Supply Chain Agility
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Supply Chain Agility Strategische Anpassungsfähigkeit im Supply Chain Management www.bme.de | www.bvl.de 2 Studie Supply Chain Agility Strategische Anpassungsfähigkeit im Supply Chain Management Supply Chain Agility 3 Impressum Prof. Dr. Michael Henke Lehrstuhlinhaber, Institut für Supply Chain Management – Einkauf und Logistik (ISCM), EBS Business School, EBS Universität für Wirtschaft und Recht Prof. Dr. Rainer Lasch Lehrstuhlinhaber, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Logistik, Technische Universität Dresden Dominik Eckstein Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Supply Chain Management – Einkauf und Logistik (ISCM), EBS Business School, EBS Universität für Wirtschaft und Recht Claudia Neumüller Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Logistik, Technische Universität Dresden Prof. Dr. Constantin Blome Lehrstuhlinhaber, GSK Biologicals Chair in Strategic Sourcing and Procurement, Louvain School of Management, Université catholique de Louvain Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar. Durchführende Lehrstühle: Lehrstuhl für Einkauf und Supply Management Institut für Supply Chain Management (ISCM), EBS Business School, Wiesbaden Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Logistik Technische Universität Dresden Auftraggeber: Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. Schlachte 31, 28195 Bremen Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) Bolongarostraße 82, 65929 Frankfurt Satz: plaindesigns gmbh, Haifastraße 73, 28279 Bremen Telefon 0421 / 55 16 94, Fax 0421 / 55 16 97, [email protected] Bildmaterial: BVL, ISCM, iStock Copyright: BVL und BME, 2012 Alle Rechte, auch für die Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Alle Firmen- oder Produktnamen sind Warenzeichen oder eingetragene Warenzeichen der jeweiligen Firmen. Das Werk ist mit größtmöglicher Sorgfalt erarbeitet worden. Eine rechtliche Gewähr für die Richtigkeit der einzelnen Angaben kann jedoch nicht übernommen werden. ISBN: 978-3-943189-02-5 4 Studie Grußwort Liebe Kolleginnen und Kollegen in Einkauf und Logistik, die turbulenten Jahre 2007 – 2011 haben viele Unternehmen überrascht und gezwungen, ihre Grenzen zu überwinden und bis dato völlig neue Weg zu gehen. Seither sind Märkte infolge von leider immer noch nicht bewältigten Finanz- und Wirtschaftskrisen schwer prognostizierbar. Preise von Rohstoffen folgen mehr der Spekulation als den Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Gleichzeitig wirken sich die gestiegenen Abhängigkeiten in unserer globalisierten Welt immer mehr aus. Naturkatastrophen wie der Vulkanausbruch in Island oder das schwere Unglück in Japan sind nicht mehr nur lokal begrenzt, sondern bestimmen die weltweite Verfügbarkeit von Supply Chains. Die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen an dieses Umfeld ist wettbewerbsentscheidend geworden. Agilität, d. h. proaktives Handeln sowie geplantes Reaktionsvermögen, ist notwendig, um sich schnell und wirksam an Umfeldänderungen anzupassen – eine besondere Herausforderung für große Unternehmen. Dr. Karl Nowak Mitglied des Vorstands, Bundesvereinigung Logistik e.V. Die vorliegende Studie ist erstmalig in Zusammenarbeit der BVL und des BME entstanden. Sie vereint die Erfahrungen der jeweiligen Mitgliedsunternehmen und vergrößert damit entscheidend die Relevanz und Reichweite der Studie. Abschließend wünschen wir uns, dass die Studie vielen Unternehmen hilft, die Auswirkung von Agilität auf den Unternehmenserfolg zu verstehen und konkrete Schritte einzuleiten. Entscheidend für den gemeinsamen Erfolg ist die Kompetenz und Wettbewerbsfähigkeit jedes einzelnen Teils der Supply Chain. Wir wünschen Ihnen und uns viel Erfolg, konkrete Schritte in Richtung agiler Unternehmung zu gehen. Lassen Sie uns im Benchmark mit den Best-Practice-Unternehmen unsere Wettbewerbsposition nachhaltig verbessern! Supply Chain Agility Dr. Jürgen Marquard Vorstandsvorsitzender, Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. 5 Vorwort Die jüngsten Krisen in 2011 haben wieder einmal gezeigt, wie schnell sich vermeintlich stabile Verhältnisse und Märkte verändern können und welche teilweise dramatischen Auswirkungen diese Veränderungen mit sich bringen. Das Stichwort „Volatilität“ wird in diesem Zusammenhang sehr häufig in der Unternehmenspraxis verwendet. Die zeitlichen Abstände zwischen Veränderungen von Markt- und Wettbewerbsbedingungen werden immer geringer, das Ausmaß dieser Volatilitäten wird gleichzeitig immer größer. Vor diesem Hintergrund stehen Unternehmen zunehmend vor der Herausforderung, sich agil zu verhalten. Gerade im Supply Chain Management ist agiles Verhalten ein wichtiger Erfolgsfaktor. Supply Chain Agility bedeutet dabei, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, um sich durch frühzeitiges Erkennen von Marktveränderungen oder Erschließen von Innovationspotenzial besser für die Zukunft aufstellen zu können. Trotz der zunehmenden Bedeutung des Themas „Supply Chain Agility“ gibt es weder Standards noch etablierte Methoden, Konzepte und Instrumente für agiles Verhalten im Supply Chain Management. Dies stellt aus wissenschaftlicher Sicht einen sinnvollen Ansatzpunkt dar, um Problemlösungen aus der anwendungsorientierten Forschung für die Praxis vorzuschlagen. Die Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) und der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) haben diese Problematik erkannt und sich entschlossen, eine gemeinsame Studie zum Thema „Supply Chain Agility“ durchzuführen. Die EBS Universität für Wirtschaft und Recht und die Technische Universität Dresden konnten mit dieser Studie wichtige neue Erkenntnisse für die Gestaltung agiler Supply Chains gewinnen und daraus Handlungsempfehlungen für die Mitglieder der BVL und des BME ableiten. Diese Empfehlungen dienen den Unternehmen zur Gestaltung agiler Supply Chains. Prof. Dr. Michael Henke Lehrstuhl für Einkauf und Supply Management, EBS Business School Prof. Dr. Rainer Lasch Lehrstuhl für BWL, insbes. Logistik, Technische Universität Dresden Wir bedanken uns bei der BVL und dem BME, die durch ihre Unterstützung das Thema „Supply Chain Agility“ in den Fokus der Mitgliedsunternehmen stellen. Des Weiteren gilt unser ganz besonderer Dank den an der Fragebogenaktion sowie den an den vertiefenden Telefoninterviews beteiligten Unternehmen. Last but not least gebührt ganz großer Dank unseren Mitarbeitern, Frau M.Sc. Claudia Neumüller und Herrn Dipl.-Kfm. Dominik Eckstein, die sich unermüdlich für den Erfolg der Studie eingesetzt haben. Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche und interessante Lektüre und viel Agilität bei der Bewältigung zukünftiger Herausforderungen in der Supply Chain. 6 Studie Inhalt 1 Management Summary .............................................................................................................................................................................................. 8 2 Ausgangslage und Fragestellung .......................................................................................................................................................................... 10 3 Methodik und Stichprobe .......................................................................................................................................................................................... 11 3.2 Verteilung der befragten Unternehmen ............................................................................................................................................................. 11 4 Agilität in Wertschöpfungsketten ........................................................................................................................................................................ 12 4.2 Wertbeitrag der Supply Chain Agility ................................................................................................................................................................. 15 4.3 Agilitätsgruppen – Leaders, Adopters und Followers ...................................................................................................................................... 17 4.4 Berechnung des Agilitätsindex ............................................................................................................................................................................. 19 4.5 Industriespezifische Merkmale ............................................................................................................................................................................. 21 5 Einflussbereiche der Supply Chain Agility ......................................................................................................................................................... 22 3.1Studiendesign ............................................................................................................................................................................................................ 11 4.1 Agilitätsdefinierende Faktoren – Erkenntnisfähigkeit, Flexibilität, Umsetzungsgeschwindigkeit ....................................................... 12 5.1 Einflussgrößen der Umsetzungsgeschwindigkeit ............................................................................................................................................ 23 5.2 Einflussgrößen der Flexibilität ............................................................................................................................................................................. 26 5.3 Einflussgrößen der Erkenntnisfähigkeit ............................................................................................................................................................. 29 5.4 Ansatzpunkte zur Verbesserung des Agilitätsindex ........................................................................................................................................ 32 6Handlungsempfehlungen ........................................................................................................................................................................................ 34 6.1Planung ..................................................................................................................................................................................................................... 34 6.2Integration ................................................................................................................................................................................................................. 35 6.3Personal ..................................................................................................................................................................................................................... 36 6.4Verhalten ................................................................................................................................................................................................................... 37 6.5Kommunikation ........................................................................................................................................................................................................ 38 6.6Informationstechnologie ....................................................................................................................................................................................... 38 7Anhang ............................................................................................................................................................................................................................. 39 8Abbildungsverzeichnis .............................................................................................................................................................................................. 40 9Tabellenverzeichnis .................................................................................................................................................................................................... 40 10Literaturverzeichnis .................................................................................................................................................................................................... 41 11Index ................................................................................................................................................................................................................................. 42 Supply Chain Agility 7 1 Management Summary Finanz- und Wirtschaftskrisen, aber auch Naturkatastrophen und die politischen Wechsel im Nahen Osten und Nordafrika haben globale Wertschöpfungsketten beeinflusst und verändert. Unternehmen mussten lernen, in dem sich schnell ändernden wirtschaftlichen Umfeld sicher zu agieren. Der Begriff Supply Chain Agility (kurz Agilität) beschreibt die Fähigkeit von Unternehmen, auftretende Veränderungen in internen und externen Wertschöpfungsketten mit geeigneten Mitteln zu beantworten. Agilität ergänzt die unternehmensinterne Betrachtung um die vor- und nachgelagerten Beziehungen zu Lieferanten und Kunden. Die Gestaltung agiler Wertschöpfungsketten wird zunehmend als wichtiges Thema im Supply Chain Management erkannt. Dabei kommt den Beschaffungsaktivitäten ein besonderer Stellenwert zu. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden 106 Führungskräfte zur Gestaltung ihrer Supply Chain befragt. Die teilnehmenden Unternehmen unterschiedlicher Größen gehören zu den Kernbranchen Deutschlands. Datengrundlage bilden ein Fragebogen sowie strukturierte Interviews mit einem ausgewählten Teilnehmerkreis der Studie. Die vorliegende Studie spiegelt das aktuelle Bild und den Handlungsbedarf vieler Mitgliedsunternehmen der BVL und des BME wider. Drei Faktoren sind für die Agilität von Supply Chains bestimmend: Frühzeitige Erkenntnisfähigkeit über Veränderungen in Märkten und Supply Chains, sodass Unternehmen mit geeigneten Mitteln reagieren und sich den neuen Gegebenheiten anpassen können, aber auch ihre Fähigkeiten zu agieren verbessern. ó Flexibilität beschreibt die Fähigkeit von Unternehmen, Produkt- und Prozessanpassungen sowohl in der internen Produktion und Dienstleistungserstellung als auch in der externen Anbindung zu Lieferanten und Kunden rasch umzusetzen. ó 8 ó Als Umsetzungsgeschwindigkeit wird die Zeit beschrieben, die nötig ist, um Änderungen im Unternehmen und in dessen Umfeld qualifiziert und sicher umzusetzen. Im Branchenvergleich sind die schnellsten Supply Chains in der Chemie-, Pharmaund Lebensmittelindustrie zu finden. Hohe Automatisierung, kurze Durchlaufzeiten und effiziente Vertriebsnetze führen zu kurzen Lieferzeiten von Gütern und Waren an Kunden. Die Energiebranche weist die höchste Flexibilität bei der Anpassung von Produktionskapazitäten auf. Beispielsweise gelingt dies in der Stromerzeugung durch den Einsatz flexibler Kraftwerke. Unternehmen in den Branchen Handel und Dienstleistung erkennen Veränderungen in Märkten und Unternehmen am schnellsten, weil sie eine hohe Erkenntnisfähigkeit gegenüber wettbewerbsorientierten Veränderungen besitzen. Insgesamt konnten 15 Erfolgsfaktoren abgeleitet werden, die geeignet sind, Unternehmen in Bezug auf ihre Agilität weiterzuentwickeln: 1. Transparenz für flexible Beschaffungsplanung schaffen. Informationen zu Kunden-, Technologie- und Wettbewerbsmärkten sind von den zuständigen Fachbereichen im Unternehmen zu erheben und gemeinsam zu validieren. Daraus sind Frühindikatoren abzuleiten, die die wesentlichen Volatilitäten im Marktgeschehen abbilden. Durch eine integrierte Datenanbindung von Beschaffung, Produktion und Vertrieb können Veränderungen entlang der Wertschöpfung zeitnah erkannt werden. Die Volatilitäten sollten für Szenariorechnungen genutzt werden, um die Auswirkungen von Marktveränderungen konkret analysieren zu können. 