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Fanchising
Macht der Fanproduktion
Julia Böger (Dipl.Nr. 1193) und Mona Mohr (Dipl.Nr. 1210)
Theoretischer Teil der Diplomarbeit
Studiengang: Kommunikationsdesign
Merz-Akademie
Wintersemester 2011/2012
Betreuung: Dr. Wilhelm Beermann / Prof. Olia Lialina
Inhalt
Einleitung
07
1.0 Fantheorie, Ökonomie und Konsum
1.1 Fantheorie im Wandel 1.2 Ökonomie der Spielbrache 1.3 Konsum und Konsumkritik
17
23
33
2.0 Vom Konsumenten zum Fan
2.1 Fanpsychologie
2.2 Der Konsument als Fan
2.3 Fangemeinschaften 43
49
55
3.0 Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
3.1 Der Fan als Produzent
3.2 Organisationsstrukturen Archiv und Kanon
3.3 Die Produktion
65
69
83
4.0 Alles eine Frage der Kommunikation
4.1 Wie Produzenten und Fans zueinander finden
105
5.0 Fanchising
Wortdefinition und Umschreibung
125
Glossar
133
7
Einleitung
Die Arbeit „Fanchising“ beschäftigt sich mit Fans, Computer- und Videospielen und dem Phänomen des „Fanwerdens“ durch Konsum. Gemeinhin gilt als erste Voraussetzung für das Fantum:
„Wenn ich ein Spiel gut finde, kann ich mich Fan dieses Spieles nennen.“ Damit ist es aber in den
meisten Fällen längst nicht getan, denn Fans sind oftmals wahre Experten der populären Kultur. 1
Um ein Expertentum in Bezug auf das selbst gewählte Fach / das Fanobjekt zu erlangen, betreiben
engagierte Fans viel Aufwand.
Doch was ist der besondere Reiz sich so intensiv mit einem Spiel zu beschäftigen? Welche Rolle
nimmt der Fan, in der Bildung und Pflege der Fancommunity eines Spieles ein? Warum sind Fans
für den Erhalt und die Reputation eines Spieles so wichtig? Und inwiefern haben Spieleproduzenten
diesen Aufwand bereits erkannt und genutzt? Mit diesen Fragen beschäftigt sich diese Arbeit. An
aktuellen Beispielen wird verdeutlicht, wie (Spiele-)Entwickler und Fan voneinander lernen, profitieren und sich somit gegenseitig motivieren und inspirieren können und welche Möglichkeiten es
gibt die gegenseitige Beziehung zu fördern und für beide Seiten produktiv zu gestalten.
8
Einleitung
Der Fan hat kulturtheoretisch einen steinigen Weg hinter sich: Seine Existenz, seine Motivation,
seine Ziele, seine emotionalen Beweggründe wurden hitzig diskutiert, kritisiert und vielseitig beleuchtet. Auch das Computerspiel hat es als relativ neues (Kunst-)Medium nicht leicht und findet
viele Kritiker. (Dies stellt auch einen der Gründe dar, welcher eine Untersuchung von Videospielefans interessant und als naheliegend erscheinen lässt.) Mittels knapper Umrisse der Themenkomplexe Fantheorie, Spieleökonomie und Konsumkritik werden deshalb im ersten Kapitel dieser Arbeit zunächst Entwicklungen und aktuelle Standpunkte innerhalb dieser drei Bereiche untersucht
und damit eine Grundlage für die Annäherung an die Praktiken des „Fanchisings“ geschaffen.
Fantum resultiert aus engagiertem, informiertem Kundentum: Getrieben durch ein tiefes, eigenes
und von der Community motiviertes Interesse sammelt der Fan Informationen, kategorisiert sie
und macht sie anderen zugänglich (z. B. in Form von FAQs, Wikis, oder Foren). Er produziert auch
selbst (schreibt Rezensionen, erstellt Mods, Fan-Bilder, Filme etc.). Doch bevor genauer auf die
einzelnen Ausdrucksformen eingegangen werden kann, muss gezeigt werden, was eigentlich den
grundliegenden Unterschied zwischen einer kreativen Produktion durch Fans (ohne Druck seitens
der Arbeitswelt) und der profitorientierten kreativen Produktion darstellt.
Der Fan wird von niemandem beauftragt, er arbeitet kreativ mit dem Material, welches er sich in
seiner Freizeit angesehen, gehört, gefühlt, kurz welches er sich durch genaue Betrachtung zu eigen
gemacht hat und an welchem er Gefallen findet. Er ist, durch den Fakt, dass er seine Fanarbeit in
seiner Freizeit verrichtet, bei der Produktion nicht dazu gezwungen sich in den Markt einzugliedern, sondern kann spielerisch, „frei“ und nach seinem Belieben auch anonym produzieren.
Fansein bedeutet eine emotionale Bindung einzugehen, sich selbst als Fan mit einer Sache zu identifizieren; und zu äußern: „Ich bin Fan!“. Die Aufforderung zur Kreativität geschieht hier durch
Eigenmotivation, resultierend aus der Begeisterung für ein Werk, oder durch den Aufruf anderer
Einleitung
Fans sich einer neuen Herausforderung zu stellen, z. B. an einem bestehenden Projekt mitzuhelfen.
Hier hat man die Wahl: Das entstehende Werk ist nicht an die Selbstdarstellung, sondern vielmehr
an den Bezug zum Fanobjekt gebunden, in welchem es zum Schluss steht. Das primäre Ziel ist
nicht zwangsläufig das Erstellen einer „Marke-Ich“, über die man sein Können vermittelt, sondern
mit seinem Können zu einer Sache beizutragen, welche größer ist als man selbst. „Fan critics work
to resolve gaps, to explore excess details and undeveloped potentials. This mode of interpretation
draws them far beyond the information explicitly present and toward the construct of a meta-text
that is larger, richer, more complex and interesting than the original [...]. The meta text is a collaborative enterprise; its construction effaces the distinction between reader and writer, opening the
program to appropriation.“ 2 Der genaue Verlauf wird in Kapitel drei konkreter erläutert; hier wird
nachvollziehbar gemacht, auf welche Art und Weise ein reiner Konsument zum Fan wird und welche Bedeutung in diesem Rahmen der Fangemeinschaft zukommt.
Die Verbindung des Themas Videospiel und Fantum bietet sich an: Videospieler und Fans sind sich
sehr ähnlich. Nicht nur wegen der starken Kritik, der sich beide ausgesetzt sahen bzw. sehen, oder
der Masse an Videospielefans, sondern wegen der Ähnlichkeit des Umgangs der Akteure mit dem
Gegenstand ihres Spieldranges. In beiden Fällen geht es darum, sich eines Objektes zu bemächtigen, sich die Parameter, nach denen es funktioniert, anzueignen und aufgrund dessen befähigt zu
sein sich über das reine Konsumieren hinaus eigene Strategien zu entwickeln.
Konkret bedeutet dies für den Videospiele, das Spiel erst einmal in seiner physischen Form zu
besitzen, es auf der Hardware zum Laufen zu bringen und es schließlich zu spielen. Dies alles ist
Ermächtigung. Wenn er dann versteht wie das Spiel zu spielen ist, wovon seine Narration handelt
und wie die Benutzeroberfläche am sinnvollsten anzuwenden ist, dann ist er sich der Funktionsweisen der Parameter gewahr, aus denen das Spiel zusammengesetzt ist. Das Spielen an sich im-
9
10
Einleitung
Bolter und Grusin stellen in ihrer
Publikation „Remediation“ Nachforschungen über die Natur virtueller Realitäten an, deren Kern auch
auf Videospiele übertragen werden
kann: „Where immediacy suggests
a unified visual space, contemporary
hypermediacy offers a heterogeneous space, in which representation is
conceived of not as a window on to
the world, but rather as „windowed“
itself – with windows that open on to
other representations or other media.
The logic of hypermediacy multiplies the signs of mediation and in
this way tries to reproduce the rich
sensorium of human experience.” 4
Das Computerspiel tut beides: Es
gibt seinem Spieler verschiedenste
Navigations­hilfen und Fenster in
Form eines Interfaces. Innerhalb der
Spielerfahrung werden diese für geübte Spieler jedoch unsichtbar und
intuitiv nutzbar.
pliziert also zwei Schritte, sowohl den der Ermächtigung, das bloße Besitzen, und das Aufnehmen
des Spieleinhaltes durch die Sinne, das Rezipieren. Im gleichen Atemzug, in dem man Rezeption
sagt, muss auch die Reflektion genannt werden; das Verstehen und die korrekte Ausführung von
Eingaben, welche das Spiel von einem verlangt. Der Schritt der Aneignung verläuft virtuell, ist eine
bewusste oder unbewusste Denkleistung, die dem Handeln vorausgeht. Dies alles ist eine Frage der
Erfahrung von Unmittelbarkeit in Abgrenzung zur Hypermedialität. 3
Unter Umständen wird dieser Schritt nicht als solcher vom Spieler wahrgenommen, da er beim
Steuern des Spieles auf bereits antrainierte Abläufe zurückgreift. Um die Herausforderung (z. B.
das Bezwingen von Gegnern) zu meistern, welche das Spiel stellt, ist es notwendig, das gewonnene
Wissen anzuwenden und entsprechende Taktiken zu entwickeln. Weiterführend kann zusätzlich
zu der Herausforderung die das Spiel darstellt festgestellt werden, dass Spieler sich häufig selbst
Auflagen erteilen, Bedingungen, welche sie beim Spielen erfüllen möchten (z. B. keinen Schaden
zu nehmen oder in der schnellstmöglichen Zeit ein Level zu meistern). Dies alles tut der Spieler,
um Spaß zu haben.
Dem Fan geht es im Umgang mit seinem Fanobjekt ähnlich, mit dem Unterschied, dass er medienübergreifend rezipiert und erstellt. Mithilfe der angeeigneten Elemente / Parameter, schreibt,
zeichnet, sammelt und sortiert er Unmengen von Beiträgen, welche sich auf sein Fanobjekt beziehen. Kurz: Er remedialisiert. So werden weiterführende Erkenntnisse durch das Verarbeiten und
Überarbeiten von Inhalten in einem anderen medialen Kontext gewonnen. Dieses Vorgehen ist ein
natürliches und basiert auf der grundlegend menschlichen Fähigkeit der Reflektion und Projektion.
Reale Erlebnisse werden beispielsweise sprachlich wiedergegeben und so innerhalb eines Diskurses
remedialisiert. Dieser kann wiederum in eine schriftliche Erzählung gewandelt, oder filmisch adaptiert werden. So werden das Reale und die Mediation gleichsam als Teile der Realität erfahren. 5
Einleitung
Die Fanproduktivität geht also über das Rezipieren und Partizipieren hinaus. Sie ist transformativ, da sie zu einer Verbreiterung der Thematik beiträgt (Kontextbildung), das Medium Spiel und
seine Bestandteile durch diese Kontextualisierung beschreibt und ihnen einen Platz in der Kultur
zuweist.
Jene Videospielfans, für welche die Art wie das Medium konstruiert ist und seine Hypermedialität
durch stundenlange Beschäftigung unsichtbar geworden sind, haben das Spiel so wahrgenommen
wie es intendiert wurde. Sie haben den „flow“ 7 des Spieles erfahren und sind somit die autodidaktischen Experten, welche den besten Überblick haben, und in der Übertragung in ein anderes Medium
(z. B. beim Anlegen eines Wikis) federführend sind. Dieses Können, oder auch Erfahrungswissen,
stellt zusammen mit klar kommunizierten Verweisen (die zur Schaustellung einer schwierig zu
überwindenden Stelle z. B. als Bild, oder Video) eine souveräne Einheit dar, die Machtpotential
innehat (was z. B. die Meinungsbeeinflussung innerhalb der Gemeinschaft der Spieler oder Fans
angeht).
Hiermit befasst sich Kapitel vier genauer, indem aufgezeigt wird, wie aus einem Fan ein selbst
angeleiteter Autor wird und wie sich Fangemeinschaften organisieren. Zudem gibt dieses Kapitel
Aufschluss über die unterschiedlichen Produktionsdisziplinen, welche von Fans ausgeübt werden
und sich über Jahrzehnte hinweg entwickelt haben.
In Betrachtung der westlichen Ökonomie, in der die Produktion dezentralisiert und nach außen verlagert wird (z. B. durch Produktionswerke in Billiglohnländern), wirkt die Fankultur wie eine Rückbesinnung: Die Produktion der Güter findet in kleiner Stückzahl zuhause statt, einhergehend mit
einer Rückverlagerung der handwerklichen Arbeit in das Eigenheim. Die Produktion eines Fangegenstandes ist oft an eine persönliche Herausforderung gebunden, welche sich der Fan selbst stellt.
Handwerkliche Fähigkeiten (wie beispielsweise Nähen, Zeichnen, Prosaschreiben) werden autodi-
11
„Each act of mediation depends on
other acts of mediation. Media are
continually commenting on, reproducing, and replacing each other,
and this process is integral to media.
Media need each other in order to
function as media at all. […] [Mediations] are real as artifacts (but not as
autonomous agents) in our mediated
culture. [...] [A]ll media remediate
the real. Just as there is no getting rid
of mediation, there is no getting rid
of the real. […] The goal of remediation is to refashion or rehabilitate
other media. Furthermore, because
all mediations are both real and mediations of the real, remediation can
also be understood as a process of
reforming reality as well.“ 6
12
Einleitung
daktisch oder mit Hilfestellung erlernt, um eigene Visionen umzusetzen. Dem Fan ist es gestattet zu
probieren, ja, sogar zu scheitern, da er seine Arbeit nicht um des Lohnes willen verrichtet.
Die Fanproduktion erweitert den „Einflusskreis“ des Spieles dadurch, dass produzierte oder verwaltete Inhalt zur Schau gestellt werden. Dies macht Parameter bzw. Teile des Spieles intermedial
und somit auch auf anderen Plattformen zugänglich. So kann man z. B. Fanart ebenso als Werbung
betrachten, wie offizielle Poster oder Plakate. Die Vernetzung und die Mitteilungsfreudigkeit der
Fans stellt also eine weitere kostenlose Werbequelle für die offiziellen Entwickler dar. Die Fans und
deren Erzeugnisse sind Multiplikatoren, die anderen, unbeteiligten von den Erlebnissen der Spieler
mit und im Spiel berichten. Wenn Spiele und ihre Features so größere Kreise ziehen, unsere Wohnzimmer einnehmen und Teil unseres sozialen Umfeldes sind, wie Henry Jenkins es beschreibt, dann
gehören sie nicht mehr nur ihrem ursprünglichen Entwickler: „Media texts, thus, can and must be
remade by their viewers so that potentially significant materials can better speak to the audience’s
cultural interests and more fully address their desires.“ 8
Dass diese freiwillige Arbeit am Material auch bei den Entwicklern der Spiele Beachtung findet,
versteht sich von selbst: Oft Profitieren die offiziellen Produzenten immens von kostenlosen Mods
und Patches, welche nur dank einer existierenden Fanbasis entstehen. Deshalb ist es wünschenswert
eine derartige Fangemeinde zu haben, deren Bedürfnisse oder Wünsche zu kennen, sie ernst zu nehmen und „Fanservice“ zu betreiben. Wie die Kommunikation und Beziehung der beiden Lager Fan
und Entwickler aussehen kann wird in Kapitel 5 exemplarisch an praktischen Beispielen erläutert,
um abschließend ein erstes, genaueres Bild des Fanchisings zeichnen zu können.
Einleitung
1. vgl. Henry Jenkins: Textual Poachers. Television Fans
and Participatory Culture, New York 1992, S. 86
2. ebd. S. 279
3. vgl. Jay David Bolter / Richard Grusin: Remediation,
Understanding New Media, Cambridge 2000, S. 20 ff
4. ebd. S. 34
5. ebd. S. 56 f.
6. ebd.
7. vgl. Steven Pool: Trigger Happy – Videogames and
the Entertainment Revolution, New York 2004
8. Jenkins 1992, S. 279
1. Fantheorie, Ökonomie und Konsum
Fantheorie, Ökonomie und Konsum
Fantheorien im Wandel
Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurden eine Vielzahl akademischer Fananalysen und Betrachtungen
publiziert, welche völlig unterschiedlichen theoretischen Teilbereichen zugeordnet werden können.
Jonathan Grey, Cornel Sandvoss und C. Lee Harrington beschreiben in ihrem Vorwort zur Anthologie „Fandom. Identities And Communities In A Mediated World“ die genaue Entwicklung des
Diskurses und unterteilen diese in drei Hauptschritte.
In den ersten Zügen der Fananalyse, bis Mitte der 1990er Jahre, war folgende Meinung dominierend: Der Konsumapparat, die Massenmedien waren ein Schlachtfeld und das Fansein vergleichbar einer Guerillataktik des kleinen Mannes um ihnen beizukommen. 1 In dieser Tradition standen
unter anderem auch die ersten Abhandlungen von Fiske und Henry Jenkins. Unter dem Akt des
Fanseins wurde mehr als das bloße „Verehren“ eines Fanobjektes verstanden. Viel mehr wird er
im Sinne einer „kollektiven Strategie“ wahrgenommen. Sich ausformende Communities wurden
als Zusammenschlüsse gegen die machtvollen populären Medien, als deren Gegenpole verstanden.
„Fan studies therefore constituted a purposeful political intervention that sided with the tactics of
an audience in their evasion of dominant ideologies, and that set out to rigorously defend fan communities against their ridicule in the mass media and by non-fans.“ 2
17
18
Fantheorien im Wandel
Die Auseinandersetzung mit dem Fanpublikum wurde sehr distanziert vorgenommen. Nicht nur
in stereotypenhaften Medienberichten wurde dem Fandom die Rolle „des Anderen“ zuteil. „For
all their sympathy, early fan scholars who were outsiders to the fan communities they studied ultimately pulled back from their observation, concluding, ‘right now we can arrive at the truth that
the fans don’t yet recognize about their own political activity’ (Jenkins 2001:n.p.)(see Hill 2002 on
Penley).“ 3
Zwar gaben viele Theoretiker (darunter auch Bacon-Smith, Harrington und Bielby, Jenkins und
Tulloch) den Fans die Chance, sich selbst zu Wort zu melden, doch das Gefühl sich – angesichts all
der vorherrschenden Annahmen und dem schlechten von den Massenmedien gezeichneten Bild des
Fanseins – rechtfertigen zu müssen, überwog in deutlichem Maße.
„[…][E]arly fan studies did not so much deconstruct the binary structure in which the fan had been
placed as they tried to differently value the fan’s place in said binary. As such early fan studies (and
much of the work it inspired) often turned to the very fan activities and practices […] that had been
coded as pathological, and attempted to redeem them as creative, thoughtful, and productive.“ 4
Dem Verständnis des eigentlichen Fanobjektes wurde im Zuge der analytischen Betrachtung des
Fantums keine Bedeutung beigemessen und das Fansein blieb in seiner akademischen Definition
in der Rolle „des Anderen“ verhaftet, auch wenn es im sozialen und kulturellen Raum mehr Platz
einnahm.
Die zweite Woge der Fananalyse – welche auf jene Erkenntnisse gründete, die bis Mitte der 1990er
gewonnen worden waren – legte ihren Fokus auf die historische Betrachtung der vorangegangenen
Entwicklungen, denn sowohl die Rezeption der Fanthematik, sowie die Praktiken der Fans waren
einem Wandel unterworfen: Zum einen boten neue mediale Möglichkeiten den Fans ein noch besseres Sprachrohr, zum anderen wurde der Fan als „spezialisierter und sogar auch noch engagierter
Fantheorie, Ökonomie und Konsum
Verbraucher“ zum Mittelpunkt von Marketingstrategien. „Rather than ridiculed, fan audiences are
now wooed and championed by cultural industries, at least as long as their activities do not divert
from principles of capitalist exchange and recognize industriesʼ legal ownership of the object of
fandom.“ 5
Die alltägliche Form, welche die Präsenz von Fans im kulturellen Bereich angenommen hatte,
spiegelte sich unter anderem in einer Vielzahl von Artikeln namhafter Zeitungen wieder: Die New
York Times berichtete z. B. von Massenaufläufen bei der Veröffentlichung eines neuen HarryPotter-Bandes. Fansein war zu diesem Zeitpunkt bereits etwas, das zum Mainstream avanciert war.
Dennoch wurden den Potter-Fans abwertende Spitznamen wie Potterheads zuteil und sie wurden
als seltsame, verschrobene Phantasten verschrien. Natürlich hätte die New York Times nie in gleicher Manier von ihren eigenen Fans, ihrer Stammleserschaft gesprochen, bemerken Jonathan Grey,
Cornel Sandvoss und C. Lee Harrington. In den Fananalysen dieser Phase wurde der Fan als Einzelperson wahrgenommen. Außerdem verlagerte sich die Kritik und Analyse auf die Wahl des Fanobjektes und die damit einhergehende Praktiken anstatt auf den eigentlichen Zustand des Fanseins. 6
Auch wurde das Fansein, bzw. die Fancommunity nicht mehr als bloßer Widerstand gegen die gegenwärtigen kulturellen Paradigmen und Machthabenden angesehen. In den Theorien des französischen Soziologen Pierre Bourdieu fanden sich neue Ansätze, welche für die folgenden analytischen
Betrachtungen nutzbar gemacht wurden: Nun waren kulturelle Hierarchien innerhalb der Fancommunities als Untersuchungsobjekt von Interesse. Die Wahl der Zugehörigkeit, des Fanobjektes,
sowie die Wahl der Fanpraktiken und des Konsumverhaltens spiegeln das soziale, kulturelle und
ökonomische Umfeld des Fans wieder. „[…] [R]ather than seeing fandom as a tool of empowerment they suggest that the interpretive communities of fandom (as well as individual acts of fan
consumption) are embedded in the existing economic, social and cultural status quo.“ 7
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Fantheorien im Wandel
„ […] [F]ans are seen not as a counterforce to existing social hierarchies and structures, but in sharp
contrast as agents of maintaining social and cultural systems of classification and thus existing
hierarchies.“ 8
Diese zweite Phase der Theoriearbeit am Fan war, so Jonathan Grey, Cornel Sandvoss und C. Lee
Harrington in „Fandom. Identities And Communities In A Mediated World“, sehr erfolgreich darin
aufzuzeigen was Fandom nicht ausmacht, vernachlässigte jedoch völlig die individuelle Motivation, den Genuss und die Freuden des Fanseins. Die Frage warum Rezipienten zu Fans werden,
wurde nicht gestellt und das Interesse des Fans und dessen Motivation durch deren Auftreten und
Verhalten allein zu erklären, führte zu keinem befriedigenden Ergebnis. 9
Während die erste und zweite Generation der Fananalyse ihre Betrachtungen auf bestimmte, spezielle Zielgruppen und spezielles Fanverhalten beschränkten, ließ die allgemeine kulturelle Entwicklung dies in der dritten Phase schwerlich zu, denn das Fansein wurde zum „gewöhnlichen Beiwerk“
des kulturellen Konsums. Weitere technische Errungenschaften, wie z.B. internetfähige Smartphones ermöglichen jederzeit und allerorts den Zugang zu jeder erdenklichen Information. „[…] (The
next step to take) has thus been to change the goalposts of inquiry and to broaden our analytic scope
to a wide range of different audiences reflecting fandom’s growing cultural currency.“ 10
“On the macro level, contemporary research on fans (like its predecessors) acknowledges that fans’
readings, taste, and practices are tied to wider social, cultural, and economic transformations of
our time including the dialectic between the global and the local (e.g. Harrington & Bielby 2005;
Juluri 2003a; 2003b; Sandvoss 2003; Tufte 2000) and the rise of spectacle and performance in fan
consumption (Abercrombie & Longhurst 1988).“ 11
Fans verschiedener Bereiche werden in dieser dritten Phase der theoretischen Abarbeitung am Fan
in Relation betrachtet. Es wird gefragt: Wo liegen Gemeinsamkeiten bzw. sogar Interaktionspunkte?
Fantheorie, Ökonomie und Konsum
„[…] [A]udience research has revealed the deep-seated symbiosis between the cultural practice
and perspective of being a fan and industrial modernity at large. Rather than being a transhistorical
phenomenon, fandom emerges in historical studies as a cultural practice.“ 12
Die dritte Welle fokussiert sich also darauf, Einblick und Verständnis in und für Mechanismen
des modernen, täglichen Lebens zu liefern. „[…] [F]an audiences help us to understand and meet
challenges far beyond the realm of popular culture because they tell us something about the way in
which we relate to those around us […].“ 13
Die Analyse der Fanthematik beschränkte sich nicht weiter auf allgemein bekannte Fanobjekte
(z. B. Star Trek oder Soap Operas). Die Bindung eines Fans zu seinem Fanobjekt wurde als eine
persönliche und emotionale erkannt. Des Weiteren wurde festgestellt, dass den Umgang mit Fanobjekten beispielsweise dieselben diskursiven, rezeptiven Tätigkeiten begleiteten, welche auch mit
anderen (medialen) Themen des 20. Jahrhunderts einhergingen. Als Beispiel führt Jonathan Grey
hier die „battles over hearts and minds“ an, welche einen politischen Wahlsieg entscheiden. Entscheidungen werden nicht nur durch rationalen Diskurs geprägt, sondern durch die Fähigkeit etwas
darzustellen. Und so ergibt sich folgende Schlussfolgerung: „Perhaps the most important contribution of contemporary research into fan audience thus lies in furthering our understanding of how
we form emotional bonds with ourselves and others in a modern, mediated world.“ 14 Somit steht
die dritte Phase der Fanstudie in starker Relation zur aktuellen sozialen und kulturellen Struktur
unseres Umfeldes. Hier rücken auch Umbrüche in der Auffassung von Populärkultur, Hochkultur
und deren Unterschieden, sozialer Interaktion und Identitätsfindung in physischem und virtuellem
Raum, sowie das Auftreten von Konflikten, Diskriminierung und klassenartiger Unterscheidung in
den Fokus.
