Ausgabe 21.04.2012

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Ausgabe 21.04.2012
Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ...
MA-Verlag
POLITIK / KOMMENTAR
Islamkonferenz verleimt Bruchkanten gesellschaftlicher Widersprüche
Die vor sieben Jahren von Wolfgang
Schäuble ins Leben gerufene Islamkonferenz war das notwendige Ergänzungsmodul zu der rassistischen
Bezichtigungskampagne, die den sogenannten Antiterrorkrieg innenpolitisch flankierte. Um die kapitalistische Verwertungsoffensive und
ihre neoimperialistischen Kriegszüge
in einem grotesken Akt strategischer
Feindbildprägung zu einem Verteidigungsfall ... umzudeklarieren, forcierte man die Denkkontrolle ... (S. 6)
Elektronische Zeitung Schattenblick
Hommage an Mikis Theodorakis
Konstantin Paraskevaidis, Auslandsgrieche und Publizist
"Mikis Theodorakis ist eine Ikone für jeden Griechen"
Interview mit Konstantin Paraskevaidis im Deutschen
Schauspielhaus in Hamburg am 1. April 2012
und geachteten griechischen Künstlers verkörperte Verbindung zwischen musikalischem und politischen Engagement nachvollziehbar
und miterlebbar zu machen. [1] Erklärtermaßen galt die Hommage an
den Künstler Theodorakis zu einhundert Prozent auch der Solidarität
mit dem griechischen Volk, das wie
kaum ein zweites unter die Räder einer EU-gesteuerten Verwertungsmaschinerie gebracht wurde, deren
polit-moralische Bezichtigungen
und Diffamierungen in demselben
Maße gesteigert werden, wie der
reale, Sozialabbau und Massenarmut
begründende und befördernde Raubbau vorangetrieben wird.
SOZIALWISSENSCHAFTEN
Technik, Mensch und Selbstbestimmung - Hegemoniale Praktiken am Beispiel der genmanipulierten Aubergine
Tagung "(Un­)Sicherheit, (Bio­)Macht
und (Cyber­)Kämpfe: Kritische Theo­
rieperspektiven auf Technologien als
Ort gesellschaftlicher Auseinander­
setzung"
Katharina Glaab über hegemoniale
Praktiken am Beispiel der genmanipulierten Aubergine in Indien ... (S. 9)
Samstag, 21. April 2012
Die Theodorakis­Matinee ­
angekündigt an der Wand
des Deutschen Schauspielhauses
Foto: © 2012 by Schattenblick
"Mikis Theodorakis - Du bist Griechenland" - unter diesem Titel fand
im Deutschen Schauspielhaus in
Hamburg am 1. April 2012 eine Matinee zu Ehren des griechischen Sängers und Komponisten, früheren
Widerstandskämpfers, Politikers und
bis heute streitbaren Zeitgenossen
statt, in der es den Veranstaltern und
Mitwirkenden gelungen war, die in
der Person des weltweit bekannten
In dem bis auf den letzten Platz vollbesetzten großen Haus des Hamburger Schauspielhauses lauschten rund
fünfhundert Menschen mit großem
Interesse und angesichts des sensibel
und pointiert inszenierten Gesamtprogramms anwachsender Betroffenheit, um nicht zu sagen Ergriffenheit, den Darbietungen. Es waren
zwei Stunden, die die Welt, zumindest in diesem Rahmen, zu verändern
schienen, stellte sich doch alsbald eine Atmosphäre oder vielmehr Realität ein, in der die anfängliche
Trennung zwischen Publikum und
Künstlern aufgehoben zu sein schien
bzw. einer Verbindlichkeit gewichen
war, die von einer wohl von allen
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der deutschen Okkupation im Zweiten Weltkrieg und einer Auseinandersetzung, die nie wirklich aufgehört hat - erst der Bürgerkrieg,
später die Junta -, geprägt ist. Wie seGanz unter diesem Eindruck hatte hen Sie die Zusammenhänge zwider Schattenblick die Gelegenheit, schen der aktuellen Krise und den
im Anschluß an die Matinee mit dem historischen Wurzeln?
in Deutschland lebenden Griechen
Konstantin Paraskevaidis ein Ge- KP: Dazu habe ich in meinem Magaspräch zu führen. Herr Paraskevaidis zin einen ganzen Artikel verfaßt. Wir
war lange Zeit als Gastronom tätig müssen noch viel weiter zurückgeund ist heute Herausgeber und Chef- hen. Es reicht nicht, zum Zweiten
redakteur des Magazins "Die Grie- Weltkrieg Stellung zu beziehen.
chische Botschaft" [2], einem Griechenland ist ein gebeuteltes
zweimonatlich im Raum Hannover Land, und das schon seit 500 Jahren.
in deutscher Sprache erscheinenden Den meisten Menschen gerade hier
Periodikum, das in Deutschland le- in Deutschland ist das nicht bewußt,
bende Griechen der zweiten und drit- weil die Medien es leider nicht so
ten Generation ebenso informieren wiedergeben, daß Griechenland eiwill wie die deutschen Freunde Grie- gentlich erst seit 1974 überhaupt ein
freies Land ist. Das heißt, wir sind
chenlands.
noch ein ganz junges Volk, das erst
einmal mit diesen Wirtschaftsmächten, mit denen wir zu kämpfen haben
im Augenblick, zurechtkommen
muß. Erst seit 1974 haben wir die
Demokratie, seit 1981 sind wir in der
EWG, seit 2002 im Euro-Raum meiner Meinung nach alles viel zu
früh. Was andere Länder in vielen,
vielen Jahren aufbauen konnten, haben wir innerhalb kürzester Zeit
schaffen müssen. Im Grunde genommen stecken wir noch in den Kinderschuhen. Das ganze System, das wir
hier in Deutschland haben, beispielsweise das Krankenkassensystem,
Konstantin Paraskevaidis während gibt es in Griechenland nicht.
Anwesenden erlebten und mit Leben
erfüllten Symbiose zwischen politischer Stellungnahme und künstlerischem Ausdruck getragen war.
des Interviews im Schauspielhaus
Foto: © 2012 by Schattenblick
Schattenblick: Zunächst einmal würde ich gerne wissen, wie Sie die aktuelle Lage einschätzen?
Konstantin Paraskevaidis: Griechenland ist sehr flexibel. Wenn Sie jetzt
wissen wollen, ob Griechenland aus
der Krise herausgeführt wird - da bin
ich definitiv sicher, daß es das wird.
SB: Wichtig ist auch die historische
Entwicklung. Kommen wir doch
einmal auf die Geschichte Griechenlands zu sprechen, die eigentlich von
Seite 2
Die Problematik in Griechenland ist
viel komplexer, als sie hier dargestellt wird. Das heißt, wir müssen
Strukturen zerschlagen, die über 500
Jahre lang gewachsen sind. Jeder
mußte zusehen, wo er bleibt. Das war
natürlich während der Osmanischen
Herrschaft bis 1821 so, in Nordgriechenland sogar bis 1910, dann im Ersten Weltkrieg, im Balkankrieg, im
Zweiten Weltkrieg und schließlich
im Bürgerkrieg. Zwischendurch gab
es immer wieder Diktaturen, schließlich die Monarchie und dann, in den
1960ern noch einmal die Diktatur bis
1974. Seitdem sind wir eigentlich
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erst ein freies Land. Wenn man das
einmal nachvollzieht, dann kann
man vielleicht verstehen, warum
Griechenland den Karren in den
Dreck gefahren hat.
SB: Man könnte von der Geschichte
Griechenlands sagen, es sei eine politische Auseinandersetzung zwischen rechts und links gewesen, bei
der die Kräfte der Rechten verhindern wollten, daß das Land kommunistisch oder sozialistisch werden
könnte, und die nie wirklich aufgehört hat. Wie sehen Sie das?
KP: Diese Auseinandersetzung gibt
es in jedem Land, das betrifft nicht
speziell Griechenland. Wenn wir
jetzt aber auf die wirtschaftlichen
Fakten zurückkommen, dann hat es
gar keine Rolle gespielt, ob die Linken oder die Rechten dran waren, also die Sozialisten der PASOK oder
die Néa Dimocratía. Die hätten beide das Gleiche getan. Die Obrigkeit
war also durchwachsen mit Korruption, und das Volk badet das jetzt im
Augenblick aus, obwohl es eigentlich nicht den Karren in den Dreck
gefahren hat. Deswegen gehen wir
natürlich auch auf die Straße. Aber
es hat, glaube ich, nichts mit links
und rechts zu tun, nicht in unserem
Fall.
SB: Ich würde bei links und rechts
jetzt auch nicht zwischen PASOK
und Néa Dimocratía den Unterschied
machen, sondern eigentlich eine
grundsätzlichere Infragestellung der
herrschenden Kräfte thematisieren
wollen, wie beispielsweise auch die
kommunistische Bewegung in Griechenland eine Unabhängigkeit vom
Kapitalismus angestrebt hat. Wenn
man jetzt zurückgeht zum Zweiten
Weltkrieg, war es doch so, wenn ich
richtig informiert bin, daß es eine
Übereinkunft zwischen Hitler und
Churchill gegeben hatte, um zu verhindern, daß Griechenland kommunistisch werden könnte. Die
griechischen Volksbefreiungskräfte
waren so stark, daß die deutsche
Wehrmacht so lange in Griechenland
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ausgeharrt hat, bis die Briten da waren. Ist es nicht eine Ungeheuerlichkeit, daß es zwischen den Kriegsgegnern eine Allianz gab, um zu verhindern, daß in Griechenland eine
sozialistische Entwicklung hätte
möglich werden können?
KP: Ja, das ist richtig. Und wenn
man so will, haben die den Bürgerkrieg sogar noch weiter angefacht.
SB: Wäre der sogenannte Bürgerkrieg insofern eine Fortsetzung dieser Auseinandersetzung aus der Zeit
des Zweiten Weltkrieges?
