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Nr.12 – Dezember 2014 – 180. Jahrgang Herausgeber: Schweizerische Offiziersgesellschaft Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift Sicherheit Schweiz Türkei und Europa 25 Jahre PSO NATO Cyber Defence MP Bat 2 an der AIR14 BODLUV 2020 NASAMS Fliegerabwehrsystem Die Lösung für die Schweiz Erprobt und eingeführt in 7 Armeen Das Flabsystem für die Zukunft www.kongsberg.com Editorial 3 SOG Vorstand Denis Froidevaux Peter Schneider 33 2014 mit fahlem Beigeschmack Aktuelles Walter Schilling 4 8 Der IS verfügt über schwere Waffen Türkei und Europa: Wachsende Gegnerschaft Einsatz und Ausbildung Stefan Bühler 34 M. M. Ould Mohamedou 8 Islamischer Staat (IS) im Schatten der Al-Qaida Arthur Alexejew 37 Sicherheitspolitik Hans Peter Gubler 10 Einblick in die Friedensförderung der Schweizer Armee Willy P. Stelzer 11 Nein zur «WEA-Armee» – ohne Wenn und Aber Roger Harr 12 Über die Pflicht, sich aufzulehnen Frode Vincent Faeravaag 14 Wehrpflicht in Norwegen – in Zukunft auch für Frauen 14 Wehrpflicht in Norwegen – in Zukunft auch für Frauen Eugen Thomann 16 Balkan – ewiger Unruheherd? Hans Peter Gubler 18 Europa unter Spannung Bruno Lezzi 20 NATO übt die Bündnisverteidigung Daniel Fuhrer 22 Stossrichtungen europäischer Streitkräftereformen André Blattmann 52 General Henri Guisan nach der Vereidigung 25 Das Wort des CdA Marcel Serr 26 Operation Protective Edge Heinrich L. Wirz 27 Aus dem Bundeshaus Intelligence Member of the European Military Press Association (EMPA) – ISSN 0002-5925 Gedanken zum Kampf in der urbanen Schweiz Sensorwirkungsverbund im Geb Inf Bat 77 Mario Fässler 38 MP Bat 2 im Einsatz an der AIR14 Daniel Marbot, Gian Bortolin 40 Stabsübung «POLLUX» Wirtschaft Balz Villiger 42 RUAG am Impulstag Luftwaffe Eugen Thomann 45 Die Luftwaffe trotz Turbulenzen im Steigflug Jürg Studer 46 100 Jahre Luftwaffe Internationale Nachrichten 48 Hans Peter Gubler Geschichte Hans Rudolf Fuhrer 52 Zwei Generäle mit ungleichem Image in der Nachwelt Kaj-Gunnar Sievert 54 Paukenschlag in Scapa Flow Vermischtes 58 Dieter Kläy Bücher 63 Andrea Grichting-Zelenka Titelbild Friedrich-Wilhelm Schlomann 28 Schicksalsjahr 1989 für den Bundesnachrichtendienst Hans Wegmüller 30 PSO: Im Einsatz für den Frieden Foto: SWISSINT NATO Cyber Defence Centre of Excellence ASMZ 12/2014 1 Ihre Karriere bei uns www.armee.ch/berufe Vielfalt, Dynamik, Perspektiven – Berufe der Schweizer Armee Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Die Menschen – und die Staaten – hoffen immer wieder auf Stabilität und Frieden. Mit dem Fall der Mauer in Berlin am 9. November 1989 und der Auflösung der UdSSR, des Warschauer Paktes und des COMECON 1991 brach für viele der «ewige Friede» aus. Skeptiker wurden als ewiggestrige kalte Krieger verschrien. In zahlreichen europäischen Verteidigungsministerien, auch bei uns, musste die klassische und immer wieder bestätigte Denkweise der gefährlichsten Bedrohung den einfacheren und populäreren «wahrscheinlichen» Gefahren und Risiken weichen; die Bedrohungen waren verschwunden. Dies führte zu einer unglaublichen geistigen und materiellen Demontage der Armee. Frau Ingrid Meissl Årebo, Stockholm, in der NZZ am 23.10. 2014: «… Ende August hat Schweden ein Gastlandabkommen unterzeichnet, dank dem NATO Rapid Reaction Forces in Schweden Übungen und Einsätze tätigen können. Es ist kein Geheimnis, dass Russland die Nähe des allianzfreien Schweden zur NATO nicht goutiert. Die immer dreisteren Provokationen und Verletzungen schwedischen Hoheitsgebiets sind Zeichen dafür …». Unabhängig von einer russischen Einmischung belegt die Operation in den Schären einmal mehr die Ressourcenschwäche der schwedischen Armee, die seit der Jahrtausendwende massiv verkleinert wurde. Ein Beispiel dafür sind die vor sechs Jahren ausgemusterten Helikopter für die U-Boot-Suche. Obwohl vor über einem Jahrzehnt Ersatz bestellt wurde, dürften diese nicht vor 2018 geliefert werden. Im Haushaltvorschlag, den die Regierung am Donnerstag vorlegt, ist zwar eine kräftige Aufstockung des Militärbudgets vorgesehen, mit dem sich die vorhandenen Löcher aber nicht stopfen las- sen. Folgen der fatalen Verwechslung von gefährlich und wahrscheinlich? Moderne Kriegführung wird uns in der Ukraine vorgeführt: Unsichtbarer und dadurch bei uns nicht empfundener massiver Einsatz von Cyberwar, gefolgt von einem äusserst intensiven Propagandakrieg und lähmendem Einsatz von Special Forces. Danach, wenn überhaupt noch nötig, klassischer Land-/Luft-/Seekrieg. Ein ähnliches Muster gilt für den «Islamischen Staat», man ersetze Special Forces durch Selbstmordattentäter. Gemeinsam ist der sehr schnelle Ablauf – etwas pointiert: Krieg aus dem Stand! Ich habe zu denjenigen gehört, die glaubten, dass bei Anzeichen von Krieg noch ein Aufwuchs möglich und der Erhalt von Fähigkeiten entscheidend ist. Ich habe mich getäuscht. Schwere Bedrohungen, Krise und Krieg werden uns überraschen, nur das Vorhandene zählt. Der brillante Propagandakrieg in der Ukraine hat dazu geführt, dass wir die Krim längst vergessen haben, obschon völkerrechtswidrig ein Teil eines souveränen Staates von einer fremden Macht besetzt wurde und dies erst vor ein paar Monaten. Für wen war diese Aktion wahrscheinlich? Gefährlich ist sie allemal, ein Bild von Macht wird aufgebaut, das fait accompli wird nicht in Frage gestellt. Für mich wäre eine Konsequenz davon, dass der Staat in ausserordentlichen Lagen fähig sein muss, dem Propagandakrieg zu begegnen, indem er die zivilen Informationsmittel unterstützt. Wenn nur was bereit ist, wirken kann: müsste man nicht in einer geeigneten Form das den vielen Reformen geopferte Info Rgt 1 wieder aufbauen? In der gleichen Konsequenz muss die «WEA-Armee» auf die gefährlichste Bedrohung, nicht auf bequeme und letztlich auf Stufe Bund wenig relevante «wahrscheinliche» Ereignisse ausgelegt und Schritt um Schritt wieder vergrössert und aufgerüstet werden. Am 25. Oktober feierte die Armee in Stans 25 Jahre Peace Support Operations. In diesem Bereich leistet die Armee hervorragende Arbeit. Ausrüstung und Ausbildung stimmen, das Milizsystem stellt auch hier seine Überlegenheit dank Polyvalenz, kombinierter zivilmilitärischer Ausbildung und Verankerung im sozialen Umfeld deutlich unter Beweis. Liebe Leserin, lieber Leser, ich wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen und Freunden ein schönes und geruhsames Weihnachtsfest sowie ein erfolgreiches und glückliches neues Jahr, das uns den Frieden erhalten möge. Ich danke allen für die vielen Leserzuschriften, Artikel und Beiträge aller Art und freue mich auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit. Peter Schneider, Chefredaktor [email protected] ASMZ 12/2014 3 Aktuelles Die Türkei und Europa: Wachsende Gegnerschaft Nach der Wahl des früheren Regierungschefs Recep Tayyip Erdogan zum Staatspräsidenten am 10. August 2014 müssen in der Debatte über die Aufnahme der Türkei in die EU neben den gesellschaftspolitischen auch die sicherheitspolitischen Aspekte neu erörtert werden. Die Türkei hat während der vergangenen zwölf Jahre einen tiefgreifenden Wandel durchgemacht; die politische Führung ist entschlossen, in diesem Prozess die nächsten Schritte zu gehen. Walter Schilling Bestimmten bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts der vom Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk erzwungene Säkularismus und das vom Militär gestützte kemalistische Establishment den Charakter des türkischen Staates, so gewann das streng islamisch geprägte und wirtschaftlich erfolgreiche anatolische Bürgertum in den vergangenen zwölf Jahren immer grösseren Einfluss. Seine Denkweisen und Interessen werden in bemerkenswerter Konsequenz von der «Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung» (AKP = Adalet ve Kalkinma Partisi) repräsentiert, die seit 2003 die türkische Regierung trägt. Re-Islamisierung der Türkei Ihren Führungskräften ist es nicht nur gelungen, Staat und Gesellschaft der Türkei auf der Grundlage des Islam weit- 4 ASMZ 12/2014 gehend umzugestalten. Sie kämpfen auch mit allen Mitteln und oft in rigoroser Weise darum, die in der türkischen Gesellschaft immer noch vorhandenen säkularen Kräfte weiter zurückzudrängen. Vor allem nach den Parlamentswahlen in der Türkei vom 12. Juni 2011, die der AKP mit 49,8 % einen hohen Zuspruch gegeben und damit 326 der 550 Mandate verschafft haben, suchen Erdogan und seine Mitstreiter die Handlungsmöglichkeiten der säkularen Kräfte im Lande weiter einzuschränken und den islamischen Charakter der Türkei zu verstärken. Verwaltung, Polizei, Justiz, das Bildungssystem und der grösste Teil der Medien befinden sich längst unter der Kontrolle jener von Erdogan geführten Kräfte, die davon überzeugt sind, dass «der Islam ohne Fehler» ist und die politische Praxis beDie Türkei und Ihre Nachbarn. Bild: Karte CSS-ETHZ Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Bild: egedebugun-gazetesi.com stimmen soll. Und seit dem unerwarteten geschlossenen Rücktritt der säkular eingestellten türkischen Militärführung am 29. Juli 2011 fällt es Erdogan umso leichter, mit Hilfe der Personalpolitik die Streitkräfte zu einer AKP-Armee umzuformen, die sich gehorsam in den Prozess der Islamisierung des Landes einordnet. In der Tat erscheint es bereits nach den zurückliegenden zwölf Regierungsjahren und den jüngsten Wahlergebnissen für die AKP gerechtfertigt, von einer Ära zu sprechen, die ein politisch markantes Regime, das «System Erdogan», hervorgebracht und ziemlich fest verankert hat. Der unbedingte Wille zur weiteren Islamisierung der türkischen Gesellschaft durchzog auch die Grundsatzrede Erdogans anlässlich seiner Wahl zum Vorsitzenden der AKP am 30. September 2012. Dabei legte der damalige türkische Regierungschef seine Zukunftsvision für das Land und die ganze Region in den kommenden 60 Jahren (!) dar. In der Gemeinschaft der islamischen Länder sieht Erdogan die Türkei keineswegs in einer «Brückenfunktion zwischen Ost und West», sondern als Machtzen- Aktuelles trum, das die Entwicklung der islamischen Welt inspiriert und vorantreibt. Entdemokratisierung Wie wir an der charakteristischen Hinwendung der Türkei zum strengen Islam, der brutalen Niederschlagung der Demonstrationen säkularer Kräfte, der unerbittlichen Verfolgung kritischer Journalisten und Schriftsteller sowie der Verhaftung und Verurteilung unbotmässiger Justizund Polizeibeamter ablesen können, ist die Politik Erdogans mit einer zügigen Entdemokratisierung des Landes verbunden. Dieser Trend wird sich mit der beabsichtigten Entwicklung eines auf Recep Tayyip Erdogan zugeschnittenen autoritären Präsidialsystems noch verstärken und eine neue Phase in der Politik der Türkei einleiten. In welchem Geist sich der Prozess der Islamisierung der Türkei bisher vollzogen hat und künftig weiter vollziehen wird, demonstriert nicht nur der neue Staatspräsident Erdogan mit seinen Reden und politischen Entscheidungen. Die streng islamischen Vorzeichen der türkischen Politik sind auch an den Schriften und Handlungsweisen anderer hochrangiger türkischer Politiker, z.B. dem bisherigen Aussenminister und am 27. August 2014 zum Nachfolger Erdogans im Amt des Regierungschefs und AKP-Vorsitzenden bestimmten Ahmet Davutoglu abzulesen. Dabei betont man die Überlegenheit der islamischen Zivilisation im Vergleich zur westlichen Zivilisation, die sich nach Auffassung Erdogans und seiner Mitstreiter im Niedergang befindet. Vor diesem Hintergrund erscheint es nur folgerichtig, dass die politische Führungselite der Türkei einem streng islamisch geprägten Nationalismus das Wort redet, der schon seit einigen Jahren immer stärker die Aussenund Sicherheitspolitik bestimmt. des damaligen türkischen Regierungschefs Erdogan im September 2011, eine erneute Aktion dieser Art durch den Einsatz der eigenen Kriegsmarine zu decken und die unmissverständliche Drohung gegenüber dem EUMitgliedsstaat Zypern, militärisch gegen dieses Land vorzugehen, wenn es im östlichen Mittel- Die Polizei räumt am 12. Juni 2013 Bild: Kurier.at meer Erdgasbohrungen den Taksim-Platz in Istanbul. vornehmen sollte, demonstrieren klar, wie sehr sich die Türkei allem mit der Unterstützung des despotieiner aggressiven Politik gegenüber Israel schen Mullah-Regimes im Iran und der und dessen Verbündete verschrieben hat. bewussten Eskalation des Konflikts mit Mit diesem Verhalten setzt sich das NATO- Israel offenbart sich das NATO-Mitglied Land Türkei nicht nur über das gelten- Türkei regelmässig als ein Staat, der auf de Völkerrecht hinweg. Es gibt zudem der Grundlage einer nationalen, dem seit Mitte des Jahres 2010 klare Hinweise westlichen Bündnis und der Europäischen darauf, dass die türkische Regierung dem Union widersprechenden sicherheitspoIran bei der Umgehung der von den west- litischen und strategischen Doktrin für lichen Ländern verhängten Finanzsank- islamistische Regime und Terrorgruppen tionen zur Seite steht. Partei ergreift und sich gegen die freiheitDie wiederholte öffentliche Bezichti- lichen Demokratien des Westens stellt. gung Israels durch Erdogan, es betrei- Mit diesen prekären Vorgehensweisen be «einen Genozid an den Palästinensern ist die sicherheitspolitische Problematik im Gaza» und die derzeitige Vorbereitung des islamisch geprägten Nationalismus eines weiteren Versuchs, mit einem Schiffs- der Türkei jedoch nicht hinreichend bekonvoi die Seeblockade Gazas zu durch- schrieben. Mit Blick auf die am 3. Oktobrechen, belegen einmal mehr, welche ber 2005 – unter völlig anderen Vorauskrassen sicherheitspolitischen Gegensät- setzungen – begonnenen Verhandlungen ze zur Haltung der übrigen NATO-Staa- über eine Aufnahme der Türkei in die Europäische Union rücken nunmehr noch gravierendere sicherheitspolitische Probleme in den Mittelpunkt der Betrachtung. Gefährdet: Identität und Handlungsfähigkeit Europas Sicherheitspolitische Problematik Die tiefe Verankerung der sicherheitspolitischen und strategischen Neuorientierung der Türkei ist seit Anfang 2010 immer wieder deutlich geworden. Der demonstrative Schulterschluss der Türkei mit dem despotischen Mullah-Regime im Iran und der islamistischen Terrororganisation Hamas im Gazastreifen hatte sich schon 2009 angebahnt. Die amtliche Unterstützung des Versuchs islamistischer Kräfte Ende Mai 2010, die israelische Seeblockade Gazas mit Hilfe eines Schiffskonvois zu durchbrechen, die Drohung Der neue Ministerpräsident und frühere Aussenminister Ahmed Davutoglu. Bild: todayonline ten, aber auch gegenüber der Europäischen Union bestehen. Dabei ist bemerkenswert, dass Erdogan den Völkermord der Türkei an den Armeniern im Jahre 1915 strikt leugnet und alle Landsleute verfolgen lässt, die für eine Anerkennung dieser historischen Tatsache plädieren. Vor Angesichts der fortschreitenden Islamisierung, der damit in der Regel verbundenen Entdemokratisierung und der aus dem Nationalismus entwickelten Ansprüche der Führungselite der Türkei kann eine Aufnahme dieses zu 97% ausserhalb Europas liegenden Landes in die EU nicht in Frage kommen. Die machtbewusste politische Führung der Türkei hat nicht nur ein völlig anderes Verständnis von Demokratie. Sie vertritt auch grundsätzlich andere Werte, Denkmuster, Traditionen und Lebensformen, die tiefgreifende Auswirkungen für das Zusammenleben der Menschen mit sich bringen. Während in Europa im Rahmen einer Jahrhunderte dauernden Auseinandersetzung weitgehend säkularisierte Gesellschaften ASMZ 12/2014 5 Aktuelles entstehen konnten, sind die derzeit in der 28 Mitgliedsstaaten umfassende EU für Türkei Regierenden davon überzeugt, ihren Zusammenhalt – ungeachtet natiodass «der Islam die Einheit von Staat und naler Besonderheiten und kulturellen VielReligion gebietet». Schon die daraus sich falt – nicht nur eine grundlegende Überergebenden und von der politischen Füh- einstimmung in Werten, Rechten, Pflichrung offensiv vertretenen ten und politischem BeAnsprüche hätten in einer wusstsein für die Ziele der um die Türkei erweiterGemeinschaft braucht. ten EU zweifellos systemDiese gemeinsamen Werte sprengende Kraft. Sie sind müssen auch gelebt und mit den Grundsätzen der von den Menschen mitVerfassungen und den vigetragen werden. talen Interessen der bisherigen EU-Länder nicht Fazit in Einklang zu bringen. Mit einer VollmitgliedHier geht es um mehr als schaft der Türkei in der die Beachtung der MenEU würden nicht nur der schenrechte, der Meiinnere Frieden und die so nungs- und Pressefreiheit oder die Rolle des Miliwichtige Identität Europas tärs. Hier stehen vielmehr Mustafa Kemal Atatürk (1881– zerbrechen. Die EU verdas im Laufe von 60 Jah- 1938), Vater der säkularisierten löre auch ihre – ohnehin Bild: Archiv schon schwer herzustellenren in Europa Erreichte Türkei. und die historisch gewachde – sicherheitspolitische senen identitätsbildenden Fundamente Handlungsfähigkeit. Die Mitgliedschaft auf dem Spiel, die den spezifischen Cha- der Türkei würde die Gewichte innerhalb rakter und den inneren Zusammenhalt Europas entscheidend verschieben, die Under EU verbürgen. So bleibt es von ent- terstützung Israels im Ringen um seine scheidender Bedeutung, dass die derzeit blosse Existenz als jüdischer Staat kaum Ŷ Ŷ Ŷ noch erlauben und die nur unter grossen Mühen erreichbare Gemeinsamkeit in der Aussen- und Sicherheitspolitik dieses «Staatenverbundes sui generis» zu einer Utopie werden lassen. Erdogans sichtbares Einvernehmen mit dem nach Nuklearwaffen strebenden und die Existenz Israels in Frage stellenden despotischen Mullah-Regime im Iran, seine offene Unterstützung der islamistischen Terrororganisation Hamas sowie seine enge Zusammenarbeit mit den islamistischen Regimen in Katar und im Sudan weisen längst auf diese Gefahren hin. Angesichts der fortschreitenden Islamisierung der Türkei und der damit verbundenen Folgen für die innere Kohärenz und die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit des europäischen Staatenverbundes ist ein Abbruch der Verhandlungen über die Aufnahme dieses Landes in die Europäische Union überfällig. ■ Oberst i Gst a D Walter Schilling Dr. phil. Freier Publizist E-29679 Benahavis Einmaliges Netzwerk Ort der Begegnung, des Gesprächs und der Bildung Denkplatz für Konferenzen, Seminare und Tagungen Als Förderer geniessen Sie viele Vorteile www.lilienberg.ch Lilienberg Unternehmerforum, Blauortstrasse 10, 8272 Ermatingen Telefon +41 71 663 23 23, Fax +41 71 663 23 24, E-Mail: [email protected], www.lilienberg.ch ASMZ 12/2014 7 Aktuelles Der Islamische Staat (IS) im Schatten der Al Qaida Im Gegensatz zu Al Qaida ist der Islamische Staat (IS) regional im Irak und in Syrien verankert. Seinen aussergewöhnlichen Aufstieg verdankt er dem uferlosen Einsatz von extremer Brutalität, aber auch dem Zerfall Syriens, dessen Regime von zahlreichen islamistischen und anderen Gruppierungen bekämpft wird. Mohammad-Mahmoud Ould Mohamedou* Nach etwas mehr als einem Jahr nach seiner Entstehung im April 2013 ist der Islamische Staat im Irak und in Syrien (ISIS) – umbenannt im Juni 2014 zu Islamischer Staat (IS) – zur wichtigsten radikalen islamistischen Gruppierung geworden. Die Führer des IS haben sich zum Ziel gesetzt, die transnationale Gruppierung Al Qaida, welcher der IS früher angehörte, zu überflügeln. Falls das «Ende» der Al Qaida naht, wäre es demzufolge nicht dem Krieg gegen den Terrorismus, nicht den amerikanischen Anti-Terror-Operationen in Afghanistan und im Irak oder dem ideologischen Einfluss der Demokraten des Arabischen Frühlings zu verdanken, sondern auf einen internen Generationenwechsel und ein kompliziertes Führungsgerangel zurückzuführen. Die Gruppierung, die heute als Islamischer Staat auftritt, erscheint 1999 unter der Führung des militanten jordanischen Islamisten Abu Mussab al-Zarqawi, der Vom Islamischen Staat (IS) besetztes Gebiet, Stand Juni 2014 (CIA). nach seiner Rückkehr aus Afghanistan die Gruppe für «Einheit und Dschihad» ins Leben ruft. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 und der amerikanischen Invasion des Iraks im März 2003 8 ASMZ 12/2014 stösst al-Zarqawis Grupzung, die transnationape im Oktober 2004, unle militante Bewegung ter der Bezeichnung Al mit einer schnellen ExQaida im Irak (AQI), pansion, der gnadenzur Organisation von lose Konkurrenzkampf Osama Bin Laden; sie unter den regionalen behält aber eine bedeuMächten, die gewalttätende operationelle Autigen lokalen Aufstände tonomie. und die taktischen SieNach dem Tod von ge einer ehrgeizigen isal-Zarqawi im Juni lamistischen Gruppierung, die zunehmend zu 2006 erfolgt der nahteiner strategischen Helose Übergang an Abu rausforderung wird. Omar al Bagdadi; dieTrotzdem können in ser fokussiert die AQI mindestens drei verschieganz auf den Irak und Abu Bakr al-Baghdadi alias denen Bereichen wesentschafft einen ersten Is- «Kalif Ibrahim». Bild: Screenshot, Wikipedia liche Unterschiede zwilamischen Staat im Irak schen dem IS und der (ISI). Nachdem Abu Omar al-Baghdadi im Mai 2010 getötet Al Qaida festgestellt werden: wird, übernimmt Abu Bakr al-Baghdadi • Der IS führt einen primär auf Landgewinn im vorderen Orient ausgerichtedie Führung. Er setzt zwar die «Irakisieten Kampf, dies im Gegensatz zur Al rung» des ISI fort, dehnt sie aber, im Sog Qaida, die globale Ziele verfolgte; das des degenerierenden syrischen Konflikts, post-sowjetische Afghanistan stellte die Anfang 2012 auf den Norden und Osten Ausgangslage ihres anti-amerikanischen von Syrien aus. Er verkündet am 9. April Projektes dar; 2013 die Geburt des «Islamischen Staates im Irak • Hinter der Rhetorik des Kalifats vermag und in Syrien», der bei den man kaum eine ausgebildete Ideologie Führern der Al Qaida soerkennen, die über die levantinische fort auf Ablehnung stösst. und konfessionelle Identität (Sunna) Schlussendlich folgt am hinausgehen würde. Das Ziel von Bin 29. Juni 2014 die UmbeLaden hingegen war die Schaffung einer nennung in «Islamischer Basis (al qaida) für ein Heer von IslamisStaat (IS)»; Abu Bakr alten, einschliesslich nicht-Arabern und nicht-Sunniten; Baghdadi mutiert dabei • Der Islamische Staat vereinigt bunt gezum «Kalifen Ibrahim». mischte, gewaltbereite Individuen aus Das Projekt des islaaller Welt, die durch den syrischen Konmischen Staates kann als flikt angezogen werden. Al Qaida hateine «Neuerfindung» der te die Absicht, eine homogene Gruppe Al Qaida gewertet wervon Operateuren für Einsätze, wie etwa den, der IS ahmt in vielen Teilen die von die Hamburger Zelle von Mohammed Osama Bin Laden und Ayman al-ZawaAtta, welche für 9/11 verantwortlich hiri in Afghanistan entwickelten Aktiozeichnete, oder für den Kern von neuen nen nach. Kennzeichen dafür sind ein Gruppierungen in anderen Regionen langer Konflikt im Rahmen einer Beset- Aktuelles (Ostafrika, Westeuropa, USA, Sahel) zu bilden. Syrien. Seinen aussergewöhnlichen Aufwuchs verdankt er zuerst Abu Bakr Anders formuliert: Der IS konzentriert al-Baghdadi, einem ursich auf die Schaffung eines regionalen sprünglich sehr eigenstänSchwergewichtes (etwa zwischen Fallud- digen Leutnant von Bin scha im Irak und ar-Raqqa in Syrien), Al Laden, sowie militanten Qaida hingegen mobilisierte transnatio- und kampferprobten iranale Kräfte, um den Kampf zum «fernen kischen Islamisten. Diese Gegner» zu tragen, an Stelle des «nahen haben die Gruppierung Gegners». Bagdad oder Damaskus sind zuerst auf die Region fo- Weit mehr als Einzeltäter: Ein Konvoi von organisierten Bild: AP klar die Ziele des IS, Al Qaida ging es um kussiert und sich danach IS-Kämpfern. von der Bevormundung New York und Washington. Der Islamische Staat gebietet nun über durch die Al Qaida gelöst. Die Loslösung Armee) Gruppierungen geleistet, die alle30 000 Mann und ein ausgedehntes Ter- von der Al Qaida geprägten hybriden Or- samt das Regime von Baschar al Assad beritorium in den beiden Staaten Irak und ganisation mit globalen Ansprüchen und kämpfen. historisch grossem islamisIm Endeffekt ist die Episode IS zweiti schen Rahmen, hat den fellos ein Indiz einer neuen Evolution Der IS verfügt über schwere Waffen. Bild: lowerclassmag.co IS zu einer irakisch-syri- des radikalen Islamismus, weit über eine schen Gruppierung ge- «Franchising» von Al Qaida hinaus. Sie macht. zeigt deutlich auf, dass die internationaDamit stellt der Islami- le Unsicherheit im zweiten Jahrzehnt des sche Staat eine eigenstän- 21.Jahrhunderts gegensätzliche Verhalten dige Form dar. Äusserste hervorbringt: Versuchte Staatsbildungen Brutalität, wirksamer Ein- durch bewaffnete Gruppierungen auf der satz der Verbindungsmit- einen Seite und milizartiges Verhalten der tel und junge Soldaten – gescheiterten Staaten auf der anderen. ■ wie eine zweite Generation der Al Qaida – sind die Aus dem Französischen übersetzt: Sch Zutaten für seine Vorstösse in den letzten Mona- * Dr. Mohammad-Mahmoud Ould Mohamedou ist stellvertretender Direktor und Dekan des Genten. Allerdings wäre der fer Zentrums für Sicherheitspolitik (GCSP) und Aufstieg des IS ohne die Professor am «Institut de Hautes Études InternaAllianz mit den sunnititionales et du Développement (IHEID)», beide in Genf. Der Artikel ist eine Synthese der Studie schen Stämmen im Irak, des Autors «ISIS and the Deceptive Rebooting of die durch den früheren Al Qaeda», die im September 2014 im GCSP erRegierungschef Nouri al schienen ist. Maliki angespornt wurden, ungleich schwieriger Mohammad-Mahmoud gewesen. Schützenhilfe haOuld Mohamedou ben auch mehrere andere Professeur associé, IHEID konkurrierende islamistiDirecteur-adjoint et doyen sche (Jabhat al Nosra, AhSex-Dschihad: Der IS zeichnet sich durch rücksichtslose académique, GCSP rar al Chaam) und nicht isGewalt aus. Bild: emma.de 1211 Genf lamistische (Freie Syrische Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS Die Zeitmilitärs werden durch die Armee angestellt und übernehmen Verantwortung in Ausbildungskursen, Schulen oder im Einsatz. Sie unterstützen die Berufsmilitärs in den Bereichen Ausbildung, Führung und Administration. Für unsere Schulen und Kommandos suchen wir Zeitmilitär Einheitskommandant Sie übernehmen Aufgaben in der Führung der Einheit, der Ausbildung von Truppe und Kader und helfen mit, angehende Kader in ihrem Praktikum zu betreuen. Die offenen Stellen und das Bewerbungsformular finden Sie unter dem Link: www.armee.ch/berufe Sie sind eine teamfähige, selbständige, zuverlässige und belastbare Persönlichkeit und verfügen über eine abgeschlossene dreijährige anerkannte Berufslehre oder über einen gleichwertigen Schulabschluss. Idealerweise haben Sie die Ausbildung zum Einheitskommandanten bereits absolviert oder angefangen. Für weiter Auskünfte: [email protected] Arbeitsort: Gemäss den aktuellen offenen Stellen / Beschäftigungsgrad: 100% ASMZ 12/2014 9 Sicherheitspolitik Einblick in die Friedensförderung der Schweizer Armee Die Einsätze der Armee im Rahmen der Friedensförderung sind auch Gelegenheiten zum Erfahrungsaustausch mit Angehörigen anderer Armeen, zum Vergleich und zur sichtbaren Präsenz. Unser politisches System und die Neutralität prädestinieren uns für gewisse Einsätze, wie z.B. die Liaison and Monitoring Teams im Kosovo. Die Jubiläumsveranstaltung bot über 4500 Besuchern einen perfekten Einblick. Hans Peter Gubler, Redaktor ASMZ Mit einer grossen Jubiläumsveranstaltung auf dem Waffenplatz Stans blickte die Schweizer Armee Ende Oktober 2014 auf 25 Jahre UNO-Einsätze zurück. Mit einer interessanten Fachausstellung, der Demonstration von Einsatzbeispielen und Direktschaltungen zu Schweizer Armeeangehörigen in Auslandeinsätzen wurde den Besuchern in Stans ein umfassender Einblick in die aktuellen Aktivitäten der Schweizer Armee im Rahmen von UNOEinsätzen vermittelt. Friedensförderung im internationalen Rahmen ist einer der drei Aufträge der Schweizer Armee und ist als solcher im Militärgesetz verankert. Ausgeführt wird dieser Auftrag durch das Kompetenzzentrum SWISSINT (Swiss Armed Forces International Command) in Stans. Die Umsetzung des Armeeauftrags «Friedensförderung» umfasst die Rekrutierung und Ausrüstung, die einsatzbezogene Ausbildung, die anschliessende nationale Führung während des Einsatzes sowie deren Auswertung. Dies gilt für alle schweizerischen militärischen Kontingente und Personen, welche einen Auslandeinsatz im Rahmen der Friedensförderung leisten. Weltweit befinden sich derzeit rund 280 Schweizer Soldaten und Soldatinnen in verschiedenen Funktionen im Einsatz. Die Geburtsstunde der militärischen Friedensförderung liegt im Jahr 1953. Damals entsandte der Bundesrat 146 bewaffnete Armeeangehörige nach Korea. Bis heute haben gesamthaft gegen 10000 Militärangehörige, davon 560 Frauen, Friedenseinsätze geleistet. Im Rahmen der UNO-Missionen waren medizinische Einheiten in Namibia und in der West-Sahara stationiert sowie unbewaffnete Militärbeobachter in Kroatien, Tadschikistan, Äthiopien, Eritrea, Georgien 10 ASMZ 12/2014 und Nepal. Aktuell stehen Militärbeobachter im Nahen Osten, im Südsudan, in Burundi und in der Demokratischen Republik Kongo im Einsatz. Kosovo und Bosnien-Herzegowina versen UNO-Missionen. Diese bilden beispielsweise Offiziere im Kriegsvölkerrecht aus oder stehen in Trainingszentren für Peacekeeping im Einsatz. Damit diese notwendigen Aktivitäten weitergeführt werden können, müssen laufend Soldaten und Soldatinnen sowie entsprechende Fachspezialisten rekrutiert werden. Interessierte Frauen und Männer können sich beim Für die OSZE leisteten in Bosnien-Herzegowina von 1996 bis 2000 bis zu 55 Schweizer vor allem logistische Unterstützung. Die SWISSCOY im Kosovo ist das bislang grösste Engagement der Schweizer Armee im Rahmen der Friedensförderung. Seit 1999 sind pro Kontingent heute bis zu 235 Soldatinnen und Soldaten zugunsten der KFOR im Dienst. Zentrale Aufgaben sind logistische Dienstleistungen und Transporte sowie Supportarbeiten. Zudem ist in Zusammenarbeit mit Truppenkontingenten anderer Nationen die Verfolgung der Sicherheitslage ein zentrales Thema; dazu sind Kontakte zur Bevölkerung sowie die Beziehungen zu den Behörden und Regierungsstellen notwendig. In Bosnien-Herzegowina stehen seit 2004 bis zu 20 Schweizer zugunsten der EU-Mission ALTHEA im Einsatz. Sie sind an bekannten und potentiellen Konfliktgebieten stationiert und arbeiten eng mit der lokalen Bevölkerung sowie den internatio- 4500 interessierte Zuschauer in Stans. Bilder: SWISSINT nalen Organisationen zusammen. Die regelmässige Berichterstattung Kompetenzzentrum SWISSINT in Stans und Informationen erfolgen an das HQ für einen Auslandeinsatz im Rahmen der der EUFOR zugunsten deren Frühwarn- Schweizer Armee bewerben. Informatiosystem. Die Schweizer Armee engagiert nen über die zu besetzenden Funktionen sich im Weiteren in der humanitären Mi- sowie Unterlagen befinden sich auf der nenräumung sowie mit Spezialisten in di- Website www.armee.ch/peace-support. ■ Sicherheitspolitik Nein zur «WEA-Armee» – ohne Wenn und Aber Bundesrat Rudolf Minger sagte in ernster Zeit, vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und als die Schweizer Armee wie heute ebenfalls nicht einsatzfähig war: «Ein Volk, das den Willen zu seinem Schutz nicht mehr aufbringt, verdient, dass es untergeht». Gleich bekannt ist die Ansicht von Botschafter Anton Thalmann: «Die schweizerische Neutralität muss man sanft einschlafen lassen». Willy P. Stelzer Bundesrat und Parlament scheinen bezüglich der Sicherheit des Staates Schweiz und die Einhaltung von Verträgen sowie der Bundesverfassung, Artikel 58, ihr Gedächtnis an den abgelegten Eid verloren zu haben. Die schweizerische Neutralität hat einen völkerrechtlichen, in Politik und Volk verankerten Status, was landesweit nicht mehr präsent ist. Durch Artikel 435 des Friedensvertrages von Versailles vom 28. Juni 1919 ist dieser Zustand der Neutralität von den Signatarstaaten anerkannt worden. Gemäss Bundesrat Maurer kann das Land nicht mehr verteidigt werden, also kann auch die völkerrechtliche Verpflichtung nicht wahrgenommen werden. Gescheiterte Reformen Dass die Mängel der Armee 95 von Bundesrat Adolf Ogi nicht behoben wurden und dass seine Armee XXI und der Entwicklungsschritt 08/11 gescheitert sind, wurde vielfach dokumentiert. Die «Die Planung WEA ist eine ‹Weitgehende Eliminierung der Armee›.» ungenehmigte Planung WEA ist keine «Weiterentwicklung der Armee», sondern eine «Weitgehende Eliminierung der Armee». Dies beinhaltet den weiteren Abbau der Armee, vom CdA André Blatt- mann unter anderem in der Fachzeitschrift INTRA, Ausgabe 02/14, bestätigt. Hand in Hand geht die seit zehn Jahren anhaltende Armeematerial-Vernichtung. Und künftigen Armee feststehen? Wie lange noch lassen sich die bürgerlichen Mitglieder des Parlamentes an der Nase herum führen? Schlussfolgerungen «Das Armeebudget muss auf 1,2% des BIP angehoben werden.» der CdA macht trotzdem die erstaunliche Aussage, als er im Interview mit der Weltwoche Nr. 19/2014 aussagt: «Ja, aber wir dürfen nicht weiter schrumpfen. Wer alles kahlschlägt, kann nachher nicht mehr einfach aufforsten. Was weg ist, ist weg». Die Frage sei erlaubt: Wer ist für den Kahlschlag verantwortlich? Die Glaubwürdigkeit ist weg Im Interview mit der ASMZ, Ausgabe 07/2013, Seite 6, bestätigt Bundesrat Ueli Maurer, dass die WEA-Armee ihren Auftrag gemäss Bundesverfassung grundsätzlich nicht erfüllen kann. Warum aber beantragt Bundesrat Maurer im Namen des Bundesrates dem Parlament die Annahme dieser wiederum zum Scheitern verurteilten «Armee Reform», genannt WEA? Geht es allein um die Erhaltung des SVP-Bundesratssitzes oder des Kollegialprinzips? Warum lassen Bundesrat Maurer und der CdA seit vier Jahren Kredite in dreistelliger Millionen-Höhe verfallen? Warum wird ein Stationierungskonzept ausgearbeitet (welches teilweise bereits umgesetzt worden ist), bevor die neue Organisation und Struktur der zu- Zurück zum Bewährten! Die Miliz-Armee ist, wie in der Bundesverfassung stipuliert, wieder im Volk zu verankern. Ich teile die Ansicht von Oberst i Gst Karl Schmid, alt-Professor und ETH-Rektor: «Die Armee ist die Schule der Nation». Deshalb ist die Durchdiener-Truppe abzuschaffen, denn im wahren Sinne des Wortes sind sie Söldner und nach Absolvierung ihrer Dienstzeit für die MilizArmee verloren. Jedoch sind wieder zwei Heeresklassen notwendig: Mindestens 120 000 Mann Kampftruppen (mit mindestens drei Pz Br als Rückgrat der Armee) und mindestens 180000 Mann für subsidiäre Hilfseinsätze, Katastrophenhilfe und Reserve, alle voll ausgerüstet sowie eine Luftwaffe, welchen ihren Namen verdient. Bundesrat und Armeespitze ist die weitere Eliminierung von Armeematerial durch das Parlament zu verbieten. Das Armee-Budget muss auf 1,2 % des BIP angesetzt werden, verbunden mit der Sicherheit einer Fünfjahres-Planung. Nur so erreichen wir wieder die Verteidigungs-Fähigkeit, den Respekt und die