Bei jeder Ausschreibung ist VoIP ein Thema
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Bei jeder Ausschreibung ist VoIP ein Thema
ITRESELLER «Bei jeder Ausschreibung ist VoIP ein Thema» 11. April 2005 - David Winn (Bild), bei Avaya-Tenovis für das Europa-Geschäft zuständig, schildert im Interview mit IT Reseller, wo der IP-Telefoniemarkt heute steht und wie Partner trotz der künftig sinkenden Hardware-Margen erfolgreich Geschäfte machen können. Als IT Reseller David Winn vor einem Jahr interviewte, sah seine Welt noch völlig anders aus. Damals war Winn noch CEO von Tenovis, einem zukunftsträchtigen Telefonieanbieter mit 5400 Beschäftigten und Niederlassungen in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und Spanien, der sich mit Börsenplänen trug. Im Oktober letzten Jahres übernahm dann der IP-Telefonieanbieter Avaya für insgesamt 635 Millionen Dollar das Unternehmen. David Winn ist nun für das Europageschäft des nunmehr grössten IP-Telefonieanbieters zuständig. Verändert hat sich zwischenzeitlich auch der Markt. Während vor einem Jahr noch alle davon sprachen, dass der IP-Telefoniemarkt viel Potential biete und bald anziehen werde, ist mittlerweile, zumindest laut den Aussagen von David Winn, die Nachfrage deutlich spürbar. Mehr Nachfrage bringt aber auch Probleme mit sich: Qualifizierte Vertriebspartner zu finden, die das Know-how haben, komplexe IP-Telefonielösungen zu installieren, ist schwierig. Und kundenseitig breiten sich Ängste aus vor der Verwundbarkeit der IP-Telefonie-Infrastruktur. Diese Herausforderungen zu bewältigen, ist keine einfache Aufgabe. IT Reseller: Zurzeit hört man von überall her, dass das Geschäft mit Voice over IP (VoIP) oder IP-Telefonie nun endlich in die Gänge komme. Wie nehmen Sie die Situation wahr? David Winn: Wir spüren tatsächlich eine starke Nachfrage. Der Wendepunkt ist erreicht. Bei jeder Ausschreibung ist VoIP mittlerweile ein Thema. In welchen Kundensegmenten ist diese Entwicklung vor allem zu spüren? Insbesondere bei den Grossunternehmen. Kommunikationsanlagen, die auf IP migrierbar sind, sind heute State-of-the-Art. Aber auch bei kleinen und mittleren Unternehmen steigert sich die Nachfrage zusehends. Avaya-Tenovis knöpft sich nun auch die mittelständischen Firmen als Kunden für ein gehostetes VoIP-Angebot vor. Nach welchen Partnern halten Sie Ausschau, um diese Angebote aufzubauen? In Deutschland sind wir bereits mit Hosted Services am Markt. Das Angebot beinhaltet neben Telefonie auch Breitbandzugang zum Internet und weitere Dienstleistungen. Wir können hier mit Telekomunternehmen zusammenarbeiten oder die Infrastruktur selber betreiben. Wären hier nicht auch Internet Service Provider ideale Partner? Ja, mit solchen Anbietern sind wir ebenfalls im Gespräch. Wir sprechen im Moment mit vielen verschiedenen möglichen Partnern. Ist es denn grundsätzlich ein Problem, qualifizierte Channel-Partner zu finden, die das Know-how haben,mit solch komplexen Systemen zu arbeiten? Das ist in der Tat nicht ganz einfach. Wir sind natürlich anspruchsvoll bei der Auswahl. Aber der indirekte Channel ist ein wichtiger Vertriebskanal bei Avaya-Tenovis für das Lösungsgeschäft. Wir operieren ja am Markt mit einem Vertriebssystem über mehrere Kanäle. Unser «Go-to-Market»-Modell umfasst neben einem Direktvertrieb auch Distributoren, Reseller, strategische und nationale Vertragspartner sowie Value Added Reseller. Es ist also schwierig, qualifizierte Partner zu finden. Verschärft der Konkurrenzkampf unter den Herstellern diese Situation? Für die Partner