clip art beard
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ICON März 2014 ALLES ECHT Schau’n mer mal Z ugegeben, wir haben ein Faible für Fotografien wie oben. Sophia Loren in den Sechzigern aufgenommen vom legendären Terry O’Neill. Nicht, dass wir heute noch so leben möchten, und der Trend mit den weißen Seidenstrümpfen ist ja zum Glück auch vorbei. Du liebe Güte, fanden wir uns auch in den 80ern chic mit denen. Nudefarbene waren so was von spießig. Nun, Zeiten und Sichtweisen ändern sich. Aber so ein Kleid, die Juwelen, die Figur, der echte Busen, die Grandezza – manchmal kann man schon ein wenig sentimental werden. Aber dann schaut man aus dem Fenster und sieht: Es geht weiter. Immer wieder von Neuem. Und so haben wir es auch mit diesem Heft gehalten. Ein paar Juwelen, viel Wow! und ansonsten wie der Garten im Frühling: Man ist ganz überrascht, was da alles so herauskommt. Und deswegen finden Sie auch eine kleine Liebeserklärung an den Motorrad-Lifestyle. Das hätte ich mir auch nie träumen lassen, aber seit ich festgestellt habe, wie viel größer die Chance mit dem Moto-Taxi ist, noch rechtzeitig zum Pariser Flughafen zu kommen, musste ich meine Aversion überdenken. Ich werde sicher niemals zur Rockerbraut, aber das Schöne ist ja, siehe draußen, siehe oben, dass sich Lebensbilder immer wieder neu fügen. AUF DEM COVER: Nell trägt ein Kleid sowie Ringe von Chanel. High Heels von Gucci GERDA Non! Ich bin nicht die aus dem Zoo. Mit diesen Tieren hab’ ich nur eines gemein: Ich werde genauso oft fotografiert. Wie auch hier in ICON. Es liegt an meinem grazilen Gang, an diesem Wahnsinns-Hals! Und erst die Fellzeichnung: „Extraordinaire!“, sagen sie bei Louis Vuitton. Die haben mich für ihre Anzeigenkampagne gebucht. „Marvelous!“, hieß es bei „Harper’s Bazaar“. Richtig, die langbeinige Schönheit aus der britischen Märzausgabe, das bin ich! Nicht mal in die Maske musste ich, im Gegensatz zu den Damen, die sich mit mir auf die Fotos schmuggelten und dabei aus irgendeinem Grund Handtaschen umklammerten. Oder sonst irgendeinen komischen Aufzug zur Schau trugen. Manchmal imitierten sie gar mein Äußeres. Ist das nicht traurig? Sie finden, das kommt von oben herab, glauben, der Erfolg sei mir zu Kopf gestiegen? Na, hören Sie mal! Bis eine Giraffe Höhenflüge erleidet, kann es ziemlich dauern. Allein wegen der Physiognomie, die Sie ab Seite 48 bewundern können. COVER: WIEBKE BOSSE; DIESE SEITE: MARTIN U.K. LENGEMANN (2); GETTY IMAGES (2); THOMAS MEYER THOMAS MEYER Am ersten Tag ließ man ihn das Gelände fegen. So hatte sich Thomas Meyer seinen Zivildienst im Krankenhaus nicht vorgestellt. Er wollte dem Ganzen einen Sinn geben und trug fortan eine kleine Minox-Kamera bei sich. Mit den Aufnahmen bewarb er sich an der Kunsthochschule Bremen, wurde aufgenommen und spezialisierte sich dort auf Fotografie, widmete sich nach dem Abschluss dem Thema Kunst-Dokumentation, gewann einen Förderpreis und wurde später von der Berliner Agentur Ostkreuz aufgenommen. Heute liebt der 46-jährige Wahl-Berliner und Vater von drei Kindern die Porträtfotografie. Glück bedeutet für ihn auch, wenn man sein Hobby, in seinem Fall das Reisen, zum Beruf machen kann. Mit uns flog er auf den Spuren der Familie Missoni nach Italien. Und obwohl sein Rückflug gecancelt wurde, kam er doch beseelt zurück nach Haus. Schließlich gab es neben viel Lebensfreude auch noch eine Portion Risotto mit Pilzen. Seite 58 Wenn es das Wort juvenil nicht gäbe, für diesen Mann müsste man es erfinden. Wer ihn bei der „Welt“-Gruppe durch die Flure gehen sieht, der würde ihn für maximal Mitte 40 halten. Doch Thomas Delekat ist mit seinen 61 Jahren in Wahrheit viel erfahrener. Denn ja – dieser Mann hat die ganze Welt gesehen, und sein Blick aufs Geschehen war stets einzigartig. So einzigartig, dass er mit Preisen ausgezeichnet wurde und dass er für junge Kollegen immer ein guter Mentor war und ist. Vielleicht liegt das auch daran, dass Delekat als studierter Musiker ursprünglich gar nicht vom Schreiben kommt und deshalb nicht betriebsblind werden konnte. Für uns hat er über seine große Leidenschaft geschrieben: Wann immer er ein Motorrad sieht, möchte er sich am liebsten gleich draufsetzen und einfach drauflosknattern (Seite 42). Offenkundig hält das Hobby jung. Und im Frühling ist die Verlockung natürlich besonders groß. THOMAS DELEKAT IMPRESSUM ICON Redaktionsleitung: Inga Griese (verantwortlich) Textchef: Dr. Philip Cassier Redaktion: Caroline Börger, Nicola Erdmann, Silvia Ihring, Sarah Lehnert, Lisa Strunz, Mira Wiesinger. Mitarbeit: Julia Hackober Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver Artdirektorin: Barbara Krämer Gestaltung: Maria Christina Agerkop, Delia Bob, Katja Schroedter, Veronika Thele Fotoredaktion: Julia Sörgel; Elias Gröb Verlagsgeschäftsführung: Jan Bayer (Vorsitzender), Dr. Stephanie Caspar, Frank Mahlberg General Manager: Johannes Boege Gesamtanzeigenleitung: Stephan Madel; Anzeigen ICON: Roseline Nizet ([email protected]) Objektleitung: Carola Curio ([email protected]) Verlag: Axel Springer SE Repro: Druckvorstufe WELT GRUPPE Berlin Druck: Prinovis Ltd. & Co. KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf ICON ist ein Supplement der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 20. April 2014. Sie erreichen uns unter [email protected] Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit. 5 WIEBKE BOSSE (3) Abenddämmerung in Nairobi: Nell trägt ein Top von Michael Kors. Rock: Dries Van Noten. Rechts oben (im Uhrzeigersinn): Lederkleid von Akris. Daneben: Top und Hose von Kenzo. Darunter: Kleid von Chanel. Mehr Bilder unseres „Jenseits von Afrika“-Shootings, ja, wir fotografierten auch auf der Farm von Karen Blixen, finden Sie ab Seite 48 ICON AUSGEWÄHLT 10 STILISTEN U NTER SICH Worüber sie sich dieses Mal unterhalten? Na klar, über Schmuck 20 DAS DOPPELTE FLOTTCH EN Huch ... Icona hat nun eine Zwillingsschwester namens Ilona. Und beide lieben’s grün PREZIOSEN 22 30 L’âme du voyage. Laden Sie die Louis Vuitton pass app herunter um exklusive Inhalte zu entdecken. 31 34 AU F DER SUCHE NACH DER VERLORENEN ZEIT Hermès schenkt uns eine Stunde. Wie das funktioniert? Joern F. Kengelbach verrät uns das Geheimnis 35 SCH MU CK! Wie hätten S’ denn gerne? Diamanten in Schwarz, kunterbunt, pastellfarben oder in Tierform? Wir zeigen die aktuellen Trends EIN STARKES TEAM Wenn ein Ehepaar zusammen arbeitet, muss das nicht immer gut gehen. Bei Juwelier Cada in München hat’s geklappt BRASILIA AM ARM Oscar Niemeyer schätzt man für seine Bauten. H. Stern macht nun aus seinen Entwürfen Schmuck TICK, TACK, TREND Trends werden bloß auf Laufstegen gesetzt? Nö, der Uhrenmarkt hält Schritt MODE 32 TH E BLING IS BACK Es mal wieder so richtig krachen lassen? Ja, der Trend geht zum Bling-Bling Plus: die passenden Produkte ICON Und natürlich digital: Auf dem iPad in der WELT sowie online auf welt.de/icon MÄRZ 2014 38 KULTVERDACHT Isabel Marant macht es nun auch. Und da, wo die Sonne scheint. Nämlich Brillen mit Oliver Peoples aus Los Angeles 40 TOTAL (EHE)MANNZIPIERT Von wegen nur: Ist das nicht der Gatte von Stella McCartney? Alashdair Willis ist ein sehr Kreativer by own rights. Nun macht er sogar Hunter Laufsteg-fähig 42 VON MÄRZ BIS OKTOBER Sobald es schön wird, wollen Männer raus. Aufs Motorrad, natürlich. Thomas Delekat versteht das nur zu gut Plus: passende Mode für die Bikerbraut 44 KATE ’S STYLE Nein, nicht unsere britische Lieblingsprinzessin ist damit gemeint. Sondern La Moss. Und die wird schon wissen, warum sie für Matchless schwärmt 7 3 4 Man achte auf die Linie 2 1. Ring „Mikado“ von Lorenz Bäumer 2. Ohrstecker „Whistler“ von Nomades 3. Blitz-Ohrhänger von A.E. Köchert 4. Armband „Ancient Fish“ von H. Stern 5. Armreif aus der „Atlas“-Kollektion von Tiffany 6. Ring „Pyramid Double“ von Borgionis 1 6 5 ICON MÄRZ 2014 46 VIEL KU NTERBU NT 74 ICH SEH’ G RÜN Schönste und neueste Beautyprodukte in der Farbe der Hoffnung 48 AU F DER FARM IN AFRIKA 76 WELTMEISTERLICH Von Aachen in die Welt. Susanne Opalka erklärt das Phänomen der Babor-Ampulle 77 FABEL-HAFT In Island glaubt man noch an Elfen. Und auch an ein Anti-Aging-Serum mit magischen Kräften 78 DER NÄCHSTE COUP Nach „Flowerbomb“ nun „Bonbon“. Silke Bender traf Viktor & Rolf und Rolf & Victor in Paris. Lust auf Farbe? Dann schauen Sie sich diese Taschen mal an Hauptdarsteller des Shootings in Nairobi sollte die Mode sein. Die Nebendarsteller, die Giraffen, hätten ihr fast die Schau gestohlen 58 MISSION ZICKZACK Das Leben ist bunt. Und manchmal auch nur uni. Ein Hausbesuch bei den Missonis 62 DIE H Ü H NER U ND SIE Model Angela Lindvall kehrte dem eiligen Leben in L.A. den Rücken. Und nun? Ist sie eine kleine Farmerin – Silke Bender schaute sich das an KUNST & DESIGN 64 66 STICKKU NST IST COOL Noch einen Gobelin von Oma im Keller? Dann lesen Sie mal, was eine französische Künstlerin so alles daraus zaubert KRISTAL L KLAR Swarovski kann mehr als nur die kleinen Kristallfiguren. Andreas Tölke klärt auf So schön kann die Zeit vergehen: Ball Clock von Vitra. Gibt’s in unserem Onlineshop iconist.de 68 72 GESCHICHTEN NEUE G ELBSUCHT Gelb macht gute Laune. Das haben auch die Möbeldesigner erkannt 80 G LOBAL DIARY KOSMETIK 81 VILLA TASCA Richard Wagner vollendete seinen Parsifal in Sizilien. Andreas Tölke fuhr ihm nach 82 BAUPLAN Die Allzeit-Daunenjacke von Moncler FRÜ HLINGSSCHÖN Unsere Beauty-Stilisten verraten, wie die Haut fit für den Frühling wird Plus: rosa Produkte fürs Bad Dieses Mal geht’s nach Aserbaidschan und zum Tor der Deutschen Weinstraße 9 STILISTEN UNSERE STILISTEN PLAUDERN AUS DEM SCHMUCKKÄSTCHEN Karat marsch! IRVING PENN/CHRISTIES.COM Zum Ersten, zum Zweiten und zum ... Das Auktionshaus „Christie’s“ versteigert am 3. April über 200 Bilder von Künstlern wie Peter Beard, Richard Avedon oder Manuel Álvarez Bravo. Wir hätten da auch schon einen Favoriten, nämlich das Werk „Faucet Dripping Diamonds“ von Irving Penn aus dem Jahr 1963. Ein Wasserhahn also, aus dem Diamanten tröpfeln. Geniale Idee! Die Auktion findet unter dem Titel „Photographs“ in New York statt, alle Infos gibt es über christies.com. Heinrich Paravicini Geschäftsführer Mutabor Design in Hamburg 10 Zu meinem 18. Geburtstag kam auf einmal Schmuck in mein Leben. Er kam in Gestalt von zwei Objekten, die kaum gegensätzlicher sein konnten. Da war zum einen der Familien-Siegelring. Mein Vater, Historiker, sah und sieht sich als Bewahrer der Tradition – und jene besagt in unserer Familie, dass der Siegelring immer zur Volljährigkeit vom Vater an den erstgeborenen Sohn übergeben wird. So war es schon seit Generationen, und nun war ich an der Reihe. Zunächst wusste ich nichts damit anzufangen. Dazu muss man sich mich mit 18 Jahren vorstellen: Die Haare an den Seiten abrasiert, auf dem Kopf eine Psychobilly-Flat-Frisur in wechselnden Farben, die ich jeden Morgen mit Zuckerwasser in Form brachte, dazu dann Creepers und Harrington-Jacke, und ja, in einer Band spielte ich auch. So gesehen war ich zu der Zeit (1989) dem Thema Tradition etwas weniger zugewandt als mein Vater, es sei denn, es handelte sich um Rockabilly. Das führt zum zweiten Schmuckobjekt: Heute würde man es Piercing nennen, damals war es schlicht der Ohrring, den ich mir – nun, da ich volljährig war – endlich stechen lassen konnte. Sie ahnen es, das Thema Tradition in Gestalt meines Vaters wusste dies bis dahin erfolgreich zu verhindern. Da stand ich nun und beschloss, beide Insignien zu tragen, das Ohr-Piercing – ich wählte einen kleinen Totenkopf – und den Siegelring mit dem Wappen meiner Familie: ein im blauen Stein stehender Schwan mit ausgebreiteten Flügeln, gefasst in Weißgold. Ich fand das subversiv und außerdem sehr individuell – welcher meiner damaligen Kumpanen hatte schon einen Siegelring? Nasenring kann ja jeder. Mit der Zeit haben sich meine Schmuckvorlieben unisono mit meinem Musikgeschmack gewandelt und irgendwann blieb der Ohrring auf dem Nachttisch liegen. Das muss etwa um 1998 gewesen sein. Der Siegelring allerdings begleitet mich bis heute. Inzwischen bildet er mit dem Ehering, den ich an einer silbernen Kette um den Hals trage, ein tägliches Duo, ohne dass ich mich wirklich nackt fühlen würde. Aber eines Tages wird sich auch dieses Bild ändern, nämlich an dem Tag, an dem mein Sohn 18 wird. Ob und wie viele Piercings er dann hat, weiß ich heute nicht, bleibe aber völlig gelassen. ILLUSTRATION: PARAVICINI JUNKER-KACHEL UND TOTENKOPF BOUTIQUE BERLIN Kurfürstendamm 56 DIE SCHMUCKBEICHTE Mit meiner PR-Agentur betreue ich zwei der in meinen Augen schönsten Schmuckfirmen auf der ganzen Welt. Wie alle anderen wurden auch diese aus rein egoistischen Gründen zu Kunden gemacht. Und so trage ich heute eine ganz beachtliche Sammlung hochkarätigster Preziosen an meinem Körper, jedes einzelne Stück ein Karriere-Kapitel, jedes Stück hart erarbeitet und exakt so, wie ich es mir immer ge- Ala Zander wünscht habe. Und deshalb muss ich heute beichten. Ich Inhaberin der PR-Agentur muss etwas loswerden, was mir schon lange auf der Seele Stilart liegt: Lieber Papa, erinnerst Du Dich an die Ringe, die Du mir, an meinem 16. Geburtstag beginnend, jedes Jahr geschenkt hast? Vier waren es, alle aus Gold, alle mit einem Edelstein versehen, alle wertvoll – und aus meiner damaligen Sicht sehr spießig. Etwas für Mädchen, die HermèsSeidentücher zu Barbour-Jacken trugen. Damals bestand offenbar noch Hoffnung, aus mir würde ein braves und anständiges Mädchen werden. Damals erklärte ich Dir, dass Du diesen wertvollen Schmuck besser weiterhin bei Dir aufbewahrst, damit ich ihn nur ja nicht verliere. Das hatte seinen Grund. Denn als ich ihn Dir nach einem Familienfest dann mal nicht gleich zurückgab, war er innerhalb weniger Tage weg. Liegen gelassen in einem Solarium. Welch Klischee-Erfüllung! Wenn Du seit nun über 25 Jahren denkst, diese vier Ringe lägen wohlbehütet in Deiner Schmuck-Schublade – tun sie nicht Papa, sie sind weg. Schon lange. Jetzt ist es raus. Hiermit gestehe ich diesen unachtsamen und dummen Verlust offiziell ein und möchte zwei Dinge tun: mich dafür bedanken, dass Du mir schon so früh etwas sehr Wertvolles geschenkt hast, und mich entschuldigen, dass ich nicht reif genug war, das wertzuschätzen. Es tut mir sehr leid. Und nein, ins Solarium gehe ich auch schon lange nicht mehr, Papa. Versprochen. Seitdem Dries Van Noten 1986 sein eigenes Modelabel gegründet hat, zaubert er Jahr für Jahr magisch schöne Kollektionen. Woher er bisher seine Ideen nahm, zeigt der belgische Designer nun in seiner ersten Ausstellung „Inspirations“. Zwei Jahre suchte er alte Kollektionsteile, Filme, Bilder, Stoffe zusammen. Aber auch Werke anderer Designer und Künstler, die ihn beeinflusst haben, werden ausgestellt. Bis zum 31. August im Pariser Musée des Arts décoratifs. UND SONST NOCH KOOPERATION: Net-A-Porter und das Londoner V&A Museum haben im Rahmen der Ausstellung „The Glamour of Italian Fashion 1945 – 2014“ eine Schmuckkollektion entworfen. Ab 2. April über netaporter.com erhältlich. æ ACHTUNG, ACHTUNG: Das deutsche Label Achtland verlegt seinen Firmensitz nach London. Die Entwürfe von Thomas Bentz und Oliver Lühr findet man hierzulande natürlich trotzdem noch, zum Beispiel im Berliner Departmentstore Quartier 206. æ NEUANFANG: Pablo Coppola wird neuer Chefdesigner bei Bally. Der Argentinier war vorher Accessoire Director bei Tom Ford, entwarf außerdem für Alexander McQueen, Christian Dior, Burberry und Céline. 12 WANDUHR Blanca Bernheimer Galeristin in München Eine Uhr kann auch als Kunstwerk Wände schmücken. Nein, ich spreche nicht von Kuckucksuhren. Auf ganz besondere Weise nähert sich der Fotograf Gregor Törzs diesen Schmuckstücken. Er fotografiert Uhrwerke unter einem Zeiss-Mikroskop und erstellt von den Negativen Platinum-Palladium-Abzüge, für die er gewachste Papiernegative anstatt der üblichen Filmnegative benutzt. Das Wachs macht das Papier transparenter und somit leichter. Der Papierfilz arbeitet sich in die Fotografie mit ein und es entsteht eine ganz eigene Ästhetik, die eher an eine Radierung erinnert als an eine herkömmliche Schwarz-Weiß-Fotografie. Denn der in Berlin lebende Törzs liebt es, mit unseren Sehgewohnheiten zu spielen. JULIAN BAUMANN; GREGOR TÖRZS MUSEE DES ARTS DECORATIFS PARIS Auf dem Goldweg Horoskop de luxe. Die goldigen Ketten aus der „Tell me Dior“-Serie gibt es für jedes Sternzeichen. emporioarmaniswissmade.com - ARS 3004 Armbanduhr „Nantucket“ aus Silber, versilbertes Zifferblatt, Armband aus glattem Kalbsleder Informationen unter: Tel. 089/55 21 53-0 Hermes.com ORMOND GIGLI Schaufensterdamen TRENDBAROMETER VON WOLFGANG JOOP Herr Haka Was von der Mode übrig bleibt? Also von den ganzen Schauen in New York, London und Mailand und Paris? Jedenfalls, um es kurz zu machen, der Trend ist, sagen Trendsetter, wie gehabt, dass es keinen Trend gibt. Mit einer Ausnahme: dem Hang zu exzessiven Einzelteilen. Das Sweatshirt aus Nerz von Mary Katrantzou mit goldbesticktem Löwenkopf, natürlich aus royaler Stickerei, unter dem geht ja gar nichts mehr heute. Für Zigtausende Pfund! Halbschuhe nur noch mit Juwelen. Als gelte es, sich in dieser abstrusen Zeit nur an dem zu orientieren, was andere nicht haben. Ich habe in Los Angeles eine 6000-Dollar-Jacke von Haider Ackermann probiert. Ich sah aus wie Liberace. WEINKUNST „In der Schweiz ist übrigens alles schöner und besser“, behauptete einst der Schriftsteller Adolf Muschg. Klingt zwar ziemlich großspurig, ist dennoch nicht ganz verkehrt. Denn fragt man umher, welches Land auf der Welt schöner, besser, reicher, glücklicher, mondäner als die Schweiz ist, darf man verdächtig lange auf die Antwort warten (wie gut nur, dass Sylt kein Land ist). Und sogar Wein können sie mittlerweile – zwar nicht ganz so gut wie wir Deutschen, aber sie sind uns dicht auf den Fersen. Wahrscheinlich sagen die Österreicher so etwas von uns. Nun, die haben ja auch F.X. Pichler, der als das letzte noch lebende Genie unter seinen Gleichgesinnten gilt. Er hat den 2012er Sauvignon blanc „Federspiel“ geschaffen – einen Wein, der so opulent, dicht, aber trotzdem filigran und voller Schmelz ist, dass Herr Muschg noch einmal nachdenken müsste. Herbert Seckler Kultwirt vom Sylter „Sansibar“ Die Metamorphose eine Geschichte von Hermès VERTRAU! MIR! Hallo, Handwerk: Vacheron Constantin unterstützt die Ausstellung „Crafted: Makers of the Exceptional“. Vom 2. bis 5. April in der Royal Academy of Arts, London ELLIOTT MORGAN Frau Dob Das sieht eben nur cool aus, wenn du übersät wärst mit Tattoos, wie die Models bei der Ackermann-Schau. Wer will das? Wobei – hast du nicht erzählt, dein WunderkindLuxus beruhe auf der Widersprüchlichkeit des Dadaismus? Der unterwanderte, was als gesetzt galt? Das NerzSweatshirt, das man wohl kaum zum Sport trägt, erinnert doch sehr an die Pelztasse von Meret Oppenheim. Uns bleibt die Souveränität, alles Vorgeschlagene zu verneinen, und zu finden, was uns wirklich berührt. Als Ormond Gigli hörte, dass das Gebäude gegenüber seinem Fotostudio in New York abgerissen werden sollte, organisierte er innerhalb eines Tages noch schnell ein Shooting. 