notwendige Dissuasionswirkung wie vor dem Mauerfall 1989. ■ Major a D Willy P. Stelzer Unternehmer (pensioniert) 8604 Volketswil ASMZ 12/2014 11 Über die Pflicht, sich aufzulehnen Am 23. September flatterte die Oktober-Ausgabe der SKYNEWS ins Haus. Als einer, der mit dem «Virus aviaticus» infiziert ist, blätterte ich interessiert durch die Seiten. Der Artikel mit dem Titel «Zukunft nach dem Gripen-Nein» hat mich interessiert, ich las ihn von Anfang bis Ende. Roger Harr Interessiert las ich die – Zitat SKYNEWS – «klaren Worte» des Kdt LW bezüglich Ausserdienststellung der F-5 Tiger. Er sei «rigoros gegen eine Aufrüstung, und auch ein Weiterbetrieb ohne Modernisierung mache weder operationell noch betriebswirtschaftlich Sinn». «Anstatt wertvolle Steuerfranken einem veralteten System hinterherzuwerfen, investieren wir diese Mittel besser in eine moderate Lebenswegverlängerung der F/A-18», hat der Kdt LW eindringlich gemahnt und auch die Erwartung ausgesprochen, dass «die Reihen hinter diesem Entscheid geschlossen würden». Tatsächlich, klare Worte! Interessiert las ich auch die Aussagen von Bundesrat Maurer. Seine Aussage «wir müssen in Zukunft geschlossener auftreten», stimmte mich nachdenklich. Ja schon …: doch meinte er die Offiziere, die vor der Gripen-Abstimmung für einen anderen Flugzeugtyp plädierten? Oder meinte er seinen eigenen Führungsapparat mit all den peinlichen Kommunikationspannen? War da vielleicht sogar etwas Selbstkritik in seinen Worten? Unterschreiben kann man sicher die Aussage des Departementchefs, dass es kaum mehr eine Umkehr zum Trend der stetig abnehmenden Anzahl Kampfflugzeuge ge- 12 ASMZ 12/2014 ben wird. Dieser Trend ist eine weltweit gültige Tatsache. Fliegt der Tiger doch länger? So weit so gut! Doch dann – kaum eine Stunde nachdem ich den Beitrag in SKYNEWS gelesen hatte – wurde um 1134 Uhr in der NZZ-Online die Schlagzeile aufgeschaltet «Der Tiger fliegt vielleicht doch länger», mit dem Untertitel: «Ueli Maurer beugt sich der Tiger-Lobby». Neuerdings schliesst er eine Verlängerung der Einsatzdauer des alten Kampfjets nicht mehr aus. Eine Nachrüstung wäre aber Geldverschwendung, sagt Maurer. Die Tagesschau des Deutschschweizer Fernsehens setzte um 1930 noch einen drauf. Was denn jetzt? Wo ist jetzt das vom Kdt LW beschworene «professionellere Projektmanagement»? Wieso diese Kehrtwendung, wenn es doch «betriebswirtschaftlich keinen Sinn macht»? Wo ist das «geschlossene Auftreten», welches Bundesrat Maurer verlangt hat? Die Gripen-Abstimmung ist unter anderem deswegen bachab gegangen, weil chaotisch kommuniziert wurde und so in breiten Bevölkerungskreisen der Eindruck entstand, dass «die da oben» nicht wissen, was sie wollen. Als armeefreundlicher Bürger und Steuerzahler, als Generalstabsof- Etwa 30 Flugzeuge sind genug? F/A-18, Bilder: VBS fizier aD, als ehemaliger Zentralpräsident der AVIA-Flieger und als ehemaliges Mitglied der Luftwaffenkommission musste ich mich fragen, ob man aus dem Debakel denn wirklich nichts gelernt hat? Ich gehöre soziologisch zu den BabyBoomern. Das ist der Teil der Bevölkerung, der zwischen 1955 und 1965 auf die Welt gekommen ist. Militärisch bin ich im Kalten Krieg «gross» geworden. In allen militärischen Schulen hat man mir – oft zwischen Mitternacht und dem Morgengrauen – eingepeitscht, dass man in Varianten denkt und immer vorbehaltene Entschlüsse da sein müssen. Wer aus meiner Generation mag sich nicht an das Zitat «Gouverner c’est prévoir» von Emile de Girardin erinnern! Ist unsere militärische Spitze in einer anderen Zeit als ich militärisch gross geworden? Wo ist der Plan B nach der Gripen-Abstimmung? Jeder, der nicht ganz auf den Kopf gefallen ist, weiss doch was zu tun wäre. Varianten und Plan B Wo sind die Varianten bezüglich weiterer Verwendung der Tiger? Hat man wirklich eine ehrliche Beurteilung gemacht Sicherheitspolitik und sich die Vor- und Nachteile überlegt? Weiss man wirklich, wie lange unsere Luftwaffe mit 32 Kampfflugzeugen im 24 hBetrieb durchhalten kann? Ich bin verwirrt über die verschiedenen Angaben von 10 Tagen, 2 Wochen oder 3 Wochen! Was ist, wenn es länger dauert? Ist kein Tiger wirklich die beste Lösung? Wenn es dann nur noch um Luftpolizeieinsätze und den Schutz des WEF oder der nächsten Fussball-EM geht, kann der Tiger den F/A-18 in den meisten Szenarien sinnvoll ergänzen, wenn er wie ein ziviles Flugzeug bei jedem Wetter autonom starten und landen kann. Es geht nicht um Allwetterkampffähigkeit. Hat man sich überlegt, ob eine Ausrüstung der Tiger mit ILS-Instrumentenlandesystemen und/oder GPS für Präzisionslandeanflüge mit minimalen Investitionen Sinn machen würde? Die ILS-Ausrüstungen hat man ja «sinnvollerweise» aus den an Österreich ausgeliehenen Tigern bei der Rücknahme wieder ausgebaut. Hat man eine saubere Gesamtkostenrechnung gemacht? Hat man sachlich nüchtern überlegt oder wurstelt man jetzt einfach plan- und konzeptlos, aber gefangen in politischen Scharmützeln weiter? Ist man sich bewusst, dass der Verzicht auf die Tiger Entlassungen an der logistischen und industriellen Basis zur Folge hat? Dass wir auf Flugplatzinfrastruktur verzichten? Hat man sich überlegt, dass damit das Präjudiz geschaffen wird, dass wir nie mehr 50 Kampfflugzeuge haben werden? Wenn wir das Glück haben, in den nächsten zehn Jahren in keinen militärischen Konflikt gezogen zu werden, wird die Linke bei einer nächsten Beschaffung sagen, dass es mit 30 Kampfflugzeugen «ja geht». Oder hat man Angst vor einem «Gesichtsverlust» und nimmt dafür egoistisch in Kauf, dass die nächste Generation sicherheitspolitisch kein Dach mehr über dem Kopf hat? Ich habe realisiert, dass ich selber kein Vertrauen mehr in unsere politische und militärische Spitze habe, weil sich diese bei mir je länger desto mehr unglaubwürdig macht. Ich traue den Aussagen nicht, dass eine weitere Verwendung der Tiger betriebswirtschaftlich keinen Sinn macht. Ich will selber die Zahlen sehen. Erst dann kann entschieden werden! Grenzen der Loyalität Auslöser für diese Zeilen war jedoch, dass ich plötzlich über meine eigenen Gedanken erschrocken bin. Ich war ja auf dem gleichen Weg wie die vielen Bürgerlichen, die den Gripen an der Urne bachab geschickt haben! Offizier zu sein, ist doch eine Lebenseinstellung und von dem her ist man doch auch sein Leben lang Offizier. Werde ich illoyal? Wie lange darf ich als Offizier zusehen, wenn ich das Gefühl habe, es werde «da oben» gewurstelt? Ich habe preussische Wurzeln, weil meine Vorfahren aus Königsberg in Ostpreussen stammen und bin mit einem preussischen Loyalitätsverständnis gross gewor- «Zankapfel» Tiger F-5. den. Verbieten es mir die Grundwerte soldatischer Ethik, kritisch zu denken? Muss der Soldat kritiklos loyal sein oder darf er auch kritisch loyal sein? Ab wann wird es polemisch? Als Unternehmer habe ich vor noch nicht allzu langer Zeit meine ganze Führungsetage umgestaltet, habe Gummihälse, Nicker und Jasager entfernt und mich vermehrt mit kritischen Geistern umgeben. Als Unternehmer verachte ich Unternehmenskulturen, in welchen kritisches Denken keinen Platz hat. Solche Unternehmen haben auch keine Perspektive. Welche Kommunikationskultur herrscht heute in unserer Armee? Traut man unseren HSO so wenig zu, dass man ein Papier mit «Frequently Asked Questions» abgeben muss, in welchem den HSO – wie früher in der DDR – vorgekaut wird, was sie auf welche Frage antworten müssen? Unsere HSO sind doch die Cracks der Cracks, in jahrzehntelangen Selektionsverfahren ausgesiebt. Es sind die Loyalsten der Loyalen und die Klügsten der Klugen! Was läuft hier falsch? Auf dem Grabstein des Generalmajors Johann Friedrich von der Marwitz steht: «Er wählte Ungnade, wo Gehorsam nicht Ehre brachte.» Eine der vornehmsten Aufgaben der Miliz ist es, unabhängig zu denken. Querdenkenden Milizoffizieren hatte die Schweiz im letzten Weltkrieg unendlich viel zu verdanken. Wo sind die kritischen Geister heute? Wo ist die junge Generation Ypsilon in der Armee, die Fragen stellt und Sinn in ihrer Aufgabe sucht? Schauen wir alle zu wie die Schafe, wie bereits heute schlechte Rahmenbedingungen für die nächste Evaluation geschaffen werden? Mir geht es nicht darum, die Berufsoffiziere gegen die Miliz auszuspielen. Ich habe in meiner Militärdienstzeit viele tolle, hochintelligente Berufsoffiziere mit Ecken und Kanten erlebt, aber auch viele, die wegen ihrer Karriere so stromlinienförmig wie eine nasse Seife geworden sind und auch als Korpskommandanten nur noch an ihre zukünftigen Verwaltungsratsmandate gedacht haben. Die Politik muss Klarheit und Transparenz ihres politischen Auftrages an die Armee schaffen, damit das breite Volk sie verstehen kann. Und Politik und Soldaten müssen unter den neuen globalen Voraussetzungen und Kriegsszenarien enger zusammen arbeiten, um historisch bedingtes, gegenseitiges latentes Misstrauen, auch gegenüber militärischem Führungsdenken, weiter abzubauen. Wenn die Politik dies nicht kann oder will, dann ist es für einen Offizier unehrenhaft zu schweigen und weiter zuzusehen, wie sich unsere Armee von innen selbst abschafft. Es ist sogar die Pflicht jedes Offiziers, sich gegen ein solches System aufzulehnen. ■ Oberstlt i Gst a D Roger Harr Dr. med. dent. Inhaber und Präsident Frenkenklinik AG 4435 Niederdorf ASMZ 12/2014 13 Sicherheitspolitik Wehrpflicht in Norwegen – in Zukunft auch für Frauen Norwegen ist ein Vorreiter in Sachen Gleichberechtigung. Aus diesem Grund sollen ab 2015 auch beide Geschlechter einen einjährigen Militärdienst leisten. Die entsprechende Gesetzesänderung soll ab 1. Januar 2015 in Kraft treten. Die wirkliche allgemeine Wehrpflicht soll am 1. Januar 2017 einsetzen. Frode Vincent Faeravaag* Die Wehrpflicht hat eine lange Tradition in Norwegen. Schon in den Wikingerzeiten gab es Wehrpflicht. Damals mussten die Bauern Soldaten und Wikingerschiffe für die Verteidigung stellen. Am Ende der napoleonischen Kriege wurde die Wehrpflicht im Jahr 1814 in das Grundgesetz eingetragen; Artikel 109 hält fest: «Jeder Bürger des Staates ist im allgemeinen in gleichem Masse verpflichtet, während eines gewissen Zeitraums der Verteidigung seines Vaterlandes zu dienen, ohne Rücksicht auf Herkunft oder Vermögen. Die Anwendung dieses Grundsatzes und die notwendigen Einschränkungen werden durch Gesetz bestimmt». Das norwegische Grundgesetz aus dem Jahre 1814 ist eines der ältesten Grundgesetze auf der Welt. Die Regelung für die Wehrpflicht gilt bis heute. Norwegen (und die nordischen Länder allgemein) gelten manchmal als Vorreiter in Sachen Gleichberechtigung. Ab dem kommenden Jahr soll daher auch ein einjähriger Militärdienst für beide Geschlechter gelten. Die entsprechende Gesetzänderung hat das Storting (das norwegische Parlament) am 14. Juni 2013 auf Antrag der damaligen Rot-Grünen Regierung in Gang gesetzt. Jetzt steht sie kurz vor der Finalisierung. Es ist geplant, dass die Gesetzänderung zum 1. Januar 2015 in Kraft treten soll. Die Wehrpflicht soll dann für Mit dem zukünftigen geschlechtsneutralen Wehrdienst werden die Streitkräfte über eine breitere Personalbasis für ihren Nachwuchs verfügen können. Man darf deshalb zukünftig einen günstigeren Mix aus Frauen und Männern bei den Truppen und in den Stäben erwarten. 14 ASMZ 12/2014 Frauen, die am 1. Januar 1997 und später geboren sind, gelten; die Einberufung soll ab dem 18. Lebensjahr vorgenommen werden. Es wird erwartet, dass die ersten Frauen unter dem neuen System ab August 2016 ihren Militärdienst beginnen. Es geht dabei um die politische Forderung, dass beide Geschlechter auch in Soll dank allgemeiner Wehrpflicht gelebte Gleichberechtigung werden. dieser Beziehung die gleichen Rechte und Pflichte haben sollen. Bis dahin müssen einige Kasernen für Frauen baulich angepasst werden, unter anderem mit separaten Duschanlagen, etc. Heute leisten jedes Jahr ungefähr 750 Frauen Grundwehrdienst – dies aber als freiwillig Dienstleistende. Deshalb sind schon heute zahlreiche Garnisonen vorhanden, mit Soldatenkasernen, die für Frauen geeignet sind. Sicherheitspolitik Heute noch freiwillige, selbstverständliche Zusammenarbeit. Bilder: Norwegische Streitkräfte Allerdings werden nicht alle Frauen Wehrdienst leisten müssen. Von insgesamt etwa 60 000 jungen Frauen und Männern im Alter von 18 Jahren benötigen die norwegischen Streitkräfte jährlich lediglich etwa 10 000 Grundwehrdienstleistende. Dies bedeutet, dass vieles von der Motivation und Bereitschaft der einzelnen Personen abhängen wird. Es bedeutet aber auch, dass die Streitkräfte die besten Kandidaten auswählen können. Die Personen, die körperlich oder psychisch ungeeignet für den Militärdienst sind werden schon in der ersten Phase der Musterung abgewiesen. Die Phase zwei der Musterung besteht zuerst aus einem Gespräch. Wer nicht motiviert ist, kommt nicht weiter in den Auswahlprozess. Am Ende werden nur die ausgehobenen Frauen und Männer, die fit und motiviert sind, für die zweimonatige Rekrutenschule aus- gewählt. Nach der Rekrutenschule leisten die Mannschaften weitere 10 Monate Dienst. Der gesamte Grundwehrdienst beträgt somit 12 Monate. Warum 12 Monate? Norwegen weist vier sehr unterschiedliche Jahreszeiten und ein herausforderndes Klima und Topografie aus. Diese müssen die Soldaten in allen geografischen Teilen Norwegens meistern können. Bei den Teilstreitkräften Heer und Marine laufen Pilotprojekte mit 18 Monaten Wehrdienst. Es geht hier um Mannschaften, die in der Lage sein sollen, besonders anspruchsvolle Geräte bedienen zu können. Wehrpflichtige werden nicht ausserhalb von Norwegen dienen. Um zum Beispiel im norwegischen Kontingent bei der ISAF in Afghanistan dienen zu können, müssen die Soldaten nach dem zwölfmonatigen Grundwehrdienst zusätzlich eine sechsmonatige missionsspezifische Ausbildung durchlaufen. Norwegen wird mit dieser Neuregelung der Wehrpflicht das erste europäische Land und das erste NATO-Mitgliedland werden, dass in Friedenszeiten Frauen zur Armee einzieht. Bisher dienten sie auf freiwilliger Basis. Das Ziel ist, dass schon im Jahr 2020 etwa 20 Prozent der Armeeangehörigen Frauen sein sollen. Der gesamte Wehrdienst beträgt in Norwegen laut Gesetz bis zu 19 Monate. Nach dem Grundwehrdienst (12 Monate) werden die Soldaten der «Hjemmevernet» («Landesverteidigung / National Guard») zugeteilt. Dies weist bei einer Mobilma- chung einen Personalbestand von 45000 Wehrpflichtigen auf. Jedes Jahr trainieren diese Soldaten an bis zu 9 Übungstagen, bis sie das Alter von 44 Jahren erreichen (Offiziere bis 54 Jahre). Die 10 000 Mannschaften im Grundwehrdienst stellen somit eine sehr wichtige Quelle für den Nachwuchs der norwegischen Streitkräfte dar. Nach dem zwölfmonatigen Grundwehrdienst entscheiden sich viele für eine Karriere als Offizier oder Spezialoffizier (Unteroffizier oder Soldat auf Zeit). Für jede Stelle bewerben sich in der Regel 5 bis 8 Mannschaften. Damit können auch hier die Besten ausgewählt werden. In den letzten Jahren haben die norwegischen Streitkräfte ihren Ruf verbessert. Dies gilt auch für den Wehrdienst. Es ist auch deshalb wieder populär geworden, den Grundwehrdienst zu leisten. Der Zivildienst als Alternative für den Militärdienst mit der Waffe wurde in Norwegen im Jahr 2010 abgeschafft – fast niemand wollte diesen Dienst. ■ * Frode Vincent Faeravaag ist Kapitän zur See in der Königlich Norwegischen Marine. Er ist Verteidigungsattaché für Deutschland, Österreich und die Schweiz, mit Sitz in Berlin. Kapitän Zur See Frode Vincent Faeravaag Verteidigungsattaché Königlich Norwegische Botschaft Berlin D-10777 Berlin ASMZ 12/2014 15 Sicherheitspolitik Balkan – ewiger Unruheherd? Gerade zwei Flugstunden trennen uns vom ehemaligen Jugoslawien. Seine sechs Nachfolgestaaten – schon das Nennen der Zahl bedeutet Parteinahme in einem bitteren Konflikt – wandten sich nach den Balkankriegen (1991–1995) Europa zu, erzielten dabei ganz unterschiedliche Fortschritte. Eugen Thomann, Redaktor ASMZ Slowenien und Kroatien schafften bereits den Beitritt zur Europäischen Union. Montenegro verhandelt darüber mit der EU seit 2012. Mazedonien sieht sich von Griechenland durch einen schwer verständlichen Namensstreit blockiert, weil es seinen Namen mit einer griechischen Region teilt. – Das Serbien, das von Serbien immer noch beanspruchte Kosovo und Bosnien-Herzegowina sind nach wie vor tief in innere wie äussere Konflikte verstrickt. Diesen drei Staaten galt die Aufmerksamkeit, als kürzlich das seit 20 Jahren von verschiedenen sicherheitspolitischen Organisationen und vom VBS getragene «Colloquium Sicherheitspolitik» in Zürich der Frage nachging «Kommt der Balkan je zur Ruhe?». Im einleitenden Grusswort empfand Botschafter Christian Catrina, Chef Sicherheitspolitik im Generalsekretariat des VBS, den Westbalkan mit seinen Krisen als einen alten Bekannten, nach dessen Befinden man sich heute wieder einmal erkundige. Anschliessend referierte Minister Raphael Nägeli, im EDA Mitglied der «Task Force OSZE-Vorsitz», über die «OSZE-Baustellen im Westbalkan» und beleuchtete der als Redaktor für den Zürcher «Tages-Anzeiger» tätige Journalist Enver Robelli «Die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Vergangenheitsbewältigung». Für das danach von Irène Thomann-Baur geleitete Podiumsgespräch gesellte sich der Kommandant von SWISSINT (Kompetenzzentrum für Auslandeinsätze der Schweizer Armee), Oberst i Gst Fredy Keller, zu den drei Referenten. Langsam