2. Dezidierte Make-or-Buy-Entscheidungen treffen. Erfolgskritische Leistungen sollten in eigener Herstellung verbleiben, da mit einer Fremdvergabe die direkten Kontrollfähigkeiten des vergebenden Unternehmens sinken. Wenn aber eine Fremdvergabe erfolgskritischer Leistungen gewählt wird, sollten dafür mindestens zwei Lieferanten entwickelt werden (Dual Sourcing), um mögliche Ausfälle kompensieren zu können. Zusätzlich mindert eine Leistungserstellung nahe am Verbrauchs-/Vertriebsort die Vergaberisiken. 3. Beschaffungsarten differenziert auswählen. Fokussiert auf die Flexibilität ist eine Vorratsbeschaffung mit ausreichendem Leistungspuffer zu bevorzugen. Im Hinblick auf die Umsetzungsgeschwindigkeit ist die Justin-time-Anlieferung zu bevorzugen. 4. Lieferanten gründlich bewerten und auswählen. Die Agilität von Supply Chains wird durch das Leistungsniveau von Lieferanten beeinflusst. Agilitätsorientierte Bewertungskriterien ermöglichen es, sich bereits vor der Leistungserbringung des Lieferanten ein Bild über dessen agilitätskritische Merkmale zu verschaffen. 5. Produkte und Prozesse gemeinsam mit Lieferanten entwickeln. Lieferanten sollten frühzeitig und weitreichend in die Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen integriert werden. Durch den Austausch von Informationen und Wissen wird die Erkenntnisfähigkeit auf beiden Seiten erhöht, die Entwicklungszeiten werden gesenkt und Beschaffungsleistungen sowie deren Einbringung in die Wertschöpfungsprozesse können frühzeitig flexibel gestaltet werden. Dies schafft die Grundlage für kurze Anlauf- und Durchlaufzeiten. Zudem steigt die Einsicht in unternehmensinterne Erstellungsprozesse beim Lieferanten. Durch eine frühzeitige Identifikation von Störungen und Qualitätsengpässen werden Geschwindigkeiten in der Wertschöpfungskette erhöht und die Agilität verbessert. Studie 6. Autonome Entwicklungsorganisationen nutzen. Die Bildung rechtlich selbstständiger Entwicklungsorganisationen der Partner, wie es bei Joint Ventures der Fall ist, trägt dazu bei, nicht nur Entwicklungsprozesse, sondern auch Veränderungsprozesse erheblich zu beschleunigen. Für die Agilität sind weitreichende Kooperation und Autonomie ohne Weisungen durch die Gründungsgesellschafter besonders förderlich. 7. Flexible Arbeitszeitmodelle einsetzen. Unternehmen können durch Mehrarbeiten und Arbeitszeitmodelle den notwendigen Bedarf an Mitarbeiterkapazitäten kurzfristig anpassen. Langfristig müssen variable „atmungsfähige“ Personalkonzepte geschaffen werden, die Mitarbeiter nicht nur flexibel, sondern auch kosteneffizient einsetzen sowie kompetente Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen binden. 8. Durch „Pooling“ Kompetenznetzwerke aufbauen. Durch standortübergreifende Personalpools, von denen Mitarbeiter geliehen werden können, wird die Flexibilität bei schwankenden Bedarfen erhöht. In globalen Supply Chains ist es zudem entscheidend, Mitarbeiter auch regional übergreifend einsetzen zu können. Unter- und Überkapazitäten können so gleichermaßen gemindert werden. 9. Wissen über Kompetenzen aufbauen. Wie Kompetenzen im Unternehmen verteilt sind und wohin Mitarbeiter im Bedarfsfall auch kurzfristig berufen werden können, sollte unternehmensweit in individuellen Kompetenzprofilen hinterlegt sein. Erfolgskritische Kompetenzen, die nur schwer von extern akquiriert werden können, sind besonders zu bewerten und hervorzuheben. Supply Chain Agility 10.Dem „Partnering“ Vorrang vor der Marktmacht geben. In Lieferbeziehungen sollten Verhaltensnormen formalisiert und verbindlich zur Anwendung kommen: offene Kommunikation von Kosten und Nutzen, transparent gestaltete Verhandlungsprozesse, tatsächliches „Win-Win“. Zufriedene Partner sind flexibel und agil, auch in kritischen Zeiten. 11. Strategische Lieferantenentwicklung betreiben. Um die Gefahr von Lieferunterbrechungen bei leistungsschwächeren Lieferanten nachhaltig zu senken, bedarf es einer engen Zusammenarbeit im Erstellungsprozess: Qualität von Leistungen verbessern, prozesssicher werden, flexible Prozesse und Kapazitäten schaffen, die sich der Nachfragevolatilität anpassen (siehe hierzu auch die Ausführungen zu 1.). 12. Dynamische Qualitätssicherung sicherstellen. Selbstregulierende Arbeitsstrukturen entlang der gesamten Wertschöpfungskette schaffen Eigenverantwortlichkeit und eine „lernende Organisation“, die selbst entscheidet, in welchen Bereichen sie welchen Entwicklungsweg mit welchen Ressourcen gehen möchte. Die Qualitätssicherung dient hier in erster Linie zur Schaffung von Transparenz. Diese sollte in enger Abstimmung mit den beschaffenden Unternehmen genutzt werden, um Mängel in der Flexibilität und Defizite bei der schnellen Umsetzung von Erstellungsprozessen aufzudecken. Zertifizierungen beschränken sich nicht auf Einzelbereiche der Organisation, sondern stellen im Wesentlichen den Zielerreichungsgrad der Qualitätsentwicklung dar. 13. Veränderungen durch aktive Kommunikation begleiten. Mitarbeiter und Projektgruppen sollten sich regelmäßig austauschen, beispielsweise in formellen Treffen, in denen Veränderungsprozesse gezielt adressiert werden. Chancen und Risiken aus sich veränderten Bedingungen sollen frühzeitig erkennbar und proaktives Handeln gefördert werden. Potenzielle Interessenkonflikte können so identifiziert und vorausschauende Entscheidungen getroffen werden. 14.Selbstregulierende Projektgruppen schaffen. Projekte sind anhand fixierter Zielvorgaben eigenverantwortlich umzusetzen. Nicht der Weg, sondern das Ziel ist entscheidend und wird zu Projektbeginn definiert. Die Projektgruppe besitzt Umsetzungskompetenz. Änderungen im Umsetzungsprozess werden selbstregulierend aus der Gruppe heraus initiiert und verwirklicht. Dies ermöglicht es, die Zielerreichung auch bei sich verändernden Rahmenbedingungen auf schnellstem Wege zu erreichen. 15. Supply-Chain-Partner durch passende IT-Systeme einbinden. Die Kompatibilität zwischen IT-Systemen wird durch eine Portalintegration gefördert. Daten werden über eine vereinheitlichte Internetseite des Unternehmens zusammengeführt. Dies garantiert jedoch nicht die Richtigkeit und Konsistenz der Daten, da die Daten mehrfach in unterschiedlichen lokalen Systemen der angebundenen Partner gespeichert sind. Um dies zu vermeiden, müssten die Portal-Daten aus den lokalen Systemen exportiert werden können. Eine umfassendere Vernetzung stellt die cloudbasierte Geschäftsprozessintegration dar. Dadurch müssen keine oder nur geringe Anpassungen der IT-Systeme auf Teilnehmerseite vorgenommen werden, wodurch wiederum Anlaufzeiten der Integration gesenkt werden und Veränderungen in der Partnerstruktur rasch umgesetzt werden können. Die Auslagerung fördert zudem die Konsistenz und Nachvollziehbarkeit der Richtigkeit der übertragenen Daten, da diese lediglich in einem System gespeichert werden. 9 2 Ausgangslage und Fragestellung Die Marktvolatilität hat in den vergangenen Jahrzehnten signifikant zugenommen. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2007 bis 2011 sehen sich Unternehmen mit einer erneuten Finanzkrise konfrontiert. Die neue Normalität ist von Schwankungen und Unsicherheit geprägt 1, das Marktumfeld hat an Rauheit gewonnen. Agile Unternehmen können sich in diesen Zeiten meist deutlich flexibler und schneller den ändernden Marktbedingungen anpassen und neu positionieren als ihre Wettbewerber. Für Unternehmen geht es darum, die Voraussetzungen für intelligentes Wachstum zu schaffen. 2 Je besser sie auf mögliche Marktveränderungen vorbereitet sind, desto mehr Spielraum haben sie, um auf Veränderungen erfolgreich zu reagieren, aber auch proaktiv zu agieren. Dazu gehört die Fähigkeit, vorhandene Ressourcen flexibel den neuen Bedürfnissen anzupassen und Innovationen erfolgreich umzusetzen. Dies sind entscheidende Schritte, um das eigene Unternehmen agiler zu gestalten, sich im Markt zu behaupten und die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu sichern. Wachsende Unsicherheiten in der Nachfrage von Produkten und Dienstleistungen beeinflussen alle am Wertschöpfungsprozess beteiligten Partner. Neben maßgeschneiderten Produkten und individuellem Kundenservice entscheiden auch weitere Serviceleistungen der Logistik, wie die Lieferfähigkeit bei kurzen Auftragsdurchlaufzeiten, die Termintreue sowie die Flexibilität bei kurzfristigen Änderungswünschen, über den Markterfolg von Unternehmen.3 Es stellt sich die Frage, wie Prozesse entlang der Supply Chain ausreichend schnell anpasst werden können, um den hohen Kundenanforderungen zu genügen. Die Lieferantenbeziehung rückt hierbei zunehmend in den Vordergrund. Mit abnehmender Wertschöpfungstiefe reduzieren sich die Handlungsmöglichkeiten von Unternehmen, vorhandene Unsicherheiten aktiv zu steuern. Umso wichtiger wird die Agilität von Supply Chains, um auch kurzfristig adäquat auf Änderungen reagieren zu können. 10 Agilität ist die Fähigkeit von Unternehmen, auftretenden Veränderungen in internen und externen Wertschöpfungsketten mit geeigneten Mitteln zu begegnen. 4 Die Bedeutung der Agilität wird durch die Auswirkungen von trägen Supply Chains und auftretenden Unterbrechungen auf den Unternehmenserfolg verdeutlicht. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass mit der Informationsveröffentlichung von Unterbrechungen in Produktion und Warenlieferung der Aktienkurs von Unternehmen um durchschnittlich 10,8 % fällt.5 Daraus resultiert auch die Frage, welchen Wertbeitrag agile Supply Chains generieren können. Das Supply Chain Management leistet zu einem agilen Verhalten einen entscheidenden Beitrag.6 Es wird definiert als Management der vor- und nachgelagerten Beziehungen mit Lieferanten und Kunden, um der gesamten Supply Chain einen höheren Kundennutzen zu geringeren Kosten zu bieten.7 Es umfasst Aufgaben der Planung und Steuerung im Bereich der Beschaffung und in der Produktion sowie das Management logistischer Aktivitäten.8 Das Supply Chain Management fokussiert die Vernetzung dieser Bereiche und die Interaktion der beteiligten Akteure im Sinne der Entwicklung ganzheitlicher Lösungsansätze.9 Der Verantwortungsbereich liegt dabei sowohl innerhalb als auch außerhalb der Unternehmensgrenzen. Ein wesentlicher Teilbereich des Supply Chain Managements ist die Koordination der Zusammenarbeit mit externen Unternehmenspartnern wie Lieferanten, Händlern und Logistikdienstleistern.10 Dadurch können Wertschöpfungsketten adjustiert und auf bestehende und neue Märkte ausgerichtet werden. An dieser Stelle knüpft die Studie an und verdeutlicht, insbesondere aus der Perspektive von Beschaffung und Supply Management, welche Stellhebel genutzt werden können, um die Agilität von Supply Chains aktiv zu fördern. Zusammenfassend adressiert die vorliegende Studie folgende zentrale Fragestellungen: 1. Durch welche Faktoren wird Agilität definiert? 2. Welchen Wertbeitrag kann Agilität für Unternehmen generieren? 3. Wie unterscheiden sich die befragten Unternehmen hinsichtlich ihrer Agilität? 4. Wie kann Agilität zielgerichtet gefördert werden? In den folgenden Kapiteln werden die gewonnenen Erkenntnisse zu den genannten Fragestellungen vorgestellt. Kapitel 3 gibt zunächst einen Überblick zu Methodik und Stichprobe der Studie. Kapitel 4 präsentiert die Ergebnisse der ersten Fragestellung zur Definition der Agilität. Auch die zweite und dritte Fragestellung zum Wertbeitrag der Agilität sowie zur Differenzierung der Unternehmen hinsichtlich ihrer Agilität werden adressiert. Darüber hinaus führt Kapitel 4 einen Agilitätsindex ein und ermöglicht dem Leser einen Vergleich mit den Best-Practice-Unternehmen. Kapitel 5 fokussiert die vierte Fragestellung und stellt die Einflussbereiche der Agilität vor. Zudem werden Ansatzpunkte zur Verbesserung des individuellen Agilitätsindex vorgestellt. Kapitel 6 präsentiert Handlungsempfehlungen zur gezielten Verbesserung der Agilität von Supply Chains. Studie 3 Methodik und Stichprobe 3.1Studiendesign Zur Datenerhebung wurden die Fragebögen an Mitglieder der Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) und des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) versandt. Adressaten der Fragebögen waren Führungskräfte aus den Bereichen Einkauf, Supply Chain Management und Logistik. Der Rücklauf des Fragebogens erfolgte in einem Zeitfenster von Dezember 2010 bis März 2011 mit ergänzender telefonischer Nachfassaktion. Insgesamt nahmen Experten aus 106 Unternehmen an der Studie teil. Dies resultierte in einer Rücklaufquote von 5 %. Diese Quote ist vor dem Hintergrund der umfassenden Studie, die einen Fragebogen von etwa zehn Seiten notwendig machte, im erwarteten Rahmen. Ergänzend zu dem Fragebogen wurden im dritten und vierten Quartal 2011 Interviews mit acht Experten durchgeführt. 3.2 Verteilung der befragten Unternehmen 3.2 3.2Industrieklassen Industrieklassender derbefragten befragtenUnternehmen Unternehmen Industrieklassen Industrieklassen derder befragten befragten Unternehmen Unternehmen 3.2.1Industrieklassen Die untersuchten Unternehmen lassen sich in sieben Industrieklassen gliedern (vgl. Abbildung 3.1). Dies zeigt die sehr gute Abdeckung der Branchen mit besonders hohem Agilitätsbedarf und ermöglicht industriespezifische Aussagen zu Best Practices der Agilität. Die geringere Beteiligung von Experten der Energiebranche sowie der Dienstleistungs- und Handelsbranche ist mit der niedrigeren Anzahl angeschriebener Adressaten dieser Industrieklassen zu begründen. 3.2.2Größenklassen Die Unternehmen wurden nach der Anzahl der Mitarbeiter in kleine, mittlere und große Unternehmen, gemäß der Empfehlung der Europäischen Kommission, gruppiert.11 Kleine Unternehmen haben der Empfehlung nach weniger als 50 Mitarbeiter, mittlere Unternehmen zwischen 50 und 250 Mitarbeiter und große Unternehmen mehr als 250 Mitarbeiter. Abbildung 3.2 verdeutlicht die Verteilung der Größenklassen. A 3.1: Industrieklassen der befragten Unternehmen 21% 21% Maschinenbau, Maschinenbau, Metallverarbeitung Metallverarbeitungund und Baukonstruktion Baukonstruktion 22% 22% 14% 14% Transport Transport und undLogistik Logistik ElektroElektround und Automobilindustrie Automobilindustrie Chemie-, Chemie-, PharmaPharmaund und Lebensmittelindustrie Lebensmittelindustrie 3% 3% Dienstleistungen Dienstleistungenund undHandel Handel 7% 7% Energie Energie 19% 19% Andere Andereund undkeine keineAngabe Angabe 14% 14% Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) 3.33.3 Größenklassen Größenklassen derder befragten befragten Unternehmen Unternehmen nach nach Mitarbeiteranzahl Mitarbeiteranzahl Größenklassen Größenklassen der befragten der befragten Unternehmen Unternehmen nach Mitarbeiteranzahl nach Mitarbeiteranzahl Quelle: Quelle:BVL/BME-Studie BVL/BME-Studiezur zur Supply Supply Chain Chain Agility Agility (2011) (2011) A 3.2: Größenklassen der befragten Unternehmen nach Mitarbeiteranzahl 3% 3% 8% 8% 13%13% Kleine Kleine Unternehmen Unternehmen Mittlere Mittlere Unternehmen Unternehmen Große Große Unternehmen Unternehmen Andere Andere undund keine keine Angabe Angabe 76%76% Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Quelle: Quelle: BVL/BME-Studie BVL/BME-Studie zur Supply zur Supply Chain Chain Agility Agility (2011) (2011) 3.4 Größenklassen der befragten großen Unternehmen nach Mitarbeiteranzahl Größenklassen der befragten Unternehmen nach Mitarbeiteranzahl Der überwiegende Teil der Unternehmen zählt zu den großen Unternehmen. Diese Verteilung ist in erster Linie in der Thematik der Studie begründet. Agilität ist in der nahen Vergangenheit insbesondere in großen Unternehmen als wichtiges Thema identifiziert worden.12 Es ist daher sinnvoll, die Verteilung großer Unternehmen genauer zu betrachten (vgl. Abbildung 3.3). 40 % der Unternehmen haben mehr als 5.000 Mitarbeiter, 27 % sogar mehr als 10.000. A 3.3: Größenklassen der befragten großen Unternehmen nach Mitarbeiteranzahl 7% 27% 100 bis 499 20% 500 bis 999 1.000 bis 4.999 5.000 bis 9.999 13% Größer 10.000 33% Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2011) Supply Chain Agility 11 4 Agilität in Wertschöpfungsketten Agile Lieferketten werden als effiziente und langfristige Reaktion auf die durch den Markt verursachte Volatilität und Unsicherheit gesehen. Sie sichern nicht nur das wirtschaftliche Überleben ihrer Mitglieder, sondern auch deren dauerhaften ökonomischen Erfolg, indem sie Wertschöpfungsketten dazu befähigen, innovative Produkte und Dienstleistungen kosteneffizient und schnell zu produzieren und an Kunden zu übergeben. Dies erklärt die Bedeutung, die der Agilität aktuell in der Wissenschaft und Praxis zukommt. 