Fantexte werden unter ästhetischen, kulturellen und sozialen Gesichtspunkten einer Betrachtung
unterzogen. 17 Besonders der Einfluss der digitalen Vernetzung auf Fankulturen steht im Zentrum
21
„Questions of judgement also form the
starting point of the second section [of
this book], ‘Beyond Pop Culture: Fandom from News to High Cultureʼ, which
attacks the myth that fans are peculiar to
popular culture by examining fans of reputable and ‘high’ culture.“ 15
„Drawing from her [Roberta Pearson’s]
own experience with Bach and Sherlock
Holmes fan cultures, she places high culture on the plate for future fan studies, and
denies high-culture fans their long-held
place in the shadows of fan studies.“ 16
22
Fantheorien im Wandel
unzähliger Untersuchungen. „The theme of fan pilgrimages is pursued further in Will Brooker’s
chapter, which is reference to Roger C. Aden’s (1999) work juxtaposes physical pilgrimages with
the virtual travels of X-Files fans who immerse themselves in their favorite texts.“ 18
Die neue Herausforderung, welcher sich die globale Medientheorie nun stellen muss, ist es, den
Wert der Fanpraxis für die weltweite Kulturindustrie zu erkennen. Die Bindung der Fans zu
bestimmten Ikonen und Texten entwickelt sich in Abhängigkeit von geografischen, kulturellen,
historischen und sozialen, sowie deren technologischen Konsumpraktiken. 19 Zum Beispiel näherte
man sich dem Videospieler nicht mehr durch die Betrachtung des einzelnen Spielers, sondern durch
eine Untersuchung des Kollektivs der Spieler. 20 „As Henry Jenkins’s provocative afterword poses,
fandom is ever expanding into ‘regular’ consumption and as we have argued above, to study fans is
to study many of the key structuring mechanisms by which contemporary culture and society work;
thus, the future of reception and audience studies require thoughtful and innovative study of fans in
all their forms, identities, media, and spaces.“ 21
Fantheorie, Ökonomie und Konsum
Ökonomie der Spielbrache
Friedrich von Schiller soll gesagt haben: „Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des
Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ Des Weiteren sagte er: „Man wird
niemals irren wenn man das Schönheitsideal eines Menschen auf dem nämlichen Wege sucht, auf
dem er seinen Spieltrieb befriedigt.“ 22 Kinder lernen beim Spiel wichtige Lektionen, entdecken
mit viel Spaß Zusammenhänge und den Erwachsenen ergeht es beim Videospiel nicht anders. Klar
dafür spricht der Sachverhalt, dass heute weltweit pro Jahr rund 41 Milliarden Euro Umsatz allein
mit PC- und Konsolenspielen generiert werden. 23
Die Anfänge der Computer- und Videospiele
In den 70er Jahren emanzipierte sich das Videospiel als eigene Industrie, welche sich heute gegenüber der Spielwarenindustrie in einem Punkt klar im Vorteil befindet: Denn dieser Produktzweig
ist von Marktsättigung und geringer Geburtenrate in den Industrienationen nicht so stark betroffen,
da sich aktuell Konsumenten aller Altersklassen gerne die Zeit beim Abtauchen in virtuelle Welten
vertreiben. Der „Irrglaube“, Comics und Videospiele seien Kindersache, verpasst heutzutage dem
Absatz keinen nennenswerten Dämpfer mehr.
23
24
Ökonomie in der Spielbranche
Alles begann im Jahre 1956, als der Amerikaner David Rosen münzbetriebene, elektromechanische
Spielmaschinen – im Wert von 200,000 Dollar – nach Japan verschiffte. 24 Die Exportverbindung
ebnete später den Weg für die Arcade-Maschinen, welche sich auch heute in Japan noch großer
Beliebtheit erfreuen. Ein Jahr später, 1957, entwickelte der Physiker Willy Higinbotham sein interaktives, an Tennis erinnerndes Spiel, welches damals noch mit Hilfe eines Oszilloskops visualisiert
wurde. Auf diese ersten Entwicklungen folgte 1958 das Spiel Spacewar des MIT Studenten Steven
Russel. Sowohl Higinbothams „Tennis“ als auch Spacewar wurden in den folgenden Jahren als
Arcade-Spiele, als auch für die heimischen Konsolen und Fernsehbildschirme produziert und für
die Masse spielbar gemacht.
In seinem Buch „Trigger Happy“ bemerkt Steven Pool: Mit der Entwicklung des Feuerwerks, welches der Überlieferung nach von den Chinesen erfunden wurde, wurde aus dem Nützlichen, dem
Feuer, das Verspielte 25 und schlussfolgert weiter: „Electric light freed us from the tyranny of the
dark, hastening the march of technology. […] Then there was television […]. And now videogames
– the television screen reclaimed for our control. What potential replaced the log fire or the wireless
as a focus of domestic attention, the videogame reengineers the television’s relentless blaze as a
colorful zone of play, a new world to explore, a rich and strange place to pit your wits against the
dazzling inventions of others.“ 26
Video- und Computerspiele heute
Videospiele bzw. Computerspiele mauserten sich im Laufe von knapp 50 Jahren von technischen
Experimenten und Spielereien zu einem beliebten, weit verbreiteten Medium, welches maßgeblich die Freizeitgestaltung vieler Konsumenten prägt und unsere heutige Kultur ähnlich wie andere
Massenmedien beeinflusst. „When videogames became a major force in popular culture in the
1980’s everyone noticed. “ 27 Jedoch sind Videospiele nicht überall gleichermaßen gesellschaftlich
Fantheorie, Ökonomie und Konsum
akzeptiert: Häufig werden sie noch heute z. B. aufgrund ihrer immersiven Eigenschaften aus pädagogischer Sicht kritisch betrachtet, oder sie bleiben – trotz wirtschaftlicher Relevanz – nur Rand­
erscheinung im kulturellen Gesamtbild. (Allerdings hat sich ganz besonders in Japan und Südkorea,
eine Spielekultur ausgebildet, deren kulturelle Bedeutung nicht von der Hand zu weisen ist. Hier
prägen Videospiele bereits eindeutig den Alltag der Menschen.)
Vor allem die gesellschaftliche Ächtung wegen angeblicher Gewaltverherrlichung in Spielen beruht
auf einer endlosen Debatte: „U. S. Surgeon General Dr. C. Everett Koop declared that videogames
were evil entities that produced ‘aberrations in childhood behavior’. Then, videogames were abstract pixelated contest of timing and skill, but now they offer superbly detailed animation of blood
and gore while you shoot an opponent’s head off in Kingpin or mow down pedestrians in your car
in Carmageddon.“ 28
„Patricia Greenfield’s 1984 study, Media and the Mind of Child, concluded that there was no such
evidence, but then videogames were not nearly so graphically detailed as they are now. […] other
studies claiming evidence for the ‘catharsis’ hypothesis – that videogames provide a safe and beneficial outlet for aggressive feelings in a non-destructive context […]. The jury’s still out. Despite the
absence of scientific consensus, there is a rising level of moral concerns […].“ 29
Zusätzlich zur gängigen pädagogischen und psychologischen Kritik an Computer- und Videospielen besteht des Weiteren eine Abwehrhaltung dagegen, dieses junges Medium (nebst Film, Musik
usw.) als Kunstform anzuerkennen. (Als Ausnahme tut sich hier Österreich hervor: Dort sind Videospiele als Kulturgut anerkannt und werden gefördert.) Oft wird deren Inhalt allzu schnell als
reine Unterhaltung abgetan und damit für eine tiefere Analyse entwertet. Die Interaktivität der
virtuellen Spiele und das individuelle Spielerverhalten der Konsumenten macht diese Debatte nicht
einfacher. Theoretiker wie Newman weigern sich diese künstlich gezogene Grenze anzuerkennen:
„Just as a television program, film, work of literature or music might stimulate discussion, analysis
25
26
Ökonomie in der Spielbranche
during or most importantly after being engaged with, and may even create (or perhaps even weaken) bonds between members of their audience, so too do videogames.“ 30
Das Kräftedreieck
Einer der Punkte, welcher den Bereich Computer- und Videospiel für tiefere Beschäftigung allerdings besonders interessant macht, ist dessen stetiger Wandel in Abhängigkeit vom technologischen
Fortschritt. Die technologischen Entwicklungen, welche im Eiltempo vorangetrieben werden, erlauben das Erschaffen immer komplexerer Spiele; immer aufwändigerer und glaubhafterer Welten
und Charaktere. Die Spielentwicklung befindet sich in Wechselwirkung mit stetiger Innovation und
ist durch diesen Sachverhalt andauernd im Begriff sich selbst (partiell) neu zu erfinden: Regeln,
welche in Zeiten der 2D Spiele für die Entwicklung geltend gemacht werden konnten, sind heute
möglicherweise längst hinfällig und / oder bedürfen einer Überarbeitung.
Entwicklerstudios werden durch die technologischen, komplexeren Hintergründe immer mitarbeiterstärker und die Entwicklungsdauer für Spieletitel verlängert sich. Die hierbei entstehenden
Entwicklungskosten werden häufig von sogenannten Publishern übernommen, welche dann im
späteren Verlauf die Rechte am Spiel und dessen Vermarktung besitzen. „Die Produktion eines
modernen, kommerziellen Spiels dauert etwa ein bis drei Jahre und kostet ungefähr eine bis 15
Millionen US-Dollar.“ 31
In Japan übersteigt der Absatz, welcher mit Konsolespielen gemacht wird, den der Computerspiele.
Hier unterliegt die Produktion von PC-Spielen daher anderen Strukturen: Häufig wird ohne Publisher, anonym oder unter Pseudonym entwickelt und die Anzahl der Teammitarbeiter innerhalb
richtiger Entwicklerstudios übersteigt die in anderen Ländern gängige; aufgrund dessen, dass Spezialisierungen dort von größerer Relevanz sind. Ohne Publisher ist es schwer einen Konsolentitel
zu entwickeln, dennoch haben sich in Europa und den USA etliche unabhängige Entwicklerstudios
Fantheorie, Ökonomie und Konsum
herausgebildet. Doch bei der Veröffentlichung von Spielen stellt nicht nur die finanzielle Unterstützung eine Hürde dar: Nach Fertigstellung eines Spieles muss dieses z. B. in Deutschland durch die
Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) freigegeben und für die jeweilige Altersgruppe sichtbar gekennzeichnet werden. Häufig werden Spiele nur in „geschnittener“ Fassung für den deutschen Markt freigegeben, da sie in ihrer unzensierten Form als zu gewaltverherrlichend eingestuft
werden.Nicht nur die Entwicklungsarten sind der Schnelllebigkeit der Technologie unterworfen,
häufig kommt es vor, dass Entwicklerstudios einen großen „Hit“ landen und danach nie wieder
ein Spiel produzieren. „Nur rund fünf Prozent aller Computerspiele erwirtschaften Profit. Etliche
Produktionen werden nicht fertiggestellt und nie veröffentlicht.“ 32
Doch nicht nur die Spiele selbst werden von Spielern erworben. Unter passionierten Spielern findet
auch Merchandise aller Arten Anklang. „By recognizing the existence and importance of game
related music, toys, books, magazines and websites, we begin to appreciate how much more there
is to videogaming than playing videogames.“ 33
Wie bereits kurz angerissen, beschränkt sich die Erfahrung des Spielers mit einem Videospiel nicht
nur auf den Akt des Spielens selbst; sondern prägt auch dessen Leben fernab vom Joystick; so
bieten Spiele z. B. Gesprächsanlässe und wecken Wünsche, welche die Handlungen des Spielers
bestimmen können. Eben darin begründet sich die kulturelle Relevanz des Spieles.
Und so befindet sich auch der ökonomische Erfolg eines Spieletitels stets in einem Spannungsfeld
zwischen Konsument und technologischer Entwicklung. Der Konsument bewertet ein Spiel danach,
wie gut es ihn zu unterhalten in der Lage ist und profitiert dabei vom Wissen des Entwicklers und
dessen Fähigkeit eben solch ein unterhaltsames Spiel zu produzieren. Der Entwickler ist darum
versucht den Unterhaltungswert hoch zu halten, wobei ihm (und so auch wieder dem Nutzer) der
stetige technologische Fortschritt zu Gute kommt. 34
27
28
Ökonomie in der Spielbranche
Neue Welten für neue Welten
Das Terrain der Videospiele erweitert sich scheinbar stetig: Die soziale Plattform facebook brachte z. B. eine neue große Welt der Minispiele mit sich, der sogenannten Social Games. Dies sind
meist Spiele, die auf Mittagspausenspielbarkeit und, durch das Einbinden sozialer Features, auch
auf Langzeitspielspaß bauen und kostenlos gespielt werden können. Hierbei verschafft der Erwerb
spezieller Fähigkeiten, durch den Einsatz von Realgeld, dem Spieler Vorteile. Der Löwenanteil der
Einnahmen wird jedoch durch Werbung generiert.
In Zeiten des Smartphones avancieren nun auch Mobiltelephone zur tragbaren Spielekonsole und
die sogenannten Apps sind erstaunlich umsatzstark. Auch Tablet-PCs bedienen sich der beliebten
Apps und werden so zur treibenden Kraft der Umsatzsteigerung auf dem deutschen Markt: Die Experten des PwC (PricewaterhouseCoopers) erwarten bis 2015 eine durchschnittliche, jährliche Umsatzsteigerung um etwa 16,8 Prozent auf rund 70 Millionen Euro in diesem Segment. Dieses enorme
Wachstum basiert auf der Prognose, dass bis zum Jahre 2015 etwa 40 Prozent, der bisher noch ohne
Smartphone auskommenden Personen, sich ein derartiges mobiles Gerät zulegen werden. 35
Außerdem ist es der Umsatzsteigerung zuträglich, dass die Zielgruppe für Computer- und Videospiele nun auch immer mehr Frauen umfasst, welche ein wachsendes Interesse an Online- und
Handyspielen entwickelt haben. Ebenso hat sich das Altersspektrum der Spieler erweitert: Die
Computerspieler werden immer älter. „Durch die neuen Zielgruppen ergeben sich auch neue Perspektiven für die Werbung in Videospielen, die in den nächsten Jahren voraussichtlich um zehn
Prozent wachsen wird.“ 36
Auch im Bereich der Spielenutzung selbst ist ein Umschwung im Gange, welcher nebst der Smartphone- und Tablet-PC-Welle für den größten Aufschwung sorgt: Immer mehr Spieler legen Wert
auf Vernetzung und Online-Multiplayerfunktionen. Konsolen, ebenso wie PCs, bieten Netzwerke
an, welche das gemeinsame Spielen ermöglichen und auch hier eine weitere Werbeplattform bieten.
Fantheorie, Ökonomie und Konsum
„Zusätzliche Dynamik in den Markt der Online-Spiele, die bis zum Jahr 2015 um rund zehn Prozent
wachsen werden, bringt der Trend „Cloud Gaming“. Dabei werden Spiele nicht mehr als Programm
auf den PC geladen, sondern gegen Gebühr direkt auf dem Server des Anbieters gestartet. Damit
richten sich Cloud Games vor allem an die Nutzer von Tablet-PCs.“ 37
Aktueller Umsatz
Trotz Wirtschaftskrise und allgemeiner Lebensverteuerung bleibt die Spieleindustrie absatzstark,
so lässt der Branchenverband Bitkom nach der Auswertung von Verkaufszahlen der Agentur Media
Control verlauten, dass der Computer- und Videospielemarkt 2010 konstant bleibt. Die Auswertungen der bisherigen Verkaufszahlen lassen auf einen Umsatz von 2,3 Milliarden Euro hoffen,
davon wurden 730 Millionen alleine mit dem Verkauf von Konsolen und deren Zubehör verdient.
Dennoch, die Verkaufszahlen der Videospielkonsolen 2010 waren im Vergleich zum Vorjahr um
neun Prozent rückläufig. 38 „Die Gründe für den Umsatzrückgang im Konsolenmarkt sind dabei
nicht zwangsläufig in der derzeitigen Wirtschaftslage zu suchen. Bei den Spielekonsolen hat sich
der Produktlebenszyklus verlängert. ,Früher kam ungefähr alle fünf Jahre eine neue Generation
auf den Markt, mittlerweile eher alle sieben bis acht Jahre‘, erklärte Bitkom-Hauptgeschäftsführer
Bernhard Rohleder[...].“ 39
Der Trend geht weg von der neuen Konsolengeneration und hin zum nachträglichen Installieren
neuer Funktionalitäten bei den Geräten: Ein erfolgreiches Beispiel bietet die Kinect Erweiterung
der Xbox 360. Aus dem „German Entertainment and Media Outlook 2011-2015“ von PwC lässt
sich folgende Prognose entnehmen: „Die Spielebranche blickt optimistisch in die kommenden Jahre: PwC-Experten sagen voraus, dass der Markt für Computer- und Videospiele pro Jahr um durchschnittlich 5,9 Prozent wachsen wird. Die Branche könnte damit im Jahr 2015 einen Umsatz von
rund 2,5 Milliarden Euro erzielen.“ 40
29
30
Ökonomie in der Spielbranche
Die großen Messen & Verbände
Da Japan jahrzehntelang als Brutkasten für Innovationen (egal ob diese nun aus dem Westen importiert oder direkt in Japan entwickelt wurden) diente, ist es kaum verwunderlich, dass die tokioer
Videospielmessen weltweit an Größe kaum zu überbieten sind. „Fittingly, Makuhari is […] the
location for the biannual videogame industry festival, the Tokyo Game Show. For more than twenty
years, Japan has been the leading center of videogame development in the world, both technologically and artistically. So the Tokyo Game Show is the calendar’s most important event. A lot of
what’s big in Japan now will trickle down into Western gaming paradigms in a year or two.“ 41
Heutzutage ist die E3 Media and Business Summit (ehemals Electronic Entertainment Expo, auch
E3), welche seit 1995 in Los Angeles stattfindet die größte Spielefachmesse und die Tokyo Games
Show rangiert nicht mehr auf den Topplätzen der Spielbranchemessen.
Auf der diesjährigen Tokyo Game Show fanden sich laut CESA (Computer Entertainment Supplier’s
Association) insgesamt 222.668 Besucher ein. Das waren zwar mehr als im Vorjahr, doch damit
erreicht sie aktuell nicht die Größe der europaweit führenden Kölner gamescon (welche 275.000
Menschen besuchten).
Dennoch ist die Messe durchaus einen Besuch wert, da alle maßgeblichen Publisher und Entwickler
sich dort präsentieren und ihre neuen Projekte bewerben. 42 Die Art und Weise, wie auf den Spielemessen geworben wird, ist klar auf die kulturellen Gepflogenheiten des Zielpublikums ausgelegt.
Auf der E3 fungieren die Charaktere der beliebtesten Spiele der großen Spielefirmen als Aushänge­
schilder. Die virtuellen Stars dienen perfekt als Maskottchen mit Wiedererkennungswert. Sony präsentierte sich im amerikanischen Raum lange Zeit mit Spyro dem Drachen und Crash Bandicoot,
wohingegen sie ihrem Publikum in Japan eine Bühnenshow samt live Rockband in Kostümen der
Spielehelden um Jammer Lammy und Parappa the Rapper bieten.
Fantheorie, Ökonomie und Konsum
„These two forms of entertainment marketing have quite different functions: Sony’s American
inflatables point backward inevitably, merely illustratively, toward the games from which they are
taken; the prancing figures in Japan, however, imply that game characters have a continuing inner
life elsewhere.“ 43
In Japan können Videospielcharaktere Vorbilder sein. Diese Beziehung ist vergleichbar mit der
westlicher Konsumenten zu Pop Stars oder Schauspielern. Ein Spiel, welches in Japan auf den
Markt kommt und dementsprechend erfolgreich sein will, setzt meist auf interessante und durchweg
durchdachte Charaktere.“[…] (They are a) false idol indeed. Yet in another way a hyperreal one: for
whereas a novelist, who also invents characters, will normally only need (or desire) to provide a few
salient features of a person’s appearance and let the reader’s imagination do the rest, a videogame
character must be determinedly individuated, given a complete, solid visual form.“ 44
So verlangt jeder Markt nach unterschiedlichen Produkten und unterschiedlicher Präsentation. Ob
der Absatzmarkt wächst oder stagniert und wie die aktuelle Joblage aussieht, darüber behalten
die International Game Developers Association (IGDA) und der deutsche Bundesverband der Entwickler von Computerspielen (G.A.M.E.) die Übersicht und bieten interessierten Personen aktuelle
Informationen zur Lage.
31
Fantheorie, Ökonomie und Konsum
Konsum und Konsumkritik
Auf dem Weg zum Fan kommt man an einer entscheidenden Handlung nicht vorbei: dem Konsumieren eines Produktes. Beim bekennenden Fan, Connaisseur oder Anhänger einer Ware oder
eines Wertes, fand vorher eine Auseinandersetzung mit dem Gegenstand statt. Im Laufe der letzten
zwei Jahrhunderte gab es verschiedenste Thesen zum Stellenwert des Konsums, die hier erläutert
werden sollen.
Schlägt man im Wörterbuch die Bedeutung des Wortes Konsument nach: „Konsument, M.,
,Verbraucher‘, M. 17. Jh.(Thomasius 1688) Lw. lat. consumens, Part. Präs. von lat. consumere, s. Konsumieren“ 45 so stellt man fest, dass es über den geläufigen Gebrauch nicht hinaus
geht. Anders verhält sich dies jedoch beim Wort Kunde: „F., ›Kenntnis, Wissen‹, mhd. künde,
kunde, F., ›Kunde (F.), Kenntnis, Bekanntschaft, Zeichen, Beweis‹, ahd. *kundi, F., ›Kunde
(F.)‹, s. Kund“. 46 Das Wort Kunde bedeutete im 8. Jh. „Zeuge“ oder „Künder“, bzw. „der mit
einem Sachverhalt Bekannte“ 47 und leitet sich vom ahd. kund(e)o bzw. mhd. künde, kunde ab.
Aus dieser Zeit stammt wohl auch die rotwelsche Bezeichnung eines Landstreichers oder Ausübenden eines sog. „unehrlichen Berufes“ als Kunde. Als erste Bedeutungsverschiebung tritt es in frühneuhochdeutscher Zeit in der Bedeutungsverengung „Wirtschaftsgast“ auf. Seit dem 16. Jh. wird
33
34
Konsum und Konsumkritik
es in der heutigen Bedeutung „der in einem Geschäft Kaufende“ verwendet. 48 Lange Zeit wurde
der Konsument / Kunde als bloßer Verbraucher gesehen. Neue Tendenzen im Kundenverhalten zeigen jedoch, dass Verbraucher verstärkt zur Weiterverarbeitung oder Rekombination von Produkten
tendieren.
Zeitliche Entwicklung der Konsumkritik
Um besser einordnen zu können, welchen Stellenwert der Konsument in der Kulturtheorie einnimmt, folgt auf den nächsten Seiten ein kurzer Auszug der Entwicklung der Konsumkritik seit
Walter Benjamin, wie sie im Essay „Konsum und die Ethnographie des Alltags“ von Hans Peter
Hahn beschrieben wird.
Walter Benjamin war einer der ersten Kritiker, welcher sich um den kulturellen Stellenwert des
Konsums bemühte. Seine Argumentation geht von einer Aura der Dinge aus. Unikate haben laut
Benjamin eine Ausstrahlung, die den Betrachter zu Respekt zwingt. Der Rezipient tritt so mit dem
Gegenstand in einen Dialog. Seriell produzierte Ware deformiert die Anteilnahme und stumpft die
Wahrnehmungsschärfe des Betrachters ab, da sie keine Aura besitzt oder nur eine schlechtere Kopie eines Kunstwerkes darstellt.
In seinen „Passagen-Werk“ (1983) legt er dar, wie durch das Aufkommen von Massengütern und
Einkaufscentern Menschen zu Konsumenten werden, welche nicht mehr die Gegenstände anhand
ihres Gebrauchswertes beurteilen, sondern auf Zerstreuung aus sind und der Abstumpfung und Gewohnheit verfallen. An die Stelle der Wertigkeit tritt laut Benjamin eine kollektive Traumvorstellung. Der Besitz der Konsumgüter ist nicht das primäre Ziel, sondern das Eintauchen in dekorierte
Schaufenster und in eine Traumwelt fernab des eigenen Lebens. Hier bezieht sich Benjamin auf
Blaise Pascal, der den Menschen als ruhelosen Jäger beschreibt. Nicht der Besitz befriedigt den
Menschen, sondern die Jagd selbst.
Fantheorie, Ökonomie und Konsum
Susan Buck-Morss schreibt in diesem Zusammenhang über den Blick des Konsums, welcher permanent vergessen lassen soll: Ein in die Bildlichkeit des Konsums Ein- und Abtauchender ist ohne
jegliche Reflektion über den gesehenen Gegenstand. Im Gegensatz dazu stehen Kunstgegenstände, welche eine Bedeutung vermitteln, die nur durch Reflektion und Bezugnahme erfasst werden
kann.
Theodor Adorno und Max Horkheimer deklarieren Konsum in der „Dialektik der Moderne“ (1944)
als Gegenwarts Verweigerung und Verfall der Kultur: „Massenkonsum ist ein Parasitismus der
Geschichte und entspringt der Naivität von Menschen, die sich einer wie auch immer gearteten Gegenwart verweigern. […] Konsum ist nach Adorno (1977) nicht mehr als ein dümmlicher Versuch
der Selbsttröstung und eine Ersatzbefriedigung.“ 49
Eine neutralere These vertritt Wolfgang Fritz Haug mit der Prägung des Begriffs der Warenförmigkeit. Laut Haug sind Menschen in einer Konsumgesellschaft auf den Tauschwert der Dinge
fixiert. Sie sind nicht mehr in der Lage diese ästhetisch differenziert wahrzunehmen, zumal durch
omnipräsente Werbemaßnahmen eine Warenästhetik propagiert wird. „Das Diktat des Konsums
ist der Grund dafür, dass den Menschen die Beziehung zur Materialität der Alltagsdinge verloren
geht. Nur noch die Oberfläche, die Verpackung spielt eine Rolle. Die Möglichkeit einer direkten
Auseinandersetzung mit dem Ding als solchem ist nicht mehr gegeben.“ 50
Werbung sei zudem ein Doppelbetrug, da sich die perfekte Umsetzung, welche die Werbebilder
suggerieren, nicht erzielen lässt und zudem der versprochene Statusgewinn selten einsetzt.
Abweichend davon gibt es Kritiker, die sich mit Konsum und der Auswirkung auf Kulturphänomene
auseinandersetzen. Zum Beispiel Thorsten Velben, welcher den Konsum als Kommunikationsstrategie darstellt. Er prägte in seiner „Kritik der feinen Leute“ (1899) den Begriff des „demonstrativen Konsums“, welcher beinhaltet, dass Individuen sich durch Besitz oder Konsumverhalten einer
35
36
Konsum und Konsumkritik
Gesellschaftsklasse zuordnen und so zu ihrer Definition und Erhaltung beitragen. Das Konsumieren
ist somit eine Prestigehandlung. Roland Barthes beschreibt in seinem Buch „Mythen des Alltags“
(1957) wie Objekte zu Medien der Kommunikation werden und als ein Code gelesen werden können. Er befasst sich dort mit der Bedeutungsaufladung von Objekten. Mary Duglas führt diese Theorie weiter in „The World of Goods“. Indem er die Häufigkeit des Auftretens bestimmter Objekte
in unterschiedlichen, sozialen Schichten untersucht. Er arbeitet so relevante Merkmale der sozialen
Struktur heraus. Er schlussfolgert, dass die Objekte eine bestimmte Botschaft vermitteln und als
Gebrauchsgegenstände uninteressant geworden sind.
Eine weitere Perspektive auf den Konsum liefert Abraham Maslow, der in seiner Bedürfnispyramide den Konsum ins Verhältnis zum menschlichen Bedarf setzt. Er stellte 1954 diese Rangfolge auf:
Erst wenn die Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft gegeben sind, wird der
Mensch nach Luxusgütern verlangen.