43 Damen in bunten Roben – darunter auch Giglis eigene Frau, zweite Etage ganz rechts – kletterten in der Mittagspause der Abrissarbeiter über die alten Stufen und stellten sich in Position, während Gigli von seiner Feuertreppe aus per Megafon dirigierte. „Girls in the Windows“ von 1960 wurde das bekannteste Bild des Fotografen. Am 2. April wird es bei Sotheby’s in New York versteigert. Hairstylist zu sein ist meine große Leidenschaft. Und wenn mir selbst keine Ideen kommen, suche ich „extern“ danach. Bei anderen Leuten, im Internet, in Magazinen. Und natürlich in Australien, meiner Heimat. Ich möchte nicht gleich sein. Als ich 2003 in Paris meinen Salon eröffnet habe, wollte ich, dass es ein in jeder Hinsicht fantasievoller Ort wird. Deshalb haben wir zum Beispiel einen Vogel Strauß mitten in den Raum gestellt. Und ich konnte mir nichts Langweiligeres vorstellen, als dass wir alle das Gleiche, zum Beispiel eine Uniform tragen. Mein Team ist so bunt und international, wie es nur sein könnte. In den letzten Jahren hat sich die Mode- und Beautyindustrie durch das Internet extrem verändert. Seitdem man etwa Modenschauen live im Netz anschauen kann, weiß der Kunde viel genauer, wie er aussehen möchte. Und trotzdem: Die Haare gemacht zu bekommen bleibt eine sehr persönliche Angelegenheit. David Mallet Da kann manches auch nur ein Coiffeur in Paris Traum bleiben. DCM-VERLEIH Die süße Langeweile Jep Gambardella ist Journalist und lebt in Rom ein ausgelassenes Leben – mit rauschenden Partys, schönen Frauen, teuren Restaurantbesuchen. Bis er erfährt, dass seine erste große Liebe gestorben ist und er plötzlich eine große Leere in sich spürt. „La Grande Bellezza“ von Paolo Sorrentino bekam gerade den Oscar als „Bester fremdsprachiger Film“. Nun gibt es das Meisterwerk auf DVD. Vom Bungalow 2A des „Beverly Hills Hotels“ (Oscar) an den Sandstrand des „Grand Beach Hotels“ in Surf Site in Miami (Ferien). USA ist weit weg sein. USA ist immer eine Entdecker-KolumbusErfahrung. 1. USB-Strom-Steckdosen im Hotel! Nie wieder Converter! Für das iPhone, Philips-Zahnbürste oder Laptop. 2. Nur noch glückliche Eier von glücklichen Hühnern dürfen in Kalifornien verkauft werden – ab 2015 (Huhn muss die Flügel ausbreiten können). 3. Das Leben nur noch durch Sonnenbrillen betrachten: Persol (Deutsch: für die Sonne), Oakley (bestes Glas, ca. 185 Dollar), Ray-Ban (Klassiker). 4. Toms-Slipper – für jedes gekaufte Paar bekommen arme Kinder auch eines. 5. Power-Station fürs Büro: Anker 5-Port-USBDeskport- Auflader – Must-have für CEOs. 6. Neues Lieblingsbuch: „Strength and simplicity“ – 100 Wege, das Leben als Kunst zu leben. 7. Unser Hotel (alles in Weiß) ist mein erstes Hotel ohne Zeitungen: „Wir haben freies WLAN.“ 8. In der Millionärs-Mall „Bal Harbour“: fast nur Euro-Luxus – aber wenigstens Zeitungen. 9. Altmodische Badehose: „Brooks Brothers“ (85 Dollar) trocknet klassisch langsam. 10. Neue Unterhosen: A&F (kann man tragen, wenn man es nicht sieht). 11. Lieblingstasche: Der weiß-grün-goldene HotelBeutel vom „Stanglwirt“ (auch am Oscar-Teppich). 12. Freund Clemens hat in Palm Beach eine Art „White House“ on the Beach – man blickt gen türkisen Horizont und ewige Sonne. Man denkt nur an das nächste Budweiser. Aber nachts träumt man von Europa. PRIVAT 18 David Blieswood Connaisseur aus Hamburg UND SONST NOCH ITALIENISCHE WOCHEN: Im April und Mai stellen das KaDeWe, das Alsterhaus und Oberpollinger unter dem Motto „Studio Italia – La Perfezione del Gusto“ schönste italienische Marken und Produkte vor, wie zum Beispiel diese handgemachte Ledertasche vom neapolitanischen Label Tramontano. æ LONDON CALLING: Gerade hat Karl Lagerfeld sein erstes Parfüm herausgebracht, nun folgt auch schon der nächste Streich: ein Store in London, Regent Street 145–147. æ MÜNCHNER MUSEN: Nach Paris, Tokio, Singapur und Venedig eröffnet Louis Vuitton nun auch in München einen Ort für Kunst. Gleich neben dem Store in der Maximilianstraße 2a ist bis August im „Espace Louis Vuitton“ die Ausstellung „No Such Thing As History: Four Collections and One Artist“ zu sehen. DER REFLEX Sechs Freunde sitzen in fröhlicher Runde im Restaurant, als sich ein Mann nähert: groß, gut aussehend, um die vierzig. Köpfe drehen sich. Kinnladen fallen herunter. Selbst das Flackern der Kerze scheint für Chris Glass einen Moment auszusetzen. Die European Stimme des Fremden durchbricht Membership Director vom die Stille: Er fragt nach Salz. MoSoho House ment, kleine Korrektur: Er fragt nach Salz, nimmt es und verschwindet. Die Stille dauert noch einen Moment an. Dann setzt die Musik wieder ein. Herzen schlagen auch wieder. Kinnladen hängen weiter. Frau 1 (hechelnd): Er gehört mir! Frau 2 (hechelt ebenfalls): Sagt wer?! Frau 3 (hechelt am lautesten): Wenn ihn jemand bekommt, dann bin ich es! Die Stimme der Vernunft: Woher wollt ihr wissen, dass er überhaupt interessiert ist? Geschweige denn Single? Frau 1 (empört): Er trug keinen Ehering! Die Stimme der Vernunft: Das hast du in diesem kurzen Moment gesehen? Frau 2 (trällernd): Frauen sehen so etwas. Mann 1 (auch hechelnd): Das ist ein Reflex. Mann 2 (gelangweilt): Nicht nur bei Frauen. Bei Männern auch! Frau 1 (entschieden): Er ist Single und wollte sich unter Leute mischen. Frau 2 (euphorisch): Ich bin zu haben! Frau 3 (noch euphorischer): Ich auch! Mann 2 (laut rufend): Und ich erst! Alle brechen in schallendes Gelächter aus. Die Szene wiederholt sich. In Restaurants, Cafés, Bars auf der ganzen Welt. Gleiches Gespräch, andere Besetzung. Das Interessante daran ist nicht der Wert, den wir so einem kleinen Stück Edelmetall zuschreiben, sondern die Geschichte, die es erzählt. Und wie offen diese für Interpretation ist ... WEMPE BY KIM TRAMONTANO WARUM AMERIKA ? OH, LOOK! UNSERE ICONA ZEIGT IHRE AKTUELLEN LIEBLINGSTRENDS ILLUSTRATIONEN: JAMES DIGNAN (JAMESDIGNAN.COM) OFFICIAL WATCHMAKER EXOTIC ILONA CONFEDERAÇAO BRASILEIRA DE FUTEBOL Flüssiger Feminismus: „Jacquard“ von Etro + Die Schere gibt’s zum BlumenAbonnement über bloomydays.com + Melonen auf den Ohren? Ja! Ohrringe von de Grisogono + Ilona hat nicht nur einen Vogel: Carré von Hermès + + Acryl-Wasserglas von Mario Luca Giusti über www.byfurnish.com Hinreißende Hülle: Kaftan von Lala Berlin Feinstes Blattwerk: AnacondaSlingbacks von Santoni + = 4 9.481 € Dufte: „Scented flower seeds“ über thebalconygardener.com Für Faule: Gartenliege „Charles Outdoor“ von B&B Italia FLOWER ICONA + + Patchwork-Wiese: Overall von Markus Lupfer + + TONDA HEMISPHERES Edelstahl Automatikwerk Minutengenaue zweite Zeitzone Hermès Alligatorlederband + Made in Switzerland www.parmigiani.ch Vogel-Fast-Food: Futterstelle „Fly Inn“ über design-3000.de Vögelchen sind deine Blicke: Ring von Lorenz Bäumer ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER Ohrhänger „Gipsy“ von Ole Lynggaard Copenhagen Cool Cat: Brille von Fendi Für Freigeister: Tasche von Nancy Gonzalez „Limon Verde“ aus der AquaAllegoriaKollektion von Guerlain + Iconas Geschmack ist ja so durchschaubar! 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Weil es zu jeder Gelegenheit, Jahreszeit, jedem Teint und Wempe Alter passt. Das gilt natürlich auch für Bucherer Juwelen. Hier die stärksten dieser Zeit Elmar Grupp Nomades 22 Johannes Hundt Pomellato Buccellati MULTICOLOR Bucherer Tiffany Cada Cartier Bulgari A.E. Köchert Vieri Fabergé Piaget Tutti Frutti Van Cleef & Arpels „Bunt ist meine Lieblingsfarbe“, sagte der Architekt und Christian Dior Susa Beck Bauhaus-Gründer Walter Gropius. Ein Fan von Farben, von Grundfarben, um genau zu sein, war auch sein Zeitgenosse Piet Mondrian, der hier ganz offensichtlich Schmuckbranche greift man wieder verstärkt zu farbigen Edelsteinen. Versprühen sie doch jene 24 Chaumet sommerliche Unbeschwertheit, an der man sich immer wieder erfreuen kann. Egal, zu welcher Jahreszeit ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER zu unserem Layout inspirierte. Auch in der SOFTIES Ch a Ch ne J lie Di or o Ch pa rd l Ti f e uw ris n tia rH s an fan y As en m No A.E . c Kö he ad b Ro ins o e nP lha m Ro n gn er y do n es rt Sanfte Riesen il aT pre n Lo Bu lga ri Softeis, Puder, Ballettschuhe, Milchshakes, Marshmallows, Zuckerwatte, Macarons, Veilchen. Die Liste von pastellfarbenen Dingen oder Leckereien, an die wir mit Wonne denken, ist lang. Kein Wunder, dass sich dieses positive Gefühl sofort auf Schmuckstücke überträgt. Die weichen Farben sollen außerdem für einen spielerischen Geist stehen. Also, let’s play! né m Ta 26 B ce uc lla ti ara Co m i oll Ca Elm a r rG ne up p S ag e ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER S ig év ri the v au visit www.marc-cain.com TIERLIEB Schreiner Fine Jewellery Juwelier Hansen Borgioni Chopard Buccellati Brahmfeld & Gutruf Tiffany Tierisch gut! „Tiere sind die besten Freunde. Sie stellen keine Fragen und kritisieren nicht“, sprach Mark Twain. Und in der Regel sind sie auch noch hübsch anzusehen. In jedem Fall dann, wenn ihre Federkleider, Felle, Flossen und Fangarme aus Juwelen bestehen. Wir hätten da ein paar Vorschläge für den Privatzoo Rona Tilgner van Cleef & Arpels Cartier 28 de Grisogono Juwelier Wilm ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER Catherine Sauvage DESIGN Für jeden Spaß zu haben: Annette und Herbert Kopp in ihrem Schlafzimmer. Das Gemälde ist von Philip Guston Schmuck-Architektur: Oscar Niemeyer skizzierte, die Goldschmiede bauten MARK SEELEN Niemeyer um den Finger gewickelt Als Wegbereiter der klassischen Moderne hat der verstorbene Brasilianer zahlreiche Architektur-Ikonen hinterlassen. Einige von ihnen wurden zur Inspirationsquelle für eine Tintenfisch und Totenkopf gründeten vor bald 30 Jahren das Münchner Schmucklabel Cada. Ihre Entwürfe sind genauso kurzweilig und amüsant wie sie selbst, findet Mira Wiesinger Ein Mittagessen mit den Kopps zählt zweifellos zu den unterhaltsamen Momenten des Lebens. Vor allem, weil das Ehepaar selten einer Meinung ist. Trotzdem machen sie privat wie beruflich gemeinsame Sache. Und gleichen auch Schwächen gegenseitig aus? Sie sagt: „Ja!“ Er sagt: „Welche Schwächen?“ Alles klar. Seit bald 30 Jahren entwerfen die beiden Schmuck, der oft mit einem Augenzwinkern daherkommt. Und doch ernst genommen werden muss. Denn – pardon, es bietet sich einfach an – hier ist alles Gold, was glänzt. „Es gibt ja Schmuck, der auf Anhieb teuer aussieht. Wir machen aber aus kostbaren Materialien komische Sachen. Tintenfische und Totenköpfe zum Beispiel“, erklärt Herbert Kopp. Als das Ehepaar sich kennenlernt, hat die Silberschmiedin Annette eine Schmuckgalerie im Münchner Glockenbachviertel. Herbert hatte wie seine Frau hier an der Akademie der Bildenden Künste studiert. Malerei. Dass seine Künstlerlaufbahn nichts werden würde, hatte er sich schnell eingestanden. Dem Malen, also dem Anmalen, blieb er zunächst aber treu. Mit einem Freund gründete er eine Malerfirma. „Das war auf Dauer nicht sexy genug. Und da kam die Idee: Machen wir doch Schmuck. Aber eben keinen Künstlerschmuck, wie ihn Annette gemacht hatte, sondern welchen, den (er grinst) auch hübsche Frauen kaufen.“ Seither nutzt der 64-Jährige seine Kreativität für Cada-Entwürfe, die er in ein Notizbuch skizziert, das er stets bei sich trägt. Das erste Geschäft richtete das Ehepaar 1986 auf der Maximilianstraße ein. Zunächst verkauften sie, für die damalige Zeit ungewöhnlich, großen Silberschmuck. „Das schlug ein, wie ’ne Bombe“, erinnert sich Herbert Kopp. Doch Anfang der 90er-Jahre wollte man lieber strähnig statt Big Hair, minimal statt maximal und farblos statt flamboyant. In Zeiten von Grunge und Purismus kaufte einfach niemand mehr großen Schmuck. Es galt, sich neu zu orientieren. Den Umzug 2001 an den heutigen Standort in der Maffeistraße nutzte das Paar als Neuanfang. Die Entwürfe wurden kleiner, feiner, figürlicher, die Materialien kostbarer und Silberschmuck verschwand aus dem Sortiment. Eines Tages möchte man ihn wieder aufleben lassen. Nur wann, das sei unklar: „Wir sind eben keine Strategen“, sagt Herbert Kopp. Dass keine Strategie auch eine Strategie sein kann, beweist der heutige Erfolg der Marke, die mittlerweile auch bei Dover Street Market (London), Theresa (München), Jades (Düsseldorf) und Colette (Paris) verkauft wird. Ein weiteres eigenes Geschäft in einer anderen Stadt? „Ein Traum!“, sagt Herbert Kopp. „Ein Albtraum!“, antwortet seine Frau, „wir könnten es nur schwer handhaben.“ Denn in München sei alles miteinander verflochten. Wohnung, Werkstatt und Geschäft trennen nur Minuten. „Und wieso auch? Wir sind zufrieden“, so die 62-Jährige. „Na ja, ich könnte schon noch mehr Kunst kaufen“, erwidert ihr Mann. Fast 800 Stücke zählt seine Sammlung zeitgenössischer Werke, die ihn schon mal zu einem Entwurf anregt. Auch von Musik ließe er sich inspirieren. Vor allem von Hip-Hop. Aber auch das „alte Zeug“, Jimy Hendrix, Bob Dylan oder Cream seien für ihn wichtige Begleiter gewesen. Genau wie auch das Lebensgefühl des Punkrocks, weil es für Unangepasstheit steht. Die Wahl des Firmennamens verrät es: „Cada“ steht für Creativity, Art, Design und Anarchy. Hoppla. „Ja, man stolpert über das letzte Wort. Mit unseren Designs sind wir natürlich weit entfernt von dem, wofür Anarchie steht. Und doch versuchen wir immer, gegen den Strom zu schwimmen.“ C Durch die Blume gesprochen: Schmuckdesign und Illustration von Herbert Kopp 30 W as könnten der brasilianische Kultsänger Carlinhos Brown, keltische Dünen, Diane von Fürstenberg und der Walt-DisneyFilm „Alice in Wonderland“ gemeinsam haben? Auf den ersten Blick rein gar nichts. Doch waren alle Inspirationsquelle für Schmuckkollektionen aus dem Haus H. Stern in Rio de Janeiro. Mal kamen dabei aus Reihen von Goldstäben zusammengesetzte, mit Diamanten besetzte Colliers heraus, mal Armbänder aus Gelbgold, die dicken Schleifen gleichen, Anhänger mit Steinen aus Bergkristall oder Ringe, die mit Pilzen, skurrilen Zweigen oder einem kleinen Baum garniert sind. Die Kollektionen sollen überraschen und dürfen auch mal schockieren. „Manchmal sind wir selbst überrascht, was wir machen können. Das hält uns jung, inspiriert uns und sorgt dafür, dass man sich weiter für uns interessiert. Was will man mehr in einer sich so schnell verändernden Welt?“, meint Roberto Stern aus der Familie des weltweit drittgrößten Schmuckherstellers. Ein smarter Mann, der selbstverständlich zum Jetset seiner Heimatstadt gehört. Der Firmensitz in Ipanema steht gleich nach dem Zuckerhut und Corcovado mit Cristo-Figur an dritter (!) Stelle der Sehenswürdigkeiten in Rio. Man wird empfangen wie in einem Fünf-Sterne-Hotel, mit Kaffee oder Caipirinha, Kunden werden auch schon mal mit Limousinen abgeholt. Nach dem „Einchecken“ werden sie durch das Haus geführt, jeweils betreut in ihrer Muttersprache, Chinesen und Russen sind die besten Kunde. Nach einem Schnelldurchlauf durch Edelsteinkunde und Produktionsprozess geht es in Showrooms, wo dann die entsprechenden Stücke angeboten werden. Anschließend – ob ein Kauf zustande gekommen ist oder nicht – werden dann die meisten auch wieder ins Hotel chauffiert. Sicher ist sicher. Seitdem der smarte Sohn des legendären Hans Stern, der vor etwa sechzig Jahren als emigrierter deutscher Jude ein Edelsteinimperium in Rio de Janeiro begründete, die Firma lenkt, wird dort eine Design-Linie nach der anderen kreiert. So originell manche Stücke sein mögen, mitunter bewegen sie sich hart an der Grenze zum Kitsch. Ganz anders verhält es sich mit der Niemeyer-Kollektion, die durch ihre Schlichtheit besticht. Auch wenn es ein geschickter Schachzug des Marketing-Profis Roberto Stern war, sich die Popularität des im Dezember 2012 verstorbenen Pritzer-Preisträgers zunutze zu machen – die Verbindung von Schmuck und Architektur ist gelungen. Ohnehin ist die Schmucklinie bereits 2009, also noch zu Niemeyers Lebzeiten, entstanden. Der Baumeister gab nicht nur seine Einwilligung zu den unter seinem Namen firmierenden Kreationen, er lieferte auch Skizzen, die als Vorlagen dienten, und nickte die Umsetzung ab. Der Anhänger in Form einer asymmetrischen Blüte aus filigranen Goldrändern, das zu beiden Seiten des Handgelenks konkav gerundete Armband, die Ohrringe aus leicht gewellten Stäben aus Weißgold, die Ringe, die aus mehreren, mit Diamanten besetzten Kreisen bestehen – sie scheinen tatsächlich die Handschrift des Architekten zu tragen, dessen Markenzeichnen die Wellen und Rundungen waren. „Was mich anzieht, sind die freien, sinnlichen Kurven“, hat Niemeyer immer wieder betont. „Die fin- de ich in den Bergen meines Landes, im verschlungenen Verlauf seiner Flüsse, in den Wellen des Meeres, bei den Wolken im Himmel und am Körper der geliebten Frau.“ Sie haben ihn zu emblematischen Werken wie der Kirche von Pampulha im Bundesstaat Minas Gerais inspiriert, deren Dach aus mehreren wolkenartigen Rundungen besteht, zum Kongressgebäude von Brasilia mit seinen konvexen und konkaven Formen und vielen anderen Gebäuden der brasilianischen Hauptstadt, die zu Ikonen der klassischen Moderne wurden. In späten Jahren kam auch noch das Museo de Arte Contemporânea bei Rio de Janeiro hinzu. Wie eine fliegende Untertasse schwebt die kreisrunde Betonschale des Museums für zeitgenössische Kunst über dem Wasser der Guanabara-Bucht. Wer sie gesehen hat, wird sie so schnell nicht vergessen. Natürlich lassen sich Gebäude nicht eins zu eins auf Halsketten, Armbänder oder Ohrringe übertragen. Doch kommen die Schmuckstücke den Originalen erstaunlich nahe, als hätten die Schmuckdesigner tatsächlich den Geist der Entwürfe erfasst und in Preziosen aus Gelb- und Weißgold übersetzt. „Unglaublich, wie es ihnen gelungen ist, mein Design umzusetzen. Die Leute müssen wirklich Talent haben“, soll sich auch der Urheber hinsichtlich des Kreativ-Teams von H. Stern geäußert haben. Nun können sich ArchitekturFans einen Niemeyer buchstäblich ans Ohr hängen. Oder um den Finger wickeln. In Deutschland hat H. Stern Geschäfte in Stuttgart und am Frankfurter Flughafen. 31 H.STERN Annette und Herbert Kopp Kollektion des Schmuckherstellers H. Stern. Ulrike Wiebrecht hat mal angelegt MODE Spot an! Dicke Klunker tragen nur Carmen Geiss und Hip-Hop Stars mit tief hängenden Hosen? Von wegen! Sie sind mehr denn je salonfähig und kommen in dieser Saison auch modisch ganz elegant daher. Zum Sich-drin-Spiegeln schön: Pochette „Knot Multisphere“ von Bottega Veneta Wir zeigen die schönsten Funkelstücke GETTY IMAGES Wertet jeden noch so faden Pullover auf: Kette von Louis Vuitton Golden Girls: Dolce & Gabbana ließ sich für die aktuelle Sommerkollektion von den Ausgrabungen in Pompeji inspirieren Augenstern: Sonnenbrille von Jimmy Choo The Bling-Ding „Couture-Trenchcoat“ von Burberry Prorsum Reich mit Gold behängt und trotzdem keine schiefen Blicke geerntet? Kein Wunder, Glitzer Glitzerkragen: Bluse von Miu Miu über mytheresa.com und Glimmer feiern ein modisches Comeback. Nur etwas Ironie gehört unbedingt zum Trend! 