4.1 Agilitätsdefinierende Faktoren – 12 Agilitätsfaktoren Erkenntnisfähigkeit, Flexibilität, Umsetzungsgeschwindigkeit In der Literatur existiert eine Vielzahl an Definitionen zur Agilität. Verschiedene Begriffe werden synonym dazu gebraucht oder beschreiben Teilbereiche davon. Basis für einen repräsentativen Vergleich der Agilität verschiedener Supply Chains sowie für eine individuelle Einordnung eines Unternehmens in diesen Kontext stellt jedoch ein einheitliches Begriffsverständnis dar. Nachfolgend werden daher die wesentlichen, agilitätsdefinierenden Merkmale und Faktoren bestimmt. Grundlage des für die Arbeit gültigen Begriffsverständnisses bilden zehn agilitätsdefinierende Merkmale. Diese wurden zur besseren Interpretation mittels einer Faktorenanalyse zu den drei Faktoren Erkenntnisfähigkeit, Flexibilität und Umsetzungsgeschwindigkeit zusammengefasst (vgl. Abbildung 4.1). Diese drei Faktoren stehen in logischer Beziehung zueinander und definieren gemeinsam den Begriff der Agilität von Supply Chains. Erkenntnisfähigkeit beschreibt die Tatsache, dass ein Unternehmen in der Lage ist, Handlungsbedarfe ausreichend früh zu identifizieren. Dies betrifft sowohl interne als auch externe Veränderungen.13 Die Erkenntnisfähigkeit unterstützt neben reaktivem auch proaktives Handeln, da auch zukünftige Anforderungen frühzeitig in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden können. Flexibilität zielt darauf ab, identifizierte Bedürfnisse schnell zu 12 A 4.1: Agilitätsfaktoren Umsetzungsgeschwindigkeit Supply Chain Agility Erkenntnisfähigkeit Flexibilität Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) bewerten und geeignete Maßnahmen zur Anpassung bereitzustellen. Sie ermöglicht es, auch kurzfristig Änderungen vorzunehmen, die Gefahr von Unterbrechungen in der Supply Chain zu mindern und die Nachfrage in Quantität und Qualität zu befriedigen. Der dritte Faktor Umsetzungsgeschwindigkeit beschreibt die Fähigkeit, neue Bedürfnisse möglichst schnell zu befriedigen. notwendige Voraussetzungen für agiles Verhalten darstellen, ist eine Differenzierung gegenüber Wettbewerbern vorrangig durch schnelle Anpassungen möglich. Die Umsetzungsgeschwindigkeit erklärt folglich den größten Teil der Agilität. Nachfolgend werden die drei Faktoren und deren zugrunde liegende Merkmale beschrieben. Die drei Faktoren der Agilität sind immer gemeinsam zu betrachten. Während die Fähigkeiten, Änderungsbedarfe zu erkennen und flexibel darauf zu reagieren, Studie 4.2 Umsetzungsgeschwindigkeit 4.1.1Umsetzungsgeschwindigkeit Die Umsetzungsgeschwindigkeit ist abhängig von der Dauer der Prozessabwicklung in den Funktionsbereichen Entwicklung, Beschaffung, Produktion und Vertrieb. Sie wird primär von der Wiederbeschaffungszeit und der Auslieferzeit an Kunden beeinflusst. Von geringerer Bedeutung ist der Zeitbedarf für die unternehmensinterne Prozessabwicklung. Diese wird mittels der Anlaufzeit von neuen Produkten und Dienstleistungen (Rampup-Zeit) sowie anhand der Durchlaufzeit in der Produktion und Dienstleistungserstellung gemessen. Abbildung 4.2 veranschaulicht die Situation der befragten Unternehmen. Die meisten von ihnen können ihre Durchlaufzeiten schnell genug anpassen. Lediglich 12 % der Befragten geben an, dass sie sich dazu nicht in der Lage sehen. Bei den Lieferzeiten gilt dies für 14 % der Unternehmen. Die Beschaffungsseite fällt dagegen zurück, denn 22 % der Befragten erachten die Wiederbeschaffungszeit ihrer direkten Güter und Dienstleistungen als nicht ausreichend. Mit der Anlaufzeit von neuen Produkten und Dienstleistungen sind 29 % der Befragten unzufrieden. 4.1.2Flexibilität Die Flexibilität eines Unternehmens wird durch die Anpassungsfähigkeit von Produktionsprozessen, die Möglichkeit zur kurzfristigen Erhöhung der Produktionskapazität sowie die Reaktivität des Hauptlieferanten beeinflusst. Anders als bei der Umsetzungsgeschwindigkeit sind hier die unternehmensinternen Prozesse entscheidend. Besonders bedeutsam für die Flexibilität ist es, dass die Prozesse und Kapazitäten zur Produktions- und Dienstleistungserstellung ausreichend rasch angepasst werden können. Von geringerer Bedeutung ist die Reaktivität des Hauptlieferanten. A 4.2: Umsetzungsgeschwindigkeit 1 2 3 4 5 Auslieferzeit Ramp-Up Zeit [gar nicht ausreichend] … … ... [vollständig ausreichend] Durchlaufzeit Wiederbeschaffungszeit 0% 20% 40% 60% 80% 100% Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Gerade in innovativen Märkten ist jedoch die Fähigkeit, Produkte und Dienstleistungen zeitnah auf den Markt zu bringen, von entscheidender Bedeutung. Folglich stellen die Anlaufzeiten einen ersten Ansatzpunkt zur agilen Gestaltung einer Supply Chain dar. Hinsichtlich der Wiederbeschaffungs- und der Lieferzeiten weist die Mehrheit der Unternehmen zwar eine bessere Performance auf, jedoch besteht in der Beschaffung und im Vertrieb 4.3 Flexibilität per se größeres Optimierungspotenzial, da diese einen größeren Einfluss auf die Umsetzungsgeschwindigkeit ausüben. Der geringste Handlungsbedarf besteht hinsichtlich der Durchlaufzeiten, da sich nur ein geringer Teil der Befragten nicht in der Lage sieht, diese ausreichend schnell anzupassen und sie zudem den geringsten Beitrag zur Erklärung der Umsetzungsgeschwindigkeit leisten. A 4.3: Flexibilität 1 2 3 4 5 Erhöhung der Produktionskapazität Anpassungsfähigkeit von Produktionsprozessen [gar nicht ausreichend] … … ... [vollständig ausreichend] Reaktivität des Hauptlieferanten 0% 20% 40% 60% 80% 100% Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Bei Betrachtung der befragten Unternehmen wird deutlich, dass deren Flexibilität Supply Chain Agility 13 4 Agilität in Wertschöpfungsketten von der Beschaffung bis zur Produktion und Dienstleistungserstellung zunimmt (vgl. Abbildung 4.3). 25 % der Befragten sehen ihre Beschaffungsseite nicht ausreichend schnell an Veränderungen auf Lieferantenseite anpassbar. In der Produktion und in der Dienstleistungserstellung teilen nur 12 % der Antwortenden diese Einschätzung bezüglich der Erhöhung der Kapazitäten und 19 % bezüglich der Anpassung der Produktionsprozesse. verbessern, als die Beschaffungsprozesse flexibler zu gestalten. Dennoch verbirgt sich auch bezüglich der Reaktivität des Hauptlieferanten Verbesserungspotenzial, welches durch die Beschaffung möglichst gut ausgeschöpft werden sollte. Da Abstimmungen in Erstellungsprozessen auf unternehmensinternen Fähigkeiten beruhen, ist es häufig einfacher, die Flexibilität in diesem Bereich zu 4.4 Erkenntnis von Handlungsbedürfnissen 4.1.3Erkenntnisfähigkeit Ein agiles Unternehmen sollte in der Lage sein, Handlungsbedarfe in den Bereichen Kunden, Wettbewerb und Technologie rechtzeitig zu erkennen. A 4.4: Erkenntnisfähigkeit von Handlungsbedürfnissen 1 [gar nicht ausreichend] 2 … Technologien Am bedeutendsten ist die Erkenntnisfähigkeit gegenüber Kunden. Supply Chains sollten in der Lage sein, wechselnde Kundenpräferenzen frühzeitig zu erkennen. Auch die Fähigkeit, technologische Trends und Neuerungen zu erfassen, wirkt sich auf die Agilität von Supply Chains aus. Von geringerer Bedeutung ist die Erkenntnisfähigkeit gegenüber dem Wettbewerb, z. B. im Sinne einer rechtzeitigen Kenntnisnahme von Änderungen des Preisdrucks. Expertengespräche haben gezeigt, dass ein frühzeitiges Erkennen von Veränderungen bisher nur unzureichend mit Themen der Agilität in Verbindung gebracht wird. 23 % der Befragten sehen sich in den Bereichen Technologie und Wettbewerb nicht in der Lage, Handlungsbedürfnisse ausreichend früh zu identifizieren (vgl. Abbildung 4.4).14 Eine gute Wahrnehmung besteht dagegen bei Änderungen von Kundenbedürfnissen. Nur 15 % der Befragten stufen ihre Erkenntnisfähigkeit diesbezüglich als unzureichend ein. Aufgrund der großen Bedeutung der Fähigkeit, technologische Trends zu identifizieren, und der hohen Anzahl an Unternehmen, die sich nicht dazu in der Lage sehen, sollte diesem Bereich besondere Aufmerksamkeit zukommen. 3 … 4 ... Wettbewerb 5 [vollständig ausreichend] Kunden 0% 20% 40% 60% 80% 100% Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Abbildung 4.5 fasst die Ergebnisse der Faktorenanalyse15 zusammen. Die identifizierten Faktoren und deren zugrunde liegende Merkmale stellen die Basis für die nachfolgenden Analysen dar. 4.5 Bedeutung der Agilitätsfaktoren und deren Merkmale A 4.5: Bedeutung der Agilitätsfaktoren und deren Merkmale Erkenntnisfähigkeit Erkenntnisfähigkeit gegenüber Technologien Erkenntnisfähigkeit gegenüber dem Wettbewerb Erkenntnisfähigkeit gegenüber Kunden Flexibilität Erhöhung der Produktionskapazität Anpassungsfähigkeit von Produktionsprozessen Reaktivität des Hauptlieferanten Umsetzungsgeschwindigkeit Durchlaufzeit Ramp-Up Zeit Auslieferzeit Wiederbeschaffungszeit Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) 14 Studie 4.2Wertbeitrag der Supply Chain Agility Neben der Wissenschaft beschäftigt 13 13 1613 4.1 Agilitätsbedarf 4.1 Agilitätsbedarf 4.1 der Agilitätsbedarf befragten der befragten Unternehmen derUnternehmen befragten imUnternehmen Branchenvergleich im Branchenvergleich Branchenvergleich A 4.6: Agilitätsbedarf der befragten Unternehmen im im Branchenvergleich sich auch die Praxis zunehmend mit dem Thema Agilität von Supply Chains. Auch Maschinenbau, Maschinenbau, Maschinenbau, seitens der befragten Unternehmen Metallverarbeitung und Metallverarbeitung und Metallverarbeitung und Baukonstruktion Baukonstruktion Baukonstruktion kommt ihr große Aufmerksamkeit zu. Nahezu alle Branchen weisen einen hohen Transport und Logistik Transport undTransport Logistik und Logistik Bedarf an Agilität auf, angeführt von der Elektro- und der Automobilindustrie sowie Energie EnergieEnergie der Chemie-, Pharma- und Lebensmittelindustrie (vgl. Abbildung 4.6). Elektro-Elektround und Elektro- und Automobilindustrie Automobilindustrie Automobilindustrie Dienstleistungen undDienstleistungen und Dienstleistungen und HandelHandel Handel Chemie-, PharmaPharma undChemie-, Chemie-, und Pharma und Lebensmittelindustrie Lebensmittelindustrie Lebensmittelindustrie 1 1 12 2 23 3 34 4 45 5 1 [äußerst 1 [äußerst niedriger niedriger Bedarf] 1 [äußerst Bedarf] - 5 [äußerst niedriger - 5 [äußerst hoher Bedarf] Bedarf] hoher - 5 [äußerst Bedarf] hoher Bedarf] Quelle:Quelle: BVL/BME-Studie BVL/BME-Studie Quelle:zur BVL/BME-Studie Supply zur Supply Chain Chain Agility zur Supply Agility (2011)Chain (2011)Agility (2011) Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Agile Supply Chains profitieren sowohl von Kostensenkungen als auch von Leistungssteigerungen. Da jedoch Maßnahmen zur agilen Ausrichtung von Supply Chains auch Kosten verursachen, ist das daraus resultierende wirtschaftliche Gesamtergebnis vorab nicht eindeutig. Die Analyse des Wertbeitrags der Agilität erfordert daher eine differenzierte Betrachtung der Kosten und Leistungen mittels verschiedener Kennzahlen.17 T 4.1: Supply Chain Performance Kosten Leistungen Beschaffungskosten Produkt- und Dienstleistungsqualität Produktions- und Erstellungskosten Lieferbereitschaftsgrad Lagerkosten Liefertreue Transport- und Umschlagskosten Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Die Leistung wird anhand der Qualität von Produkten und Dienstleistungen, des Lieferbereitschaftsgrads sowie der Liefertreue gemessen. Die Kosten umfassen die Beschaffungskosten, Produktions- und Erstellungskosten, Lagerkosten sowie die Transport- und Umschlagskosten (vgl. Tabelle 4.1). Supply Chain Agility 15 5 4 Agilität in Wertschöpfungsketten 4.2.1Kostenkennzahlen Agile Unternehmen weisen einerseits geringere Transport- und Umschlags-, Produktions- bzw. Erstellungskosten von Dienstleistungen sowie Beschaffungskosten, andererseits aber höhere Lagerkosten als weniger agile Unternehmen auf. Agile Unternehmen profitieren im Bereich der Beschaffung von einer erhöhten Flexibilität. Sie können ihre Bestellungen auch kurzfristig ohne erhebliche Zusatzkosten oder Zeitverzögerungen, ändern. Zudem nutzen sie häufiger Optimierungspotenziale in der Beschaffung (beispielsweise automatische Bestellübermittlung, dynamische Disposition, anpassbare Serviceleistungen bei Änderungen), die zu einer Kostensenkung beitragen können. Auch die Produktions- und Erstellungskosten können durch agiles Verhalten gesenkt werden. Prozesse und Kapazitäten werden bei agilen Unternehmen meist deutlich schneller an Veränderungen angepasst als bei weniger agilen Unternehmen. Niedrigere Rüst-, Bearbeitungs- und Liegezeiten senken die entsprechenden Kostenbestandteile. Die Fähigkeit von Unternehmen, auf Veränderungen in der Supply Chain rasch zu reagieren, setzt flexible Transportwege und -mittel voraus. Dadurch werden, auch bei kurzweiligen Unterbrechungen in der Supply Chain, kosteneffiziente Bündelungen sowie Be-, Um- und Entladungen logisti- 4.2.2Leistungskennzahlen Anders als bei den Kosten profitieren Unternehmen gemäß allen untersuchten Leistungskennzahlen von agilen Strukturen. ter Prozesse oder ungeeigneter Materialien auch auf die Qualität der Produkte auswirken können. Agiles Verhalten wirkt sich positiv auf die Qualität von Produkten und Dienstleistungen aus. Unternehmen mit hoher Flexibilität sind in der Lage, ihre Produktions- bzw. Erstellungsprozesse von Dienstleistungen sowie die zu beschaffenden Materialien bei Bedarf ohne Probleme anzupassen. Umgekehrt treten bei weniger agilen Unternehmen deutlich häufiger Schwierigkeiten oder Verzögerungen auf, die sich beispielsweise im Falle falsch abgestimm- Agile Unternehmen sind in der Lage, Änderungsbedarf frühzeitig zu erkennen und schnell darauf zu reagieren oder proaktive Maßnahmen zu ergreifen. Sie können Produktions- bzw. Erstellungsprozesse und dafür notwendige Kapazitäten sowie zugekaufte Materialien ausreichend rasch an neue Anforderungen anpassen. Dies wirkt sich direkt auf die Lieferzeiten an Kunden sowie die Liefertreue und den Lieferbereitschaftsgrad aus. Agilität mindert 16 scher Einheiten ermöglicht. Dies wirkt sich positiv auf die Transportkosten aus. Ein gegensätzliches Bild ergibt sich bei Betrachtung der Lagerkosten. Ein hoher Lagerbestand fördert direkt die Agilität von Unternehmen, da Angebots- und Bedarfsschwankungen kurzfristig ausgeglichen werden können. Jedoch erhöhen sich dadurch auch die entsprechenden Kosten. Agile Unternehmen profitieren folglich von Kosteneinsparungen in den Bereichen des Transports, der Produktion und der Beschaffung. Dieser positive Effekt wird durch den Anstieg der Lagerkosten abgeschwächt. zeitliche Verzögerungen, da sie auch bei unvorhergesehenen Änderungen eine Prozessabwicklung ohne Unterbrechungen ermöglicht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Agilität von Unternehmen zur Steigerung der Supply Chain Performance beiträgt. Eine agile Gestaltung von Supply Chains führt in Teilbereichen auch zu Kostensteigerungen. Unternehmen sollten diese Wechselwirkungen in ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigen. Studie 17 Agilitätsfaktoren und Agilitätsgruppen 4.3 Agilitätsgruppen – Leaders, Adopters und Followers Zielstellung der Studie ist es, dem Leser eine individuelle Beurteilung seiner Agilität zu ermöglichen. Um den Vergleich mit den befragten Unternehmen zu erleichtern, wurden diese anhand der Agilitätsmerkmale und mittels einer Clusteranalyse18 in Gruppen eingeteilt. Im Ergebnis wurden drei Agilitätsgruppen – Leaders, Adopters und Followers – identifiziert. Die drei Gruppen unterscheiden sich in allen Agilitätsfaktoren voneinander, wobei die Leaders generell höhere Werte aufweisen als die Adopters und diese wiederum als die Followers. Die größten Unterschiede zwischen den Agilitätsgruppen bestehen in der Flexibilität (vgl. Abbildung 4.7). 