und geduldig erzielte Fortschritte Im Kosovo wirken nebeneinander die internationale Schutztruppe KFOR, dank der ruhiger gewordenen Lage von 50 000 auf 5500 Soldatinnen und Soldaten 30 ver- 16 ASMZ 12/2014 schiedener Staaten geschrumpft, Missionen der EU und die grösste Feldmission der OSZE. Wie das nahezu zahlungsunfähige Serbien kämpft Kosovo mit riesigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten; die rund 800 000 Emigranten (davon lebt ein bedeutender Anteil in der Schweiz) unterstützen ihre Angehörigen mit namhaften Unterstützungszahlungen und bilden so den entscheidenden Wirtschaftsfaktor. Bosnien-Herzegowina steckt in einer besonderen Blockade. Kraft des Vertragswerks von Dayton, welches 1995 segensreich einen Krieg beendete, waltet in diesem Land eine eigene Vollzugsorganisation mit einem von der EU gestellten «Hohen Repräsentanten» an der Spitze. Blick auf den Balkan mit seinen Unruheherden. Bild: wikimedia Sie schränkt die Souveränität der landeseigenen Strukturen ein; die gliedern sich in die drei «Ethnien» der Serben, Kroaten und muslimischen Bosniaken bis hin zu einem dreiköpfigen Staatspräsidium. Diese Organisation erweist sich heute auch in den Augen der internationalen Gemeinschaft als revisionsbedürftig. Indes blockiert die politische Elite, die sich mit diesem Zustand eingerichtet hat, vorderhand jede Reform von «Dayton». Während das Land aus den internationalen Medien verschwunden ist, regt sich Widerstand der Bürger gegen als abgehoben empfundene Politiker. Das offenbarten die jüngsten Wahlen mit erheblichen Verschiebungen. Am Ende einer Reihe von 1992 angehobenen internationalen Friedensoperationen steht heute eine kleine von der EU geleitete Schutztruppe im Land (Operation ALTHEA). Die Schweiz beteiligte sich früh mit Freiwilligen an internationalen Friedensoperationen im ehemaligen Jugoslawien. Wie ihre Geschichte zeigt, mag man sie zu Recht als langwierig empfinden, zeugt ihr Wandel indes von wichtigen Teilerfolgen: Den Anfang bildete 1996 die zunächst unbewaffnete SWISSCOY zum logistischen Unterstützen des physischen Wiederaufbaues im Kosovo. Zeitweise trat sie als Infanteriekompanie mit Radpanzern auf, hauptsächlich eingesetzt zum Schutz der serbischen Klöster im Kosovo. Die Aufgabe erübrigt sich inzwischen dank dem Aufwuchs der aus den verschiedenen Bevölkerungsteilen gemischten einheimischen Polizei. Immerhin stehen derzeit noch 235 freiwillige Angehörige der Armee bei SWISSCOY; in den Vordergrund rückten jedoch weniger martialische Tätigkeiten wie Einsätze der Militärpolizei, Lufttransporte, und die vier dezentralisiert in der Bevölkerung lebenden Verbindungs- und Beobachtungsteams. Ein weiterer Schritt führt zum Rückzug der Helfer auf Ausbildung und Coaching, namentlich für das Beseitigen der grossen Menge aus dem Krieg zurückgebliebener Minen, die immer wieder viele Opfer kosten. – Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich in Bosnien-Herzegowina ab, wo SWISSINT für die Operation ALTHEA einige Stabsoffiziere, zwei achtköpfige Verbindungs- und Beobachtungsteams sowie Spezialisten stellt, die einheimische Kräfte im Vernichten oder Bewirtschaften von Munitionsbeständen ausbilden, zusammen mit Schweden und Österreich. Übereinstimmende Diagnosen Der Diplomat Nägeli, der ursprünglich aus dem Kosovo stammende Journalist Robelli und der militärische Experte trugen ein weitestgehend übereinstim- Sicherheitspolitik mendes Bild zusammen, mochte auch der ternationale Präsenz erreichte wenigstens eine das sprichwörtliche Glas eher halb- das Abklingen physischer Gewalt. Als leer und der andere es halbvoll schildern. Gradmesser und Beispiel dienten die VorRobelli kritisierte die Doppelzüngig- gänge, die am 14. Oktober in der serbikeit der reich gewordenen politischen schen Hauptstadt Belgrad um ein FussEliten, die zuhause mit scharfen natio- ballspiel entbrannten, wozu eine albanalistischen Reden ihre Anhänger bei nische Mannschaft gegen die einheimiLaune halten und anfeuern, in Brüssel schen Serben angetreten war. Erst erklanjedoch respektvoll und zukunftsbezo- gen wüste nationalistische Hassgesänge gen auftreten. Kein Wunder, arbeiten der serbischen Zuschauer. Dann provointernationale Organisationen gerne mit zierte das sprichwörtliche rote Tuch, die ihnen. von einer Kleindrohne über das Stadion Unterdessen steht eine erst schwach geschleppte rote Fahne mit dem albaentwickelte Zivilgesellschaft den autoritär nischen Doppeladler und den Umrissen machtbezogenen Strukturen gegenüber, eines sich über mehrere jugoslawische funktioniert namentlich die Justiz nicht richtig. Das gilt in gewissem Sinne sogar für das «Haager Tribunal», den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien; er kann nur einen Anfang bilden, die übelsten seit 1991 im Krieg begangenen Verbrechen zu ahnden versuchen, kommt Die Expertenrunde verströmt gedämpften Optimismus. infolge grosser praktischer Schwierigkeiten bloss schleppend voran Nachfolgestaaten erstreckenden «Grossund hat seine Aufgabe noch nicht erfüllt, albaniens». Um dieses Textil rauften die obwohl sich das Auslaufen seines Manda- beiden Mannschaften. Nach Schlägerei tes abzeichnet. und Spielabbruch ergingen sich Medien Korruptionsvorwürfe zielen mittlerwei- und Politiker in nationalistischen Vorle selbst auf Mitarbeiter internationaler würfen und Sprüchen. Aber manche der Organisationen wie der EULEX, der im beidseits beteiligten Sportler reisten umKosovo wirkenden Rechtsstaatlichkeits- gehend in die Schweiz zurück, um einanmission der EU. Das rief bisher kaum Re- der dort in ein und demselben Fussballaktionen hervor. So droht die Gefahr der club bald wieder zu begegnen. Die WafResignation. Kritiker der Zustände gera- fen jedenfalls schwiegen! ten zwischen die Fronten, fühlen sich von Die Fortschritte herrschen also vor, so der Welt im Stich gelassen und sehen sich lange diese zähen Prozesse auch währen von den eigenen Landsleuten des Verrats mögen, derweil neben Hoffnung immer beschuldigt. wieder Rückfallgefahr aufkommt. ZuIn dieser Lage kommt viel auf die Me- versicht schöpfte Robelli aus dem Druck dien an, wäre gelebte Medienfreiheit sehr der Bevölkerung und Nichtregierungsorwichtig. Ihr Zustand rechtfertigt der- ganisationen wie jener, die mit der Unterzeit wenig Optimismus: Im Kosovo schuf suchung beiderseitiger Kriegsverbrechen man 1999 nach Schweizer Muster gegen einen Beitrag zu Trauerarbeit und Versöhamerikanischen Widerstand ein öffent- nung leisten will. – Die Schweiz rief er auf, lich-rechtliches Fernsehen. Inzwischen mehr zu tun, zumal sie dank ihrer Kenntsind die internationalen Helfer abgezo- nisse und der bisherigen Verdienste dazu gen und das Programm mutet sozusa- am ehesten infrage komme. gen «nordkoreanisch» staatstreu an. – In einen ähnlichen Sog der Verhältnisse ge- Was richten die «Internationalen» riet die weitgehend von westlichen Konaus – oder an? zernen aufgekaufte kroatische Presse; Schon 2003 hiess es auf einem GipfelRobelli klagte über ihren Qualitätsvertreffen der EU mit den westbalkanischen lust. Dennoch unterstreichen selbst die Staaten in Thessaloniki: «Die Zukunft schlimmsten aktuellen Schlagzeilen: Der des Balkans liegt in der EU». – TatsächKrieg ist vorbei. Die fortdauernde in- lich erweist sich die Beitrittsaussicht al- lenthalben als entscheidend. Die von der EU als Bedingung geforderten Standards wirken als die grossen Treiber, im Verein mit als «Vorbeitrittshilfen» winkenden Subsidien. Serbien drohen nach vier verlorenen Kriegen «griechische Zustände» mit Rentenkürzungen und massivem Staatsstellenabbau, ja letztlich der Bankrott. Kosovo leidet fünf Monate nach den Wahlen immer noch unter einer politischer Handlungsunfähigkeit, weil die grösste Partei wegen Korruptionsverdachtes von allen anderen als Koalitionspartner gemieden, vom Verfassungsgericht aber gestützt wird. Derweil gälte es dringend, mittels Vereinbarungen über Visafreiheit die Isolation zu durchbrechen. Da wirkt längerfristig die Integration zwingend als Ausweg. So strebt Serbien Beitrittsverhandlungen an und hofft Kosovo auf einen Assoziierungsvertrag. Bild: ASMZ Unterdessen mischen andere sich ein. Mit innigen Küssen empfing das offizielle Belgrad kürzlich den russischen Präsidenten Wladimir Putin, dessen scheinbar offene Hand und Geldbörse sich wohltuend abheben von den teils harten Bedingungen der EU. Neben Krediten winkte vor Eintritt des Winters ein tieferer Gaspreis. Indessen beschränken sich russische Investitionen auf den Anteil von fünf Prozent und öffnen sich Exportnischen einzig, weil Russland während der Ukrainekrise im Zug von Gegensanktionen den Import westlicher Produkte einschränkt. Die OSZE wirkt als «Nischenplayer». Sie unterhält Missionen in allen Ländern des Westbalkans, mit Ausnahme von Slowenien und Kroatien. Im Kosovo ermöglichte ihre Arbeit das Durchführen von Gemeindewahlen, das Kommunalisieren der Verwaltung, Gesprächsrunden in jeder Gemeinde. Dabei geht es um die Eingliederung serbischer Gebiete in den kosovarischen Staat mit der Autonomie, wie sie das unter europäischem Druck zustande gekommene Normalisierungsabkommen vom April 2013 vorzeichnet. Dazu ist die Polizei unter Einbezug der Serben und der Roma zu reorganisieren, die mittlerweile Stellvertreterfunktionen bis in die höchsten Führungsstufen bekleiden. Dieser Vollzug geschieht nur harzig, immerhin möglichst lautlos. ■ ASMZ 12/2014 17 Sicherheitspolitik Europa unter Spannung Die Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten (Terror durch IS) stellen Europa und die NATO vor enorme Herausforderungen. Erstmals seit Jahrzehnten wird die territoriale Ordnung auf dem Kontinent infrage gestellt; zugleich droht in der europäischen Nachbarschaft ein Flächenbrand der Gewalt. rungsdrohnen über der Ostukraine vorgelegt. Gemäss Planungen der BundesUnter dem Motto «Europa unter Spanwehr sollen nebst 200 Soldaten für Benung» wurde an der diesjährigen Handelsdienung, Logistik und Schutz auch minblatt-Konferenz «Sicherheitpodestens zwei Drohnensysteme litik und Verteidigungsindus«Luna» für diese Mission vortrie» in Berlin Mitte Oktober gesehen sein. Wie weit die Mei2014 über die aktuellen sichernungen über die Wirkung, resheitspolitischen Themen orienpektive Aufhebung der gegentiert. Wichtige Fragen wurden über Russland ausgesprochenen mit den Hauptakteuren der euSanktionen auseinander gehen, ropäischen Aussen- und Sicherzeigte sich bei den anschliessenheitspolitik sowie mit Vertretern den Diskussionen. Auf der einen aus der Rüstungsindustrie disSeite die Vertreter der deutschen kutiert. Hauptthemen waren: Wirtschaft, die auf eine rasche • Die Krisen in der Ukraine und Aufhebung der Sanktionen hofim Nahen Osten; fen und auf den bereits feststell• Auswirkungen der laufenden baren, markanten Rückgang der Krisen auf VerteidigungshausExporte im Maschinenbau und halte und Streitkräftereformen; bei den Autos hingewiesen ha• Aktuelle Herausforderungen Die Bundeswehr plant den Einsatz von Aufklärungsdrohnen zur ben, und auf der anderen Seite Unterstützung der OSZE bei der Überwachung der Krisenregion und Risiken für die NATO; der Aussenminister Litauens, Bilder: Autor • Zukunftsperspektiven der eu- Ostukraine; im Bild die Drohne «Luna». der die russischen Aggressionsropäischen Rüstungsindustrie; absichten in den Vordergrund • Diskussion über künftige Bedeutung wurde mehrmals auf die allgemein gute stellte und noch weitergehende SanktioUnbemannter Luftfahrzeuge; Arbeit der Schweiz beim aktuellen Kri- nen verlangte. • Lehren aus dem Afghanistan-Einsatz. senmanagement in der Ukraine hingewiesen. Die Bedeutung der OSZE wird Krisenregionen auch durch die deutsche Absicht bekräfZur Krise in der Ukraine in Nahost und Nordafrika tig, ab 2016 selber die Präsidentschaft Drei Jahre nach dem Beginn des AraDie Annexion der Krim und die mit rus- dieser Organisation zu übernehmen. Als sischer Unterstützung geführten Kämpfe Hauptaufgaben im Hinblick auf eine bischen Frühlings versinken verschiedein der Ostukraine haben überwunden ge- schrittweise Lösung der Ukrainekrise sind ne Regionen in blutigen Konflikten. In Syrien, Libyen und dem Irak bedrohen glaubte Spannungen zwischen Russland vorgesehen: auf der einen Seite und der EU sowie den • Ein umfassendes Monitoring durch die laufenden Auseinandersetzungen und Aufstockung des Personalbestandes Kampfhandlungen den Fortbestand ganUSA auf der andern Seite neu ausgelöst. der OSZE und eine umfassende lü- zer Staaten. Trotz Bekämpfung mit LuftTrotz intensiven diplomatischen Bemückenlose Überwachung der Krisen- kriegsmitteln rätselt der Westen weiterhungen belastet der Konflikt die politiregion, unter anderem auch mit dem hin, mit welcher Allianz und mit welchen schen und wirtschaftlichen Beziehungen, geplanten Einsatz von Aufklärungs- Mitteln er auf die enormen Herausfordedie zunehmend auch unter den verhängrungen in Europas unmittelbarer Nachten Sanktionen leiden. Bisher zeichnet drohnen; sich kein Ausweg aus der verfahrenden • Kontrolle und Überwachung der Men- barschaft reagieren soll. Niemand glaubt aber heute daran, dass der Vormarsch der schenrechte; Lage ab. In der Diskussionsrunde wird mehrfach auf die aktuelle Bedeutung der • Verstärkter politischer Druck auf die IS-Kämpfer mit Luftkriegsmitteln alleine erfolgreich bekämpft werden kann. Unter Konfliktparteien. OSZE hingewiesen, der im Moment am anderem wird darauf hingewiesen, dass ehesten eine Rolle zur Lösung dieses KonUnterdessen haben Deutschland und der seinerzeit hochgelobte Luftkrieg geflikts zugemutet wird. Ausgeschlossen werden eine direkte Intervention der NATO Frankreich der OSZE ein Einsatzkon- gen Libyen, der ohne Mitteleinsatz am sowie Waffenlieferungen an die ukraini- zept für eine Überwachung mit Aufklä- Boden stattgefunden hatte, unterdessen Hans Peter Gubler, Redaktor ASMZ 18 ASMZ 12/2014 schen Streitkräfte. Zudem wird klar festgehalten, dass dieser Konflikt mit militärischen Mitteln nicht gelöst werden kann. Von deutscher und europäischer Seite Sicherheitspolitik zu einer äusserst prekären Sicherheitslage auf dem ganzen Staatsgebiet geführt hat. Dies hat heute schwerwiegende Auswirkungen auf die Sicherheitslage in den Nachbarstaaten sowie einen unkontrollierbaren Waffentransfer nach Schwarzafrika. Zur Erhöhung der Verteidigungsbudgets Anlässlich ihres Gipfeltreffens in Wales vom vergangenen September hatte die NATO nebst einer Verstärkung und Flexibilisierung der Einsatzkräfte auch intensiv über eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben der Bündnisstaaten debattiert. Gegenwärtig tragen die USA mit einem Anteil von 3,8 % des BIP rund 75 % der NATO-Militärausgaben. Einmal mehr wurde die Forderung laut, die Militärausgaben auch in den europäischen Partnerarmeen auf rund 2 % der Wirtschaftsleistung anzuheben. Dieses Ziel steht allerdings noch in weiter Ferne; immerhin wollen elf NATO-Staaten (ohne Deutschland) einen verbindlichen Zeithorizont zur Aufstockung der Militärausgaben setzen. In Deutschland sind beispielsweise die Verteidigungsausgaben zwischen 1990 und 2010 von 2,8% auf nur noch 1,4 % des BIP geschrumpft. Trotzdem wird vorerst auf eine Erhöhung verzichtet; die deutsche Politik will sich aber für eine beschleunigte Modernisierung (Erhöhung der Investitionen) sowie auf eine verstärkte Kooperation im europäischen Rahmen (Pooling und Sharing) einsetzen. Nachdenken über Neuausrichtung der Bundeswehr Eine Korrektur der ab 2010 eingeleiteten Neuausrichtung, respektive Reform der Bundeswehr (siehe ASMZ 12/2010) ist gemäss Vertretern aus dem deutschen Verteidigungsministerium unabdingbar. Denn die Streitkräfte seien in den letzten Jahren allgemein zu stark auf die Stabilisierung von Konfliktregionen (beispielsweise auf dem Balkan und in Afghanistan) ausgerichtet worden. Mit dem Grundsatz der Neustrukturierung «Breite vor Tiefe» sei zudem ein falsches Bild suggeriert worden. Gemäss heutiger Definition sollte die Bundeswehr eine Armee für alle möglichen Szenarien sein; sie habe heute von allem etwas, aber könne nichts richtig machen. Ergo sei die Bundeswehr nicht mehr durchhaltefähig. Dies Ende November 2014 ist das erste Transportflugzeuge A400M «Atlas» an die Bundeswehr ausgeliefert worden; geplant war eine Einführung ab 2010. sei neben der mangelnden Finanzausstattung einer der Hauptgründe für die aktuellen Probleme bei den Rüstungsprojekten. Was soll geändert werden: Die Bundeswehr soll künftig nicht mehr sämtliche der heute definierten militärischen Fähigkeiten beherrschen können. Sie soll sich auf spezielle Qualifikationen konzentrieren, die sie dann im Verbund mit Partnernationen (EU oder NATO) in eine Mission einbringen kann. Bezüglich Streitkräfteplanung heisst dies so viel wie Schwerpunkte setzen, sei dies bei den Fähigkeiten, aber auch bei der Bewaffnung und Ausrüstung. Gleichzeitig wird sowohl von politischer als auch militärischer Seite auf die Notwendigkeit einer gemeinsamen leistungsfähigen europäischen Armee hingewiesen. Die aktuellen Probleme bei den Bundeswehrprojekten Von den über 1200 Rüstungsprojekten der Bundeswehr gibt es einige mit zum Teil erheblichen Abweichungen vom geplanten Zeit-, Leistungs- und Kostenrahmen. Auf die zunehmende Kritik hin, hat die deutsche Verteidigungsministerin eine umfassende Überprüfung der Projekte durch externe Beratungsfirmen angeordnet. Untersucht werden im Wesentlichen die folgenden Rüstungsprojekte: • Schützenpanzer «Puma» von PSM; • Transportflugzeug Airbus A400M; • Waffensystem «Eurofighter»; • Unterstützungshubschrauber «Tiger»; • NATO-Transporthelikopter NH-90; • Funkgerät SVFuA (verbundfähige Funkgeräteausstattung); • Nachfolge UAV «Euro Hawk»; • Fregatte F15; • Luftverteidigungssystem MEADS. Ziel ist es, eine umfassende Bestandesaufnahme und Risikoanalyse dieser zentralen Rüstungsprojekte durchzuführen und die Strukturen und Prozesse im Management auf den Prüfstand zu stellen, vollständige Transparenz für Politik und Öffentlichkeit herzustellen und notwendige Verbesserungen aufzuzeigen. Wie der Vorstandsvorsitzende der Airbus Gruppe, Dr. Enders, am Beispiel des neuen europäischen Transportflugzeuges A400M «Atlas» aufzeigte, haben die gegenwärtigen Probleme bei den laufenden Rüstungsprojekten, die übrigens nicht nur Deutschland betreffen, verschiedene Ursachen, wie beispielsweise: • Fehler beim Rüstungsmanagement mit meist gravierenden Auswirkungen auf den Zeitplan (z.B. beim Transportflugzeug A400M); • Ständige Anpassungen verbunden mit zum Teil zu hohen technischen Anforderungen; • Zu viele Einzelinteressen durch Einzelstaaten bei multinationalen Projekten (europäische Lösungen brauchen künftig klare Lead-Nationen); • Einschränkungen beim Export: ohne Exportmöglichkeiten können sich die Rüstungsindustrien nicht weiter entwickeln, mit negativen Auswirkungen auch auf europäische Projekte (z.B. bei UAV-Programmen). ■ ASMZ 12/2014 19 Sicherheitspolitik Die NATO übt die Bündnisverteidigung Angesichts der veränderten Sicherheitslage geniesst die Verteidigung des Bündnisraumes wieder Priorität, wie eine Übung der Allianz in Polen gezeigt hat. Gleichzeitig wird die Reaktionsfähigkeit der NATO Response Force erhöht. Bruno Lezzi Gegen Ende Oktober ist die zehntägige Stabsrahmenübung «Trident Joust 2014» der NATO beendet worden, die unter Leitung des Befehlshabers des Allied Joint Force Command Brunssum, des deutschen Viersternegenerals Hans-Lothar Domröse, im polnischen Bydgoszcz stattgefunden hatte. In dieser Stadt befindet sich das Joint Force Training Center, dessen bauliche und technische Infrastruktur gute Möglichkeiten für die Ausbildung militärischer Stäbe bietet. Wie das Joint Warfare Center in Stavanger gehört auch das polnische Schulungszentrum zum Allied Command Transformation in Norfolk (Virginia). Politische Botschaft Für die rund 400 Stabsangehörigen aus 23 Staaten, die auf dem Luftweg nach Polen verschoben worden waren, ging es hauptsächlich darum, sich mit den Arbeitsprozessen wieder vertraut zu machen und sich auf die Truppenübung «Trident Juncture 2015» in Italien, Spanien und Portugal vorzubereiten. Auf Grund der in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts von den amerikanischen Streitkräften entwickelten Konzepte zur Führung von multinationalen, aus den Teilstreitkräften Heer, Luftwaffe und Marine zusammengesetzten Einsatzverbänden (Combined Joint Task Forces) hat auch die NATO dem Aufbau rasch verlegungsfähiger Hauptquartiere ein spezielles Augenmerk geschenkt, deren Strukturen periodisch verfeinert und in verschiedenen Übungen erprobt wurden. Mit ihrer Präsenz in Polen wollte die Allianz nicht zuletzt auch ihr ungebrochenes Sicherheitsengagement in Europa demonstrieren. Dieser Absicht hätte das Übungsszenario nicht besser entsprechen können. So ging es gemäss Artikel 5 des Nordatlantikvertrages um Bündnisverteidigung auf dem Territorium eines Mitgliedlandes und nicht um eine Operation 20 ASMZ 12/2014 zur Stabilisierung eines Krisenherdes, wie dies in den letzten Jahren oft der Fall gewesen war. Damit erhielt das Unternehmen einen starken politischen Akzent. Kampf im zivilen Umfeld Nach einem Angriff des Landes Bothnien auf die zu Estland gehörende Insel Hiiumaa ging es darum, die feindlichen Kräfte zurückzuwerfen, die Lage in Zusammenarbeit mit den zivilen Behörden zu bereinigen und mit militärischer Präsenz den Gegner vor weiteren AbenteuStabübung beginnt! Bilder: AJFC Brunssum ern abzuschrecken, was – nicht überraschend – bei Übungsabbruch auch gelang. Die Bewaffnung des Angreifers mit ballistischen Boden-Boden-Raketen vom Typ Scud-D liess keine Zweifel darüber aufkommen, dass mit Bothnien Russland gemeint war. Eine französische und eine amerikanische Brigade führten Offensivaktionen gegen die zurückweichenden und nur noch hinhaltend kämpfenden gegnerischen Truppen durch, wobei die NATO über die Luft- und die Seeherrschaft im Einsatzraum verfügte. Für die gesamte Operation stand – selbstverständlich auf dem Papier – ein rund 40 000 Soldaten starker Verband, die «Baltic Force», unter Sicherheitspolitik Beteiligung des auch für rasche NATOEinsätze vorgesehenen französischen Korps in Lille zur Verfügung. Die Allianz kann insgesamt auf neun solcher Korps-Hauptquartiere greifen, beispielsweise auf das Allied Rapid Reaction Corps in Grossbritannien. Kern der zugunsten Estlands eingesetzten Task Force bildete die NATO Response Force (NRF). Die frühmorgendliche Orientierung Hans-Lothar Domröses durch Stabsoffiziere im Lageraum, der gleichzeitig auch als Operationszentrum diente, zeigte, in welch fein synchronisiertem Zusammenspiel militärische Einsätze geplant und geführt werden müssen. Die laufende Kampfführung koordinierte der im Irak und in Afghanistan kriegserprobte amerikanischer Heeresoberst Donovan Philipps im sogenannten Joint Operational Center im üblichen Rhythmus militärischer Entschlussfassung. Anspruchsvoll war die Übung auch insofern, als militärische Einsätze in einem zivilen Umfeld und in einem Kommunikationsumfeld stattfanden, das weitgehend durch soziale Netzwerke bestimmt war, deren dreh- Während der Stabsrahmenübung «Trident Joust 2014» im polnischen Bydgoszcz. buchartig vorbereitete Aktivitäten laufend überwacht wurden. Überdies legte eine Cyberattacke die Energieversorgung lahm. Mit dem Ziel, den Chefs der jeweiligen Stabsbereiche für die Beurteilung schwieriger Probleme als Gesprächspartner zur Seite zu stehen, wirkten zwei pensionierte niederländische Generäle, die auf langjährige Erfahrungen aus Einsätzen auf dem Balkan und in Afghanistan zurückblicken können. Der ehemalige Generalleutnant Ton van Loon, der unter anderem die Südregion der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan und das 1. Deutsch-Niederländische Korps befehligt hatte, meinte, dass im Gegensatz zu Stabilisierungsoperationen bei der Bündnisverteidigung Souveränität und Kompetenzen des unterstützten Mitgliedlandes strikt zu befolgen seien. Koordination der Übungstätigkeit «Trident Joust 2014» stützte sich auf das Konzept der «Connected Forces Initiative» ab, die 2012 auf dem NATO-Gipfel in Chicago beschlossen worden war und dazu beitragen soll, die unter der Bezeichnung «NATO Forces 2020» gesteckten materiellen und operationellen Ziele zu erreichen. Dabei geht es – grob gesprochen – unter anderem darum, mit intensiven, fein aufeinander abgestimmten Übungen die Interoperabilität der Streitkräfte der Mitgliedländer so zu verbessern, dass ein möglichst friktionsloses Zusammenwirken im Einsatzfall möglich wird. Wie General Domröse erklärte, ist dabei der Führung von Brigaden ein besonderes Augenmerk zu schenken. Mit dem Ziel, Synergien zu gewinnen, sind bereits Erkenntnisse aus der kurz zuvor durchgeführten multinationalen Übung «Anakonda» unter polnischer Leitung und aus dem letztjährigen NRF-Manöver «Steadfast Jazz 2013» in die Stabsrahmenübung des Joint Force Command Brunssum eingeflossen. Verbindungen bestanden aber auch zum nicht simulierten Bataillon eines schwer gepanzerten Brigade Combat Teams der 1. Kavalleriedivision der US Army. Im Rahmen der «Operation Atlantic Resolve» im Bal- tikum und Polen hat diese Truppe kürzlich Soldaten der 173. Luftlandebrigade abgelöst. Baldige Entscheide zur NRF Die spätere Auswertung der Übung soll vor allem auch Aufschluss über die Zukunft der NRF geben, deren Führung dieses Jahr Domröse innehat. Im jährlichen Turnus wird 2015 der Befehlshaber des Joint Force Command Naples, der amerikanische Admiral Mark Ferguson, die Verantwortung für diesen Einsatzverband übernehmen. NATO-Kommandobereiche sind zurzeit daran, die NRF gemäss dem auf dem Gipfel in Newport gefassten Beschluss, eine sehr rasch einsatzbereite Formation (Very High Readiness Joint Task Force, VJTF) zu bilden, weiterzuentwickeln. Dabei wird die NRF ihre gegenwärtige Stärke von über 20 000 Soldaten wohl behalten. Nur die jetzige Immediate Reaction Force (13 000 Soldaten), sollen zu einer sehr rasch verfügbaren Brigade unter Einbezug von Luft- und Seestreitkräften umgegliedert werden. Ende Jahr werden die entsprechenden Planungen abgeschlossen sein; und Anfang Februar 2015 soll darüber beim Treffen der Verteidigungsminister entschieden werden. Da die VJTF stets auf hohem Trainingsstand gehalten werden muss, sind für die Bodentruppen Standorte in der Nähe von geeigneten Übungsplätzen abzuklären. Dabei fällt, wie Domröse bemerkte, der US Army Europe mit der ihr zur Verfügung stehenden Ausbildungsinfrastruktur eine Schlüsselrolle zu. Auch wenn zurzeit militärische Aspekte Priorität geniessen, ist sich Domröse bewusst, dass Streitkräfte immer nur im Verbund mit politischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Massnahmen eine langfristig positive Wirkung entfalten können. Und in ähnlichem Sinn ist auch seine Beurteilung zu verstehen, wonach das gegenwärtige Engagement der NATO in Osteuropa einem Balanceakt gleichkomme. Es gelte nämlich, die dort ansässigen Bevölkerungen zu schützen und gleichzeitig Russland nicht zu provozieren. ■ Oberst i Gst Bruno Lezzi Dr. phil. Lehrbeauftragter Uni Zürich 8802 Kilchberg ZH ASMZ 12/2014 21 Sicherheitspolitik Stossrichtungen europäischer Streitkräftereformen im Überblick In den ASMZ-Ausgaben 06 und 07/2013 wurden Elemente der Transformation westlicher Streitkräfte vorgestellt. Anknüpfend daran sollen im Folgenden Stossrichtungen in einigen ausgewählten Reformprojekten näher betrachtet werden. Insbesondere werden die an die Streitkräfte gestellten Ansprüche («Leistungsprofil») und die ihnen zur Verfügung stehenden schweren Mittel in den Teilstreitkräften Heer und Luftwaffe betrachtet. Finnland auf der anderen Seite geht weiterhin davon aus, dass seine StreitkräfIn den letzten Jahren wurden vor allem te dazu fähig sein müssen, die Unabhändie europäischen Streitkräfte sehr stark gigkeit des Landes autonom zu verteiauf die laufenden Stabilisierungseinsätdigen, was durch die geostrategische Laze ausgerichtet. Dementsprechend wurge, die politischen Voraussetzungen und de vielerorts die Wehrpflicht aufgehoben historischen Begebenheiten mitbestimmt oder zumindest ausgesetzt (z.B. in Schwewird. Die primäre Aufgabe der finnischen den und Deutschland) und zugleich wurStreitkräfte besteht denn auch darin, einen militärischen Angriff von aussen abzuden die Streitkräfte auch materiell für solhalten. Im Vergleich zum Nachbarland che Einsätze in Übersee umgebaut. Dies Norwegen sollen die am schnellsten verging meist einher mit massiven Redukfügbaren Kräfte daher auch zur tionen der Verteidigungsbudgets, Abwehr bewaffneter Aggressioweshalb vielerorts die noch aus nen dienen und nicht unbedingt der Zeit des Kalten Krieges stammenden schweren Mittel und grosfür internationale Einsätze bereitsen Verbände stark schrumpften. stehen.2 Auch wenn momentan wohl Nachdem nun das Ende des Eineine gewisse Ratlosigkeit bezügsatzes grösserer Truppenverbände lich der einzuschlagenden Richin Afghanistan näher rückt, stellt tung besteht, lässt sich aus den sich indessen die Frage, wie die Streitkräftetransformation weiter *Mechanisiert und Kaliber > 20mm **nicht mechanisiert Reformprojekten dennoch herauslesen, dass auch in Zukunft nicht voranschreiten wird. Wird nach endgültig auf schwere Systeme wie vor grundsätzlich mit Stabili- Vergleich der aktuellen/geplanten Bestände an schweren verzichtet wird. Militärische Mitsierungseinsätzen gerechnet? Oder Mitteln der verschiedenen Streitkräfte, eigene Zusammenbesinnen sich Politiker und Mi- stellung basierend auf offiziellen Dokumenten und Hinweisen tel mögen im Rahmen der Krimlitärs (auch angesichts der Vorgän- der VA, Stand Mai 2014. Rot = tiefster Bestand im Vergleich, Krise nicht alleine zur Annexion ge auf der Krim und in der Ost- grün = grösster. durch Russland geführt haben, doch sie waren das Element, welukraine) auf andere Aufgaben der Norwegen beispielsweise unterteilt die ches schliesslich im Rahmen dieses inStreitkräfte zurück? Zur Beantwortung dieser Fragen werden nachfolgend Re- analysierten Bedrohungen und dement- nerhalb der NATO als ambiguous attack formabsichten in Deutschland, Frank- sprechend die Aufgaben seiner Streitkräf- bezeichneten Übergriffes die Entscheireich, Grossbritannien, Norwegen und te in solche, die mit eigenen Mitteln na- dung und Landnahme herbeigeführt haFinnland betrachtet. tional, solche, die im Rahmen einer Al- ben. Für viele europäische Politiker mag lianz und solche, die nur in einer unter- es überraschend gewesen sein, wie unstützenden Rolle national bewältigt wer- verfroren offensichtlich nicht gekennEin breites Spektrum den, also subsidiär. So ist zwar die Auf- zeichnete Eliteeinheiten und schwere von Bedrohungen rechterhaltung der Souveränität des Lan- Mittel 3 eingesetzt wurden, um ein fait Im Rahmen eines kürzlich an der des auf nationaler Ebene sichergestellt, accompli zu schaffen. Doch wenn KämpETHZ durchgeführten Workshops des hingegen ist die Verteidigung Norwegens fe um Ressourcen und Einfluss wieder Center for Security Studies zu den Entwick- gegen einen Angriff von aussen grund- zunehmen, werden voraussichtlich künflungstendenzen im Bereich der Militär- sätzlich im Verbund mit anderen NATO- tig auch militärische Mittel im Zusammenspiel mit andersartigen Druckdoktrin liessen sich die Referenten aus Staaten vorgesehen.1 Daniel Fuhrer 22 ASMZ 12/2014 dem Ausland nicht in die Karten blicken, wie genau sie sich den Krieg der Zukunft vorstellen. Klar ist aber, dass die Tendenz hin zu eher kleineren Streitkräften ungebrochen ist, die einem immer weiter gespannten und verwobenen Spektrum an möglichen Bedrohungen gegenüberstehen. Je nach geostrategischer und politischer Lage unterscheiden sich dennoch die Schwergewichte, die die einzelnen Länder in ihrer Perzeption der Bedrohungen festlegen. Sicherheitspolitik mitteln zum Einsatz gelangen. Das britische Verteidigungsministerium geht beispielsweise davon aus, dass der Wettstreit um Ressourcen intensiver wird und zen 2000 und 38 Mehrfachraketenwerfer MLRS verfügen. Dazu kommt eine Flotte von 80 Mehrzweckhubschraubern NH90 und 40 Kampfhubschraubern Tiger.9 Die Luftwaffe soll künftig fähig sein, bis zu zwei fliegende Einsatzverbände für Luftangriff, Luftnahunterstützung, Luftverteidigung, Aufklärung und Unterdrückung der gegnerischen Luftabwehr in zwei Einsatzgebieten zu stellen. Dazu kommen bis zu zwei Flugabwehrraketenverbände. Die LuftWährend einer Lehrvorführung des Deutschen Heeres verladen waffe soll insgesamt noch Sanitäter unter der Sicherung des Waffenträgers Wiesel einen über 140 KampfflugzeuVerwundeten in den GTK Boxer. Bild: Bundeswehr/Böhmer ge Eurofighter, 85 Tornado und 14 Flugabwehrsich politische Spannungen verschärfen lenkwaffensysteme Patriot verfügen, 60 werden, wodurch auch das Risiko in- Transportflugzeuge Transall, die aber nach ner- und zwischenstaatlicher Konflikte und nach 40 A400M Platz machen werden. In Planung ist zudem die Beschafansteigt.4 fung von fünf Drohnen Eurohawk, vier Global Hawk und eines neuen taktischDie Neuausrichtung operativen Drohnensystems.10 der Bundeswehr Bei den meisten NATO- oder EU-Staaten stehen Einsätze in internationalem Rahmen weiterhin im Vordergrund. So soll die Bundeswehr fähig sein, gleichzeitig etwa 10 000 (von über 180 000) Soldaten in unterschiedlichen Einsatzgebieten zu stationieren.5 Das Heer muss für die Landesverteidigung im Rahmen der Bündnisverteidigung, nach Vorbereitung, einen Grossverband in der Grössenordnung einer Division mit zwei kampfkräftigen mechanisierten Brigaden und Divisionstruppen bereitstellen können, die zusätzliche «multinationale Brigaden und Stabsteile integrieren kann».6 Insgesamt verfügt das deutsche Heer noch über zwei mechanisierte Divisionen mit jeweils drei Brigaden, die alle grundsätzlich gleich aufgebaut sind. Je zwei Jäger- oder Panzergrenadierbataillone unterstehen einer der sechs Brigaden. Einer weiteren Division Schnelle Kräfte unterstehen das Kommando Spezialkräfte, die Hubschrauberverbände sowie die Luftlandebrigade.7 Zum Vergleich: In der Endphase des Kalten Krieges verfügte die Bundeswehr unter der Heeresstruktur IV noch über 36 Brigaden in 12 Divisionen.8 In den grossen Verbänden wird das deutsche Heer noch über 225 Kampfpanzer Leopard 2, 342 Schützenpanzer Puma, 190 Radschützenpanzer Boxer, 728 Transportpanzer Fuchs, 89 Panzerhaubit- Die Entwicklung in Frankreich: aus dem Livre Blanc 2013 Im Rahmen einer autonomen Krisenreaktionsfähigkeit will Frankreich jederzeit etwa 2300 Soldaten aus einem Pool von 5000 bereithalten, die schon nach einer Woche in 3000 Kilometer Entfernung zum Einsatz gelangen sollen. Dazu gehören 1500 Angehörige des Heeres und 10 Kampfflugzeuge. Für das Krisenmanagement in Zusammenarbeit mit anderen Nationen will Frankreich jeweils eine Brigade von 6000 bis 7000 Soldaten stellen können, primär ausgerüstet mit Radfahrzeugen. Für