KP: Der Bürgerkrieg kam erst durch
den Zweiten Weltkrieg zustande. Die
Lunte dafür hat tatsächlich die deutsche Besatzungsmacht gelegt.
SB: Die Geschichtsschreibung ist da
wohl ein bißchen interessengebunden, so daß man das heute eher trennt
und sagt: Von dann bis dann war der
Zweite Weltkrieg und danach kam
von dann bis dann der Bürgerkrieg.
KP: Die sind nahtlos ineinander
übergegangen. Der Bürgerkrieg hat
schon während des Zweiten Weltkriegs angefangen. Das hört man hier
nur nicht so gerne.
SB: Ist es nicht heute wegen der aktuellen Entwicklung gerade wichtig,
diese Seite der Geschichte Griechenlands einmal deutlich zu machen?
KP: Ähnliche politische Entwicklungen hat auch Deutschland mitgemacht in der Zeit nach dem Zweiten
Weltkrieg. Denn Deutschland sollte
auch zum Agrarstaat umfunktioniert
werden, weil die alliierten Kräfte die
Befürchtung hatten, daß Deutschland womöglich in das kommunistische Lager abwandern könnte. Die
Hilfe kam erst, als diese Gefahr abgewendet war, dann erst wurde der
Marshallplan aufgerufen. Das aber
ist auch genau das, was Griechenland
jetzt bräuchte. Ich bin überhaupt
nicht damit einverstanden, daß Milliarden Gelder nach Griechenland
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fließen, die dem Land gar nicht zugute kommen und schon gar nicht
der wirtschaftlichen Entwicklung.
Im Endeffekt werden die Hedgefonds bedient, die Zinsen und all die
Darlehen, die wir zuvor ungerechtfertigterweise bekommen haben.
SB: Es wird als größter anzunehmender Unfall oder schlicht Katastrophe dargestellt, würde Griechenland aus der Eurozone, möglicherweise auch aus der Europäischen
Union, austreten. Das sind aber eigentlich nur Annahmen. Wie würden
Sie dazu stehen, würde diese Option
SB: In den Redebeiträgen heute wur- in Erwägung gezogen werden?
de deutlich, welche Rolle dabei die
Waffengeschäfte gespielt haben. Daß KP: Da ist man zweigeteilt in Grienun diese Schulden bedient werden, chenland, man könnte wirklich sagen
mutet aberwitzig an.
"fifty - fifty". Tatsache ist, daß es der
Europäischen Union natürlich nicht
KP: Die Waffengeschäfte spielen ei- recht ist, wenn Griechenland rausne sehr große Rolle. Wir haben erst fliegt. Das wäre eine enorme finanletzten Monat Waffenlieferungen aus zielle Belastung für die EU. Es ist
Deutschland bekommen, obwohl wir nicht so, daß Griechenland unbehoch verschuldet sind und die gar dingt drin bleiben will, sondern es ist
nicht bezahlen können. Trotzdem ha- eher so, daß die EU uns nicht rausben wir sie bekommen. Natürlich lassen will, denn irgendwie müssen
werden damit die Arbeitsplätze hier die Schulden ja getilgt werden. Ich
in Deutschland gesichert, nur das war seinerzeit, 2002, schon ein Gegentgeht den meisten Bürgern hier. ner der Euro-Einführung in GrieIch glaube, Ende Januar stand ein chenland - nicht, weil ich nicht an
großer Artikel in der ZEIT, daß da das System der EU glaube, sondern
Panzer nach Griechenland geliefert weil es einfach für Griechenland viel
wurden, die eigentlich gar nicht be- zu früh war. Griechenland hat mehr
zahlt werden können. Das ist, wenn Wirtschaftskraft gehabt zu Drachman so will, Machiavellismus. Wenn men-Zeiten, die Menschen waren an
man dann noch sieht, daß die deut- sich, was vielleicht auch ein interesschen Waffenexporte zu 13 Prozent santer Aspekt sein könnte, glücklian Griechenland gehen und zu 14 cher. Sie hatten zwar nicht den
Prozent an die Türkei, die doch ei- Konsum von Luxusgütern, den sie
gentlich, wie auch Deutschland, NA- jetzt haben, aber sie hatten auch keiTO-Partner sind, ist da doch wohl ne Schulden. Das heißt, sie kamen
irgendwo Machiavellismus drin, sehr, sehr gut zurecht.
oder nicht? Wir haben bei 10 Millionen Einwohnern 100.000 Soldaten, Das alles ist eigentlich erst durch die
während Deutschland bei 82 Millio- Euro-Einführung kaputtgegangen,
nen nur 200.000 hat. Das ist also ein als die Konsumgesellschaft sich so
Vielfaches, was wir an Militär haben. dermaßen verändert hat wie seinerSo wird Angst geschürt, wohinter na- zeit die DDR, als sie zur D-Mark getürlich wirtschaftliche Interessen wechselt ist. Ich hatte damals das
stecken.
erste griechische Restaurant in Gotha, und da habe ich hautnah miterSB: Vielleicht eine etwas prekäre lebt, wie die Leute in die Pleite
Frage, aber wie würden Sie die Sou- getrieben wurden bzw. in die Schulveränität der griechischen Regierung denfalle getappt sind, nämlich indem
heute einschätzen?
sie einfach ohne Schufa- und Creditreform-Auskunft Kredite in jeder
KP: Die wird, wenn es so weiter Höhe bekommen und damit natürlich
geht, von der EU ausgeübt. Darauf erst einmal ihre Häuser renoviert und
läuft es doch hinaus, deswegen ge- sich Autos und Klamotten, alles, was
hen die Leute auch auf die Straße.
ihnen jahrelang gefehlt hat, gekauft
haben. Das ist ein guter Vergleich zu
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Griechenland, ähnlich ist es bei uns
passiert. Man konnte damals nicht
einfach einen Flachbildfernseher
kaufen oder ähnliches, das ging
nicht. Der hätte das Dreifache gekostet, weil es eine Luxussteuer darauf
gab. Seit der Euro- Einführung bekommt man so etwas, auf gut
deutsch gesagt, "für'n Appel und 'n
Ei", und vor allen Dingen auch auf
Kredit.
SB: Wurde denn bei der Einführung
des Euro, mehr oder minder massiv,
Druck ausgeübt? Ist der Beitritt zur
Eurozone vom griechischen Parlament abgesegnet worden?
KP: Ja, auf jeden Fall, auch vom
ganzen Volk. Das ist, um noch einmal diesen Vergleich zu ziehen, ähnlich gewesen wie mit der DDR. Da
haben auch alle gejubelt, als es zur
Wiedervereinigung kam, und dann
hieß es: Oh, wir sind jetzt in einem
kapitalistischen Land (lacht), können
uns alles leisten und sind frei. So
ähnlich haben die Griechen natürlich
auch reagiert. Sie haben sich natürlich gefreut, daß sie mit dem Euro jederzeit überall hinreisen und sich alle
möglichen Luxusgüter, die sie bis
dahin nicht hatten, leisten konnten.
Das war schon eine Schuldenfalle.
Ich glaube, da wäre jeder reingetappt
und gerade Griechenland, das wie
gesagt erst seit 1974 überhaupt frei
ist, umso mehr. Die Griechen hatten
einfach diesen Nachholbedarf an
Waren und Gütern, die sie vorher
nicht haben konnten. Da hat man
neidisch auf Europa geguckt, auch
darauf, wie toll es hier uns Auslandsgriechen ging. Wenn wir dann in Urlaub gefahren sind, dann waren die
regelrecht neidisch darauf, wenn wir
mit tollen Autos kamen oder auch
'mal einen Videorekorder oder irgendetwas als Geschenk mitbrachten,
wie man es eben mitnimmt in die
Heimat. Und dann, auf einmal,
brauchten sie sich das nicht mehr zu
erbetteln oder so, sondern konnten
sich das alles kaufen. Also standen
sie auch zu 100 Prozent hinter dem
Euro. Die Folgen dessen, daß das alSeite 4
les nur Kredit ist, war niemandem so
richtig bewußt. Das war das große
Problem, und das meine ich mit
"Schuldenfalle". Die Griechen sind
in die Falle getappt.
mulieren möchte, um einen Sozialabbau durchzuführen, der alles
zerstört, was an Entwicklung vielleicht einmal da gewesen ist. All die
Versprechen und Hoffnungen, die
man sich in Griechenland sicherlich
SB: Eine Falle, die ihnen sicherlich, durch den EU-Beitritt gemacht hat,
um es einmal so zu formulieren, ab- werden damit konterkariert.
sichtlich gestellt wurde.
KP: Ja, wir werden zurückgestoßen.
KP: Definitiv! Wir dürfen nicht ver- Die Wirtschaft ist rückläufig, wenn
gessen, daß Deutschland seinerzeit, Sie das meinen, und wird auch nicht
um nur einmal ein Beispiel zu nen- wieder aufgebaut werden können,
nen, weil wir ja nun einmal hier le- solange wir nicht investieren. Was
ben, weltweit Fünfter im Export war. wir also in Griechenland brauchen ist
Jetzt sind wir Exportweltmeister. nicht die Troika, sondern ein MarsDas kommt nicht von ungefähr, son- hall-Plan, wie ihn Deutschland dadern natürlich dadurch, daß man mals bekommen hat. Das heißt
kleine Länder wie Griechenland, die Hilfen, Hilfen im wahrsten Sinne des
natürlich Konsumgüter aus Deutsch- Wortes, und zwar, indem in die Wirtland aufsaugen, mit hineingenom- schaft investiert wird. Ansonsten gibt
men hat. Da gingen die Exporte hier es keinen Ausweg für Griechenland.
natürlich entsprechend los. Da die
kleineren Länder sich diese Produk- SB: Wenn Sie eine persönliche Prote aber nicht leisten konnten, gab es gnose wagen wollten, wie es in fünf,
natürlich Kredite, die hier so gerne vielleicht zehn Jahren um Griechenals Hilfen dargestellt werden. Aber: land bestellt ist, wie sähe die aus?