Nach Colin Campbell wiederum ist Konsum heutzutage keine Frage der Bedürfnisse, sondern vielmehr ein konstitutives Element des Individuums. In seiner Publikation von 1987 „The Romantic
Ethic and the Spirit of Modern Consumerism“ schreibt er: „Erst in dem Verlangen nach immer neuen Dingen, die der moderne Mensch als echte Bedürfnisse empfindet, kann er seine Identität finden.
[...]Die Sehnsüchte der Konsumenten haben jede Ordnung aufgelöst, und das Prinzip des Gefallens
steht über jedem anderen kulturellen Muster.“ 51
Identitätsbildung durch Konsum
„Wenn im öffentlichen Diskurs der postmodernen Marktwirtschaft von Menschen die Rede ist,
wird von VerbraucherInnen, KundInnen oder KonsumentInnen gesprochen. Souveräner Konsum
avanciert zur elementaren BürgerInnenpflicht,“ schreiben die Herausgeber der Publikation „Konsumguerilla“ und zeigen auf, dass gerade in einer Zeit, in der Massenkonsum Individualität zu
Fantheorie, Ökonomie und Konsum
überrollen droht, von den Souveränen, den bewussten Verbrauchern Strategien entwickelt werden,
die von der systemkonformen Nutzung abweichen oder ihr entgegenwirken.
Es stimmt, dass seit der Marktflutung durch Massengüter die Angebote konformer geworden sind.
Gleichzeitig sinken auch die Möglichkeiten, das eigene Erscheinungsbild oder den Lebensraum
individuell zu gestalten. Durch Serienproduktion ist ein Gegenstand zwar nicht mehr einzigartig,
jedoch tun sich eben durch diesen Umstand neue Möglichkeiten auf. Der Verbraucher hat nun
bessere Möglichkeiten der Variation, Rekombination und Neugestaltung von Waren. Ebenso kann
nicht mehr von regionalen Produkten gesprochen werden, da sich durch globale Distributionswege
jeder mit dem nötigen Kleingeld und Wissen Alles aneignen kann. Es ist zudem leichter, einzelne
Angebote zu vergleichen, da die Einführung von Standards dies signifikant erleichtert.
Reflektierter Konsum von Waren – ideelle, symbolische und kulturelle Werte eingeschlossen –
trägt dazu bei, einen persönlichen Stil auszuprägen, dazuzugehören oder zu antagonieren. Angebote
gehen nicht mehr nur von den Anbietern sondern von Subjekten aus, welche aktiv zur Konnotationsgenese beitragen können.
Der Fan ist ein solch reflektierender Konsument. Ein „Kunde“ im Sinne der altdeutschen Begrifflichkeit ein „Landstreicher“, oder um den von Jenkins geprägten Begriff zu verwenden ein „Textual Poacher“: Er sucht sich einen Gegenstand aus, über den er möglichst viel Wissen sammeln
will, oder mit dem er sich zumindest gut auskennen möchte. Er ist ein dem Produkt gut gesonnener „Prosumer“. Beim Begriff Prosumer handelt es sich um „[...] eine Wortbildung aus producer
und consumer“ 52. Er beschreibt einerseits „[einen] Verbraucher, der zugleich in unterschiedlichem
Maße eigen-schöpferischer Mitproduzent von Gütern ist, als solcher aber wiederum ins Kalkül von
Marketing-Strategien einbezogen wird, gleichzeitig diesen jedoch ablehnend begegnen kann; zudem anderen die verschieden Formen des Ausdruckes von Alltagskreativität, die sich mit Konsum
verbinden können.“ 53
37
38
Konsum und Konsumkritik
Andererseits kann dieser Begriff jedoch auch als „professional consumer“ gelesen werden. Hierbei
handelt es sich um einen Konsumenten, der professionell mit dem Produkt umgehen kann und so
fähig ist mit den Unternehmen durch seine Rückmeldung zu interagieren. So können Fehlerquellen und Störelemente in den Produkten schnell lokalisiert und behoben werden. Dieses Vorgehen
fördert gesteigerte Qualität und direktere Antworten auf spezifische Bedürfnisse. Zudem helfen die
Prosumer durch den Einsatz von viralem Marketing auf die Produkte und ihre Vorzüge aufmerksam
zu machen. 54 Sie betreuen zudem in Internetforen andere Nutzer, die Fragen haben und fungieren so
im besten Falle als ein kostenloser Kundenservice.
Fantheorie im Wandel
1. vgl. Jonathan Grey / Cornel Sandvoss / C. Lee Harrington: Fandom. Identities And Communities In A Mediated World, New York 2007, S. 1
2. ebd. S. 2
3. ebd. S. 3
4. ebd.
5. ebd S. 7
6. vgl. ebd. S. 4 f.
7. ebd. S. 6
8. ebd.
9. vgl. ebd. S. 7
10. ebd. S. 8
11. ebd.
12. ebd. S. 9
13. ebd. S. 10
14. ebd.
15. ebd. S. 12
16. ebd.
17. vgl. ebd. S. 11
18. ebd. S. 12
19. ebd. S. 14
20. ebd. S. 15
21. ebd. S. 16
Ökonomie der Spielbranche
22. Friedrich Schiller: „Die ästhetische Erziehung des
Menschen“, in: Peter- André Alt / Albert Maier / Wolfgang Riedel (Hg.): Sämtliche Werke Band 5, München 2008, S. 617
23. vgl. http://www.tagesschau.de/inland/gamescom104.
html, Stand: 29.11.2010
24. vgl. Steven Kent: The Ultimate History of Video Games, New York 2001
25. vgl. Pool 2004, S. 206
26. ebd.
27. Noah Wardrip-Fruin / Nick Montfort: New Media
Reader, Cambridge 2003, S. 499
28. Pool 2004, S. 207
29. ebd.
30. James Newman: Playing With Videogames, New
York 2008, S. 26
31. http://de.wikipedia.org/wiki/Computerspiel, Stand: 29.11.2010
32. ebd.
33. Newman 2008, S. vii
34. vgl. Sven Jöckel: Spielend Erfolgreich, Wiesbaden
2009, S. 80
35. vgl. http:// www.pwc.de / de/ technologie-medien-und-tele­kommunikation/spielebranche.jhtml, Stand: 02.11.2011
36. ebd.
37. ebd.
38. vgl. http://www.netzwelt.de/news/83654-bitkom-konstante-umsaetze-spielebranche.html, Stand: 31.10.2011
39. ebd.
40. http://www.pwc.de/de/technologie-medien-und-telekommunikation/spielebranche.jhtml, Stand: 02.11.2011
41. Pool 2004, S. 137 f.
42. vgl. http://www.gamestar.de/news/branche/2560918/
tokyo_game_show_2011.html, Stand: 01.11.2011
43. Pool 2004, S. 138
44. ebd. S. 139
Konsum und Konsumkritik
45. Gerhard Köbler: Deutsches Etymologisches Wörterbuch, Bad Heilbrunn 1995 S. 231
46. ebd. S. 239
47. Friedrich Kluge: KLUGE. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin 2002, S. 374
48. vgl. Das Herkunftswörterbuch, Etymologie der deutschen Sprache, 2. Auflage, Mannheim 1989, S. 394
49. Hans Peter Hahn: „Konsum und die Ethnographie des
Alltags“, in: Birgit Richard / Alexander Ruhl (Hg.):
Konsum Guerilla, Widerstand gegen die Massenkultur?, Frankfurt am Main 2008, S. 2
50. ebd. S. 23
51. ebd. S. 27
52. vgl. Alvin Toffler: Die dritte Welle. Zukunftschance.
Perspektiven für die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, München 1983, S. 12
53. Birgit Richard / Alexander Ruhl: „Prosumer Smart
Shopper, Croudsourcing und Konsumguerilla. Ein
Streifzug zur Einführung“, in: Richard / Ruhl 2008,
S. 11 f.
54. Toffler 2008, S 12 f.
2. Vom Konsumenten zum Fan
Vom Konsumenten zum Fan
Fanpsychologie
Der Begriff Fan wurde von fanatisch abgeleitet, welches seinen Ursprung im Lateinischen „fanaticus“ findet. So wurden zu jener Zeit Tempeldiener genannt und dem Glauben Verschriebene.
Negative Züge bekam er jedoch erst später, als er sich zum Ausdruck „fanatisch“ weiterentwickelte,
welcher auf übertriebene, exzessive Glaubensenthusiasten verwies und schließlich als ein Synonym
für Verrücktheit gebraucht wurde. 1
Das Theater brachte die ersten „Virtuosen“ hervor und dies legte den Grundstein fürs Fantum. 2
Ende des 19. Jahrhunderts wurden zum ersten Mal weibliche Theatergänger und Sportliebhaber
(unter Gebrauch der Kurzform des Wortes) als Fans bezeichnet. Diese Liebhaber waren mehr als
nur Zuschauer. So gibt auch Levine Lawrence zu bedenken: „[…] [T]hey are participants who can
enter into the action on the field, who feel a sense of immediacy and at times even of control, who
articulate their opinions and feelings vocally and unmistakably.“ 3
Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte sich in Hollywood der Starkult. Heute gibt es Fanobjekte wie Sand am Meer, selbst Gebrauchsgegenstände, wie z. B. die Produkte der Firma Apple,
werden mit (teurer) Bedeutung aufgeladen, stehen plötzlich nicht mehr nur im Dienste ihres Zweckes sondern für ein Lebensgefühl und dienen als Statusobjekte. Doch was macht letztendlich den
43
44
Fanpsychologie
Konsumenten zum Fan? Welche psychologischen Bedürfnisse stecken hinter der Suche und der
„Verehrung“ des Fanobjektes?
Gründe des Fanseins & Psychologie des Fanseins
Betrachtet man die Fandefinition im Deutschen Wörterbuch, so wird deutlich, dass der Begriff an
sich noch immer sehr offen angelegt ist: Dort wird unter dem Fan eine begeisterter Anhänger von
jemandem oder etwas verstanden. 4 Nach dieser Definition könnte man wohl fast jeden Menschen
als Fan bezeichnen, doch fehlt an dieser Stelle das Bekenntnis Fan zu sein. Ein hoher Grad an emotionalem Engagement, eine große Affinität mit dem Fanobjekt ist ausschlaggebend.
Der Frage, woher der Wunsch nach dem Fansein rührt, geht auch Gossberg in seinem Essay „Is there
a fan in the house?“ nach. In von Pessimismus, Terror, Langeweile und Frustration geprägten Zeiten, in einem Umfeld, das von zunehmender Entfremdung und einem Mangel an zwischenmenschlicher Nähe geprägt ist, wächst der Drang, die Produkte der Popkultur zu Ablenkungszwecken von
Unsicherheit und Ängsten zu nutzen. Das gelebte Fantum bietet die Chance mit Konventionen
zu brechen, etwas zu verändern, sich frei zu fühlen und die eigenen Wünsche zu verwirklichen;
negativen Umständen kann entflohen werden u. a. auch durch die Identifikation mit einem fiktiven
Charakter oder einer realen Person. Das Spiel mit der Identifikation nimmt viele Gesichter an: Der
Charakter kann für sein Handeln oder seine Produktion verehrt werden, als Vorbild dienen und
imitiert werden. Grossberg gibt hier zu bedenken, dass alleine die Tatsache, dass das Fanobjekt dem
Fan etwas bedeutet, all dessen Investitionen und Engagement rechtfertigt. 5
Betrachtet man des Weiteren bestimmte Attribute des Fanseins: Verehrung, Aufopferung, Hingabe,
Rituale, Anbetung, und / oder das Heranziehen des Fanobjektes als Leitmotiv, so erinnert das Bild,
welches diese zeichnen, an ein religiöses; auch kann das auszusprechende Bekenntnis Fan zu sein
mit dem Ritual des Glaubensbekenntnisses in Verbindung gebracht werden. Besonderes Augen-
Vom Konsumenten zum Fan
merk liegt auf dem Fakt, dass unterschiedlichste Charaktere zu Idolen erkoren werden können und
deren Handlungen, Motivationen etc. zum Vorbild genommen werden können.
„Der profane Mensch ist Abkömmling des homo religiosus und außerstande, seine eigene Geschichte zu annullieren, das Verhalten seiner religiösen Vorfahren, die ihn zu dem gemacht haben, was
er ist, ganz und gar auszulöschen. Dies umso weniger, als sich seine Existenz zum großen Teil von
Impulsen nährt, die aus der Tiefe seines Wesens kommen, aus jener Zone, die man das Unbewusste
nennt. Ein reiner Vernunftmensch ist eine Abstraktion, die in der Wirklichkeit nirgends auftritt.“ 6
Die Pilgerfahrten der Neuzeit führen Computer- und Videospielefans zu Messen und offiziellen
Veranstaltungen. Vor der Veröffentlichung eines Spieles werden die Websites der Publisher nach
Informationen abgegrast. Die modernen Heiligenbildchen zeigen Computerspielehelden und prangen in Postergröße an den Wänden. Die Kirchenbänke werden leerer, die Fanforen quellen über vor
aktiven Rezipienten.
Das jugendliche Fantum
„Fantum wird oft mit der Jugendphase in Verbindung gebracht, weil sich Werte, politische Haltungen und ästhetische Präferenzen bei jungen Menschen noch nicht etabliert haben. Vor allem in
der Pubertät werden Stars zu Identifikationsfiguren und Helden. Doch oft hört die Schwärmerei
so schnell wieder auf, wie sie begonnen hat. Deshalb muss man bei Untersuchungen zwischen tatsächlichem Fanverhalten und jugendlichem Verhalten, das durch Orientierungsbedürfnis in dieser
Lebensphase zu erklären ist, unterscheiden.“ 7 Im jugendlichen Alter ist die Suche nach Fixpunkten,
und / oder Vorbildfiguren ein Leitmotiv im Zuge der Fahndung nach und der Entwicklung der eigenen Individualität.
In jungen Jahren lassen sich Wunschträume häufig nicht ausleben, es erfolgt häufig eine Form der
Flucht in eine einfacher zu ertragende (oder zu formende) „Zweitrealitäten“. Ein Spielecharakter
45
46
Fanpsychologie
oder Serienheld, kann in solch einer Situation auch der Verkörperung eigener Wünsche und
Sehsüchte dienen. 8 Dieser transformative Akt wird jedoch nicht nur im Kontext der jugendlichen
Orientierungsphase vollzogen, auch im Erwachsenenalter bleibt dieser Wunsch nach Ergänzung
erhalten, wenngleich der Gegenstand, welcher die emotionale Aufladung erfährt, meist differenzierter, distanzierter und rationaler betrachtet wird. Fanssein ist nicht an eine Altersklasse, oder
Schicht gebunden. 9
Die bereits im Kapitel zur Entwicklung der Fananalyse angesprochenen Vorurteile – Fans seien
leicht ablenkbare und manipulierbare Menschen 10 und lediglich Opfer der Freizeitindustrie und des
Marketings 11 – halten sich vor allem in den Köpfen der Menschen hartnäckig, umso gewichtiger
wird das Bekenntnis zum Fanseins (und gegebenenfalls eine Demonstration des eigenen Prosumertums, wodurch man zeigt, dass man sich mit dem Produkt gut, oder sogar besser als andere
auskennt).
„Die Komplexität des Themas kann man [...] als sein Angebot sehen: Die vielen Ausprägungen
zeigen auch die Möglichkeiten, die das Fantum bietet. Man kann sich von ihm mitreißen lassen,
darüber nachdenken, es analysieren, ausprobieren, oder man kann es ablehnen.“ 12
„Heute sind die Menschen auf der Suche nach ihrer Identität. Sie suchen Projektionsflächen für
ihre Träume. Was ehedem Figuren aus der Mythologie, aus Heldensagen oder Heiligenlegenden
leisteten, erfüllen heute Personen aus Sport, Showbusiness oder Film“ 13 und eben auch die virtuellen Spieleikonen. So formuliert Henry Jenkins treffend: „We have learned to care as much about
creatures of pigment as we care about images of real people. Why should pixels be different?“ 14
„Götzen werden gebraucht in säkularen Zeiten. Je verwechselbarer der Einzelne wird, desto mehr
sehnt er sich nach dem Unverwechselbaren[...]. Nun ist die Religion aus dem Alltag verschwunden
und mit ihr das Gefühl des angesprochen Seins.“ 15 Dennoch: das Fanobjekt ist für den reflektierenden Fan kein reines Opium.
Vom Konsumenten zum Fan
Fandom trägt oft zu einem gehobenen Selbstwertgefühl bei. Als Beispiel hierfür sieht Fiske die
Fans des Stars Madonna, die sich in ihrer Sexualität und dem selbstbewussten Umgang mit dieser gefördert sahen, und so diesbezüglich mit mehr Leichtigkeit durch die Welt gehen konnten.
Bestimmte Haltungen, die Fans bei ihren Idolen sehen, werden so auf die eigene Umgebung und
das eigene Selbst übertragen und in den Alltag eingebettet. Dass dies in einem veränderten Maße
stattfindet, ist hierbei klar ersichtlich, und so findet eine kreative und praktische Umgestaltung des
Ausgangsmaterials statt. Hierbei kann es sich nicht nur um Dinge, die angefertigt werden und als
herkömmliches Produkt gesehen werden können, handeln, sondern auch um Werte oder Einstellungen. Hier findet dann eine gelebte Umsetzung dessen, was der Fan sich angeeignet hat, statt.
„This ‚popular‘ discrimination involves the selection of texts or stars that offer fans opportunities
to make meanings of their social identities and social experiences that are self-interested and functional. Those may at times be translated into empowered social behavior, as discussed above, but
at other times may remain at the level of a compansory fantasy that actually preludes any social
action.“ 16
47
Vom Konsumenten zum Fan
Der Konsument als Fan
Das Fansein befindet sich in Abhängigkeit vom Konsum. Der reine Konsum macht aber noch keinen Fan, und so fühlt derjenige, welcher beim Discounter Penny einkauft sich vielleicht wütend
aufgrund der Tatsache, dass er dort mit den Worten „Lieber Penny-Fan“ einfach supplementiert
wird, ohne sich der Supermarktkette tatsächlich verbunden zu fühlen. Hat man sich hingegen als
Fan einer Sache bekannt, so wird man mit großer Wahrscheinlichkeit gezielt konsumieren, was
mit der eigenen Begeisterung in Verbindung steht, und die eigenen Mittel zulassen. Dieses gezielte
Konsumieren wird nicht als Belastung empfunden, sondern als aktiver Prozess kreativer, produktiver Natur. Es geht um Lust, Identitätsbildung und -vermittlung, sowie Bedeutungsproduktion. 17
„From the start, games were able to create strong emotional impressions – this accounts for their
enormous staying power with consumers.“ 18
Mit dem Fantum ist also eine bestimmte Art der Rezeption, eine spezifische Erwartungshaltung
verbunden. Produkte werden mit großer Aufmerksamkeit sehr genau beäugt. Die Haltung ihnen gegenüber ist sowohl durch emotionale Nähe als auch durch kritische Distanz geprägt. Die Fanobjekte
werden mehrmals gespielt oder angesehen, um einzelne Details besser wahrzunehmen, oder sich
die Beschaffenheit der Struktur vor Augen zu führen.
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Der Konsument als Fan
Für Michael Bachtin ist jegliche Äußerung, sei diese rein sprachlicher Natur oder ein komplexes
Gebilde unterschiedlicher symbolischer Codes, wie z. B. ein Film, also schon ein Angebot (auf eine
Erwartung) und eine Antwort (auf eine Frage). 19 Jeder Text (im Sinne von lat.: „textum“ – Gewebe)
hat eine komplexe Struktur und ist zugleich als Sprachakt inmitten anderer vergangener, gegenwärtiger und zukünftiger Äußerungen – Gegenreden, Zustimmungen, Hommagen, unbewussten
Rückgriffen, Zitaten etc. – in ein komplexes Netz eingewoben. Jede Äußerung setzt also vorherige
Äußerungen voraus und antizipiert kommende. Diese polyphone Qualität des Kunstwerkes, von
Bachtin auch als „Heteroglossia“ bezeichnet, dehnt sich auf den Zuschauer aus, der im Akt der
Rezeption zu einem Teil dieses vielstimmigen Chores wird.Das Objekt steht also im ständigen Dialog mit seiner Außenwelt. Es steht historisch im Dialog mit früheren und späteren Werken. Bedarf
„theoretisch“ aber auch der fortwährenden Aktualisierung und Fortführung durch den Zuschauer.
Ein filmischer Text fungiert so als offenes Zentrum, das von zahlreichen Energieströmungen durchflossen wird, die auf den Zuschauer ausgreifen. Auch Jenkins schreibt in seinem Buch „Textual
Pochers“, dass das Fantum nichts Zeitloses ist; es entsteht als Antwort auf bestimmte historische
Ereignisse und ist nicht nur auf das Medium, das Werk, das Fanobjekt beschränkt. „Textual Pochers
describes a social group struggling to define its own culture and to construct its own community
within the context of what many observers have described as a postmodern era; it documents a group
insistent on making meaning from materials others have characterized as trivial and worthless.“ 20
Das Fanobjekt findet seinen Fan – nicht andersherum
Die Entscheidung für ein Fanobjekt wird äußerst selten bewusst getroffen,“ 21 oft muss dem Zufall
eine entscheidende Rolle beigemessen werden. Sei es nun, dass Freunde einem ein bestimmtes
Spiel, eine Serie, ein Lied ans Herz legen, oder man auf dem Nachhauseweg ein Plakat sieht, welches einen so fasziniert, dass man sich das Beworbene näher betrachtet.
Vom Konsumenten zum Fan
Paratexte und Immersion des Publikums
Ein Werk oder Produkt beschränkt sich selten auf das Objekt an sich. Thomas Elsaesser beschreibt
in seinem Buch „Filmtheorie zur Einführung“ anhand der Filmindustrie, dass die Arbeit am Zuschauer bereits vor Einsetzen der filmischen Narration geschieht. Der Titel ist ein verheißungsvoller Lockstoff, der Action, Spannung und Sex verspricht. Das Poster führt er als Essenz des
Filmes in einem Bild an. Beim Betreten des Kinosaales wurde der Konsument früher oft mit einer
prunkvollen Fassade konfrontiert, die ebenso teil des Filmgenusses war wie der Vorspann, der mit
der Atmosphäre des Filmes vertraut macht und sich in den 50er Jahren zu einer quasi autonomen
Kunstform entwickelt hat.
Der Literaturwissenschaftler Gerard Genette hat im Zusammenhang mit Texten, die einen anderen
Text umgeben, sich an ihn anlagern, ihn parasitisch besetzen, ihm aber auch helfend und unterstützend zur Seite stehen, von „Paratexten“ gesprochen, „die sich zwischen innen (Text) und außen
(Nicht-Text) schieben, quasi eine Zone des Übergangs und der Transaktion bilden. Diese Paratexte
sprechen ein Publikum an, geben Erwartungshorizonte vor und wecken Identifikationsangebote,
können sich aber auch als ,Schädlinge‘ dem Text anheften und ihm ein assoziatives Feld eröffnen,
das der Textproduzent nicht intendiert hatte. Paratexte deuten somit auch auf eine semantische Instabilität oder endogene Unruhe von Texten hin, deren Innen- und Außenseite niemals völlig stabil
sind. […] [S]ie sind für die meisten Zuschauer gleichsam die Schwelle, also der Ort des Ein- und
Austritts, und schmieden, wie die Semiopragmatik sagt, einen ,kommunikativen Kontrakt‘ zwischen Zuschauer und Text.“ 22
Paratext unterscheidet sich vom Kontext insofern, dass der Paratext all jenes ist, was von den Produzenten als Beiwerk (zum Verkauf) hergestellt wird. Als Kontext gilt hingegen, was über das
Produkt von der Presse geschrieben wird, Interviews mit den Herstellern, Gespräche oder Auseinandersetzungen mit dem Text von anderer Seite. Durch den Paratext wird das Produkt selbst mit
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Der Konsument als Fan
Bedeutung aufgeladen, die ihn über dessen physische Wertigkeit erheben kann. Was John Maeda in
„The Laws of Simplicity“ als „embodying“ beschreibt, ist bei einer allgemeinen Produktschwemme auf dem Markt eine ausschlaggebende Qualität, welche über Kauf oder Untergang entscheiden
kann. „EMBODY-ing quality is primarily a business decision, more than one of design or technology. The quality can be actual, as embodied by better materials and craftsmanship; or the quality
can be perceived, as portrayed in a thoughtful marketing campaign.“ 23
Durch Antiwerbung, oder einen negativen „Eingriff“ in die Ausformung des nicht offiziell gegebenen Paratextes durch die Konsumierenden (Gerüchte, Verunglimpfungen) kann die (künstlich
erzeugte) Qualität des Produktes leiden; das Objekt an Ausstrahlung, Statuswert etc. verlieren.
Häufig verschließt es sich dem Verständnis des Fans selbst, woher seine plötzliche Affinität rührt,
die ihn sich zum Fan des Objektes bekennen lässt. Dieser Fakt macht einen großen Teil der Faszination aus. „[...][Es] fasziniert [einen] eine rätselhafte Dimension, die als Ausnahme empfunden wird,
sich jedoch nicht direkt identifizieren lässt. Aura, Charisma, irgendeine Ausstrahlung oder Kraft
– mit vielen Metaphern wird versucht, dieses gewisse Etwas und ‚je ne sais quoi‘ zu fassen, und
es steigert die Faszination, dass gerade das nie überzeugend klingt.“ 24 Die Wahl des Fanobjektes
ist eine individuelle; darin begründet sich auch die Popularität des Fanseins. Das Objekt muss die
Bedürfnisse, Wünsche und Träume des potenziellen Fans ansprechen und mit dessen Lebensgefühl
kohärieren; auch die Situation und die Verfassung des Rezipierenden sind bei der Wahl von großer
Bedeutung. 25
Pierre Boudieu beschäftige sich 1979 mit dem, was allgemein als „guter Geschmack“ gilt. Die
Herkunft des Geschmacks ist, laut Boudieu, durch frühere Erfahrungen innerhalb einer kulturellen Gruppe geprägt. Er wird gefestigt durch sozialen Austausch, Belohnung und Zustimmung und
durch Institutionen, wie z. B. Bildungseinrichtungen. Soziale Unterschiede und Klassenidentifikationen werden auf diese Weise gebildet. Und Jenkins leitet daraus ab: „Taste distinctions determine
Vom Konsumenten zum Fan
not only desirable and undesirable forms of culture but also desirable and undesirable ways of
relating to cultural objects, desirable and undesirable strategies of interpretation and styles of consumption.“ 26
Jedoch kann es keine Festlegung, keinen absoluten Geschmack geben, – auch nicht innerhalb eines
Kulturkreises – da er stets durch fremde Urteile herausgefordert und verändert wird. Was heute als
ansehnlich oder „chic“ gilt, kann also morgen schon wieder überholt oder gar umgekehrt sein.