4.3.1Umsetzungsgeschwindigkeit Abbildung 4.8 verdeutlicht die Unterschiede von Leaders, Adopters und Followers hinsichtlich der Umsetzungsgeschwindigkeit. Während die Leaders mit ihren Lieferzeiten weitestgehend vollständig zufrieden sind, sehen auch diese noch Verbesserungspotenzial in den Wiederbeschaffungs-, Durchlauf- und Rampup-Zeiten. Die Adopters fallen in allen Merkmalen etwas zurück, die Followers dagegen stark zurück. Besonders deutlich ist diese Abweichung bei den Durchlaufzeiten in der Produktion. A 4.7: Agilitätsfaktoren und Agilitätsgruppen Umsetzungsgeschwindigkeit 5 4 3 Leaders 2 Adopters Followers 1 Erkenntnisfähigkeit Flexibilität Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) 4.10 Differenzierungsmerkmale der Agilitätsgruppen bezüglich der 4.10 Differenzierungsmerkmale der Agilitätsgruppen bezüglich der Umsetzungsgeschwindigkeit Umsetzungsgeschwindigkeit A 4.8: Differenzierungsmerkmale der Agilitätsgruppen bezüglich der Umsetzungsgeschwindigkeit Wiederbeschaffungszeit direkter Güter und Wiederbeschaffungszeit Dienstleistungen direkter Güter und Dienstleistungen 5 5 4 3 2 Lieferzeit Lieferzeit 1 4 3 2 1 Ramp-up-Zeit Ramp-up-Zeit Durchlaufzeit Durchlaufzeit Leaders Adopters Followers Leaders Adopters Followers Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Supply Chain Agility 17 4.11 Differenzierungsmerkmale der Agilitätsgruppen bezüglich der Flexibilität 4 Agilität in Wertschöpfungsketten Anpassung von Erstellungsprozessen der Agilitätsgruppen bezüglich der Flexibilität 4.11 Differenzierungsmerkmale 5 4 3 4.3.2Flexibilität A 4.9: Differenzierungsmerkmale der Agilitätsgruppen bezüglich der Flexibilität 2 Bei Betrachtung der Flexibilität wird deutlich, dass die Leaders ihre Prozesse und 1 Anpassung von Erstellungsprozessen Kapazitäten zur Produktions- und Dienst5 leistungserstellung bei Änderungsbedarf Kurzfristige Änderungsmöglichkeit Anpassung von 4 Erstellungskapazitäten sehr schnell anpassen können (vgl. Abbil- der Beschaffung 3 dung 4.9). Die Adopters fallen demgegenLeaders 2 über zurück. Geringere Unterschiede sind Adopters Followers auf der Beschaffungsseite zu erkennen. 1 So sehen alle Gruppen noch Steigerungspotenzial hinsichtlich der Reaktivität ihres Kurzfristige Änderungsmöglichkeit Anpassung von 4.11 Differenzierungsmerkmale Flexibilität der Beschaffung der Agilitätsgruppen bezüglich der Erstellungskapazitäten Hauptlieferanten. Obwohl die unternehmensinternen Wertschöpfungsprozesse Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) die größten Unterschiede aufweisen und maßgeblich für die Flexibilität von Supply Chains sind, gewinnen auch die Beschaffungsprozesse zunehmend an Bedeutung. Anpassung von 4.12 Differenzierungsmerkmale der Agilitätsgruppen bezüglich der Leaders Adopters Followers Erstellungsprozessen Erkenntnisfähigkeit 5 4 4.3.3Erkenntnisfähigkeit A 4.10: Differenzierungsmerkmale der Agilitätsgruppen bezüglich der 3 In der Erkenntnisfähigkeit unterscheiden Erkenntnisfähigkeit 2 sich die Agilitätsgruppen insbesondere in der frühzeitigen Wahrnehmung von Erkenntnisfähigkeit gegenüber 1 Kunden Veränderungen bei Kunden und Tech5 nologien (Abbildung 4.10). Geringer fällt Anpassung von Kurzfristige Änderungsmöglichkeit 4 Erstellungskapazitäten der Unterschied im Bereich des Wettbe- der Beschaffung 3 werbs aus. Selbst die Leaders sind nicht Leaders 2 vollständig zufrieden mit ihrer Fähigkeit, Adopters Wettbewerbsveränderungen zu erkennen. Followers 1 Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Erkenntnisfähigkeit von WettbewerbsveränErkenntnisfähigkeit gegenüber Erkenntnisfähigkeit gegenüber Technologien Wettbewerb derungen am wenigsten zur Erklärung der Agilität beiträgt. Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) 1 [gar nicht ausreichend] – 5 [vollständig ausreichend] Leaders Adopters Followers 18 Studie 4.4Berechnung des Agilitätsindex Der sogenannte „Agilitätsindex“ ist ein einfaches Instrument, mit dessen Hilfe die individuelle Agilität aus der Perspektive von Einkaufs- oder Logistikleitern sowie Supply Chain Managern in Beziehung zu Best-Practice-Unternehmen gesetzt werden kann. Die Benchmark-Unternehmen werden durch die Agilitätsklasse der Leaders repräsentiert. Als Hilfestellung zur praktischen Umsetzung dient ein Musterbeispiel, das den jeweiligen Tabellen zu entnehmen ist. Am Ende des Abschnitts erfolgt die Interpretation des Musterbeispiels. Die nachfolgenden Aussagen beziehen sich ausschließlich auf die am Umsatz gemessene wichtigste Supply Chain des Unternehmens. Sofern das Unternehmen über mehrere Geschäftsbereiche verfügt, sind die Aussagen auf einen Geschäftsbereich zu fokussieren. Der Leser wird gebeten, die nachfolgenden Fragen zur Umsetzungsgeschwindigkeit (vgl. Tabelle 4.2), zur Flexibilität (vgl. Tabelle 4.3) und zur Erkenntnisfähigkeit (vgl. Tabelle 4.4) mittels einer Skala von 1 [gar nicht ausreichend] bis 5 [vollständig ausreichend] zu beantworten. Für jeden Faktor sind anschließend die Summe und der Durchschnitt zu bilden. T 4.2: Berechnung der Umsetzungsgeschwindigkeit Umsetzungsgeschwindigkeit Wie schnell ist die Supply Chain bzgl. folgender Zeiten? Skala von 1 bis 5 Bitte ausfüllen Musterbeispiel Wiederbeschaffungszeiten direkter Materialien und Dienstleistungen 2 Lieferzeiten für direkte Endkunden bzw. Geschäftskunden 4 Ramp-up-Zeiten (Anlaufzeiten) für Neuprodukte 3 Durchlaufzeiten für die Produktion und Dienstleistungserstellung 4 Summe 13 Summe/4 = Durchschnitt 3,3 Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) T 4.3: Berechnung der Flexibilität Flexibilität Inwiefern ist die Supply Chain in der Lage, die folgenden Änderungen rasch umzusetzen? Kurzfristige Änderung beim Hauptlieferanten bezüglich der zu liefernden Produkte Skala von 1 bis 5 Bitte ausfüllen Musterbeispiel 4 Anpassung von Produktionsprozessen 4 Erhöhung der Kapazitäten für die Produktion bzw. Dienstleistungserstellung 5 Summe 13 Summe/3 = Durchschnitt 4,3 Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Supply Chain Agility 19 4 Agilität in Wertschöpfungsketten T 4.4: Berechnung der Erkenntnisfähigkeit Erkenntnisfähigkeit Skala von 1 bis 5 Inwiefern ist die Supply Chain in der Lage, Handlungsbedürfnisse in den folgenden Bereichen frühzeitig zu identifizieren? Bitte ausfüllen Musterbeispiel Kunden (z. B. Wandel der Kundenbedürfnisse) 3 Wettbewerb (z. B. Änderung des Preisdrucks) 3 Technologie (z. B. Überarbeitung bestehender Technologien) 2 Summe 8 Summe/3 = Durchschnitt 2,7 Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Der Leser wird gebeten, die berechneten Durchschnittswerte der Umsetzungsgeschwindigkeit, Flexibilität und Erkenntnisfähigkeit in die nachfolgende Tabelle 4.5 zu übertragen. Durch die Summen- und erneute Durchschnittsbildung wird der Agilitätsindex ermittelt. Zur Einstufung der Agilität des Unternehmens dienen die in der Tabelle dargestellten Mittelwerte der Leaders, Adopters und Followers. T 4.5: Berechnung des Agilitätswerts Bitte ausfüllen Musterbeispiel Leaders Adopters Followers Durchschnitt Umsetzungsgeschwindigkeit 3,3 4,2 3,3 1,8 Durchschnitt Flexibilität 4,3 4,4 3,3 1,6 Durchschnitt Erkenntnisfähigkeit 2,7 4,1 3,2 2,1 Summe 10,3 12,7 9,8 5,5 Summe/3 = Durchschnitt = Agilitätsindex 3,4 4,2 3,3 1,8 Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Das Unternehmen im Musterbeispiel erzielt einen Agilitätswert von 3,4 und ist damit etwas agiler als die Adopters (3,3). Bei Betrachtung der einzelnen Agilitätsfaktoren wird deutlich, dass das Musterunternehmen in der Lage ist, ähnlich flexibel auf Änderungsbedarfe zu reagieren wie die Leaders (4,4). Folglich ist bezüglich dieser Dimension nur geringes Verbesserungspotenzial vorhanden. Hinsichtlich der Umsetzungsgeschwindigkeit bewegt sich das Musterunternehmen mit einem Wert von 3,3 auf dem durchschnittlichen Niveau der Adopters (3,3). Die Umset- 20 zungsgeschwindigkeit stellt somit einen ersten Stellhebel dar, um die Agilität zu erhöhen. Verbesserungsbedarf besteht insbesondere bei den Wiederbeschaffungszeiten, da diese den größten Beitrag zur Erklärung der Umsetzungsgeschwindigkeit leisten und das Musterunternehmen diese als nicht ausreichend ansieht. Bezüglich der Erkenntnisfähigkeit fällt das Beispielunternehmen deutlich zurück und bewegt sich mit einem Wert von 2,7 zwischen den Adopters (3,2) und den Followers (2,1). Folglich sollte das Musterunternehmen zunächst seine Fähigkeit, Änderungen zu erkennen, fördern. Dies ist umso wichtiger, als die Erkenntnisfähigkeit die Grundlage für flexible und schnelle Reaktionen darstellt. Mit einer ausreichend guten Erkenntnisfähigkeit können Unternehmen die Weichen für adäquate Maßnahmen rechtzeitig stellen. Auch die Umsetzungsgeschwindigkeit sollte nicht vernachlässigt werden. Der Spielraum zur Verbesserung ist hier zwar geringer, jedoch besteht hier das größte Potenzial zur Differenzierung von Wettbewerbern. Studie 4.5 Industriespezifische Merkmale Nicht alle Industriezweige sind gleichermaßen agil. Im Branchenvergleich wurden Unterschiede hinsichtlich aller drei Dimensionen der Agilität deutlich. Neben den individuellen Agilitätswerten sollten Un- 4.5.1Umsetzungsgeschwindigkeit Die schnellsten Supply Chains sind in der Chemie-, Pharma- und Lebensmittelindustrie zu finden. Durch die hohe Automatisierung in der Wertschöpfungskette werden Durchlaufzeiten erheblich herabgesetzt. Effiziente Vertriebsnetze führen im Branchenvergleich zu den besten Lieferzeiten von Gütern und Waren an Kunden. Die Energiebranche weist die niedrigsten Wiederbeschaffungszeiten der zur Pro- 4.5.2Flexibilität Die Energiebranche weist die höchste Flexibilität auf, insbesondere bezüglich der Fähigkeit zur Anpassung von Produktionskapazitäten. Dies bestätigt die Erwartungen im Hinblick auf Energieproduzenten. Kurzfristige Kapazitätsanpassungen in der Stromerzeugung werden durch flexible Kraftwerke ermöglicht, die durch geringe Anlaufzeiten charakterisiert sind (z. B. Gasturbinenkraftwerke). 4.5.3Erkenntnisfähigkeit Unternehmen der Dienstleistungs- und Handelsbranche erkennen Markt- und Unternehmensveränderungen am schnellsten. Sie profitieren vor allem von der hohen Markttransparenz. Dies spiegelt sich in der besonders hohen Erkenntnisfähigkeit gegenüber Wettbewerbsveränderungen wider. Notwendige Anpassungen, zum Beispiel in der Preisgestaltung von angebotenen Produkten und Dienstleistungen, werden für Unternehmen frühzeitig ersichtlich. Die Erkenntnisfähigkeit gegenüber technologischen Veränderungen ist besonders gut bei Unternehmen im Bereich des Maschinenbaus, der Metallverarbeitung und der Baukonstruktion ausge- Supply Chain Agility ternehmen auch die branchenspezifischen Unterschiede mit in die Betrachtung einfließen lassen, um die für sie geeignetsten Ansatzpunkte zur Verbesserung der Agilität zu identifizieren. Im Folgenden werden die Agilitätsfaktoren Umsetzungsgeschwindigkeit, Flexibilität und Erkenntnisfähigkeit sowie deren Merkmale im Branchenvergleich dargestellt. duktion benötigten Güter auf. Energieproduzenten profitieren von einer effizienten Anbindung an die Rohstofflieferanten. Preisschwankungen können über den internationalen Plattformhandel ausgeglichen werden (z. B. Handel von Flüssigerdgas). phase im Handel umfasst die Zeit von der Aufnahme eines Produktes in das Produktprogramm bis zur Handelstätigkeit. Dienstleistungen können meist schneller in den Markt eingeführt werden als materielle Güter. Der Handel kann neue Produkte aufgrund seines geringen Wertschöpfungsanteils rasch in sein Portfolio mit aufnehmen.19 Unternehmen der Branchen Dienstleistungen und Handel profitieren von sehr kurzen Anlaufzeiten. Die Produktanlauf- Unternehmen im Bereich des Maschinenbaus, der Metallverarbeitung und der Baukonstruktion profitieren in erster Linie von einer flexiblen Beschaffung aufgrund kurzfristiger Änderungsmöglichkeiten bei ihren Lieferanten. Die meist hohe Standardisierung ermöglicht es den Lieferanten, die nötigen Volumen planbar vorzuhalten, um auf Auftragsänderungen adäquat reagieren zu können (z. B. Stahl mit garan- tierten Festigkeitseigenschaften). Die Fähigkeit von Unternehmen, Prozesse rasch anpassen zu können, zeigt sich insbesondere in der Transport- und Logistikbranche. Unternehmen dieses Industriezweigs sind in der Lage, Transportmittel im Hinblick auf Leistung, Qualität und Kosten flexibel anzupassen. prägt. Hier erfahren Technologien häufig eine endogen bedingte Veränderung, d. h. technologische Neuerungen entstehen meistens aus dem Unternehmen heraus. Die Technologie im Unternehmen ist damit weniger abhängig von externen, weniger transparenten Technologiemärkten. Die Lebensmittelindustrie profitiert vor allem durch eine enge Vernetzung zwischen Produzent, Handel und Endkunde. Dies ermöglicht eine frühzeitige Rückkopplung des Endkundenverhaltens in Richtung der Produzenten. Die Chemie-, Pharma- und Lebensmittelindustrie zeigt eine erhöhte Erkenntnisfähigkeit gegenüber dem Kundenverhalten. Unternehmen der Chemie- und Pharmaindustrie sind vermehrt durch einen stabilen Kundenstamm gekennzeichnet. Kunden und deren Bedürfnisse werden meistens schneller erkannt als in anderen Branchen. Mittels des Agilitätsindex und unter Berücksichtigung branchenspezifischer Unterschiede kann die individuelle Unternehmensagilität beurteilt werden. Je nach Ergebnis können spezifische Handlungsmaßnahmen ergriffen werden. Die wesentlichen Ansatzpunkte zur Verbesserung der Agilität werden nachfolgend dargestellt. 21 5 Einflussbereiche der Supply Chain Agility 5.1 Einflussbereiche der Agilität Im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung wurden mehr als einhundert potenzielle Einflussgrößen mittels multipler Regressionen auf deren Agilitätswirkung überprüft. Im Ergebnis wurden 17 Einflussgrößen aus sechs Betrachtungsbereichen identifiziert, die einen signifikanten Zusammenhang zur Agilität aufweisen. Die Betrachtungsbereiche umfassen die Planung, die Integration, das Personal, das verantwortungsvolle Verhalten, die Kommunikation und die Informationstechnologie (IT) im beschaffenden Unternehmen sowie in der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung (vgl. Abbildung 5.1). Die frühzeitige Beschaffungsplanung (Planung) hat zum Ziel, die Verfügbarkeit der richtigen Güter und Dienstleistungen zum Bedarfszeitpunkt zu gewährleisten. Zwei Aspekte der Beschaffungsplanung – die langfristige Planung und die strategische Lieferantenauswahl – stellen Einflussbereiche der Agilität dar. A 5.1: Einflussbereiche der Agilität 1. Planung 2. Integration 6. IT Agilität 5. Kommunikation 3. Personal 4. Verhalten Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Die Lieferantenintegration (Integration) beschreibt die Einbindung des Lieferanten in die Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen, wobei die Neuproduktentwicklung (NPE) bereits bei der anfänglichen Idee beginnt und mit der Markteinführung endet. Der Einflussbereich der Kommunikation schließt sowohl den externen Informationsaustausch mit Lieferanten als auch den internen Informationsaustausch zwischen Abteilungen in die Betrachtung ein. Untersucht werden verschiedene Charakteristika des Austauschs wie z. B. die Häufigkeit der Kommunikation oder deren Regelmäßigkeit. Der Bereich des Personals umfasst verschiedene Merkmale der Personalressourcen wie die Anzahl der Mitarbeiter, die Motivation und die Kompetenzen des Personals sowie die Ebene der persönlichen Beziehungen zwischen Lieferant und Abnehmer. Supply Chains müssen sich an veränderte interne und externe Bedingungen ausreichend schnell anpassen können. Diese Fähigkeit steht in Zusammenhang mit einem effizienten und effektiven Informationsaustausch. Basis hierfür stellt die ITInfrastruktur dar, wobei sowohl die inter- Das verantwortungsvolle Verhalten für eine beiderseitig erfolgreiche Zusammenarbeit wird einerseits über die gemeinsamen Vorstellungen und Erwartungen in der Lieferantenbeziehung und andererseits anhand der Lieferleistung des Lieferanten und der damit verbundenen Unsicherheiten beschrieben. 