32 Kollektion, deren Armreifen überdimensional groß waren. Miuccia Prada kombinierte dafür riesige Kristalle im Baguette-Schliff mit Gummibändern oder Leder. Verrückt! Bei Rochas wurden klassische Glasperlenketten aufgemotzt, Dolce & Gabbana schmückte sizilianisch anmutende Kleider mit Goldmünzen, die gerade in Pompeji ausgegraben worden sein könnten. Und Lanvin ironisierte die typischen Erbstück-Colliers mit suppentellergroßen Amuletten. Zweifellos liegt derzeit eine gewisse Lust auf Opulenz in der Frühlingsluft. Das stellt auch die Berliner Schmuckdesignerin Sabrina Dehoff fest. Deren Stücke, eine Mischung aus Modernität und Glamour, gehen gerade weg wie Lametta in der Vorweihnachtszeit. „Weil es generell tollen, coolen Modeschmuck gibt und es Spaß macht, mit dem Look zu spielen“, erklärt sie das Kaufverhalten ihrer Kunden. „Ich denke, es ist ein selbstbewusstes Statement, das zudem gute Laune macht. Damit dies so bleibt, versuche ich jede Saison neue Teile zu entwickeln, die nicht nur glitzern, sondern vor allem die Trägerin selbst zum Strahlen bringen.“ Aber nicht nur an Hand, Hals und den Ohren soll es so bombastisch glitzern wie beim Silvesterfeuerwerk in Dubai. Auch die Kleidung wird verglittert. Zwar kommt ab und zu noch die gute alte Paillette zum Einsatz. Aber eigentlich werden XXL-Kristalle auf Röcke oder Kleider genäht. Derart pfundweise landen die Steine auf den Outfits, dass man fast schon den Eindruck gewinnt, der weltberühmte Kristallhersteller aus Österreich habe Mengenrabatt auf seine Lieferungen gegeben. Neu an der Mode-Erscheinung ist, dass vor allem die Klassiker ein Stil-Upgrade in die First Class des Catwalks erhalten haben. Burberry verziert beispielsweise die Kanten seiner Spitzenröcke mit Steinchen. Bei Miu Miu funkeln Steine am Kragen von Jeansjacken. Und bei Prada werden Basics wie Businessmäntel mit gelben Steinen aufgewertet oder die fröhlichen Prints auf den Kleidern mit Steinchen noch zusätzlich betont. Traditionell ganz weit vorn im Bereich Schmückendes ist, wie so oft, Karl Lagerfeld bei Chanel. Er zeigte auf dem Laufsteg schneeballgroße Perlen, die im Doppelpack als Kette getragen werden. „Ist das nicht witzig?“, sagt er. „Die sehen aus wie Kopfhörer!“ Mit seiner Geschichte liefert Chanel ohnehin den perfekten Rahmen, um eine Hymne auf unechten Schmuck einzustimmen. Firmengründerin Coco Chanel ist quasi die Erfinderin des Modeschmucks und zeigte Frauen, dass man sich auch mehrlagig schmücken kann, selbst wenn man nicht Zugang zum Bankkonto eines Ölmillionärs hat. Das kleine Schwarze ohne Dutzende langer Perlenketten? Undenkbar. „Schmuck ist nicht dazu da, Neid zu erwecken“, sagte Madame Chanel einst. „Im besten Fall erweckt er Staunen!“ Mit den aktuellen Bling-Trends dürfte das überhaupt kein Problem sein. Oliver C. Schilling Philipp Plein ist der „King of Bling“. Dieser Armreif ist aus seiner aktuellen Kollektion Auf Glitzer-Sohlen: Sandale „Fussbett“ von Marni Funkelnder Hingucker: Tasche von Dolce & Gabbana Funkeln in den Augen löst diese Clutch von Giorgio Armani aus ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER UND CAROLINE BÖRGER N atürlich könnte man auch diese zierlichen Silberringe tragen. Und selbstverständlich spricht nichts dagegen, an einem zarten Goldkettchen ein kleines, sagen wir, Kreuz baumeln zu lassen. Vielleicht aus Gold. Wahrscheinlich aber auch nur vergoldet. All das ist okay. Man kann aber auch einfach Elizabeth Taylor, die Göttin des Glamours und Dramas, zitieren: „Große Mädchen brauchen große Ringe.“ Und die ganze Sache ein bisschen größer aufziehen. Nun ist es nicht so, dass man automatisch anstreben sollte, ein Leben wie die HollywoodDiva führen zu wollen. Doch mit ein wenig Glitzer wäre der Alltag doch gleich viel flirrender – und modisch weit vorn wäre man dadurch derzeit auch. Denn das Bling-Ding feiert gerade wieder ein furioses Comeback. Und, jetzt kommt die gute Nachricht für Menschen, für die „Dispo“ und „Überziehen“ irgendwie zusammengehören: Nicht einmal echt müssen die Klunker sein, um stilistisch hochkarätig weit vorn zu sein. Denn in der Glitzerbranche kommt es derzeit vor allem auf die Größe an. Es geht nicht um echt oder falsch, sondern um „mehr ist ganz eindeutig mehr“. Prada beispielsweise lancierte Anfang des Jahres eine Modeschmuck- Bling on the Run: Loafer von Unützer für Achtland Modeschmuck im Wortsinn: Bei Prada zieren Strasssteine Lederund Gummiarmbänder Farb-Kristalle am Ripsband: Kette von Lanvin (über net-a-porter.com) 33 Swatch „Sistem51“ 1 6 ANL AUF BU BU7 - Wer Styls nach- 6 5 5 A NL AUF BU BU6 - Wer Styls nach- 44 Ulysse Nardin „Classico Horse“ 1. Sternhagelvoll: Das kleine Unternehmen Romain Jerome zeigt auf dem Baseler Uhrensalon seine neue 1969-Kollektion. Das Design des Zifferblatts soll eine Kollision von Kometen darstellen. 2. Sportsfreund: Rasant geht es weiter bei Hublot, die bald zu jedem Sport die passende, große Uhr fertigen. Diese ist (nicht nur) für Ferrari-Fans. 3. Die „Sistem51“ wäre keine echte Swatch, wenn die Schweizer die Plastikgehäuse der Automatikuhr nicht in grelle Farbtöpfe geworfen hätten. Das Besondere: Für die Konstruktion des Werks sind nur 51 Komponenten verwendet worden. 4. 2014 ist für die Chinesen das Jahr des Pferdes. Deshalb präsentiert die Schweizer Manufaktur Ulysse Nardin die emaillierte Variante der Classico mit, klar, stürmendem Hengst. 5. Beim Genfer Uhrensalon 2013 zeigte Richard Mille die erste Uhr, die in Kooperation mit dem jamaikanischen Sprinter Yohan Blake entstanden ist. Jetzt folgt die Uhr für das zweite Handgelenk. Die fliegenden (sic!) Brücken, die sich über das skelettierte Werk spannen, stehen für die Nationalfarben Jamaikas. 6. Mit einem roten Zifferblatt schickt Parmigiani seine „Tonda Métro“ auf den Laufsteg der tickenden Eitelkeiten. Die Manufaktur ist eine der wenigen, die (fast) alle Teile ihrer Uhren in Eigenregie fertigen. 7. Die Traditionsmanufaktur Vacheron Constantin lädt ein zu einer Fantasiereise an entfernte Orte. Ein Andenken aus Indien ist das Zifferblatt der „Fabuleux Ornements Indische Handschrift“. A N L AU F BU BU5 - Wer Styls nach- Ein Gelenk Buntes Sieben Farben bunt Richard Mille „Yohan Blake RM 61-01“ ein weiteres Modell ergänzt wurde, mit einem Mechanismus, bei dem man die Zeit anhalten konnte. Sie lief natürlich unter dem Zifferblatt weiter, um auf Knopfdruck wieder angezeigt zu werden. Wer jetzt müde lächelt und das als Kinkerlitzchen eines Luxusgüterkonzerns abtut, hat leider keine Ahnung. Denn die Franzosen haben eine lange uhrmacherische Tradition, die 1912 damit begann, dass Gründersohn Charles Émile Hermès seiner Tochter Jaqueline eine an einem Lederarmband befestigte Taschenuhr um den Kinderarm schnallte. Ab 1928 verkaufte man dann Taschenuhren mit einem speziellen Aufzugssystem in Zusammenarbeit mit Movado in der Rue du Faubourg Saint-Honoré. Es folgte eine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit dem Who’s who der Schweizer Uhrenindustrie, darunter Firmen wie Jaeger-LeCoultre, Vacheron Constantin und Audemars Piguet. Seit 1978 montiert La Montre Hermès seine Uhren in der Schweizer Firmenzentrale in Biel. Die Werke für die Philosophenuhren entstehen in der Schweiz bei der Manufaktur Vaucher Fleurier, von der man 2006 einen 25-prozentigen Anteil übernahm und aufwendige Automatikwerke baut, mit einem Muster aus dem berühmten „H“ als Verzierung auf dem Aufzugsrotor. Den Zifferblattfabrikanten Natéber aus La Chaux-de-Fonds kaufte man 2012 gleich ganz, am Gehäusehersteller Joseph Erard beteiligte man sich voriges Jahr mit 65 Prozent, um nun so gut wie alle Teile seiner Uhren selbst zu bauen. Dass man bei dieser für ihr Leder berühmten Firma die Armbänder komplett selbst herstellt, ist selbstverständlich. Das alles hat seinen Preis: Das auf 1500 Exemplare limitierte Modell kostet ab 15.700 Euro. Ob man sich mit dem Kauf J.F. Kengelbach Zeit lassen kann? Wer weiß. 3 AN L AUF BU BU1 - Wer Styls nachmacht 7 ZUSAMMENGESTELLT VON PHILIP RATHGEN 34 „L’heure masquée“ heißt das neueste Modell aus dem Hause Hermès – der Stundenzeiger ist hinter dem Minutenzeiger versteckt und kommt nur auf Knopfdruck zum Vorschein. Das erfordert ein kompliziertes Uhrwerk 3 2 Parmigiani „Tonda Métro" N AN L AUF BU BU4 - Wer Styls nachmacht 2 Geht nicht gibt’s nicht, heißt es bei Hermès, wenn es sich um die Konstruktion außergewöhnlicher Uhren dreht. Also nur locker die Klippe rauf, Kamerad! ein, man muss nicht wie einst Diogenes in der Tonne leben, um die Ideen hinter der jüngsten „Time to dream“-Kreation aus dem Hause Hermès zu durchschauen. Aber ein bisschen frei vom Zwang der Zeit sollte man sich schon mal machen können. Ein Hauch Andersartigkeit und ein bisschen Humor können auch nicht schaden, um sich für die neue „L’heure masquée“ zu begeistern. Denn heute ist die Armbanduhr neben der größtmöglichen Demonstration von Status auf kleinstmöglichem Raum doch vor allem ein Statement des Trägers zu seiner Auffassung von Zeit. So hofft mancher gar, die Schwerkraft mit ultrakomplizierten Tourbillons auszuhebeln. Und dann gibt es die, die über das ganze Theater schmunzeln. Und trotzdem eine Uhr tragen. Willkommen bei La Montre Hermès. Bei der neuesten Variante im Dressage-Gehäuse, das in Anlehnung an Steigbügel seit 2003 die Brücke zur Sattler-Tradition des Hauses schlägt, scheint auf den ersten Blick der Stundenzeiger zu fehlen. Erst durch Knopfdruck auf die Krone kommt der kurz zum Vorschein, um sich, nach dem Loslassen des Kronendrückers, sofort wieder hinter dem Minutenzeiger zu verstecken. Dem Prinzip folgt auch die Anzeige einer zweiten Zeit in einer weiteren Zeitzone durch einen ins Gehäuse eingelassenen, zusätzlichen Drücker. Dieses Modell ist bereits die vierte „verrückte“ Uhr von Kreativdirektor Philippe Delhotel: 2008 verwirrte der Blick aufs Zifferblatt der „Cape Cod Grandes Heures“, bei deren Kauf man auswählen konnte, in welchen Zeitabschnitten des Tages der Stundenzeiger sich ein bisschen mehr Zeit ließ; 2011 begeisterte die in Genf zur Uhr des Jahres gekrönte „Arceau Le temps suspendu“, die 2013 um 1 7 DOMAGE COURTESY GALERIE XIPPAS RJ Romain Jerome „1969“ Vacheron Constantin „Fabuleux Ornements Indische Handschrift“ Ü be r ph die ilo H sop int h ert isch rep e pe He rm è Be s b au im ne t Uh ue r ste en m n it M H od ell inte rg sp ed iel t d ank ie e Ze n. it Ve rst e ck en ZEITGEIST ANL AUF BU BU2 - Wer Styls nachmacht oder L AUF BU BU3 - Wer Styls nachmacht Hublot „BigANBang Ferrari Titanium Carbon“ ZEITLOS 35 Rolex „Oyster Perpetual Datejust Lady 31“ Hublot „Classic Fusion Titanium Bracelet Full Pavé“ Piaget „Limelight“ 4 6 7 8 36 4 5 Dior „III Grand Bal Plissé Soleil“ Ralph Lauren „867 32 mm“ 5 1. Den ikonischen Schmuckarmreif „Piccolina“ gestaltet de Grisogono immer in üppig besetzter Pavé-Optik. 2. Die „Panthère Ajourée“ verschafft dem „Wappentier“ von Cartier einen großen Auftritt. 3. Baguettediamanten zieren die „Patrimony Traditionnelle“ von Vacheron Constantin – und glitzern so schön, dass dazu ein schwarzes Satin-Uhrenarmband ausreicht. 4. 4500 Arbeitsstunden benötigt Chopard für eine „Happy Sport Diamantissimo“ – immerhin müssen 958 Diamanten aneinandergesetzt werden. 5. Ein beliebtes Uhrenmodell ist die „Cape Cod Tonneau“ von Hermès ohnehin, natürlich auch in der Pavé-Variante. 6. Die „Oyster Perpetual“ von Rolex glitzert nicht nur, sondern leistet auch viel: Der PerpetualRotor lässt das Uhrwerk besonders präzise laufen. 7. Sportlich dank der Schraubenelemente auf der Lünette: die „Classic Fusion Titanium“ von Hublot. 8. Im Rampenlicht steht man mit „Limelight“ von Piaget sicherlich: Hier funkeln die runden Diamanten zu Hunderten. ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER UND JULIA HACKOBER Hermès „Cape Cod Tonneau“ mit Pavé-Besatz Chopard „Happy Sport Diamantissimo“ Zeitlupenrein 2 Louis Vuitton „Evolution Spin Time GMT“ 3 1 Hermès „Arceau Lift“ Gucci „G-Timeless Slim“ 2 1. Nicht nur die Taschen sind hier Überflieger: Die „Arceau Lift“ ist die erste Uhr von Hermès mit fliegendem Tourbillon. 2. Der Schweizer im Italiener: Das Design der Uhrenserie „G-Timeless Slim“ von Gucci ist klassisch-italienisch, auch wenn das Automatikkaliber „Swiss Made“ ist. 3. Krallen ausfahren vor Neid zwecklos: Bei der „J12 Moonphase“ von Chanel ist das Gehäuse aus Hightech-Keramik ebenso kratzfest wie die 54 Diamanten darauf. 4. „New Look“ fürs Handgelenk: Der neuen „Grand Bal VIII Plissé Soleil“ von Dior ist mit Perlmuttfächer auf dem Zifferblatt sofort anzumerken, dass sie aus einem Modehaus stammt. 5. Segler und andere Abenteurer macht die „Evolution Spin Time GMT“ von Louis Vuitton glücklich: Die Automatikuhr hält dicht bis 100 m Wassertiefe. 6. Teamwork: Das Werk für die Chronographen aus der „Monterubello“-Linie lässt Ermenegildo Zegna von Girard-Perregaux fertigen. 7. Von Emporio Armani gibt es jetzt auch eine mechanische Herrenuhr. Weil wir Damen aber visuell gesteuert sind, wählen wir das Quartz-Modell mit Mesh-Armband. 8. Von wegen ein Trenchcoat ist zeitlos: Bei Burberry ließ man sich für die Uhrenlinie „The Britain“ vom Klassiker des Hauses inspirieren. 9. Tradition im Quadrat: Ein Art-déco-Zifferblatt und Zeiger im Breguet-Stil – bei Ralph Lauren mag man Uhren klassisch. 3 Chanel „J12 Moonphase“ Ermenegildo Zegna „Monterubello Chronograph“ Cartier „Panthère Ajourée“ 1 Einen Tick smarter Vacheron Constantin „Patrimony Traditionnelle Haute Joaillerie“ De Grisogono „Piccolina“ ARMSCHMEICHLER 9 6 8 Burberry „The Britain Limited Edition BBY 2000“ 7 Emporio Armani „ars1005 Bright Mesh“ 37 L OLIVER PEOPLES (3); GETTY IMAGES Eher Accessoire als Sonnenschutz: Das Modell „Daria“ von Isabel Marant PORTRÄT Starglas Der Aufstieg des Brillenlabels Oliver Peoples begann mit einer Zufallsgeschichte und dem smarten Geschäftssinn des Gründers Larry Leight. Nun ist er eine Kooperation mit der Designerin Isabel Marant 38 eingegangen. Eigentlich auch zufällig. Lisa Strunz traf die beiden – absichtlich – in Los Angeles arry Leight steht in seinem Büro und schaut irritiert aus dem großen Fenster, hinaus auf den Sunset Boulevard. Es nieselt. Nun, eigentlich nicht mal das. Es ist einfach nur ein bisschen grau da draußen. Doch das hier ist Los Angeles, und in dieser Stadt erwartet man nichts anderes als Sonnenschein. Und zwar jeden Tag. Dass hier außerdem viele Stars herumlaufen, die ihre Augen gern hinter dunklem Glas verstecken, macht Los Angeles für Larry Leight eigentlich zu einem sehr guten Ort: Sonnenbrillen sind sein Geschäft. Aber ausgerechnet heute, wo er seine neue Kooperation mit Isabel Marant vorstellen möchte, grauer Himmel? „Sorry for this terrible weather“, sagt Leight. Der gebürtige Kalifornier ist Gründer des Sonnenbrillenlabels Oliver Peoples – und man darf sagen, dass schon viele Prominente ihre Augen hinter seinem Glas versteckt haben. Isabel Marant wiederum ist eine Pariser Designerin, die seit ein paar Jahren große Erfolge mit ihren Kreationen vorweisen kann und nun zwei Modelle für Larry Leight entworfen hat. „Ich mochte Isabels Mode schon immer und hab’ oft bei ihr für meine Frau und meine beiden Töchter eingekauft“, erzählt Leight. „Ihr Stil ist easy, ein bisschen hippie. Das passt gut zu uns.“ Und tatsächlich hat Marant dafür, dass sie im sehr auf Eleganz fixierten Paris arbeitet, eine sehr lockere Herangehensweise. Ihr Sneaker mit Absatz ist dafür genauso ein Beleg wie die Tatsache, dass sie gerade eine Kollektion für H&M entworfen hat. Und sie hat auch keine Probleme damit, darüber zu lachen, dass sie schon mal für eine Pizzabotin gehalten wird – wenn sie nämlich als Mopedfahrerin in Paris ihr Atelier mit ihrem Helm betritt. Larry Leight gründete sein Label 1986 gemeinsam mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Dennis in Los Angeles und war schnell erfolgreich damit. Steven Spielberg und Barbra Streisand zählten zu seinen Kunden, später auch Leute wie Cindy Crawford, Johnny Depp, Jennifer Aniston, Kanye West. „Es hat alles mit einem großen Zufall begonnen“, sagt Leight. „Nach der Schule wusste ich nicht, was ich mal werden möchte. Nur, dass ich gern surfe und reise und dafür Geld verdienen musste. Ein Freund meiner Familie war Optiker und gab mir den Rat, den Beruf einmal auszuprobieren. Ich dachte, warum nicht?“ Und so begann Leight in verschiedenen Unternehmen zu arbeiten. Lernte, wie man Brillen entwirft, anfertigt, verkauft. Der besagte Zufall passierte zwölf Jahre später, 1986. Auch Dennis Leight arbeitete inzwischen in einem Brillenunternehmen, bei L.A. Eyeworks, und nahm dort den Anruf eines Mannes aus New York entgegen: Er habe einen großen Nachlass von ungetragenen Vintage-Brillen, ob man den nicht aufkaufen wolle? Als man im Unternehmen ablehnte, riet Dennis Leight seinen Bruder: „Frag den Typen doch noch einmal, was er genau hat.“ Larry Leight überlegte nicht lange. Er rief den Mann an und flog kurz darauf nach New York, um sich das Lager anzuschauen. „Es waren Kisten über Kisten, voll mit Brillengestellen, Larry Leight – natürlich mit Sonnenbrille Gläsern, Clip-ons und Katalogen von alten amerikanischen Marken wie American Optical und Bausch & Lomb. Sie hatten einem Mann gehört, wahrscheinlich einem Großhändler, der vor 50 Jahren verstorben war. Aber wer das genau war, haben wir nie herausgefunden.“ Nur ein paar alte Rechnungen fanden sie in den Kisten, alle an „Oliver Peoples“ adressiert. Leight kaufte für 5800 Dollar den gesamten Bestand und übernahm auch gleich den Namen. Quasi als Andenken an den geheimnisvollen Unbekannten. Zurück in Los Angeles eröffnete er mit seinem Bruder auf dem Sunset Boulevard in West Hollywood ein Geschäft. Die Lage war Gold wert: Auf der Straße gab es viele Restaurants, in denen sich Drehbuchautoren, Produzenten und Regisseure – kurzum, alle wichtigen Leute aus der Filmbranche zum Essen trafen und den Laden schnell für sich entdeckten. Bis zum Ende der 70er-Jahre hatte es genau gegenüber zwar einen Optiker gegeben, doch der bot nur ausgefallene Brillen für Leute wie Elvis Presley und Elton John an. Mit Sternen, blinkenden Lichtern oder großen Buchstaben an den Bügeln. Showmodelle eben. Nichts, was man wirklich tragen konnte. Nach schlichten Brillen hatte man vorher auf dem Flohmarkt suchen müssen. Als er merkte, wie gut die alten Brillen ankamen, begann Leight 1987 ähnliche Entwürfe anzufertigen. Filigran, leicht und mit einem Logo, das klein und dezent am Ende des Bügels platziert war. Dass er und sein Bruder ausgebildete Optiker waren und wussten, was eine gute Brille ausmacht, und mit der Produktion bald kaum noch hinterherkamen, machte das Label umso begehrenswerter. Von „Time Magazine“ bis „Vogue“ – alle schrieben über Oliver Peoples und manch Händler, der die Brillen in sein Sortiment aufnehmen wollte, wartete jahrelang auf Erlaubnis. „Wir wollten exklusiv bleiben. Wenn es in einer Straße bereits einen Laden mit unseren Brillen gab, musste ein anderer sich gedulden.“ Mittlerweile führt Larry Leight das Label ohne seinen Bruder weiter. Entworfen werden die Brillen im puristisch eingerichteten Headoffice, gleich neben dem Geschäft am Sunset Boulevard, die Herstellung übernehmen zwei Manufakturen in Japan und Italien. 