Unter politischem Druck wird ein öffentliches Bild erschaffen und die Verbreitung eines bestimmten Geschmacksurteiles erreicht. So wird unter anderem bestimmt, was kindgerecht ist und was
einen schädigenden Einfluss hat. Unerwünschte kulturelle Erzeugnisse werden als verwerflich
angeprangert; ihre Konsumenten und Anhänger gelten darausfolgend als „intellectually debased,
psychologically suspect, or emotionally immature.“ 27
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Vom Konsumenten zum Fan
Fangemeinschaften
Das persönliche Fantum ist von Erfahrungen geprägt; von individuellem Konsumverhalten und
Interpretation des Fanobjektes, bzw. Fantextes. Eine Chance zum Austausch und eine Möglichkeit,
diese Masse verschiedenster Einsichten zu bemerken und zu diskutieren bietet sich erst recht, seit
die partizipatorischen Mechanismen des Internets für die breite Masse verständlicher und zugänglicher wurden.
Anfänge der Fancommunities Spieler und Spielefans bedienten sich, bevor das Internet zum allseits genutzten Medium avancierte,
anderer Wege um mit Gleichgesinnten in Kontakt treten zu können. Als Motivation dient(e) hierbei
die Aussicht, mehr über das Fanobjekt herauszufinden, eventuell noch weitere Spiele­titel kennenzulernen und von den Erfahrungswerten anderer Spieler zu profitieren. 28 Wer nicht das Glück hatte,
im Freundeskreis auf „Verbündete“ zu treffen, der konnte diese andernorts auftun: Die Kontaktaufnahme bei offiziellen Treffen, Messen oder LAN-Partys – allesamt Events bei denen sich schnell
hierarchische Strukturen, Tauschbörsen, spezifische „Fachjargons“, Rituale und Diskussionsrunden herauskristallisierten – boten diese Gelegenheiten.
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Fangemeinschaften
Mit dem Aufkommen der ersten Spielemagazine öffneten sich Dank der Leserbriefrubriken auch
räumliche Schranken und es stand dem Entstehen eines größeren Kollektivs nicht mehr im Wege.
Insbesondere die professionelle Spielepresse und die offiziellen Messetreffen dienten der tatsächlichen Entwicklung der Spielekultur und der Spielergemeinschaft. 29 Den Fachmagazinen gelang es,
den „Gruppensinn“ der ersten Spielefans durch Leserbriefseiten und Wettbewerbe aufleben zu lassen.
Die Veröffentlichung von immer wieder aktualisierten Bestenlisten, in denen die jeweiligen Gewinner sich verewigen konnten, ermutigte die Leserschaft zur Aktivität innerhalb der „Equipe“. 30
Es ist wichtig sich dessen bewusst zu sein, dass das Wissen über Spiele nicht alleine durch den Akt
des Spielens generiert wird. Andere Medien formen die Bedeutung des Videospielens, liefern Informationen zu Spieletiteln und eröffnen einen neuen Blick auf Spiele durch die Bekanntmachung
von spielexternen und -internen „Geheimnissen“ 31 Dass die Magazine ihren Blick stets auf den
Horizont gerichtet hielten und die Zukunft im Fokus der Berichterstattung stand und steht, zeigt
eine besondere Qualität der Spieleszene, welche Diskussionen und Gespräche zusätzlich provoziert, da dieser Zustand viel Platz für Spekulationen und Vermutungen lässt.
Die Art und Weise, wie Spielemagazine einen Spieletitel, die Fähigkeiten unterschiedlicher Konsolen und deren Vergleich, Berichterstattungen und Blicke hinter die Kulissen (z. B. Interviews,
Making-ofs) präsentieren, prägt die allgemeinen Gewohnheiten sich über diese Themen zu unterhalten. „[…][Also it] plays an important role in forming and maintaining the identity of the gamer
within the wider, and ultimately unknowable, imagined community of gamers.“ 32
Das Magazin „Edge“, welches seit 1993 über Entwicklungen aller Art im Bereich Computer- und
Videospiel berichterstattet, übernahm eine nicht unwichtige Rolle bei der Formung eines positiveren Spielerbildes. Es stellte Spiele als Kulturobjekte vor, von derselben Wichtigkeit beseelt wie
Film, Literatur und Kunst. „Edge“ erhob den Akt des Spielens und die Diskussion und Kritik über
und an das Spielen auf das Niveau einer legitimen kulturellen Praxis.
Vom Konsumenten zum Fan
Spielemagazine übernahmen zudem die Aufgabe über Titel zu informieren, welche nur in anderen
Regionen der Welt veröffentlicht wurden, um so ein ausgewogenes Gesamtbild der Spielekultur zu
zeichnen. Und die Masse der behandelten Spiele fungiert hierbei als mächtige Dokumentation ihrer
populärkulturellen Bedeutung. 33
Die große Vernetzung & das Spielen als Erfahrung im Kontext des Kollektivs
Welche Bedeutung der Online-Vernetzung – insbesondere im Bereich der Computer- und Videospiele – zukommt, zeigen die Entwicklungen auf dem Konsolenmarkt auf: Alle Konsolen der neuesten Generation verfügen über Onlinefunktionen. „[…] Sony, Microsoft and Nintendo with the
DS, have embraced online play with the former companies building the facilities into the very fabric
of their platform strategies. Both Microsoft and Sony have developed dedicated gaming networks
in ‘Xbox Live’ and the ‘Playstation Network’ respectively. […] These systems offer a range of
functionality including downloadable game demos, videos or additional content […].“ 34
Dank der Online-Communities, oder auch der direkt von Konsolenherstellern bereitgestellten Communities, haben Spieler und Fans nicht nur Zugriff auf offizielle Informationen und Spieleerweiterung. Dort können sie sich auch untereinender messen (unter anderem durch Trophäensysteme,
Player vs. Player – Spiele, aber auch schriftlichen Austausch): „That these playing masterclasses
are seamlessly available from within the game console itself speaks eloquently of the way in which
gameplay practice is permanently enmeshed within a wider, increasingly global context and culture
of other players playing and performing.“ 35
Entwickler und / oder Publisher haben ein eigenes Interesse daran den Fans und Spielern den Austausch zu ermöglichen: Zum einen, da Fans den Hang dazu zeigen, andere auch für das von ihnen
verehrte Fanobjekt begeistern zu wollen; zum anderen, da der Wiederspielwert, bzw. die Langzeitmotivation durch die bereits erwähnten Wettbewerbe der Spieler untereinander gesteigert wird.
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Fangemeinschaften
Microsoft verkauft z. B. Xbox-Sets, welche unter anderem auch ein Headset enthalten um spieleinterne Unterhaltungen und das taktische Spielen im Team zu ermöglichen. Derartiges trägt direkt
zur Spielerfahrung bei und ist nicht lediglich als weiteres Eingabegerät zu verstehen, da sich die
Gespräche nicht immer auf das Besprechen von Strategien o. ä. beziehen müssen. 36
So ist es laut Newman unüberlegt Videospielen die Schuld am (potenziell mangelnden) sozialen
Verhalten seiner Spieler zuzuschreiben. Zwar mag das Spielen mancher Spiele nur eine Soloerfahrung sein, doch diese wird transzendiert. „[…] [G]ameplay [should be understood] as an activity
that takes place ‚within‘ a social setting.“ 38 Das Spiel bietet Gesprächsstoff, es kann kreatives Handeln auslösen und im Falle von Multiplayer-Spielen werden die virtuellen Abenteuer nicht einmal
mehr alleine erlebt. 39
Das Solospielen findet demnach stets in einem von der Gemeinschaft der Spieler geprägten Kontext
statt; einem gemeinsam erschaffenen Bedeutungsfeld, in Abhängigkeit von allgemeinen Lesearten
und Interpretationen, basierend auf etwas, das Newman als „kollektives Wissen“ der Spieler, Kritiker, Kommentatoren und Fans bezeichnet 37 (Piere Lévy nannte eben dies „collective intelligence“
und Surowiecki bezog sich darauf mit dem Ausdruck „wisdom of crowds“). Die Art und Weise, wie
ein Spiel wahrgenommen und aufgefasst wird, ist maßgeblich von der Community, der Spielekultur, geprägt. Das Kollektiv erschafft das Gesamtbild. „Participants […] actively create the meaning
of the game through this virtual talk and behavior.“ 40
Das Spieleverhalten variiert aber von Spieler zu Spieler, so dass die Spielzeit das Erleben des
Schwierigkeitsgrades und vieles mehr variabel sind. Und so resümiert Newman: „[…] [V]ideogames are and perhaps cannot be played in a predictable manner. They will unfold differently for
different gamers precisely because their skill levels vary, the amount of time they commit to playing
varies, or even that the decisions they take alter the way the game branches revealing and concealing different parts of the whole.“ 41
Vom Konsumenten zum Fan
Variables Erfahren des Mediums selbst
Newman beschäftigt sich im Zuge seiner Untersuchung mit den sogenannten „watercooler moments“: Dieser Begriff betitelt all jene Szenen oder Fragen, welche den Rezipienten beim „Lesen
des Textes“ (in diesem Falle dem Spielen eines Spieles) erreichen, die dann als Grundlage für
Gespräche oder Diskurse dienen und eventuell sogar die Gerüchteküche zum Brodeln bringen.
„Such watercooler moments might be prompted by the actions or motivations of a character, a
series of questions raised or, in the case of serial texts in particular, by a creative and imaginative
desire to deduce the narrative progression from clues revealed thus far (and providing excellent
evidence of the active reader guessing the endings from the beginnings, for instance).“ 42
Ähnlich wie das Medium Film, als auch die Fernsehserie, bedient sich das Videospiel des Wissens
um diese Kraft, welche unter anderem Nachbesprechungen und eine Steigerung des Wiederspielwertes verursacht. „What chance a collective watercooler moment with this incoherence of audience caused by the near-infinity fragmented experience of play?“ 43
Es kann nicht nur das Spiel als Diskussionsgegenstand betrachtet werden, auch der damit verbundene Paratext und die unterschiedlichen Erkenntnisse der Spieler werden in der Gemeinschaft zum
Thema gemacht. Als die „watercooler moments“ der Videospieler kann also auch die vorhandene Wissensdifferenz gesehen werden: Die Anfänger lernen von den Gurus, lesen die von ihnen
zusammengetragenen Informationen, studieren deren Spieleverhalten und -tipps und adaptieren
diese. 44
„[…] [And] the mutable structure of videogames is precisely the aspect that makes talk and analysis
all the more likely.“ 45 Die Spielewelten werden immer größer, die Aufgaben, die das Spiel seinem
Rezipienten stellt, immer komplexer; allerorts finden sich versteckte Besonderheiten, auch eben
dieser Umstand fördert den Wunsch nach Austausch. 46
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Fangemeinschaften
Der Wunsch herauszufinden, wie andere das von einem selbst verehrte Spiel erleben und welche
Meinungen sie vertreten, ist treibende Kraft der Community. „In many cases, a blog post serves
more to initiate a conversation held in public view, than as a discrete piece of communication from
author to reader.“ 47
Fanpsychologie
1. vgl. Jenkins 1992, S. 12
2. vgl. Knut Hickthier: „Vom Theaterstar zum Fimstar.
Merkmale des Starwesens um die Wende vom 19.
zum 20. Jahrhundert“, in: Werner Faulstrich / Helmut
Korte (Hg.): Der Star. Geschichte – Rezeption – Bedeutung, München 1977, S. 31
3. Lawrence Levine: Highbrow/Lowbrow. The Emergence of Cultural Hierarchy in America, Cambridge,
MA, 1990, S. 26
4. Karl-Dieter Bünting / Ramona Karatas: Deutsches
Wörterbuch, Thur 1996, S. 361
5. vgl. Lawrence Grossberg: „Is there a fan in the house?
The Affective Sensibility of Fandom“, in: Lisa A. Lewis (Hg.): The adoring audience, Fun culture and popular Media, London 1992, S. 55 sowie S. 61
6. Mircea Eliade: Das Heilige und das Profane. Vom Wesen des Religiösen, Frankfurt am Main 1998, S. 180
7. Jennie Hermann: Backstreet Girl. Projektionsfläche
Popstar – Wenn der Fan zum Schriftsteller wird, Berlin 2009, S. 94
8. vgl. Alexandra Herth: „Fanzines, Zeitschriften der Subkulturen“, in: Jens Neumann (Hg.): Fanzines. Wissenschaftlich Betrachtung zum Thema, Ventil, Mainz 1997, S. 140
sowie Charlotte Bühler: Das Seelenleben des Jugendlichen. Versuch einer Analyse und Theorie der psychischen Pubertät, 7. Auflage, Stuttgart 1991, S. 54
9. vgl. Hans-Otto Hügel (Hg.): Handbuch Populäre Kulturen. Begriffe, Theorien und Diskussionen, Stuttgart
2003, S. 170 ff
10. vgl. Grossberg 1992, S. 51 ff
11. vgl. Rainer Winter: „Medien und Fans“, in: Lewis
1992, S. 41
12. Hermann 2009, S. 95
13. vgl. Wolfgang Ullrich: Interview, in: Psychologie
heute, 5 / 2004, S. 44
14. Henry Jenkins: The WOW Climax. Tracing The Emotional Impact Of Popular Culture, New York 2007,
S. 27
15. vgl. Matthias Matssek: „Preis des Erfolgs“, in: Spiegel Kultur, 1 / 2004, S. 43
16. John Fiske: „The Cultural Economy of Fandom“, in:
Lewis 1992, S. 35
Der Konsument als Fan
17. vgl. Christina Lutter / Markus Reiseleitner: Cultural
Studies. Eine Einführung, Wien 2002, S. 68
18. Thomas Elsaesse / Malte Hagener: Filmtheorie zur
Einführung, Frankfurt am Main 2007, S. 66
19. Jenkins 2007, S. 24
20. Jenkins 1992, S. 3
21. vgl. Roy Shuker: Understanding Popular Music, Second Edition, London 2001, S. 215
22. Elsaesse / Hagener 2007, S. 56 f.
23. John Maeda: The Laws of Simplicity – Design, Technology, Business, Life, Cambridge 2006, S. 7
24. Wolfgang Ullrich / Sabine Schirdewahn (Hg.): Stars,
Annäherungen an ein Phänomen, Frankfurt am Main
2002, S. 7 f
25. vgl. Richard Flender / Hermann Rauhe: Popmusik.
Aspekte ihrer Geschichte, Funktionen, Wirkung, Ästhetk, Darmstadt 1989, S. 10
26. Jenkins 1992, S. 16
27. ebd. S. 17
Fangemeinschaften
28. vgl. Newman 2008, S. 27
29. vgl. ebd. S. 29
30. ebd. S. 31 f
31. ebd. S. 29
32. ebd. S. 31
33. ebd. S. 29 f
34. ebd. S. 24
35. ebd. S. 12
36. ebd. S. 25
37. ebd. S. 24
38. ebd. S. 23
39. ebd. S. 13
40. http://gamestudies.org/0202/wright/, Stand: 16.11.2011
41. vgl. Newman 2008, S. 26
42. ebd.
43. ebd.
44. ebd. S.26 ff
45. ebd. S. 27
46. vgl. ebd. S. 28
47. John Quiggin: „Blogs, Wikis and Creative Innovation“,
in: International Journal of Cultural Studies, 12/2006,
S. 483
3. Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
Der Fan als Produzent
„By recognizing the existence and importance of game related music, toys, books, magazines and
websites, we begin to appreciate how much more there is to videogaming than playing videogames.“. 1 Newman gibt zu bedenken, dass die landläufigen Beobachtungen sich auf das Offensichtlichste in Bezug auf die „Videospielekultur“ beschränken. Von besonderem Interesse sind soziale
Qualität, Produktivität und Kreativität der Kulturen, welche die Videospielewelt umgeben und unterstützen. Spielefans beschränken sich nicht auf das Spielen ihrer Lieblingstitel, sie engagieren
sich auf komplexeste Art und Weise und produzieren so mannigfaltige Beweise ihres tiefen Interesses. Spiel­elemente werden aufgegriffen und medienübergreifend in Fanproduktionen verwendet.
Oft wird sogar durch das sogenannte Modding ins Spiel selbst eingegriffen und somit z. B. durch
das Hinzufügen neuer Herausforderungen, das Verbessern der Dialogqualitäten etc., dessen „Lebensspanne“ verlängert (z. B. im Sinne der Wiederspielbarkeit). 2
Verständnis des Fanobjektes und faneigene Produktivität
Die Produktionen, welche Form auch immer diese annehmen, zeugen auf eindrucksvolle Art und
Weise von der intertextuellen Natur der Videospiele und verdeutlichen zugleich, dass der Fan ein
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Der Fan als Produzent
tiefgreifendes Verständnis für das Medium Spiel – die Verbindungen und Prozesse, welche eine
solche kommerzielle Produktion umgeben und die Abhängigkeiten (z. B. die kreative Vision, die
finanziellen Limitierungen, die Deadlines welche es einzuhalten gilt, die technologischen Entwicklungen und Begrenzungen), in welchen deren einzelne Teilaspekte untereinander stehen – aufbringt. 3
Newman benutzt den Terminus „transformative practice“, um das unterschiedliche Rezipieren des
medialen Inhaltes und das aktive Kreieren von Inhalten durch Fans zu beschreiben und trifft die
Aussage: „[…] [T]he transformative practices and performances of play are a vital element of any
game studies.“ 4
Wie bereits festgestellt, ist das Spielen selbst einem stetigen Wandel unterzogen: Verschiedene
Spieler spielen auf unterschiedliche Arten, selbst ein und derselbe Spieler entwickelt über die Zeit
hinweg multiple Strategien und ein verändertes Spielverhalten.
Jenkins setzte sich mit den sogenannten „lively arts“ nach Seldes auseinander: Kunstformen welche sich, z. B. aufgrund äußerer Einflüsse, einem Wandel unterworfen sehen, ständig neue Formen
ausbilden und so mitunter auch den Rezipienten einladen in Beschäftigung mit ihnen dasselbe zu
tun. Nach Seldes waren eben dies die „low arts“, die umstrittenen Kunstformen, die ebenso viel
Aufmerksamkeit verdienen wie die „high arts“, aber allzu schnell als nichtig und schwach hinsichtlich ihrer Aussage abgetan werden. 5 Auch der französische Kulturtheoretiker Pierre Bourdieu hielt
in seinem Werk „Distinction“ fest, dass die populäre und vom Plebs bevorzugte Ästhetik einen
tiefverwurzelten Aufruf zur Partizipation beinhaltet. Zugleich regt sie dazu an sich z. B. mit den dargestellten Charakteren und deren emotionalen Zuständen, Hoffnungen und Idealen identifizieren zu
wollen, sich um deren Ergehen zu sorgen und deren Leben leben zu wollen.“ 6 So liefert das Produkt
bzw. Spiel selbst, aber auch von den Entwicklern veröffentlichtes Material (z. B. Informationen
zum / übers Spiel) den Fans Anknüpfungspunkte um kreativ zu werden. 7
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
Fans wollen mehr Informationen
„[…][Fans invest time and energy] to better understand the objects of their fandom, perhaps seeking to make sense of apparent inconsistencies in the backstories that weave together two titles in
a series, for instance.“ 8 Diese Nachforschungen können fantasievolle, theoretische Gedankenspiele
und das Verbinden von narrativen Elementen durch das Hinzufügen eigener, logischer Narrationen
involvieren. So werden von Fans Lücken gefüllt, welche durch offiziell sanktioniertes Material
nicht beseitigt werden. Dies geht nicht ohne intensive investigative Arbeit seitens des Fans von
statten: Pre-Produktions-Interviews mit den Entwicklern werden nach Informationen durchforstet,
in extremen Fällen wird in den Code des Spieles eingegriffen, um auf Reste unvollendeter Grafiken
oder Leveldesigns zu stoßen, welche eigentlich der Öffentlichkeit vorenthalten bleiben sollten, aber
viel Platz für Spekulationen seitens der Fangemeinde lassen. 9
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Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
Organisationsstrukturen, Archiv und Kanon
Das Archiv
Der Archivbegriff wie er bei Derrida zu finden ist, weist zwei Ausprägungen auf. Zum einen gibt
es das Archiv der materiellen Objekte. Diese können in analoger oder digitaler Kondensationsform vorkommen und werden im Folgenden manifestes Archiv genannt. Zum anderen spricht
Derrida vom Archiv als Diskursobjekt, oder auch Korpus, welcher sich der absoluten Objektivierung und Festlegung widersetzt. Diese Ausprägung wird im Folgenden virtuelles Archiv
genannt. Die Betrachtung der Fanproduktionen lässt auf ein normatives, angewandtes Archiv
schließen, dessen interner Diskurs über die Gültigkeit verschiedener Standpunkte und Hierarchien entschiedet. Dies lässt sich in der Praxis am besten am Kanon verdeutlichen, der in diesem
Zuge entsteht. Dort wird eine schwankende Grenze gezogen, zwischen dem, was dem Text zugehörig gesehen wird und dem, was lediglich an den Text angelehnt ist.
Der Archivbegriff hilft zwei Punkte von Interesse zu verdeutlichen: Einerseits gibt er Aufschluss darüber, wie Fans ein Fanobjekt und die um es herum entstehenden Fanproduktionen
wahrnehmen und verwalten, zum anderen veranschaulicht er die Manier, in der Fanvernetzung
stattfindet.
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Organisationsstrukturen, Archiv und Kanon
Die Machtstruktur des manifesten Archivs
Aus dem deutschen Vorwort zu Derridas „Dem Archiv verschrieben. Eine Freud’sche Impression“
wird ersichtlich, dass dieser den Archivbegriff in seiner ursprünglichen Vielfalt und mit all seinen
Teilaspekten behandelt. Das Wort Archiv, oder Arché bezeichnet den Anfang und das Gebot; hier
ist sowohl der Anfangspunkt als „physischer, historischer oder ontologischer“ gemeint, als auch
der Ort „da wo die Autorität, die soziale Ordnung geltend gemacht wird.“ 10 Das Archiv kann so als
Indikator einer Abfolge, wie auch einer Befehlsordnung gesehen werden. „Wie das lateinische archivum oder archium […] kommt der Sinn, vom griechischen archeion: zuerst ein Haus, ein Wohnsitz, eine Adresse, die Wohnung der höheren Magistratsangehörigen, die árchontes, diejenigen,
die geboten. Jenen Bürgern, die auf diese Weise die politische Macht innehatten und bedeuteten,
erkannte man das Recht zu, das Gesetz geltend zu machen oder darzustellen. Ihrer so öffentlich anerkannten Autorität wegen deponierte man zu jener Zeit bei ihnen zuhause, an eben jenem Ort, der
ihr Haus ist (ein privates Haus, Haus der Familie oder Diensthaus), die offiziellen Dokumente. Die
Archonten sind zunächst deren Bewahrer. Sie stellen nicht nur die physische Sicherheit des Depots
und des Trägers sicher. Man erkennt ihnen auch das Recht und die Kompetenz der Auslegung zu.
Sie haben die Macht, die Archive zu interpretieren.“ 11
Möchte man dieses Modell nun für eine Betrachtung der Vorgehensweise von Fans fruchtbar machen, so muss man bedenken, dass die Fanarchonten keine Beauftragung als solche erhalten haben,
sondern aus eigenem Antrieb und Interesse handeln. Die soziale Anerkennung steht in diesem Kontext also nicht zwangsläufig vor der Archivierung, sondern kann durch die Zurschaustellung des
Archivs erlangt werden. Erst wenn diese Fanarchonten sich im Diskurs mit anderen Archivaren
und Rezipienten beweisen, wird ihnen jene thematische und soziale Kompetenz anerkannt. Dies
befähigt den Fanarchivar mögliche Aussagen über seine Fanobjekte betreffende Sachverhalte zu
tätigen. Er ist somit befähigt durch das Wissen über den Gegenstand Autorität auf weitere Diskurse
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
auszuüben. Um diese Autorität zu erlangen, muss es sich bei den von ihm archivierten Objekten
um öffentlich zugängliche handeln. Objekte, die unter Verschluss stehen, können nur von Archonten kommuniziert werden, welche eine Institution als Auftraggeber haben. „Denn die solchen Archonten als Depositum anvertrauten Dokumente behaupten das Gesetz: sie erinnern sich (an) das
Gesetz.“ 12 „Um somit bewahrt zu werden, benötigte die das Gesetz behauptende Rechtsprechung
zugleich einen Bewahrer und eine feste Ortszuweisung. Selbst in ihrer überwachten Bewahrung
oder in ihrer hermeneutischen Überlieferung konnten die Archive weder eines Trägers noch einer
Residenz entbehren. […] Die Bleibe (demeure), dieser Orte, an dem sie auf Dauer (à demeure)
bleiben, markiert diesen institutionellen Umgang vom Privaten zum Öffentlichen.“ 13
Ein besonderes Augenmerk muss unter Betrachtung des aktuellen Fanarchivs auf das Internet als
digitalen Ort des Vorhandenseins mannigfacher Kopien eines Objektes und des Bestehens von vernetzten, manifesten Archiven geworfen werden. Der Ort der Zurschaustellung des Archivs ist nicht
mehr an eine materielle Ebene gebunden, sondern wird zunehmend ins Digitale verlagert. Womit
nicht gesagt werden soll, dass es keine eindeutigen Orte mehr gäbe. Die Daten mögen auf verschiedenen Trägern liegen, werden jedoch durch ein Interface wieder an einem Ort zugänglich gemacht,
dessen eindeutige Benennung wie die Hausnummer eines Gebäudes fungiert. Dort sind die manifesten Archive in einer vom Archonten bestimmten Sortierung und Darstellungsweise einsehbar.
Das Aufgabenfeld, welches durch den Terminus Archont definiert wird, kann heute synonym zu
dem des Administrators verwendet werden.
Ein Fan kann eine große Sammlung natürlich auch für sich selbst aufbauen und diese gegebenenfalls im Internet als Homepage, Wikia, Forum o. ä. zugänglich machen, jedoch ist eine Vernetzung
mit anderen Archonten, oder der Aufbau einer gemeinsamen Plattform gebräuchlicher. Das bedeutet, dass unter Umständen nicht nur eine Person die alleinige Macht und Autorität besitzt, sondern
ein vielstimmiger Diskurs über die Ausübung und Interpretation des „Gesetzes“ herrscht.
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Organisationsstrukturen, Archiv und Kanon
Die Freiheit des virtuellen Archivs
Im Kontext der Fangemeinschaft fiel bereits der Begriff des „kollektiven Wissens“: Fans gewinnen nicht nur durch Recherche, oder eigene theoretische Überlegungen Wissen über ihr Fanobjekt
hinzu, innerhalb der Communities wird dieses Wissen auch durch den Prozess der Archivierung
weiterverarbeitet und als Grundlage weiterer Produktion bereitgestellt. Jenkins betont daher, dass
Konsum als ein kollektiver Prozess begriffen werden muss, da jeder Einzelne nicht alles wissen
kann, aber zumindest etwas weiß. Durch die Zusammenlegung und Vernetzung der Ressourcen und
Fähigkeiten kann ein großes Ganzes geschaffen werden, das über die Summe seiner Teile hinausgeht.“ 14 Doch stellt sich die Frage: Kann dieser entstehende, vom Fan geschaffene Kontext als dem
Archiv zugehörig gesehen werden?