22 ne Vernetzung der Abteilungen als auch die externe Anbindung von Lieferanten untersucht werden. Nachfolgend werden alle in den einzelnen Bereichen identifizierten Einflussgrößen, getrennt nach Agilitätsdimension, vorgestellt. Diese Gliederung ermöglicht dem Leser eine Fokussierung auf diejenigen Einflussbereiche, in denen er das größte Verbesserungspotenzial verzeichnet (siehe Kapitel 4.4). Der jeweils primär beeinflusste Agilitätsfaktor – die Umsetzungsgeschwindigkeit, die Flexibilität oder die Erkenntnisfähigkeit – wird mittels einer spezifischen Symbolik hervorgehoben (Tabelle 5.1). T 5.1: Symbole zur Veranschaulichung der Agilitätsdimensionen Umsetzungsgeschwindigkeit Flexibilität Erkenntnisfähigkeit Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Studie 5.1 Einflussgrößen der Umsetzungsgeschwindigkeit 5.2 Einflussbereiche der Umsetzungsgeschwindigkeit Die Umsetzungsgeschwindigkeit wird anhand des Zeitbedarfs für die Wiederbeschaffung, für die Auslieferung, für den Anlauf neuer Produkte und für die Fertigung gemessen. Sie erklärt den größten Anteil der Agilität und birgt folglich das größte Optimierungspotenzial (vgl. Kapitel 4.1). Eine gezielte Förderung der Umsetzungsgeschwindigkeit ist durch Maßnahmen in den Bereichen Personal, Verhalten, Kommunikation und IT möglich (vgl. Abbildung 5.2). Die wesentlichen Stellhebel innerhalb dieser Bereiche werden nachfolgend beschrieben. A 5.2: Einflussbereiche der Umsetzungsgeschwindigkeit 1. Planung 2. Integration 6. IT Agilität 5. Kommunikation 3. Personal 4. Verhalten Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) 5.1.1Personal Charakteristika der Personalausstattung, wie die Qualifikation, die Motivation und die Größe der Belegschaft auf beiden Seiten der Lieferantenbeziehung, beeinflussen den Erfolg der Beschaffung und wurden daher auch auf deren Agilitätswirkung überprüft. Als spezifische Merkmale der Personalausstattung wurden die richtigen Fähigkeiten, Expertise und Erfahrung des Personals, die ausreichende Höhe des Personalbestands, die ausreichend hohe Motivation des Personals sowie der persönliche Zusammenhalt untersucht. Die Leaders weisen vermehrt einen ausreichend großen Personalbestand auf. Anders als bei weniger agilen Unternehmen zeichnet sich ihre Belegschaft zudem durch eine hohe Motivation und einen starken persönlichen Zusammenhalt aus (vgl. Abbildung 5.3). Die Fähigkeiten, Expertise und Erfahrung des Personals schätzen nahezu alle befragten Experten als mindestens ausreichend hoch ein. 1 [stimme überhaupt nicht zu] - 5 [stimme voll zu] A 5.3: Personalausstattung 5 Personal in der Lieferantenbeziehung [Durchschnitt der Merkmale] 4 Richtige Fähigkeiten, Expertise und Erfahrung Ausreichend hoher Personalbestand 3 Ausreichend hohe Motivation des Personals Persönlicher Zusammenhalt des Personals 2 1 Leaders Adopters Followers Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Supply Chain Agility Ein angemessener Personalbestand auf beiden Seiten der Lieferantenbeziehung begünstigt eine schnelle Prozessabwicklung, vor allem in den Bereichen der Produktion und der Distribution. Nur mit einer ausreichenden Personalkapazität können Supply Chains sich rasch auf neue Gegebenheiten einstellen und Änderungen erfolgreich umsetzen. Darüber hinaus sollten sich Personalkapazitäten – vor allem in Zeiten zunehmender Volatilität und Unsicherheit – auch kurzfristig anpassen lassen. Die befragten Experten sehen neben der Höhe des Personalbestands auch die Mitarbeiterkompetenzen als entscheidend an. Die zielgerichtete Entwicklung von Mitarbeiterfähigkeiten sollte anhand eines formalisierten Prozesses und unter regelmäßiger Identifikation und Bewertung vorhandener Kompetenzen erfolgen. Zudem sollte ein Kompetenzportfolio derart geschaffen werden, dass die Handlungsfähigkeit jederzeit gewährleistet ist. Dadurch kann auch bei unvorhergesehenen Ereignissen kurzfristig auf benötigtes Fachwissen zurückgegriffen werden. 23 5 Einflussbereiche der Supply Chain Agility Die Leistungen des Kernlieferanten und damit verbundene Unsicherheiten werden anhand der guten Liefertermineinhaltung und Produktqualität, der guten Vorhersagbarkeit der Produktqualität, der geringen Störanfälligkeit der Lieferungen sowie der hohen Konstanz der Serviceleistungen des Lieferanten untersucht. A 5.4: Leistung des Lieferanten und Unsicherheit 1 [stimme überhaupt nicht zu] - 5 [stimme voll zu] 5.1.2Verhalten Um volatilen Märkten gerecht zu werden, sind stabile, verlässliche Partnerschaften in der Supply Chain gefragt. 20 Solche Partnerschaften zeichnen sich durch ähnliche Vorstellungen und Erwartungen zwischen Lieferant und Abnehmer sowie konstant gute Leistungen der Lieferanten aus. 5 Lieferleistung [Durchschnitt der Merkmale] 4 Gute Liefertermineinhaltung und Produktqualität Geringe Störanfälligkeit der Lieferungen 3 Gute Vorhersagbarkeit der Produktqualität 2 1 Hohe Konstanz der Serviceleistungen Leaders Adopters Followers Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Ein Vergleich verdeutlicht, dass die Leaders entscheidend zufriedener mit den Lieferleistungen ihres Lieferanten sind und weniger Unsicherheiten darin sehen als die Adopters und die Followers (vgl. Abbildung 5.4). Während nahezu alle Befragten die Produktqualität als ausreichend gut vorhersagbar beurteilen, bestehen deutliche Unterschiede in der Einhaltung der vereinbarten Produktqualität und der Liefertermine. Die Störanfälligkeit der Lieferungen und die Konstanz der Serviceleistungen sind bei allen Unternehmen verbesserungsfähig. Verspätete Lieferungen und Abweichungen von der vereinbarten Produktqualität sowie generell störanfällige Lieferungen beeinträchtigen die Geschwindigkeit in der Prozessabwicklung. Nicht nur die Wiederbeschaffungszeiten werden dadurch verlängert, sondern auch die Anlaufzeiten neuer Produkte und die Auslieferzeiten an End- und Geschäftskunden. 24 Insbesondere bei Single-Sourcing-Strategien oder strategisch bedeutsamen Produkten können nicht ordnungsgemäß erbrachte Lieferantenleistungen erhebliche Zeitverzögerungen in der Wiederbeschaffung verursachen und sich auch auf nachgelagerte Prozesse negativ auswirken. Entscheidende Weichen für die schnelle Durchführung von Geschäftsprozessen werden bereits bei der Lieferan- tenauswahl gelegt. Die Herausforderung besteht darin, einerseits die passenden Lieferanten und andererseits die richtige Anzahl an Partnern zur Gestaltung eines optimalen Lieferantenportfolios zu identifizieren. Zudem sollte die Leistung vorhandener Lieferanten kontinuierlich überwacht werden und im Bedarfsfall ein gezieltes Lieferantenmanagement zum Einsatz kommen. Studie Während die Leaders die Kommunikation mit ihrem Lieferanten als gut bis sehr gut beurteilen, sehen die Adopters diesbezüglich deutliches Verbesserungspotenzial. Die Followers fallen gegenüber beiden Gruppen zurück (vgl. Abbildung 5.5). Sowohl die Leaders als auch die Adopters legen Wert auf eine regelmäßige persönliche Kommunikation. Im Gegensatz dazu werden bei den weniger agilen Unternehmen seltener sensible Informationen sowie neue Ideen und Initiativen zwischen Wertschöpfungspartnern ausgetauscht. Gerade der Austausch sensibler Informationen wie Forschungs- und Entwicklungs-, Produktions- und Finanz- 5.1.4Informationstechnologie Der Austausch von Informationen mit Lieferanten erfordert neben der Bereitschaft dazu auch die nötige Vernetzung und Kompatibilität der IT-Systeme. 21 Beweglich aneinander angepasste Komponenten erlauben dabei eine höhere Flexibilität als starre, komplexe Systeme. 22 Zudem ist die Qualität der übertragenen Daten wichtig, um eine reibungslose Weiterverarbeitung zu ermöglichen. Die Vernetzung der IT zwischen Lieferant und Kunde wird anhand der Einbindung des Lieferanten in das IT-Netzwerk, der Nutzung von B2B-Technologien für Einkaufstransaktionen, der Kompatibilität der IT-Infrastruktur und der Datenqualität im IT-Netzwerk gemessen. Supply Chain Agility 1 [stimme überhaupt nicht zu] - 5 [stimme voll zu] Der Informationsaustausch zwischen Lieferant und Abnehmer wird auf Basis der regelmäßigen persönlichen Kommunikation, des Austauschs sensibler Informationen und der offenen Kommunikation neuer Ideen und Initiativen gegenüber dem Hauptlieferanten gemessen. A 5.5: Externe Kommunikation 5 Externe Kommunikation [Durchschnitt der Merkmale] 4 Regelmäßige persönliche Kommunikation 3 Austausch sensibler Informationen 2 1 Offene Kommunikation neuer Ideen und Initiativen Leaders Adopters Followers Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) daten fördert eine schnelle Abwicklung der übergreifenden Geschäftsprozesse in der Beschaffung und der Distribution. Informationen stellt jedoch eine solide Vertrauensbasis zwischen Lieferant und Abnehmer dar. Sowohl Lieferanten als auch Kunden können durch die Weitergabe von Daten profitieren, da sie Best Practices ihrer Geschäftspartner kennenlernen und gegebenenfalls auch übernehmen können. Zudem ermöglicht der Austausch auch sensibler Informationen die Abstimmung miteinander vernetzter Aktivitäten und die Optimierung übergreifender Geschäftsprozesse. Eine wesentliche Voraussetzung für den Austausch sensibler Die befragten Experten bestätigen dieses Ergebnis. Optimierungspotenzial sehen sie vor allem in der Produktion, da diese durch eine Abstimmung der Produktionssysteme von Lieferant und Kunde oftmals noch beschleunigt werden kann. Sie setzen jedoch dagegen, dass die Bereitschaft zum Austausch sensibler Informationen nicht immer gegeben ist, da dieser auch Risiken birgt und Abhängigkeiten mit sich bringt. A 5.6: Externe Anbindung der Informationstechnologie 1 [stimme überhaupt nicht zu] - 5 [stimme voll zu] 5.1.3Kommunikation Die Agilitätswirkung der Kommunikation wird anhand der Qualität und Regelmäßigkeit des internen sowie des externen Informationsaustauschs untersucht. 5 Externe Anbindung der Informationstechnologie [Durchschnitt der Merkmale] 4 Kompatibilität der IT-Infrastruktur Einbindung des Lieferanten in das IT-Netzwerk 3 Nutzung von B2B-Technologien für Einkaufstransaktionen 2 1 Datenqualität im IT-Netzwerk Leaders Adopters Followers Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) 25 5 Einflussbereiche der Supply Chain Agility Die Mehrheit der befragten Unternehmen empfindet ihre Kernlieferanten als bisher unzureichend mit dem eigenen Unternehmen vernetzt (vgl. Abbildung 5.6). Leaders und Adopters unterscheiden sich insbesondere in der Kompatibilität der IT-Infrastruktur und der Nutzung von B2B-Technologien. Nur 34 % der befragten Unternehmen sehen die IT-Infrastruktur als ausreichend kompatibel zum Lieferanten. Auffallend sind demgegenüber die geringen Werte der Leaders und Adopters bei der Einbindung des Lieferanten in das IT-Netzwerk. Dies zeigt, dass die Voraussetzungen zur Einbindung der Lieferanten in vielen Fällen gegeben sind, es jedoch vermehrt an der Umsetzung scheitert. Die Kompatibilität der IT-Infrastruktur stellt einen wesentlichen Stellhebel zur agilen Ausrichtung von Supply Chains dar, da sie die Vernetzung von Wertschöpfungspartnern erst ermöglicht. Sie wirkt sich insbesondere positiv auf die 5.2 Einflussgrößen der Flexibilität 5.2.1 Planung in der Supply Chain Bezüglich der Beschaffungsplanung wurden zwei wesentliche Einflussbereiche – die langfristige Planung und die Lieferantenauswahl – identifiziert. Langfristige Planung Die langfristige Planung wird durch die frühzeitige Planung von Gütern und Dienstleistungen, die Berücksichtigung von Trendanalysen in der Planung und die Sicherung des langfristigen Bedarfs mittels Optionen gemessen. 5.1 Einflussbereiche der Agilität A 5.7: Einflussbereiche der Flexibilität 1. Planung 2. Integration 6. IT Agilität 5. Kommunikation 3. Personal 4. Verhalten Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) A 5.8: Langfristige Planung 1 [stimme überhaupt nicht zu] - 5 [stimme voll zu] Die Flexibilität beschreibt die Möglichkeit, auch kurzfristig Änderungen der zu beschaffenden Produkte sowie Anpassungen bei Erstellungsprozessen und -kapazitäten vorzunehmen. Sie erklärt einen geringeren Anteil der Agilität als die Umsetzungsgeschwindigkeit (vgl. Kapitel 4.1.2). Dennoch sollte sie nicht grundlegend vernachlässigt werden, da der Zeitbedarf bei Änderungen nur dann maßgeblich ist, wenn eine Supply Chain grundsätzlich flexibel genug ist, um Anpassungen auch kurzfristig vorzunehmen. Eine gezielte Förderung der Flexibilität ist mittels Maßnahmen in den Bereichen der Planung, der Integration, des Verhaltens und der Kommunikation möglich (vgl. Abbildung 5.7). Wiederbeschaffungs- und die Lieferzeiten aus. Durch die Vernetzung werden Informationsbrüche an Schnittstellen vermieden und eine schnelle, reibungslose Informationsweitergabe in beide Richtungen ermöglicht. Experten betonen zudem die Bedeutung der Transparenz der Information sowie der Qualität von Datensätzen. Mangelnde Transparenz oder Qualität können vermehrte Abstimmungsrunden nach sich ziehen und somit die Prozessabwicklung verlangsamen. 5 Langfristige Planung [Durchschnitt der Merkmale] 4 Frühzeitige Planung von Gütern und Dienstleistungen 3 Berücksichtigung von Trendanalysen in der Planung 2 1 Sicherung des langfristigen Bedarfs mittels Optionen Leaders Adopters Followers Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) 26 Studie Obwohl die agilsten Unternehmen ihren langfristigen Bedarf mittels Optionen sichern, wirkt sich dies negativ auf die Flexibilität von Unternehmen aus. Eine Bedarfssicherung mittels Optionen mindert die Beschaffungsflexibilität, da Lieferantenauswahl Aufgrund ihres strategischen Charakters wird auch die Lieferantenauswahl dem Bereich der Planung zugeordnet. Sie wird anhand der im Bewertungsprozess berücksichtigten Entscheidungskriterien beschrieben. Analysiert wurde jeweils die Bedeutung verschiedener Kriterien bei der Auswahl des Hauptlieferanten im Vergleich zu den Kosten. Untersucht werden die Flexibilität des Lieferanten, dessen Innovationsfähigkeit, die Qualität bezogener Güter und Dienstleistungen (Produktqualität), die Liefertreue, die schnelle Reaktion auf Anfragen sowie die Bereitschaft des Lieferanten, Informationen zu teilen. Im Vergleich zu den Adopters und Followers legen die Leaders bei der Lieferantenauswahl deutlich mehr Wert auf alternative Kriterien (vgl. Abbildung 5.9). Besonders die Produktqualität wird häufig als wichtiges Auswahlkriterium genannt. Auch sehen agile Unternehmen die Innovations- und Reaktionsfähigkeit des Lieferanten als bedeutend an. Da bereits bei der Lieferantenauswahl das Fundament für die künftige Zusammenarbeit gelegt wird, überprüfen die Leaders auch frühzeitig, ob der Lieferant bereit ist, Informationen mit ihnen zu teilen. Supply Chain Agility sie dem Entscheider eine gewisse Beschaffungssicherheit suggeriert, sodass dieser gegebenenfalls seine Reservekapazitäten abbaut oder sein Lieferantenportfolio verkleinert. Optionen bieten jedoch keine Beschaffungsalternativen bei unvorhergesehenen Engpässen. Damit wird die Fähigkeit, auf kurzfristige Bedarfsschwankungen flexibel zu reagieren, verringert. Die Durchführung von Trendanalysen dagegen fördert die Flexibilität, insbesondere in der Produktion. Unternehmen können frühzeitig Reservekapazi- täten bereitstellen und ihre Produktionsprozesse flexibel gestalten. Die befragten Experten empfehlen zudem die Durchführung von Szenarioanalysen. Dadurch können bereits frühzeitig adäquate Maßnahmen für verschiedene Situationen identifiziert und Maßnahmenkataloge erstellt werden. Unternehmen werden damit in die Lage versetzt, auf unvorhergesehene Ereignisse flexibel und schnell zu reagieren. 5.9 Kriterien der Lieferantenauswahl im Vergleich zu Kosten A 5.9: Kriterien der Lieferantenauswahl im Vergleich zu den Kosten 1 [viel geringer] – 5 [gleich hoch oder höher] Agilere Unternehmen planen ihren Bedarf an Gütern und Dienstleistungen deutlich frühzeitiger als weniger agile Unternehmen und berücksichtigen dabei häufig Trendanalysen. Leaders sichern zudem ihren langfristigen Bedarf häufiger durch Optionen (vgl. Abbildung 5.8). Flexibilität des Lieferanten 5 4 Bereitschaft des Lieferanten, Informationen zu teilen 3 Innovationsfähigkeit des Lieferanten 2 1 Schnelle Reaktion auf Anfragen Produktqualität Leaders Adopters Liefertreue Followers Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Die Beschaffungsflexibilität eines Unternehmens wird maßgeblich durch die Bereitschaft des Lieferanten, Informationen zu teilen, beeinflusst. Diese sollte daher bereits bei der Lieferantenauswahl als Kriterium mit aufgenommen werden. Auch die Reaktionsfähigkeit des Lieferanten wirkt sich positiv auf die Agilität des beschaffenden Unternehmens aus. Experten betonen zudem, dass die Innovationsfähigkeit von Lieferanten ein wichtiges Kriterium darstellt, da innovative Lieferanten dabei helfen können, Wissen in das Unternehmen zu tragen. 