15 Monate dauert es, bis eine Brille fertig ist. Verkauft werden sie in acht eigenen Geschäften, außerdem in Luxusläden wie Colette (Paris) oder Harrods (London), bei einigen Optikern und zeitweise auch bei den Modehäusern, mit denen Leight bisher kooperiert hat. Balmain war zum Beispiel dabei, Kris Van Assche, Maison Kitsuné – und nun eben Isabel Marant. Am Vormittag ist Leight mit der Designerin im „Chateau Marmont“ verabredet – ein Hotel um die Ecke vom Sunset Boulevard –, um der Presse Interviews zur gemeinsamen Kooperation zu geben. Die Designerin ist ungeschminkt, die grau melierten Haare trägt sie zu einem einfachen Dutt, ihr Lachen klingt noch ein bisschen heiserer als sonst. Am Vorabend habe sie das einjährige Bestehen ihres Geschäfts am Melrose Place gefeiert und daher nur eine Stunde schlafen können, entschuldigt sie sich. „Oliver Peoples habe ich vor Jahren in New York entdeckt. Damals gab es die Brillen in Paris noch nicht, und ich habe mir gleich zwei Mal das gleiche Modell gekauft. Aus Angst, eines zu verlieren“, erzählt sie. Als sie Larry Leight im Oktober 2012 kennengelernt hat – die beiden haben die gleiche Presseagentur –, sei die Idee mit der Kooperation eine schnell beschlossene Sache gewesen. „Wenn sich jemand mit Sonnenbrillen auskennt, dann Larry!“ Zwei Modelle hat sie nun für Oliver Peoples entworfen: „Matt“ und „Daria“, mit Gläsern in hellen Pastelltönen. Eher Accessoires als Sonnenbrillen. „Ich mag es, wenn man die Augen der Leute sehen kann“, erklärt Isabel Marant. Und, na ja, es habe auch einen praktischen Grund. „So muss man die Brille nicht ständig auf- und absetzen, man kann sie auch drinnen tragen.“ Oder eben an einem so außergewöhnlichen Tag wie heute. An dem es in Los Angeles leicht nieselt. 39 INTERVIEW A lasdhair Willis ist kein Typ, der viel Aufhebens um sich macht. Dennoch ist der Brite nicht zu übersehen: Groß, schlank, die dunkelblonden Haare sind zu einer dandyhaften Tolle zurückgekämmt, der Vollbart ist gepflegt. Im schwarzen Rollkragenpullover und mit Jeans wirkt er, als sei er direkt der britischen „GQ“ entsprungen. Man kann sich ihn, der seit einem Jahr als Kreativdirektor des britischen Labels Hunter agiert, nur schwer in Gummistiefeln vorstel- ne Aufgabe, das Geschäft, das sich um ein einziges, wetterbezogenes Produkt drehte, als globale Lifestyle-Marke zu etablieren. Gleichzeitig durften wir nicht die Stammkunden vergraulen, die unsere praktischen Produkte schätzen. Ich habe die Marke umstrukturiert. „Hunter Original“, für das wir die Kollektion in London gezeigt haben, soll eine junge, modeaffine Kundschaft ansprechen. Im nächsten Sommer möchten wir „Hunter Field“ auf den Markt bringen. Da wird es um Kunden gehen, die sich draußen aufhalten und arbeiten. Hunter existiert seit fast 160 Jahren. Was bedeutet das Label für die Briten? Für Jäger. Und Großstadtjäger Als Markenberater und Mann von Stella McCartney agierte Alasdhair Willis bisher im Hintergrund. Jetzt kreiert er für das britische Label Hunter die Mode zum Gummistiefel. Silvia Ihring schreibt zum Halali Kreativer mit Sinn fürs Geschäft: Alasdhair Willis ANDREW WOFFINDEN; ACTIONPRESS; AFP/BEN STANSALL len. Aber man war ja auch noch nie mit ihm auf dem Land, wo er mit seiner Frau, der Modedesignerin Stella McCartney, und den vier Kindern am Wochenende hinfährt und wo die Wellington-Boots zur Grundausstattung gehören. Willis war Verleger der Zeitschrift „Wallpaper“, er hat die Londoner Design-Galerie „Established & Sons“ geleitet und er arbeitet als Markenberater. Im Februar zeigte er auf der London Fashion Week seine erste Modekollektion für Hunter, die im Herbst auf den Markt kommt. Aus dem traditionsreichen Unternehmen, das Landwirte wie Festivalbesucher für seine robusten Gummistiefel lieben, soll eine Lifestyle-Marke werden. Die Kritiker sind sich einig: Willis hat bewiesen, dass Regenkleidung funktional und cool zugleich aussehen kann. Das Interview findet stilecht im Hunter-Showroom in London bei einer Tasse Tee statt. Herr Willis, der Laufsteg bei Ihrer Show war mit Wasser gefüllt, es hat ganz schön gespritzt, als die Models da durchgelaufen sind. Hat Anna Wintour sich beschwert, weil sie in der Front Row nass geworden ist? Nein, überhaupt nicht! Sie hat mir später sogar geschrieben, wie sehr ihr die Show gefallen hat. Aber die Idee war schon riskant. Bei der Probe sind die Jungs geradezu durch den Pool gestampft, das Wasser flog nach allen Seiten. Ich habe den Models gesagt, dass sie ruhiger laufen sollen. So ist es wenigstens etwas trockener geblieben. Sie haben damit veranschaulicht, was für eine britische Gummistiefel-Marke eben eine große Rolle spielt: das Wetter. Wir Briten neigen dazu, wirklich viel über das Wetter zu reden (lacht). Wir kriegen hierzulande nun mal viel Regen ab. Da braucht man Kleider, die dem Wetter standhalten, aber man möchte auch, dass sie gut aussehen. Als ich vor einem Jahr bei Hunter anfing, war es mei- Es ist eine Institution in Großbritannien. Es löst positive Emotionen aus, was doch verwunderlich ist, schließlich geht es um Gummistiefel. Aber diese Gummistiefel haben im Leben vieler Menschen eine Rolle gespielt. Ich komme aus dem Nordosten Englands und die Menschen dort tragen die meiste Zeit Gummistiefel, mein Vater trug Hunter. Ich liebe noch heute den Geruch von Gummi, es erinnert mich an meine Kindheit. Und nicht nur Briten kennen die Bilder von Prinzessin Diana oder Kate Moss in diesen Stiefeln. Diese britische Identität ist sehr wichtig. Aber was „Britishness“ bedeutet, verändert sich ständig. Eine historische britische Marke muss das widerspiegeln. Man muss sein Erbe feiern und gleichzeitig nach vorn schauen. tastische Stimmung. Für junge Leute, aber nicht nur für die, ist die Festival-Saison in Großbritannien extrem wichtig. Nur ist meistens das Wetter sehr schlecht. Und stapfen Sie an anderen Wochenenden in Wellies durch die englische Landschaft? Freitagabends fahren wir oft in unser Haus aufs Land. Wenn ich dort meinen Kindern beim Fußballspielen zuschaue, stehe ich meist mit Hunter-Stiefeln am Spielfeldrand. Das Wochenende bleibt also arbeitsfrei? Immerhin beraten Sie weiterhin auch Labels wie Adidas und Dunhill. Meine Frau und ich arbeiten beide sehr hart. Man muss darauf achten, dass man sowohl für die Beziehung als auch für die Kinder genug Zeit freischaufelt. Am Wochenende versuchen wir stark zu bleiben und nicht zu viele EMails und SMS zu schreiben. Dennoch ist mein Handy leider nie ausgeschaltet. Aber ich werde besser darin, Grenzen zu ziehen. Es ist gut, wenn man sich abends ins Bett fallen lassen kann und nicht nur an die Arbeit denkt. Dann kommen über Nacht die besten Ideen. Ich notiere meist gegen drei Uhr früh Dinge in meinem iPhone. Manchmal fallen mir richtig tolle Sachen ein, manchmal frage ich mich am nächsten Tag, was für einen Unsinn ich da aufgeschrieben habe. Sie und Stella McCartney stehen als Paar stark in der Öffentlichkeit. Wie gehen Sie damit um? Wir versuchen, unser Privatleben so privat wie möglich zu lassen. Wir haben kein Verlangen nach Publicity, das entspricht einfach nicht unserem Charakter. Natürlich gehört Aufmerksamkeit zu unserem Beruf und bei dem familiären Hintergrund meiner Frau ist es unvermeidbar. Aber wir wollen, dass unsere Kinder so normal wie möglich aufwachsen. Ich glaube, wir kriegen das ganz gut hin. Ikone: Der „Original Nightfall“ sowie eine Regenjacke aus der SS-2014-Kollektion. Rechts Prinzessin Diana im Country-Look mit, klar, Hunter-Stiefeln Das hat schon mal insofern geklappt, als dass Hunter-Stiefel heute ein beliebtes Festival-Accessoire sind. Sind Sie ein Festival-Fan? Ich gehe fast jedes Jahr zum Glastonbury-Festival. Das erste Mal war ich dort mit 16 mit einem Freund. Wir haben es nicht geschafft, das Zelt aufzubauen, also haben wir im Auto geschlafen. Na ja, heute läuft es etwas anders, ich komme morgens, gehe am Abend, und komme am nächsten Tag wieder. Voriges Jahr waren wir mit der ganzen Familie dort. Auf Festivals herrscht immer eine fan- Sprung ins Wasser: Willis’ erste Hunter-Modenschau für den Winter 2014 41 Ready to ride 14 PFERDESTÄRKEN Die Maschine ist cool. Beckham erst recht. Aber richtig vorwärts kommen die beiden nicht Das Schöne an Mode ist: Man darf ungeniert so tun als ob. So tun, als sei man eine Reiterin, ein Cheerleader oder eben eine Motorradbraut 2 1. Rauf aufs Rad: Boots von Jimmy Choo. 2. Flattert im Fahrtwind: Weste von Michael Kors. 3. Easy Rider: Lederjacke von Matchless. 4. Biker-Bag: Tasche von Miu Miu. 5. Kopfgesteuert: Helm von Piquadro. 6. Gib Gas! Jacke von H&M. 7. Must-have der Motorradsaison: Sweatshirt von Rika. 8. Edelbiker: Lederjacke von Belstaff. 9. Für coole Girls: Tasche von Gucci. 10. Vorausschauend: Lederbrille von Christian Dior. 11. Bodenhaftung: Biker-Boots von Unützer. 12. Für Puristen: Lederjacke von Bally. 13. Die macht Beine: Lederhose von 7 for all Mankind. 14. Kettenreaktion: Collier von Louis Vuitton 1 4 APE/SPLASH NEWS/CORBIS 3 5 Mach die Knatter 6 Sollen die Verächter erzählen, was sie wollen: Richtig betrieben ist Motorradfahren die pure Eleganz – und damit ein wunderbarer Weg zum Glück. Bekenntnisse des Bikers Thomas Delekat 7 N 8 10 13 11 12 42 ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER UND CAROLINE BÖRGER 9 Nico stand in der Garage, als Csaba vorbeikam. Nico sah ihn durch die Öffnung seiner Doppelgarage. Er fand, das sah aus wie im Film. Nicos Garage hat die Aussicht „Zufahrt mit Straße“, der Bildausschnitt kommt ungefähr auf das TV-Format 16:9, und Csabas Ferrari kam von rechts ins Bild. Langsam, rot, Kühlerhaube. „Guck ma, hab ich gerade gekauft“, sagte Csaba durch die Seitenscheibe, „dreh’n wir ’ne Runde?“ Nico setzte seine Ducati zurück auf den Seitenständer, legte den Helm aufs Autodach und, na gut, super Ferrari, jetzt zeig mal her. Das war vor zwei Wochen. Tolles Auto, sagt Nico. Schönes Ding. Sogar in Kronberg/Taunus eine Show, das auf die engste Millionärsdichte in Deutschland kommt. Aber schöner wär’s wie sonst gewesen, wie wenn er Csaba durchs offene Garagentor kommen hört. Zweizylindermaschine, mindestens 1000 ccm Hubraum, wuchtiges, kraftvolles Bollern. Schwer zu sagen, was es ist, eine Moto Morini, eine KTM, eine Duc, beim letzten Mal hatte er eines der allerersten Exemplare dabei, die BMW, gerade vom Retrobike nineT ausgeliefert. Csaba wechselt seine Motorräder wie die Hemden, aber das ist es nicht, was interessant ist an ihm. Es gibt kaum was Schöneres, als mit Csaba und Nico durch den Taunus zu brummen. Zu dritt den Hügel rauf, Waldserpentinen runter, Burgen, Wiesen, lange, schattige Wege an Bächen, durch gewundene, gestreckte Täler, weit geschwungene Matten am Hang. Große Bussarde, die kleinen Falken in der Luft, feuchte Wälder. Kilometerlang an Weidezäunen entlang. Die Motoren stampfen in niedriger Frequenz, von den Felswänden hallen sie dumpf und mächtig sexy wieder. Nico ist ein großartiger Fahrer, er hat Stil, er hat Eleganz. Es ist ein Genuss, hinter ihm her zu sein, ihn zu sehen, wie er schwenkt, sich fallen lässt, die Kurve durchzieht, bis sein Rücklicht hinterm Kurvenscheitel verschwindet. Bei Nico sieht es nach Tiefschnee aus, nach den Schwüngen beim Ski, und hätte er nicht das Naturell, das er hat, würde er juchzen. Nico ist von Weitem zu erkennen. Es ist nicht nur seine klangvolle italienische Maschine, die eine bessere fünfstellige Summe gekostet hat. Es ist schon von fern seine groß gewachsene, Hungerhaken-Figur, die schneidig im Wind hängt. Sein Leder hat ihm der teuerste italienische Motorradcouturier Dainese auf den Leib geschneidert. Das erste Mal sah ich Nico nicht auf der Straße. Er saß an einem Feldweg, im Gras neben seiner MV Agusta F4, die er damals hatte. Er war abgebogen, weil er im Rückspiegel eine japanische Supersportmaschine mit einem Angestachelten gesehen hatte. Der wollte sich gegen ihn und sein Edelmotorrad beweisen. Nico fürchtet das. Dass er das provoziert, diesen Ehrgeiz, diesen tödlichen Schwachsinn, und er fühlt sich verantwortlich dafür. Er bog in den Feldweg ab, als er im Rückspiegel die Fahrfehler seines Verfolgers sah. Er kam viel zu weit links, auf der Gegenfahrbahn um die Kurve. Zwischen Nico und mir ist wortlos klar, dass Csaba noch was braucht bis zum höchsten Grad der fahrerischen Reife. Wir meinen Abgeklärtheit damit. Nico und ich haben uns nie dafür interessiert, wer der Schnellste von uns dreien ist. Aber Csaba wäre es gern, er muss immer die Krone haben. Die ist aus bedruckter Pappe, denken Nico und ich, und wenn es wieder so weit ist, lassen wir uns ein bisschen zurückfallen hinter ihn. Dann sehen wir ihn wachsen. Das Begabteste, Schönste und Weiseste, das jemals jemand übers Motorradfahren zustande gebracht hat, stammt deshalb von Melissa Pierson, einer Amerikanerin. Jedem Satz in ihrer Autobiografie „Über die Leidenschaft, ein Motorrad zu fahren“ ist anzumerken: Sie ist eine große Motorradfahrerin. Aber sie ängstigt sich vor jeder Kurve, und Mühelosigkeit, vertraute Beherrschung, das wird sie nicht mehr erfahren. Csaba würde das Buch nicht verstehen. Nico hat es nicht gelesen. Aber er hat wie ich auch so in Erfahrung gebracht, dass das Motorradfahren etwas Philosophisches, Höchstpersönliches und vollkommen Glücklichmachendes sein kann. 43 MARKENKLEIDUNG MATCHLESS Historisch: Ein Werbeplakat aus dem Jahr 1928 Voll abgefahren Die Malenottis holten die Lederjacken von Belstaff auf die Modebühne und verkauften dann das Label. 44 Michele Malenotti ist nicht der Typ, der an Omen glaubt. Aber er versteht viel von Marketing und schätzt schon deshalb Situationen, aus denen eine Geschichte werden kann. Im vergangenen Frühsommer war wieder so ein Moment. Er war nach Sylt gereist, um sich mit Manuel Rivera, der auf der Insel mit seinem Mode-Unternehmen Different Fashion mehrere Boutiquen betreibt, zu treffen. Man wollte dies und das besprechen. Und wohl auch die Frage, ob Kampen der richtige Platz sein könnte, um in Deutschland eine Marke bekannt zu machen, die in Vergessenheit geraten war, aber genau das mitbringt, was heute wieder sehr geschätzt wird: Historie, Qualität, Coolness, Sportlichkeit. Und, ganz wichtig: Mythos. Die Malenottis hatten nämlich Matchless gekauft. Eine Legende unter Motorradfans, die älteste Motorradmarke überhaupt, 1899 von dem Briten Henry Herbert Collier gegründet, der Name Programm. „Matchless“, das waren die, die bei Rennen immer als Erste durchs Ziel gingen. Henry und wenige Jahre später mit ihm seine Söhne Charly und Harry, die mit ihren Maschinen regelmäßig wichtige Preise abräumten, waren besonders innovativ, wie etwa mit der Fertigung von Motorrädern auch für Frauen, und mit dem Geld, das sie als Lieferant der britischen Armee verdienten, expandierten sie Ende der 1930er-Jahre überaus erfolgreich in die weite, westliche Welt. Mit den Maschinen und auch schon Biker-Klamotten. Marlon M Brando brauste mit seiner Sonderanfertigung der „600cc Scrambler“ durch Kalifornien und fühlte sich nicht nur wegen des Initials mit dem M-Logo auf dem Tank verbunden. James Dean hatte eine Matchless, tolle Fahrer wie John McLaughin auch. Und dann war es vorbei. 1968, ausgerechnet, wurde das letzte Motorrad ausgeliefert, die Dornenhecke wuchs, der Name landete bei einem griechischen Unternehmer. Mehr passierte nicht. Bis die Malenottis kamen und die Rechte kauften. Die Michele Malenotti mit Kate Moss. Das Topmodel ist das Gesicht der Marke Geschichte wiederholen wollen: innovativer Vater mit smarten Söhnen baut eine kultige Weltmarke auf. Unternehmerische Erfahrung haben sie reichlich, markenspezifische auch. Zwischen 2005 und 2010 haben sie Belstaff wieder belebt, dann verkauft. „Der große Flagship-Store in London zeigt, dass wir nicht so schlechte Vorarbeit geleistet haben dürften“, sagt der dynamische Michele. Nun aber Matchless, und das soll eine lange Beziehung werden. Am liebsten wieder „eine Religion“. Nur umgedreht: erst die Mode, dann das Motorrad. Im November soll der Prototyp vorgestellt werden. Für die erste Kampagne 2013 poste Kate Moss auf der Original-Maschine, mit der Brando 1953 durch „The Wild One“ kurvte. Die Werbeverträge mit ihr sind langfristig angelegt. Es geht wohl nicht nur um Geld. Mrs Cool trägt vermutlich auch privat solche Jacken. Und das Omen? Nun, es fügte sich, dass Michele Malenotti just an dem Tag nach Sylt kam, als Ingrid Homberg beschlossen hatte, nach all den Jahren quasi über Nacht ihre Boutique in Kampen zu schließen. 100 Quadratmeter am Ortseingang mit großer Rasenfläche davor. Das wär’s doch, schlug Rivera vor und Malenotti schlug ein. Wenige Wochen später stand er im umgebauten Geschäft, um die Eröffnung vorzubereiten. Ein Anwalt klopfte, er war sturzverliebt in die Brando-Jacke, konnte nicht länger warten. Michele verkaufte sie ihm. In den Tagen danach kam er noch neun Mal. Samt Familie. IG Masterminds of a new generation Till Brönner – the passion of jazz eduard-dressler.com Nun gehört ihnen mit Matchless die älteste Motorrad-Lifestyle-Marke. Das Rennen ist eröffnet KLEINE BUNTE KADEWE.DE ALSTERHAUS.DE OBERPOLLINGER.DE LA PERFEZIONE DEL GUSTO Hummermäßig! Clutch „Pandora Gourmet“ von Charlotte Olympia über mytheresa.com Süß! Bonbon-Clutch von Chanel aus der „Boy Bricks“-Kollektion Grüner Star: Die Pochette „Mini Convoyeur“ ist von Hermès Funtaschtisch! Probier’s mal mit Vergnüglichkeit! Egal, ob nun einfarbig, mit plakativen Motiven, Fransen oder Perlenbesatz – eines steht fest: Im Sommer werden wir es auf jeden Fall bunt treiben 46 Rund und blau? Genau! „Extra Cool Mint“Bag von Yazbukey über matchesfashion.com Sunshine in a bag: Das Modell „Cybill M“ ist von Aigner Nicht verfransen, einfach kaufen. Und lieb haben! Clutch von Paula Cademartori Bonbon-Regen: Schultertasche „Va Va Voom“ von Valentino über mytheresa.com Leometrisch: „Monogramme“-Clutch mit „Babycat“-Print von Saint Laurent Herzig: In love mit der Clutch aus der „58-Kollektion“ von Gucci Urlaubsreif: „Jean Flamingo“-Box-Clutch von Edie Parker über net-a-porter.com Augenschmaus: Das Modell „Petit 2Jour“ ist von Fendi Entdecken Sie die neuesten Marken und aufregendsten Trends aus Italien – jetzt in den drei Premiumhäusern KaDeWe, Alsterhaus und Oberpollinger. ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER Quadratisch, farbig, gut: Henkeltasche von Prada EINE INITIATIVE MIT UNTERSTÜTZUNG DES ITALIENISCHEN MINISTERIUMS FÜR WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG UND DER ITALIENISCHEN AGENTUR FÜR AUSSENHANDEL. ICH HÄTT’ DA NOCH ’NE FARM IN AFRIKA Foto: Wiebke Bosse. Assistenz: Ruth Kobbe Styling: Odessa Legemah. Assistenz: Gudrun Deertz Haare & Make-up: Anna Neugebauer c/o Bigoudi Mit Produkten von Uslu Airlines Model: Nell van Hülst c/o MD Management Mit Dank an Klara Zakis (thesafaricollection.com) und an Damaris Rotich vom Karen Blixen Museum in Nairobi 48 MODEL NELL TRIFFT IM HOTEL „GIRAFFE MANOR“ AUF FREI LAUFENDE GIRAFFEN UND WARZENSCHWEINE. KLEID UND ARMREIF VON HERMÈS. SCHUHE: APERLAI 49 BESTICKTES KLEID SOWIE LEDERSANDALEN VON LOUIS VUITTON 50 KETTE ODER HAARREIF? DER SCHMUCK VON AUGUSTIN TEBOUL IST BEIDES. KLEID: VALENTINO KLEID MIT STEHKRAGEN UND INTEGRIERTEM COLLIER: MIU MIU DIE GLÄNZENDE HOSE IST VON GUCCI, DAS HELLE TOP VON AKRIS. SCHUHE: MIU MIU 53 54 55 BESTICKTES KLEID UND WILDLEDER-SANDALETTEN MIT SPITZEM ABSATZ: BEIDES VON PRADA G PLISSEEKLEID VON BOTTEGA VENETA. SANDALETTEN: VALENTINO ZU KAREN BLIXENS EHEMALIGER FARM PASST DER OVERALL VON GIORGIO ARMANI NATÜRLICH GUT S Sie stand ganz einfach da. Als ob gar nichts weiter dabei wäre, hier, am Flughafen von Nairobi, wo die Menschen wahnsinnig laute Flugmaschinen starten und landen lassen. Für die Giraffe schien das totale Routine zu sein, für uns, ein Fotoshooting-Team von sechs Mädels, war es der Auftakt zu einem Termin, den ich als Fotografin nie vergessen werde. Afrika, Kenia, das hat ja immer einen gewissen Hauch von Abenteuer – und die haben wir auch erlebt. Der Weg zum „Giraffe Manor“, einem Anwesen, das in Karen, etwa eine Autostunde von Nairobi entfernt liegt, bot mit seinen vielen Schlaglöchern sofort das, was sie hier eine „african massage“ nennen. Die dänische Schriftstellerin Karen Blixen hatte hier einst versucht, Kaffee anzubauen, aber daraus wurde nichts. Nun ist das Gelände eine „Donation“ von Peter Beard – jenem amerikanischen Fotografen, der mit seinen Wildlife-Aufnahmen weltweiten Ruhm erlangte. Unser erster Abend: Die Sonne geht hinter den Ngong Hills unter – dieses Licht, dieses unfassbare Licht! –, ich las die erste Seite von „Out Of Africa“ vor, um mich herum totales Schweigen. Auch das war eine einmalige Erfahrung. Zur Erklärung: Wenn sechs Mädels, die mit Mode zu tun haben, aufeinandertreffen, dann reden im Normalfall mindestens drei durcheinander. Sie ahnen, wie beeindruckt wir gewesen sein müssen? Im Giraffe Manor, von einem schottischen Toffee-Erben erbaut, herrscht eine entspannte Atmosphäre. Es ist auf 1600 Meter Höhe gebaut, deswegen gibt es hier nur wenige Malariamücken, es ist also keine gefährliche Gegend. Auf dem Schreibtisch im Kaminzimmer lag das Buch „West With The Night“ von Beryl Markham, angeblich war sie die Geliebte von Karen und Bor Blixen. Das Vorwort stammt von Hemingway. Er schreibt, es sei vielleicht das beste Buch, das je geschrieben wurde. Das kann ich nicht beurteilen, aber die Geschichten rund um das Haus und seine Bewohner, die sind großer Stoff: Erst die Leute, die die Giraffen holten, dann die Zeit, in der das Anwesen verfiel und zeitweise von Hippies besetzt wurde, die das Kaminzimmer psychedelisch bunt anmalten – ach, es waren so viele Geschichten, die man uns erzählte. Steve, der Manager des Hauses, war zur Punkzeit Modefotograf in London, er hatte damals die ersten Shoots mit Galliano gemacht. Heute sieht er aus wie ein ergrauter Earl. Auch auf Karen Blixens Farm durften wir uns umsehen. Im Salon, wo sie bereits mit Wallis Simpson, der Gattin Edwards VIII., gespeist hatte, durften wir fotografieren. Und Peter Beard? Nun, das ist noch einmal eine ganz eigene Geschichte. Ich habe die Leute im Haus gelöchert, wo sich seine Farm befinde, aber das wollte niemand wissen. Es heißt, sie verfalle. Aber dann hat uns unser Fahrer Julius doch dorthin gebracht, wo er meinte, dass es sein müsse. Zwei Aufpasser in Militäruniform mussten überzeugt werden, mir ein paar Schnappschüsse zu erlauben. Dubios, das Ganze, es heißt Beard sei des Landes verwiesen, aber niemand will darüber sprechen. Ich rekapitulierte im Kopf noch einmal schnell die Liste derjenigen, die schon hier waren: Jackie O., Andy Warhol, Mick Jagger, Prince Charles ... Irgendwie liegt hier alles so dicht beieinander, die Natur, die Tiere, die Tradition, die großen Namen, die Rätsel. Wiebke Bosse 57 Ein Lächeln, das absolut unbezahlbar ist: Bei Rosita Missoni zu Hause in Sumirago in der Lombardei HAUSBESUCH Rosita Missoni liebt Pilze als Designobjekte, entsprechend viele finden sich in ihrem Haus - und gegessen werden sie auch. Bei Tisch sitzt sie am Kopfende, umgeben von ihrer Familie Maddalena Aspes, Eugenio Amos, Margherita Maccapani Missoni, Ottavio jr. und Giacomo Missoni. ICON-Chefin Inga Griese sitzt zu ihrer Linken Monte Rosita Missoni-Design wurde schon als Moderne Kunst ausgestellt. Eine Kunst THOMAS MEYER (14); GETTY IMAGES (2) des Hauses ist aber auch der Familiensinn. Inga Griese erlebte ihn S Sumirago in der Lombardei. So idyllisch das klingt, ist es auch. Gut 6000 Einwohner, keine Stunde nördlich von Mailand entfernt. Das ländliche Italien, mit bestem Cappuccino im einfachen Café und schmalen Gassen. Wenn die Straße aus der Ortschaft heraus, vorbei an Siedlungen und Wiesen etwas außerhalb schließlich in einem Wäldchen mündet, dann ist das Ziel erreicht. Vor dem Eingang eines unspektakulären Gebäudekomplexes hinter einem soliden Metallzaun leuchtet in der Wintersonne eine mannshohe Vase mit buntem Zickzackmuster. Kein Zweifel, hier sind wir richtig. Hier muss Missoni sein. Wenn man sich dann rechts hält vom Hauptquartier, ein kleines Stück den einen Sandweg geht, dann kommt man wieder an ein Tor, dahinter liegt ein großer, wilder Park und darin verborgen ein flaches Haus. Das Kraftzentrum. Hier wohnt Rosita Missoni. Die Patriarchin, die Mama und Nonna. Nur auf den ersten Blick sieht man eine kleine ältere Dame mit 59 weißer Kurzhaarfrisur. Doch schnell ist man eingenommen von Warmherzigkeit, und vor allem der Dynamik, die in dieser Persönlichkeit steckt. Trotz allem: Ein schweres Jahr liegt hinter der 83-Jährigen. Erst stürzte im Frühjahr ihr ältester Sohn Vittorio über Venezuela mit dem Flugzeug ab, mehr als ein halbes Jahr Ungewissheit später wurden die Toten geborgen. Drei Wochen nach der Diamantenen Hochzeit starb Anfang Mai ihr Mann Ottario. Als wir darüber sprechen, sagt sie nicht viel, ihr Blick tut es. Trauer, Unglück und das Wissen, dass man das Leben dennoch annehmen muss. Der inneren Einsamkeit setzt sie das Jetzt entgegen. Zickzack. Das Haus ist bunt und heimelig, im Zentrum riesige Sofas für viel Familie, Tellersammlungen in Schränken und an den Wänden, Erinnerungs-Nippes in Setzkästchen und überall Pilze. Rositas Lieblingssammelobjekt. Auch als Strickhocker. Wobei es nicht chaotisch ist, Nicht nur für Hippies: fröhliche und dabei bequeme Designs, das ist der Stil des Hauses Missoni 60 sondern gewachsen, es ist nicht perfektioniert, sondern erlebt. Gleich werden die Kinder kommen. Die Enkel, auch Margarita, Ita, die Tochter von Kreativchefin Angela, die dritte Generation Designerin und Vertreterin des einzigartigen Stils. Der auch wieder die Kluft der jungen Bohemians ist. Bei der Hochzeit mit Andrea Casiraghi schritt ihre Freundin Tatiana in Missoni Spitze die Stufen des Fürstenpalastes von Monaco hinunter. Otto, Margaritas Baby, ist auch mit. Der Vater dazu, die Brüder. Die große Runde trifft sich oft am langen Tisch im Wintergarten vor der Küche: gelebter Familiensinn. Es wird viel, laut diskutiert, gelacht. Und richtig gegessen. Klar, Pilzrisotto, extrem köstlich, Fisch, Wein, Pellegrino-Wasser mit Missoni-Etikett. Teller und Tischdecke haben, klar, Pilzmuster. Entwürfe von Rosita. Sie sitzt vor Kopf, hat alles im Blick. Vorher reden wir. Die Sofaecke, mit Blick auf Garten und das Monterosa-Panorama, ist der richtige Platz, um über Missoni Home zu sprechen. Auf Englisch, das spricht sie sehr gut. Als noch kaum einer auf die Idee kam, sich mit seiner bevorzugten Modemarke auch einzurichten, fingen Sie an, ganze Wohnwelten zu entwickeln. Wie kam es dazu? Mitte der 90er übernahm unsere Tochter Angela die Prêt-à-porter und für mich wurde es Zeit, weniger zu machen. Ich hatte nicht mehr die Kraft für den ständigen Kampf auf der kommerziellen Ebene. Die Besserwisser wurden immer mehr. Jedenfalls die nach der Show. Dass man überhaupt erst einmal Ideen haben muss, vergaßen sie (sie lacht). Ich mochte auch nicht mehr auf Partys und Veranstaltungen gehen, was aber dazu gehört in der Modewelt. Ich war ohnehin nie mondän, mir gefällt ein einfaches Leben. In der Mode muss man unterwegs sein, um das Gespür zu behalten. Aber sie hatte sich eben auch fort entwickelt von Passion und Neugier, es schien vor allem noch um Informationen zu gehen, ein anderer Zeitgeist kam. Hedonismus und Minimalismus waren dran. Wir behielten zwar loyale Kunden weltweit, aber ich wusste, dass unser Stil nicht länger Mode ist. Und so war ich heilfroh und erleichtert, dass Angela die Mode übernahm. Sie hat Missoni ja im Blut. Und Sie wollten zukünftig Großmutter sein? Ja. Ich fuhr die Enkel an zwei, drei Tagen der Woche zur Europäischen Schule, das war ein großes Vergnügen, die zwanzig Minuten mit ihnen morgens im Auto. Aber nach drei Wochen dachte ich bereits: Du liebe Güte, das kann nicht alles sein! Ich wollte aber auch nicht Angela reinreden, beraten ja, wenn sie es wollte, mich aber keinesfalls einmischen. Ich musste etwas anderes finden. Wir fertigten damals bereits in Zusammenarbeit mit meinen Brüdern, die das Unternehmen meiner Eltern T&J Vestor weiterführten, nebenbei schon ein paar Teppiche und kleine Dekorationsteile. Das schien mir ein geeignetes Feld, schließlich hatte ich schon immer ein Faible dafür, das Haus zu dekorieren. Und so wurde zu meinem großen Glück aus einem lebenslangen Hobby noch ein richtiger Beruf. Den Sie immer noch ausüben. Obwohl sie ja nun schon Urgroßmutter sind? Man kann einen Job nicht als Hobby betreiben! Und ich bin sehr froh darüber, es hält mich lebendig, lässt mich Leute treffen und offen bleiben für Anregungen. Und: es ist immer noch eine Familiensache. Auch T&J Vestor produziert immer noch Missoni Home. Im Gegensatz zur Mode ist der Druck wahrscheinlich auch nicht so groß? Ja, das ist so. Es ist eine sehr große Kollektion, aber eben nur eine pro Jahr. Wobei sich die Saisons überschneiden und so ist es ein fortwährender Prozess. Haben Sie jemals erwogen, die optische Identität zu verändern? Als Kontrast haben wir schwarz-weiß gedacht. Doch eigentlich werde ich der Farben nie müde. Es kommt auch darauf an, wie man sie einsetzt. Primärfarben können zu stark werden, aber mein Mann hatte ja das große Talent des Mischens. Er nahm zwei oder drei Fäden von drei verschiedenen Farben und zwirbelte sie zu einem Faden zusammen. Das dämpfte sie. Zu Beginn erinnerte ich mich an eine spezielle Technik, die ich aus der Firma meiner Eltern und Großeltern kannte, mit der man ein Garn in unterschiedlichen Farben färben konnte. Und so machte ich meinen ersten Pulli 1969 mit einem mehr als 40 Jahre alten Stoff, in der Tradition wie meine Großeltern schon Anfang der 30er Jahre Schals und Stickereien mit dem multicolor gefärbten Garn gewebt hatten. Das war großartig! Da war der Skandal schon fast vergessen. 1967 waren die Missonis eingeladen worden, im Palazzo Pitti ihre Kollektion zu zeigen. Weil sie fand, dass der Stoff nicht richtig zur Geltung kam, bat Rosita die Models, die BHs auszuziehen. Im nächsten Jahr wurden sie nicht wieder eingeladen. Aber Missoni war auf Magazin-Covern. Mit den fröhlichen Kleidern boten sie den richtigen Look für die aufkommende Hippie-Bewegung. Sie selbst waren nicht minder lässig. Ottario, Sohn eines Kapitäns und einer Adligen, hatte schon als junger Mann mit Stoffen experimentiert, mit einem Freund hatte er die wollenen Trainingsanzüge entworfen, die das italienische Team bei den Olympischen Spielen 1948 in London trug. Er selbst belegte über 400 Meter Hürden den 6. Platz. Und bei einer Party lernte er Rosita kennen, die gerade in London Englisch studierte und Freundinnen hatte, die Karten hatten. Der stattliche Leichtathlet ging ihr nicht mehr aus dem Sinn. Als Sie und Ihr Mann anfingen, konnte man in der Mode noch träumen, richtig? Wir hatten einen guten Moment. Die Pret-àPorter wurde gerade geboren. Wir hatten acht Strickmaschinen, benutzen Strick wie Stoffe und wussten, wie man sie färbt. Sie hatten lange überlegt damals, Anfang der 50er-Jahre, wo sie sich gemeinsam niederlassen wollten. Lieber an der Küste Dalmatiens, der Heimat von Ottavio, oder doch auf dem Land, dort, wo Rositas Eltern eine Tuchfabrik besaßen? Es wurde zunächst Galerate, es schien leichter dort eine Modeproduktion aufzubauen. 1954 kam ihr erster Sohn Vittorio zur Welt, 1956 folgte Luca, 1958 Angela. Mitte der 60er-Jahre traf der sportliche, fröhliche Missoni-Stil auch international genau den Zeitgeist. Der bis dahin spießige Strick plötzlich schick. Expansion war angesagt zum noch heutigen Standort in Sumirago. Wir waren so mutig damals, an unser Talent zu glauben. Eine Fabrik zu eröffnen! Wir hatten ja gar kein Geld! Aber Ende der Sechziger gab es ein Ansiedlungsförderungsgesetz, davon profitierten wir. Bekamen einen Kredit und Steuererleichterung für zehn Jahre und kauften 60000 Quadratmeter. 16 Verträge waren das, mit drei Namen, es gehörte ja alles den gleichen Familien. Und es war leicht, Mitarbeiter zu finden in der Region, weil es bis dahin kaum Jobs für Frauen gab. Unsere Fabrik war für sie schnell zu erreichen. Nah beieinander. Das ist das Prinzip bis heute. Gemeinsam sind sie stark – als Familie und als Unternehmen. Tai, wie alle Ottario nannten, sagte gern: „Ich liebe die Arbeit, aber ich finde leider keine Zeit dafür.“ Sein Frau hat dann gelächelt. Und weiter gemacht. Das Leben ist bunt. Wir spazieren noch ein Stückchen durch den Park. Schön hier. Alles. ZU BESUCH H So schön kann Yoga sein: Angela Lindvall ist nicht nur Model, sie beschäftigt sich auch intensiv mit allem, was den Menschen und die Natur gesund und stark macht Stadt, Land, Huhn Luxusgeschöpf und Country-Girl: Topmodel Angela Lindvall findet ihr Gleichgewicht zwischen den CINETEXT Extremen. Zu Hause in Topanga Canyon bei Los Angeles holt sie in ollen Biker-Boots die Eier aus dem Stall. Silke Bender besuchte die wohl schönste Frau der Öko-Bewegung in den USA. Rene & Radka fotografierten 62 Die andere Seite: In Film „CQ“ von Roman Coppola badete Angela Lindvall 2001 in Dollarscheinen interm Strand von Malibu geht es steil hoch in die Berge. Die Straßen werden eng und kurvig, nur die Briefkästen am Rande verraten, dass es hier irgendwo hinter dem nächsten Hügel Häuser gibt, wo Menschen wohnen. Sonst ist es grün und still. Wer in Topanga Canyon wohnt, will Abstand zum planen Moloch Los Angeles. Das war schon immer so: Zur Hippie-Bewegung in den 60erJahren wurde die grüne Bergkolonie populär. Und die Hippies beziehungsweise das, was aus ihnen geworden ist, sind immer noch da. Wie die deutsche 68er-Ikone Uschi Obermaier und die neue Generation: Singer-Songwriter Devendra Banhart oder Performance-Künstlerin Miranda July. Wenn man in den kleinen Ortskern kommt, scheint die Zeit stillzustehen. Vor den Fenstern der Secondhand-Boutique „Hidden Treasures“ wallen Tunikas im Wind, in denen vielleicht wirklich in Woodstock abgerockt wurde. Die selbst gemalten Werbetafeln an den kunterbunten PippiLangstrumpf-Holzhäusern weisen auf Biokost und Local-Farm-Produkte hin. Ein Laden verkauft auf einer riesigen Fläche Buddha-Statuen für den Garten in allen Größen. Eine kleine, heile Welt, wo jeder jeden kennt und vor den Geschäften einen Plausch hält. Auch deswegen ist Angela Lindvall, 34, mit ihren zwei Söhnen (Dakota, 11, und Sebastian, 8) hierhergezogen, hat sich auf weitläufigen drei Hektar Land ihren Traum vom ökologischen Landleben erfüllt. Sie kommt im Overall und schweren, mit trockener Erde verkrusteten Biker-Boots und einem Eierkorb hinter der Scheune hervor. Das Huhn namens Omelette war heute wieder fleißig: drei Eier. Zum Haustierpark gehören weiterhin: zwei Hunde, zwei Katzen und bald Honigbienen und eine Dexter-Minikuh, die bis zu vier Liter Milch die Woche gibt. „Mein Leben ist eine Antithese“, sagt die, die uns sonst in High Heels und in Edel-Couture bekannt ist. „In New York, Paris oder Mailand genieße ich zwar den Luxus, aber eigentlich gehöre ich hierher. Ich bin ein echtes Landmädchen.“ Geboren im Mittleren Westen der USA in der tiefsten Provinz zwischen Missouri und Kansas, fand ihre Kindheit in der Natur statt. Wälder und Bäche waren ihr Spielplatz. Ihre Eltern waren zwar keine Hippies, aber sehr naturverbundene, freigeistige Menschen. „Es gab immer frisches, gutes Essen bei uns zu Hause und um Gottes willen keine Kohlensäure-Getränke“, lacht sie. „Wie bei meinen Kindern jetzt.“ Als sie mit 14 Jahren entdeckt wurde und bei der renommierten Model-Agentur IMG unter Vertrag kam, war es mit dem heilen Landleben vorbei. Sie wurde in die Victoria’s-SecretModel-Riege aufgenommen, lief für alle großen Modehäuser über den Catwalk. Internationale Werbekampagnen für H&M, Gap oder Zara. Dutzende Cover-Shootings für die großen Modemagazine der Welt. „Mit 17 zog ich nach New York“, erzählt sie. „Es war ein Schock für mich. Überall dieses Fast Food, immense Abfallberge, Schmutz. Das war wirklich das Erste, was ich wahrnahm. Nicht das spannende, poshe Leben dort.“ Damals gab es noch keinen Namen und kein Gefühl für den gesunden, nachhaltigen Lebensstil LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability), der heute bei den Hipstern in New York bis Los Angeles zum guten Ton gehört. „Mein südafrikanischer Mitbewohner nahm mich eines Tages mit nach San Francisco – zu der Bioneer-Konferenz. Von da an entschloss ich mich, mein Leben nach ökologischen Aspekten auszurichten.“ Und sie meinte es ernst: 2001gründete sie die Collage Foundation, eine Organisation, die über Popkultur und Multimedia junge Menschen für Umweltthemen und nachhaltigen Konsum sensibilisieren will, zwei Jahre später moderierte sie im US-Öko-Kanal Planet Green die Sendung „Alter Eco“. Sie designte Mode für das nachhaltig orientierte T-Shirt-Label „Edun Live“, das Bono und seine Frau gegründet haben. Für John Hardy gestaltete sie ein Armband, dessen Verkaufserlös an eine Stiftung zur Erhaltung des Regenwaldes ging. „Ich war jung, und ich wollte die Welt retten. Den Öko-Gedanken sexy machen“, sagt sie. „Ich war auch ein bisschen naiv. Es war hart, zu erkennen, dass ich bei Weitem nicht so viel Einfluss nehmen konnte, wie ich dachte.“ 2006 wurden ihr die Flügel gestutzt. Sie verlor ihre Schwester bei einem Autounfall, ihre erste Ehe wurde geschieden. „Da lernte ich, dass ich erst einmal selbst wieder Erdung brauchte, meinen eigenen Garten in Ordnung bringen muss“, sagt sie. Sie kaufte ihr Haus in Topanga, bestehend aus einem großen Gästehaus, dem Haupthaus und einer Scheune: „Ich ließ alles nach ökologischen Standards renovieren und einrichten, nutze fast ausschließlich Solarenergie. Habe Wasserfilter, damit ich keine Flaschen kaufen muss. Pflanzte Obstbäume, baute ein Gewächshaus für Tomaten, Kohl und Salat. Legte einen Komposthaufen an. Ich will so autark wie möglich leben.“ Dass zu ihrem Fuhrpark von nun an ein Elektroauto und ein Hybrid gehörten, ist Ehrensache. Und sie entdeckte Yoga für sich. Vor zwei Jahren machte sie ihre Ausbildung zur KundaliniTrainerin. Jeden Morgen beginnt sie den Tag mit einer Meditation auf ihrer großen Terrasse vor der Scheune mit weitem Blick in die Berge. Praktisch, dass ihre Yoga-Lehrerin gleich in das Gästehaus eingezogen ist. „Ich mag auch den Kommune-Gedanken“, sagt sie. „Allein wohnen ist schrecklich.“ Ihr großzügiges Haupthaus mit den fünf Schlafzimmern hat sie daher im Moment vermietet, an gestresste Großstädter, die hier eine Oase der Ruhe finden und morgens zum Yoga vorbeikommen. Lindvall selbst wohnt derzeit mit ihrem Freund und den zwei Kindern in der umgebauten Scheune. Küche, Wohnzimmer, Bad und Schlafecke – alles in einem rund 40 qm großen Raum. „Ich komme gerade zurück von den Modenschauen in New York“ erzählt sie. Denn sie ist ja auch als Model noch im Geschäft. „Da habe ich allein in einem 5-SterneHotel gewohnt. Und ich finde es toll, alle meine Lieben nun in einem einzigen Zimmer beisammenzuhaben.