Das sind keine Hilfen, das sind Kredite! Ich weiß nicht, was es an dem KP: Ich glaube an die Griechen. Es
Wort "Kredit" nicht zu verstehen ist ein sehr fleißiges Volk im Gegibt. Den muß man verzinst zurück- gensatz zu der Meinung, die hier in
zahlen. Es wurden Waren nach Grie- den Boulevardblättern kolportiert
chenland geliefert - nicht nur aus wird. Die Griechen sind sehr flexiDeutschland, auch aus Frankreich bel, sie kommen in guten wie in
und natürlich oft auch Waffen - auf schlechten Zeiten durch und werden
Kredit, wobei man hierzulande ei- nicht aufhören, zu tanzen und zu
gentlich schon damals wußte: Das feiern (lacht). Man wird die Griekönnen die Griechen mit ihrer Wirt- chen damit nicht ändern können.
schaftskraft und ihrem Bruttosozial- Natürlich ist es jetzt schmerzhaft,
produkt und dem, was sie da 25 oder 30 Prozent weniger Geld im
einnehmen, doch gar nicht zurück- Portemonnaie zu haben. Wenn man
zahlen. Das ist gar nicht machbar ge- bedenkt, daß das in Deutschland
wesen, was den Leuten hier schon nicht gehen würde! Da würden noch
bewußt gewesen sein muß, als sie mehr Leute aufdie Straße gehen. 25
damals die Kredite großzügig ver- oder 30 Prozent von einem Grundteilten. Wahrscheinlich war ihnen gehalt von 500 Euro, das ist enorm,
aber auch bewußt: Wenn es einmal wenn man bedenkt, daß die Lebenskracht, müssen alle zahlen, und haltungskosten in Griechenland höschon sind die Kredite gerettet. Jetzt her sind als in Deutschland. Das
haben wir ja im Endeffekt diesen so- heißt, ein Kaffee kostet dort vier
genannten Rettungsfonds. Dieser Euro, hier bezahlt man zwei. Das
Zusammenhang muß denen aber da- muß man sich einmal vorstellen!
Brot, Milch, alle Dinge, die man
mals schon bewußt gewesen sein.
nicht umgehen kann, die man eben
SB: Diese Verschuldung ist jetzt der zum täglichen Bedarf braucht, sind
Sachzwang, wie ich es einmal for- wesentlich teurer als in Deutschwww.schattenblick.de
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land. Also wie soll man da mit 300
oder 400 Euro auskommen?
SB: Eine letzte Frage noch: Ist es in
der griechischen Regierung Ihres
Wissens nach jemals in Erwägung
gezogen worden, wirtschaftliche Beziehungen zu außereuropäischen
Ländern aufzubauen? Ich denke da
an Lateinamerika und die ALBAStaaten, die in ihrem Rahmen eine,
nennen wir es einmal so, tatsächlich
solidarische Wirtschaftspolitik betreiben. Oder ist ein solcher Gedanke angesichts der bestehenden
Verbindlichkeiten völlig illusionär?
KP: Angesichts der Verbindlichkeiten und bestehenden Verträge ist das
gar nicht machbar. Das wäre aber
auch kein Gedanke, der von der Regierung ausgesprochen werden würde, von der kommunistischen Seite
schon. Da gab es sowieso schon seit
langem den Gedanken, sich abzu- Mikis Theodorakis füllt das Große Haus des Deutschen Schauspielhauses
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kapseln und mehr oder weniger an
den Ostblock zu halten, den es ja
auch nicht mehr gibt. Aber offizielle Fußnoten:
Gedankengänge sind das heute nicht. [1] BERICHT/005: Hommage an Mikis Theodorakis - "Du bist Griechenland" (SB) http://www.schattenblick.de/infopool/musik/report/
SB: Das wäre dann wohl eher eine murb0005.html
Idee, die in einer innergriechischen [2] "Die Griechische Botschaft", Das Magazin für Griechen und Freunde
Auseinandersetzung, in der grund- Griechenlands http://www.magazin-botschaft.de
sätzliche Fragestellungen diskutiert
Schattenblick / INFOPOOL / MUSIK / REPORT / INTERVIEW/007
werden, thematisiert werden könnte.
KP: Ja, da wird in Griechenland noch
viel geschehen. Diese Problematik ist
noch lange nicht erledigt, auch innenpolitisch wird da noch einiges passieren.
SB: Und wie sehen Sie die Bedeutung
von Mikis Theodorakis? Er ist ein
Volksheld, ganz klar, aber auch ein
Widerstandskämpfer der ersten Stunde, der noch heute kritisch seine Stimme gegen die aktuelle Politik erhebt.
KP: Mikis Theodorakis ist eine Ikone für jeden Griechen, und wenn wir
ein paar mehr davon hätten, dann
hätten wir nicht dieses Dilemma, das
wir heute haben.
SB: Ich bedanke mich sehr für dieses Gespräch.
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BOULEVARD / TEST & SPASS / KALENDERBLATT
Kurzweiliges für Samstag, den 21. April 2012
Aphorismus
STEIN
Steter Tropfen höhlt den Stein
(Ovid)
Geduld holt sich nur selber ein.
HB
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POLITIK / KOMMENTAR / KULTUR
Islamkonferenz verleimt Bruchkanten gesellschaftlicher Widersprüche
Die vor sieben Jahren von Wolfgang
Schäuble ins Leben gerufene Islamkonferenz war das notwendige Ergänzungsmodul zu der rassistischen
Bezichtigungskampagne, die den sogenannten Antiterrorkrieg innenpolitisch flankierte. Um die kapitalistische Verwertungsoffensive und
ihre neoimperialistischen Kriegszüge
in einem grotesken Akt strategischer
Feindbildprägung zu einem Verteidigungsfall gegen einen angeblich religiös, kulturell, moralisch und ethisch
rückständigen und bösartigen Aggressor umzudeklarieren, forcierte man
die Denkkontrolle nicht zuletzt an der
Heimatfront. In der Absicht, die Prügel für Muslime um ihre Beteiligung
an der Unterwerfung zu komplettieren, kreierte man positiv konnotierte
Konzepte wie Dialog und Integration,
die unabweisliche Maßgaben setzen,
wer sich zu erklären und einzufügen
habe.
Weder wünschte Schäuble eine explosive Stimmung wie in den französischen Vorstädten, noch eine aus
Ghettoisierung resultierende Unkontrollierbarkeit urbaner Sphären. Er
legte Maßstäbe vor, deren Erfüllung
er für unverzichtbar erachtete, und
hatte dabei die eiserne Faust so sorgsam mit weicher Baumwolle umwickelt, daß seine Moderation als
Türöffner zu gegenseitiger Achtung
und Zusammenarbeit mißverstanden
und gefeiert wurde. Wie immer ging
es darum, anpassungswillige Fraktionen islamischen Glaubens einzubinden und zu verpflichten, die
ideologische Bezichtigung in der
Weise zu übernehmen, daß sie sich
offensiv zu der herrschenden Gesellschaftsordnung und Staatsräson bekannten und entschieden von
radikalen Strömungen abgrenzten.
Berücksichtigt man, daß das Feindbild Islam nach dem proklamierten
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Sieg über den Kommunismus als
neues ideologisches Konstrukt zur
Verschleierung und Rechtfertigung
der herrschenden Ausbeutungs- und
Zurichtungsverhältnisse in westlichen Denkfabriken entworfen und
systematisch in Stellung gebracht
worden ist, zielt die Vorwurfslage
gegen Muslime und deren erzwungene Fügung in die hiesige Ordnung
auf eine umfassende sozialrassistisch
verbrämte Zugriffsentwicklung ab.
Muten die einstigen Ressentiments
der Bundesbürger gegen sogenannte
Gastarbeiter aus Perspektive heutiger Verdächtigung und Ausgrenzung
fast schon idyllisch an, so geht es
gleichermaßen den deutschen Hungerlohnempfängern, Hartz-IVern
und sonstigen Ausgepreßten und
Ausgrenzten rigoros an den Kragen.
