Offener Brief zum Bebauungsplan
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Offener Brief zum Bebauungsplan
Offener Brief zum Bebauungsplan-Entwurf „Stellingen 66“ Nachverdichtung Siedlung Spannskamp Sehr geehrte Damen und Herren, wir, die Mieter der Siedlung Spannskamp in Hamburg-Stellingen, stehen vor einer großen Zerreißprobe: Als „echte“ Genossen, stehen wir den Maßnahmen zur Beseitigung der Wohnungsknappheit in Hamburg sehr aufgeschlossen gegenüber. Andererseits sehen wir seit kurzem, dass diese es bei der Bebauung auch große Nachteile für „Altmieter“ durch eine übereilte, am Reisbrett geplanten und unökologischen Siedlungspolitik, gibt. Das Bezirksamtes Eimsbüttel, teilte uns völlig überraschend an besagtem 6. Juni in einer „Frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung“ mit, dass auch - mit dem schönen Namen „Stellingen 66“ versehen unsere Siedlung bereits in einem BebauungsplanEntwurf steckt und unsere „grüne Lunge“ einer Nachverdichtung“ weichen muss. Da sich unsere Genossenschaft dem Bezirk gegenüber bereits Ende 2009 positiv zu dieser Nachverdichtung geäußert hat, verließen viele die Veranstaltung wütend, resignativ, niedergeschlagen und hilflos ausgeliefert. In Gesprächen mit Mitbewohnern in den folgenden Tagen, schlug diese Hilflosigkeit jedoch in ein fruchtbares „WIR-Gefühl“ um. Eine Versammlung wurde geplant, zu der alle Mieter eingeladen wurden, um Maßnahmen zu entwickeln, wie wir die Zerstörung des Charakters einer „lebenswerten“ Wohnumgebung verhindern könnten. Es gab eine überwältigende Resonanz, alle möglichen Schritte zu unternehmen, um eine radikale Bebauung der Grünflächen und die damit einhergehende Vernichtung von Baumbestand, Erholungsraum und Kinderspielplatz zu verhindern. So wurde eine Stellungnahme der gewählten Vertreter unserer Genossenschaft mit 215 Unterschriften formuliert, die an das Fach-Amt für Stadt- und Landschaftsplanung eingereicht wurde. Parallel dazu haben sich noch über 200 Mieter mit einer Einzeleingabe an das oben genannte Fach-Amt gewandt. Die selbstbestimmte „Mieterversammlung“ wollte jedoch auch eine Stellungnahme seitens der Genossenschaft, die diese -vertreten durch den stellvertretende Vorsitzenden, Herrn Alfeld - eine Woche später in einer weiteren Zusammenkunft, ohne verbindlichen Charakter, erläuterte. „Aktionskreis Spannskamp“ für alle Mieterinnen und Mieter der Siedlung Spannskamp Der vom Genossenschaftsvorstand favorisierte Nachverdichtungsplan sieht demnach eine Bebauung mit zwei viergeschossigen Häusern „auf der grünen Wiese“ zwischen den bereits bestehenden siebengeschossigen Hochhausbauten, sowie eine weitere Bebauung zwischen dem Hochhaus Spannskamp 30 und dem darauf folgenden - nicht der Genossenschaft zughörenden, Eigentümer genutzten Hochhaus, vor. Eine auf dem Bebauungskonzept ausgewiesene „Riegelbebauung“ an den dreigeschossigen Häusern der gegenüber liegenden Spannskamp-Seite, wäre laut Genossenschaftsvertreter, damit wenigstens vorerst einmal „vom Tisch“. Unsere Siedlung . . . wurde in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts von der Schiffszimmer-Genossenschaft, recht großzügig geplant und gestaltet und bietet mit 338 Wohnungen bezahlbaren Wohnraum. Ein Großteil der Genossenschaftsmitglieder lebt hier seit den ersten Tagen der Siedlung und erfreut sich an der inzwischen üppig gewachsenen Natur, an freier Sicht und grünen Plätzen, eine kleine Oase - nicht nur fürs Auge. Ein wunderschöner Baumbestand, der älteste Baum, eine ca. 200 Jahre alte Rotbuche, Platz genug für sehr belebte Kinderspielplätze, eine Wiese für Feste und andere Zusammenkünfte der Mitbewohnerinnen und Mitbewohner. Obwohl sich in der Zwischenzeit die Umgebungssituation nicht gerade vorteilhaft entwickelt hat, wurden wir durch die parkähnlich Gestaltung der Siedlung, mehr als „entschädigt“. Ein honoriger Mitbewohner schildert es so: „Wenn man von der Autobahn kommt, die verkehrsreiche Kieler Straße überquert, die „seelenlose“ Häuserschlucht am Sportplatzring und der Koppelstraße runterfährt, ist das „Daheim“-Gefühl noch nicht da. Biegt man dann aber in den Spannskamp ein, geht Herz und Seele auf beim Anblick der Bäume und der offenen grünen Plätze, man ist zuhause.