Derrida untersucht in seiner Auseinandersetzung mit dem Werk Freuds als Korpus, nicht nur die
von Freud selbst verfassten Werke, sondern unter anderem auch ein Buch des jüdischen Historikers
Yosef Yerushaima. Indem er das Werk, welches nicht aus Freuds Feder selbst stammt, sondern
lediglich ein über ihn verfasstes Werk darstellt, mit zum Korpus zählt, dem „Archiv Freud“, zeigt
er die Offenheit des Archivs auf. Das „Archiv Freud“ bezieht sich nicht nur auf die Interpretation
der Vergangenheit, oder des genauen Lesens seiner Werke, sondern bleibt offen und stetig in die
Zukunft gerichtet.
„Das Buch von Yerushaima, sein fiktiver Monolog darin inbegriffen, gehört von nun an zum Korpus von Freud, dessen Namen es auch trägt. Dass dieser Korpus und dieser Name auch gespenstig
bleiben, darin besteht vielleicht eine allgemeine Struktur des Archivs. Indem sich das Archiv das
Wissen, das man zu seinem Sujet entfaltet, einverleibt, wird das Archiv größer, geht es schwanger,
gewinnt es an auctoritas. Im gleichen Zug verliert es jedoch die absolute und meta-textuelle Autorität, auf die es Anspruch erheben könnte. Man wird es niemals restlos objektivieren können. Der
Archivar produziert Archivarisches, deshalb wird das Archiv niemals abgeschlossen sein.“ 15
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
„Archontic texts are not delimited properties with definite borders that can be transgressed. So texts
that build on a previously existing text are not lesser than the source text, and they do not violate
the boundaries of the source text; rather, they only add to that text’s archive, becoming part of the
archive and expanding it. […] An archontic text’s archive is not identical to the text but is a virtual
construct surrounding the text, including it and all texts related to it.“ 16 Abigail Derecho benutzt
diese Offenheit, um in ihrem Essay „Archontic Literature“ diesen Archivbegriff auf Fan Fiction zu
übertragen und führt zu dem Schluss: „[A]rchontic literature are ethical projects that oppose out­
dated notions of hierarchy and property.“ 17
Das „Original“ und seine Abkömmlinge – Text und Appropriation
Auf Fanportalen werden Narrationsstränge diskutiert und Beiträge produziert, die eben diese Narration weitertreiben oder in einen anderen Kontext stellen. Meist beziehen sich diese Werke direkt auf
das Ausgangsmaterial, wodurch der gemeine Betrachter verleitet ist, einen Großteil der Fanproduktion als Plagiat oder stupide Wiederholung zu sehen. Dies ist auf der Ebene der Darstellung auch
korrekt, wird aber in der Gemeinschaft der Fans nicht als Manko, sondern vielmehr als Erweiterung
und spielerische Reinterpretation wahrgenommen. Dies verdeutlicht Derecho indem sie Gilles Deleuzes „Difference and Repetition“ zitiert: „[R]epetition need not mean physical, mechanical, or
bare repetitions (repetitions of the same) but can refer to the more profound structures of a hidden
repetition in which a differential is disguised and displaced. […] these repetitions, says Deleuze, ,do
not add a second and a third time to the first, but carry the first time to the ‚nth‘ power‘. […] When
one reads a work of archontic writing, in other words, one is really reading two texts at once. The
prior text is available and remains in the mind even as one reads the new version. […] Deleuze’s
interest in making this argument, in redefining repetition and difference, is in part to enable us to
rid ourselves of notions of hierarchy. […] The smallest becomes equivalent to the largest once it is
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Organisationsstrukturen, Archiv und Kanon
not separated from what it can do. [...] The resonance is what gives the smaller work meaning and
significance, and no longer does its length or stature matter.“ 18
Es gibt verschiedene Strategien Resonanz zu erzeugen: Die Wichtigsten von Fans angewandten
werden in einem gesonderten Abschnitt in aller Ausführlichkeit behandelt. Hier werden nur zwei
Beispiele aus dem großen Pool aufgegriffen, um die Vielfältigkeit solcher Strategien aufzuzeigen.
Durch Produktionsmechanismen des Hackens wird aktiv in Texte eingegriffen (wie dies bei Machinimas bzw. Mods erfolgt), um mithilfe der vorhandenen Bausätze neue Narrationen zu schaffen,
welche unter Umständen nicht einmal Bezug auf die Narration des Spieles nehmen. Hier wird aus
einer vorgefertigten Realität ein neues Werk geschaffen, welches zweifelsohne einen sehr hohen
Autonomieanspruch erheben kann und muss. Als weiteren Beispielfall könnte man nun ein digitales
Bild heranziehen, welches von einem Fan angefertigt wurde, indem er eine Figur aus Werk A mit
einer anderen Figur aus Werk B in Beziehung zueinander treten lässt; dieses Bild erlangt seinen
Wert und sein Ansehen durch die Originalität der Rekombination der verwendeten Elemente. Es ist
also nicht die Frage nach dem „Wer klaut wo und was?“, die über den Wert eines Werkes entscheidet. Es handelt sich vielmehr um eine Frage des emotionalen Feedbacks des Betrachters, der oben
genannten entstehenden Resonanz. Fühlt der Rezipient sich durch die Bezugnahmen (seien diese
von komischer, grausamer oder einfach nur feststellender Natur) angesprochen, so ist er geneigt die
Appropriation anzunehmen und zu würdigen. Es entscheidet sich also im entstehenden Diskurs, für
wie gelungen ein Werk gehalten wird. 19
Was Derecho schreibt, ist vom Geiste her absolut richtig und im Sinne des virtuellen Archivs. Es
sollte jedoch festgehalten werden, dass die Freiheiten, welche in jenen Texten erkämpft werden
(auch wenn diese anonym verfasst sind), stets an ein Verwaltungssystem gebunden sind, welches
diskriminieren und verwalten muss, um zu bestehen. „Halten wir es zumindest im Namen (au title)
des Archivs fest: um daran zu erinnern, dass es ohne Titel keine Archivierung gäbe (also ohne Na-
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
men und ohne archontisches Legimitationsprinzip, ohne Gesetz, ohne Klassifikations- und Hierarchisierungskriterium, ohne Ordnung und ohne Anordnung (sans ordre et sans ordre), im doppelten
Sinne dieses Wortes)“ 20 Eine der wichtigsten Sortierungs- und Wertungskategorien innerhalb des
Fanarchivs ist der Kanon, welcher im kommenden Kapitel gesondert dargestellt wird.
Zusätzlich zu dem Diskurs um die Originalität archivarischer Werke kann festgestellt werden,
dass es zur gleichen Zeit unterschiedliche Standpunkte zu einem Gesamtarchiv geben kann, denn
verschiedene Personen führen auf der Grundlage unterschiedlicher Informationen eigenständige
Archive. Dies können eine Artworksammlung, oder Screenshotsammlung eines Fans sein, oder
aber auch die gesamten Dokumentation der Entwicklung eines Spieles, welche von Entwickler unzugänglich für das Publikum gelagert wird. Das sichtbare Archiv, welches im Internet zugänglich
ist, stellt meist nur die Spitze des Eisberges von Informationen dar, welche zu einem Thema vorhanden sind. So ist es nicht verwunderlich, dass Meinungsverschiedenheiten aufkommen, da jeder
Archivar auf ein anderes Repertoire an Informationen und Erfahrungen zurückgreifen kann.
Der Kanon
Als Kanon (vom lateinischen „canon“ = „Richtschnur“, vom griechischen „κανών“ = Rohrstab,
Messstab) versteht man ein allgemeingültiges Maß, eine feste Ordnung. Ursprünglich war in Bezug
auf die christliche, textliche Überlieferung und im Rahmen des Kirchenrechtes die Rede von kanonischer Genauigkeit. Doch auch in den Fanstudien (z. B. bei Newman und Brooker) und im Kontext
des Archivierungsdranges der Fans findet diese Begrifflichkeit erneut Einsatz.
Auch moderne Texte, Bilder etc. stehen im Bezug zum Kanon und einer „Festlegung“ dessen, was
dem Kanon zugehörig angesehen wird und was nicht. Der Richtwert ist hierbei stets das Werk
selbst und gewisse Parameter, welche durch dieses selbst festgelegt werden: Handelt es sich um ein
Spiel, so können als Parameter z. B. bestimmte Charaktere, narrative Stränge, Handlungsorte, sowie
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Organisationsstrukturen, Archiv und Kanon
Spielmechaniken ausgemacht werden. Eine aufmerksame Aneignung der, das Fanobjekt begleitenden, Parameter ermächtigt den Fan also eigene, kanonisch genaue Texte unter Berücksichtigung
dieser hervorzubringen. So werden unter anderem neue Geschichten erzählt, welche sich an die
Ereignisse des Spieles anlehnen und in denen Charaktere des Spieles involviert sind, Spielefiguren
werden in variierenden Zeichenstielen dargestellt, oder deren Kostüme nachgeschneidert.
Dieser moderne, fanbezogene Kanon verhält sich eben an diesem Punkt anders als der religiöse:
Er ist kein derartiges, „starres“ Konstrukt mehr; geprägt von einer Gruppe von Menschen, welche
unterschiedlichste Hintergründe und individuelle Präferenzen mitbringen, anstatt eines Konzils.
Und es ist eben dieser Fakt, dass die Entscheidung darüber, ob offizielle Produktionen und auch
Fanproduktionen authentisch und kanonisch vertretbar sind, von einer Gemeinschaft von Fans mit
unterschiedlichsten Ansichten und Wünschen getroffen wird, welcher von größtem Interesse ist.
Der Fan ist sowohl die interpretative Instanz, als auch die produktive. Zwar kann nun durch das
Verstehen des Kollektiven als intelligente Entität der Versuch einer direkten Verbindung mit dem
„alten“ Kanon unternommen werden, doch kann das individuelle Fanempfinden zu Gunsten dieser
geschlagenen Brücke nicht einfach hintenangestellt werden.
Mit jedem von offizieller Seite, oder von einem Fan erstellten Text, jedem Bild und jeder Diskussion wird dem fließenden Kanon Neues hinzugefügt; es handelt sich um einen stetigen Akt des
Modifizierens und Rekonstruierens. 21 Gleichsam sieht sich der Fan in der Position seine und andere
Erzeugnisse der Gemeinschaft mit dem Werk zu vergleichen und so, durch Kritiken, Qualität und
Wert neuer Beiträge in Distinktion zu dem vorhandenem Korpus zu beurteilen.
„[…][I]n addition to the supportive critique on writing and judgments on the creativity of individual
pieces, the community also assesses and scrutinizes the quality and value of contributions in terms
of their comparability with the established ‚canon‘.“ 22 Doch sowohl die eigentliche Produktion,
als auch das Wert­legen auf kanonische Genauigkeit geschieht im Rahmen der Fanaktivität auf
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
freiwilliger Basis. Dank seiner Autonomie steht es dem Fan frei sich losgelöst von allen Erwartungen auszudrücken. Die Souveränität wird ihm durch den Kanon nicht genommen: Die „Diskriminierung“, welche bei der Beurteilung dessen, ob etwas kanonisch ist oder nicht stattfindet, ist
keine auf Qualität ausgerichtete; die Kanontreue ist – anders als die Legitimation im archivarischen
Kontext – lediglich eine Wertung über die Nähe zum eigentlichen Werk, ist ein beschreibendes,
normatives Attribut; ein Sortierungsmechanismus. Anfang der 1970er, besonders aber mit dem
Aufkommen von „freieren“ Fan Fiction Schreibrichtungen, wie der des Crossovers, wurde der
Kanon als Qualitätsmaß überkommen. Die Qualitätskontrolle findet aufgrund der emotionalen Involvierung der Betrachter statt; deren individuelle Auffassungen lassen dann einen Diskurs in der
Fancommunity entstehen.
Das Entstehen des Kanons
Die Definition und der genaue Umriss des Kanons erfordert ein erhebliches Maß an Untersuchungen und dient zudem als weiterer Beweis für das Vorhandensein des „kollektiven Wissens“ in der
Fancommunity. 23
Beim Sammeln von Wissen und dem „Zusammenstückeln“ des Kanons verlassen sich Fans auf
Quellen, welche sie als vertrauenswürdig ansehen 24: Diese „Originalquellen“ schließen z. B. alles
ein, was von offizieller Seite an die Spieler herangetragen wird, also von den Spieleentwicklern,
der das Spiel vertreibenden Firma, oder renommierten Quellen wie Fachmagazinen. Doch auch
bei diesen offiziellen Inhalten urteilt die kollektive Intelligenz kritisch über neues Material, prüft
dieses bevor sie es annimmt oder ablehnt. Material, welches nicht mit dem existierenden Schema
vereinbar ist, wird von den Fans bzw. Spielern abgelehnt. 25
Die oben bereits erwähnte selbst gestellte Aufgabe, derer sich Fans und Spieler annehmen, ist das
kreative oder diskursive Füllen von Lücken im Kanon. Natürlich bereitet es auch Vergnügen auf
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Organisationsstrukturen, Archiv und Kanon
diese Art und Weise das eigene, intime Wissen über das diskursive Thema zum Ausdruck zu bringen. 26 Im Falle des blauen Rennigels „Sonic“, entbrannte z. B. eine ausufernde Diskussion darüber
warum der Serienteil „Sonic & Knuckles“ im fiktiven Universum „Mobius“ spielte, während die
Handlung von „Sonic Adventures“ auf der Erde stattfand. Ein Fan der Spieleserie stellte, im Umfeld
des „Sonic the Hedgehog Area 51“ Forums, Theorien auf und entwickelte eine Narrative, welche
die Reise des Igels von einem zum anderen Planeten erklärt. „Moreover, this gamer has put their
technical skills to work to produce their own game based on this theory to link the two canonical
titles and explain the anomaly.“ 27
Der Fan ist sich des Paratextes bewusst, welcher z. B. das Fanobjekt Videospiel umgibt und so
kommen auch Materialien außerhalb des eigentlichen Spieles zum Tragen (z. B. Spielanleitungen,
Werbeanzeigen, Hintergrundgeschichten und Interviews). Auch wird nicht nur der örtliche (Spiele-)Markt betrachtet: Weltweit wird nach Informationen gesucht. Gefundene Artikel werden durch
Übersetzung dem eigenen Sprachraum zugänglich gemacht.
Der Wunsch sich selbst bzw. sein Werk im Kanon zu verewigen ist eine treibende Kraft und jedes
Arbeiten mit dem Kanon und ebenso an diesem lässt den Fan eine besondere Verbundenheit mit
dem Spiel, oder gar dessen Schöpfern fühlen. 28 „To recuperate and fill in the gaps left in the canon,
to identify those that are genuine inconsistencies in the authorially authentic narrative and those
that are the products of poor or insensitive translation, then, is to protect the game and validate the
collective activity of the virtual community and is a personal act of identity management within
the group and a chance to superimpose oneself onto the text by joining the hallowed ranks of the
canonical author.“ 29
Der Kanon ist also der Schlüssel zum Verständnis von Fanproduktion, da er die Ressourcen stellt,
diese, sowie die Produktion selbst auf deren Legitimität prüft und die Grenzen für die Kreation
setzt. 30
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
Umgang mit kanonfremdem Material
Auch Materialien, welche sich nicht mit dem von Fans miterschlossenen und verwalteten Kanon
treffen, sind dennoch von Interesse und werden innerhalb der Communities rezipiert. Und jene Fanwerke, welche den Anspruch an kanonische Exaktheit nicht einmal zu erfüllen versuchen, binden
den Verfasser natürlich an keinerlei Legitimierungen, oder Regulierungen, sind freier und ungezwungener; eben darauf begründet sich der besondere Reiz ihrer Erstellung. 31
Wie viel Einfluss der von Fangemeinschaften geprägte Kanon tatsächlich auch außerhalb des Metiers der Fanproduktion hat, zeigt sich in der Betrachtung von Spieleserien. Nicht alle Teile einer Serie
werden von Fans ohne Hinterfragung, nur auf Basis deren offizieller Natur, als kanonisch korrekt
hingenommen: „Accordingly, as it is commonplace to find the development duties on a videogame
series shared out among different development teams or even different studios, we arrive at a situation where certain titles are considered canonical and others rejected to languish in the extended
universe that surrounds but is subordinate to the canon.“ 32 So kann es durchaus vorkommen, dass
der Kanon nicht jedes offizielle Produkt enthält. „However, while the fanfic writer or theoretician
may wish to join the canonical authors, there is an ambivalence here as there is also evidence of a
desire to validate the vision of […] [key developer (team)]. We might argue that to leave a narrative
inconsistency unexplained would be to admit the imperfection of the […] mythos.“ 33
Private Archive speisen das kollektive Wissen
Im Falle der historischen, open-ended Action Rollenspielserie „Mount&Blade“ der Entwicklerfirma
TaleWorlds findet eine besonders interessante Verschmelzung von (kleinen,) privaten, materiellen
Archiven statt, welche innerhalb der Fancommunity vollzogen wird, um eine historische, „kanonische“ Genauigkeit und einen hohen Anspruch an Authentizität zu erfüllen. Bei Mount&Blade handelt es sich um eines jener Spiele, welche – gewünscht vom Publisher – von einer eigenen, großen
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Organisationsstrukturen, Archiv und Kanon
Modszene umgeben sind und leben. Fans der Spieleserie arrangieren sich in Teams, um spezielle,
militärische Strukturen und Strategien, Rüstungen und Waffen zu bestimmten Zeiten nachzubilden
und erhalten Feedback, Kritik und Lob von anderen.
Im Forum des Entwicklers – welches zugleich auch Unterforen zu Mods enthält – finden immer
wieder hitzige Diskussionen statt, so z. B. geschehen, als der User Killjoy187 vorschlug in den
Mod „1257 AD“ zwei besondere Helme zu implementieren (Pig Face Bascinet Helm und einen
gotischen Ritterhelm). Er argumentierte wie folgt: „These are great helmets and would make a
wonderful addition. On another note I find much of the French / English armors are the same, nothing makes them different. I love the quality of the armors currently in game but it would be nice to
see a variety. I love the mod and hope you don’t see my comment in a negative way. I spend many
hours playing 1257AD, thank you.“ Der User Latinikon antwortete rasch und äußerst knapp mit den
Worten, dass diese Helme in einen Mod, welcher im Jahre 1257 verortet ist, sicherlich nicht hineinpassen und EdmundBlackadder führte diese Behauptung aus: „Nope. Hounskull is ca. 1355 to
early 1400s. Gothic sallet is from mid to late 1400s. Not only are the two helms out of each other’s
time frames, they are also way out of this mod’s time frame. 1257 is not just a number!“ 34 In diesem
Falle war die Diskussion schnell beendet, doch häufig finden sich Diskussionen, welche mehrere
Seiten füllen und in welchen „Beweise“ gefordert werden: Aktive Mitglieder scannen daher z. B.
sogar Fragmente aus Büchern ein, welche ihre privaten Archive beherbergen, um sie dem Kollektiv
zugänglich zu machen, um Aussagen zu fundieren, oder zu wiederlegen. Ebenso fließen natürlich
auch Meinungen zu Parametern des Spieles (z. B. den Grenzen der Engine) in diese Diskussionen
mit ein, z. B. wenn versucht wird ein möglichst realistisches Verhalten von Pfeilen im Spiel zu
kreieren. An Beispielen wie Mount&Blade wird die Bedeutung von Archiv und kanonischer Genauigkeit für den Fan deutlich.
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
Spiele und ihre Anregung zur Interaktion
Videospiele liefern komplexes und unterschiedlichstes Material, welches ihre Spieler zum kreativen, flexiblen und spielerischen Umgang mit diesem anregen kann. „Here, the ‘gameness’ of the
videogame, its interactive or experiential pleasures and qualities, its structures and formal design,
are of less significance than the potential of the narrative or aesthetics to be developed.“ 35
Die Arbeiten von Spielern und Spielefans spiegeln nicht nur das spielerische Potenzial des Mediums
Spiel selbst wieder, sondern auch den Fakt, dass das Vorhandensein dieses Potenzials größtenteils
erst zur Eigenproduktion ermächtigt. Demnach ist auch eine Betrachtung der Praktiken, welche das
Videospiel als „Maschine“ verstehen sehr fruchtbar. 36
Innerhalb der Grenzen der Spielekultur findet eine Vielzahl an Aktivitäten statt und so bietet das
Computer- und Videospiel Raum für eine Fülle unterschiedlicher Fanengagements und Interaktionen zwischen Spielern, Spielergruppen und Spiele rezipierenden Nichtspielern, sowie Technik­
begeisterten (Moddern, Entwicklern usw.). 37
Manche Fans oder Fangruppen finden Vergnügen daran die Wandelbarkeit des Spielsystems selbst
zu ergründen und für ihre Fanproduktionen zu nutzen, dessen Simulationsmodelle, Regeln und
performatives Potenzial zu ergründen, andere wiederum schöpfen gerne aus dem erzählerischen Potential – z. B. der im Spiel kreierten Umgebung, den Charakteren und der Handlung – um sich durch
dieses zu eigenen Kreationen inspirieren zu lassen. In der Tat kann sich der einzelne, schöpferische
Fan zwischen diesen unterschiedlichen Positionen und Beziehungen bewegen und seine Produktion
in Abhängigkeit zu diesen setzen, während er das Spiel spielt und mit dem Spiel spielt. 38
„The video game’s interactive nature [and the option to manipulate the medium] creates a different
relationship between consumers and producers, which requires the reconsideration of previous theories of fan cultures that were based on traditionally passive relationships to media (such as film
and TV).“ 39
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Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
Die Produktion
„If we understand the video game not merely as a medium of consumption but also as a means of
production, the communities it prompted – demoscene, mods, machinima – seem inevitable.“ 40 Hier
seien nun die gängigsten Formen der Fanproduktion, deren Unterschiede und Gemeinsamkeiten genannt. Produktion durch den Fan bewegt sich in vielen Fällen im Bereich der Rekontextualisierung,
der Remedialisierung, des Modding und des Remix. Fast alle Fanpraktiken bedienen sich der Taktik
im Spiel vorhandene Fragmente zu entleihen und diese zu bearbeiten.
Häufig in Fanproduktionen behandelte Themen
Charaktere aus Computer- und Videospielen halten in den Fanproduktionen Einzug: Sie sind Bezugspunkte und dies nicht nur auf Grund dessen, dass der Spieler sich ihnen durch die immersiven
Mechanismen des Spieles besonders verbunden fühlen kann und wiederum auch eine Identifikation
mit diesen sucht. „Watch children play games: they sway with the movement of the figures on
the screen and bounce with the action, totally engaged with the moment. […]We speak not just of
controlling the characters but of ‘owning’ the space of the game.“ 41 Der immersive Charakter des
Spieles (welcher in erster Linie aus dessen Interaktivität resultiert) 42 macht es viel einfacher sich
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Die Produktion
mit dessen Inhalten zu identifizieren und verleitet den Spieler dazu, die Spielewelt als eine zweite
„Realität“ wahrzunehmen. Je realer ein fiktives Fanobjekt zu sein scheint und je mehr Nähe und
Versenkung es dem Fan erlaubt, desto einfacher ist es in kreativen, transformativen Prozessen aufzugreifen. „Immersion is a metaphorical term derived from the physical experience of being submerged in water [...] the sensation of being surrounded by a completely other reality [...] that takes
over all our attention, our whole perceptual apperatus.“ 43
Natürlich spielen auch die bereits erwähnten psychologischen und mit Identifikation etc. verbundenen Emotionen hier eine Rolle. Der Charakter oder die virtuelle Welt können ein Ideal verkörpern
und die gedankliche Vertiefung darin / der praktische Umgang damit sind somit erfüllend.
Machinima
Im Bereich der sich auf digitale Spiele beziehenden Fanproduktion ist das Machinima die bedeutendste und am häufigsten gewählte Ausdrucksform.
Machinimas entsprangen direkt der Videospielekultur und prägen – mitunter dank zahlreicher
neuer und einfach bedienbarer Programme – die Landschaft der Fankreationen heute maßgeblich. Hierbei nehmen sie aktuell variable Gestalten an, treten als veränderte oder neuinterpretierte
spieleigene Animationen, Speed Runs etc. in Erscheinung. 44 Die Betrachtung der sich entwickelnden „Machinimakultur“ brachte interessante neue Ansatzpunkte für allgemeine Forschung am
Fan mit sich, da diese Domäne – im Gegensatz zum weiblich dominierten Fan-Fiction-Bereich –
anfangs überwiegend von Männern beherrscht war. Zudem fügten Machinimas dem Gros der
Fanproduktion einen völlig neuen Aspekt hinzu, da das Medium selbst zu deren Erstellung dient.
Dadurch sind sie nicht einfach mit anderen Fanprodukten zu vergleichen.
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
Von der Programmierkenntnis zum vom Hersteller gegebenen Tool
Aber was genau versteht man unter Machinima? Diese Frage stellt sich auch Robert Jones in seinem
Essay „From Shooting Monsters to Shooting Movies / Machinima and the Transformative Play of
Video“: „Is it filmmaking? Animation? Gaming? Or just the latest form of fan-produced media that
owes its roots to fan fiction and resembles the more recent films?“ 45
Die gängigste Meinung ist die, dass Machinimas eine Form des Filmemachens darstellen, bzw. eine
Form der 3D Animation. Im Kern jedoch trägt das Machinima eine Manipulation der VideospieleEngine: Es wird ins Herz der Spielesoftware vorgedrungen und auf den Teil zugegriffen, welcher
die Entwickler befähigt Umgebungen, Charaktere und deren Bewegungen zu steuern. Demnach
kann man diese Form von Animationsfilm ohne jegliche, direkt auf Film-Animation bezogenen Fähigkeiten erstellen. 46 Stattdessen war anfänglich fundiertes, programmiertechnisches Wissen Voraussetzung zur Erstellung von Machinimas; daher rührte auch der Status als Männerdomäne. Die
Machinimas entwickelten sich bereits sehr früh durch die Hackinggewohnheiten bei Comodore64- und Amigaspielen, in welche Hacker als Intros bezeichnete Tags (später auch Demos genannt)
hineinprogrammierten. In Richtung der heute bekannten Machinimas entwickelten sich diese Demos, als sie eigene kleine narrative Strukturen ausbildeten. So legten diese gecodeten Tags den
Grundstein für die folgende Entwicklung und Hacker wurden zu Neue-Medien-Künstlern. 47
1993 erschien bei id Software das Spiel DOOM, welches nach diesem Prinzip nicht nur gespielt
werden, sondern mit welchem gespielt werden konnte. Der Quellcode des Spieles wurde vom Entwickler veröffentlicht und die Fanbase griff diesen auf, editierte und entwarf das Spiel immer wieder
neu. So erlangte das Spiel Unsterblichkeit im Internet – eine unbegrenzte Wiederspielbarkeit. 48
Mit dem Aufkommen von noch benutzerfreundlicheren Technologien, welche das Erstellen von
Machinimas, dank Benutzeroberfläche und Anleitungen leicht verständlich und zum Teil des Spie-
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Die Produktion
les selbst machten wurde ein wahrer Boom ausgelöst und auch weibliche Videospieler trauten sich
nun an ihre Erstellung. 49 Auch Videomitschnitte während des Spielens sind nun kein Ding des
Unmöglichen mehr: Speedruns etc. fordern andere Spieler heraus, wecken ein Verlangen danach,
durch Übung Meisterschaft im Spielen zu erlangen. 50 Nebst der Freude des Erfolges ein Spiel so
zu modden, dass dessen Inhalte weiterverwertbar gemacht werden, birgt die Erstellung von Machinima noch andere Reize. Sich vorhandene Animationen, Charaktermodelle etc. zugänglich zu
machen und diese zu nutzen, ist auch anderweitig von Interesse; immerhin befähigt dies dazu, ohne
den Einsatz eines riesigen Budgets, einer selbsterdachten Geschichte Ausdruckt zu verleihen. 51
„Diary of a Camper“ von „The Rangers“ zählt, wie Paul Marino (2004) anmerkt, heute als der erste
Machinima-Film. 52 „The Rangers“ steckten Spieler in die Rolle der Schauspieler, ein anderer fungierte als Kamera. Die first-person-Perspektive des Spielers ist in diesem Falle direkt vergleichbar
mit der eines Filmdirektors. Und obwohl das Endprodukt nicht die Form eines interaktiven Spieles
annimmt, so ist doch der Akt des Geschichtenerzählens, des Erstellens des Machinimas, ein spielerischer. 53
Modden heißt mit dem Medium selbst zu spielen
Mods zeigen eine der maßgeblichen Qualitäten des Videospieles als Medium auf: Das Medium
selbst bietet Angriffspunkte, kann verändert werden.