Was Wolfgang Schäuble initiiert und
eigenhändig auf den Weg gebracht
hatte, geriet unter seinen Nachfolgern mehr und mehr ins Taumeln. [1]
Den Machiavellismus des damaligen
Innenministers nie mehr erreichend,
brachte der Verwaltungstechnokrat
Thomas de Maizière den Dialog ins
Stocken, worauf Hans-Peter Friedrich zunächst den Eindruck erweckte, der Elefant im Porzellanladen sei
sein Lieblingstier. Im vergangenen
Jahr löste er mit seinen Plänen, mittels der Konferenz eine Sicherheitspartnerschaft zwischen Staat und
Muslimen zu etablieren, Empörung
bei seinen Gesprächspartnern aus,
die sich und ihren Glauben zwangsläufig auf ein Sicherheitsrisiko reduziert sahen. [2] Der Islam gehöre
nicht zu Deutschland, holzte jüngst
der Fraktionsvorsitzende der CDU,
Volker Kauder, noch einmal gegen
den über die umgekehrte Aussage
gestürzten ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Wie kontrolliert und kühl kalkulierend diese
Bösartigkeit eingesetzt wird, unterwww.schattenblick.de
streicht indessen Kauders geradezu
gelassen anmutende Einschätzung
zur Koranverteilung der Salafisten,
die er nüchtern mit den Worten kommentierte, das Verteilen religiöser
Schriften sei vom Grundrecht der
Religionsfreiheit gedeckt, sofern der
Inhalt nicht gegen Straftatbestände
verstoße. [3]
Vor Beginn der diesjährigen Islamkonferenz, in der eigentlich Geschlechtergerechtigkeit das Thema
war, hatten Politiker aus Union und
FDP Druck auf Innenminister Friedrich ausgeübt, Salafismus kurzfristig
auf die Tagesordnung zu setzen. Der
gastgebende Innenminister hat jedoch offensichtlich dazugelernt,
lehnte er doch eine Änderung der
Agenda ab und erwähnte das Thema
Salafismus nur am Rande, womit er
zwei Fliegen mit einer Klappe
schlug. Zum einen lobten ihn selbst
die Grünen für seine Zurückhaltung,
zum andern erwirkte er elegant eine
Zustimmung der Konferenz, daß
"salafistischer Extremismus nicht in
unsere freie deutsche Gesellschaft"
passe und der Absolutheitsanspruch
der Salafisten nicht "mit unserem
Grundgesetz" vereinbar sei. Auch
mit Blick auf das eigentliche Thema
der Konferenz fuhr Friedrich die erhoffte Ernte ein: "Erstmalig haben
sich Muslime unterschiedlicher Herkunft und Religiosität in Deutschland gemeinsam mit staatlichen
Vertretern auf einen Text verständigt,
der in der Ächtung dieser Praktiken
unmissverständlich ist. Die Erklärung ist somit eine wichtige Grundlage für die Eindämmung von
häuslicher Gewalt und Zwangsverheiratung". So hielt sich die Enttäuschung der Konferenzteilnehmer in
Grenzen, die lediglich monierten,
daß Friedrich die Ergebnisse nicht
wie bislang üblich mit den muslimischen Verbänden zusammen, sonSa. 21. April 2012
Elektronische Zeitung Schattenblick
dern allein auf einer Pressekonferenz desinnenministerium an die Medien Empörung hin oder her, ist doch in
vorstellte.
gegeben." [4]
diesem Zusammenhang nicht Friedrich das Hauptproblem, sondern eher
Wes Geistes Kind der amtierende In- Nun mußte das Ministerium in sei- schon die Erwartung, daß eine Konnenminister ist, unterstreicht das ner Antwort einräumen, daß die ferenz, bei der der Innenminister als
peinliche Eingeständnis seines Hau- Bild-Zeitung von der Pressestelle Gastgeber fungiert, andere Ergebnisses, den Bundestag im Zusammen- doch ein Vorabexemplar der Studie se als besser verleimte Bruchkanten
hang mit der Vorabveröffentlichung erhalten hat, angeblich zur Vorberei- gesellschaftlicher Widersprüche
einer Studie über Muslime im Früh- tung eines Interviews mit dem Mini- produzieren könne.
jahr grob getäuscht zu haben. Dies ster. Der habe davon aber nichts
geht aus der Antwort auf eine Anfra- gewußt. Wenn ein Bundesminister Fußnoten:
ge der Linken hervor, deren migrati- die Öffentlichkeit derart belüge,
onspolitische Sprecherin Sevim müsse sich die Bundeskanzlerin fra- [1] http://www.derwesten.de/wr/
Dagdelen daraufhin von einem "Lü- gen, ob er noch tragbar ist. Sich nun islamkonferenz-am-endegenminister" sprach, der eine Erklä- dahinter zu verstecken, daß er angeb- id6571769.html
rung schuldig sei. "Junge Muslime lich nichts gewußt habe, sei erbärmverweigern Integration", schrieb lich und eines Ministers unwürdig, [2] http://www.abendblatt.de/politik/
bild.de am 29. Februar unter Beru- erklärte Sevim Dagdelen. Die Islam- deutschland/article2252988/Imfung auf eine Studie des Bundesin- wissenschaftlerin Armina Omerika Schatten-der-Salafisten-Friedrichnenministeriums. Autoren der Studie nahm Friedrichs Umgang mit der bremst-Parteikollegen.html
distanzierten sich umgehend und Studie zum Anlaß, am Vortag der Issprachen von einer groben Verzer- lamkonferenz ihre Teilnahme offizi- [3] http://www.welt.de/debatte/kommentare/article106207141/Volkerrung des Inhalts der 760 Seiten um- ell abzusagen.
Kauder-Kreuzritter-ohne-Waffen
fassende Untersuchung. Den
zwangsläufig aufkommenden Ver- Hans-Peter Friedrich ist eben nicht .html
dacht, Friedrich habe die Studie lan- Wolfgang Schäuble, soviel steht fest.
cieren lassen, dementierte der Deswegen aufzuatmen besteht ande- [4] http://www.sueddeutsche.de/
Minister im ZDF: "Also, diese Stu- rerseits kein Anlaß, ist doch die Is- politik/innenministerium-raeumtdie ist nicht aus meinem Haus her- lamkonferenz noch längst nicht falsche-auskunft-ein-muslim-stuausgegeben worden." Später legte gegen die Wand gefahren. Der am- die-ging-doch-vorab-an-boulevard-Innenstaatssekretär Christoph Ber- tierende Innenminister gibt sich im- blatt-1.1337226
gner im Bundestag mit der Behaup- merhin Mühe, nicht nur den
tung nach: "Es hat keine öffentliche Holzhammer zu schwingen, sondern
POLITIK / KOMMENTAR
oder wie auch immer geartete Über- bei Bedarf in Nachahmung seines
KULTUR/0928
gabe dieser Studie durch das Bun- Vorvorgängers die Fäden zu ziehen.
BUCH / SACHBUCH / REZENSION
Das Ende der Kriege
Wie Kriegsgegner in Deutschland, Amerika, Afghanistan und im Irak
für den Frieden kämpfen
von William T. Hathaway
Durch die Veröffentlichung am 18.
April in der Los Angeles Times von
Fotos von Soldaten der berühmten
82. Luftlandedivision der US-Armee, die in Afghanistan grinsend und
feixend vor den Leichen getöteter
Sa. 21. April 2012
Taliban posieren, die zum Teil durch
die frühzeitige Explosion der eigenen Bomben verstümmelt sind, sieht
sich das Pentagon erneut medial in
der Defensive. In den vergangenen
Monaten haben Bilder von US-Mawww.schattenblick.de
William T. Hathaway
Das Ende der Kriege
Wie Kriegsgegner in Deutschland,
Amerika, Afghanistan und im Irak
für den Frieden kämpfen
Aus dem Englischen "Radical
Peace: People Refusing War" von
Melanie Tönies und Daniela Rommel
Jesbin Verlag, Oldenburg 2011
188 Seiten , 14,90 Euro
ISBN­13: 978­3939276043
rineinfanteristen, die auf die Leichen
getöteter Taliban urinieren, das Verbrennen einer unbekannten Anzahl
von Kopien des Korans auf dem NATO-Luftwaffenstützpunkt Bagram
bei Kabul sowie das Massaker an 17
Seite 7
Elektronische Zeitung Schattenblick
Bewohnern zweier Dörfer bei Kandahar das Ansehen des amerikanischen Militärs schwer beschädigt. In
solchen Fällen läuft die Erklärung
Washingtons stets auf dasselbe hinaus: Hier handelt es sich um die Verfehlungen von Wenigen; das Gros
der Soldaten verhalte sich korrekt.
Am Mythos des ehrbaren Kriegers
wird eisern festgehalten.
Daß es sich hier tatsächlich um einen
Mythos handelt, mit dem das Grauen des Krieges verschleiert und verdrängt wird, läßt sich daran
erkennen, wie derzeit die US-Behörden bis zum vermeintlich liberalen
Präsidenten Barack Obama hinauf
mit dem Gefreiten Bradley Manning
umgehen. 2006 diente dieser beim
US-Militärgeheimdienst auf einem
Stützpunkt nahe Bagdad. Als er mitbekam, wie im Irak unschuldige
Korruptionsgegner als "Terroristen"
von der irakischen Polizei verhaftet
und gefoltert wurden, meldete er dies
seinen Vorgesetzten, die - wenig verwunderlich - davon nichts wissen
wollten. Schockiert über die systematische Mißachtung sowohl von
US-Militärgesetzen als auch des
Völkerrechts hat Manning 2010 dem
Enthüllungsportal Wikileaks eine erhebliche Menge vertraulicher wie
belastender Dokumente aus dem USSicherheitsapparat zukommen lassen
- darunter das Skandalvideo "Collateral Murder" über die Tötung einer
Gruppe Zivilisten 2007 in Bagdad,
unter denen sich auch zwei Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters
befanden, durch Beschuß aus einem
US-Kampfhubschrauber. Statt als
Held, der für die hehrsten Prinzipien
der Menschlichkeit eingetreten ist,
gefeiert zu werden, muß sich Manning derzeit wegen "Unterstützung
des Feindes" vor einem Militärgericht in Fort Meade, Maryland, verantworten. Dem 24jährigen erwartet
eine lebenslange Freiheitsstrafe.
William Hathaway hat den Krieg
ebenfalls aus nächster Nähe erlebt,
und seine Erfahrungen haben auch
ihn zum Gegner solchen organisierSeite 8
ten Wahnsinns gemacht. Als Mitglied der US-Spezialstreitkräfte
nahm er am Vietnamkrieg teil. Jahrelang hatte er mit seinen Erlebnissen in Indochina zu kämpfen. Mittels
der transzendentalen Meditation
(TM) gelang es ihm, seine Dämonen,
wenn nicht verbannen, so doch zumindest in ihre Schranken zu weisen.
Zurück im Zivilleben schlug der ehemalige Zeitungsreporter aus San
Francisco eine akademische Laufbahn ein und lehrte an mehreren USHochschulen. Zuletzt war er Gastprofessor für Amerikanistik an den
Universitäten Bonn und Oldenburg.
An letzterer arbeitet er heute als
Lehrbeauftragter. Im Rahmen seiner
Aktivitäten in der US-Friedensbewegung hat Hathaway über die Jahre
zahlreiche Artikel veröffentlicht. Für
sein erstes Buch, "A World of Hurt",
über die Welt der Soldaten und die
dort herrschenden Zwangsmechanismen erhielt er den Rinehart Foundation Award.
gleich auf. Dazu kommen die Schilderungen von einer in Deutschland
lebenden irakischen Studentin und
einem ebenfalls in der Bundesrepublik ansässigen, ehemaligen afghanischen Journalisten.