27 5 Einflussbereiche der Supply Chain Agility Während die Leaders ihre Lieferanten größtenteils stark in das eigene Unternehmen integrieren, besteht bei den Adopters und insbesondere bei den Followers deutliches Steigerungspotenzial (vgl. Abbildung 5.10). Die agileren Unternehmen binden ihre Lieferanten frühzeitig in die NPE ein und sehen diese auch als festes Mitglied in der NPE. Leaders fordern vermehrt auch aktiv Beiträge des Lieferanten zur Produktgestaltung ein. 5.2.3Verhalten Das verantwortungsvolle Verhalten in der Lieferantenbeziehung wird auf Basis der gemeinsamen Vorstellungen und Erwartungen von Supply-Chain-Partnern sowie der Lieferleistung der Lieferanten untersucht. Die langfristige Abstimmung der Vorstellungen und Erwartungen wird anhand der Merkmale gemeinsame Gestaltung der Zusammenarbeit, intensive Kooperation, gegenseitiger Respekt und langfristiger Zielhorizont gemessen. Bei den Leaders engagieren sich sowohl die beschaffenden Unternehmen als auch die Lieferanten für eine langfristige Kooperation und verantwortungsvolles Verhalten (vgl. Abbildung 5.11). Agile Un- 28 1 [stimme überhaupt nicht zu] - 5 [stimme voll zu] Die Lieferantenintegration wird anhand der Merkmale frühzeitige Integration des Lieferanten in die Neuproduktentwicklung (NPE), Lieferant als festes Mitglied der Neuproduktentwicklung, Berücksichtigung der Sichtweisen von Lieferanten für Produktideen und aktives Einfordern von Beiträgen des Lieferanten zur Produktgestaltung gemessen. A 5.10: Integrationsgrad 5 Integrationsgrad [Durchschnitt der Merkmale] 4 Frühzeitige Integration des Lieferanten in die Neuproduktentwicklung Lieferant als festes Mitglied der Neuproduktentwicklung 3 Berücksichtigung der Sichtweisen von Lieferanten für Produktideen Aktives Einfordern von Beiträgen des Lieferanten zur Produktgestaltung 2 1 Leaders Adopters Followers Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Insbesondere das aktive Einfordern von Beiträgen des Lieferanten im Zuge der NPE fördert die Flexibilität des beschaffenden Unternehmens. Die Einbeziehung vorgelagerter Partner in die NPE ermöglicht es, deren Fähigkeiten und Kapazitäten frühzeitig in die Planung zu integrieren, sodass Produkte, Produktionsprozesse und Kapazitäten im Bedarfsfall auch kurzfristig angepasst werden können. Eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten unterstützt den Wissensaustausch auf beiden Seiten der Lieferantenbeziehung. 23 Der Lieferant erhält somit verbesserte Einblicke in die Bedürfnisse des Unternehmens und kann sich rechtzeitig auf Veränderungen einstellen. A 5.11: Gemeinsame Vorstellungen und Erwartungen 1 [stimme überhaupt nicht zu] - 5 [stimme voll zu] 5.2.2Integration Die Reichweite der Lieferantenintegration wird anhand der Einbindung des Lieferanten in die Neuproduktentwicklung (NPE) untersucht. Bisher binden lediglich 24 % der befragten Unternehmen ihre Lieferanten ausreichend in die NPE ein. 5 Gemeinsame Vorstellungen und Erwartungen [Durchschnitt der Merkmale] 4 Gemeinsame Gestaltung der Zusammenarbeit Intensive Kooperation 3 Gegenseitiger Respekt Langfristiger Zielhorizont 2 1 Leaders Adopters Followers Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Studie ternehmen zeichnen sich vor allem durch die Intensität der Kooperation und den langfristigen Zielhorizont in der Beziehung zu Kernlieferanten aus. Sie gestalten ihre Zusammenarbeit gemeinsam mit den Lieferanten und legen großen Wert auf gegenseitigen Respekt. Langfristige Zielvereinbarungen mit Lieferanten schaffen Sicherheit und Vertrauen. Dies ist entscheidend, um langfristige Investitionen in einer Beziehung zu tätigen. Die Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass langfristige Zielhorizonte die Flexibilität des Unternehmens mindern. 5.2.4Kommunikation Die Kommunikation zwischen Lieferant und Abnehmer spielt eine entscheidende Rolle bei der agilen Gestaltung von Supply Chains. Sie wird anhand von drei Merkmalen gemessen (vgl. Kapitel 5.1.3). Während der Austausch auch sensibler Informationen die Umsetzungsgeschwindigkeit der Prozesse fördert (vgl. Experten sehen dies in der langfristigen Ausrichtung auf wenige Lieferanten begründet. Durch eine enge Kooperation können Synergien verwirklicht werden. Jedoch erschwert dies auch einen Wechsel des Lieferanten, insbesondere wenn Fertigungsmittel im Unternehmen entwickelt und produziert, aber vom Lieferanten für die Herstellung der zu liefernden Produkte und Dienstleistungen genutzt werden. In diesem Fall verfügt der Lieferant über das Know-how in der Umsetzung, was zur Abhängigkeit des beschaffenden Unternehmens führen kann. Daneben bestehen in langfristigen Beziehungen vertragliche Verpflichtungen, die häufig nicht umgangen werden können. Dadurch wird die Möglichkeit, Änderungen bezüglich der bezogenen Güter auch kurzfristig umzusetzen, verringert. Umso wichtiger ist es, auf die nötige Flexibilität langfristiger Zielvereinbarungen zu achten. Kapitel 5.1.3), wirkt sich die Bereitschaft des Lieferanten, technologische Informationen zu teilen, positiv auf die Flexibilität einer Supply Chain aus. Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft des Lieferanten zur Weitergabe technologischer Informationen. Diese ist jedoch nicht immer gegeben, da sie oftmals mit einem Know-how-Verlust einhergeht. Wichtig sind daher sowohl die vertragliche Basis als auch das gegenseitige Vertrauen zwischen Lieferant und Abnehmer. Insbesondere innovative Lieferanten können ihre Abnehmer bei der flexiblen Gestaltung von Produktionsprozessen mittels neuer Technologien unterstützen. Auch die bereits im Rahmen der Umsetzungsgeschwindigkeit dargestellten Lieferleistungen sowie die damit verbundenen Unsicherheiten (vgl. Kapitel 5.1.2) beeinflussen die Flexibilität eines Unternehmens. Dies gilt insbesondere für eine schwer vorhersagbare Produktqualität. 5.3 Einflussgrößen der Erkenntnisfähigkeit 5.1 Einflussbereiche der Agilität A 5.12: Einflussbereiche der Erkenntnisfähigkeit 1. Planung 2. Integration 6. IT Agilität 5. Kommunikation 3. Personal 4. Verhalten Die Erkenntnisfähigkeit beschreibt die Fähigkeit eines Unternehmens, Veränderungen der Kundenbedürfnisse und des Wettbewerberverhaltens sowie technologische Trends ausreichend früh zu erkennen. Sie erklärt den geringsten Anteil an der Agilität. Dennoch kommt ihr eine entscheidende Bedeutung zu, da sie die Basis zur agilen Ausrichtung einer Supply Chain darstellt. Eine gezielte Förderung der Fähigkeit, Anpassungsbedarfe zu erkennen, ist mittels Maßnahmen in den Bereichen Integration, verantwortungsvolles Verhalten, Kommunikation und IT möglich (vgl. Abbildung 5.12). Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Supply Chain Agility 29 5 Einflussbereiche der Supply Chain Agility 5.3.1Integration Die Integration des Lieferanten im Zuge der Neuproduktentwicklung fördert die Flexibilität des beschaffenden Unternehmens (vgl. Kapitel 5.2.2). Daneben wirkt sie sich auch auf dessen Erkenntnisfähigkeit aus. Viele Produkt- und Prozessinnovationen werden erst durch die Lieferanten in das beschaffende Unternehmen getragen. Wissensaustausch ist umso wichtiger, je mehr Unternehmen auf Innovationen der Lieferanten angewiesen sind.24 Voraussetzungen für die Weitergabe technischer und innovativer Informationen sind jedoch einerseits die Bereitschaft des Lieferanten zum Wissensaustausch (vgl. Kapitel 5.2.1) und andererseits dessen technische Fähigkeiten und sein Know-how. Die Zufriedenheit mit den technischen Fähigkeiten des Lieferanten beeinflusst maßgeblich die Erkenntnisfähigkeit von Unternehmen. Unternehmen werden Ratschläge nur von vertrauenswürdigen Partnern, von denen sie sich neues Knowhow erhoffen, annehmen. Einen Indikator für die Korrektheit und den Innovationsgrad der Informationen stellt die Zufriedenheit mit den technischen Fähigkeiten des Lieferanten dar. 5.3.2Verhalten Die Lieferleistung des Lieferanten und damit verbundene Unsicherheiten wurden bereits in den Kapiteln 5.1.2 und 5.2.3 diskutiert. Diese wirken sich jedoch nicht nur auf die Umsetzungsgeschwindigkeit und die Flexibilität aus, sondern auch auf die Fähigkeit der Supply Chain, Handlungsbedürfnisse zu erkennen. Insbesondere innovative und technisch leistungsfähige Lieferanten können neues technologisches Wissen in das Unternehmen tragen (vgl. Kapitel 5.3.1). Dabei ist die Produktqualität von Lieferanten ein wichtiger Treiber für die Bereitschaft von Unternehmen, Informationen des Lieferanten aufzunehmen. Von Lieferanten mit hoher Produktqualität wird auch eine hohe Informationsqualität erwartet. Neuproduktentwicklung und zur Lösung von Supply-Chain-Problemen. lungsübergreifenden Zusammenarbeit die Kombination von Fachwissen, gegenseitiges Sparring und die Schaffung eines neutralen Außenblicks. Grundlage dafür ist eine regelmäßige Kommunikation, insbesondere auf persönlicher direkter Ebene. In agilen Unternehmen wird zudem die cross-funktionale Teambildung als wichtig erachtet. Um eine zügige Umsetzung zu gewährleisten, sollte der Teamleiter mit funktionsübergreifenden Entscheidungskompetenzen ausgestattet werden. Die interne Kommunikation zwischen Abteilungen und Funktionsbereichen wird anhand der Bildung cross-funktionaler Teams für Supply-Chain-Probleme und zur Neuproduktentwicklung, der Selbstverständlichkeit funktionsübergreifender Zusammenarbeit sowie der Planung regelmäßiger formeller Meetings zwischen Abteilungen untersucht. Obwohl die interne Kommunikation bei allen drei Agilitätsgruppen überdurchschnittlich gut ausgeprägt ist, unterscheiden sich die Leaders eindeutig von den Adopters und den Followers (vgl. Abbildung 5.13). Bei der Mehrheit der betrachteten Unternehmen ist es selbstverständlich, funktionsübergreifend zusammenzuarbeiten. Auch formelle Meetings zwischen Abteilungen werden größtenteils regelmäßig festgesetzt. Ebenso bedeutsam bei agilen Unternehmen ist die Bildung cross-funktionaler Teams zur 30 Die regelmäßige Durchführung formeller Meetings zwischen Abteilungen fördert die Fähigkeit des Unternehmens, neue Kundenanforderungen, Wettbewerbsänderungen und technologische Trends zu erkennen. Experten bestätigen dieses Ergebnis und nennen als zusätzliche Vorteile der abteiA 5.13: Interne Kommunikation 1 [stimme überhaupt nicht zu] - 5 [stimme voll zu] 5.3.3Kommunikation Sowohl die Kommunikation innerhalb des betrachteten Unternehmens als auch die Kommunikation mit externen Partnern beeinflusst die Agilität von Supply Chains. Eine gute Vorhersagbarkeit der Produktqualität erhöht die Erkenntnisfähigkeit des beschaffenden Unternehmens hinsichtlich technologischer Trends und Veränderungen des Wettbewerberverhaltens. 5 Interne Kommunikation [Durchschnitt der Merkmale] 4 Bildung cross-funktionaler Teams für Supply-Chain-Probleme Bildung cross-funktionaler Teams zur Neuproduktentwicklung 3 Selbstverständlichkeit funktionsübergreifender Zusammenarbeit Regelmäßige formelle Meetings zwischen Abteilungen 2 1 Leaders Adopters Followers Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Studie Die Vernetzung zwischen Abteilungen und Funktionsbereichen wird anhand der Merkmale Echtzeitverbindungen von Daten zwischen Abteilungen, Vernetzung auf Basis eines zentralen Informationssystems, IT-Infrastruktur als Schlüsselfaktor für das Verbinden von Supply-Chain-Aktivitäten und der anwenderorientierten Gestaltung der IT-Infrastruktur gemessen. Von allen Unternehmen wird die IT-Infrastruktur als Schlüsselfaktor für das Verbinden von Supply-Chain-Aktivitäten bewertet (vgl. Abbildung 5.14). Anders als die Followers legen sowohl Leaders als auch Adopters großen Wert auf Echtzeitdatenaustausch zwischen Abteilungen. Ähnliche Tendenzen sind bei der anwenderorientierten Gestaltung der IT zu erkennen. Ein gegensätzliches Bild bietet die Vernetzung auf Basis eines zentralen Informationssystems, die bei den weniger agilen Unternehmen weiter fortgeschritten ist als bei agilen Unternehmen. Ein zentrales Informationssystem stellt demnach kein agilitätsförderndes Merkmal dar. Es kann Supply Chain Agility A 5.14: Interne Anbindung der Informationstechnologie 1 [stimme überhaupt nicht zu] - 5 [stimme voll zu] 5.3.4Informationstechnologie Neben den Charakteristika der externen IT-Infrastruktur beeinflusst auch die unternehmensinterne Vernetzung die Agilität von Supply Chains. 5 Interne Anbindung der Informationstechnologie [Durchschnitt der Merkmale] 4 Echtzeitverbindungen von Daten zwischen Abteilungen Vernetzung auf Basis eines zentralen Informationssystems 3 IT-Infrastruktur als Schlüsselfaktor für das Verbinden von Supply-Chain-Aktivitäten Anwenderorientierte Gestaltung der IT-Infrastruktur 2 1 Leaders Adopters Followers Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) eher als starres System angesehen werden, das sich weniger flexibel anpassen lässt als modulare Systeme.25 Die wesentliche Einflussgröße der Erkenntnisfähigkeit stellt die anwenderorientierte Gestaltung der IT-Infrastruktur dar, da diese die Mitarbeiter bei der Informationsgewinnung unterstützt. Vor allem Mitarbeiter des Vertriebs können sich dies zunutze machen, um Änderungen der Kundenbedürfnisse und des Wettbewerbs ausreichend früh zu identifizieren. Exper- tengespräche haben verdeutlicht, dass in größeren Unternehmen die Bedürfnisse der Mitarbeiter bezüglich der Informationstechnologie tendenziell besser zufriedengestellt werden als in kleineren Unternehmen, beispielsweise durch standardisierte mobile Datenanbindungen oder extern zugängliche Web-Oberflächen. Gerade vielreisenden Mitarbeitern erscheint neben dem Zugang zu unternehmensinternen Informationen auch der Zugang zu Marktinformationen wichtig. 31 5 Einflussbereiche der Supply Chain Agility 5.4 Ansatzpunkte zur Verbesserung des Agilitätsindex Nachdem der Leser in Kapitel 4.4 den Agilitätsindex des eigenen Unternehmens berechnen und somit wesentliche Verbesserungspotenziale identifizieren konnte, dient das nachfolgende Kapitel zur gezielten Identifikation der effektivsten Verbesserungsmaßnahmen. Aus diesem Grund sind die Einflussbereiche der Agilität nachfolgend den Agilitätsdimensionen Umsetzungsgeschwindigkeit, Flexibilität sowie Erkenntnisfähigkeit untergeordnet. Die nachfolgenden Aussagen beziehen sich ausschließlich auf die am Umsatz gemessene wichtigste Supply Chain des Unternehmens. Sofern das Unternehmen über mehrere Geschäftsbereiche verfügt, sind die Aussagen auf einen Geschäftsbereich zu fokussieren. Der Leser wird gebeten, die nachfolgenden Aussagen zur Umsetzungsgeschwindigkeit (vgl. Tabelle 5.3), zur Flexibilität (vgl. Tabelle 5.4) und zur Erkenntnisfähigkeit (vgl. Tabelle 5.5) mittels einer Skala von 1 [trifft gar nicht zu] bis 5 [trifft voll zu] zu bewerten. Für jedes Merkmal ist anschließend die Differenz aus Best-Practice-Werten und der eigenen Beurteilung zu bilden. Anschließend ist eine Rangfolge der Maßnahmen zu erstellen. Dies ermöglicht eine gezielte Verbesserung der Agilität eines Unternehmens. Als Hilfestellung zur praktischen Umsetzung dient nachfolgendes Musterbeispiel (vgl. Tabelle 5.2), welches im Anschluss interpretiert wird. T 5.2: Musterbeispiel zur Umsetzungsgeschwindigkeit Umsetzungsgeschwindigkeit Skala von 1 bis 5 Best Practice Bitte ausfüllen Differenz Rangfolge Bereich Aussage Personal Der Personalbestand auf beiden Seiten der Lieferantenbeziehung ist ausreichend hoch. 3,8 3,0 0,8 1 Verhalten Unsere Lieferanten liefern meistens zum vereinbarten Liefertermin oder mit der gewünschten Qualität. 3,1 4,0 -0,9 4 Verhalten Die Lieferungen des Lieferanten sind nicht störanfällig. 2,9 4,0 -1,1 5 Kommunikation Wir tauschen mit den Lieferanten sensible Informationen (z. B. Finanz-, Produktions- oder F&E-Daten aus). 4,0 4,0 0,0 3 IT Unsere IT-Infrastruktur ist kompatibel mit der des Lieferanten. 3,6 3,0 0,6 2 Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Gemäß der identifizierten Rangfolge besteht der wesentliche Handlungsbedarf beim betrachteten Unternehmen in den Bereichen Personal und IT. Zunächst wäre der Personalbestand zu erhöhen, um eine schnellere Prozessabwicklung zu ermöglichen. Im zweiten Schritt sollte die Kompatibilität der eigenen IT-Infrastruktur mit derjenigen des Lieferanten überprüft werden. Bezüglich des Austauschs sensibler Informationen ist das Beispielunternehmen auf gleichem Niveau mit den Leaders. Ein darüber hinausgehender Austausch ist nicht unbedingt empfehlenswert, da dies auch Risiken und Abhängigkeiten mit sich bringt und nur eine marginale Erhöhung der Agilität zur Folge hätte. Bezüglich der Lieferleistung des Lieferanten und dessen Unsicherheiten ist das betrachtete Unternehmen sogar besser gestellt als die 32 Best-Practice-Unternehmen. Maßnahmen in diesen Bereichen sind aus Sicht der Agilitätsförderung von Supply Chains nicht unbedingt erforderlich. Zusammenfassend sollte sich das betrachtete Unternehmen zunächst den Bereichen Personal und IT zuwenden. In der Regel ist jedoch eine schnelle Anpassung des Personalbestands und der über Jahrzehnte gewachsenen IT-Systemlandschaften nicht kurzfristig möglich. Um dem Unternehmen dennoch die Möglichkeit zu geben, seine Agilität zeitnah zu fördern, werden in Kapitel 6 konkrete Handlungsmaßnahmen sowohl für den kurz- bis mittelfristigen als auch für den langfristigen Horizont vorgeschlagen. Studie T 5.3: Einflussbereiche der Umsetzungsgeschwindigkeit Umsetzungsgeschwindigkeit Best Practice Bereich Aussage Personal Der Personalbestand auf beiden Seiten der Lieferantenbeziehung ist ausreichend hoch. 3,8 Verhalten Unsere Lieferanten liefern oftmals nicht zum vereinbarten Liefertermin oder mit der gewünschten Qualität. 