„The authorial shift that occurs between gamers and designers differentiates it from other traditional
media and thus positions the video game as an important site of investigation into fan cultures.“ 54
Robert Jones spricht in diesem Kontext von „transformative play“ und benutzt diesen aus der Gamedesigntheorie entliehenen Begriff, um den Akt der Regelwandlung, der Strukturänderung des
Spieles durch den Fan zu beschreiben, welcher diesem dazu dient, die eigenen Bedürfnisse zu
befriedigen und so einen ganz neuen Blick auf das Beziehungsdreieck Konsument – Produzent –
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
Produkt zu erlauben. 55 „[…][T]ransformative play insists that cultural production is an ongoing
organic process that ebbs and flows between producers and consumers […].“ 56
Wenn Fans Mods für Spiele erstellen, dann wandelt sich nicht nur ihre eigene Rezeption des Mediums, auch die anderer Spieler wird möglicherweise verändert. 57
Im Nexus des „transformative play“ kommt Jones auch auf den „magical circle“ zu sprechen, welcher ein tieferes Verständnis für die Beschaffenheit, die Regeln und Mechanismen des virtuellen
Spieles und die Chancen des „transformative play“ ermöglichen kann. Das Spielen eines Spieles
bedeutet für gewöhnlich das Eintreten in einen geschlossenen Kreis, in dem Regeln über die Gestalt
der „Umwelt“ entscheiden; Regeln, denen sich der Spieler unterordnet. Das Spiel als Regelsystem
ist ein geschlossenes System. Das Spiel, welches jedoch spielerisch verstanden und begangen wird,
kann die Form eines geschlossenen oder offenen Systems annehmen; und das Spiel als Kulturobjekt
befindet sich grundsätzlich in solch einem offenen System. 58 „The cultural meaning within a game
(inside the circle) is separate from the context (outside the circle) in which the game is situated.“ 59
id Software hat die Bedeutung des „transformative play“ erkannt: Es ermöglicht Spielern an der
Konstruktion immer größerer, komplexerer Spielesysteme teilzunehmen. Ihnen diese Chance zu
geben fordert zugleich eine gewisse Loyalität der eigenen Marke gegenüber. 60
„The player-as-producer paradigm goes beyond these acts of performance to the level of actually
changing the game (for example, the many mods produced for DOOM). Whereas in the performative model players are behaving as players, the role gets flipped in the latter model, where players
function as designers.“ 61 Ist das Öffnen des Systems für Eingriffe durch den engagierten Nutzer Teil
des Spieledesigns, so entwickelt sich eine Beziehung zwischen offiziellem Produzenten und Medienkonsumenten, welche anders geartet ist als üblich. Diese open-system-Spiele sind von solcher
Bedeutung, da sie den „magical circle“ mit Innovationen füttern. Dies gipfelt in einer Bereicherung
des kulturellen Produktionsfeldes und bietet neuen Formen des kreativen Ausdrucks Nährboden. 62
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Die Produktion
So markiert „Diary of a Camper“ einen Wendepunkt in der Geschichte des Mediums Videospiel
und definiert die Grenzen des Spielens (mit dem Spiel) neu.
„[…][T]he history of machinima is not the story of filmmaking innovators, but rather of gamers as
insatiable fans.“ 63
Fanfiction – Die Geschichte des Urvaters der Fanproduktion
Da die Geschichte der Fanfiction auch das Entstehen der modernen Medienfanbewegung ab den
späten 1960er Jahren beinhaltet, sollte besonderer Wert auf die geschichtliche Entwicklung gelegt
werden. Andere Ausdrucksformen (Fanart, Cosplay etc.) stehen der Fanliteratur natürlich in nichts
nach und werden gemeinhin als gleichwertig erachtet. Allerdings ermöglichte erst das Entstehen
der Fanliteratur-Szene die ausgeprägte Vernetzung von Fans im englischsprachigem Raum und
schließlich auch sprachenübergreifend.
Als Fanfictions bezeichnet man die Sparte von Literatur, welche gemeinhin von Fans verfasste,
schriftliche Werke beinhaltet, die auf einen oder mehrere Grundtexte Bezug nehmen. Der Ausdruck
„Fiction“ verweist auf den fiktiven Charakter der schriftlichen Erzeugnisse und grenzt diese somit
von Kritiken, Sachliteratur oder journalistischen Artikeln ab. Unter Umständen ist dies auch ein
Hinweis auf den literarischen Ausgangspunkt, da die Fanfiction der Moderne ihren Ursprung in der
Science-Fiction-Fanbewegung fand, welche ab den 1920ern Begriffe und Umgangsformen prägte,
die fortfolgend von der Szene verwendet wurden.
Auch die Vernetzung, die für Fankulturen so unerlässlich ist, fand in dieser Zeit statt. Anfangs wurde
Science-Fiction-Literatur maßgeblich über Magazine publiziert, die Kurzgeschichten und fortlaufende Serien veröffentlichten. 64 So auch dank des US-amerikanischen Magazins „Amazing Storys“
– herausgegeben von Hugo Gernsback –, welches es verstand auf demselben Wege wie später die
ersten Videospielemagazine ein Forum für Schreiber und Leser zu bieten und damit eine Commu-
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
nity auszubauen. Dieses interaktive Element ist der Ausgangspukt des modernen Fantums und seiner spezifischen Vernetzung, die später auf elektronische Medien übertragen und seitdem massiv
erweitert wurde.
Das erste von Fans für Fans produzierte Magazin wurde 1930 herausgegeben. „The Comet“ und
andere gleichartige Magazine sollten die Lücken füllen, welche die unregelmäßig erscheinenden,
professionellen Magazine nicht zu füllen vermochten. Dort wurden sowohl Debatten und Kommentare zu Science-Fiction-Literatur abgedruckt, als auch Neuigkeiten von Fanaktivitäten, Amateurgeschichten und Fan Art. 65
Der Übergang zum Medienfantum wurde durch „The Man from U.N.C.L.E.“, eine 1964 – 1968 in
den Vereinigten Staaten ausgestrahlte Fernsehserie, geschaffen. 1966 folgte die große Star TreckWelle. 66 Besonders Frauen – welche bis zu diesem Zeitpunkt zwar als Fans in der Szene vertreten,
jedoch in den Leserbriefrubriken weitestgehend inaktiv waren – fühlten sich von Star Treck zum
Schreiben angeregt. 67 Der Grund dafür wird von den Autoren des ab 1975 erscheinenden Fanmagazins „Star treck lives“ selbst angegeben: Diese Affinität sei im Aufbau der Serie selbst begründet.
„Star Treck did not keep its distance from emotion; did not deny close, warm human relationships
even among males; did not call for a stiff upper lip; did not deny the existence and importance of
sex; did not ban psychological action as a plot-moving force; did not deny the possibility of woman
who might be more than damsels.“ 68 Die Fan-Historikerin Mary Ellen Curtin kalkuliert, dass 1970,
83 Prozent der Star Treck Fan Fiktion von Frauen produziert wurden, drei Jahre später waren es
sogar 90 Prozent.
Die wichtigste Neuerung, die in diesen Jahren vorgenommen wurde, war in der Publikation „DoIt-Yourself Star Trek – The Fan Fiction“, welche 1975 erschien, zu erkennen: Die Einordung von
Werken in die Rubriken „science fiction story“ und „relationship story“. Erstere bezieht sich auf
eine Geschichte, die sich das Star Treck Universum zum Schauplatz macht und mit den von dort
89
90
Die Produktion
stammenden Parametern in schriftlicher Form eine zusätzliche Episode erzählt. Letztere beschäftigt sich mit den Charakteren, behandelt Beziehungen, die bereits vorhandenen sind, oder generiert
völlig neue. „Relationships storys“ wurden und werden wiederum in „buddy-storys“ und „slash fiktion“ unterteilt. Liegt der Hauptfokus der Geschichte auf der Freundschaft zwischen zwei Charakteren wird dies mit den beiden Initialen der Hauptcharaktere und einem verbindenden &-Zeichen
ersichtlich gemacht (so wird z.B. eine „buddy story“ mit Kirk und Spock als K&S gekennzeichnet).
1974 entstand die erste Fan Fiktion, die eine homoerotische Beziehung zwischen den Charakteren
Kirk und Spock darstellte. 69 Dieser Bereich der „relationship story“ wird auch „slash fiktion“ genannt und wie folgt abgekürzt K/S.
Erst ab den späten 1970ern konnte man, so Coppa, von einem richtigen Medienfantum sprechen, da
zu dieser Zeit auch Fans von Blockbustern und anderen TV-Serien auf den Geschmack des Schreibens kamen. Es wurde üblich auch Fanmagazine zu Fanobjekten jenseits der Science-Fiction-Szene
zu veröffentlichen. Somit war der Weg für die, Ende der 1980er aufkommenden, Crossovers geebnet. Im Cossover werden Charaktere und auch Welten verschiedener Serien, Bücher und Genres in
einer Geschichte miteinander verwoben.
Zu dieser Zeit verlagerte sich die Fankommunikation weg von Magazinen Schritt für Schritt hin
zur Internetkommunikation. Erst durch E-Mail-Listen, Usenet und später dann in Foren, Blogs und
Datenbanken.
Das verstärkte Aufkommen des Starfantums und das vermehrte Miteinbinden der Idole in Fan Fiction, welches bis dahin verpönt war, resultierte Ende der 1990er in der Formel: „Media fandom
may now be bigger, louder, less defined, and more exiting than it’s ever been. Arguably, this is
fandom’s postmodern moment, where the rules are ‘there ain’t no rules’ and traditions are made to
be broken.“ 70
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
Die aktuelle Fanproduktion im Bereich der Fan Fiction
Die Existenz der unzähligen Fan Fiction-Genres verheißt große Freiheit: Es ist dem Fan FictionSchreiber selbst überlassen, welche Aspekte einer vorhandenen Vorlage er bevorzugt und aufgereift
und welche er vernachlässigt, oder gänzlich ausklammert. Aus eben diesem Grunde versteht unter
anderem Burn das Verfassen von Fan Fiction als transformativen Prozess. 71
Die entwickelten und niedergeschriebenen Narrationen von Computer- und Videospielefans bedienen und orientieren sich, wie bereits verdeutlicht, an den unterschiedlichen Parametern, welche ihr
Fanobjekt, das Spiel, beinhaltet. Im Medium Spiel sind die sogenannten Cutscenes die stärksten
Narrationsträger und so könnte man durchaus vorschnell schlussfolgern: „[…] [F]anfic writers may
be seen to be responding less to a videogame and more to an animated movie.“ 72 Allerdings wird die
Bedeutung der Cutscene stets nur im Kontext des Spieles geformt: Elemente der Spielemechanik
beeinflussen das Bild, welches der Spieler sich von der jeweiligen Spielewelt, der Spielfigur(en)
und deren Bewohnern macht. So verraten das Auftreten und die Verwendung von Elementen wie
z. B. einem Magiesystem mehr, als auf Anhieb augenscheinlich ist. Spieler lernen also durch den
Umgang mit diesen Systemen und transformieren sie in literarische Narration. 73 So existiert unter
anderem auch Fanliteratur zu Spielen wie Tetris oder Pac Man – Spiele, die es nötig machen sich
mit dem eigentlichen Prozess des Spielens kreativ auseinanderzusetzen, da diese Spiele kaum offensichtlich narrative Elemente beinhalten.
Die Existenz von Webseiten wie FanFiction.net, sowie auch die Fan-Fiction-Bereiche auf vielen
spielebezogenen Seiten im Internet, verraten einiges über die Popularität der geschriebenen Fanproduktion. Diese Masse an Fan Fiction, fordert jedoch zugleich einen höheren Anspruch an die
Qualität der Fangeschichten, da Fangeschichten, die dem Anspruch der Community nicht genügen,
negative oder noch schlimmer gar keine Kritiken ernten. 74
91
92
Die Produktion
Die Community übernimmt vielseitige Rollen
Besonders im Bereich der Fan Fiction übernehmen engagierte Mitglieder der Communities eine
Vielzahl von Aufgaben, wovon die Qualitätskontrolle einen nicht unerheblichen Teil darstellt. Am
deutlichsten wird dieser Anspruch in Betrachtung des Phänomens „beta reading“: Eine der Community zugänglich gemachte Geschichte wird von deren Mitgliedern rezipiert und im Folgenden nicht
nur durch Kommentare etc. bewertet, sondern im Kollektiv überarbeitet. Die Beta Readers kann
man in den meisten Fällen als Koautoren bezeichnen, da sie nicht unwesentlich an Erarbeitung oder
Überarbeitung des Plots beteiligt sind. Sie korrigieren Rechtschreibfehler, helfen bei der Grammatik, zeigen kanonische Ungenauigkeiten auf und unternehmen den Versuch diese zu bereinigen.
Natürlich liegt im Einnehmen einer Mentoren-Rolle immer auch der Wunsch sich innerhalb der
Gruppe zu beweisen und zu etablieren. 75 Allerdings ist es innerhalb der Fan-Fiction-Communities
verpönt, wenn „beta readers“ sich selbst als Experten zu positionieren versuchen. Vielmehr sollten
sie umsichtig und entgegenkommend sein und andere von ihren literarischen Stärken profitieren
lassen, sich aber auch stets ihrer eigenen Schwächen bewusst sein. 76 Die Kommentare und Korrekturvorschläge sollten stets in höflicher Form vorgetragen werden und wenn möglich auch positive
Bestätigung und Lob enthalten. 77
Das hohe Maß an Kollaborationsbereitschaft, welches in Fan-Fiction-Communities eine große Rolle spielt, findet nicht nur durch beta reader ihren Ausdruck. Anmerkungen und Reviews sind es,
welche am deutlichsten machen, wie sehr das Werk eines einzelnen Autors in den Kontext der Gemeinschaft von Schreibern und Lesern eingebettet ist. „As the reviews are addressed directly to the
author, there is an immediacy and intimacy about the relationship that is fostered here. “ 78
Wer interessante Geschichten verfasst und postet, welche von der Gruppe positiv aufgefasst und
beworben werden, der kommt nicht selten zu einer eigenen Gruppe von Fans, welche seine Werke
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
regelmäßig rezipieren und wertschätzen. So wandelt sich das Publikum von einem ungreifbaren, nahezu imaginativen zu einem spezifischen, fassbaren, für welches gezielt produziert werden kann. 79
Die kollektive Intelligenz in Fan-Fiction-Communities wird so natürlich nicht nur im Verfassen
von Kommentaren sichtbar: Die Kollaborationen von Schreibern / Lesern hat direkten Einfluss auf
den eigentlichen Prozess des Produzierens. 80 nennt die Fan Fiction Communities deshalb „supportive environments“.
Auch von offizieller Seite wurde in den letzten Jahren der Wert von Fan-Fiction-Erzeugnissen
erkannt und immer mehr zu würdigen gewusst: So startete die Plattform „Halo Wars Heaven“
einen Wettbewerb und legte bei der Auswahl des Gewinners auf dieselben Kriterien wert, welche auch innerhalb der reinen Fan-Fiction-Communities zu beachten sind: Kreativer Umgang mit
dem vorhandenen Material, interessante Charakterausarbeitungen und kanonische Korrektheit.“ 81
„[F]anfics are […] rewarded but only within certain boundaries that are set out by agencies beyond
the control of fanfic writers.“ 82
Fanart
Der Begriff Fanart wird benutzt, um auf gezeichnete Werke zu verweisen, welche Fans eines Künstlers, eines Stars, eines Comics, Filmes oder Videospiels geschaffen haben. Am häufigsten werden
reale Persönlichkeiten und fiktive Charaktere dargestellt. Die Fanartpraxis basiert auf Imitation,
Abwandlung, Kombination und Erweiterung; Rekontextualisierung. Nicht immer, aber häufig,
handelt es sich bei Fanart um Kopien von vorhandenen Werken, z. B. offiziellen Manga-Bildern.
Dennoch finden sich oft Fanproduzenten, welche eine eigene Bildsprache, oder Handlungsstränge
erfinden.
Einen Charakter in einen neuen Kontext zu setzen, ihn z. B. in einer völlig ungewohnten Umgebung
darzustellen, ist auch im Nexus der Fanart eine gern angewandte Methode. „[…] [F]anart often
93
94
Die Produktion
serves as a means by which gamers may explore characters and game in more detail, bringing them
into a closer, more personalized relationship.“ 83
Fanart und Videospiel
Eine Charakteristik des Videospieles ist die Fähigkeit eine virtuelle Welt aus einer first-personPerspektive zu präsentieren, die es dem Spieler erlaubt, sich mit dem Hauptcharakter zu identifizieren. 84 Während es im Sprachgebrauch möglich ist diese Perspektive durch das Nutzen der Ich-Form
zu erzeugen, kann dies vom visuellen Bild nicht geleistet werden. 85 Vielmehr kann Fanart im Kontext der third-person-Perspektive, sozusagen als Draufsicht, verstanden werden.
Videospielfanart orientiert sich in einigen Punkten direkt am Stil der offiziellen Spieleart, bzw.
Concept Art, deren visuellen Stil, künstlerischen Anspruch und Designstandart. Es existiert ein
Wunsch „industrielles Niveau“ zu erreichen: 86 „[There exists] a serious interest in the craft of the
artist, a desire to penetrate the surface of the game and reach into the early stages of its production
and a desire to make an original contribution to the game world.“ 87
Demnach ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die Reproduktion offizieller Kunstwerke etabliert hat. Dieses Verarbeiten bereits vorhandener Bilder / Bildstücke dient der Verbesserung des
eigenen Könnens und des Umgangs mit den benutzten Werkzeugen.
Die Problematik des Imitierens
Doch in diesem Sachverhalt liegt eine Problematik: Viele Bilder sind lediglich Derivate und scheinbare Zeugen eines Mangels an Imagination. Die Bewunderung der künstlerischen Vorbilder (z. B.
Comiczeichner, Concept Artists) und das endlose Recycling von deren Arbeiten weist, so vermutet
Newman, auf die ungleiche Verteilung von Talenten in der Fanartgemeinschaft hin. 88
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
Das Fanartkollektiv
Auch die Produktion von Fanart findet zumeist im Community-Kontext statt: Häufig werden die
erzeugten Bilder an Fanklubs oder an offizielle Stellen (z. B. Stars, Entwicklerstudios) geschickt,
innerhalb der Fangemeinde oder speziellen Fanartcommunities „ausgetauscht“. Oft kommt es auch
zu Kollaborationen einzelner Fans bei der Erstellung von Bildern oder Comics.
Ebenso wird mit Tipps, Verbesserungsvorschlägen und Lob nicht gegeizt: „Here exhibitors are receiving direct and immediate reinforcement from an audience that is deeply entrenched in the visual
design of the game.“ 89 „[…] [G]roup advice and guidance encourage the gamer to see their creative
endeavors as works in progress rather than completed products.“ 90
Aber die Communities bieten noch mehr: Innerhalb der Videospielfanartcommunities bildet sich
ein Ort diskursiver Natur, welcher Raum lässt für das Behandeln von persönlichen oder gruppenspezifischen Thematiken. So entwickeln sich politische und radikale Kräfte; das Fanobjekt Videospiel lässt viel Platz für Diskurse z. B. über Heteronormativität im Spiel. 91
So stellt Nintendos Dauerrenner, die Mario-Reihe, Prinzessin Peach stets als schwache, zu rettende,
zarte Blüte dar. Die Antwort darauf waren Fanarts welche Peach als Kampfamazone zeigten. Eines
davon trug den Titel „Peach Warrior Princess“: „[…] [T]he artist behind ‘Peach Warrior Princess’
explains her intention and demonstrates both a clear awareness with the circulating discourses and
collective intelligence and a desire to engage with and change them […].“ 92
Computer- und Videospielmusik
Nebst den Fankonglomeraten, welche sich dem Erstellen von Machinima, Zeichnungen und Texten
verschrieben haben, ist auch die Präsenz einer Fangemeinde, welche Musik als kreatives Medium
verwendet, nicht zu leugnen. Erwähnenswert ist der Fakt, dass die musikalischen Fanproduktionen
stark von den Praktiken des Remix geprägt sind.
95
96
Die Produktion
Es dauerte eine Weile, aber Seiten wie z. B. PlayAsia.com haben den westlichen Markt vor einiger
Zeit auch für japanische Spielemusik noch weiter geöffnet und so wurde Videospielemusik rasant
zu einer wichtigen Komponente des Gesamtpaketes. Viele Zusammenschlüsse von Fans beschäftigen sich nun mit dem Organisieren und Archivieren spielebezogener Musikstücke; dieser Aufgabe
widmen sich Fans mit akribischer Genauigkeit und Ernsthaftigkeit. 93 „[…] [T]here is a nostalgic
pleasure in listening to the music, but the collection serves also as a focus around which the community can coalesce.“ 94
Es entwickelte sich eine Videospielmusikkultur, die ein breitgefächertes Spektrum von Aktivitäten
und Veranstaltungen mit sich brachte, inspiriert von und basierend auf Mechanismen der Reproduktion und Nachbearbeitung. 95 Das Improvisationstalent der Fanproduzenten befähigt diese, die
Musik aus dem Kontext des Videospieles zu heben und sie zu etwas Fließendem zu machen, das
sich in neue Kontexte einordnen lässt und neue Formen des Rezipierens zulässt. Remix und orchestrale Aufarbeitungen ermöglichen es Spielmusik losgelöst vom eigentlichen Spiel zu begreifen und
sie in einen künstlerischen Rahmen zu transferieren. 96
„[…] [T]he music comes under the control of the ReMixer who utilizes the craft and skills they
have acquired and honed within the community to rework them in their own image and for the
pleasure of the group.“ 97
Cosplay
Unter Cosplay (jap. kosupure) versteht man eine japanische Verkleidungspraktik, die in den Neunzigern auch in den USA und Europa Fuß fasste. In der Regel ziehen Cosplayer die Kostüme ihrer
Lieblingscharaktere aus Mangas, Animes oder auch Computer- und Videospielen heran, studieren
diese, nähen oder basteln sie in aufwändiger Handarbeit nach, um schließlich zu besonderen Anlässen (z. B. für Fotoshootings, Messen oder Conventions) in die Rolle des jeweiligen Charakters zu
Vom Fan zum Autor, zum Produzierenden
schlüpfen. James Newman beschreibt Cosplay als die „esoterischste“ Fanpraktik: Cosplayer sind
sofort als Fans zu identifizieren und werde auch am häufigsten mit dem „gefährlichen Fandom“ im
Sinne der Obsession in Verbindung gebracht. 98
Beim Cosplay steht handwerkliches Können im Mittelpunkt: Die Kostüme sind Aushängeschilder
der eigenen näherischen und gestalterischen Begabung. 99 „[U]nlike the punk youth using their body
as a political claim of their uniqueness, otaku cosplay makes their body into pure signifiers of playfulness, refuting a unified identity.“ 100
Cosplay und Videospiel passen zusammen
Instinktiv kann die Natur des Cosplay dazu verleiten, es als die perfekte Form der Identifikation mit
dem (Spiele-)Charakter, bzw. Fanobjekt anzunehmen: Die direkte Verkörperung der Charaktere
gibt dem Fan eine größere Intimität mit diesen, als z. B. Fanart sie aufgrund der perspektivischen
Transformation ermöglichen kann. 101 Videospiel und Cosplay weisen interessante Parallelen auf:
Cosplay geht Hand in Hand mit spielerischer Aktivität. Die klarste Parallele findet sich jedoch in
der Betrachtung des Produktes selbst; dem Kostüm: „Not only are videogames frequently a source
of inspiration, but as Fron et al. (2007) note, certain gaming activities play heavily on costuming.“ 102
So z. B. auch in Square Enixs Spieletitel „Final Fantasy X2“: Dort sind die kämpferischen Fähigkeiten der Charaktere direkt mit deren Outfits verbunden und dem Spieler wird die Aufgabe zuteil
diese unterschiedlichen Kostüme zu finden. In MMORPGs verweisen verschiedene Rüstungsteile
unter anderem auf den Status des Spielers und dessen Fortschritt in seiner Meisterschaft des Spieles.
Aber auch innerhalb der beliebten, wie Onlinespiele anmutenden Communities, machen Kleider
Leute: „The design and acquisition of virtual fashion is among the most popular activities in metaversetype social worlds, such as Second Life and There.com.“ 103
97
98
Die Produktion
Das perfekte Cosplay
Die Community bewertet vorgestellte Cosplaykostüme in erster Linie nach deren Authentizität. In
Foren finden sich zudem immer wieder Diskussionen über den idealen Körpertyp für die Verkörperung einzelner Figuren. Bilder des Charakters werden analysiert und kollektives Wissen daraus generiert. 104 Daraus entwickelt sich eine Problematik, welche Mitchel und Clarke bereits behandelten:
Cosplay und Vorlage sind von zweierlei, einander entgegengesetzten Formen von „Echtheit“. Der
Cosplayer versucht dem Originalcharakter so ähnlich wie möglich zu seien. Je „echter“ das Outfit
ist und je näher er in seiner Kostümierung an die Comic-, Film- oder Spielevorlage heranreicht, desto mehr fällt der Fakt auf, dass er eine reale Person ist. 105 Oft werden auch digitale Manipulationen
zur Regel. Eingesetzt, um die kreierten Kostüme ins rechte Licht zu rücken. Die Darstellung des
Kostüms liegt hierbei in der Hand des jeweiligen Schöpfers.