Für den deutschen Leser bietet Hathaways Buch aufschlußreichen Einblick in eine hierzulande ob ihrer
Bedeutung viel zu wenig beachtete
Szene, nämlich die der US-Friedensbewegung. Traditionell stehen die
meisten Amerikaner dem Einsatz der
eigenen Soldaten bei Militärkonflikten in Übersee ablehnend gegenüber.
Mittels vermeintlich unvorhergesehener Ereignisse wie des japanischen
Angriffs auf Pearl Harbor 1941 und
der Flugzeuganschläge auf das New
Yorker World Trade Center und das
Pentagon in Arlington 2001 sowie
der ständigen Diffamierung der
Kriegsgegner als weltfremde Spinner und "Isolationisten" gelingt es
der Machtelite der USA immer wieder, ihr imperialistisches WeltherrAuch das neueste Werk Hathaways, schaftsprogramm voranzutreiben.
"Das Ende der Kriege", ist auf Lob
gestoßen. Der berühmte Linguist Zwei von Hathaways GesprächsNoam Chomsky, bekanntlich einer partnern betreiben aktiv Sabotage an
der prominentesten Kritiker der Au- der US-Kriegsmaschinerie; der eine
ßen- und Sicherheitspolitik der USA, als Hausmeister, indem er bei Gewithat dazu folgende Empfehlung abge- tern die internen Stromnetze größegeben: "Ein Buch, das weit über die rer Rüstungsunternehmen zum
unmittelbare Botschaft hinaus die Überlasten bringt und damit die VerKomplexität der menschlichen Exi- nichtung der Computerfestplatten
stenz begreifbar macht." Darin er- und ihrer Datenbestände herbeiführt;
zählen verschiedene Amerikaner der andere, der gelegentlich als TouHathaway, wie sie zu überzeugten rist getarnt mit Wohnmobil durchs
Kriegsgegnern wurden. Diese Ge- Land fährt und nachts auf unzureischichten - zum Beispiel die der Ra- chend gesicherten Militärarealen
dikalpazifistin, die nach einer Dienstfahrzeuge und Panzerwagen
Protestaktion von einer Gruppe Sol- in Brand setzt. Alle, auch der Autor
daten schwer mißhandelt und im selbst, lehnen Gewalt gegen MenMoment ihrer größten Pein seeli- schen nicht nur als zerstörerisch,
schen Beistand von Jesus Christus sondern auch selbstzerstörerisch ab.
persönlich erhielt, oder der Mutter, Die meisten von ihnen halten eine
die ihren kriegsgeschädigten Sohn Überwindung des kapitalistischen
zum Liebhaber nimmt, um ihn zu Systems, das ständig Kriege produheilen, oder der Soldatin, die im Irak ziert, für den einzigen Ausweg aus
wegen Kritik an der Regierung Ge- der derzeitigen Situation. Angesichts
orge W. Bush von einem Kameraden von Klimawandel, Weltwirtschaftsvergewaltigt und anschließend von krise, Ressourcenschwund, Artenden Behörden im Stich gelassen sterben und Nahrungsmittelwurde - berühren und rütteln zu- knappheit kann der Schrei gegen
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Sa. 21. April 2012
Elektronische Zeitung Schattenblick
SOZIALWISSENSCHAFTEN / REPORT / BERICHT
Technik, Mensch und Selbstbestimmung Hegemoniale Praktiken am Beispiel der genmanipulierten Aubergine
Tagung "(Un­)Sicherheit, (Bio­)Macht und (Cyber­)Kämpfe:
Kritische Theorieperspektiven auf Technologien als Ort gesellschaftlicher Auseinandersetzung"
Katharina Glaab über hegemoniale Praktiken
am Beispiel der genmanipulierten Aubergine in Indien
Katharina Glaab
Foto: © 2012 by Schattenblick
Frankenfood mobilisiert zum
Widerstand
Die Einführung gentechnisch veränderter Agrarpflanzen, vor allem aber
solcher, die für die Nahrungsmittelproduktion verwendet werden, ist
Fortsetzung von Seite 8:
Rüstungswahn und Militarismus
nicht laut genug ertönen. So unterschiedlich und gelegentlich etwas
abstrus die Ansätze von Hathaway
und Co. - TM, Zen-Buddhismus,
Christentum et cetera - auch klingen
mögen, im Vergleich zur alltäglichen
Kriegspropanda der westlichen
Mainstream-Medien lesen sich ihre
Berichte wie die Offenbarungen der
wenigen nicht-geistesgestörten Menschen auf Erden.
Sa. 21. April 2012
weltweit umstritten. Dabei gibt es
jenseits des Atlantiks, d.h. vor allem
in den USA, mehr Befürworter dieser Technik als in den europäischen
Ländern. Das stark an Amerika orientierte Indien nimmt hier eine Zwischenposition ein, die unter
anderem auf das immer noch akute
sogenannte "Bevölkerungsproblem"
zurückgeführt werden kann. Trotz
seiner steilen wirtschaftlichen Entwicklung leben in Indien mit mehr
als 200 Millionen Menschen weltweit die meisten Hungerleidenden.
In der glo- balen Rangliste des
Welthungerindex (WHI) 2008
nimmt es mit 23,7 Punkten ("sehr
ernst") die Position 66 von 88 klassifizierten Ländern ein. Nicht nur in
den Elendsvierteln der Städte, auch
auf dem Land leben etwa 25% der
Einwohner unterhalb der Armutsgrenze. Wenn also der Einsatz von
gentechnisch manipuliertem Saatgut die Reduktion von kostspieligen
Agrarchemikalien um 80 Prozent
bei gleichzeitiger Verdopplung des
Ertrags verspricht, dazu höhere Gewinne für die Bauern bei sinkenden
Preisen für den Verbraucher, scheinen die Vorteile und auch die Vernunft zunächst eindeutig für
gentechnisch veränderte Lebensmittel als Mittel der Wahl gegen den
Hunger zu sprechen. Das erste Lebensmittel, das unter diesem Versprechen eingeführt werden soll, ist
die sogenannte Bt-Aubergine, auch
wenn sich diese mit einem an Salatgurken angenäherten Sättigungswert vielleicht nicht besonders gut
zu diesem Zweck eignet. [1]
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Daher war es auch höchst bemerkenswert, daß öffentliche Proteste
von Gegnern der Gentechnologie
in Indien bereits 2009 einen unerwarteten Erfolg brachten, als der
indische Umweltminister Jairam
Ramesh das Bt-Brinjal Projekt
kurzerhand für unbestimmte Zeit
auf Eis legte und zwar nur einen
Tag, nachdem das Zulassungsgremium GEAC (Genetic Engineering Approval Committee) am 14.
Oktober 2009 mehrheitlich entschieden hatte, daß die Aubergine
mit dem genetisch eingeschleusten
Bt-Toxin [Brinjal ist der Hindibegriff für Aubergine [2]] als unbedenklich zu bewerten sei und für
den Anbau zugelassen werden
könne.
Er begründete diesen Schritt damit, daß drei der zwanzig Wissenschaftler der GEAC gegen die
Zulassung von Bt-Brinjal gestimmt hatten. Nachdem Anfang
2010 auch weitere Konsultationen
mit Wissenschaftlern, Agrarexperten, Bauernverbänden, Verbraucherverbänden und Nichtregierungsorganisationen die Zweifel
nicht entkräften konnten, wurde
auf unbestimmte Zeit ein Moratorium verhängt. Weitere stichhaltige Nachweise der Unbedenklichkeit dieses genveränderten Produkts sind gefordert, konnten aber
bis heute nicht erbracht werden.
Neue Studien stärken bisher generell die Argumente gegen eine Einführung genveränderter Nahrungsmittel.
Seite 9
Elektronische Zeitung Schattenblick
Aubergine oder Bt­Brinjal ­ äußer­
lich ist dem Gemüse das genetische
Potential nicht anzusehen.
Foto: © by Horst Frank, mit der
GNU­Lizens für freie Dokumentati­
on über Wikimedia Commons zur
Verbreitung freigestellt.
Nimmt man allein den begründeten
Verdacht, daß der Verzehr gentechnisch veränderter Auberginen unter
anderem Fortpflanzungsprobleme
und Leberschäden auslösen kann
oder den bereits erbrachten Nachweis, daß das von den genveränderten Auberginen produzierte BtToxin, welches die Pflanze gegen
den Auberginenfruchtbohrer, einen
in tropischen Gegenden vorkommenden Schädling, resistent macht,
überraschend aus den Wurzeln der
sogenannten GM-Pflanze in den Boden abgesondert wird und zudem
entgegen anderslautender Versprechen der GenTech-Industrie noch
jahrelang wirksam im Boden verbleibt, bis es - viel langsamer als vorhergesagt - abgebaut wird [3], sind
diese Fakten neben anderen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten vernünftige Gründe genug, um mit dem
Verweis an den "gesunden Menschenverstand" oder auch "Common
sense" das Bt-Brinjal Projekt kurzentschlossen aufzugeben, ehe es größeren Schaden anrichtet.