3,1 Verhalten Die Lieferungen des Lieferanten sind störanfällig. 2,9 Kommunikation Wir tauschen mit den Lieferanten sensible Informationen (z. B. Finanz-, Produktions- oder F&E-Daten aus). 4,0 IT Unsere IT-Infrastruktur ist kompatibel mit der des Lieferanten. 3,6 Skala von 1 bis 5 Bitte ausfüllen Differenz Rangfolge Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) T 5.4: Einflussbereiche der Flexibilität Flexibilität Best Practice Bereich Aussage Planung Die Bedarfsplanung berücksichtigt langfristige Trendanalysen (z. B. Rohstofftrends, Produkttrends). 3,6 Planung Der langfristige Bedarf wichtiger Materialien bzw. Dienstleistungen wird nicht durch Optionen gesichert. 1,9 Planung Bei der Auswahl von Hauptlieferanten ist die Bereitschaft des Lieferanten, Informationen zu teilen, wichtiger als die Kosten. 4,4 Planung Der Lieferant erfüllt unsere Produktänderungen ohne erhebliche Zusatzkosten oder Lieferverzögerungen. 4,1 Integration Wir fordern bei unseren Lieferanten deren Beitrag zur Gestaltung von Bauteilen bzw. Dienstleistungen ein. 4,1 Verhalten Die Beziehung ist nicht durch langfristige Zielhorizonte geprägt. 1,0 Verhalten Die Produktqualität des Lieferanten ist gut vorhersagbar. 3,3 Kommunikation Der Lieferant besitzt die Bereitschaft, technologische Innovationen zu teilen. 4,6 Skala von 1 bis 5 Bitte ausfüllen Differenz Rangfolge Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) T 5.5: Einflussbereiche der Erkenntnisfähigkeit Erkenntnisfähigkeit Best Practice Bereich Aussage Integration Wir sind mit den technischen Fähigkeiten unseres Lieferanten zufrieden. 4,6 Verhalten Die Produktqualität des Lieferanten ist gut vorhersagbar. 3,3 Kommunikation Förmliche Meetings zwischen mehreren Abteilungen werden regelmäßig geplant. 4,5 IT Die IT-Infrastruktur in unserem Unternehmen zeichnet sich durch eine hohe Anwenderorientierung aus. 3,5 Skala von 1 bis 5 Bitte ausfüllen Differenz Rangfolge Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) Supply Chain Agility 33 6Handlungsempfehlungen Die Studie untersucht die Agilität auf Basis unterschiedlicher Unternehmen und passt die Empfehlungen zur Steigerung der Agilität diesem breiten Spektrum an. Dennoch sollten die genannten Handlungsempfehlungen immer im individuellen Kontext hinterfragt und an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden. Zur nachhaltigen Steigerung der Agilität ist ein in sich konsistenter Maßnahmenkatalog zu erarbeiten, der Kosten und Nutzen der einzelnen Maßnahmen unternehmensspezifisch abwägt und zeitlich konkretisiert. Die Handlungsempfehlungen sind gemäß den Einflussbereichen der Agilität gegliedert und basieren auf den Ergebnissen der empirischen Untersuchung sowie den darauf aufbauenden Expertengesprächen. Die primär beeinflussten Agilitätsfaktoren – Umsetzungsgeschwindigkeit, Flexibilität und Erkenntnisfähigkeit – werden mittels der in Kapitel 5 eingeführten Symbole hervorgehoben. 6.1Planung Ziel der langfristigen Planung ist es, die internen und unternehmensübergreifenden Aktivitäten so zu gestalten, dass im Bedarfsfall eine situationsgerechte, schnelle und kostengünstige Anpassung erfolgen kann. Transparenz für flexible Beschaffungsplanung schaffen. Die Qualität einer frühzeitigen Beschaffungsplanung ist abhängig von Aktualität, Vollständigkeit und Güte der darin eingebrachten Informationen. Marktanalysen stellen die Informationsgrundlage dar und können auch kurzfristig erstellt und eingebracht werden. Diese sollten die wesentlichen Kernbereiche der Erkenntnisfähigkeit beinhalten, d. h. Informationen zu Kunden-, Technologie- und Wettbewerbsmärkten. Die Informationen werden gemeinsam mit den zuständigen Fachbereichen im Unternehmen eingeholt und validiert. Daraus sind mittelfristig geeignete Frühindikatoren abzuleiten, die im Ergebnis die wesentlichen Volatilitäten im Marktgeschehen abbilden. Durch eine integrierte Datenanbindung von Beschaffung, Produktion und Vertrieb werden Veränderungen entlang der Wertschöpfung zeitnah erkannt. Zudem können auf Basis der erhaltenen Datenvolatilitäten mögliche Szenariorechnungen durchgeführt werden, mit deren Hilfe die Auswirkungen von Marktveränderungen analysiert werden können. 34 Dezidierte Make-or-Buy-Entscheidungen treffen. Entscheidungen zur Fremdvergabe sollten stets vor dem Hintergrund volatiler Märkte, der Gefahren und Folgewirkungen von Lieferunterbrechungen getroffen werden. Mit der Fremdvergabe von Leistungen sinken die direkten Kontrollfähigkeiten des Unternehmens. Bei erfolgskritischen Leistungen sollte eine Fremdvergabe daher stets hinterfragt und mit einer eigenen Herstellung strategisch abgewogen werden. Zudem sollte grundsätzlich eine Dual-Sourcing-Strategie verfolgt werden, um unvorhergesehene Ausfälle kompensieren zu können. Darüber hinaus sind die Entfernung der Produktionsstandorte und die daraus resultierende Komplexität der Transportkette zu beachten. Mit zunehmender Komplexität sinkt die Flexibilität von Beschaffungsprozessen. Zudem erhöht sich die Gefahr von Lieferunterbrechungen durch externe Einflussfaktoren. Ebene, von der Priorisierung der Agilitätsfaktoren – Flexibilität oder Umsetzungsgeschwindigkeit – des Unternehmens abhängig. Zu beachten ist jedoch, dass die Umsetzungsgeschwindigkeit ein größeres Differenzierungspotenzial bietet als die Flexibilität und daher eine Just-in-timeAnlieferung zu bevorzugen wäre. Bewertung und Auswahl von Lieferanten unter Berücksichtigung der Agilität. Die Agilität von Supply Chains ist häufig stark vom Leistungsniveau der Lieferanten abhängig. Daher beeinflusst bereits die Auswahl von Lieferanten die Agilität des beschaffenden Unternehmens. In den Bewertungskatalog sollten zeitnah konkrete agilitätsorientierte Kriterien mit aufgenommen werden. Tabelle 6.1 stellt die wesentlichen agilitätsbeeinflussenden Kriterien dar. Wahl der Beschaffungsart: Just-in-timeAnlieferung versus Vorratsbeschaffung. Just-in-time-Anlieferungen erhöhen die Geschwindigkeiten in der Supply Chain, wirken sich jedoch nachteilig auf die Flexibilität der Wertschöpfung aus. Im Hinblick auf die Flexibilität ist eine Vorratsbeschaffung mit ausreichendem Leistungspuffer zu bevorzugen. Die Wahl der Beschaffungsart ist, zumindest auf theoretischer Studie T 6.1: Agilitätsorientierte Bewertungskriterien zur Lieferantenauswahl Kriterien der Lieferleistung Kriterien der Unterstützungsleistung Wiederbeschaffungszeit direkter Güter und Dienstleistungen Bereitschaft des Lieferanten, Informationen zu teilen Kurzfristige Änderungsmöglichkeit der Beschaffung Erkenntnisgewinn durch technische Fähigkeiten des Lieferanten Lieferqualität Kompatibilität der IT-Infrastruktur mit dem Lieferanten Liefertreue Lieferstöranfälligkeit Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) 6.2Integration Gemeinsame Produktentwicklung mit Lieferanten, um Prozesse von Grund auf agil zu gestalten. Lieferanten sollten frühzeitig in die Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen integriert werden. Eine weitreichende Zusammenarbeit fördert die Agilität bereits kurzfristig. Durch den Austausch von Informationen und Wissen wird die Erkenntnisfähigkeit auf beiden Seiten der Lieferantenbeziehung erhöht und die Entwicklungszeiten werden gesenkt. Beschaffungsleistungen und deren Einbringung in die unternehmensinterne Wertschöpfung können frühzeitig flexibel gestaltet werden. Dies schafft mittelfristig die Grundlage für kurze Anlauf- und Durchlaufzeiten. Zudem steigt die Einsicht in unternehmensinterne Erstellungsprozesse beim Lieferanten. Durch eine frühzeitige Identifikation möglicher Störungen und Qualitätsengpässe werden Unterbrechungen vermieden und die Geschwindigkeit in der Wertschöpfungskette erhöht. Je tief greifender die Zusammenarbeit in der Entwicklung, desto höher der potenzielle Einfluss auf die Agilität. Die Tiefe der Integration ist abhängig von der Art und der Bedeutung der bezogenen Güter und Dienstleistungen. und Überprüfung der Umsetzbarkeit von technischen Aspekten erfolgen. Ziel ist es, die gemeinsame Erkenntnisfähigkeit gegenüber technologischen Veränderungen zu erhöhen. Mittelfristig werden Lieferanten in die Entwicklungsorganisation des Unternehmens eingebunden und helfen so Produkte und Schnittstellen flexibel zu gestalten. Dabei ist es entscheidend, eine Win-win-Situation für beide Seiten zu schaffen. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und der Austausch von Wissen der beteiligten Partner soll in beiden Unternehmen sichergestellt werden. Bildung autonomer wertschöpfungskettenübergreifender Entwicklungsorganisationen zur Beschleunigung von Veränderungsprozessen. Die Bildung rechtlich selbstständiger Entwicklungsorganisationen der Partner, wie es bei Joint Ventures der Fall ist, trägt langfristig dazu bei, nicht nur Entwicklungsprozesse im Speziellen, sondern auch Veränderungsprozesse im Allgemeinen zu beschleunigen. Für die Agilität zeigen sich weitreichende Kooperation und Autonomie ohne Weisungen durch die Gründungsgesellschafter als besonders förderlich. Eine kurzfristig umsetzbare Maßnahme zur Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit ist ein zielorientierter Wissensaustausch mit dem Fokus auf technische Aspekte der Produkte. Dies kann beispielsweise durch eine frühzeitige Abstimmung Supply Chain Agility 35 6Handlungsempfehlungen 6.3Personal Das volatile Marktumfeld zwingt Unternehmen, ihre Personalstrukturen variabel zu gestalten. Um auf Veränderungen adäquat und schnell reagieren zu können, ist ein kompetenter Personalbestand zur richtigen Zeit am richtigen Ort unabdingbar. Flexible Arbeitszeitmodelle können Kapazitätsengpässe kurzfristig ausgleichen. Um die notwendige Anpassungsfähigkeit von Produkten und Prozessen im Unternehmen zu gewährleisten, sind variable Personalkonzepte unabdingbar. Kurzfristig können Unternehmen durch Mehrarbeiten und Arbeitszeitmodelle den notwendigen Bedarf an Mitarbeiterkapazitäten anpassen. Langfristig müssen variable Personalstrukturen geschaffen werden. Entscheidend ist, dass die Mitarbeiter nicht nur flexibel, sondern auch kosteneffizient eingesetzt werden können und kompetente Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen gebunden werden. Eine Abwanderung erfahrener Mitarbeiter in „Krisenzeiten“ gefährdet die zukünftige Anpassungsfähigkeit der Supply Chain. 36 Kompetenznetzwerke und PersonalPooling unterstützen Veränderungsprozesse. Agile Personalkonzepte, wie das „Personal-Pooling“, setzen Mitarbeiter gemäß ihren Kompetenzen ein. In dieser mittelfristig anzusetzenden Handlungsmaßnahme organisieren Unternehmen einen standortübergreifenden Personalpool, von dem aus Mitarbeiter verliehen werden können. Bei zusätzlichem Bedarf werden Mitarbeiter mit der benötigten Kompetenz außerhalb ihres Stammarbeitsplatzes eingesetzt. Dies ermöglicht, Personalengpässe rasch auszugleichen. Andererseits werden dadurch auch Überkapazitäten ausgeglichen. Nachhaltig agile Personalstrukturen setzen ein zielorientiertes Kompetenzmanagement voraus. Um Mitarbeiter bedarfsgerecht einzusetzen, ist eine zielorientierte und langfristig ausgerichtete Koordination von Mitarbeiterkompetenzen im Unternehmen nötig. Die Kompetenzen müssen regelmäßig identifiziert, bewertet und stetig weiterentwickelt werden. Entscheidend ist zu wissen, wie die Kompetenzen im Unternehmen verteilt sind und wo Mitarbeiter im Bedarfsfall auch kurzfristig eingesetzt werden können. Zur Umsetzung dient eine Kompetenzdatenbank, in der Mitarbeiter mit individuellen Profilen hinterlegt sind. In die Bewertung der Mitarbeiter sollte insbesondere auf Kompetenzkriterien geachtet werden, die in der unternehmerischen Wertschöpfung als erfolgskritisch erachtet werden und nur schwer extern akquiriert werden können. Die Weiterentwicklung der Mitarbeiterkompetenzen muss zudem der strategischen Geschäftsausrichtung folgen und dem Bedarfswandel stetig angepasst werden. Studie 6.4Verhalten Gute Verhaltensnormen setzen den Grundstein für flexible Partnerschaften. Verhaltensnormen in Lieferantenbeziehungen bedingen die Leistungsbereitschaft der Lieferanten. Gute Normen sollten grundsätzlich formalisiert und frühestmöglich verbindlich in der Lieferantenbeziehung festgelegt werden. Entscheidend ist eine offene Kommunikation von Kosten und Nutzen in der Beziehung, die zu einer beiderseitigen Win-winSituation beitragen kann. Verhandlungsprozesse müssen transparent gestaltet werden, um die Akzeptanz der Partner zu finden. Nur zufriedene Partner sind langfristig bereit, auch in kritischen Zeiten auf den Kunden einzugehen und flexibel auf dessen Anforderungen zu reagieren. Supply Chain Agility Strategische Lieferantenentwicklung zur Minimierung von Risiken aus Lieferengpässen. Um die Gefahr von Lieferunterbrechungen bei leistungsschwächeren Lieferanten nachhaltig zu senken, bedarf es einer noch engeren langfristigen Zusammenarbeit mit dem Lieferanten im Erstellungsprozess. Ziel sollte es jedoch nicht nur sein, die Qualität der Leistungen zu verbessern, sondern auch flexible Prozesse und Kapazitäten zu schaffen, die sich der Nachfragevolatilität anpassen. Auf Basis einer flexiblen Beschaffungsplanung und daraus abgeleiteten Szenariorechnungen sollten zeitnah kritische Entwicklungsmöglichkeiten mit dem Lieferanten diskutiert werden und als Anknüpfungspunkt für die Lieferantenentwicklung dienen. Dynamische Qualitätssicherung in der Lieferantenentwicklung. Selbstregulierende Arbeitsstrukturen beeinflussen die Agilität von Unternehmen positiv. Dies sollte nicht nur im Unternehmen, sondern auch in der Lieferantenbeziehung mittelfristig beachtet werden. Eine dynamisch organisierte Qualitätssicherung beim Lieferanten fokussiert die eigenverantwortliche Entwicklung der Organisation. So gibt es hier keine externen Vorgaben, sondern die Organisation muss selbst entscheiden, in welchen Bereichen sie welchen Entwicklungsweg mit welchen Ressourcen gehen möchte. Die Qualitätssicherung dient hier in erster Linie zur Schaffung von Transparenz. Die dadurch erhaltenen Informationen sollten aktiv genutzt werden, um Mängel in Flexibilität und Geschwindigkeiten von Erstellungsprozessen aufzudecken. Zertifizierungen beschränken sich nicht auf Einzelbereiche der Organisation, sondern stellen im Wesentlichen den Zielerreichungsgrad der Qualitätsentwicklung dar. 37 6Handlungsempfehlungen 6.5Kommunikation Bei Veränderungen im Unternehmen stehen meist technische Machbarkeitsaspekte im Vordergrund. Weiche Faktoren, wie die Kommunikation, werden häufig außer Acht gelassen. Doch der rasche Austausch von Informationen ist für ein frühzeitiges Erkennen von Veränderungen, flexibles Handeln und kurze Reaktionszeiten essenziell. Regelmäßige, aktive Kommunikation über Grenzen hinaus unterstützt Veränderungen. Mitarbeiter und Projektgruppen sollten sich über die eigene Abteilung hinweg regelmäßig austauschen. Ein geeignetes Mittel dazu sind in regelmäßigen Abständen organisierte formelle Treffen, in denen Veränderungsprozesse gezielt adressiert werden. Dies ist bereits kurzfristig umsetzbar. Ziel des Austauschs ist es, ein proaktives Handeln der Mitarbeiter zu fördern, Chancen und Risiken aus geänderten Bedingungen frühzeitig zu erkennen, potenzielle Interessenkonflikte zu identifizieren und vorausschauende Vorbereitungen für eine erfolgreiche Umsetzung in eigenen Projekten zu treffen. Wichtig sind insbesondere die direkt agilitätsbeeinflussenden Informationsbereiche Technologie, Wettbewerb und Kunden. Selbstregulierende Projektgruppen schaffen. Mittelfristig sollte die Kommunikation in abteilungsübergreifenden Projekten gezielt gefördert werden, indem Projektadressaten frühzeitig eingebunden werden. Damit werden notwendige Abstimmungsprozesse rechtzeitig erkannt und die Möglichkeit zur flexiblen Anpassung sichergestellt. Darüber hinaus sollte auf eine ausreichend hohe Eigenständigkeit der Projektgruppen geachtet werden. Selbstregulierende Arbeitsgruppen setzen Projekte anhand fixierter Zielvorgaben eigenverantwortlich um. Änderungen im Umsetzungsprozess werden selbstregulierend aus der Gruppe heraus initiiert und verwirklicht. Dies ermöglicht es, Ziele auch bei sich verändernden Rahmenbedingungen auf schnellstem Wege zu erreichen. Um auf Projektebene die Agilität des Unternehmens zudem gezielt zu fördern, sollten Zielvorgaben situationsbedingt die Agilitätsmerkmale der Erkenntnisfähigkeit, Flexibilität und Umsetzungsgeschwindigkeit einbeziehen und stetig abgestimmt werden. 