„However, not all cosplaying centers on direct comparison with the virtual original and the distinction between the ‘realness’ of the person and costume is not necessarily jarring.“ 106
Cosplay bietet die Möglichkeit die dargestellten Charaktere tieferer Untersuchung zu unterziehen,
sie außerhalb der Spielewelt zu betrachten und ihnen durch eben diese Darstellung mehr Leben
bzw. ein Leben fernab von Questen, Aufgaben und Kämpfen einzuhauchen. Auch Cosplay lebt
mitunter von dem Reiz einen Charakter aus dessen gewohnter Umgebung herauszunehmen und ihn
zu rekontextualisieren. 107
Cosplayszenerien verdeutlichen den Wunsch des Fans, dem Spielcharakter zu einem Privatleben zu
verhelfen. Diese Szenen sind sowohl Ausdruck des Wunsches des Cosplayers, sich die Charaktere
einzuverleiben, als auch die virtuelle Persönlichkeit in das reale Leben einbeziehen zu können. 108
„Importantly, the practice of cosplay is entertaining and meaningful both for the cosplayers engaged in the manufacture and performance of costume and vignettes and for their audience who are
treated to displays of inventiveness and ingenuity.“ 109
Der Fan als Produzent
1. Newman 2008, S. vii
2. vgl. ebd. S. vii sowie S. 14
3. ebd. S. vii
4. ebd. S. vii
5. vgl. Gilbert Seldes, The Seven Lively Arts, New
York 1924
6. Pierre Bourdieu: Distinction: a social Critique of
Taste, Cambridge, MA 1984, S. 33
7. Newman 2008, S. 14
8. ebd.
9. ebd. S. 35
Organisationsstrukturen, Archiv und Kanon
10. Jaques Derrida: Dem Archiv verschrieben. Eine
Freud’sche Impression, Berlin 1997, S. 9
11. ebd. S. 11
12. ebd.
13. ebd. S. 11 f
14. vgl. Henry Jenkins: Convergence Culture: Where
Old and New Media Collide, New York 2006, S. 4
15. Derrida 1997, S. 123
16. Abigale Derecho: „Archontic Literature. A Definition, a History, and Several Theories of Fan Fiction“,
in: Karen Hellekson / Kristina Busse (Hg.): Fan
Fiction and Fan Communities in the Age of the
Internet, 2001, S. 64
17. ebd. S. 61
18. ebd. S. 73
19. ebd. S. 70 ff
20. Derrida 1997, S. 73
21. vgl. Will Brooker: Using the Force. Community and
Star Wars Fans, New York 2002
22. Newman 2008, S. 59
23. vgl. ebd. S. 60
24. ebd. S. 61
25. ebd. S. 62
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
38.
39.
ebd.
ebd. S. 63
ebd. S. 64
ebd. S. 65
ebd.
Henry Jenkins: Convergence Culture. Where Old
and New Media Collide, New York 2006, S. 59
Newman 2008, S. 60
ebd. S. 64
http://forums.taleworlds.com/index.php/topic,
169881.msg4842822.html#msg4842822, Stand:
10.12.2011
Newman 2008, S. 15
ebd.
ebd. S. 17
ebd.
Robert Jones: „From Shooting Monsters to Shooting
Movies / Machinima and the Transformative Play of
Video Game Fan Culture“,
in: Karen Hellekson / Kristina Busse: Fan Fiction and
Fan Communities in the Age of the Internet, 2001,
S. 261
Die Produktion
40. ebd. S. 270
41. Jenkins 2007, S. 34
42. vgl. Manfred Brill: Virtuelle Realität – Informatik
im Fokus, Berlin 2009, S. 6 f
43. Janet H. Murray: Hamlet on the Holodeck, New
York 1999, S. 99
44. Jones 2001, S. 261
45. ebd. S. 262
46. ebd.
47. vgl. ebd. S. 265
48. vgl. ebd. S. 266
49. http://www.sim-movies.com, Stand: 01.06.2006
50. vgl. Jones 2001, S. 268
51. vgl. Matt Stagle: Software creates new genre. part
cinema, part video game, films made on PCs, Chicago Tribune, 9 (2) / 2002, S. 4
52. Paul Marion: 3D game-based filmmaking. The art of
machinima, Scottsdale 2004, AZ: Paraglyph
53. vgl. Jones 2001, S. 271
54. ebd. S. 266 ff
55. ebd. S. 261
56. ebd. S. 278
57. ebd. S. 268
58.
59.
60.
61.
62.
63.
64.
65.
66.
67.
68.
69.
70.
vgl. ebd. S. 272
ebd.
vgl. ebd. S. 273
Katie Salen / Eric Zimmerman: Rules of play. Game
design fundamentals, Cambridge, MA 2004, S. 76 ff
ebd. S. 544
Jones 2001, S. 277
vgl. Francesca Coppa: „A Brief History of Media
Fandom“, in: Karen Hellekson / Kristina Busse: Fan
Fiction and Fan Communities in the Age of the
Internet, 2001, S. 41
vgl. Frederik Pohl: „The publishing of science
fiction“, in: Reginald Bretnor (Hg.): Sience Fiction,
today and tomorrow, New York 1974
vgl. Coppa 2001, S. 43 ff
vgl. Justine Larbalestier: The battle of the sexes in
science fiction, Middeltown 2002
Coppa 2001, S. 45
ebd. S. 46 f
ebd. S. 57
71. vgl. A. Burn: „Reworking the Text. Online Fandom“, in: D. Carr / D. Buckingham / A. Burn / G.
Schott (Hg.): Computer Games. Text, Narrative and
Play, Cambridge 2006, S. 89
72. Newman 2008, S. 52
73. vgl. ebd. S. 53
74. vgl. ebd. S. 54
75. vgl. ebd. S. 56
76. vgl. ebd. S. 58
77. vgl. ebd. S. 55
78. ebd. S. 56
79. vgl. ebd. S. 56
80. vgl. ebd. S. 57 sowie Brooker 2002
81. vgl. Jenkins 2006, S. 59
82. ebd. S. 59
83. Newman 2008, S. 72
84. ebd. S. 72.
85. Burn 2006, S. 89
86. Newman 2008, S. 73
87. G. Schott and A. Burn: Fan-Art as a Function of
Agency in Oddworld Fan-Culture, in: A. Clarke
and G. Mitchell (eds): Videogames and Art, Bristol
2007, S. 247
88. Newman 2008, S. 74 f
89. ebd. S. 73
90. ebd. S. 74
91. ebd. S. 75
92. ebd. S. 75
93. ebd. S. 79 f
94. ebd. S. 81
95. ebd. S. 81
96. ebd. S. 82
97. ebd. S. 83
98. ebd. S. 83
99. ebd. S. 83
100.ebd. S. 83 f
101.ebd. S. 84
102.ebd. S. 84
103.J. Fron, T. Fullerton, J.F. Morie and C. Pearce: Playing Dress-Up. Costumes, Roleplay and Imagination,
Woman in Games, 19-21 April 2007, Wales 2007,
http://www.ludica.org.uk/LudicaWIG07.pdf
104.vgl. Newman 2008, S. 86
105.ebd. S. 87
106.Newman 2008, S. 87
107.ebd. S. 87
108.ebd. S. 88
109.ebd. S. 88
4. Alles eine Frage der Kommunikation
Alles eine Frage der Kommunikation 105
Wie Spielehersteller und Fans zueinander finden
Jenkins beschreibt in seinen Untersuchungen über Fernsehserienfans, dass Fandom eine Ausgangsbasis für Konsumenten-Aktivismus darstellt. Das Bestehen einer Fernsehserie ist zwangsläufig
auch an die Einschaltquoten der Zuschauer gebunden. Hat eine Serie eine große Fanbasis, dann
steht meist die Verteidigung der Serie auf der Agenda, wenn Vorsitzende des Senders die Serie
aufgrund zu niedriger Quoten streichen wollen. Jenkins Aussage geht sogar so weit, den Ursprungsgrund des Fantums zumindest zum Teil als Antwort gegenüber der relativen Machtlosigkeit des
Konsumenten im Bezug zu den Institutionen kultureller Produktion und Verwaltung zu sehen. 1 Zu
Zeitpunkt seiner Veröffentlichung trafen die meisten Petitionen oder Wünsche des Fanpublikums
bei den Sendern auf taube Ohren, da Fans lediglich als ein kleiner, nicht repräsentativer Teil des
Zielpublikums gesehen wurden, und deswegen nicht in Entscheidungen über den weiteren Programmverlauf oder Narrationsverlauf einbezogen wurden.
Das einstmals starre Verhältnis zwischen Medienkonsument und Medienproduzent hat sich verschoben. Obwohl die typische Konsumentenrolle in Bezug auf traditionelle Medienprodukte das
Paradigma der starren Konsumentenrolle unterstützt, haben Fankulturen – durch ihre aktive eigene, auf ihre kulturellen Lieblingsprodukte bezogenen Schaffensakte und ihr Prosumertum – es ins
106 Wie Spielehersteller und Fans zueinander finden
Wanken gebracht. Die Partizipation des Fans überschreitet den gewöhnlichen Konsum: Sie unterzieht das Fanobjekt einer Verwandlung. 2 Ebenso wie der Entwickler des Spieles, so produziert auch
der Fan; deshalb wird im Folgenden der Begriff „Produzent“ zu Beschreibung beider Fraktionen
genutzt; welche Partei gemeint ist ergibt sich jedoch stets aus dem Kontext.
Das Besondere am Videospiel und dessen „transformativ play“ ist, dass dieses Hand in Hand mit
dem Spielen des Spieles zu kommen scheint. Dies bewirkt, dass die Beziehung zwischen Konsumenten und Produzenten noch stärker neu konfiguriert wird, die „Kräfte“ neu umverteilt werden. 3
Die Fans erhalten durch ihre Eigenproduktion mehr Macht, um ihre eigenen Bedürfnisse zu Kommunizieren. „For Jenkins and De Certeau, the power that producers hold over consumers derives
from their exclusive access to the means of production. Therefore, the move that fans make from
being customers to producers (as is the case in fan fiction) represents an act of empowerment for
Jenkins. Hills points out that this may not be the case for De Certeau: ,It seems too rigid to deal
helpfully with any blurring of consumer and consumer-as-producer identities. De Certeau denies
the possibility that the consumer can occupy an official and production-based space (since spatialisation belongs to strategy, while ,tactical‘ consumption strays across the territory of the other
without marking any space or place of its own)‘.“ 4 Michel de Certeau versteht Alltagspraktiken
(die autonome Tätigkeit des Fans eingeschlossen) als Taktiken, anders als jenes Handeln, welches
er als Strategie bezeichnet: Ein Handeln, das mit Macht einhergeht und von einem vom jeweiligen
Akteur dominierten Ort ausgeht oder dort stattfindet. „Die wirkliche Ordnung der Dinge besteht in
diesen ,populären‘ Taktiken, die die Dinge zu ihren eigenen Zwecken umändern, ohne sich darüber
Illusionen zu machen, dass sich in Kürze etwas ändern wird.“ 5
Alles eine Frage der Kommunikation 107
Kommunikation vom Produzenten zum Fan
Produzenten haben den Wert des Fans erkannt, der über den Status des treuen Konsumenten hinausgeht. Aktuelle Trends wie z. B. auch das Crowdsourcing bedürfen engagierter Konsumenten.
Fans eignen sich tiefes Wissen über ihr Fanobjekt an, welches sich durchaus mit dem der eigentlichen Produzenten messen kann, was sich dieser zu Nutze machen kann. Allerdings setzt durch Prosuming und Fanproduktion das bereits erwähnte Verschieben der Machtstrukturen ein: „Consumers
becoming producers with large audiences may also draw the attention of the game designers.“ 6
Produzenten füttern ihre Prosumer und Fans mit Informationen und geben ihnen ein Forum in
welchem sie Lob und Kritik äußern können. Doch Spieleproduzenten gehen noch weiter, indem sie
gezielt Moddingtools, Leveldesigner etc. veröffentlichen: „The producers define the basic structure
of an object and release a few exhales as well as tools to allow the consumer to build their own
version, to be shared with other consumers.“ 7 Kritiker mögen behaupten, dass dies nur eine Marketingstrategie ist und ein falsches Gefühl von Autonomie im Spieler erwecken soll, um dessen
Wohlwollen und Anhängerschaft zu erreichen. Und dennoch kaufen Spieler zum Schluss doch
nur ein Produkt und spielen es. 8 Robert Jones sieht die Sache kritisch: „Video games represent
a multibillion-dollar industry, and the open-system games that allow for players to function as
producers have persisted only because they do not run contrary to the fiscal needs of the software
companies.“ 9
Doch nicht alles was den Publisher bereichert, oder in dessen System passt ist automatisch schlecht
für den Fan: Im Folgenden finden sich nun interessante Beispiele vom cleveren, unterhaltsamen
Marketinggag bis hin zur Betrachtung einer Verkaufsplattform, welche zur selben Zeit auch noch
Community ist. Dies beweist, dass Kommunikation zwischen Fan und Entwickler – und deren
gegenseitige Bereicherung – tatsächlich funktionieren kann, auch wenn eine der Parteien einem
ökonomischen Druck unterliegt.
108 Wie Spielehersteller und Fans zueinander finden
Die Real World Quest von Bethesda
Im Februar 2011 veröffentlichte die Spieleentwicklerfirma Bethesda Softworks LLC, bekannt für
Erfolgstitel wie Fallout 3, Fallout New Vegas, Rage und die beliebten The-Elder-Scroll-Reihe,
einen ungewöhnlichen Aufruf in ihrem Blog: Gezielt wurden passionierte The-Elder-Scroll-Fans
dazu aufgefordert an einer speziellen „Marketingkampagne“ teilzunehmen und zum Veröffentlichungsdatum des neuen Titels „The Elder Scrolls: Skyrim“ am 11.11.2011 ihren potenziellen
Nachwuchs mit dem Namen des Hauptcharakters (Dovahkiin) zu „segnen“.
Bereits 2002 hatte ein ähnlicher PR-Streich der Spielefirma Acclaim Entertainment Inc. in den
USA für Aufmerksamkeit gesorgt: „ Knowing how hard it is for parents to decide on a strong name
for their child, we thought of an innovative way to solve this dilemma and help jump start their savings for the future, said Tom Bass, Senior Brand Manager at Acclaim. While names like Michael
and Hannah are very popular, they hardly instill fear in the hearts of playground bullies and closet
monsters, and weʼre thrilled to give one lucky child the bold power of the Turok name. For the first
time, ,pushing your luck’ could mean $10,000!“ 10
Nun versuchte Bethesda ihr Glück mit der eigenen Real World Quest und veröffentlichte, am 18.
Februar 2011, folgenden, partiell auch etwas zynischen Blogeintrag:
Ladies and Gentlemen, Start Your Creation Engines
Update: If anyone is seriously considering this, we’ve got a few ideas in mind for a collection
of quest rewards. How’s this for a shower gift: a Steam key that will grant you, and presumably
Dovahkiin him / herself, every ZeniMax / Bethesda game — past, present and future — for life.
Once your child eventually achieves cognition — and grows old enough to play intense video
games — we think it will agree that this key blows away a pink pleated onesie. As for the rest
of the loot, we’ll leave it as a surprise.
Alles eine Frage der Kommunikation 109
Original story: Our man Pete Hines sends word that today, February 18, is the ideal time to
conceive if you’re looking to roll a new character / child on Skyrim Day — 11/11/11. Just how
exactly he learned this is worth pondering, but we’ll take him at his word for the sake of amusing science.
So, think you have the stat points in you to produce the perfect eight pound dragon-slayer? Like
the wizened wizard he is, Pete is throwing down with a casual quest, offering up an unknown
reward to any couple adventurous enough to name their 11/11/11-born child “Dovahkiin.“
While it may be difficult to play Skyrim from the hospital, just think of how many late nights
you’ll have to lull your little Dragonborn with Jeremy Soule’s soothing music.
And with that, we have possibly doomed a child. I’d say this calls for a hefty disclaimer.
Disclaimer: Any reward for completing this quest will not ultimately justify the potential teasing your child could — and probably will — endure over its lifespan. Bethesda Softworks is
not responsible for your parenting. You may gain experience points for completing this quest,
but you will not care at 3am on a work night. Completion of this quest may also result in decreased desire to play video games and / or function as a human being. Consult with your friends
before embarking on this quest; while it may not start in prison, it probably ends there.“ 11
Die Reaktionen sind nicht durchgängig positiv – Patty z. B. schrieb am 25. Juli 2011 folgenden
Kommentar unter den Blogeintrag von Bethesda: „my son in law is really considering this, my
daughter is due (with my FIRST grandchild) on 11/11/11, my question how do i find the person
responsible for this stupid idea so I CAN KICK THEIR ASS“ 12 – aber das Ziel “Skyrim“ in aller
Munde zu bringen und die Fans mit Originalität zu überraschen wurde sicherlich erreicht.
Gar nicht so abwegig, dass einige „The Elder Scroll“ Fans mit bereits vorhandenem Kinderwunsch
dieses Angebot zumindest einmal überdachten, zumindest wenn man bedenkt, dass in Amerika vier
110 Wie Spielehersteller und Fans zueinander finden
Kinder Dank des Fantums der Eltern, sogar ohne ausgeschriebenen Wettbewerb, den Namen des
Sportnetzwerkes ESPN tragen. 13 Der Wunsch des Fans nach einer tieferen Verbindung mit dem
Fanobjekt und einem Eingehen in die Annalen der Fanwelt lässt Aktionen wie diese auf, im wahrsten Sinne des Wortes, fruchtbaren Boden fallen.
Am 16. November 2011 gab Bethesda bekannt in einem neuen Blogpost bekannt, dass Megan und
Eric Kellermeyer die gestellte Queste erfüllt haben und am 11.11.2011 um 18:08 Uhr ihr Sohn Dovahkiin Tom das Licht der Welt erblickt hatte. „Be it the real world or the game worlds we create,
we wish young Dovahkiin the best in all his adventures. And if Alduin ever reaches this realm, we’ll
be in touch.“ 14
Almighty Wanderers of the Zone
Bei S.T.A.L.K.E.R. handelt es sich um eine „Survival FPS / RPG“ Serie, entwickelt von GSC Game
World, welche in der radioaktiven Zone um Tschernobyl spielt und sich aktuell einer äußerst aktiven Fanbase erfreut. Der Entwickler trägt dem Rechnung, indem er zum einen durch intensives
Communitymanagement, zum anderen durch interessante Aktionen, potenzielle Fans in den Prozess der Spieleentwicklung integrieren.
Wie die S.t.a.l.k.e.r. in der Zone zu erreichen sind
GSC Game World betreibt neben der eigentlichen Firmenwebsite auch für jeden Spieletitel eine
eigene, mit Informationen gefütterte Website und ein Webportal für Fans des Developers und Publishers selbst (http://gsc-fan.com/), auf der sich eine Vielzahl interessanter Interviews und Neuigkeiten befinden. Im Januar 2011 weitete GSC Game World die Fanverwaltung noch weiter aus und
machte sich die soziale Plattform Facebook zu Nutzen. Mit den Worten „S.t.a.l.k.e.r.s. of the world,
unite!“ luden sie Fans ihrer beliebtesten Spieleserie ein, sich dank Facebook global zu vernetzen
Alles eine Frage der Kommunikation 111
und auszutauschen: „S.T.A.L.K.E.R., without exaggeration, is popular not only in the former Soviet
Union, but also with players from all around the globe. The universe of S.T.A.L.K.E.R. attracts
more and more people internationally and the growth of interest in the mysterious Zone continues.
The Official S.T.A.L.K.E.R. community group on Facebook has initiated [a] collection of questions
to the Russian-speaking fans of S.T.A.L.K.E.R. You have a wonderful opportunity to look at the
S.T.A.L.K.E.R. universe through the eyes of game fans living in the ex-USSR part of the world,
where the project originated from. Post your questions in the Facebook group page, just make sure
they are written clearly and concisely. Try to come up with an interesting question, be inventive.
Have fun communicating with s.t.a.l.k.e.r.s all around the world! 15
Wenn Spieleentwickler ihre Fans mitdesignen lassen …
Bereits 2004 startete GSC Game World durch und setze die Strategie, den engagierten Konsumenten, ganz im Sinne des Crowdsourcings und des Prosumertums, mit in den Entwicklungsprozess einzubinden: Sie schrieben den sogenannten „Monster Ball“-Wettbewerb aus. Ziel war es ein
Monster zu Designen, welches ins Spielesetting passte. Das Monster, welches den ersten Platz
machte wurde ins Spiel implementiert. Diese Gelegenheit, S.T.A.L.K.E.R.-Geschichte zu schreiben
war Fanservice vom Feinsten.
Im Wikia lässt sich nachlesen, dass das Gewinnermonster, der „Snork“, ein pferdeartiges Mutantenwesen namens Tark aus dem Spiel verdrängte. 16
Derzeit befindet sich, nach der Veröffentlichung zählreicher Sequels, Teil 2 der S.T.A.L.K.E.R.
Reihe in Entwicklung; und wieder rief GSC Game World eingefleischte Spieler dazu auf sich
am Spieledesign zu beteiligen. „Wer schon immer mal an einem Computer- und Videospiel mitarbeiten wollte, bekommt nun die Chance dazu“, so der Catch Phrase eines Berichtes über die
Aktion. 17 Folgenden interessanten Wettbewerb hatte die Entwicklerfirma ausgeschrieben: Eine
112 Wie Spielehersteller und Fans zueinander finden
Jury, bestehend aus Projektmanager Ruslan Didenko, Spieleentwickler Andrey Verpakhovsky und
PR-Direktor Oleg Yavorsky suchte bis März 2011 das beste Design für eine spannende, atomar
verseuchte Queste; der Gewinnervorschlag wird mit großer Wahrscheinlichkeit ins endgültige Spiel
übernommen. 18
Auf Facebook startete kurze Zeit später zusätzlich ein „Gewinnspiel“. Nach der richtigen Beantwortung einer Frage (welche recht fundiertes Hintergrundwissen zu jüngeren Teilen der Serie
voraussetzt) und der Angabe eines Gewinngrundes haben S.T.A.L.K.E.R.-Fans hier die Chance
sich eine virtuelle Gastrolle in S.T.A.L.K.E.R. 2 zu sichern. 19
Die S.T.A.L.K.E.R. Fanbase
Die Idee sich Facebook zunutze zu machen, um global möglichst viele Fans zusammenzuführen und
diese dort, durch Aktionen wie z. B. den Daily Screenshot, oder In-Game-Videowettbewerbe, zum
aktiven Füllen des geschaffenen Platzes einzuladen, hat im Falle von S.T.A.L.K.E.R. wunderbar
funktioniert. Ein Fan mit Nicknamen Jason Archimedes Devlin hatte sogar sogenannte „Artefakte“
aus dem Spiel nachmodelliert, Gussformen erstellt und Dank der positiver Resonanz anderer Fans
beschlossen eine eigene Verlosungsaktion auf der Facebookseite von S.T.A.L.K.E.R. zu starten. 20
Das beeindruckendste S.T.A.L.K.E.R.-Fanprojekt jedoch ist der Fanfilm „Monolith Whisper“, welcher mit einer stolzen Laufzeit von über 60 Minuten und einem relativ professionellen, in jedem
Falle aber mit einem fesselnden Plot, und einem unnachahmlich detailverliebten und kanontreuen
Look daherkommt. Auf (http://www.monolithwhisper.tk/) ist er kostenfrei einzusehen.
Das Indigame Minecraft
Das Beta-Testen eines Spieles ist einer der letzten und auch entschiedensten Arbeitsschritte auf
dem Weg zu seiner Fertigstellung. Testing ist für gewöhnlich ein eigener Berufszweig innerhalb
Alles eine Frage der Kommunikation 113
der Spielbranche und ist mit bestimmten Anforderungen verknüpft, doch aktuell zeigt sich, dass die
Aufgaben des Beta-Testers immer häufiger von Videospielern und Spielefans übernommen wird.
So z. B. auch im Falle des Spieles „The Secret World“, welches aktuell an jene, welche sich einer
Onlineregistrierung unterziehen, Beta-Testing-Plätze verlost. 21
„Im Segment der Social-, Browser- und Clientgames mit Free2play-Modell gehört es seit rund drei
Jahren zum Standard, ein Programm auf den Markt zu bringen, sobald sich mit ihm Geld verdienen
lässt – sobald es also Spaß genug verspricht, um Spieler zu fesseln. Ein Strom von Updates führt
das Spiel dann aus der offenen Beta zur finalen Version, finanziert, getestet und viral beworben von
den Kunden.“ 22 Im Falle eines solchen Betareleases wird auch oft das Verfahren des „Softlaunches“
angewandt: Zu Beginn erhält nur ein bestimmter Nutzeranteil Zugriff auf das Spiel, so wird beispielsweise auch einer Masse an negativem Feedback vorgebeugt.
Dass die Veröffentlichung eines solchen, „unfertigen“ Spieles nach hinten losgehen kann, zeigt
sich auch am Beispiel von “Gothic 3“, welches zu Beginn als so fehlerbehaftete Version verkauft
wurde, dass es kaum spielbar war. PC-Games berichtete vor fünf Jahren über die Empörung der
Spieler: „Gothic 3 war 2006 die Rollenspielhoffnung schlechthin. Doch als das Spiel endlich erschien, schieden sich die Geister. Für manche war Gothic 3 ein spannendes Rollenspiel, andere
jedoch sahen darin lediglich ein Bug-Desaster. […] Gothic 3 vom Entwickler Piranha Bytes und
Publisher Jowood war eines der am meisten erwarteten Spiele des Jahres. Nicht nur in Deutschland
freuten sich Rollenspielfans und Abenteurer auf den dritten Teil der Gothic-Reihe. Als das Spiel
dann endlich erschien, war die Enttäuschung jedoch bei vielen Kritikern und Fans groß. Gothic 3
war enorm von Bugs geplagt und teilweise fast unspielbar. Mike Hoge, verantwortlicher Produzent
bei Piranha Bytes, fand dafür ein paar Jahre später deutliche Worte: ‚Dass Gothic 3 beim Release
unfertig war, ist scheiße. Dass sich die Leute darüber aufregen, ist berechtigt.‘ “ 23
114 Wie Spielehersteller und Fans zueinander finden
In mühevoller Kleinarbeit machten sich Fans der Spielereihe daran über mehrere Jahre hinweg so
gut wie alle Bugs auszubügeln. Diesem Einsatz ist es zu verdanken, dass Gothic 3 heute ein genießbares Spieleerlebnis bietet. „Der Publisher Jowood war später noch für Arcania: A Gothic Tale
verantwortlich. Nachdem das Rollenspiel sich nur ordentlich verkaufte, musste Jowood Insolvenz
anmelden.“ 24
In einem Interview mit PC Games äußerte Stefan Berger, Business Development Manager bei Jowood sich zur Insolvenz der Firma: „Letzten Endes war es der schlechte Verkauf der Titel. Dieser
schlechte Abverkauf kommt unter anderem natürlich auch von der Produktqualität, welche, das ist
auch kein Geheimnis, nicht immer den hohen intern gesetzten Maßstäben entsprach. Sind die Kunden zufrieden und ist die Nachfrage nach einem Titel hoch, passen auch die Zahlen. Dies war leider
bei unseren Titeln nicht immer der Fall. Hier müssen wir uns natürlich als erstes selbst an der Nase
nehmen. Da gibt es nichts zu beschönigen.“ 25
Es wird immer negativ aufgefasst, wenn Titel schlecht spielbar sind und Patches zu Behebung
von Störungen lange auf sich warten lassen. Im Falle des Spieles Minecraft war dessen früher Release jedoch Teil der Entwicklungsstrategie. Der schwedische unabhängige Programmierer Markus
Persson alias Notch gründete nach dem Anfangserfolg Minecrafts nach einem Jahr das Independentstudio Majang, welches heute neun Mitarbeiter beschäftigt. Das Spiel wurde im November
2011 veröffentlicht und hat bis zu diesem Zeitpunkt bereits über 33 Millionen US-Dollar Gewinn
abgeworfen.