Seite 10
Für Katharina Glaab stellt diese Gesamtproblematik allerdings nur den
Nebenschauplatz ihrer eigentlichen
Analyse dar, die sie im zweiten mit
"Technologien in/als Hegemonienbildung" überschriebenen Themenkomplex der gemeinsamen Frühjahrstagung [4] dreier universitärer
Einrichtungen im März dieses Jahres
vorstellte. Unter dem vielversprechenden Arbeitstitel "The Hegemonic Practices of GM-Food" (deutsch:
"Die hegemonialen Praktiken von
GM-Nahrungsmitteln") werden aber
nicht, wie man bei wörtlicher Übersetzung glauben könnte, die Auberginen (im Sinne von aktiv ins
hegemoniale Geschehen eingreifenden "Monster-Auberginen") als Akteure verstanden. Für die Politologin
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in der Spezialdisziplin Internationale Beziehungen (IB) [5] sind vor allem die politischen und gesellschaftlichen Bewegungen, Machteinflüsse und hegemonialen Interaktionen oder "Kämpfe" verschiedener
Akteure von Interesse, die mit der
Einführung von neuen Technologien
oder "GM-Food" in bestehende oder
entstehende hegemoniale Gesellschaftsstrukturen einhergehen. Der
in diesem Zusammenhang häufig erwähnte politologische Terminus "hegemonial" bezeichnet, ins Gemeinverständliche übersetzt, bestimmte
Vorstellungen in politischer, militärischer, wirtschaftlicher, religiöser
oder kultureller Hinsicht, die bereits
vorherrschend oder etabliert sind,
aber auch mit verschiedenen Mitteln
der Macht und Unterdrückung unentwegt aufrecht erhalten werden
müssen. Im Falle der Gentechnik
muß mit den gleichen begleitenden
"hegemonialen Praktiken", die hier
in den Fokus gerückt werden, zunächst überhaupt eine Akzeptanz für
diese Technologie geschaffen oder
die bereits bestehenden Wertvorstellungen so angepaßt und erweitert
werden, daß sich die neue Technologie gut integrieren läßt. Diese selbstverständliche Akzeptanz innerhalb
einer Ordnung ist das, was Katharina Glaab in ihrem Beispiel als
"Common sense" [s.u.] definierte.
Joscha Wullweber, Katharina Glaab
und Katrin Ganz in der Diskussion
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Sa. 21. April 2012
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Ordnung sperrt sich gegen eine einstellen wird, die dann auch allgeStabilisierung durch Common mein als durchaus vernünftig versense
standen werden dürfte. Letztlich
heißt das, es wird sich genau die EntIn dem geschilderten, recht unerwar- wicklung durchsetzen, die der "geteten Erfolg einer relativ kleinen meine Verstand" bereits vor diesem
Minderheit von Bauern, Verbänden überraschend geglückten Widerstand
und zivilgesellschaftlicher Gruppie- gegen GM-Food erwartet hatte.
rungen in Indien gegen die Einführung gentechnisch veränderter Obgleich diese Entwicklung prakNahrungsmittel könnte man nun tisch vorgezeichnet zu sein scheint,
einen potentiellen Präzedenzfall schien der spezielle Fall für die Pobzw. ein Gegenbeispiel dafür sehen, litologin immer noch Anlaß genug,
wie laut Katharina Glaab eine "hege- zu fragen, "wie können wir daraus
moniale, neoliberale Ordnung" qua- Sinn machen oder wie kann man das
si durch beständiges "In-Frage- tatsächlich verstehen?" Diese Frage
gestellt-werden" bzw. "Bekämpfen" wird in ihrer Analyse mit ausführlieben nicht - wie sie es ausdrückt - als cher Feldforschung aus Interviews
"Common sense normalisiert" bzw. mit Praktikern im Bereich der Genstabilisiert werden kann. So daß sich technologie, zivilgesellschaftlichen
GM-Food bei der Einfügung in die Akteuren, Vertretern der Pharmabestehende Ordnung als äußerst verbände, Genwissenschaftlern sosperrig erweist.
wie auch Vertretern der Regulierungsbehörden gestützt, aus deOb man die Entwicklung in diesem nen Glaab die subjektive "soziale
speziellen Beispiel bereits als einen Logik" herleitet. Die Ergebnisse
Paradigmenwechsel innerhalb der daraus werden auf einer nächsten,
Hegemoniebildung verstehen kann, sogenannten "intersubjektiven Anasich also ein bleibender Wertewan- lyseebene" objektiviert, d.h. in Andel von einer positiven Haltung ge- lehnung an ihre ursprüngliche Frage
genüber einer technologischen in allgemeinverständlichen Sinn
Modernisierung, also Pro-GenTech bzw. eine These umgesetzt, die dann
(Glaab spricht hier auch von Ratio- zu einem - so die Referentin - "Stück
nalisierungs- und Technokratisie- Zeugnis der Entwicklung des historungslogik) zu einer negativen, rischen Blocks" wird. Das sei ihr
Gentechnik ablehnenden Haltung Ziel.
vollzogen hat, die dann ebenfalls mit hegemonialen Mitteln
verteidigt werden müßte,
konnte die Referentin in ihrer
dreidimensionalen Analyse
nicht bestätigen. Sie glaubt,
daß man anhand einer Einordnung dieser Ereignisse in einen
aktuellen, praktischen und
zum Teil aus eigener Feldforschung generierten Kontext im
theoretischen Vergleich mit
Gramscis Hegemonietheorie
[6,7] und historischen ParalleKonzentrierte Entgegennahme
len [8] bereits ablesen könne, daß
konstruktiver Kritik
auch hier "eine gewisse Entwicklung
Joscha Wullweber,
einer dominanten praktischen Logik"
Katharina Glaab
zu erwarten ist, so daß sich in Indien
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wie weltweit eine "Modernisierung
durch genveränderte Lebensmittel"
Sa. 21. April 2012
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Widerstand ist zwecklos?
Offen aber blieb die Frage: Was läßt
sich abgesehen von dieser historischen Zuordnung praktisch damit
tun? Können wir etwas daraus lernen
oder sogar mit theoretisch gewonnenen Werkzeugen in den laufenden
Prozeß verändernd eingreifen?
Sebastian Sevigiani sah dieses Manko ganz allgemein in Hegemonietheorien, mit denen man "Kämpfe
verstehen könne, aber kein theoretisches Mittel habe, um möglicherweise in Kämpfe einzugreifen".
Allerdings sah Sevigiani in dem
theoretischen Rückgriff auf Gramsci, den Glaab für den historischen
und theoretischen Teil ihrer Analyse
heranzog, bereits einen stärker praxisorientierten Ansatz als in anderen
Hegemonietheorien. Es sei nur die
Frage, wie man die aus dem gramscischen Zusammenhang herausgenommene Theorie wieder in einen
praktischen Zusammenhang hineinoperieren könne.
Den Praxisbegriff hatte Katharina
Glaab ebenfalls als einen wichtigen
Punkt genannt, warum sie ihre Analyse im gramscischen Sinne führt, da
ihr Gramscis Herangehensweise ermögliche, "ein Politikfeld als integrales Ganzes zu betrachten und zu
erfassen". Und kommentierte kurz, wie Gramsci
Machtbeziehungen als Hegemonie darstellt:
Das Orbitationsprinzip so­
zialer Beziehungen ist he­
gemonial geprägt. Hege­
moniale Ordnung ist im­
mer umkämpft. Politische
Kämpfe kommen daher in
den Blick. Und es gibt ein
dialektisches Verhältnis
von Zwang und Konsens,
das sich hier in verschiedenen poli­
tischen und sozialen Mechanismen
widerspiegelt. Nichtsdestotrotz kann
eine hegemoniale Ordnung, auch
wenn sie so umstritten ist, stabilisiert
werden.
Seite 11
Elektronische Zeitung Schattenblick
(aus dem Vortrag von Katharina
Glaab 23. März 2012, TU­HH)
Bei der Frage, wie diese Normalisierung vonstatten geht, kam sie wieder
auf den Begriff des Common Sense
zurück, der ihrer Meinung nach bzw.
nach Gramsci "stark historisch vorortet" sei und auf praktischem Wissen basiere. Wörtlich sagte sie:
Der Common sense normalisiert
oder naturalisiert eine bestimmte
Representation der Welt, also auch
eine hegemoniale Ordnung, kann
dabei aber gleichzeitig auch die
Ausübung von Macht verschleiern
oder auch asymmetrische Macht­
verhältnisse weiter stabilisieren
oder halt so verschleiern, daß man
sie gar nicht mehr als das wahr­
nimmt. (aus dem Vortrag von Ka­
tharina Glaab 23. März 2012,
TU­HH)
Das scheint stimmig, wenn auch
nicht gerade neu, und könnte aber bei
kritischer Betrachtung als Hinweis
interpretiert werden, warum selbst
eine praxisbezogene Hegemonietheorie so wenig Praktisches an sich
hat. Ist doch schon der allein in diesem Bericht mehrfach erwähnte
"Common sense" ein unseres Erachtens nach äußerst problematischer
und wenig greifbarer Ausdruck, bei
dem sich die Frage geradezu aufdrängt:
Wie 'commonsensisch' ist
eigentlich Common sense?
Katharina Glaab gab hier schon zu
Beginn ihres Referats selbst ein Beispiel für die Widersprüchlichkeit des
Begriffs, indem sie bei den versammelten Tagungsteilnehmern einige
theoretische Diskussionen als, wie
sie es nannte, "Common sense" im
Sinne eines allgemeinen Verständnisses oder Konsenses voraussetzte.
Abgesehen davon, daß Teilnehmer
aus mindestens drei unterschiedli
Seite 12
Kommentator Timmo Krüger:
'Dieser Blick für Ambivalenzen und
Brüche hat mir gefallen.'
Foto: © 2012 by Schattenblick
chen sozialwissenschaftlichen Disziplinen meist sehr unterschiedliche
Vorstellungen von gleichen Begrifflichkeiten haben, können wir selbst
im Verlauf dieses Berichts mit allein
drei Gebrauchsformen dieses Ausdrucks aufwarten, woran sich erkennen läßt, wie verschieden ein doch
eindeutig auf allgemeine Verständigung oder auch Übereinstimmung
(also letztlich Konsens) abzielender
Begriff vor unterschiedlichem Hintergrund oder auch in abweichenden
Disziplinen verstanden, interpretiert
oder verwendet werden kann. Denn
sich auf "gesunden Menschenverstand" zu beziehen, scheint bereits
ein Selbstgänger zu sein, den man
gern anführt, weil er keine weitere
Bestätigung bedarf.