6.6Informationstechnologie Die Verfügbarkeit von Technologien zur zeitnahen Bereitstellung und Verarbeitung relevanter Informationen ist Voraussetzung, um Produktivität und Effizienz in der Supply Chain sicherzustellen. Dabei darf die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen an Veränderungen durch die Informationstechnologie nicht eingeschränkt werden. Entscheidend zur Senkung von Beschaffungs- und Lieferzeiten ist zum einen die Kompatibilität der Schnittstellen zwischen Supply-ChainPartnern und zum anderen die Qualität sowie Konsistenz der übertragenen Daten, d. h. die Richtigkeit und Vollständigkeit der enthaltenen Information unter Vermeidung von Doppelungen. 38 Supply-Chain-Partner durch passende IT-Systeme einbinden. Die Kompatibilität zwischen IT-Systemen kann mittelfristig anhand einer Portalintegration mit Supply-Chain-Partnern gefördert werden. Bei dieser am einfachsten zu realisierenden Form der Integration werden Daten über eine vereinheitlichte Internetseite (Portal) des Unternehmens zusammengeführt. Dies garantiert jedoch nicht die Richtigkeit und Konsistenz der Daten, da diese mehrfach in unterschiedlichen lokalen Systemen der angebundenen Partner gespeichert sind. Um dies zu vermeiden, müssen die Portale Daten aus den lokalen Systemen importieren bzw. von dort exportieren können. Daneben ist eine Doppelerfassung zu vermeiden und die Richtigkeit muss systemübergreifend sichergestellt werden. Eine tief greifende Vernetzung von Supply-Chain-Partnern stellt die cloudbasierte Geschäftsprozessintegration dar. Sie umfasst die Integration von Prozessen zwischen Partnern mithilfe von cloudbasierten Diensten. Im Gegensatz zu normalen Integrationssystemen, die innerhalb der Unternehmens-Systemlandschaft implementiert sind, wird die Integrationsplattform in der Cloud implementiert, also außerhalb des Unternehmens. Dadurch müssen keine oder nur geringe Anpassungen der IT-Systeme auf Teilnehmerseite vorgenommen werden, wodurch wiederum Anlaufzeiten der Integration gesenkt und Veränderungen in der Partnerstruktur rasch umgesetzt werden können. Die Auslagerung fördert zudem die Konsistenz und Nachvollziehbarkeit der Richtigkeit der übertragenen Daten, da diese lediglich in einem System gespeichert werden. Studie 7Anhang Die Auswertung der Studie basierte neben univariaten Verfahren vor allem auf den multivariaten Verfahren der Faktoren-, Cluster- und Regressionsanalyse. Dadurch konnten die zentralen Fragestellungen beantwortet werden. Die ergänzenden Expertengespräche dienten der Überprüfung und Validierung der Ergebnisse und der Ableitung von Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Agilität. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die verwendeten multivariaten Analysemethoden. 26 Faktorenanalyse Grundlage zur Erklärung der Agilität war eine explorative Faktorenanalyse. Dieses multivariate Analyseverfahren ermöglicht es, eine Vielzahl an Variablen zu wenigen Faktoren zusammenzufassen, wobei a priori nicht bekannt ist, welche Zusammenhänge zwischen den Merkmalen bestehen. Zur Faktorenextraktion wurde dabei auf die Hauptkomponentenanalyse zurückgegriffen. Die Rotation wurde mittels der Varimax-Methode durchgeführt, da diese die Interpretierbarkeit der Faktoren erleichtert. Zur Gütebeurteilung des Ergebnisses wurden verschiedene Tests herangezogen, darunter das Kaiser-Meyer-Olkin-Maß und die Signifikanz nach Bartlett. Auf Basis einer Regression wurden den einzelnen Unternehmen Werte für die drei Faktoren zugeordnet. Zur besseren Interpretation und im Hinblick auf die darauf aufbauenden Regressionsanalysen wurden schließlich die Faktorwerte von einem Wertebereich von -3 bis +3 auf einen Wertebereich von 1 bis 5 umskaliert. Clusteranalyse Im Unterschied zur Faktorenanalyse, bei der Variablen zu Faktoren zusammengefasst werden, ist das Ziel der Clusteranalyse, einzelne Unternehmen zu Gruppen zusammenzufassen. Problemstellung der vorliegenden Clusteranalyse war es, die befragten Unternehmen zu möglichst homogenen Gruppen entsprechend Supply Chain Agility Datengrundlage A 7.1: Schematischer Überblick desStudiendesigns Studiendesigns Schematischer Überblick des Betriebswirtschaftliche Literatur Empirische Umfrage Expertenbefragung Faktorenanalyse Auswertung Agilitätsfaktoren - Erkenntnisfähigkeit, Flexibilität, Umsetzungsgeschwindigkeit Clusteranalyse Zentrale Fragestellungen Regressionsanalyse Agilitätsgruppen Leaders, Adopters, Followers Ergebnisse Studiendesign Das Studiendesign ist in Abbildung 7.1 schematisch dargestellt. Um eine umfassende Analyse der Faktoren, Einflussbereiche und Auswirkungen der Agilität zu gewährleisten, wurden in der Studie wissenschaftliche und praxisorientierte Sichtweisen vereint. Auf Basis betriebswirtschaftlicher Literatur wurde zunächst ein zweigeteilter Fragebogen erarbeitet. Anhand beider Teile wurden Themenbereiche der Agilität und des Supply Chain Managements, insbesondere bezüglich unternehmensinterner und -externer Ressourcen der Beschaffungsseite, erfragt. Während im ersten Teil spezielle Sachverhalte eines Funktionsbereichs (Einkauf, Supply Chain Management, Logistik) näher betrachtet wurden, diente der zweite Teil des Fragebogens der Betrachtung der Gesamtunternehmung. Zur Gewährleistung der Relevanz wurde der Fragebogen von Industrieexperten auf Inhalt, Plausibilität und Verständnis überprüft. Einflussfaktoren und Wertbeitrag Handlungsempfehlungen Quelle: BVL/BME-Studie zur Supply Chain Agility (2012) ihrem Agilitätserreichungsgrad zusammenzufassen. Zugrunde gelegt wurde dabei die hierarchische Clusteranalyse aufgrund deren Eignung für intervallskalierte und ordinale Variablen sowie für eine kleine Fallanzahl. Als Distanzmaß wurde der quadrierte euklidische Abstand gewählt, da durch die Quadrierung des Abstands große Unterschiede bei der Distanzberechnung stärker berücksichtigt werden können. Zur Fusionierung wurde die Average-Linkage-Methode herangezogen. Zur Qualitätsbeurteilung der Clusterbildung wurde eine einfaktorielle ANOVA durchgeführt und als Voraussetzung für die Varianzanalyse auch die Varianzhomogenität zwischen den beiden Gruppen überprüft. Alle Ergebnisse sind signifikant. Regressionsanalyse Zur Überprüfung aussagekräftiger Zusammenhänge zwischen mehreren Einflussgrößen und den Faktoren der Agilität wurden multiple Regressionen durchgeführt. Erklärende Variablen waren dabei die Einflussfaktoren der Agilität, abhängige Variablen jeweils die umskalierten Faktorwerte der Umsetzungsgeschwindigkeit, Erkenntnisfähigkeit und Flexibilität. Als Einschlussmethode wurde die schrittweise Methode gewählt, bei der jeweils die Variablen mit dem höchsten partiellen Korrelationskoeffizienten mit der abhängigen Variablen aufgenommen und nach jedem Schritt entsprechend der Rückwärtsmethode überprüft werden. Das festgelegte Signifikanzniveau war 0,05, sodass alle nicht-relevanten Variablen, also diejenigen Variablen mit einem geringeren Signifikanzniveau, ausgeschlossen wurden. Den Regressionsmodellen liegen verschiedene Annahmen zugrunde, die vor bzw. nach Durchführung der Regressionen überprüft wurden. Diese Annahmen beziehen sich auf die Homoskedastizität der Residuen und deren Normalverteilung, die lineare Beziehung zwischen den Variablen und die Unabhängigkeit der erklärenden Variablen (Multikollinearität). 39 8Abbildungsverzeichnis A 3.1: Industrieklassen der befragten Unternehmen .................................................................................................................................................... 11 A 3.2: Größenklassen der befragten Unternehmen nach Mitarbeiteranzahl ��������������������������������������������������������������������������������������������������������� 11 A 3.3: Größenklassen der befragten großen Unternehmen nach Mitarbeiteranzahl ������������������������������������������������������������������������������������������� 11 A 4.1: Agilitätsfaktoren ........................................................................................................................................................................................................ 12 A 4.2: Umsetzungsgeschwindigkeit ................................................................................................................................................................................... 13 A 4.3: Flexibilität ..................................................................................................................................................................................................................... 13 A 4.4: Erkenntnisfähigkeit von Handlungsbedürfnissen .............................................................................................................................................. 14 A 4.5: Bedeutung der Agilitätsfaktoren und deren Merkmale ................................................................................................................................... 14 A 4.6: Agilitätsbedarf der befragten Unternehmen im Branchenvergleich16 ��������������������������������������������������������������������������������������������������������� 15 A 4.7: Agilitätsfaktoren und Agilitätsgruppen ............................................................................................................................................................... 17 A 4.8: Differenzierungsmerkmale der Agilitätsgruppen bezüglich der Umsetzungsgeschwindigkeit ������������������������������������������������������������ 17 A 4.9: Differenzierungsmerkmale der Agilitätsgruppen bezüglich der Flexibilität ���������������������������������������������������������������������������������������������� 18 A 4.10: Differenzierungsmerkmale der Agilitätsgruppen bezüglich der Erkenntnisfähigkeit ����������������������������������������������������������������������������� 18 A 5.1: Einflussbereiche der Agilität ................................................................................................................................................................................... 22 A 5.2: Einflussbereiche der Umsetzungsgeschwindigkeit ........................................................................................................................................... 23 A 5.3: Personalausstattung ................................................................................................................................................................................................. 23 A 5.4: Leistung des Lieferanten und Unsicherheit ........................................................................................................................................................ 24 A 5.5: Externe Kommunikation .......................................................................................................................................................................................... 25 A 5.6: Externe Anbindung der Informationstechnologie ............................................................................................................................................. 25 A 5.7: Einflussbereiche der Flexibilität ............................................................................................................................................................................ 26 A 5.8: Langfristige Planung ................................................................................................................................................................................................ 26 A 5.9: Kriterien der Lieferantenauswahl im Vergleich zu den Kosten ....................................................................................................................... 27 A 5.10: Integrationsgrad ....................................................................................................................................................................................................... 28 A 5.11: Gemeinsame Vorstellungen und Erwartungen ................................................................................................................................................. 28 A 5.12: Einflussbereiche der Erkenntnisfähigkeit ............................................................................................................................................................ 29 A 5.13: Interne Kommunikation .......................................................................................................................................................................................... 30 A 5.14: Interne Anbindung der Informationstechnologie .............................................................................................................................................. 31 A 7.1: Schematischer Überblick des Studiendesigns .................................................................................................................................................... 39 9Tabellenverzeichnis T 4.1: T 4.2: T 4.3: T 4.4: T 4.5: T 5.1: T 5.2: T 5.3: T 5.4: T 5.5: T 6.1: 40 Supply Chain Performance �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 15 Berechnung der Umsetzungsgeschwindigkeit ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 19 Berechnung der Flexibilität ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 19 Berechnung der Erkenntnisfähigkeit �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 20 Berechnung des Agilitätswerts ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 20 Symbole zur Veranschaulichung der Agilitätsdimensionen ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 22 Musterbeispiel zur Umsetzungsgeschwindigkeit ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 32 Einflussbereiche der Umsetzungsgeschwindigkeit ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 33 Einflussbereiche der Flexibilität ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 33 Einflussbereiche der Erkenntnisfähigkeit ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 33 Agilitätsorientierte Bewertungskriterien zur Lieferantenauswahl ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 35 Studie 10Literaturverzeichnis Backhaus, K./Erichson, B./Wulff, P./Weiber, R. 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Delfmann et al. (2010). Vgl. CSCMP (2011). Vgl. EU-Kommission (2003). Vgl. Braunscheidel/Suresh (2009). Vgl. Li (2008). Vgl. dazu auch BME (2011). Eine aktuelle Studie von Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V., Wassermann AG und der Hochschule München zur Komplexität im Supply Chain Management. Siehe Anhang zur Erläuterung der Faktorenanalyse. Die Auswertung basiert auf Daten des zweiten Fragebogens mit einer Beteiligung von 89 Unternehmen. Als Basis der Untersuchung diente die Entwicklung der vorgestellten Kennzahlen in einem Drei-Jahres-Vergleich, die von den Teilnehmern der Studie erfragt wurde. Siehe Anhang zur Erläuterung der Clusteranalyse. Die Anlaufzeit im Handel ist definiert als die benötigte Zeit von der Aufnahme eines Produktes in das Produktprogramm bis zur Handelstätigkeit. Vgl. Haßmann (2011). Vgl. Fink/Neumann (2009). Vgl. Duncan (1995). Hult et al. (2007) zeigen, dass sich Wissenstransfer in der Lieferantenbeziehung positiv auf die Performance von Durchlaufzeiten in Unternehmen auswirkt. Vgl. Haßmann (2011). Vgl. Duncan (1995). Zu den Verfahrensgrundlagen siehe Bühl (2008) und Backhaus (2009). Studie Supply Chain Agility 43 Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) Bolongarostrasse 82, 65929 Frankfurt Tel.: 069 / 30 83 80 Fax: 069 / 30 83 81 99 [email protected] www.bme.de Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. Schlachte 31, 28195 Bremen Tel.: 0421 / 17 38 40 Fax: 0421 / 16 78 00 [email protected] www.bvl.de