“ Kontrastreicher kann ein Leben kaum sein. High Heels und Gummistiefel. Catwalk und Hühnerstall. Spannung und Entspannung. Das ist ihr Geheimnis von Balance. Wie beim Yoga. Ihr Haus vermietet sie an Gleichgesinnte www.greenleafoasis.org 63 Drei auf einem Sofa: Jack Russel-Terrier Godard (benannt nach dem großen französischen Regisseur), Frédérique Morrel und eine ihrer GobelinSkulpturen I Im Salon fliegt ein Pferd durch die Wand. Lebensgroß klebt das gewaltige Hinterteil einen halben Meter unter der Decke – und wer etwas länger auf den kreischend bunten Stoffbezug schaut, sieht sogar die Hufe zappeln. Auf der anderen Seite – über dem Kamin – hat es der Kopf bereits geschafft. Und das vermeintliche Pferd entpuppt sich als Einhorn. Aus dem Parkettboden grüßt ein Kaninchen, und durch die andere Zimmerecke huscht ein Bambi. Willkommen im Universum von Frédérique Morrel. Das Zuhause der Pariser Künstlerin ist eine Ode an die Fantasie. Wie sich Willy Wonka alias Johnny Depp einst seine Schokoladenfabrik erschuf, hat sich Morrel mit ihrer Kunst eine eigene Traumwelt eingerichtet, in der sich die Grenzen zwischen Sublimem und Profanem, zwischen Kitsch und Kunst aufheben. Ihre meist im lebensgroßen Maßstab gefertigten Skulpturen sind häufig Tiere aus dem ZU BESUCH Nur nicht auf dem Teppich bleiben Die Skulpturen der Pariser Künstlerin Frédérique Morrel feiern die Fantasie und schweben zwischen Kunst und Kitsch. Jetzt gibt ihr das Luxushaus Hermès die Carte blanche für die Vitrinen-Gestaltung der Flagship-Stores. In New York geht es los. Silke Bender traf sie noch in Paris, Joanna Maclennan fotografierte 64 Jagdmilieu, aber auch Fabelwesen, verfremdete Möbel und Schaufensterpuppen, die sie über und über mit Patchwork aus alten Teppichresten überzieht. Jede Figur ist ein Original, auf dem sich laszive Nackte neben Blümchen, blutroten Sonnenuntergängen und pausbackigen Kindergesichtern treffen. Die Gobelins, die hier kunstvoll zu einer neuen Collage verschmelzen, findet sie in Trödelläden und auf den in Frankreich so beliebten „Vide Greniers“, wenn die Leute ihren Keller oder Dachboden aufräumen und die Ausbeute auf der Straße zum Verkauf anbieten. Dass diese Wesen einmal einen solch großen Sprung machen – in Galerien von Tokio bis Los Angeles und in die Vitrinen von Hermès nach New York –, hätte Morrel wohl lange Zeit selbst nicht glauben wollen. Alles begann im Jahr 2006 mit dem Tod ihrer Großmutter. Das Erste, was ihre Mutter bei der Haushaltsauflösung auf den Müll warf, war der große, gestickte Panoramawandteppich über dem Kamin mit Szenen einer Wildschweinjagd. „Sie fand ihn immer schon total altmodisch und schrecklich, für mich jedoch verknüpften sich damit tiefste Kindheitserinnerungen“, erzählt Morrel. „Also zog ich ihn vom Container herunter, zunächst allerdings ohne konkrete Idee. Ich wollte ihn einfach nur als Erinnerung behalten.“ Die studierte Künstlerin und Modedesignerin, die zuvor 25 Jahre als Professorin und Beraterin arbeitete, hatte immer schon eine Schwäche für Trödel und Kitsch mit Charisma, den andere schlichtweg für Schund hielten. Davon berichtet ihre 135 Quadratmeter große Altbauwohnung, ein ehemaliges Schneideratelier: Jede Ecke ist bevölkert von Trouvaillen aller Art – ein Kuriositätenkabinett aus allen Regionen und Jahrhunderten. Der runde Beistelltisch mit kunstvollen Intarsien neben dem Sofa im Kaminzimmer – eine alte Pariser Toilette aus dem 19. Jahrhundert. Eisbärenköpfe aus Plastik, die Tierpräparatoren als Inlay dienten. Der Esstisch in ihrer Küche stammt aus ihrer alten Schulkantine, die alten Holzverkleidungen in der Küche und im Bad hat sie aus dem Familiensitz im Burgund gerettet und zu neuen Möbeln maßschneidern lassen. Alles in ihrer Wohnung bezieht sich auf die Vergangenheit und ist dennoch in einen neuen Kontext gesetzt. Und so zerteilte sie eines Tages den Wandteppich der Oma – und bastelte aus seinen Stü- Museumsgleich. Das Pariser Appartement von Frédérique Morrel gleicht einer Wunderkammer. Ab Mitte April schmücken ihre Skulpturen die Schaufenster von Hermès in New York cken einen lebensgroßen Baum. „Einen Stammbaum im wahrsten Sinne des Wortes“, sagt sie. Das kreative Spiel mit den buchstäblichen Assoziationen begann. Aus den übrigen gestickten Bildern auf dem Teppich von Hirschen, Hasen und Wildschweinen wurden wieder lebensgroße Tiere, belebte Stillleben sozusagen. Und so setzt sie Stück für Stück ihr heutiges Universum zusammen, in dem nun alles so logisch wie evolutionär zwingend erscheint. „Ich bin inspiriert von Mythen. Dem Garten Eden. Dem Sündenfall, der Arche Noah, Erlösung und Wiedergeburt. Meine Skulpturen befragen den Eros, den scheinbaren Widerspruch zwischen Mann und Frau, Mensch und Tier, Luxus und Massenware, Handwerk und Industrie, Kunst und Dekoration, Schönheit und Hässlichkeit, das Gestern und Heute.“ Und tatsächlich springt ihre kunsthandwerkliche Kunst heute durch Mauern und Milieus: Ob auf Einrichtungsmessen wie der „Maison & Objet“, in Kunstgalerien, wo sie Sammler wie den englischen Modedesigner Paul Smith oder den französischen Designguru Philippe Starck überzeugen konnte, oder im amerikanischen Edelkaufhaus Bergdorf Goodman: Überall sind ihre charmanten Zwitterwesen mit der reizvollen Mischung aus Humor und Fantasie absolute Hingucker. Dass jetzt Hermès diese ebenfalls in seine DNA aufnimmt und Frédérique Morrel ab April die Carte blanche für die Schaufenstergestaltung der Flagship-Stores gibt, erst auf der New Yorker Madison Avenue, danach kommt San Francisco, scheint nach einem Besuch bei der Fantasieverwalterin ganz natürlich. Das nicht minder fantasievolle französische Familienunternehmen, das als Sattlerei begann, hat schließlich auch einmal auf ein Pferd gesetzt. Und das bekam bekanntlich Flügel. 65 KUNST DAVID LEVENE Kristalle, Kristalle, Kristalle – und nun auch Engagement als Umweltschützerin: Nadja Swarovski hat mit der Firma viel vor, Imagegewinne dankend erbeten Schöner als der Schein Wer Swarovski nur für Bling-Bling hält, der sollte sich auf ein Abenteuer gefasst machen. Nadja Swarovski will mit einer neu gegründeten Stiftung Kunst, Kultur und Umweltschutz zusammenbringen. Andreas Tölke glaubt daran P 66 Pardon – jetzt kommt was aus der Richtung: Vati erzählt von seinen wilden Hippiezeiten. Aber es gibt sie nun einmal, die fundamentalen Erweckungserlebnisse. Es begab sich zu einer Zeit, da war High Fashion alles, aber nicht Swarovski. Die Kunstkristalle waren „the Bling-Thing“ an schrecklichen Jeanshosen, sie waren das Nonplusultra an Farbenfreude in einer Zeit, als bei Fashionistas das freche Steingrau von Tom Ford, damals GucciChefdesigner, als „schrill“ galt. Genau zu diesem Zeitpunkt, also Anfang der 2000er-Jahre, stapfte der Autor in Miami in einen, wie man heute sagen würde, Pop-upShowroom von Swarovski. Im Gepäck viele Klischees über das Bling-Bling made in Österreich. Bis dahin waren es die falschen Leute, die kleine Kristallfiguren in Vitrinen dem Staubtod überließen und auf perverse Art und Weise stolz auf diese skurrilen Assemblagen waren. Und dann geschah das größte nur denkbare Kontrastprogramm: Ross Lovegroves Concept Car, betrieben mit Solarenergie, gestylt mit Swarovski-Kristallen neben Kronleuchtern von Lenny Kravitz, Tom Dixon und Marcel Wanders. Das schlug so sehr ein, dass selbst das Wow im Halse stecken blieb. Der Crystal Palace – so der Name der Serie an Design Events – ist ein Baby von Nadja Swarovski, der Ur-Ur-Urenkelin des Firmengründers. Mit kleinen Steinchen ist sie nicht zufrieden. „Moment“, sagt sie lachend, „die kleinen Dinge machen den großen Unterschied.“ Langsam – dazu kommen wir noch, verehrte Frau Swarovski. Angefangen hat ihre Lust an den schönen Dingen mit einem Studium der Kunstgeschichte in Dallas. Ja! Das geht! Es ist nicht alles Stetson in Texas. Nächste Stufe: Wissen anwenden und lernen. Als Erstes bei Sotheby’s in New York – zur Frage, wie Kunst käuflich wird und wie verkäuflich sie ist. Im Anschluss: ein Job bei Larry Gagosian. Der Name löst bei fast jedem Galeristen der Welt vermehrten Speichelfluss aus: so weit kommen! Acht Galerien weltweit. War- hol. Koons. Beuys. Hirst. Gursky. Murakami. Gagosian hat von den Bestsellern der Szene noch einmal die besten Stücke. 925 Millionen Dollar. Im Jahr! Nur mit verkaufter Kunst. Nadja Swarovski hat nach ihrem Aufenthalt in Dallas jedenfalls de facto die beiden Topadressen der Kunstszene von innen heraus kennengelernt. Und dieses Know-how mit in das Familienunternehmen gebracht: „Als ich 1995 bei Swarovski angefangen habe, gab es zwei Abteilungen: eine für Konsumenten und die andere für Business to Business. Also die Steine und Kristalle als unser Beitrag zu Kollektionen von Modedesignern.“ Doch Nadja Swarovski stand eine Tradition zur Verfügung, auf der sie aufbauen konnte: Ur-Ur-Großvater Daniel hat die Steine für Queen Victorias Roben geliefert und der Großvater kooperierte mit Christian Dior. Das Bling-Thing ist eben längst nicht so Pimkie wie man heutzutage denkt. Nadja Swarovski erzählt: „Mein Part am Anfang war Business to Business. Ich habe zum Beispiel mit Alexander McQueen gearbeitet. Mein Ziel war es, uns wieder mehr in die Modewelt zu führen.“ Das Gleiche geschah auch mit Schmuckdesignern. „Ein Projekt war ‚Runway-Rocks‘, das wir weltweit launchten“, erklärt sie. „RunwayRock“ – das ist Cutting-Edge-Design mit spektakulären Juwelen für den Laufsteg. Aufmerksamkeit garantiert. In der nächsten Phase zündete Nadja Swarovski – die übrigens die einzige und erste Frau im Executive Board bei Swarovski Crystal Business ist – die Design-Rakete. Nach Alexander McQueen als Mode-Kooperation liegt die Latte für mögliche Partner aus der Designwelt natürlich verdammt hoch. „Wir sind auf Leute wie Zaha Hadid, John Pawson, Tord Boontje zugegangen. Mein Ansatz war: Wenn wir schon die Komponenten für Leuchter beisteuern, warum sind wir dann nicht bei der Kreation involviert?“ Mit Zaha Hadi entstand ein Collier, mit Tord Boontje eine ganze Winterlandschaft aus Steinen in den Kristallwelten in Wattens, dem Firmensitz in Österreich. Kristallwelten – der Name sagt alles –, das sind Installationen von Gegenwartskünstlern. „Begonnen hat alles 1995, zum hundertjährigen Firmengeburtstag mit André Heller als Impresario. Heute sind unter anderem Arbeiten von Brian Eno, Andy Warhol, Salvador Dalí, Keith Haring und eben Tord Boontje in 14 unterirdischen ‚Wunderkammern‘ zu besichtigen“, erzählt die kunstbegeisterte Firmenchefin. Eine Schokoladenfabrik für Kristalle und nichts für BlingDiabetiker. Es fehlt noch der von Nadja Swarovski erwähnte Architekt John Pawson. Er ist ebenfalls ein Schwergewicht in der Designszene. Der Brite, inspiriert von buddhistischen Lehren, lebte als junger Mann auf seiner spirituellen Suche in Indien und Japan. Mit ihm realisierte Nadja Swarovski das Projekt „Perspectives“. Es ist die größte Linse, die bis dato von den Österreichern gefertigt wurde. Es ist die erste Linse der Österreicher, die in einer Kirche gezeigt wurde. Pardon: Kirchen! 2011 in der St Paul’s Cathedral in London, 2013 zur Biennale Venedig in der Basilica di San Giorgio Maggiore. Warum? „Weil ein Blick in die Linse die Perspektive erweitert“, sagt Nadja Swarovski zu dem Kunstprojekt, das wie mit einer Lupe das Dach der Basilika erfahrbar macht. Zuvor hat John Pawson Räume und Häuser für Künstler und Kunst geschaffen. Jetzt, mit Swarovskis Unterstützung, wird er selbst zum Künstler. Visionen, die Nadja Swarovski natürlich nicht im Alleingang mit der Stiftung durchsetzen konnte. Dann trat sie in Wattens an. „Wir haben natürlich nicht alle die gleichen Ideen zu Anfang. Aber der Wettbewerb ist draußen und nicht innerhalb der Familie“, sagt sie. Die Überzeugungstäterin schaffte es sogar, dass im renommiertem Design Museum in London eine Ausstellung der Foundation mit Newcomern stattfand. „Unsere Designschule ist im Aufbau und 2015 wird es das Swarovski Center of Learning geben“, fügt sie hinzu. Nadja Swarovski, die mit einem KunststückKissen von Murakami im Arm durch das Londoner Office wirbelt, stürmt nun sogar Versailles. „Koons durfte dort zeigen. Dann war Murakami da. Das war fantastisch! Eine Arbeit von Murakami eingerahmt von drei Bildern Jean Louis Davide. Als Kunsthistorikerin war ich total begeistert.“ Und weil kleine Brötchen nun mal nicht ihr Ding sind, wird in Versailles mit und von den Brüdern Bouroullec ein Lüster installiert, der dort auch bleibt. Während Murakami und Koons nach geraumer Zeit wieder das Feld räumen mussten. Bei der Stiftung dreht sich aber eben nicht alles um Glamour. „Unsere Wasserschule – die haben wir noch nicht gut promotet – gibt es seit den späten Neunzigern in Österreich. Dann haben wir sie nach China und Afrika gebracht. Wir unterrichten die Lehrer, die dann den Kindern weitergeben, woher Wasser kommt, wie es gereinigt wird und wie man sauberes Wasser erkennt.“ Seit Neuestem mache man das auch im Amazonas, berichtet Nadja Swarovski über das soziale Engagement der Stiftung. Sie geht damit zu einem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit, zu dem Nestlé als global agierender Nahrungsmittelkonzern versucht, die Rechte an dem Grundnahrungsmittel zu privatisieren. Darauf angesprochen, antwortet Nadja Swarovski diplomatisch: „Für uns ist Wasser die fragilste Ressource überhaupt, darum legen wir unseren Fokus darauf und bündeln Energien. Wir gehen zum Beispiel zusammen mit anderen Einrichtungen wie der Arc Foundation.“ Swarovski ist bei der Produktion der Kristalle vom Wasser abhängig – und dessen ist sich die Firma anscheinend auch sehr bewusst. Ein Resultat ist die Wasserschule, ein anderes, „dass wir zwei Turbinen am Netz haben, also mit Ökostrom arbeiten, und dass das Wasser vollständig gereinigt wieder dem Inn zugeführt wird“, sagt Nadja Swarovski. In London hat sie außerdem die Green Office Initiative gegründet: „Computer ausschalten, wenn man geht, Papier von beiden Seiten beschreiben, Müll trennen und vermeiden. Und abbaubare Reinigungsmittel verwenden.“ Selbstverständlichkeiten eben. Die kleinen Dinge machen den Unterschied, wie es Frau Swarovski so gern formuliert. Aber jetzt bitte noch ein bisschen Bling-Bling zum Ende. „Ich will bleiben, wie ich bin“, sagt die dreifache Mutter. Sie darf. „Mit vielen Hüten auf: Köchin, Kindermädchen, Boss, Ehefrau. Und ich will mir auch weiter die Freiheit nehmen können, die Kids in Trainingsklamotten von der Schule abzuholen, wenn die anderen Frauen im Chaneljäckchen dastehen.“ Damit eben alles zu seiner Zeit blingt. Ein Beispiel, wie Swarovski Künstler unterstützt: Die Lichtinstallation des Design-Duos Bouroullec: https://vimeo.com/79800437 67 Anzeige Little Miss Sunshine: Lampe „w131“ von Wästberg WOHNEN Im Visier: Wandleuchte „Motto“ von Jean-Baptiste Fastrez t h e b a t g s o t z P t e J die Goldenes Licht spendet die Standleuchte L002T/BA von Pedrali Gelb hat nicht nur Signalwirkung, nein, die Farbe der Sonne und Narzissen macht auch gleich gute Laune. Und das jetzt auch in Haus und Wohnung. Esther Strerath ist schon infiziert Aus einem Guss: Metallhocker „ICS“ von Studio 06 für Youtool Sonnenstrahl als Wandregal: „Hillside“ von Arflex Farbklecks als Ablage: Beistelltisch „Diana“ von Classicon LED-Leuchte mit Umlaufbahn – „OK“ von Konstantin Grcic für Floss Smile! Die Kamera „Holga“ blitzt in Bunt, lomography.com Sonniges Sitzmöbel – „Gliss 900.8“, von Pedrali Sonnenstation: Sekretär „Litho“ von Ligne Roset Kinderspielplatz: Tisch und Bank „Wonderbox“ lassen sich ineinanderschieben. Von Richard Lampert Coffeetable mit SmileyCharme: „Around“ von Muuto Edelstein. Über connox.de Einer Origami-Idee entsprungen sind die Tischbeine von Hélène Degonzague Platz an der Sonne: Esstisch „Pallas“ von Classicon 68 25 Jahre Pallone. Neue Modelle. Ein Klassiker. Inspiriert vom Lifestyle Brasiliens. Hit im Bad: „Yellow Submarine“Seifenspender von Seletti Hier sitzt’s sich gut: Sofa „The Mayor“ von &Tradition Q uietscheentchen-Gelb, Zitronen-Gelb oder – etwas weniger gewagt – Vanille-Gelb, die Farbe taugt zum fröhlichen Farbklecks in Wohnräumen. Plötzlich gibt es sonnige Ess- oder Konferenztische, Sessel, Sofas, Stühle. Entwürfe wie den stählernen Stuhl „CU“ von Wilde+Spieth oder die Klassiker in neuer, mutiger Farbe, wie etwa bei Vitra, Classicon oder Thonet. In der Möbelwelt geht die Sonne auf. Genau genommen feiert die Smiley-Farbe ein Revival, in den 60er- und 70er-Jahren belegte sie knapp hinter Orange Platz zwei der modernen Einrichtungs-Lieblinge, insbesondere galt das für Vorhänge, Kissen und Plastikstühle. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass Gelb Mikrosekunden vor anderen Farben im Gehirn ankommt. Frank W. Cyr, Professor am „Teachers College“ der Columbia University, entwickelte in den 30ern ein Konzept für Schulbusse. Wesentlicher Faktor: Sie mussten, so wurde 1939 beschlossen, gelb sein. Dank der unverkennbaren Farbe, war der Bus auch im nebligen Morgengrauen nicht zu übersehen. Und jeder Verkehrsteilnehmer wusste schnell, hier sind Kinder unterwegs, und gab acht. New Yorker Taxis sind seit 1967 gelb. Doch neben ihrer Signalwirkung haben Gelbtöne mitunter sehr wohltuende Eigenschaften. „Diesen wärmenden Effekt kann man am lebhaftesten bemerken, wenn man durch ein gelbes Glas, besonders an grauen Wintertagen, eine Landschaft ansieht. Das Auge wird erfreut, das Herz ausgedehnt, das Gemüt erheitert; eine unmittelbare Wärme scheint uns anzuwehen“, formulierte Goethe in seiner Farbenlehre. Und was wäre ein Mondrian ohne Gelb? Es war eine Lieblingsfarbe von Vincent van Gogh. Franz Marc wiederum attestierte: „Gelb ist das weibliche Prinzip, sanft, heiter und sinnlich.“ Ursprünglich aus Safran (Krokussen) gewonnen, ist das moderne Gelb gegenwärtig fluoreszierend. Auch in der Mode hat der Trend Fuß gefasst: Pumps-Guru Gianvito Rossi setzt auf Neongelb, von Max Mara gibt es dieses Frühjahr einen knallgelben Mantel, eine Luxus-Friesennerz-Version. Alexander Wang lässt Bikerjacken zitronig leuchten und Tamara Mellon, Ex-Chefin und Begründerin des Jimmy-Choo-Weltruhmes, tauchte einen großen Teil ihrer ersten Ready-to-wear-Kollektion wie Capes und endlos hohe Wildleder-Overknees in Kanariengelb. Passend dazu ein bisschen Sonne daheim gefällig? Eigentlich benötigen Farb-Trends rund zwei Jahre, bis sie von den Laufstegen in den Farbmustern der Möbelhersteller landen. Nicht so Gelb. Wer nicht gleich eine Riesenportion der Farbe wagt, kann mit coolen Accessoires beginnen: eine „Yellow Submarine“ als Seifenspender-Set (von Seletti), Dekorations-Stoffe von Nya Nordiska, unübersehbare Karaffen (von Jonathan Adler). Amerikanische Farbenhersteller kürten Gelb übrigens zur Farbe des Jahres 2014, ob seiner optimistischen Wirkung. Modell Terra Träume Wohnen. 