Christian Schmidt, stellvertretender Cheffredakteur von GameStar stellt die Erfolgsgeschichte Minecrafts in seinem Artikel „Was man von Minecraft lernen kann“ sehr eindrücklich dar: „Minecraft
wendet dieses Prinzip des Pre-Releases an. Dies ist außergewöhnlich, da es sich nicht um ein servicegebundenes Spiel handelt, sondern ein Stand-Alone-Produkt ist. Es wird weder durch Mikropayment noch durch ein Abo bezahlt, sondern einmalig und es erschien bereits in der Pre-Alpha
Alles eine Frage der Kommunikation 115
(Infdev) Phase.“ 26 Dies wurde auch gut von der Spielergemeinde angenommen, da Notch für die
erste Version des Spieles nur fünf Euro verlangte. Die Fertigstellung des Spieles zog sich über fast
eineinhalb Jahre hinweg. In dieser Zeit hatte Persson die Gelegenheit Minecraft, während es bereits
gespielt wurde, Schritt für Schritt fertigzustellen. Der Kaufpreis stieg über diesen Zeitraum hinweg
hin und wieder in Fünferschritten an. Die finale Version ist nun für 20 Euro zu erstehen. Hatte man
das Spiel bereits gekauft, so wurde nach dem Upgrade auf die nächste Preisstufe keine Nachzahlung von den Nutzern verlangt. In diesem Falle wurden sie für ihre Mithilfe (z. B. das Melden von
Fehlern) mit dem niedrigeren Einstiegspreis entlohnt. Auch für den Entwickler lohnte sich dieses
Modell, da es ihm so möglich war ohne Publisher auszukommen.
Schmidt vermutet, dass sich dieses Prinzip früher oder später auch bei großen Titel durchsetzen
wird: „Das Intelligente an dieser Form von userfinanziertem Development ist, dass es den Zahler
nicht allein zum Käufer eines Produktes macht, sondern zum Teilinhaber an einem Entwicklungsprozess, einer Art Investor, der ein begründetes Interesse daran hat, das Wachstum des Spiels zu
verfolgen. Indem der Entwickler durch stete Spielerweiterung eine Dividende auf das angelegte
Kapital auszahlt, schafft er eine kontinuierliche positive Verstärkung der Kundenbindung. Theoretisch ließe sich der Zeitpunkt, ab dem die Spieler ins Boot geholt werden, noch früher ansetzen;
erste Experimente mit Crowdfundung im Indie-Bereich zeigen, dass man sogar für Konzepte schon
Kundengeld einsammeln kann.“ 27
Am Beispiel von Minecraft, welches keine Publishermaschinerie im Hintergrund hat, wird ersichtlich, welche immense Leistung die Fangemeinde aufbringt. „Die Community übernimmt für
Mojang die Dokumentation des Spieles (wie auf minecraftwiki.net) und das Marketing (nicht zuletzt auf Youtube). Aus der Community entsteht derzeit ein Dokumentarfilm über Minecraft (der
über Crowdfunding 210.000 Dollar Investmentkapital von 3.600 Förderern eingesammelt hat). Die
Community arbeitet mit, sie ist die wahre Outsourcing-Plattform. Sie übernimmt sogar die Weiter-
116 Wie Spielehersteller und Fans zueinander finden
entwicklung.“ 28 Das Spiel ist zudem wie für Modder gemacht, die Third-Party Anbindungen lassen
sich direkt im Spiel aktivieren und bieten Fans nicht nur die Möglichkeit etwas zum Spiel beizutragen, durch die Anbindung können sie auch gut gelungenen Mods verkaufen. Auf diese Weise
werden Fans zu Partnern.
Diese Fanengagement lässt Mindcraft wie ein Selbstläuferprojekt wirken, es ist aber falsch anzunehmen, dass keine Informationsverfütterung seitens des Entwicklers stattgefunden hat und auch
stattfinden musste: „Auch wenn Markus Persson kein Marketing im klassischen Sinn betreibt,
so ist er doch ein aktiver Kommunikator. Der stetige Strom an Neuigkeiten, Blog-Einträgen und
Twitter-Feeds, der durch ihn über Minecraft in die Welt hinausfließt, führt zu einer ebenso stetigen
Beschäftigung mit dem Spiel. Im Schnitt hat Notch in den letzten zwei Jahren einene Blogeintrag
und elf Tweets pro Tag abgefeuert. Was ursprünglich die Comunity betraf, erreicht längst auch
Fachmedien: Kaum eine Website, die nicht jedes größere Minecraft_Update sofort an ihren Leser
weiterfunkte. […] In ihrer Regelmäßigkeit, Offenheit und Personalisierung auf eine Schlüsselfigur
ist die Kommunikation von Markus Persson Vorbildlich genug, als dass sich auch erfahrene Firmen
eine Schreibe davon abschneiden können.“ 29
Zu seiner Kommunikationsweise mit Fans und Spielern sagt Persson selbst: „Ich kriege tatsächlich
zu viele Mails, um mir jede einzelne davon durchzulesen. Aber ich überfliege die Betreffzeilen
und schaue im Forum nach, welche Themen die Community gerade beschäftigen. Am Ende füge
ich dann das ein, was ich selbst sinnvoll finde […] Es kommt also nicht allein deswegen etwas ins
Spiel, weil es viele Leute gern sehen würden. […] Ich denke schon, dass diese Offenheit ziemlich
gut für PC- oder auch Mac-Spiele funktioniert. Du kannst täglich neue Dinge einfügen, patchen und
hast einen sehr direkten Draht zur Community, was gerade für kleinere Teams sehr wertvoll ist.
Die Fans sind dann viel enger mit dir und deinem Produkt verbunden, kennen dich und vertrauen
dir.“ 30
Alles eine Frage der Kommunikation 117
Des Weiteren bemerkt der Manager der Firma den Erfolg des Spieles betreffend: „[…] [D]er dritte
Punkt ist, eine sehr offene Kommunikation über die Entwicklung zu pflegen. Es geht um die vollständige Transparenz darüber, was man eigentlich alles macht. Denn die Menschen sind immer an
den Hintergründen zu etwas interessiert, das sie mögen. Dem Grundsatz der offenen Kommunikation folgen wir bis heute, das ist wie unsere DNA. Jeder kann jedem unserer Designer über Twitter
folgen und Details aus dessen Arbeit erfahren.“ 31
Der Marktplatz Steam im Zentrum sozialer Vernetzung
Vor der Zeit der industriellen Revolution traf sich das Folk auf dem Marktplatz. Hier galt es nicht
nur Besorgungen zu machen, sondern er war auch sozialer Treffpunkt. Interessanterweise ist der
heutige, digitale Marktplatz, oder die digitale Verkaufsplattform wieder an der Bildung sozialer
Netze interessiert. So auch die Plattform „Steam“, welche von ihrem Hersteller Valve als „groundbraking social entertainment platform“ betitelt wird. Valve umschreibt sein Projekt wie folgt:
„Steam is our direct pipeline to customers. It began as a little sleeper project — a handy tool to update Counter-Strike — and morphed pretty quickly into the world’s largest online gaming platform.
Steam guarantees instant access to more than 1,800 game titles and connects its 35 million active
users to each other — and to us. Through Steam, fans can easily buy, play, share, modify, and build
communities around Valve products as well as titles from other independent game studios. Steam
is available in 237 countries and 21 different languages.“ 32
Die Grundidee ist simpel: Die kostenlose Grundsoftware downloaden, installieren, einen passwortgeschützten Account einrichten und schon ist man mit von der Partie. Öffnet man Steam und wirft
einen ersten Blick auf dessen Interface, so ist die automatisch ablaufende Slideshow, welche neue
Spiele oder auch Aktionen präsentiert, das Erste was einem ins Auge fällt. Darunter befindet sich
118 Wie Spielehersteller und Fans zueinander finden
eine Masse an Titeln, samt übersichtlicher Preisangaben. Alles kann bequem mithilfe aller gängigen, online gebräuchlichen Zahlungsarten erstanden werden. Stöbern, kaufen, herunterladen, installieren, spielen. Aber wo ist die soziale Komponente zu finden? Einige Features begleiten einen
ganz beiläufig, wie z. B. eine Liste von Freunden, welche das Spiel für dessen Kauf man sich noch
nicht endgültig entschieden hat, bereits haben. Oder aber auch die Information „4 friends want this
game“ und darunter die Avatarbilder derer, die dieses Spiel auf ihre Wunschliste gesetzt haben.
Praktisch, denn so weiß man schon was man den betreffenden Personen schenken kann und ganz
nebenbei beschleicht einen der Gedanke: „Hey, wenn so viele das gut finden und auch schon jeweils 30 Stunden gespielt haben, (diese Information ist in den Spielerstatistiken zu finden), dann
kann es ja gar nicht so übel sein.“ Also wird noch einmal genauer nachgelesen um was es sich bei
dem betreffenden Titel eigentlich handelt und die Verkaufsseite des Spieles aufgerufen. Weitere
Verkaufsmechanismen, welche sich des Spielers als Prosumer bedienen, sind z. B. das Publizieren
von Screenshots, das Schreiben von Rezensionen und die Freundesliste, welche stets zeigt, was die
Freunde gerade spielen und zudem einen Chat zu bieten hat.
Doch die Plattform dient nicht nur der Vernetzung von Spielefans. Sie bietet auch Entwicklern
die Möglichkeit die Community zu erreichen und über Updates oder neue Releases zu informieren. Auch Rabatte und spezielle Marketingaktionen können vom Publisher eines Spieles initiiert
werden: Beispielsweise wurde zum Spiel „Saints Row: The Third“ noch vor dem Release die sogenannte „Initiation Station“ (ein Programm mit dem Spielecharaktere erstellt werden können) auf
Steam angeboten. „Create, share, and download the most outlandish characters you’ve ever seen,
then upload them for play in Saints Row: The Third. Inside every Sinner is a Saint.“ 33 Bereits 2005
hatte Aspyr Media Inc. dieses Prinzip des Fanservices und der Spielerakquise vorgemacht und mit
der Vorabveröffentlichung von „The Sims 2 Body Shop“ die Freude auf das Hauptspiel angeheizt
.
Alles eine Frage der Kommunikation 119
Ebenso können Publisher über Steam Mods und zusätzlicher Content (DLCs) zu ihren Spieletiteln
vertreiben; so kann man beispielsweise für Team Fortress (ein Valve-eigenes Spiel) Kleidungsstücke und Ausrüstung über einen speziellen Shop kaufen.
Und auch Angebote von Bastlern und Fans finden sich, allerdings nimmt Valve sich die Freiheit zu
bestimmen, was erlaubt ist und was nicht. Für Regelverstöße und Cheating innerhalb von OnlineMultiplayer-Spielen kann so z. B. jederzeit ein Bann ausgesprochen werden. Im schlimmsten Fall
wird man von den offiziellen Servern ausgeschlossen und muss sich unter Umständen alle bereits
erstanden Spiele mit einem neuen Account erneut zulegen.
Wie Spielehersteller und Fans zueinander finden
1.
2.
3.
4.
5.
vgl. Jenkins 1992, S. 278
vgl. Jones 2001, S. 264
vgl. ebd. S. 264
ebd. S. 267
Michel De Certeau: Kunst des Handelns, Berlin
1988, S. 73
6. Jones 2001, S. 277
7. Lev Manovich: The language of new media, Cambridge 2001, S. 245
8. Jones 2001, S. 273
9. ebd. S. 276
10. vgl. http://www.gaming-age.com/news/2002/8/2793, Stand: 07.11.2011
11. http://www.bethblog.com/index.php/2011/02/18/ladies-and-gentlemen-start-your-creation-engines/comment-page-4/#comment-203996, Stand: 07.11.2011
12. ebd.
13. vgl. http://nbcsports.msnbc.com/id/15168029/,
Stand: 07.11.2011
14. http://www.bethblog.com/2011/11/16/dragonborn/,
Stand: 5.12.2011
15. http://www.gsc-game.com/, Stand: 05.12.2011
16.
17. http://stalker.wikia.com/wiki/Tark, Stand:
08.11.2011
18. http://www.pcgames.de/Stalker-2-PC-231075/News/
Stalker-2-GSC-Gameworld-integriert-Quests-vonFans-ins-Spiel-jetzt-mitmachen-798930/, Stand:
06.11.2011
19. http://stalker.wikia.com/wiki/User_blog:SHIELD_
unit/STALKER_2_Quest_contest._Now_for_the_
English_community, Stand: 05.12.2011
20. https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbi
d=120452664676838&id=111521215540469, Stand:
06.12.2011
21. https://www.facebook.com/officialstalker/
posts/243529289035398, Stand:23.11.2011
22. http://www.thesecretworld.com/, Stand: 11.12.2011
23. Christian Schmidt: Eckige Erkenntnisse. Was man
von Minecraft lernen kann, in: Making Games Magazin Ausgabe 04.2011, S. 17
24. http://www.pcgames.de/Gothic-3-PC-53240/News/
Gothic-3-Release-Termin-bekanntgegeben-PC-Games-vor-5-Jahren-837599/ Stand 11.12.2011
25. ebd.
26. http://www.pcgames.de/JoWooD-Entertainment-AGFirma-15517/News/Jowood-Themenwoche-Tag-2Stefan-Berger-von-Jowood-Gibt-nichts-zu-beschoenigen-825382/ Stand 11.12.2011
27. Schmidt 2011, S. 17
28. ebd.
29. ebd. S. 18
30. ebd. S. 16 f
31. Markus Notch im Interview in: Kreativität trifft
Business. Im Gespräch mit Mojang, making games
Magazin, Ausgabe 04.2011, S. 21
32. Carl Manneh im Interview in: Kreativität trifft
Business. Im Gespräch mit Mojang, making games
Magazin, Ausgabe 04.2011, S. 26
33. http://valvesoftware.com/company/, Stand:
12.12.2011
34. http://store.steampowered.com/
app/55370/?snr=1_4_4__13, Stand: 07.11.2011
5. Fanchising
Fanchising 125
Wortdefinition und Umschreibung
Spieler spielen das Spiel, Fans benutzen es als Spielzeug. Durch seine Nutzung wird das Spiel
lebendig, erhält es seinen Sinn. Denn die Fertigstellung eines Produktes geschieht durch seine Nutzung; praktische und symbolische Bedeutung wird durch den Konsumenten generiert, der das Werk
interpretiert. 1 Und durch die Kommunikation des Spieles durch den Spieler wirkt es dann weit über
sich selbst hinaus ins Leben fernab der Konsole oder des PCs.
Mit der Unterstützung von engagierten Konsumenten, Fans und Prosumern, die ihre Begeisterung
für das Produkt anderen – im Sinne des viralen Marketings – kommunizieren und es für NichtSpieler greifbar machen, werden weit mehr als nur die benötigten Verkaufszahlen erreicht um die
Kosten der Entwicklung zu decken. Nur über die erfolgreiche Fangenese wird der wahre Jackpot
für Entwicklerteam und Publisher geknackt: Durch positive Resonanz kann Bekanntheit erlangt
und der Spieletitel in den Kultstatus erhoben werden. Fans sind mächtig, das haben auch die Produzenten bereits erkannt. Doch der Fan hat das Potenzial noch mehr zu sein als eine, die offizielle
Produktion unterstützende Kraft und ein reflektierender Konsument.
126 Wortdefinition und Umschreibung
Fanchising beschreibt die Ermächtigung des Fans „Fanchising“ ist Transformation, radikale Öffnung von Eigentumsstrukturen und Produktionsmechanismen, die vom Fan ausgeht. So kann er unterschiedliche Rollen einnehmen: Die des selbstbemächtigen Produzenten eines Objektes, welches sich beispielsweise auf ein Spiel bezieht (z. B.
Fanart), oder des Koproduzenten, wenn er bei der Erstellung selbst hilft (z. B. Patches), oder auch
des Transformators, wenn er direkt in das Spiel eingreift (z. B. Modding).
Fanchising beschreibt im eigentlichen Sinne nicht den Fan als Konsumenten, sondern die (Selbst-)
Ermächtigung des (Spiele-) Fans und die daraus folgende Möglichkeit auch eigenständig (Spiele-)
Titel zu entwickeln.
Doch ist die heutige Struktur noch in alten Konventionen verhaftet. Deswegen sollen hier zwei
mögliche Formen des Fanchising präsentiert werden.
Das Fanchising im Kontext der herkömmlichen Produzenten-Konsumenten-Konstellation
Bewegen wir uns in den jetzigen Gefügen und damit im Nexus der üblichen Relation zwischen
Konsument und Produzent (bzw. Spieler / Spielefan und Entwickler) und versuchen in dieser Abhängigkeit eine Definition des Fanchisings auszumachen, so kann man darunter den Dienst am Fan
verstehen. Dieser Dienst steht im Zeichen einer gezielten, persönlichen, passionierten Ansprache
desselben; im Öffnen von kleinen, aber direkten, Verbindungen von Produzenten zum Fan und
vom Fan zum Produzenten, von Spieleparametern (das Spiel ausmachende Eigenschaften, dessen
Funktionalität, dessen Aussehen etc.) für den Spieler und die Fangemeinschaft.
Ein Produzent ist sich im besten Falle der Wichtigkeit seiner Fans (als weiterentwickelter Konsumenten) bewusst. Nicht nur aus „gutmenschlicher“ Sicht, auch ökonomisch ist der Wert des Fans
nicht zu unterschätzen, denn die Existenz einer Fangemeinde bietet z. B. gute Grundvoraussetzungen für Praktiken wie die des Crowdsourcings.
Fanchising 127
Der Fan ist für das Spiel im wahrsten Sinne des Wortes lebenserhaltend. Meist kümmert sich der
Publisher nur eine gewisse Zeit um den Spieletitel betreffende Webauftritte, oder darum, dass durch
Updates seine Spielbarkeit auch beim Umstieg auf weiterführenden Hardware und Softwareversionen gewährleistet bleibt. Besteht eine engagierte Fanbase, die sich selbst darum kümmert, bleibt
der Titel auch für folgende Generationen von Spielern noch zugänglich. In manchen Fällen wird
sogar die Grafik komplett verfeinert und an moderne Sehgewohnheiten angepasst (z.B. im Falle des
Valve Spieles „Half Life“). Die Inhalte der verschwundenen Websites sind häufig in Fanarchiven
noch Jahre später nachzulesen.
So sollte es also im Interesse des Produzenten liegen, die Fans seines Produktes glücklich zu
machen, sie dazu zu ermutigen ihre Leidenschaft mit anderen zu teilen und so vielleicht weitere
engagierte Konsumenten zu gewinnen.
Ein Motivationsproblem bzw. Mangel an Engagement kommt im Falle des Fans wohl kaum auf;
denn der Fan steht dem Fanobjekt (z. B. dem Spiel) mit seinem Menschsein gegenüber. Es besteht
sowohl eine starke, emotionale Bindung, als auch eine kritische und prüfende Distanz, welche das
Erfassen von feinen Nuancen innerhalb einzelner Spielelemente oder dem Spiel in seiner Gesamtheit möglich macht. Die Leseart ist wie bei Gegenständen der „Hochkultur“ auf Genauigkeit ausgelegt, stark analytisch und diskriminierend. Es werden nicht nur Spiele miteinander verglichen und
bestimmte Parameter beleuchtet, der wichtigste Bezugspunkt ist immer die eigene Identität: Man
fühlt sich als Fan immer selbst unmittelbar betroffen, engagiert und involviert.
Diese empfundene unmittelbare Betroffenheit sorgt für Engagement und Verbundenheit, die der
eines offiziellen Produzenten in ihrer Intensität in nichts nachsteht. Bald kennt der Fan das Spiel so
gut, dass er es als sein Spiel ansieht. Der Mehrwert, welchen der Fan aus seinem Einsatz zieht, ist
eine Multiplikation des Spaßes der aufkommt wenn das Spiel gespielt wird. In Fanproduktionen ist
128 Wortdefinition und Umschreibung
es vor allem möglich eigene Lieblingselemente gezielt und losgelöst von Ihrem Gesamtkontext zu verarbeiten, und auch für andere erfahrbar zu machen.
Um den Fan zu erreichen muss der Produzent sich dessen Bedürfnisse vor Augen führen. So kann
er gezielt auf die Wünsche des Fans reagieren: Das Sammeln, Teilen und Diskutieren von Informationen und Wissen rund um das von ihm erkorene Fanobjekt stellt für den Fan einen Lustgewinn
dar; und so ist die gängigste Methode den Fan glücklich zu stimmen die Fütterung der Fangemeinde
mit den ersehnten Informationen (z.B. durch Pressemitteilungen, Websites, Developer Blogs und
Interviews). Praktischerweise wird das gesamte von den Fans gesammelte Wissen von diesen, auch
auf eigene Faust, z.B. in Wikis sowohl archiviert und strukturiert, als auch weiterverbreitet.
Auch gängige Praktiken, wie die des Merchandisevertriebes, zielen auf den Fan ab. Es wird hier mit
dem Fantum und der Sammelwut des Fans (die sich auf alle Objekte, bzw. dem Spiel zugehörige
Sammelfiguren, Artbooks etc. erstreckt) effektiv finanzieller Gewinn gemacht. Doch zugleich liefern eben diese Produkte einen Mehrwert: Actionfiguren von Spielehelden und Antoganisten z.B.
enthalten die Möglichkeit den Akt des Spielens auch auf das „Außerhalb“ fern ab von Tastatur,
Gamepad und Spielewelt auszuweiten.
Da Fans häufig großen Spaß am Basteln und Selbsterstellen von spielbezogenen Inhalten haben,
kommt diesem Drang die Veröffentlichung von kostenlosen Merchandiseartikeln (z.B. Druckvorlagen für Papercrafts) entgegen. Derartige profitlose Gesten verdeutlichen dem Fan, dass er vom Publisher be- und geachtet wird. Desweiteren stärken Fanaktionen wie z.B. (kreative) Wettbewerbe
und Verlosungen, sowie Kontaktmöglichkeiten und die Pflege der Community das Band zwischen
Produzent und Fan. Fanchising 129
Die Wandlung der Hierarchie - der Fan als gleichberechtigter Produzent
Eine gänzliche Umwälzung der alten Rollenverteilung (Produzent – Konsument) ist nicht nur aufgrund des großen Einflusses der Fans auf die Rezeption eines Produktes denkbar, sondern eben
auch, da sich ihr Engagement in mannigfaltigen Formen der Produktion durch Fans zeigt. Sowohl
die offiziellen Entwickler, als auch die Fans vollziehen also den Akt des Produzierens. Zunächst ist es von Nutzen genauer zu beleuchten, warum der offizielle Produzent bzw. Spieleentwickler in seinem Dasein bestärkt und als „Autorität“ anerkannt wird: Das wichtigste Kriterium ist
das der Qualifikation seiner Mitarbeiter (z.B. das Studium / die Ausbildung als Designer, oder Programmierer etc.); doch auch Fans können dieselben Ausbildungen genossen, oder sich ihr Wissen
selbst angeeignet haben und damit im selben Maße zur Umsetzung eines Projektes befähigt sein,
wie die „Professionellen“. Fans bringen alles mit, was sie zur Eigenproduktion befähigt, besonders
dann, wenn sie sich in Gruppen organisieren.
Der große Unterschied zwischen Entwickler und Fan liegt tatsächlich in deren ökonomischem Hintergrund: Fanproduktion findet für gewöhnlich notgedrungen in der Freizeit des Fans stattfindet,
da dieser seinen Lebensunterhalt anderweitig zu bestreiten hat, und ist zudem von dessen persönlichem, (häufig geringem) finanziellen Input abhängig. Vermutlich besteht die Angst, dass ein
Mangel an Verwaltungsstrukturen innerhalb von Fancommunities eine zielorientierte Arbeitsweise nur bedingt erlaubt. Doch die Betrachtung der Verwaltungs- und Hierarchiestrukturen, welche
sich innerhalb der Fancommunities ausbilden, zeigen, dass diese Zweifel unbegründet sind. Auch
in Communities bilden sich Autoritäten heraus und werden anerkannt. Dies befähigt Zusammenschlüsse von Fans sogar große Projekte zu organisieren und zu bewältigen. 130 Wortdefinition und Umschreibung
Die Finanzierung ließe sich eventuell über eine Kombination moderner und konventioneller Vergütungsmethoden stemmen: Traditionell könnte die Fancommunity durch einen Publisher, Privatinvestoren, oder durch Förderung und Koproduktion mit anderen Entwicklern entlohnt werden. Doch
auch unter Einsatz des relativ jungen Systems des „Crowdfundings“ - des entlohnten Spendens
- ließe sich womöglich das nötige Kleingeld sammeln.
Die Bezahlung der Fanentwickler könnte dann im Sinne des „Micropayment“ erfolgen: Die Entlohnung des Einzelnen fällt entsprechend seiner tatsächlich erbrachten Leistung aus, sofern diese
ins Gesamtwerk einfließt. Die Zukunft wird zeigen, ob der Fan den Entwickler überflüssig macht, sich die jetzt noch vorhandenen Strukturen nur verflüssigen anstatt sich völlig aufzulösen, oder ob sie ihre Stabilität beibehalten.
Die Entwicklungen im Independentsektor haben jedoch gezeigt, dass für mutige Einzelpersonen,
als auch für Teams immer die Chance besteht einen Erfolgstitel zu produzieren und sich so auf
dem Markt zu behaupten. Das Entstehen kleiner Entwicklerteams bereichert die Spielewelt um
viele innovative Titel. Es bleibt zu hoffen, dass immer mehr Jungentwickler sich durch die Erfolge
der Independantstudios darin bestätigt sehen, innovative digitale Welten kreieren zu können. Nur
dadurch kann die Spielerschaft sich auch weiterhin der Herausforderung stellen neue Welten, neues
Leben und neue Zivilisationen (die nie ein Mensch zuvor gesehen hat) zu erkunden.
Wortdefinition und Umschreibung
1. De Certeau 1988, S. 34
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