.“ Die wenigsten Jugendlichen denken beim Flirten gleich an eine Beziehung. „90 Prozent sind auf Spaß aus“, schätzt Adrian Kirchner (19). Andere, berichtet seine Freundin Nadja Amend (18), wollten einfach schnell mit jemandem zusammen kommen. Uneinig ist sich die Jugend darüber, wer mehr und offensiver flirtet – Jungs oder Mädchen. „Mädchen lassen flirten, denn es gibt schon noch die Tradition, dass der Junge anfängt“, findet Nadja. Georg hat dagegen die Erfahrung gemacht, dass Mädchen stärker flirten. Wer nun mutiger oder sogar aufdringlicher sein Interesse zeigt, scheint vor allem vom Charakter des Einzelnen abzuhängen. Eine weitere Modernisierung hat die Flirtkultur durch das Internet erhalten, also durch Chatrooms und soziale Netzwerke wie Facebook. Hier kann man anonym mit Unbekannten flirten oder auch Bekannten Dinge schreiben, die man sich nicht persönlich zu sagen traut. Aber viele sehen dieses „Onlineflirting“ sehr kritisch und finden, Augenkontakt gehört unbedingt dazu. Flirts im Internet könne man nicht wirklich ernst nehmen, meint etwa Marleen. Aber natürlich ist Facebook eine gute Möglichkeit, um mit der neuen Partybekanntschaft Kontakt aufzunehmen und sich fürs Kino zu verabreden – wer weiß, vielleicht wird ja doch mehr daraus . . . ew Das zweite Glück im Alter gefunden Bad Vilbel. Weitgehende Übereinstimmungen in Werten und Lebenseinstellung, ähnliche Berufserfahrungen, dazu der Umstand, dass ihre Kinder den neuen Lebenspartner uneingeschränkt akzeptieren: Das hat Hans-Ulrich Callies (68) und Veronika Ilten (67) den Mut gegeben, nach einsamen Jahren ein neues, gemeinsames Leben zu beginnen. Nur drei Monate, nachdem sie sich kennengelernt hatten, sind sie im April dieses Jahres in Callies Haus in Bad Vilbel zusammen gezogen. „Mit 68 kann man nicht noch drei Jahre überlegen“, sagt er. Seine Partnerin meint: „Wir haben den Schwung genutzt, eine schnelle Entscheidung zu treffen.“ Ilten hat ihr Haus in Oberursel verkauft. Leichter ist ihr die Entscheidung zweifellos gefallen, als zugleich der jüngste ihrer drei 39-, 36- und 34-jährigen Söhne in die Souterrain-Wohnung von Callies Haus eingezogen ist. Im Obergeschoss wohnt einer von Callies 33- und 31-jährigen Söhnen. „Wir sind im Sandwich zwischen unseren Jungen – eine echte Patchwork-Familie“, lacht der Hausherr. Er ist froh, dass er wieder lachen kann. Nach 38-jähriger Ehe ist seine Frau Thora im März 2007 gestorben. „Es war nicht völlig überraschend, nachdem sie 18 Monate gegen den Krebs gekämpft hatte. „Aber es ist ein Unterschied, die Perspektive zu kennen oder den Tod unmittelbar zu erleben.“ Aufgefangen haben ihn seine Söhne und viele ehrenamtliche Aufgaben: Kennen sich erst seit Anfang des Jahres und wohnen schon zusammen in Bad Vilbel: Veronika Ilten und HansUlrich Callies auf der Couch. Foto: Beppo Bachfischer Vorsitzender der SPD-Fraktion, Kirchenvorstand, Café Kleeblatt. „Aber das alles ist kein Ersatz.“ Irgendwann im Mai 2009, als er abends ins einsame Haus kam, beschloss er, sich „Freiraum zu verschaffen“. Gedanken an eine neue Partnerin habe er öfters gehabt, doch habe die Zeit gefehlt, und er wollte zuvor „alles im Haus aufräumen“. Er setzte sich an den PC und loggte sich in die Kontaktseite „parship“ ein. Über Monate tat sich nichts. Dann fand er Ilten. Sie war seit 1992 geschieden, „hatte aber zum ersten Mal das Gefühl, allein zu sein, als vor zehn Jahren auch der Jüngste ausgezogen war“. Vor zwei Jahren trat sie in den Ruhestand. „Seitdem habe ich mit dem Gedanken an eine neue Partnerschaft gespielt.“ Die beiden stellten fest, dass sie viel gemeinsam haben: vergleichbarer Lebensrhythmus, leitende Positionen und Auslandserfahrung im früheren Beruf, Offenheit der Familien, interkulturelle Erfahrung, Weltoffenheit und den Wunsch, die Länder zu bereisen, in denen sie früher gearbeitet haben. „Das macht zu zweit viel mehr Spaß als allein“, sind sie sich einig. Dennoch war für Ilten der Entschluss, mit Callies zusammen zu ziehen und das Haus zu verkaufen, ein Wagnis und „eine emotional sehr schwere Entscheidung“. Beide haben „uneingeschränktes Vertrauen“ zueinander, das Gefühl, sich zu ergänzen, im Anderen Rückhalt, Hilfe, Unterstützung zu haben. „Dieses Wohlgefühl gibt neues Selbstbewusstsein“, sagt Callies. Das Mitleid von Freunden sei echter Freude gewichen. „Meine Kinder behaupten, ich bin viel gelassener geworden“, so Ilten. Sie spricht auch für ihren Partner, wenn sie sagt: „Wir sind uns bewusst, was für ein Glücksfall wir sind.“ bep Morgen lesen Sie: Bildung – Lernen fürs Leben