Genau genommen geht die meist als
"gesunder Menschenverstand" oder
"Gemeinsinn" übersetzte englische
Formel "common sense" auf den lateinischen Terminus' sensus communis zurück. Dieser stellt eine
Übersetzung des von Aristoteles geprägten Begriffs koine aisthesis dar
- "ein innerer Sinn mit Sitz im Herzen, der die verschiedenen Informationen der Einzelsinne zusammenfaßt und beurteilt." Diese alte Interpretation ließ dem jeweiligen Akteur, der sich darauf berief,
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wesentlich größeren Bewegungsraum, als das im Sinne des "gesunden
Menschenverstands"
verwendete erfahrungsbezogene
und allgemein geteilte, natürliche
Urteilsvermögen des Menschen,
den wir oft als seinen Verstand bezeichnen. Common sense in der
Common sense Philosophie zum
Beispiel von Thomas Reids (17101796) steht für die Vorstellung, die
Wirklichkeit lasse sich nur durch
die eigenen Sinne erfassen (kurz:
ich glaube nur, was ich sehe). In der
Popularphilosophie, die auch Philosophie des gesunden Menschenverstandes genannt wird und von
verschiedenen Philosophen von
Mendelsson bis Kant vertreten wurde, die sich um seine Bedeutung
stritten und so hilfreiche Thesen
hervorbrachten wie "diesen zu besitzen sei ein Geschenk des Himmels" und "Im Alltag sei er oft
nützlicher als wissenschaftliche Erkenntnisse". Schließlich ließen sie
den erfolgreichen Gebrauch des gesunden oder gemeinen Menschenverstandes in den drei Kantschen
Maximen gipfeln: "Selbstdenken",
"An der Stelle jedes andern denken"
und schließlich "Jederzeit mit sich
selbst einstimmig denken". - Man
könnte die Auslegungen des Common sense oder Menschenverstands
unendlich fortführen.
Keiner dieser sprachhistorisch oder
philosophisch verwendeten Deutungen schien uns jedoch so fokussiert,
wie in dem von Katharina Glaab verwendeten gramscischen Sinne, in
dem das, was als gesunder Menschenverstand bezeichnet wird, zunächst auf hegemoniale Strukturen
angewendet und etabliert wird, kurzum als ein (wie zuvor zitiertes) "dialektisches Verhältnis von Zwang und
Konsens" aufoktroyiert oder gelehrt
wird, was als Common sense zu gelten hat, um die fraglichen Strukturen
daraufhin mit dem Argument, sie
seien "Common sense", durchzusetzen. Common sense scheint hier zu
einem Synonym von Zwang und
Konsens zu werden.
Sa. 21. April 2012
Elektronische Zeitung Schattenblick
Das Konzept erinnert an die Geschichte, in der den recht einfachen
Bürgern von Schilda von ihrem Bürgermeister befohlen wurde, Sonnenlicht mit Schüsseln in sein Haus zu
tragen, in das der Bauherr vergessen
hatte, Fenster einzubauen. Oder passender noch drängt sich das Märchen
von des Kaisers neuen Kleidern auf.
Solange niemand den erzwungenen
Konsens als "vielleicht doch nicht so
vernünftig" hinterfragt oder die
kindliche Sinnfrage stellt: "Wieso
hat der Kaiser nichts an?", läßt sich
auch etwas vollkommen Absurdes
"vernünftig" reden bzw. mit entsprechender Macht oder Gewalt durchsetzen. Soviel zu Common sense, der
dem eigenen immanenten Anspruch,
etwas wiederzugeben über das es eigentlich keine zwei Meinungen geben dürfte, nicht genügen kann.
zufolge 80 Prozent weniger Insektizide gegen den Auberginenfruchtbohrer
und 40 Prozent weniger Pestizide insgesamt eingesetzt, während die Erträge im Vergleich zu der isogenen
Ausgangssorte verdoppelt werden
konnten. Diese Ergebnisse wurden
durch die Freilandversuche des Indian Council ofAgricultural Research
im wesentlichen bestätigt. Auf dieser
Grundlage prognostizieren die Agrarökonomen Vijesh Krishna und Matin
Qaim von den Universitäten Hohenheim und Göttingen höhere Gewinne
für die Bauern und sinkende Auberginenpreise trotz höherer Saatgutpreise.
Der verringerte Insektizideinsatz soll
außerdem die Gesundheitskosten für
die Bauern erheblich verringern (wobei bereits nachgewiesene Gesundheitsfolgen durch das Bt-Toxin
vernachlässigt werden). Siehe auch:
www.biosicherheit.de/aktuell/647. inUns stellt sich im Nachvollzug der dien-streit-gentechnisch-veraenderteAnalyse von Katharina Glaab die aubergine.html
Frage, ob die Schlußnote der Referentin, es würde letztlich doch alles [2] Bt steht für Bacillus thuringienauf eine Einführung von genverän- sis, ein Bodenbakterium. B. thurinderter Nahrung zusteuern, nicht auch giensis produziert kristalline
aus diesem Glauben an den Common Proteine, die spezifisch auf verschiesense oder gesunden Menschenver- dene Insektenarten der Ordnungen
stand entsteht, der, da er zu unserem Käfer, Schmetterlinge, Hautflügler
Wertesystem gehört, auch über hege- und Zweiflügler sowie Nematoden
moniale Mechanismen von Zwang toxisch wirken, bei Pflanzen, Wirund Konsens in uns gefestigt wurde. beltieren und Menschen jedoch wirSomit sollte sich das Augenmerk kungslos sein sollen. Sie sind
derjenigen, die etwas an den beste- vollständig biologisch abbaubar. Die
henden Verhältnissen ändern wollen, genetisch auf sogenannten Plasmivielleicht zunächst auf all das rich- den festgelegte Eigenschaft, das Btten, was so gut und richtig erscheint. Toxin zu bilden, wird auf Pflanzen
übertragen, die sie dann resistent gegen verschiedene Schädlinge macht.
Fußnoten:
[1] Indien ist weltweit nach China
der zweitgrößte Erzeuger von Auberginen. Die Feldfrüchte werden in Indien auf einer Fläche über 600.000
Hektar angebaut.
Während der Freilandversuche mit
Bt-Brinjal von 2004 bis 2006 wurden
den Ergebnissen von Mahyco (ein indisches Biotechnologie-Unternehmen, das mit Monsanto kooperiert)
Sa. 21. April 2012
[3] siehe auch Schattenblick → Umwelt → Landwirtschaft → GENTECHNIK/792: Gesundheitliche
Risiken gentechnisch veränderter
Auberginen (Testbiotech) und GENTECHNIK/832: Gift und Gentechnik in Landwirtschaft und Ernährung
- Kurs konsequent wechseln (umg)
("umg": umwelt - medizin - gesellschaft - 3/2011)
schung" der Deutschen Gesellschaft
für Soziologie (DGS), des Arbeitskreises "Politik, Wissenschaft und
Technik" der Deutschen Vereinigung
für Politische Wissenschaft (DVPW)
und der Arbeitsgruppe Arbeit-Gender-Technik der TU Hamburg-Harburg (TUHH) fand am 23./24. März
2012 an der TUHH unter dem Titel
"(Un-)Sicherheit, (Bio-)Macht und
(Cyber-)Kämpfe: Kritische Theorieperspektiven auf Technologien als
Ort gesellschaftlicher Auseinandersetzung" statt.
[5] Die internationalen Beziehungen,
häufig zu IB abgekürzt, bilden eine
Teildisziplin der Politikwissenschaft,
die sich traditionell mit den Beziehungen zwischen Staaten beschäftigt. In den letzten Jahrzehnten hat
sich der Fokus auch auf das Verhältnis von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren zueinander erweitert.
Zu letzteren können beispielsweise
transnationale Unternehmen oder
Organisationen gehören.
[6] Hegemonie heißt für Gramsci,
"daß die herrschende Gruppe sich
auf konkrete Weise mit den allgemeinen Interessen der untergeordneten Gruppen abstimmen wird und
das Staatsleben als ein andauerndes
Formieren und Überwinden von instabilen Gleichgewichten zu fassen
ist [...], von Gleichgewichten, in denen die Interessen der herrschenden
Gruppen überwiegen, aber nur bis zu
einem gewissen Punkt, d. h. nicht bis
zu einem engen ökonomisch-korporativen Interesse (Gefängnishefte 7,
1584).
[7] Antonio Gramsci (geb. 22. Januar 1891 in Ales auf Sardinien, Italien; gest. 27. April 1937 in Rom) war
ein italienischer Schriftsteller, Journalist, Politiker und marxistischer
Philosoph. Er gehörte zu den Begründern der Kommunistischen Partei Italiens (Partito Comunista
Italiano). Vom 6. April 1924 bis zu
seiner Verhaftung durch die Faschi[4] Die Frühjahrstagung der Sektion sten am 8. November 1926 war er
"Wissenschafts- und Technikfor- Abgeordneter im italienischen Parlawww.schattenblick.de
Seite 13
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ment. Während seiner Zeit im GeSPORT / BOXEN / MELDUNG
fängnis verfasste Gramsci Texte mit
philosophischen, soziologischen und
politischen Überlegungen, die 32
Grippe setzt Nathan Cleverly außer Gefecht
Hefte füllen. Sie sind als Gefängnishefte bekannt geworden und bilden
Titelverteidigung gegen Robin Krasniqi abgesagt
ein bedeutendes Werk marxistischen
Denkens.