“ „Aktionskreis Spannskamp“ für alle Mieterinnen und Mieter der Siedlung Spannskamp Ökologisch gesehen . . . ist der weitläufige, grüne Charakter der Siedlung ein dringend notwendiger Ausgleich für die oben genannte Umgebungssituation“. Als Abgas- und Staub-„Schlucker“, sowie als Lärmpuffer, schützt uns der Baumbestand, vor dem nachgewiesenen, hohen Verschmutzungsgrad der Luft im Stadtteil. Nicht nur bei Westwind, führen die Autoabgase der Kieler Straße, des Sportplatzrings, sowie nicht unwichtig, der nahegelegenen Autobahn A7 und die Abluft der Müllverwertungsanlagen im Volkspark, bereits jetzt zu „dicker Luft“. Gegen den Lärm der Flugzeuge aus und nach Fuhlsbüttel, sowie dem Airbus-Werk, können sie uns leider nicht schützen, jedoch hält das „grüne Blätterwerk“ zumindest bis auf die blattlose Zeit - jede Menge Lärm fern und bietet zur gegenseitigen Freude, den zahllosen, munteren Vogel- und Insektenarten, eine fruchtbare Heimat. Verkehrstechnisch . . . ist für die Straße durch den Spannskamp nur Tempo-30 erlaubt, die Zuwiderhandlung dagegen jedoch leider an der Tagesordnung. Auch nutzen in den Morgen-, Nachmittag- und Abendstunden, wenn der Verkehr sich rund um das Wohngebiet staut, viele Autofahrer den Spannskamp als „Stauumgehungsstraße“, also als „Schleichweg“. Durch die sich am Straßenrand befindliche Parkfläche, gibt es an manchen Tagen nur ein Ausweichen des Gegenverkehrs über die Gehwege. Durch die weitere Bebauung - trotz geplanter Tiefgaragenplätze - würde sich an der Durchfahrtssituation im Spannskamp sicher wenig ändern. Vielmehr würde die zunehmende Verkehrsdichte eine weitere Gefährdung der hier spielenden Kindern und der älteren Mitbewohnern, darstellen. „Aktionskreis Spannskamp“ für alle Mieterinnen und Mieter der Siedlung Spannskamp Effektivere Nutzung der Fläche . . . für die betroffenen Mieter der Häuser Spannskamp 30 und 32. Die Wohnqualität würde für sie durch den vorgestellten Bebauungsplan beträchtlich an Wert verlieren. Der Charakter der „grünen“ Siedlung würde durch die geplante Abholzung der großen, alten Bäume zunichte gemacht. Die Zusage einer Ausgleichs-bepflanzung für diese Bäume kann dem ökologischen Schaden in keinster Weise gerecht werden. Die bisherige kinderfreundliche Spielfläche, die auch gerne von den umliegenden Kindertagesstätten als Ausflugsziel genutzt wird, würde verschwinden. Da auch in unmittelbarer Nähe der Siedlung, der bisherigen Kleingartensiedlung, eine Neubebauung beschlossen wurde, die doch hoffentlich familienfreundlich und mit aufgewecktem Nachwuchs geplant ist, sollte es doch zwingender geboten sein, einer vielstöckigen Bebauung mit Wohnblocks auf der grünen Wiese, der die Errichtung einer z. B. „genossenschaftseigenen“ KiTa, die sehr umweltverträglich in den bereits bestehenden Parkcharakter zu integrieren wäre, nachzudenken. Das Verdichtungsvorhaben . . . sieht auf der städteplanerischen Vogelperspektive nach einem recht marginalen Eingriff in die freie Fläche aus. In der sozialen Betrachtung jedoch ist diese Fläche bereits fest „besiedelt“. Ein faires, menschliches Miteinander hat sich im Laufe der Jahre, von den Alteingesessenen“ auf die Neumieter in und zwischen den Häusern, friedlich entwickeln können. Aufgrund der „Weitläufigkeit“ gibt es genügend Platz, sich auch einmal aus dem Wege zu gehen, Spannungen werden vermieden. Auch eine „Kriminalitätsrate“ ist, sicherlich nicht nur durch das