grössere, robuste Kampfeinsätze (coercition) stehen bis zu zwei Brigaden mit bis zu 15 000 Soldaten und 45 Kampfflugzeugen nach einer Vorwarnzeit von 6 Monaten für eine limitierte Zeitspanne zur Verfügung.13 Für die Operation Serval in Mali mobilisierte Frankreich im Frühling 2013 gut 4600 Soldaten, wobei Teile dreier mechanisierter oder leichter Brigaden und einer Fallschirmjägerbrigade zum Einsatz kamen.14 Für die Verschiebung der Verbände nach Afrika und die Luftbetankung musste Frankreich aber auf Mittel der Alliierten, vor allem der USA, zurückgreifen.15 Grossbritannien und die Force 2020 Das aktuelle französische Livre Blanc Die britische Regierung legte schon in sieht vor, dass das französische Heer 2025 noch über 66 000 Soldaten verfügt, die der Strategic Defence and Security Review hauptsächlich in sieben gemischten Bri- 2010 fest, dass die Streitkräfte in Zugaden eingeteilt sind. Zwei der Brigaden kunft über die Fähigkeit verfügen müsswerden mit schweren Mitteln ausgestattet, ten, über längere Zeit eine Brigade von drei für die Bewältigung von Krisen ausge- ungefähr 6500 Soldaten in Übersee einrüstet und weitere zwei mit leichten Mit- zusetzen. Dazu kämen gleichzeitig eine teln für schwieriges Terrain ausgestattet.11 komplexere Intervention andernorts mit Das französische Heer wird noch über etwa 2000 und ein weiterer kleinerer Einungefähr 200 Kampfpanzer, 250 mitt- satz mit 1000 Soldaten. Alternativ sollten lere oder Radpanzer, 2700 Schützen- die Streitkräfte über die nötigen Kapaund Kampfschützenpanzer, 140 Kampf- zitäten verfügen, um mit einer einzelnen, hubschrauber, 115 Transporthubschrau- drei Kampfbrigaden umfassenden, 30000 ber und etwa 30 Drohnen verfügen. Die Soldaten starken Streitmacht sowie Unfranzösische Luftwaffe soll die nötigen Fähig- Ein Apache Longbow Helikopter des Army Air Corps landet im keiten zur Luftnahun- Camp Bastion in Afghanistan. Bild: POA (Phot) Mez Merrill terstützung im Gefecht, zum Lufttransport, zur Gefechtsfeldabriegelung und der nuklearen Abschreckung besitzen. Dafür soll sie eine Flotte von 225 Kampfflugzeugen, 50 Transportflugzeugen, 7 fliegenden Radarstationen, 12 Tankflugzeugen und 112 Drohnen unterhalten.12 ASMZ 12/2014 23 Sicherheitspolitik terstützung aus der Luft und zu See über eine beschränkte Zeitspanne hinweg intervenieren zu können.16 Dies entspricht in der Grössenordnung etwa der im Rahmen der Operation Telic (Iraqi Freedom) ab 2003 im Irak eingesetzten Streitmacht, der 1st Armoured Division.17 Das britische Heer soll im Rahmen der Army 2020 in verschiedene Kräftekategorien aufgeteilt werden. Die Krisenre- Je eine F-16 Fighting Falcon und eine F-35A Lightning II der US Air Force. Bild: SSgt Joel Santiago aktionskräfte umfassen eine Division mit drei mechanisierten, einer Logistik- und einer Luftlandebrigade, wobei letztere von einem streitkräftegemeinsamen Hubschrauberverband befehligt wird.18 Sieben Infanteriebrigaden und eine weitere Logistikbrigade stellen den «Rest» der einsetzbaren Kräfte. Diese sogenannten Adaptable Forces werden sowohl aus regulären als auch aus Reservetruppen bestehen und rotations- bzw. modulweise für Einsätze bereitgestellt.19 In Grossbritannien werden die Reaktionskräfte über einen Mix aus mehr als 200 Kampfpanzern Challenger 2 und 600 modernisierten Kampfschützenpanzern FV510 verfügen, die weiteren Infanterieverbände über geschützte Fahrzeuge. Nach dem Strategic Defence and Security Review 2010 verbleiben zudem noch etwas mehr als 80 Panzerhaubitzen AS-90.20 Für die Royal Air Force werden zudem noch 160 von ursprünglich 232 geplanten Eurofighter Typhoon beschafft; als Ersatz für 140 Tornado wurden vorerst 48 F-35B Joint Strike Fighter bestellt, um die beiden neuen Flugzeugträger der Queen Elizabeth-Klasse auszurüsten. Möglicherweise folgen später weitere Tranchen, allenfalls der konventionellen Version F-35A.21 Norwegen: die Brigade Nord Die norwegischen Streitkräfte sind als Reaktionskräfte ausgelegt; das heisst, dass die Verbände rasch verfügbar, gut ausge- 24 ASMZ 12/2014 rüstet und entsprechend fähig sein müssen, um rasch und flexibel reagieren zu können. Der Fokus liegt klar auf den Einsätzen im internationalen Rahmen, wobei die NATO-Mitgliedschaft als Eckpfeiler der nationalen Sicherheit betrachtet wird. Daher müssen sowohl Ausrüstung als auch Ausbildung NATO-Standards entsprechen. Zugleich hat die Wehrpflicht nach wie vor eine hohe Bedeutung, sie wird auf den 1. Januar 2015 auf die Frauen ausgedehnt.22 In der Praxis aber wird nur ein kleiner Teil der Stellungspflichtigen eingezogen. Seit Beginn der Operationen in Afghanistan war Norwegen sowohl mit Spezialkräften im Rahmen von Enduring Freedom als auch mit bis zu 500 Soldaten als Teil der ISAF vor Ort im Einsatz. Die einzige norwegische Heeresbrigade (Brigade Nord) verfügt über ein Panzerbataillon, zwei mechanisierte Bataillone und eine Artillerieabteilung. Inskünftig sollen zwei mehr oder weniger gleich ausgerüstete mechanisierte Bataillone und ein leichtes Infanteriebataillon bestehen.23 Norwegen übernahm ursprünglich 52 Leopard 2A4 von den Niederlanden; 46 sollen nun auf den Stand 2A5 hochgerüstet werden. Weiter sind derzeit über 100 Kampfschützenpanzer CV9030N vorhanden, welche ab 2012 modernisiert wurden. Der Bestand von ursprünglich Norwegen setzt neben einer mit modernen Mitteln ausgestatteten Marine auf eine starke Luftwaffe. Der derzeitige Bestand von etwas mehr als 50 noch einsatzbereiten F-16 soll durch eine Flotte von 52 F35A Joint Strike Fighter ersetzt werden.24 Territoriale Verteidigung in Finnland Das finnische Heer basiert derzeit hauptsächlich auf Kampfgruppen (Infanterie oder mechanisiert) und Feldartillerieabteilungen, welche zu den ungefähr 60 000 Soldaten umfassenden operationellen (mobilen) Truppen gehören. Im Gegensatz dazu werden die territorialen Kräfte (225 000 Soldaten), welche über keine schweren Waffen verfügen (höchstens Panzerabwehrwaffen oder schwere Maschinengewehre), nur ortsfest eingesetzt. Wie eingangs erwähnt, steht die Abwehr eines militärischen Angriffes im Zentrum. Das heisst konkret Schwergewichtsbildung mit robusten Kräften, Gegner abnützen, Schlüsselgebiete behaupten, Angriffe zurückschlagen, vitale Funktionen der Gesellschaft schützen und den Gegner schliesslich besiegen.25 Trotz dieser ambitionierten Zielvorgaben wurde den finnischen Streitkräften ein rigider Sparkurs auferlegt. Sie schliessen per Ende 2014 / Anfang 2015 ihre Reform mit Reduktionen und Umstrukturierungen ab. In diesem Rahmen wird der Bestand von ca. 350 000 auf ca. 230 000 Soldaten reduziert.26 Finnland verfügt derzeit über 100 Kampfpanzer Leopard 2A4 und hat eben 100 gebrauchte Leopard 2A6 in den Niederlanden gekauft, um die langsam an ihr Lebensende kommenden Leopard 2A4 zwischen 2015 und 2019 zu ersetzen. Neben über Norwegischer Kampfschützenpanzer CV9030N in der afghani100 zu modernisierenschen Provinz Faryab. Bild: ISAF Public Affairs den Schützenpanzern BMP-2 verfügt das fin126 in Deutschland beschafften Panzer- nische Heer ebenfalls über 100 Kampfhaubitzen M109 wurde nach dem Kalten schützenpanzer CV-90, die in den Jahren Krieg auf 56 reduziert; etwas mehr als ein 2006/2007 beschafft wurden. An weitDutzend wurden modernisiert, der Rest reichenden Feuermitteln sind Panzereingelagert. Als modernen Ersatz bestell- haubitzen PSH 74 aus sowjetischer Prote Norwegen 2008 24 Haubitzen Archer duktion (2S1) vorhanden, die einer Moin Schweden; nach Verspätungen in der dernisierung unterzogen oder durch ein Ablieferung/Einführung wurde der Ver- neues System ersetzt werden sollen. Getrag 2013 aufgelöst. nerell ist eine Vereinheitlichung des Kali- Sicherheitspolitik bers auf 155 mm geplant, da Finnland noch über 300 Haubitzen und Kanonen in den Kalibern 122, 130 und 155mm besitzt. Zudem wurden in den Niederlanden (2006) und Dänemark (2013) Raketenwerfer 298 RsRakH (MLRS) beschafft. Die finnische Luftwaffe verfügt derzeit über etwa 60 Kampfflugzeuge F/A-18 C/D. Wie die Schweiz beschaffte auch Finnland diese Flugzeuge primär für die Luftverteidigung, ohne die Möglichkeit, Bodenziele zu bekämpfen. Seit nunmehr zehn Jahren hat Finnland aber diese LuftBoden-Fähigkeiten kontinuierlich reaktiviert und inzwischen gar Abstandslenkwaffen des Typs AGM-158 JASSM (Joint Air-to-Surface Standoff Missile) beschafft, die je nach Version über eine Reichweite von bis zu 1000 Kilometern verfügen.27 Unterschiedliche Schwergewichte Wie sich aus den vorhergehenden Beschreibungen herauslesen lässt, verlassen sich die europäischen Regionalmächte weiterhin auf robuste Kräfte, um ihre Aufgaben im Bündnisrahmen auch aussereuropäisch wahrzunehmen. Zwar wurden die Bestände aus dem Kalten Krieg sowohl personell als auch materiell kontinuierlich abgebaut, dennoch steht die Fähigkeit zum Kampf der verbundenen Waffen mit schweren Mitteln weiterhin im Zentrum der Aufgaben moderner westlicher Streitkräfte. Die Strukturen werden einfacher, wobei die Brigade mittlerweile in den grösseren Nationen Dreh- und Angelpunkt für alle Operationstypen ist. Damit soll auch sichergestellt werden, dass Kräfte für verschiedene Einsatztypen auf den gleichen Strukturen basierend geführt werden können. Generell scheint es derzeit so, als würden sich die drei betrachteten Regionalmächte auf einen «Strauss» möglicher Szenarien für den Einsatz ihrer Streitkräfte vorbereiten. Die kleineren Mächte tun das ihre, um entweder wie Norwegen im Bündnisrahmen Beiträge zu leisten, oder wie Finnland selber für die Sicherheit des eigenen Staatsgebietes zu sorgen. Hierbei ist hervorzuheben, dass Norwegen eher in Luftwaffe (F-35A) und Marine investiert, Finnland in den letzten Jahren vermehrt in schwere Mittel für den Kampf auf dem Boden und gegen Bodenziele. Einerseits reflektiert dies die politische und geostrategische Lage der beiden Länder, andererseits natürlich auch länderspezifische Schwergewichte in der Weiterentwicklung der Streitkräfte. ■ 1 Norwegian Ministry of Defence: Capable Force – Strategic Concept for the Norwegian Armed Forces, 2009. S. 10f. 2 Prime Minister’s Office: Finnish Security and Defence Policy 2012 – Government Report, Prime Minister’s Office Publications 01/2013, 15. März 2013, S. 99. 3 U.a. Schützenpanzer wie BTR-80, vgl. Ripley, Tim und Bruce Jones: UPDATE: Analysis: Crimea intervention – The increasing sophistication of Russia’s military resurgence, IHS Jane’s Defence Weekly, 31. März 2014, auf: janes.com, abgerufen 06.08.2014, 14:30. 4 Ministry of Defence: Strategic Trends Programme – Global Strategic Trends – out to 2045, fifth edition, 2014, S. 29. 5 Bundesministerium der Verteidigung (BMVg): Die Neuausrichtung der Bundeswehr, zweite, vollständig aktualisierte Auflage, März 2013, S. 13. 6 BMVg, Neuausrichtung, S. 39. 7 BMVg, Neuausrichtung, S. 43. 8 Vgl. Strukturen des Heeres in der Bundeswehr, Heeresstruktur 4 (1980 –1992), Gliederung des Feldheeres, auf: deutschesheer.de, abgerufen 30.07. 2014, 08:30. 9 BMVg, Neuausrichtung, S. 44. 10 BMVg, Neuausrichtung, S. 51 –54. 11 Ministère de la Défense: Livre Blanc – Défense et Sécurité National 2013, 29. April 2013, S. 94. 12 Ministère de la Défense, Livre Blanc 2013, S. 95f. 13 Ministère de la Défense, Livre Blanc 2013, S. 91f. 14 Vgl. 4600 soldats français mobilisés, ledauphine.com, abgerufen 30. 07. 2014, 08:35. 15 Delaporte, Murielle: French Lessons from Mali: Fight Alone, Supply Together, auf breakingdefense.com, abgerufen 30. 07. 2014, 08:40. 16 Ministry of Defence: Securing Britain in an Age of Uncertainty: The Strategic Defence and Security Review, Oktober 2010, S. 19. 17 Vgl. Rinaldi, Richard A.: British Forces, Operation Telic, Iraq 2003 –2004, orbat.com, abgerufen 30. 07. 2014, 08:55. 18 Army Headquarters: Transforming the British Army – An Update, Juli 2013, S. 6. 19 Transforming the British Army – An Update, S. 8. 20 Transforming the British Army – An Update, S. 25. 21 Hewson, Robert: UK slashes F-35B numbers but might look to split buy with F-35As, janes.com, 27. 07. 2012. 22 Strategic Concept for the Norwegian Armed Forces, S. 55ff. 23 Vgl. Forsvarsdepartementet: Et Forsvar for vår tid, Weisspapier 2012, regjeringen.no, abgerufen 30. 07. 2014, 10:20. 24 Vgl. Norway F-35 Deliveries To Begin in 2017, defensenews.com, abgerufen 30.07.2014, 10:15. 25 Finnish Security and Defence Policy 2012, S. 98 –105. 26 Finnish Security and Defence Policy 2012, S. 106 –108. 27 Vgl. Defence Command, Public Information Division: Annual Report 2013, S. 20. Major Daniel Fuhrer MA UZH Armeestab 3003 Bern Das Wort des CdA Advent?! Geschätzte Leserinnen und Leser der ASMZ In unserer abendländischen Kultur beginnt die Vorweihnachtszeit. Im Zentrum stehen oft Feiern und festliche Dekorationen. Wir können feiern. In Ruhe und in Sicherheit. Dies verleitet stark dazu, dass wir unseren Wohlstand als einzige Realität betrachten. Anderen Menschen auf dieser Welt ist dies leider nicht vergönnt. Und Jahr für Jahr kommen weitere Regionen dazu, in welchen Sicherheit nicht mehr selbstverständlich ist. Vielleicht ist es Ihnen ja unangenehm, wenn ich mit solchen Gedanken die Zufriedenheit des Advents störe, aber ich entschuldige mich nicht dafür. Es ist die Verantwortung derer, welche für die Sicherheit zuständig sind, dass sie darauf aufmerksam machen, dass wir alle einen Beitrag zu unserer Sicherheit zu leisten haben. Sie – geschätzte Leserinnen und Leser – leisten einen solchen Beitrag. Dafür gebührt Ihnen mein aufrichtiger Dank. Diese Botschaften müssen aber auch weitergetragen werden. Wir müssen hinstehen und den Unternehmen aufzeigen, weshalb es sich lohnt, Mitarbeiter in den Dienst zu schicken und diese sogar Weitermachen zu lassen! Wir müssen den Bildungsverantwortlichen sagen, wenn es uns stört, dass die Sicherheit unseres Landes kein Thema im Unterricht ist! Und wir müssen ebenso klar sagen, dass Sicherheit die Grundlage für sämtliche Bereiche unseres täglichen Lebens ist. Wirtschaft, Bildung, Forschung, aber auch Kultur. Oder haben Sie den Eindruck, dass in Gegenden, in welchen Konflikte und Kriege herrschen, Kultur und Toleranz noch genügend Platz finden? Gerade bei uns – wo die Armee dank Wehrpflicht und Miliz demokratisch untrennbar mit der Zivilgesellschaft verbunden ist – sind unsere Soldaten Sicherheitsgarant für alle Gesellschaftsbereiche. Ich danke allen, welche dazu Sorge tragen und im In- und Ausland einen Beitrag zum Frieden leisten herzlich und wünsche Ihnen allen eine friedliche und besinnliche Weihnachtszeit. Korpskommandant André Blattmann Chef der Armee ASMZ 12/2014 25 Sicherheitspolitik Operation Protective Edge Israels Militäroperation gegen die Hamas im Gazastreifen (Juli/August 2014) fand vor dem Hintergrund bedeutender politischer Umwälzungen innerhalb des palästinensischen Lagers statt. Ausserdem hat der jüngste Waffengang eine schwer vorhersehbare Dynamik in den israelisch-palästinensischen Konflikt gebracht. Marcel Serr Auslöser der jüngsten militärischen Eskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt war die Entführung und Ermordung von drei israelischen Jugendlichen durch zwei Araber am 12. Juni 2014 und ein Rachemord an einem 16-jährigen Araber durch israelische Extremisten. In der Folge wurden das Westjordanland und Ost-Jerusalem durch eine Welle gewaltsamer Demonstrationen erschüttert. Schliesslich schwappte die Aggression auf den Gazastreifen über. Die Hamas und weitere islamistische Terrorgruppen intensivierten den Raketenbeschuss auf Israel. Daraufhin entschloss sich Jerusalem zur Durchführung einer Militäroperation im Gazastreifen. Die Operation «Protective Edge» begann am 8. Juli 2014 mit einer Luftschlag-Kampagne der Israeli Air Force (IAF). Nach gescheiterten Waffenstillstandsverhandlungen und der Infiltration Israels durch Hamas-Terroristen in einem Tunnel am 16. Juli starteten die Israel Defense Forces (IDF) eine begrenzte Bodenoffensive im Gazastreifen mit den primären Zielen, die Infiltrationstunnel zu zerstören und den Raketenbeschuss zu beenden. Am 5. August zog Jerusalem seine Truppen zurück. Unterbrochen durch mehrere unstete Feuerpausen setzte die Hamas jedoch ihre Raketenangriffe fort, worauf die IAF mit Luftangriffen reagierte. Dabei wurden auch ranghohe Hamas-Terroristen eliminiert, was die Hamas letztlich aus dem Gleichgewicht brachte. Die hochrangigen Verluste haben entscheidend dazu beigetragen, dass die Hamas am 26. August einen Waffenstillstand von unbegrenzter Länge akzeptierte. Die Bilanz Zweifellos konnte Israel der Hamas schwere Verluste beibringen. Im Rahmen der Operation griffen die IDF 5263 Ziele 26 ASMZ 12/2014 Chaled Meshal, politischer Führer der Hamas. Bild: Reuters im Gazastreifen an und neutralisierten nicht nur hochrangige Hamas-Kämpfer, sondern auch die primären strategischen Waffen der Terrororganisation – «Langstreckenraketen» und Infiltrationstunnel. Von den 4564 Raketen und Mörsergranaten, die die Hamas auf Israel abschossen, schlugen dank des israelischen Raketenabfangsystem Iron-Dome «nur» 224 Projektile in bewohntes Gebiet ein. Die Anzahl der israelischen Opfer durch Raketen und Mörsergranaten konnte mit zehn Soldaten und sechs Zivilisten relativ gering gehalten werden. Ausserdem zerstörten die IDF 34 Tunnel, die auf israelisches Territorium führten. Dennoch konnte die Hamas eine Reihe von Teilerfolgen erzielen: Obgleich der Erfolg des Raketenabfangsystems Iron Dome unbestreitbar ist, gelang es der Hamas, durch