Nathan Cleverly hat seine für den 28. und Jürgen Brähmer verband. Auch
April geplante Titelverteidigung ab- der langjährige IBF-Champion Hen[8] Historischer Block: Aus der Sicht gesagt. Wie der Weltmeister der ry Maske und der kurzzeitige WBCvon Gramsci muß jede Gruppe, die WBO im Halbschwergewicht mit- Weltmeister Graciano Rocchigiani
nach der Herrschaft in einer moder- teilte, habe er aufgrund einer Grip- boxten in dieser Gewichtsklasse, denen Gesellschaft strebt, bereit sein, peerkrankung seine Vorbereitung ren Hochburg geraume Zeit die hieAbstriche in ihren ökonomischen ausgesetzt. Auf ärztlichen Rat kurie- sige Boxszene war. Wenngleich der
und gesellschaftlichen Interessen zu re er sich vollständig aus, bevor er bislang wenig bekannte Robin Krasmachen, mit einer Vielzahl von poli- das Training wieder aufnehme. Da- niqi im Duell mit Nathan Cleverly
tischen Kräften den Kompromiß zu mit findet die Boxgala in der traditi- als Außenseiter gehandelt wurde,
suchen und mit diesen Allianzen zu onsreichen Londoner Royal Albert hoffte er natürlich, für eine Überrabilden. Gramsci nennt diese Allian- Hall ohne den 25 Jahre alten Waliser schung sorgen zu können und dem
zen Historischer Block, ein Termi- statt, der in 24 Profikämpfen unge- Vorbild namhafter Vorgänger zu folnus, der von Georges Sorel geprägt schlagen ist. Der Champion bedau- gen.
worden ist. Dieser Block bildet die ert eigenen Angaben zufolge zutiefst,
Basis für eine gesellschaftliche Ord- nicht in dieser ruhmreichen Arena Denis Boitsow bereits im Herbst genung, durch welche die Hegemonie antreten zu können.
gen einen der Klitschkos? An Geder dominanten Klasse mit Hilfe eirüchten, gegen wen die Klitschkos
ner Verknüpfung von Institutionen, Leidtragender ist neben dem Welt- im nächsten und übernächsten
sozialen Beziehungen und Ideen ge- meister auch sein Herausforderer Schritt antreten, herrscht bekanntlich
bildet und sichergestellt wird. (In Robin Krasniqi, der beim Magdebur- nie sonderlicher Mangel. Diverse
Italien wurde dieser Historische ger Boxstall SES unter Vertrag steht. Schwergewichtler hoffen auf die
Block von den Industriellen, den Er hat bislang 37 Auftritte gewonnen Chance, mit Vitali oder Wladimir im
Landbesitzern, der Mittelklasse und und zwei verloren, dabei aber längst Rampenlicht zu stehen, eine mehr
Teilen des Kleinbürgertums gebil- nicht so namhafte Gegner wie der oder minder ansehnliche Börse eindet.) Katharina Glaab sieht hier eine Waliser vor den Fäusten gehabt. zustreichen und sich im Ring woParallele im BioTech Block, der sich Nachdem die WBO dem geplanten möglich besser zu präsentieren als
aus Multinationalen Konzernen wie Kampf zwischenzeitlich ihre Zu- andere Herausforderer. Gegen die
Monsanto, der Tochterfirma Mahy- stimmung verweigert und Cleverly Ukrainer zu verlieren, ist keine
co, GenTech-Wissenschaftlern und zur Pflichtverteidigung gegen den Schande, haben die beiden doch seit
einer Rationalisierungs- und Tech- Russen Dmitri Suchotsky aufgefor- langen Jahren nicht mehr den kürzenokratisierungsgläubigkeit in der in- dert hatte, schienen sich die Hoff- ren gezogen. Wer sich dank eines
dischen Gesellschaft zusammen- nungen Krasniqis zerschlagen zu Kampfs gegen einen der Klitschkos
setzt.
haben. Dann aber gab der Verband in die Schlagzeilen geredet und gedoch noch grünes Licht, worauf sich boxt hat, darf überdies hoffen, als
der Herausforderer samt seinem Kandidat für andere Duelle bevorTrainer Dirk Dzemski in die Vorbe- zugt zu werden.
reitung stürzte. Das Wechselbad der
Gefühle könnte kaum extremer sein, Der Geschäftsführer der Hamburger
muß Krasniqi doch fürchten, durch Universum Box-Promotion, Waldedie jüngste Malaise Cleverlys ganz mar Kluch, hat mit dem in 31 Profiund gar um die Titelchance gebracht kämpfen ungeschlagenen Russen
Denis Boitsow ein heißes Eisen im
zu werden.
Feuer möglicher Kandidaten. Nun
Aus deutscher Sicht war der Gürtel gilt es, die Werbetrommel kräftig zu
der WBO im Halbschwergewicht in rühren, um diesen Boxer ins Geder Vergangenheit eine Trophäe, die spräch zu bringen. Wie Kluch zu beTU­Hamburg Harburg ­
man mit prominenten Namen wie richten weiß, habe er bereits mit dem
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Dariusz Michalczewski, Zsolt Erdei Manager der Klitschkos, Bernd BönSeite 14
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te, über einen möglichen Kampf im
Herbst gegen Wladimir oder Vitali
gesprochen und sei zuversichtlich,
ihn im September oder Oktober zu
bekommen. Diese Aussage dürfte
den mutmaßlichen Stand etwaiger
Vorgespräche exakt wiedergeben,
verleiht Waldemar Kluch doch vor
allem seiner eigenen Erwartung Ausdruck.
Zu gönnen wäre dem 26jährigen
Boitsow ein solcher Karriereschub
allemal, ist er doch ein hochkarätiger
Boxer, den eine komplizierte Handverletzung, die etliche Operationen
erforderlich machte, mehrfach zurückwarf. Ob dem Russen ein Kampf
gegen einen der Klitschkos bereits
im Herbst aber auch zu wünschen ist,
steht allerdings auf einem anderen
Blatt. Boitsow hat zuletzt den routinierten US-Amerikaner Dominick
Guinn einstimmig nach Punkten besiegt, doch war das ein Aufbaugegner für ihn, der mit den Klitschkos
überhaupt nicht zu vergleichen ist.
Denis Boitsow wird in den Ranglisten der Verbände WBC und WBO
jeweils an Nummer zwei geführt.
Damit befindet er sich durchaus in
Reichweite eines Titelkampfs, wobei
er als Pflichtherausforderer mit einer
erheblich größeren Börse rechnen
könnte. Sollte Chris Arreola, der
beim WBC derzeit vor Boitsow rangiert, im Herbst gegen Wladimir
Klitschko antreten und verlieren,
wäre der Russe höchstwahrscheinlich die neue Nummer eins. Tritt der
jüngere Klitschko nach seiner
Pflichtverteidigung bei der IBF gegen Tony Thompson im Juli tatsächlich im Herbst gegen Arreola an,
käme Boitsow in diesem Jahr jedoch
nicht mehr zum Zuge. Der 40 Jahre
alte Vitali Klitschko wird aller Voraussicht nach höchstens noch zwei
bis drei Kämpfe bestreiten, ehe er die
Boxhandschuhe endgültig an den
Nagel hängt. Ob Denis Boitsow unter diesen Umständen überhaupt
noch an die Reihe kommt, muß mit
einem dicken Fragezeichen versehen
werden.
SCHACH - SPHINX
Tränen trotz
eroberter Qualität
Probleme in beengender Fülle quälten den Nachziehenden im heutigen
Rätsel der Sphinx, der sich trotz eroberter Qualität von der überwältigenden weißen Bauernmasse
bedroht sah. Auf längere Sicht war
seine Stellung nicht zu konsolidieren, zumal wenn auf dem Damenflügel ein weiterer weißer Freibauer
geboren würde. Der Schach- und Lebenskünstler wußte sich dieses Malheurs jedoch anzunehmen. Doppeltes Opfer natürlich, schwarze Dame
und schwarzer Turm mußten vom
Brett, aber geradeso, daß der eigene
König in der dann herbeizitierten
Stellung kein Glied, kein Auge, keinen Finger rühren konnte, Wanderer,
zum allesbeseelenden Patt.
SPORT / BOXEN
MELDUNG/770
UNTERHALTUNG / KOCHEN
FLEISCHLOS ­ SUPPE
Biersuppe
Zutaten (für 4 Portionen):
500 ml Bier
500 ml Milch
150 g Rosinen
2-3 Eßl. Speisestärke
3 Eigelb
250 ml Schlagsahne
Salz und
Zucker und
eine Prise Zimt
Das Bier und 400 ml Milch mit den
Rosinen, Salz und Zucker in einen
Topf langsam zum Kochen bringen.
100 ml Milch mit Speisestärke
verrühren und in die kochende
Flüssigkeit einrühren, kurze Zeit
köcheln lassen und dann von der
Flamme nehmen.
Walter - Nagy
Györ 1924
Auflösung letztes Sphinx­Rätsel:
Wo Gefahr ist, da ist auch Rettung,
Sahne und Eigelb verquirlen und manchmal zumindest: 1.De7-f8+
unter die nicht mehr kochende Kg7- f6 2.Df8-h8+ Kf6-f5 3.g3-g4+!
Biersuppe rühren.
h5xg4 4.Td8-d5+! e6xd5 5.Dh8c8+! Dc1xc8 und nachdem Weiß alMit Zimt, Zucker und Salz ab- le Figuren, die ziehen konnten, in
schmecken.
den Schlund des Gegners geworfen
hatte, war die Partie Patt.
UNTERHALTUNG / KOCHEN / FLEISCHLOS ­ SUPPE/011
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Islamkonferenz verleimt Bruchkanten gesellschaftlicher Widersprüche
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Meldung ... Grippe setzt Nathan Cleverly außer Gefecht
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Und morgen, den 21. April 2012
+++ Vorhersage für den 21.04.2012 bis zum 22.04.2012 +++
Schwache Winde,
Jean genießt,
nasse Rinde,
Blattgrün sprießt.
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