bedeutet die Zusammenarbeit mit einem Hersteller eine grosse Investition in die Schulung und die technischen Fähigkeiten. Deshalb wechseln die Partner nicht so schnell von einem zum anderen Anbieter. Welche Situation hat sich bei der Übernahme von Tenovis durch Avaya bei den Partnern ergeben? Unter den Partnern gab es sehr wenig Überschneidungen. Wo es solche gab, haben wir Anpassungen vorgenommen, was sehr reibungslos über die Bühne ging. Wie reagierten die Partner, als die Übernahme bekanntgegeben wurde? Unsere Partner äusserten sich positiv. Sie sind zufrieden, dass sie ihren Kunden nun noch mehr Produkte anbieten können und dass Avaya-Tenovis stärker am Markt auftreten kann. Zudem haben die Partner die Möglichkeit, mehr Marketing-Ressourcen einzusetzen. Trotzdem sorgt eine solche Übernahme auch für Verunsicherungen im Markt. Wie soll sich denn ein Partner Ihrer Meinung nach in diesem dynamischen Markt orientieren? Ich glaube, dass auch in den nächsten zwei bis drei Jahren grosse Veränderungen stattfinden werden. Die Entwicklung geht zusehends weg von der klassischen hin zur IP-Telefonie. Die Entscheidungen, wer mit wem in Zukunft zusammenarbeitet, ob die Partner sich auf Avaya, Alcatel, Siemens oder Cisco einlassen – diese Entscheidungen werden alle in den nächsten zwei bis drei Jahren getroffen. Deswegen ist es unheimlich wichtig, den Hersteller vorsichtig auszuwählen. Es wird Gewinner und Verlierer geben. Als Partner sollte man auf jeden Fall nicht nur aus historischen Gründen bei einem Hersteller bleiben. Die Installationskosten für einen IP-Anschluss werden in Zukunft erheblich günstiger werden. Was bedeutet das für den Markt und die Channel-Partner? Die Marge auf der Telefonie-Hardware wird immer geringer werden. Das war schon bei der IT so. Deshalb wird in Zukunft auch in diesem Geschäft die Marge bei den Services und den Lösungsangeboten noch viel wichtiger. Die Technologien für Konvergenz von Daten und Sprache sind komplex für den Kunden. Wer auf der Anbieterseite diese Komplexität beherrscht, wird in diesem Markt gewinnen. Wer die besten Lösungen zusammenbringen kann, wird Erfolg haben. Und das hat nicht so sehr mit den einzelnen Geräten, also der Hardware, zu tun. Vielmehr muss man den Überblick haben über Themen wie Mobilität, IT, Daten, Sicherheit, WLAN, Bluetooth und vor allem die Integration in die Prozesse des Kunden. Dann ist aufgrund dieser Entwicklung auch anzunehmen, dass bei den Systemintegratoren der Druck über die nächsten Jahre gewaltig zunehmen und es zu einer Konsolidierung kommen wird? Ja, das glaube ich auch. Aber die klassischen IT-Systemintegratoren beherrschen diese Komplexität bei der IP-Telefonie nicht. Niemand hat die Möglichkeit, alles zu tun, man muss sich auf etwas spezialisieren und den Rest mit Partnerschaften abdecken. Das Thema Sicherheit ist zurzeit ein Reizwort im Zusammenhang mit IP-Telefonie. Wie kann die Industrie Ihrer Meinung nach effizient auf dieses Problem reagieren? Der Sicherheitsaspekt muss ein integrierter Anteil von jeder Lösung sein. Das tun wir, und unsere Mitbewerber tun dies auch. Man darf kein IT-System einsetzen ohne tadellose Sicherheit, diese Maxime erstreckt sich auch auf die IP-Telefonie. Sie glauben nicht, dass diese Sicherheitsproblematik die Investitionen bei den Kunden bremsen wird? Richtig. Entscheidend und ausschlaggebend sind immer ausgeklügelte und ganzheitliche Kommunikationslösungen, inklusive einem massgeschneiderten Sicherheitskonzept. Das ist, was zählt. (Interview: map) Copyright by Swiss IT Media 2017