den häufigeren Einsatz von Raketen mit einer Reichweite von mehr als 70 km einen Grossteil der israelischen Zivilbevölkerung in der Metropolregion um Tel Aviv unter Beschuss zu nehmen. Ausserdem geriet Israels internationaler Flughafen ins Visier. Zwar kam es zu keinem Treffer im Flughafengelände, doch der Flugverkehr wurde an einigen Tagen stark eingeschränkt. Für Israels Wirtschaft und den Tourismussektor waren dies äus- serst problematische Entwicklungen. Die Infiltrationstunnel der Hamas hatten eine erhebliche psychologische Wirkung. Zum ersten Mal verliessen die Anwohner der Kibbuzim um den Gazastreifen mehrheitlich ihr Zuhause. Das Ausmass der Tunnel und die Reaktion der Bevölkerung stellen eine neue ernstzunehmende Sicherheitsbedrohung für Israel dar. Ferner haben sich die Mörsergranaten als effektives Mittel erwiesen, Israels Iron Dome-System zu umgehen, das Schwierigkeiten bei der Bekämpfung von Projektilen mit einer Reichweite unter 2 km hat. Die Taktik der Hamas, Zivilsten als Schutzschilder zu missbrauchen, dadurch zivile Verluste zu provozieren und Israel damit als Aggressor darzustellen, ist angesichts zahlreicher internationaler Verurteilungen von Israels Verhalten weitgehend aufgegangen. Entwicklungen im innerpalästinensischen Konflikt Die Beziehungen der Hamas zu anderen regionalen Akteuren haben sich seit der letzten militärischen Konfrontation mit Israel im November 2012 (Operation Pillar of Defense) radikal verändert. In Ägypten griff die neue Regierung unter Abd al-Fattah al-Sisi unnachgiebig gegen die Muslimbruderschaft und die Hamas durch. Kairos Vorgehen gegen die Schmuggeltunnel in den Gazastreifen erschütterte die finanzielle Grundlage der Hamas. Seit Oktober 2013 war die Organisation nicht mehr in der Lage, die Gehälter der über 40 000 öffentlichen Angestellten im Gazastreifen auszahlen. Die Hamas musste befürchten, die Kontrolle über den Gazastreifen an konkurrierende Terrororganisationen zu verlieren. Diese Position der Schwäche bewog die Hamas am 23. April 2014 zur Unterzeichnung eines Versöhnungspaktes mit der Fatah zur Beendung des seit 2006 herrschenden Konflikts zwischen den bei- Sicherheitspolitik den grössten palästinensischen Fraktionen. Dies mündete am 2. Juni in die Vereidigung einer Einheitsregierung aus parteiunabhängigen Experten, die sowohl über den von der Hamas beherrschten Gazastreifen als auch über die von der Fatah kontrollierte West Bank regieren sollte. Neue Zuständigkeiten Bislang kann von einer einheitlichen Regierung beider palästinensischen Gebiete jedoch keine Rede sein, da die Hamas nicht bereit ist, die Kontrolle über den Gazastreifen aufzugeben. Dennoch hat sich deren Ausrichtung verschoben: Formell übertrug die Hamas die Verwaltung und Regierung des Gazastreifens an die neue Regierung in Ramallah. Damit befreite sie sich von der Verantwortung gegenüber der Bevölkerung Gazas und konnte sich fortan wieder verstärkt auf ihr militantes anti-israelisches «Kerngeschäft» konzentrieren. Insofern hat die Bildung der Einheitsregierung wesentlich zur jüngsten militärischen Eskalation beigetragen. miebehörde (PA) als die eigentlichen Gewinner auf palästinensischer Seite hervor. Israel und Ägypten betrachten die Autonomiebehörde als die verantwortliche Institution im Gazastreifen. Daher wurde im Waffenstillstandsabkommen festgeschrieben, dass die PA in alle wesentlichen Belange im Gazastreifen involviert wird (Wareneinfuhr, Wiederaufbau, Hilfsgüter, Sicherheit). Fraglich ist allerdings, ob sich dies auch in der Realität umsetzen lässt. Gleichzeitig versucht Abbas, die Friedensverhandlungen mit Israel wieder anzustossen, die Premierminister Benjamin Netanyahu als Reaktion auf die Einbeziehung der Hamas in die Einheitsregierung ausgesetzt hatte. Abbas forderte Israel auf, einen Vorschlag für die Grenzen eines palästinensischen Staates als Verhandlungsgrundlage vorzulegen. Sollte Israel dem nicht nachkommen, drohte er, sich an den UN-Sicherheitstrat (SR) zu wenden und dort ein Ultimatum für einen israelischen Abzug aus den im Sechstagekrieg (1967) besetzten Gebieten zu erwirken. Sollte der SR dem nicht nachkommen, werde sich Abbas an die Generalversammlung wenden und Israel vor dem Internationalen Strafgerichtshof verklagen. Des Weiteren drohte Abbas an, dass die PA die Zusammenarbeit mit Israel in Sicherheitsfragen beenden und die gesamte Verantwortung über die West Bank an Israel abgeben werde. Fazit Israel verfügt mittlerweile über 9 Iron Dome Batterien. Das Raketenabwehrsystem fängt Projektile ab, die in bewohntes Gebiet einschlagen würden. Bild: Israel Defense Forces Darüber hinaus ist die Lebensdauer des Versöhnungsversuches ohnehin zweifelhaft. Abbas drohte bereits damit, die Einheitsregierung aufzulösen, sollte sich die Hamas mit Blick auf die Kontrolle des Gazastreifens nicht kompromissbereit zeigen. Mitte August wurde zudem bekannt, dass sich die Hamas aktiv darauf vorbereitete, Abbas zu stürzen und in der West Bank die Macht zu übernehmen. Während die Hamas nach dem militärischen Konflikt im Gazastreifen in erster Linie mit sich selbst beschäftigt ist, gehen Abbas und die Palästinensische Autono- Damit hat Operation Protective Edge die festgefahrene Situation im israelischpalästinensischen Konflikt wieder aufgebrochen und eine schwer kalkulierbare Dynamik ausgelöst – sowohl im Hinblick auf die israelisch-palästinensische Dimension als auch im inner-palästinensischen Bereich. Ende September treffen sich Israel und die Palästinenser zu weiteren Verhandlungen der Waffenstillstandsbedingungen in Kairo. Die Hamas hat schon angekündigt, bei der Nichterfüllung ihrer Forderungen den Kampf wieder aufzunehmen. Es bleibt also vorerst noch abzuwarten, ob die gegenwärtige Ruhe an der Gaza-Front anhält. ■ Marcel Serr Magister Artium IL-Jerusalem/Israel Aus dem Bundeshaus Das Thema Änderung der Rechtsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Armee (WEA) wird auch 2015 im parlamentarischen Brennpunkt stehen. Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates (SiK-SR) hatte sich am 1. Oktober 2014 mittels Anhörungen auf die Behandlung der Botschaft des Bundesrates zur Änderung der Rechtsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Armee vom 3. September 2014 vorbereitet und trat auf diese am 10. Oktober ein (14.069). Die SiK-SR erörterte gemäss ihrer Medienmitteilung namentlich die Verfassungsmässigkeit der Vorlage, das Leistungsprofil der Armee, die Erhöhung der Bereitschaft mittels Mobilmachungssystem, die Neugliederung der Führungsorganisation, die Ausbildung einschliesslich Dauer der Rekrutenschule und der Wiederholungskurse, die Gesamtdauer der Diensttage, das Stationierungskonzept, die Rüstungslücken, den künftigen Investitionsbedarf und die Finanzierung der Armee. Im Hinblick auf die Detailberatung am 19./20. Januar 2015 beauftragte die SiKSR das VBS, ihr vertiefte Informationen vorzulegen. Es geht vor allem um Verfassungsmässigkeit, Aufheben oder Behalten der Verordnung Armeeorganisation (AO), Leistungsprofil der Armee im Zusammenhang mit Finanzbedarf, Beschaffungsplanung, Immobilien, Einsatzdoktrin, Sollbestand und Effektivbestand (mit Durchdienern?) sowie um Varianten zur Führungs- und Truppenorganisation (Anzahl Brigaden?), zur Dauer der Wiederholungskurse und zur Gesamtzahl der Diensttage. Die SiK-SR beantragte am 4. November, die Motion des Nationalrates für ein «Rüstungsprogramm 2015 plus» abzulehnen (14.3660). Sie zieht den vorgesehenen vierjährigen Zahlungsrahmen und die Erneuerung des Armeematerials mittels der jährlichen Rüstungsprogramme vor und überlässt eine allfällige Zusatzbotschaft dem Bundesrat. Oberst Heinrich L.Wirz Militärpublizist/Bundeshaus-Journalist 3047 Bremgarten BE ASMZ 12/2014 27 Intelligence Schicksalsjahr 1989 für den Bundesnachrichtendienst Das Verhältnis zwischen den regierenden Politikern und den Bediensteten der Nachrichtendienste ist oft von Spannungen und Misstrauen geprägt, berühmte Beispiele aus der Geschichte belegen dies. Das Verhältnis Bundeskanzler – Präsident BND vor dem Fall der Mauer war besonders spannungsgeladen. Friedrich-Wilhelm Schlomann Nachrichtendienste (ND) erfüllen für ihren Staat eine sehr wichtige Funktion, indem sie Entwicklungen und potentielle Gefahren möglichst früh erkennen und es der politischen und militärischen Führung ihres Landes ermöglichen, auf Gefahrenpotentiale angemessen zu reagieren. In einen solchen Dienst gehören keine Interessenvertreter, sondern realistisch denkende Experten, die unabhängig von der jeweiligen Regierungspartei ihrem Vaterland dienen. Ein Dienst kann mit eigenen Erfolgen kaum öffentlich auftreten, Pannen hingegen werden schnell bekannt. Die Gefahr, dass die politische Öffentlichkeit ein falsches Bild von ihrem eigenen Dienst bekommt, ist vorhanden. Ein schwieriges Problem ist das Verhältnis zwischen einem Regierungschef Der Autor arbeitete ab 1949 auf der Universität Leipzig in einer Widerstandsgruppe gegen das DDR-Regime. Seine Freunde wurden zu je 2 × 25 Jahren verurteilt und überlebten Bautzen nicht. Er selber entkam in den Westen. Sein vor 1989 veröffentlichtes Buch über die östliche Spionage erregte Aufsehen bis in die USA. Er wurde von General Gehlen und von Dr. Wieck zu mehrstündigen Gesprächen eingeladen. und Gewissen erlangten Erkenntnisse) mitzuteilen, gleichgültig ob dieser sie gerne hört oder nicht, stellen doch diese Informationen vielleicht sein eigenes Weltbild in Frage. Zudem kann er das Vorgetragene nicht überprüfen. Vielleicht befürchtet er, durch bestimmte Nachrichten manipuliert zu werden. Natürlich ist es ein unangenehmes Gefühl, dass ein anderer Mensch mehr wichtige Kenntnisse – wenn auch nur in Teilbereichen – besitzt, als man selber hat. Die Entscheidung, ob überhaupt und wie die Analysen des ND zu werten sind, liegt allein beim Staatsoberhaupt; er bestimmt die Politik, trägt aber auch die Verantwortung. Mehrfach wäre es in der jüngeren Geschichte klüger gewesen auf seinen Dienst zu hören: Trotz Dr. Hans-Georg Wieck, wiederholter Hinweise seiPräsident des BND 1985–90. Bilder: Archiv Autor nes Agenten Richard Sorge glaubte Stalin bis zuund dem Chef seines ND; ideal wäre ein letzt nicht an den deutschen Einmarsch vollkommenes Vertrauensverhältnis zwi- in die Sowjetunion. Hitler entliess Geschen beiden. Der Chef ND hat die neral Gehlen, als dieser bereits im JanuPflicht, dem Regierungschef die Wahr- ar 1945 den sowjetischen Vorstoss auf heit (im Sinne der nach bestem Wissen Berlin prognostizierte. 1990 musste Lon- 28 ASMZ 12/2014 don eingestehen, vom Zusammenbruch der DDR überrascht worden zu sein, obwohl seine Aufklärungseinheiten seit Herbst 1988 die dortige Stimmung als «voller Hass auf das Regime» kennzeichneten. Die Bundesrepublik Deutschland Ein Beispiel ist das damalige Westdeutschland mit dem Verhältnis von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl mit dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes Dr. Hans-Georg Wieck, der 1985 aus einer Notlage auf diesen Posten berufen wurde. Wieck war kein eigentlicher Nachrichtenmann, kannte aber als Botschafter der Bundesrepublik in der UdSSR die dortigen Verhältnisse und hatte als Leiter der westdeutschen Vertretung bei der NATO Ansehen und Vertrauen erworben. Beide waren dynamische, sehr energiegeladene Persönlichkeiten. Der Chef des BND gehörte nicht zu den Ja-Sagern, sondern vertrat seine Ansichten stets überaus deutlich; er sah die Wiedervereinigung kommen. Er hatte sehr schnell die Wirtschaft als die grosse Schwachstelle Sowjetrusslands erkannt. Bei einem Besuch Andropows in Westdeutschland hatte dieser ihm eingeräumt, die kommunistische These vom Zusammenbruch des Kapitalismus sei falsch; Moskau müsse daher mit dem Westen kooperieren. Die BND-Zentrale hatte keineswegs vergessen, dass nach Stalins Tod Beria 1953 gegen Wirtschaftshilfe die Einheit eines neutralen Deutschlands anbot, was indes die Westmächte verhinderten. Bereits 1986 meldete der Dienst, der Kreml suche eine strategische Neuorientierung; angestrebt werde eine Wirtschaftsreform, um das Land konkurrenzfähig zu machen. Angesichts der sowjetischen Situation sei Gorbatschow ernst zu nehmen. Intelligence Nach der Hitlerzeit und nach frühen Niederlagen des BND haben es geheime Institutionen in Deutschland nicht leicht. Von Pullach aus konnten zudem dienstliche und persönliche Vertrauensverhältnisse zu leitenden Persönlichkeiten in Bonn kaum entstehen. Kanzler Kohl machte aus seiner Geringschätzung des BND keinen Hehl, selbst nach 1989. Pullach warnte dringend, aber erfolglos vor der Einstellung Günter Guillaumes; Jahre später musste wegen dieses DDRSpions Bundeskanzler Brandt zurücktreten. Kohl vertraute mehr der «ständigen Vertretung» der Bundesrepublik in Ostberlin. Für die dortigen Juristen war die DDR eine fremde Welt; sie sahen die aufkommenden Stürme nicht und gingen von einer Teilung Deutschlands auf lange Sicht aus. Angesichts der ständigen Kriegsgefahr lag das Schwergewicht auf der Ausspähung der sowjetischen Besatzungstruppen in der DDR. Die wirklich erstklassigen Erkenntnisse des BND wurden im NATO-Hauptquartier, im Gegensatz zu Bonn, äusserst geschätzt. In ihrem jährlichen Bericht zur Lage der Nation ging die westdeutsche Regierung früher von den Erkenntnissen des BND aus; mit Be- «Die Desintegration der UdSSR begann Ende 1990, knapp drei Monate nach der Wiedervereinigung Deutschlands.» ginn der sozial-liberalen Regierung 1969 hingegen wurden die offiziellen Wirtschaftszahlen der DDR verwendet, nach denen diese die «zwölftstärkste Industrienation der Welt» war. Gewiss ist das Zitieren offizieller Statistiken anderer Länder üblich, schlimm war, dass man am Rhein jene Propagandazahlen tatsächlich glaubte; dabei war das Bundeskanzleramt aufgrund der BND-Berichterstattung stets in vollem Umfang informiert. Bundeskanzler Kohl reagierte in sehr starkem Masse auf Meinungsumfragen, er lief dem völlig falschen Zeitgeist in Sachen Wiedervereinigung hinterher. Entgegen einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, aus der Präambel der Verfassung sei die «Rechtspflicht abzuleiten, die Einheit Deutschlands mit allen Kräften anzustreben», erachteten Anfang 1989 nur noch etwa 1 % der Bundesbürger dies als «wichtigstes politisches Problem». Es ist kein Ruhmesblatt, wenn im freien Teil Deutschlands wachsendes Desinteresse und Gleichgültigkeit gegenüber den Mitmenschen im Osten festzustellen war, wenn die Berliner Mauer mit ihren Toten und die zweite deutsche Diktatur eine Selbstverständlichkeit wurden. Die Aufforderung des US-Präsidenten Reagan an Gorbatschow 1987 in Berlin wurde vielerorts als Provokation der DDR gegenüber gewertet. Das «Gemeinsame Papier» von 1987 zwischen der bundesdeutschen SPD und der SED der DDR bedeutete letztlich nichts anderes als der Verzicht auf Wiedervereinigung. Führende CDU-Kreise wollten im Parteiprogramm diese Frage abwerten. Die Einladung Kohls an SEDChef Honecker nach Bonn (September 1987) basierte auf seinem Weltbild der langandauernden Teilung, die in Wahrheit vor ihrem Ende stand. Ballast geworden; schon sieben Monate zuvor war in Bonn ein BND-Bericht eingegangen, Sowjetrussland sei angesichts seiner eigenen Situation nicht mehr in der Lage, Ostberlin zu unterstützen. Die BND-Analyse, für Moskau gebe es nur noch die Alternative, Kompromisse mit Schicksalsjahr 1989 Bereits im Sommer 1988 hatte Pullach für 1989 «gravierende Veränderungen in der DDR» angekündigt, während Bundeskanzleramtsminister Schäuble noch im Februar 1989 eine Lösung der deutschen Frage «auf absehbare Zeit» nicht erkennen konnte. Ohnehin zeigte das Kanzleramt kaum Interesse an BND-Nachrichten, dessen Erkenntnisse «fielen der Verachtung anheim», stellte damals die Neue Zürcher Zeitung fest. Es herrschte gegenseitiges Misstrauen, wie Wieck einmal verbittert erklärte. Bonn setzte Entspannung mit echtem Frieden gleich; tatsächlich stieg die östliche Spionage weiter an, während das Sicherheitsbewusstsein selbst bei hohen Bundeswehroffizieren nachliess. Dass die Bevölkerung der DDR die Wiedervereinigung mehr denn je herbeisehnte, hatte der Spionagedienst ermittelt; seine entsprechende Analyse wurde indes weder in Bonn noch in Washington, weder in London noch in Paris geglaubt. Im Herbst 1988 war es dem westdeutschen Dienst gelungen, ein Mitglied des Zentralkomitees der SED mit guten Verbindungen zu Honecker und dem Stasi-Chef Mielke auf seine Seite zu ziehen. Er berichtete bis zuletzt in kurzen Abständen über das Denken und die Pläne der DDR-Führungsspitze. Die DDR war für die Sowjetunion zu einem Generalmajor Reinhard Gehlen (1902–1979), erster Präsident des BND. dem Westen zu suchen, fand beim westdeutschen Kanzler noch im Oktober keinen Glauben. Bundeskanzler Kohl sah wenige Stunden vor dem Fall der Mauer die Wiedervereinigung «erst in Jahren». Erst später kam er zur Einsicht, dass deren Chance wahrscheinlich lediglich während eines begrenzten Zeitraums bestünde, während dem die Kreml-Führung dem Druck der regionalen Machtzentren des Riesenreiches noch widerstehen konnte. Tatsächlich begann die Desintegration der UdSSR bereits Ende 1990, nur knapp drei Monate nach der Wiedervereinigung Deutschlands! ■ Friedrich-Wilhelm Schlomann Dr. iur utriusque D-53639 Königswinter ASMZ 12/2014 29 Intelligence NATO Cyber Defence Centre of Excellence Wie in der herkömmlichen Verteidigung kann der «Eintrittspreis» auch im Bereich