69 Die limitierte Viva Pallone-Edition zum Jubiläumspreis*, unsere exklusiven Handelspartnersowie weitere originelle Sitzideen finden Sie jetzt auf leolux.de *580 € Preisvorteil (nur für die Viva Pallone-Edition bis zum 30.09.2014) Charisma, Verwandlung, Befreiung – die Entscheidung für ein Parfum ist immer auch Sinnbild für die eigene Persönlichkeit. Ganz gleich, ob Sie Ihren Charakter unterstreichen möchten oder sich danach sehnen, frei von Konventionen Ihren Weg zu beschreiten, um sich neu zu erfinden: Unsere Duft-Experten begeben sich mit Ihnen auf die Suche nach der perfekten olfaktorischen Begleitung, die Ihre Sinnlichkeit und Ihren Wagemut entfesselt und alles möglich macht. Freuen Sie sich auf einen individuellen Dialog, getragen von Leidenschaft und Einfühlungsvermögen für Ihre Bedürfnisse. Ihre PARFÜMERIEN MIT PERSÖNLICHKEIT freuen sich auf Ihren Besuch! Tauchen Sie ein in das großartige Duft-Universum der inhabergeführten PARFÜMERIEN MIT PERSÖNLICHKEIT und begegnen Sie hier Ihren Duft-Experten. www.parfuemerien-mit-persoenlichkeit.de www.chanel.com Wir legen Ihnen die Welt der Düfte zu Füßen! CHANEL-Kundenservice - Tel. 01 801-24 26 35 (0,39€/Min. aus dem Festnetz, max. 0,42€/Min. aus Mobilfunknetzen). PARFÜMERIEN MIT PERSÖNLICHKEIT STILIST ROSIGE AUSSICHTEN Vor genau einem Jahr teilte Peter Phi lips, langjähriger Make-up-Kreativdire ktor bei Chanel, mit, Chanel verlassen zu wollen. Im Oktobe r aber kreierte er noch gemeinsam mit Karl Lagerfeld den Tuschkasten-Look. Zwar nicht alltagstaugli ch, aber zu schön zum Anschauen. Jetz t wurde bekannt, dass er nun für Dior tätig sein wird. Und wir sind schon gespannt, was er im Herbst für Dior zaubern wird. HIER KOMMEN UNSERE KOSMETIKEXPERTEN ZU WORT CHANEL t f n u k u Z ie d in k c li B Kribbelt es Ihnen in den Fingern? Oder haben Sie den Frühjahrsputz schon hinter sich? Aber nicht nur die Scheiben wollen jetzt vom Wintergrau befreit werden, sondern auch der Teint. Denn was sich einer Umfrage zufolge Frauen am meisten wünschen, ist strahlende, frische Haut. Ich benutze bereits seit einem Jahr die „Clarisonic“-Reinigungsbürste. Eine amerikanische Erfindung. Skeptisch war ich, als sie mir vorgestellt wurde. Und nun? Bin ich süchtig, verzichte sogar auf Mini-Trips nicht auf sie. Das Benutzen wird, ähnlich wie die elektrische Zahnbürste, zur Routine. Jeden Abend, 60 Sekunden lang, reinigt sie (fast von alleine) meine Haut. Makeup und Hautschüppchen sind im Nu weg. Ich gebe lediglich einen Klecks der „Silky Soap (schäumt so herrlich) von Sensai auf das Bürstchen, aktiviere sie und los geht es. Auch mit dem Frühjahrs-Teint ... Andrea Kunzmann Inhaberin der Parfümerien Finck und Haberstock in Nördlingen Auch, wenn uns Dermatologen von langen, heißen (die Wohlfühltemperatur für die Haut liegt bei 37 Grad) und häufigen Bädern abraten, wir lassen uns das Abtauchen in der Wanne nicht vermiesen. Im Gegenteil: Von Chanel gibt es nun die limitierte Edition eines Schaumbades, das nach „Coco Mademoiselle“ duftet. Zukunft voraus: In dieser 2 ml kleinen (Plastik-)Ampulle von Dr. Schrammek verstecken sich Kollagene und Isoflavone, die der Haut helfen sollen, sich prall zu machen. Der Name der hoch konzentrierten Mini-Powerwaffe ist Programm: „Future Perfect“. Über schrammek.de Che bello: Der Name und der Flakon mit der Ferragamotypischen „Vara“Schleife kommen Ihnen bekannt vor? Doch der Inhalt ist neu. Mit „Signorina Eleganza“ haben die Italiener ein nach Grapefruit, Birne, Mandelpuder, Patschuli und Leder duftendes Parfüm kreiert. Grazie. Nichts ist ärgerlicher, als festzustellen, dass ein geliebtes Beauty-Produkt nicht mehr produziert wird. Clarins hat der getönten Tagescreme aus der Multi-HydratanteLinie (seit 1986) aber nur eine neue Formel und einen neuen Namen verpasst: „Crème de Soins Teintée Désaltérante“. IM DOPPELPACK Wie der Frühling duftet? Für jeden anders, das ist klar. Auf dem Parfümmarkt lässt sich jedoch ein Trend erschnuppern: Frucht- und Blütennoten stecken in vielen der Neuheiten, wie etwa Zitrusnoten und Magnolie in Elie Saabs „L’Eau Couture“. Es versprüht gleich gute Laune! Aber auch für das Auge hat das Frühjahr was zu bieten. Nämlich schöne Flakons abseits der altbekannten Flaschen aus den vielen Produkterweiterungen, die man schon häufig gesehen hat. „Modern Muse“ von Estée Lauder etwa oder auch die drei Flakons von Pomellato, deren Verschlusskappe an die berühmten Nudo-Ringe des italienischen Juweliers erinnern lassen, sind gelungene Beispiele. Und auch der Inhalt erfreut. Barbara Summerer 72 Inhaberin der Parfümerie Boos in Andernach PSS Die Die Pflege-Experten der Parfümerien mit Persönlichkeit empfehlen Superdefense SPF 20. SS t Neu! ling e Gesunder Start für Ihre Haut. Löwenmähne Saisonstart Auf ihn ist Verlass. Pünktlich zum Frühling bringt Marc Jacobs wieder eine limitierte Edition von „Daisy“ heraus. Diese „Daisy Delight“ duftet nach Apfel, Quittenblüte, Iris und Zedernholz. Nachdem der Amerikaner nach 16 Jahren als Kreativdirektor bei Louis Vuitton ausschied, kümmert er sich nun mit voller Konzentration um sein eigenes Label. Wir sind gespannt, was das nächste Frühjahr bringt. Feines Haar nach „mehr“ aussehen zu lassen? Eine Herausforderung. Abhilfe soll die neue vierteilige „Volumifique“-Serie von Kérastase schaffen, zum Beispiel der Haarschaum „Volumifique Mousse“, der direkt am Ansatz ins handtuchtrockene Haar eingearbeitet wird. Tipp: Da weniger bei feinem Haar mehr ist, bitte Pflege- und Stylingprodukte ganz sparsam dosieren. Dolce odore Die größte aller Mittelmeer-Inseln und Heimat von Domenico Dolce, Sizilien, steht nicht nur regelmäßig Pate für die Kollektionen des Designer-Duos Dolce & Gabbana. Auch ihr neuestes Parfüm mit weißen Blüten (den Flakon ziert übrigens eine wie aus Marzipan gefertigte Blüte) und Neroli dürfte die Süditalienerin in uns wecken. Im Namen der Rose Die Rose sei ihr die liebste Blume. Kaum verwunderlich, dass Terry de Gunzburg den Parfümeur Michel Almairac (Spitzname: „Herr der Rosen“) bat, ihre zweite „Haute Perfumery“Kollektion zu beduften. „Fruit défendu“ erinnert an, klar, türkische Rose, etwas RoséPfeffer, Rosenholz ... Über niche-beauty.com Die neue Feuchtigkeitspflege von Clinique gibt Ihrer Haut alles, was sie für einen gesunden Start in den Tag benötigt. Feuchtigkeit rund um die Uhr. Täglicher Sonnenschutz, der vorzeitiger Hautalterung vorbeugt. Und Vitamine für eine gesund aussehende Haut. Perfekt geschützt den ganzen Tag. Bereit sein ist alles Maßarbeit In den Haute-Couture-Kreationen des libanesischen Designers laufen Frauen nicht über den roten Teppich, nein, sie schweben. Selbst wenn das Konto nicht für einen Elie-Saab-Couture-Traum reicht, ein Hauch von Glück wäre vielleicht sein neuestes „L’ Eau Couture“. Francis Kurkdjian kreierte den zarten Duft mit Bergamotte, Magnolie, Orangen- und Mandelblüte. 74 Samtpfoten Vorbei die Zeit, in der wir unsere Hände mit warmer Wolle schützen konnten. Jetzt haben die manikürten Finger wieder Ausgang. Cremen Sie sie nach einem langen Tag doch mal mit „Mains de Velours“ von L’ Occitane ein und ziehen über Nacht leichte Baumwollhandschuhe über. So kann die Mandelcreme besser einwirken. Und am nächsten Morgen sind die Hände butter, äh, mandelweich ... Die Pflege-Experten der Parfümerien mit Persönlichkeit beraten Sie gerne. IHR EXKLUSIVES GESCHENK ZUSAMMENGESTELLT VON CAROLNE BÖRGER Sie planen einen Urlaub am Strand und haben sich heute unter der Dusche beim Blick auf die Oberschenkel erst einmal erschrocken? Dann los jetzt! „Cellulinov“ von Sisley soll Orangenhaut mithilfe eines Extraktes aus dem Longankern (Frucht eines Tropenbaumes) und Lotus bekämpfen ... Lassen Sie sich in Ihrer Parfümerie mit Persönlichkeit beraten. Wir haben eine exklusive Luxus-Probe (7ml)* der neuen Superdefense SPF 20 für Sie reserviert. *Solange der Vorrat reicht. Nutzen Sie unser Fachwissen und unsere Erfahrung für die Gesundheit und Schönheit Ihrer Haut – heute und morgen. Die teilnehmenden Parfümerien mit Persönlichkeit finden Sie unter: www.parfuemerien-mit-persoenlichkeit.de MARKENGESCHICHTE 76 Natur pur in Island. Da baut auch Bioeffect in Reykjavík die Gerste nach dem Reinheitsgebot an: für ein Serum Forsch! tockdunkel ist es. Und das um neun Uhr am Morgen in Reykjavík. Dass es Anfang Dezember ist, sollte nicht verschwiegen werden. Für knapp drei Stunden wird es Tageslicht geben. Aber dennoch oder gerade deswegen ist es hier magisch. Diese Stille! Auch in der Hauptstadt. 120.000 der 320.000 Isländer leben hier. Eigenartig unsichtbar. Als wäre die Stadt trotz Flughafen, Industrie und Oper nur weites Land. Island ist aber nicht nur die Heimat der Wasserfälle, der Vulkane, der Geysire, sondern seit ein paar Jahren auch Provenienz eines Serums, das die Kosmetikwelt kopfstehen lässt und zum Exportschlager wurde. Der Erfinder Dr. Björn Örvar wartet schon in einem kleinen Konferenzraum der Firmenzentrale von Sif Cosmetics. Er trägt Anzug, leicht gräulich gekräuseltes Haar. Unspektakulär wie alles hier und besonders im Vergleich zu den üppig ausgestatteten Zentralen anderer Kosmetikunternehmen. Hier regiert die Wissenschaft, kein Marketingkonzept. Daran erinnert eine weiße Tafel an einer Wand des Raumes, auf der sich – für Laien unverständlich – chemische Reaktionen, Formeln und Buchstaben aneinanderreihen. Es ist die Formel für einen ungeahnten Erfolg, für jenes „Wunderserum“, das Örvar und seine Forschungskollegen entwickelt haben. „Dieses Brett erinnert uns an den Anfang“, erklärt der Molekularbiologe. Fotografieren und Wegwischen sind verständlicherweise verboten. Dass ihr Serum gegen Falten derart viel Aufmerksamkeit bekommen würde, daran hatten sie im Traum nicht gedacht. Mit dem Diplom in der Tasche war Örvar nach dem Studium in Kanada Ende 2000 in seine Heimat zurückgekehrt. Dort wollte er ein Verfahren entwickeln, mit dem sich ein Wirkstoff namens EGF (Epidermal Growth Factor), der ein natürlicher Bestandteil der Haut ist, am besten reproduzieren ließe. Für die Erforschung dieses Wachstumsfaktors hatten der Amerikaner Stanley Cohen und die Italienerin Rita Levi-Montalcini 1986 bereits einen Medizin-Nobelpreis erhalten. „Wir wussten also, dass EGF für die S GETTY IMAGES (2) Gerade mal zwei Milliliter passen in seine XXS-Figur, knapp zwei Zentimeter schmal ist er, am Hals noch viel dünner, gerade mal sechs Zentimeter hoch, ein Zwerg aus Glas, unscheinbar und unprätentiös. Doch dieses kleine Ding verkörpert wahre Größe. Die Beauty-Ampulle, von der hier natürlich die Rede ist, beherbergt nicht nur reinste, konzentrierteste, frischeste (unter pharmazeutischen Bedingungen produzierte) Formeln, sie hat auch dafür gesorgt, dass eine Stadt am Nordrand der Eifel zum Kapitol der professionellen Luxuskosmetik wurde. 15 Millionen WinzlingsStücke gehen pro Jahr von hier aus in die Welt. Ein einsamer Rekord (und nicht der einzige) – gehalten von einer mittelständischen deutschen Firma in Familienbesitz. Babor. Und wie es so ist mit den Propheten, reißen sich vor allem die Luxushäuser weltweit um Expertise und Produkte made in Aachen. Checken Sie mal im „St. Regis“ in Abu Dhabi, im „Wolgan Valley“ in Australien, im „Plaza Athénée“ in New York, im „Marbella Club Hotel“, im „Beverly Hilton“, in den Meritage-Häusern in Santa Barbara und Napa Valley ein. Oder, doch nah, in der „Traube Tonbach“ zum Beispiel. Selbst auf Bali, dem Epizentrum der Wohlfühl-Luxusresorts, gilt: Babor ist fast überall schon da. Zu Lande, zu Wasser, in der Luft. Die Emirates Group schwört auf den „German Beauty Intelligence Service“, und auch im Spa am Flughafen Dubai schwebt der Gast auf Wolke B. Der Ursprung all dessen liegt 1955 in Köln. Dr. Michael Babor, Pianist und Biochemiker, erfindet eine hydrophile Gesichtsreinigung auf Ölbasis, die Maßstäbe setzt. Revolutionär damals, visionär bis heute – „Hy-Öl“ ist immer noch ein Starprodukt der Firma. 1956 gründet er die Firma Babor. 1962 verkauft er an den Unternehmer Dr. Leo Vossen. Noch gemeinsam arbeiten sie an dem Prinzip, das wir heute als selbstverständlich empfinden und das damals die Erfolgsgeschichte begründet: Systempflege auf Basis natürlicher Wirkstoffe und wissenschaftlicher Forschung, also biomedizinische Naturkosmetik. Vossen und seine Tochter Jutta KleineTebbe (später kommt auch sein Sohn Leo P. dazu) sorgen in den nächsten Jahrzehn- den modernen Anlagen im Stadtteil Eilendorf. Pro Jahr sind es 50.000 Liter. Der hauseigenen Forschungsabteilung mit 20 Wissenschaftlern gelingt es regelmäßig, Forschungsergebnisse, die oft in Kooperation mit renommierten Universitäten zustande kommen, in wegweisende Formeln zu übersetzen. Darunter die mehrfach ausgezeichnete „Advanced Biogen Intensive Repair“-Creme oder die Anti-Aging-Serie „HSR“, die nachweislich die Lebensdauer von Hautzellen verlängern kann, die intensiv wirkende „Body Cellular“-Linie oder der sogenannte Maserati des Hauses: „SeaCreation“, eine Luxuskomposition aus Tiefsee-Mikroorganismen für amtliche 370 Euro in der „Rich“-Version. Naturprodukt 2008 durfte sich die Firma selbst ein umfastrifft Reagenzsendes „Rejuvenation-Treatment“ gönnen. glas: Darauf Die Geschäftsführer Horst Robertz sowie Miberuht der Erfolg chael Schummert, der sich zuvor bei Estée von Barbor Lauder, L’Oréal und Wolford „umgesehen“ hatte, initiierten einen kompletten Relaunch bis hin zu Verpackung und Formeln und der neuen Produktlinie „Baborganic“. Auch wenn die Pflege schon immer auf naturnah, Fairtrade und biologischen Anbau, regionale Grundstoffe wie das berühmte Thermalwasser der Stadt und Essenzen aus Vulkangestein in der nahen Eifel setzte – die neue Linie verzichtet konsequent auf alles Synthetische. 2009 entstand die sogenannte Präzisionskosmetik: „Doctor Babor“ in Zusammenarbeit mit Dermatologen und plastiVon wegen immer nur Printen. Babor, ein schen Chirurgen. Die nutKosmetikunternehmen aus Aachen, bricht zen ihrerseits die MedicalLinie zur Vor- und Nachständig Rekorde. Susanne Opalka berichtet behandlung von ästhetischen Eingriffen. Ein ten für den Ausbau zum Vollsortiment mit wichtiger Partner ist dabei „Clinic im CenSonnenpflege, dekorativer Kosmetik und Düftrum (CiC)“ mit 40 Standorten in Europa. ten und investieren in den Ausbau der EntAuch auf der schwimmenden Schönheitskliwicklungsabteilungen. In den 80ern entsteht nik an Bord von „Mein Schiff“ der TUI-Cruidas erste Trainingscenter für Fachkosmetikeses. Und weiter ging die Reise in die Zukunft: rinnen. Heute ist die „Dr. Babor GmbH & Co. Eine Männer- und eine Make-up-Serie erKG“ in mehr als 60 Ländern weltweit vertreoberte neue Zielgruppen. Für Kosmetikpartten, hat neun Tochtergesellschaften, 295 Mitner in aller Welt entstand das Konzept „Babor arbeiter am Firmenstammsitz in Aachen, Beauty Spa“ – ein Qualitätsstandard und Komrund 10.000 Kosmetikerinnen und Institute plettservice für Day-Spas. Über 130 gibt es daarbeiten mit den Produkten. Jedes Jahr schult von heute – bis 2020 sollen es 500 werden. das Unternehmen weitere rund 1500 KosmetiKönnte klappen. Die Winzlinge werden dazu kerinnen, die aus allen Ecken der Welt anreiweiterhin wesentlich beitragen; drei Neuzusen. Hinzu kommen Schulungen in Hotels, gänge für die nächste Ampullengeneration Spas und Instituten vor Ort, an denen jährlich stehen in den Startlöchern. Die Inhaberfamiknapp 4000 „Babormaniacs“ teilnehmen. Mit lie ist schon weiter: Leo Vossens Enkelin und einem aktuellen Umsatz „im hohen zweistelliEnkel, Sohn von Jutta Kleine-Tebbe, sind geragen Millionenbereich“ (man schätzt etwa 80 de Mitglieder des Verwaltungsrats geworden. Millionen Euro) und guten WachsCousin und Cousine bilden die 3. Generation. tumsraten ist die Firma kerngesund. Die Enkelin von Dr. Michael Babor hingegen Das „Hy-Öl“ fließt nach wie vor – fast hat sein musikalisches Erbe angetreten. Vaunverändert in der Rezeptur, nur um lentina Babor war gerade zwölf Jahre alt, als einen Detoxwirkstoff ergänzt – aus sie als Ausnahmebegabung an der Universität Mozarteum Salzburg aufgenommen wurde 15 Millionen Ampullen gehen im und gehört mit jetzt 24 Jahren zu den taJahr von Aachen aus in die Welt lentiertesten Pianisten unserer Zeit. GETTY IMAGES/CULTURA SCIENCE/BERTMYERS G INNOVATION Das Geheimnis der Gerste Auf der größten Vulkaninsel glaubt man seit jeher an Elfen und Trolle. Und nun auch an ein Kosmetik-Serum mit magischen Kräften. Caroline Börger ließ sich in Island verzaubern Struktur unserer Haut sehr wichtig ist. Es ist der heilige Gral der Kosmetikbranche“, erklärt der 54-Jährige lachend. Die Frage also lautete: Wie kommen wir am besten hinein? Fünf Jahre lang forschten sie, bis sie schließlich den Schlüssel gefunden hatten: In Gerste, und nicht wie bis dahin üblich in Bakterien oder Zellen tierischer Lebewesen, ließ sich EGF in höchster Qualität heranzüchten. Purer geht es kaum. Die Gerste ist quasi ein Haus auf Zeit, in dem der Wirkstoff wachsen kann, ohne dass er manipuliert wird. Und auch die Gerste wird gut behütet, wächst in einem 2200 Quadratmeter großen Gewächshaus aus Glas auf. Purer geht es kaum. Ob es an der Landschaft liegt? Jedenfalls sind die Isländer die einzigen, die EGF in Pflanzen produzieren. Zu Beginn verkauften sie ihre Entdeckung noch an andere Kosmetikunternehmen, doch fanden sie, dass sie dort falsch eingesetzt und mit 40 bis 50 anderen Wirkstoffen gemischt wurden, sodass die eigentliche Wirkung eher verloren ging. Also betrieben sie Marktforschung, kauften alle erdenklichen Kosmetikprodukte der großen Firmen, untersuchten sie und standen vor der Frage, ob und wie sie es besser machen könnten. Allein: Wie überzeugt man ein Team aus Wissenschaftlern, dass man nun in Kosmetik macht? Eitelkeit bedient, anstatt sich in den Dienst der Medizin-Forschung zu Reiner geht es kaum: Das hautverjüngende EGF Serum von Bioeffect stellen? Doch Örvar versprach seinen Mitarbeitern, dass die wissenschaftlichen Standards nicht herabgesetzt würden. Von da an waren sie Wissenschaftler, die bloß mit Kosmetik arbeiten. Deal. 2008 wurde das Treibhaus am Rande von Reykjavík, in dem die Gerste angebaut wird, fertiggestellt und es gab den ersten Prototyp des Serums, das EGF und nur weitere acht Inhaltsstoffe beinhaltet. Im Herbst 2009 wurden erste Proben des nun Bioeffect genannten Produkts an isländische Frauen verteilt. Durch (faltenfreiere) Mund-zu-Mund-Propaganda verkaufte es sich wie von allein. Und schnell entwickelte es sich auch international zum Hit, im Pariser Luxus-Conceptstore Colette ist es das meistverkaufte Pflegeprodukt. Zum Erfolg beigetragen hat sicher auch die Begeisterung, mit der die isländische First Lady Doritt Moussaieff für das Reinheitsangebot wirbt. Geradezu süchtig sei sie, das Fläschchen halte bei ihr angeblich bloß zwei Wochen (im Normalfall gelten zwei bis drei Monate) und am liebsten hätte sie eine Literflasche, schwärmte sie im amerikanischen Fernsehen bei US-Talkerin Martha Stewart. Mehr geht kaum. Und doch bestellen die Forscher Tag für Tag sechs Probandinnen in ein Minilabor in ihre Zentrale, um die Wirkung des durchsichtigen, geruchlosen Serums und seiner vier Geschwisterprodukte zu messen. „Nur wird es immer schwieriger, in Island überhaupt noch Frauen zu finden, die noch ‚jungfräulich‘ sind“, erklärt Örvar lachend. Das Designerduo Viktor & Rolf ist seit dem vergangenen Jahr auf der Haute-CoutureBühne zurück. Die kongenialen Niederländer, die seit 1993 gewissermaßen