nahe Polizeirevier, ein Fremdwort für die Bewohner. Weder kamen bisher Menschen zu Schaden, Autos oder Fahrräder abhanden, noch „zieren“ Graffiti die Hauswände. Bereits aufgrund des Bebauungsplan-Entwurfs, spaltet sich nun das Sozialgefüge in „Betroffene“ und „Nichtbetroffene“. Eine „Konfliktlinie“ lässt sich bereits „Aktionskreis Spannskamp“ für alle Mieterinnen und Mieter der Siedlung Spannskamp jetzt schon quer durch die Siedlung erkennen, welche das „Miteinander der Genossen“, in ein empfindliches Ungleichgewicht bringt. Misstrauen, statt Miteinander - viele sind zwar nicht direkt, sondern „nur“ indirekt betroffen. Aus vielen Gesprächen spricht Machtlosigkeit: „. . . war Hamburg nicht mal Umwelthauptstadt und so stolz darauf? War wahrscheinlich nur ein Feigenblatt! - Haben nur Menschen in den Elbvororten Recht auf viel Raum und Grün ums Haus? - Werden sich die neuen Mieter in unsere gelebte Gemeinschaft einfügen? - Bin ich für die Genossenschaft als Mitglied noch tragbar, wenn ich gegen eine Bebauung bin, obwohl die „Stadt“ Ja zur Bebauung sagt, die Nachverdichtung aber der reine Unsinn ist?“ - Die Tiere bei Hagenbeck haben doch dann mehr Platz und Grün, als wir. Aus Sicht der betroffenen Mitbewohnerinnen und Mitbewohner scheint es deshalb geboten, sich noch einmal in aller Ruhe und mit sozialem und ökologischem Sachverstand, über eine Nachverdichtung der Siedlung und mit unseren Einwänden, zu beraten. Ist es eine menschenfreundliche und ökologisch vertretbare Stadtplanungspolitik, in der wie in der Studie des Senats Ende 2009 dokumentiert, jede grüne Fläche nur als potentielles Bauland eingestuft wird. Ist es sinnvoll diese wenigen übriggebliebenen „grünen Lungen“ der Stadtteile rücksichtslos und am Willen der Bevölkerung vorbei, durch schnell erarbeitete neue Bebauungspläne zu Bauland umzudeklarieren? „Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten –, das ist nicht nur ein alter römischer Grundsatz, sondern eine Selbstverständlichkeit im Umgang zwischen Senat und Bezirken. Der Bezirk Eimsbüttel wird seine Verpflichtung im Wohnungsbau-Programm 2011 in der Wohnungsbau-Konferenz und in den zugesagten 700 Baugenehmigungen einhalten.“ So der Bezirksamtsleiter Thorsten Sevecke auf besagter Wohnungsbaukonferenz am 21. November 2011. Der Bezirk Eimsbüttel ist schon heute eines der am dichtest bebauten Stadtbezirke mit sehr wenig Grünanlagen oder Parks. Rund um die Siedlung Spanskamp, gibt es keine zusammenhängende grüne Erholungsfläche. Das Niendorfer Gehege als Ausweichfläche zu benennen, entbehrt jeglicher Realität. „Aktionskreis Spannskamp“ für alle Mieterinnen und Mieter der Siedlung Spannskamp Ältere Mitmenschen können diese Strecke gar nicht, oder nur sehr schwer zurücklegen. Für kleinere Kinder ist es unmöglich und die Größeren müssten entlang der vielbefahrenen Straßen nur einen gefahrvollen Weg dorthin finden. Die NO2-Werte der Luft im Umfeld der Kieler Straße liegen z. Zt. im Jahresdurchschnitt bei fast 80 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Möchte Hamburg ab dem Jahr 2013 nicht gegen das EU-Recht verstoßen, muss es die Vorgaben auf 40 Mikrogramm pro Kubikmeter reduzieren. Mit weniger Grün, sicherlich nur schwer zu erreichen. All diese Faktoren und noch einige mehr, gilt es für die Mitglieder des Bauherren, der örtlichen Parteien, des Bauausschusses, der Umweltverbände und der kirchlichen und sozialen Träger, die sich mit den Menschen und ihrer Lebenssituation in der Siedlung befassen müssen, zu bedenken und zu berücksichtigen. Nicht alles Machbare, ist auch sinnvoll zu machen! Kontakt zum „Aktionskreis Spannskamp“: Elsbeth Baumann Spannskamp 32 22527 Hamburg Tel. 040-4134 76 44 mobil 0179-747 71 65 e-mail: [email protected] „Aktionskreis Spannskamp“ für alle Mieterinnen und Mieter der Siedlung Spannskamp