ergänzend denken und entwerfen, verstanden es schon immer, Modenschauen in Performances zu verwandeln oder umgekehrt. Dieses Mal ließen sie Tänzerinnen des niederländischen Nationalballetts mit wüsten Frisuren à la „Chucky die Mörderpuppe“ auf Zehenspitzen über die Bühne trippeln. Die Kleider – waren eigentlich keine, vielmehr eine Vortäuschung des Nacktseins: hautenges, hautfarbenes, nahtlos gegossenes Latex, auf dem Schleifen und Drapierungen wie Tattoos als Trompe-l’Œil aufgemalt wurden. Wo die Haut beginnt und das Latex aufhört, war im Halbdunkel kaum zu erkennen. Deutlich sichtbar war hingegen: Man muss schon eine durchtrainierte Amazone sein, will man darin nicht aussehen wie eine zertretene Leberwurst. Die Submessage: Der perfekt designte Körper, die glatte, rosige Haut ist das Kleid der Zukunft. Damit setzte das Designer-Duo in der Haute-Couture-Woche ein spektakuläres, künstlerisches Finale. Es wirkte, im Gegensatz zu den meisten anderen Couture-Häusern, die sich immer mehr um Tragbarkeit bemühen, wie eine radikale Absage an Verkaufsinteressen. Ist das nun avantgardistisch oder reaktionär? Immerhin präsentierten Victor & Rolf als großes Schlussbild ihr neues Parfüm „Bonbon“. Irgendwoher muss das Geld ja kommen. Als Duftkreateure haben sie mit ihrem Bestseller „Flowerbomb“ bereits den richtiger Riecher bewiesen. Viktor: Mein Hund ist vor Kurzem gestorben. Ich bin noch in der Trauerphase. bomb mag und trägt, haben wir einen Querschnitt durch alle Generationen und Typen. Das tut mir leid. Ist es Fluch oder Segen, weiter als Paar zu arbeiten, wenn man eigentlich kein Paar mehr ist? Rolf: Die Frage hat sich für uns nie gestellt. Wir haben es ja schon immer so gemacht. Zu harmonisieren ist für uns natürlich. Viktor: Allein wäre das viel schwieriger. Wir sind glücklich, dass wir uns gefunden haben. Welches Parfüm tragen Sie? Viktor: Unser eigenes natürlich: Spicebomb. Rolf: Wir haben es so lange an uns selbst getestet, dass es exakt unserem eigenen Geschmack entspricht. Wann haben Sie gemerkt, dass Sie auf einer Wellenlänge sind? Viktor: Unsere erste gemeinsame Zeichnung an der Akademie. Ich erinnere mich noch sehr gut daran. Ich habe angefangen, Rolf hat weitergezeichnet. Ich wollte dann weitermachen, aber Rolf meinte, es sei gut so. Hör auf. Und er hatte recht. Rolf: Leider haben wir die Zeichnung verloren. V INTERVIEW Wer ist nun Viktor, wer ist Rolf? Rolf: Es ist ganz einfach: Immer andersherum als auf den offiziellen Fotos. Oder wie wir jetzt sitzen. Also links Rolf, rechts Viktor. Dieser Drops wird nicht gelutscht Aha. Heute sind Sie mal nicht gleich angezogen, das hilft ein bisschen ... Rolf: Wir ziehen uns nicht immer gleich an, aber wir tragen stets die gleichen Brillen. Viktor: Aber wir haben dasselbe Gehirn, zumindest fühlen wir uns so. „Bonbon“ heißt das neue Parfüm von Viktor & Rolf, Irgendetwas muss Sie doch unterscheiden? Viktor: Wir versuchen das gar nicht so zu analysieren, da arbeitet ein Mysterium für uns, das wir lieber im Dunkeln lassen. Rolf: Klimaanlagen. Da ticken wir nicht gleich. Ich mag es gerne warm, Viktor kalt. Viktor: Unser Fahrer kann davon ein Lied singen. Er versucht immer, auf der einen Seite des Autos 18 Grad für mich zu halten und auf der anderen 26 Grad für Rolf. und so duftet es auch: Ziemlich süß. Ziemlich trocken hingegen sind die Niederländer im Gespräch. Frage, kurze Antwort. Basta. Sie wollen nicht unsympathisch sein, sie sind einfach präzise. Das freut Silke Bender Gilt das auch für Ihre Charaktere? Viktor und Rolf (unisono): Da sind wir gleich temperiert. 78 VIKTOR & ROLF (2); GETTY IMAGES Nudefarbene Latexkleider mit Tatoo-Print zeigten Viktor & Rolf bei ihrer Rückkehr in die Haute Couture Anfang Februar in Paris. Zum Schlussapplaus gab es auf der Bühne Werbung für ihr neues Parfüm „Bonbon“ Mag der eine Katzen und der andere Hunde? Berge oder Meer? Viktor: Definitiv Hundemenschen, beide. Rolf schenkte mir vor langer Zeit mal einen zum Geburtstag. Rolf: Ich habe auch einen. Die beiden Hunde haben sich aber nicht verstanden. Wenn Sie so oft zusammen sind, wie haben Sie das Problem gelöst? Gibt es eine Arbeitsteilung bei Ihnen? Rolf: Nein. Was tun Sie, wenn Sie einmal nicht einer Meinung sind? Rolf: Wir lassen das die Hunde austragen. (Verzieht keine Miene) Viktor: Für uns ist es das Signal, dass etwas an dem Entwurf, an der Idee noch nicht reif ist. Und wir reden. Anschreien tun wir uns nie. Nie? Viktor: Wir sind keine streitbaren Menschen. Ihre Haute-Couture-Kollektion hat wieder für große Aufmerksamkeit gesorgt. Sehr schön, sehr arty, aber eigentlich komplett unverkäuflich. Machen Sie nun Mode oder Kunst? Viktor: Für uns ist die Haute Couture ein Labor für Experimente und Erneuerungen. Können Sie sich Frauen im wahren Leben in diesen Kleidern vorstellen? (überlegen) Rolf: Nicht jeden Tag, natürlich, aber wir finden sie schon tragbar. Und wir haben ja auch Prêt-à-porter. Da machen wir eher die tragbaren Sachen. Und Parfüms … Wie kamen Sie auf Bonbon? Viktor: Zuerst hatten wir den Namen. Bei uns kommt immer zuerst das Wort, die abstrakte Idee – und dann kam die konkrete Idee, den Flakon wie eine Schleife aussehen zu lassen, unser immer wiederkehrendes Modemotiv. Und dann entwickelten wir mit den Parfümeuren den Duft. Rolf: Und wie duftet ein Bonbon? Nach Karamell. Das duftet nicht nur süß, sondern auch sexy und warm. Haben Sie immer welche in der Tasche? Rolf: Wir riechen sie lieber, als sie zu essen. Warum lassen Sie Frauen immer süß riechen? Rolf: Für die Frauen, die das nicht mögen, haben wir Spicebomb. Viktor: Es gibt einfach Frauen, die ohnehin immer eher Männerparfüms mögen. Haben Sie eine Frau im Kopf, zu der „Bonbon“ perfekt passen würde? Viktor: Das vermeiden wir ganz bewusst – denn wenn wir sehen, wer heute alles Flower- Tragen Sie den Duft jeden Tag? Viktor: Nein. Rolf: Nein, nur wenn wir uns danach fühlen. Welchen Geruch können Sie gar nicht leiden? Viktor: Tuberose. Rolf: Viele von diesen Nischen-Parfüms haben diese Blume in sehr konzentrierter Form. Sehr aufdringlich. Viele kennen Sie heute viel eher über Ihre Parfüms als über Ihre Mode. Bedauern Sie das? Viktor: Wir sind sehr glücklich, dass wir mit Flowerbomb so einen Erfolg hatten. Rolf: Mode und Parfüm gehören für mich in das gleiche Traum-Universum. Meine Liebe zur Mode wurde als Kind geweckt durch Parfüm-Reklamen. Die habe ich mir aus den Zeitschriften herausgetrennt und über mein Bett gehängt. Poison zum Beispiel. Viktor: Bei mir auch. Ich mochte am liebsten Shiseido-Reklamen. Den neuen Duft bewerben Sie mit einer Frau, deren Körper lediglich mit Schleifenbändern bemalt ist, die hautfarbenen Latex-Kleider auf der Show täuschten Nacktheit vor. Wollen Sie damit sagen: Der perfekte Körper ist das schönste Kleid, das man tragen kann? (lachen) Viktor: Sich gut zu fühlen in seinem Körper, sich mit sich selbst wohlzufühlen ist die beste Basis. Dann trägt man auch Kleidung besser. Das soll auch die Werbung ausdrücken: sich selbst etwas Gutes zu tun, sich in erster Linie selbst zu gefallen. Rolf: Im Grunde war die Werbung für das Parfüm unsere Inspiration für die Schau. Als wir beim Shooting waren, kamen wir auf die Idee, eine Kollektion zu zeigen, bei der du nicht weißt, wo die Haut anfängt und das Kleid aufhört. Und so kamen wir auf Latex als Material. Viktor: Es stimmt, wenn du einen schönen Körper hast, wird die Kleidung nebensächlich. Was tun Sie selbst für Ihren Körper? Rolf: Viktor ist eher der Fitnessstudio-Typ, ich mache Yoga. Viktor: Mindestens viermal die Woche. Es ist wichtig, Körper und Geist zu trainieren. Wieso sind Sie eigentlich nach 13 Jahren Pause wieder zurück in die Haute Couture gegangen? Rolf: Weil wir im vergangenen Jahr unser 20jähriges Jubiläum unserer Marke hatten und wir zu diesem schönen Anlass dachten: wann, wenn nicht jetzt? Oder kann man jetzt wieder mit der Haute Couture Geld verdienen? Denn das war ja offenbar nicht der Fall. Sie hatten sich ja daraus zurückgezogen Viktor: Für uns ist es eine Spielwiese, auf der wir uns freier ausdrücken können. Rolf: Der Rhythmus von Prêt-à-porter ist so eng getaktet und – ja auch – am wahren Alltag der Frauen und Männer orientiert, dass uns darin etwas die Magie der Mode verloren geht. In der Haute Couture können wir einfach kompromissloser sein. 79 Anzeige SONNTAG, 30. MÄRZ 2014 Hier komponierte Wagner. Links der Garten, unten ein Salon der Villa Tasca auf Sizilien Global Diary Erinnern Sie sich? An die Zeit, als man statt SMS und E-Mail noch Karten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer BAKU Nachts leuchten die Gründerzeitfassaden und die alten Villen der Ölbarone am Kaspischen Meer, die Moscheen, Karawansereien und persischen Paläste in der Altstadt, die neu verkleideten Wohnblocks der Sowjetzeit und die modernen „City Icons“ um die Wette. Seit einigen Monaten züngeln in Baku drei riesige Flammen aus Stahl und Glas gen Himmel: die „Flame Towers“. Fast 200 Meter hoch ragt das neueste Wahrzeichen der Hauptstadt Aserbaidschans mit seiner 70.000-Quadratmeter-Glasfassade über die seltsame Mischung aus Orient und Ostblock. In einem der Türme hat kürzlich das Fünf-Sterne-Hotel „Fairmont Baku Flame Towers“ eröffnet. Schon die 17 Meter hohe Lobby mit ihrem gigantischen Kronleuchter fordert einen Spitzenplatz im Hotelgewerbe der Stadt ein. Der Lüster besteht aus 600.000 Kristallen und 840 Leuchten – befestigt an einem fünf Kilometer langen Drahtseil. Vom 19. Stockwerk, aus der „Gold Lounge“, sieht man deutlich, wie demonstrativ die Stadt den Sowjetmuff abzuschütteln versucht: Der wabenförmige „Chrystal Palace“ des Eurovision Song Contest 2012, das „Heydar Aliev Cultural Center“ von Zaha Hadid, in der Nähe der Trump Towers, und unten am Meer das Teppichmuseum, in Form eines aufgerollten Teppichs, das gerade fertiggestellt wird, sind Beispiele dafür. Baku erlebt derzeit seinen zweiten Ölboom. Die Gigantomanie soll der Metropole dabei helfen, ihren Ruf als heruntergekommene sozialistische Bettenburg vergessen zu machen. Moskau-Istanbul-Dubai: Ja, so möchte Baku sein. Klaus Vogt ist völlig begeistert von der Stadt am Kaukasus A-ROSA SCHENKT IHNEN WOHLFÜHLZEIT. SCHWEIGENRECHTENBACH SIE BLEIBEN 4 NÄCHTE, BEZAHLEN ABER NUR 3. DAS BEDEUTET: MEHR ZEIT FÜR GRENZENLOSEN SPA- ROSA GENUSS, FÜR KULINARISCHE FREUDE UND DIE URSPRÜNGLICHE NATUR. FÜR EIN NEUES KÖRPERGEFÜHL IN IHREM PERSÖNLICHEN WOHLFÜHLJAHR. A-ROSA WOHLFÜHLZEIT 4 GLEICH 3 // z. B. im A-ROSA Travemünde 4 Nächte im Doppelzimmer zum Preis von 3 mit VitalFrühstück • Fahrrad für 2 Tage • Freie Nutzung des SPA-ROSA mit Schwimm-, Sauna- und Ruhebereich • Nur buchbar bis 31.05.2014 (außer feiertags), Anreise täglich möglich, ggf. 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Doch zuvor gibt es Maispoularde mit Mandel-Physalis-Füllung im Restaurant „Deutsches Weintor“. Dann fahren wir im Sonnenuntergang durch Weindörfer mit Fachwerk und Gassen, die von noch blattlosen Reben überspannt sind. Wenn es dunkel wird, schimmern rosa beleuchtet Kirchen, Rathäuser, Torbögen und Burgen. Am nächsten Tag geht es früh an die Villastraße in Edenkoben, die rechts und links von blühenden Mandelbäumen gesäumt ist. Es gibt Wein und Pfälzer Spezialitäten an den Ständen, der Pfälzer feiert gern. Ich flüchte vor dem großen Ansturm nach Neustadt, nicht ohne vorher einen „Sauburger“ zu essen – einen Saumagen im Brötchen. Später wandere ich ein Stück den Mandelpfad entlang, bergauf, bergab, aus Neustadt hinaus über die Haardt nach Gimmeldingen und zurück. Das Wetter ist „abbsoludd herrlisch“, also wird in Höfen der Ausschank spontan eröffnet. Abends schlummere ich entspannt ein. Morgens wache ich mit einem höllischen Muskelkater auf. Zeit für ein Wellness-Treatment. Ich fahre nach Rhodt unter Rietburg ins Vier-SterneHotel „Alte Rebschule". Auf einer warmen Marmorplatte massiert Erika mich mit sanften Bürstenstrichen. Die in Wasser verquirlte Mandelseife kühlt die wandergeschädigten Waden, das folgende Peeling mit gemahlenen Mandeln lindert den Rückenschmerz. Nach dem Duschen ruhe ich dick mit Mandelöl eingerieben bei Kerzenschein aus. Zum Abschluss schlendere ich ein letztes Mal unter den Mandelbäumen zwischen Wachenheim und Bad Dürkheim und atme tief den opulenten Duft ein. Dann kann der graue Alltag wieder kommen. Cirstin Listing zieht es jedes Jahr zur Mandelblüte an den Ort ihrer Kindheit zurück UNTERWEGS I In der Gralsburg lässt Richard Wagner Ritter Gurnemanz den Parsifal ansingen mit: „Zum Raum wird hier die Zeit.“ Nach zwanzig Minuten im Musikzimmer der Villa Tasca bekommt dieser Satz eine ganz eigene Tiefe. Allein stehe ich vor dem Flügel, angeblich jenem Flügel, der dem Musikus hilfreich war bei der Komposition der Partitur zu „Parsifal“. So nah an den Menschen Richard Wagner werde ich wohl nie wieder kommen. Es ist beeindruckend und erschreckend zugleich, denn die Distanz ist weg. Hier, auf der Terrasse, da stand auch er, er taperte durch den Garten, musste über das Treppenhaus in die Belle Etage und hat im Speisezimmer, wie ich, vom Porzellan mit den gräflichen Wappen gegessen, aus den gravierten Gläsern getrunken. Er saß auf dem – nun in die Jahre gekommenen – Fauteuil und hörte durch die Badezimmerfenster die Hofhunde kläffen. Hier, in dieser Idylle in Palermo, vollendete Anfang 1882 Wagner also seinen Parsifal. Der Hausherr, Graf Tasca, hat direkt nach der Ankunft charmant und lässig begrüßt, eine kleine Führung gemacht und sich dann bis zum Lunch zurückgezogen. Vier Schlafzimmer mit Bädern und Ankleidezimmer en Suite, drei „Salone“, Billardzimmer, Bibliothek, Bar und – hach – das Musikzimmer gilt es ausgiebig zu erkunden. Neben den Noten von Richard Wagner stehen dort von Verdi und Artur Rubenstein gezeichnete Manuskripte. Auch sie waren hier, auch sie haben sich von den Grafen Tasca einladen lassen. Richard Wagner von der Gräfin, um genau zu sein. Und daher gibt es eine kleine Melodie, deren gerahmte Noten überschrieben sind mit „Seiner edlen Freundin Gräfin d’Almerita Tasca“. Darunter steht „20 Marzo 1882, Richard Wagner“. Der Aufenthalt mit Familienanschluss war Zu- Raum für Zeit Ein Palazzo am Rand von Palermo. Die Villa Tasca. „Splendid Isolation“, die nicht nur Richard Wagner inspirierte. Aber ihn ganz besonders. Und nun auch Touristen, wie Andreas Tölke fall. Ansonsten muss sich Giuseppe Tasca mit dem jüngeren Bruder um das gemeinsame Weingut kümmern. Tasca d’Almerita wurde 2012 zum Vini d’Italia gekürt und die beiden Winzer umrunden den Planeten, um ihre Produkte zu promoten, sind „rund 150 Tage im Jahr unterwegs“, was die Chancen für aristokratische Vor-Ort-Betreuung deutlich mindert. Die Tascas sind Kosmopoliten und zudem eine Dynastie, die seit zweihundert Jahren in Sizilien Wein anbaut, fünf Güter betreibt mit sechshundert Hektar Reben, zwei Ferienresorts ihr Eigen nennt und für die insgesamt 340 Menschen arbeiten. Wagner war’s wurscht. „Er hatte sich bei seinem Aufenthalt mit dem Direktor seines Hotels, des ‚Grand Hotel et des Palmes‘, in die Wolle gekriegt, ist dann in eine private Villa gezogen, die unweit der Villa Tasca lag und die es heute leider nicht mehr gibt. Was egal ist, denn auch dieses Domizil war nicht nach Richard Wagners Geschmack. Er suchte und fand wortreich den Weg ins Herz der Gräfin d’Almerita, war erst noch der Mann am Klavier – pardon – Flügel und zog schon bald ganz in die Villa“, erzählt Giuseppe Tasca launig von der Familienzusammenführung auf einer zweistündigen Autofahrt quer über das Eiland. „Da oben“, er deutet auf vier fünfstöckige Gebäude auf einem Hügel, der so auch in der Toskana stehen könnte, „das ist das Werk der Mafia.“ Palermo sehen und sterben kommt in den Sinn ... In der Kurzfassung: Die Mafia ist unsichtbar, keine Paten mit Borsalino vor Espressobars. Sichtbar stattdessen Sozialbauten, die verrotten und Millionen verschlungen haben, Gegenden, gegen die Berlin-Hohenschönhausen betulich wirkt. Nach den Baufirmen kamen die Drogen. Viel schöner ist es in der Altstadt der Inselhauptstadt, auf dem Boulevard am Meer, auf das schon Goethe von seinem Domizil schauen konnte, und noch viel schöner ist es auf dem Gut des Grafen bei einer Weinprobe. Ein sehr spezielles Tröpfchen, vor allem der Weiße, mit Charakter. Nichts für zwischendurch. Aber das ist auch Sizilien nicht. „Als Jugendliche wollte ich nur weg von hier“, erzählt Anna Tasca Lanza und dreht Nudelteig durch die Maschine. Die Gräfin ist Cousine, lebt in der Nähe des Guts und hat nach einer internationalen Karriere als Kunsthistorikerin und Kuratorin die Kunst an den Nagel gehängt: „Menschen, die bei Vernissagen im Gespräch mit Schulterblick nach dem Nächsten, Wichtigeren suchen, haben mich irgendwann gelangweilt.“ Drum kocht sie jetzt. Mit eigenem Garten, mit vergessenem Gemüse, deren Samen sie auf der ganzen Welt sucht, und mit viel Zeit. Die hier zum Raum wird. Ob man Wagner mag, das ist bei dem Ambiente eigentlich völlig egal. 81 BAUPLAN T H E C U L T U R E O F T O TA L B E A U T Y Exklusive Haarpflege und Kosmetik. In ausgesuchten Friseur – Salons: labiosthetique.de 1 2 5 6 MONCLER 4 3 DIE „LONGUE SAISON“ VON MONCLER Sonst sind wir immer für Handarbeit, aber in manchen Fällen dürfen auch moderne Technologien bestaunt werden 82 Eine Daunenjacke, die so leicht ist, dass man sie zusammenfalten, überall mit hinnehmen und bei jedem Wetter tragen kann – das war die Idee von Designer Remo Ruffini, als er im Jahr 2008 die „Longue Saison“ für Moncler entwarf. Mittlerweile ist aus ihr ein Klassiker geworden, der sommers wie winters zum Einsatz kommt und in jeder Saison neu aufgelegt wird. Wir haben uns mal angeschaut, wie er entsteht: 1 Zunächst wird eine Schablone auf dem leichten, Wasser abweisenden Jackenstoff platziert. 2 Nun schneidet ein Laser entlang der Schablone die einzelnen Elemente aus dem Stoff: Ärmel, Rumpf, Taschen.3 Anschließend kommen die Daunen ins Spiel. Nachdem sie gewaschen, desinfiziert und bei 100 Grad im Ofen getrocknet wurden, werden sie sortiert. Nur die feinsten finden Verwendung. 4 Im nächsten Schritt werden sie abgewogen, 60 Gramm braucht man pro Jacke. 5 Es folgt die „Daunen-Injektion“: Jedes Element der Jacke wird mit einer anderen, genau abgestimmten Menge gefüllt. 6 Abschließend werden die einzelnen Teile zusammengenäht. Nach einem letzten Qualitätscheck und dem Anbringen des Logos mit stilisiertem Berg und Hahn am Ärmel wird die Jacke gefaltet und in das dazugehörige Säckchen gelegt. Übrigens: Moncler wurde 1952 in der Nähe von Grenoble als Ausrüster für Bergexpeditionen gegründet, 2003 ging es an den Italiener Ruffini. LA BIOSTHETIQUE CHEVEUX LONGS In voller Länge Langes, seidiges Haar ist sexy. Es ist aber auch empfindlich und anfällig für Sprödigkeit und Haarbruch. Das luxuriöse Spa – Konzept Cheveux Longs gleicht Strukturschäden aus, n Parfum. pflegt das Haar mit hochwirksamen Inhaltsstoffen und umschmeichelt es mit einem bezaubernden www.omegawatches.de IN IHRER EIGENEN KLEINEN WELT Die winzigen Bestandteile unserer mechanischen Werke bewegen sich im Rhythmus unseres Lebens – und haben uns bei einigen der größten Abenteuer der Menschheit begleitet. OMEGA Boutiquen#FSMJOt'SBOLGVSUBN.BJOt)BNCVSHt.àODIFO