der «Cyber Defence» mehr oder weniger hoch gehalten werden. Das NATO Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence (CCDCOE) in Estland leistet einen gewichtigen Beitrag zum Bestreben der NATO-Länder, ihre Systeme besser zu schützen und damit den Ressourcen-Aufwand für potentielle «Cyber»-Attacken massiv zu erhöhen. Hans Wegmüller, Redaktor ASMZ Die Baltischen Staaten, allen voran Estland, scheinen seit jeher einen Hang zur Nische der Spitzentechnologie im IT-Bereich gehabt zu haben. So stammt zum Beispiel die Software zu «Skype» ursprünglich aus Estland, und man trug sich dort bereits im Jahre 2003 mit dem Gedanken, ein Kompetenzzentrum für «Cyber Defence» zu schaffen. Als Estland im Jahre 2007 Opfer einer der bisher massivsten «Cyber»-Attacken wurde, wirkte dies im ganzen Baltischen Raum wie ein Fanal und führte zu einer erhöhten Sensibilisierung von Politik und Öffentlichkeit. So wurde der bereits seit Jahren vorliegende Plan zur Gründung eines Kompetenzzentrums für «Cyber Defence» in Estland im Mai 2008 umgesetzt. Türkei und Griechenland an Übungen des CCDCOE teil. Die internationale Trägerschaft des Instituts beteiligt sich mit Personal und Finanzen; jede Nation entsendet mindestens einen Vertreter, ungefähr zu gleichen Teilen militärische und zivile Repräsentanten, je nach Arbeitsbereich (Recht, Strategie, Technologie oder Ausbildung und Position in der NATO Die etwas schwerfällige Bezeichnung, NATO Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence (CCDCOE) widerspiegelt die Komplexität seiner Stellung innerhalb der NATO-Gemeinschaft. Als eines der bereits 19 «Centres of Excellence» der NATO steht es ausserhalb der NATOKommandostruktur, hat aber am völkerrechtlichen Status der NATO teil. Wie alle andern «Centres of Excellence» wurde es vom «Allied Command Transformation» in Norfolk (Virginia) geprüft und vom NATO-Militärausschuss akkreditiert. Das Zentrum mit Sitz in Tallinn wird aber nicht von der NATO, sondern ausschliesslich von den 14 «sponsoring nations» finanziert. Dazu kommen drei Nicht-NATOLänder: Österreich als erste «contributing nation» mit Beobachterstatus im Aufsichtsgremium sowie Schweden und Finnland, die als zurzeit «participing nations» denselben Status wie Österreich anstreben. Periodisch nehmen auch die 30 ASMZ 12/2014 Der Direktor des CCDCOE, Oberst Artur Suzik. Übungen), in dem die entsprechende Nation eine Mitarbeit wünscht. Einige Posten sind mehr für Militärs, andere mehr für zivile Wissenschaftler geeignet. Die Position des Direktors und des Chefs des Stabes sind militärische Positionen, wobei die Funktion des Direktors stets von einem estnischen Offizier wahrgenommen wird. Auch in der Abteilung Ausbildung und Übungen, die nicht nur für die eigens am Zentrum durchgeführten Übungen, sondern auch für alle Beiträge zu Übungen der NATO und der «sponsoring nations» verantwortlich zeichnet, sind Militärs gefragt. In der NATO gibt es mehrere Stellen, die sich mit dem Thema «Cyber Defence» befassen, allen voran das «Communication and Information Command», die «Emerging Security Challenges Division» sowie die «NATO Cyber Reaction Force», die aber alle der NATO-Kommando-Struktur angehören. Nach Aussage des aktuellen Direktors des CCDCOE, Oberst Artur Suzik, verleiht der Status als nicht von der NATO finanzierte und nicht in die NATO Kommando-Strukturen eingebettete Institution dem Zentrum einen grossen akademischen Freiraum und prädestiniert es als Think Tank in seinem Kompetenzbereich. Bedacht darauf, nicht das Gleiche zu tun wie andere NATO-Institutionen, wird versucht, einen Mehrwert für die Weiterentwicklung der NATO im Bereich «Cyber Defence» zu Bild: Autor erbringen. Somit würden auch Themen in das Forschungsprogramm aufgenommen, die andere NATO-Institutionen nicht bearbeiten wollten oder könnten. Dennoch erhält das Zentrum seine Aufträge – neben den Wünschen der «sponsoring nations» – zu einem schönen Teil vom «Transformation Command» in Norfolk, das die Anträge und Anfragen aller interessierten NATO-Stellen entgegennimmt, sie auf ihre Relevanz für die NATO überprüft und priorisiert, um sie dann an die «Centres of Excellence» weiterzuleiten. Entscheidend für den Geschäftsgang des Zentrums ist aber das Aufsichtsgremium («steering committee»), das aus je einem Vertreter der «sponsoring nations» besteht und mit Einstimmigkeit entscheidet. Intelligence Flaggen der «sponsoring nations». Kooperation Das Tallinner Zentrum pflegt mannigfaltige Zusammenarbeit mit nationalen Einrichtungen und Instituten der «sponsoring nations». Mit der Bundeswehr-Universität in München besteht zum Beispiel eine Vereinbarung, die es dem Zentrum ermöglicht, Themata für Master-Arbeiten vorzugeben, die dann von Münchner Studenten aufgenommen und zum Teil am Zentrum in Tallinn bearbeitet werden können. Ein anderes Beispiel ist die Zusammenarbeit mit der estnischen «Defence League», einer Art freiwilligen Nationalgarde, die auch über eine «Cyber Defence Unit» verfügt. Diese rekrutiert sich aus Cyber-Spezialisten aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens in Estland, die einen Beitrag zur Landesverteidigung leisten möchten und ihr ziviles Know-how der Armee zur Verfügung stellen. Während Ausbildung am CCDCOE. das CCDCOE der «Cyber Defence Unit» die nötige technisch-elektronische Infrastruktur für Übungen zur Verfügung stellt, leistet diese einen bemerkenswerten Beitrag zu den vom Zentrum durchgeführten Übungen. Neben militärischen wird auch mit zivilen Institutionen zusammengearbeitet, so wurde das «Tallinn Manual» (Originaltitel: «Tallinn Manual on the International Law Applicable to Cyber Warfare») auf Einladung des CCDCOE von ungefähr zwanzig, meist zivilen Experten bearbeitet, die an verschiedensten Instituten und Universitäten tätig sind, darunter am Genfer Institut für Sicherheitspolitik. Das «Manual» war das erste Handbuch, das die Problematik der völkerrechtlichen Grundlagen im Bereich «Cyber Defence» und «Cyber Warfare» zum Thema hatte. Nationale Verantwortung Die Standards im Bereich «Cyber Defence», die im CCDCOE erarbeitet, überprüft und weiterentwickelt werden, entbinden die beteiligten und interessierten Nationen nicht, auf Grund ihrer spezifischen Gegebenheiten, ihren nationalen Ansprüchen, Kapazitäten und Traditionen das eigene Anspruchsniveau in einer nationalen «Cyber Defence»-Strategie zu definieren und die nationalen Eckwerte abzuleiten. Eine der Aufgaben, mit der sich das Zentrum zu beschäftigen hat, besteht gerade darin, die «sponsoring nations» bei der Erarbeitung und – aktuell – Weiterentwicklung und Verbesserung ihrer nationalen Strategien zu unterstützen. Dabei werden laufend neue Erkenntnisse und Erfahrungen («lessons learned»), die in den zahlreichen Übungen gesammelt und ausgewertet wurden, mit einbezogen und den NATO und «sponsoring nations» zum Beispiel in Form von «after action reports» und «manuals» zur Verfügung gestellt. «Cyber»-Strategie Ein Vergleich vorhandener nationaler Strategien zeigt, dass insbesondere folgende Elemente unverzichtbar sind: Die Definition der zu schützenden kritischen Infrastrukturen (Bank- und Gesundheitswesen, Wasser- und Energieversorgung, öffentlicher Verkehr, Verwaltung etc.), die Bekämpfung von «Cyber»-Kriminalität und Massnahmen zur Erhöhung des allgemeinen Bedrohungsbewusstseins im «Cyber»-Bereich. Drei Erfolgsfaktoren sind nach Aussage von Oberst Suzik bei deren praktischer Umsetzung zu beachten: Erstens, die Unverzichtbarkeit eines verbindlichen Umsetzungsplanes, zweitens, die Schaffung einer soliden Vertrauensbasis zwischen den agierenden Institutionen und Dienststellen und drittens, die Festlegung klarer Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten, denn im Ernstfall und unter Zeitdruck sei entscheidend, dass jede Dienststelle ihre Obliegenheiten genau kenne. Dabei werde man um die Schaffung eines obersten zentralen Leitungsorgans kaum herumkommen, und es müsse auch die Schaffung eines «computer emergency response team» ins Auge gefasst werden. Anleitung dazu kann das vom Zentrum herausgegebene «National Cyber Security Framework Manual» geben. Die entscheidende Frage, wie aktiv und offensiv eine «Cyber Defence»-Stratgie gestaltet werden soll, hat jede Nation auf Grund ihres Rechtsverständnisses selber zu entscheiden. Nach Oberst Suzik schlössen einige nationale Strategien offiziell den Aufbau von offensiven Kapazitäten und die Vorbereitung entsprechender Massnahmen ein und auch in den konzeptioASMZ 12/2014 31 Intelligence nellen Vorgaben der NATO sei ein gewisser Trend zu mehr Kühnheit festzustellen. Eine dieses Jahr vom CCDCOE durchgeführte internationale Konferenz mit etwa 500 Teilnehmern war denn auch dem Thema «active cyber defence» gewidmet, wobei bereits der Palette der Begriffe «offensive, active, reactive defence» zu entnehmen war, wie undeutlich und fliessend die Grenzen zwischen offensiven und defensiven Massnahmen im «cyberspace» sind. Die verwendete Technologie schliesst ohnehin beide Möglichkeiten ein («dualuse»), so dass eine klare Trennung nicht nur konzeptionell und definitorisch, sondern auch technisch praktisch unmöglich ist. Wichtig ist daher, dass die nationale Strategie diesbezüglich klare Leitlinien vorgibt, damit im Ernstfall situativ entschieden werden kann, wie weit zu gehen ist. Im NATO-Verbund sind gegenseitige Hilfestellungen im Fall eines Angriffs auf einen der NATO-Staaten durchaus denkbar, indem die offensive Komponente der Abwehr von einem andern NATO-Staat oder von der NATO selbst erbracht werden könnte. Sowenig wie in andern Lebensbereichen wird auch im «cyberspace» nie vollständige Sicherheit zu erreichen sein, aber die CCDCOE in Tallin. Bilder: CCDCOE Abwehr kann mit gezielten, koordinierten und energischen Massnahmen auf ein hohes Niveau gebracht werden, das eine inhärente dissuasive Wirkung zu erzielen vermag. Je besser es gelingt, Systeme zu schützen, desto grösser ist der Ressourcen-Aufwand für einen potentiellen Gegner, diese zu attackieren. Dabei ist nach Aussage der Vertreter des CCDCOE zu bedenken, dass das Prinzip «one shot – one hit» dazu führt, dass alles auf eine Karte gesetzt werden muss und die materiellen Verluste im Falle eines Misserfolgs ausserordentlich hoch sein können, zumal wenn es sich – wie in letzter Zeit immer häufiger – um Schadprogramme («malware») mit nachrichtendienstlicher Zweckbestimmung handelt. ■ SOG Vorstand 2014, ein Jahr mit fahlem Beigeschmack – und 2015? Br Denis Froidevaux, Präsident SOG Nach dem Jahr 2013 mit einer einmaligen Intensität für die SOG und ihre Sektionen, mit einem historischen Erfolg gegen die Unsicherheitsinitiative zur Abschaffung der Wehrpflicht, bleibt im Rückblick auf das Jahr 2014 ein eher bitterer Beigeschmack. Zuerst steht da die folgenschwere Niederlage beim Referendum zur Finanzierung eines neuen Kampfflugzeuges. Eine Niederlage in erster Linie für die Politik, die politischen Parteien und das politische System als Solches. Das Engagement der SOG in diesem Abstimmungskampf war wie schon im Vorjahr vorbildlich. Sei es auf der Ebene der Mittelbeschaffung, der Kampagnenorganisation, auf der Ebene der medialen Präsenz, in den öffentlichen Debatten etc. Mein grosser Respekt für alle, die sich – leider erfolglos – dafür engagiert haben, das Volk von der Notwendigkeit der Stärke unserer Armee als Gesamtsystem zu überzeugen. Mein grosser Respekt auch der SOG-Sektion AVIA und deren Präsident für den ausserordentlichen Einsatz im Abstimmungskampf. Wir – die SOG – haben unsere Arbeit getan. Andere Organisationen müssen sich im Hinblick auf kommende politische Ausmarchungen hier die Frage gefallen lassen, was sie beigetragen haben – oder eben nicht. WEA auf Kurs Bleibt im Rückblick auf 2014 noch das Thema rund um die Weiterentwicklung der Armee WEA zu erwähnen. Auch hier hat sich die SOG stark engagiert, zum einen im Beirat, in den Think Tanks und den Spezialistengruppen. Auf der ande- «Die Sparpolitik auf dem Buckel der Verteidigung muss endlich gestoppt werden.» ren Seite hat das Ressort Sicherheitspolitik der SOG eine exzellente Arbeit gemacht und diverse Stellungnahmen, Positionspapiere, Botschaften und Medienmitteilungen verfasst. Es braucht bei der WEA noch wichtige Anpassungen. Die Anhörung durch die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates lässt jedoch hoffen, dass die Richtung der WEA korrigiert wird – in die Richtung der Posi- tion der SOG. Es gilt nun genau hinzuschauen, dass die Verteidigungsfähigkeit im modernen und vernünftigen Sinne erhalten bleibt und dass unsere Armee auf einer soliden finanziellen Grundlage zu stehen kommt. Die Sparpolitik auf dem Buckel der Verteidigung muss endlich gestoppt werden. Die Armee braucht die Mittel, damit ihre Soldaten die verfassungsmässigen Aufträge erfüllen können und dabei deren Sicherheit maximal gewährleistet ist. Darum sind die fünf Milliarden Armeebudget jährlich das unterste Minimum. Struktur gefestigt SOG-intern konnten die neuen Strukturen gefestigt werden. Das Generalsekretariat hat die Feuertaufe bestanden und der fixe Führungsrhythmus trägt Früchte. Als Aufgabe bleibt aber, die langfristige Finanzierung der SOG sicherzustellen. Dazu braucht es in den nächsten zwei bis drei Jahren weitere, frische finanzielle Mittel. Ich möchte an dieser Stelle meinen Vizepräsidenten, den SOG-Vorstandsmitglieder sowie den Präsidenten der SOGSektionen für ihren unablässigen Einsatz danken. Ohne ihre unermüdlichen Kräfte wäre nichts von all dem möglich gewesen. Ich wünsche uns allen frohe Festtage, einen guten Rutsch und ein gutes Neues Jahr. Bis 2015. ■ Stiftung der Offiziere der Schweizer Armee Mit Ihrer Unterstützung stärken Sie das Milizsystem, die Milizarmee und eine glaubwürdige Sicherheitspolitik der Schweiz. Die Stiftung ist steuerbefreit. Jeder Beitrag zählt! Weitere Informationen unter: www.offiziersstiftung.ch UNUS PRO OMNIBUS, OMNES PRO UNO – EINER FÜR ALLE, ALLE FÜR EINEN. Bankverbindung: UBS AG IBAN: CH380026226210411901K Stiftung der Offiziere der Schweizer Armee 117-119 avenue Général Guisan, Case postale 212, CH-1009 Pully [email protected], www.offiziersstiftung.ch ASMZ 12/2014 33 Einsatz und Ausbildung Gedanken zum Kampf in der urbanen Schweiz Durch die zunehmende Urbanisierung der Schweiz gewinnt der Kampf in überbautem Gebiet in Verteidigungsoperationen immer mehr an Bedeutung. Obwohl die Problematik grundsätzlich erkannt wurde, existiert nach wie vor kein verbindliches Rahmenkonzept zum Kampf der verbundenen Waffen im urbanen Umfeld. Stefan Bühler Als Beispiel für den modernen Häuserkampf und allenfalls Vorlage für die eigene «Kampf im überbauten Gebiet (KIUG)»Doktrin wird auch hierzulande zuweilen die Operation «PHANTOM FURY» und der damit verbundene Einbruch der USStreitkräfte in die Stadt Falludscha im November 2004 herangezogen. Obwohl es sich dabei zweifellos um eine erfolgreiche militärische Operation im überbauten Gebiet handelt, stechen doch drei Punkte heraus, welche sich grundlegend von den Voraussetzungen in der Schweiz unterscheiden: die Zivilbevölkerung, die Infrastruktur und die eingesetzte Technologie. Zivilbevölkerung Während die Zivilbevölkerung von Falludscha den amerikanischen Einheiten bestenfalls neutral, zu einem grossen Teil wahrscheinlich feindlich gesinnt war, darf wohl angenommen werden, dass in der Schweiz die Mehrheit der Zivilbevölkerung die Landesverteidigung direkt oder indirekt unterstützt; sollte die Zivilbevölkerung nämlich nicht hinter einem entsprechenden Einsatz der Armee stehen, wäre bis zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich grundlegend etwas schiefgelaufen. Insofern müssen die Unterstützung, aber auch die Bedürfnisse der Zivilbevölkerung, gerade in urbanen Gebieten, zwingend in die Betrachtungen mit einbezogen werden. Infrastruktur Weiterhin ist zu beachten, dass eine Verteidigungsoperation in der Schweiz zwangsläufig in Mitten der eigenen Infrastruktur stattfinden wird. Obwohl Kollateralschäden an ziviler Infrastruktur gemäss Kriegsvölkerrecht grundsätzlich zu 34 ASMZ 12/2014 vermeiden sind, muss davon ausgegangen davon ausgegangen werden, dass ein powerden, dass die US-Streitkräfte beim An- tentieller Gegner der Schweizer Armee griff auf die irakische Stadt wahrschein- technologisch mindestens ebenbürtig, lich grössere Kollateralschäden in Kauf ge- wahrscheinlich jedoch überlegen sein wird, nommen haben, als dies bei einem Ein- was ihn wiederum in die Lage versetzt, bruch unserer Kampfverbände in ein ur- auch moderne Kommunikations- und Sabanes Gebiets im Rahmen einer Verteidi- tellitentechnologie, wie sie aktuell von viegungsoperation in der Schweiz der Fall wäre. Während der notwendige Schutz der Infrastruktur die Kampfführung somit mehr oder weniger einschränkt, kann sich der Verteidiger trotzdem durch die bessere Elevationen Pz 87 Leo WE und SPz 2000. Kenntnis des EinGrafik: Regl. 54.033d, Der Panzerzug satzraumes (Grundrisse von Gebäuden und Kanalisationssystemen, Energiever- len Systemen in der Schweizer Armee versorgung, etc.) einen erheblichen Vorteil wendet wird, zu stören oder sogar zu maverschaffen. Daher ist der Einbezug der nipulieren. Die Technologieabhängigkeit entsprechenden lokalen zivilen Behörden ist daher gerade bei der Beschaffung von und wichtigen Industriezweigen (Tiefbau- neuem Material auf ein Minimum zu ämter, Kraftwerkgesellschaften, etc.) in ein beschränken, Schlüsseltechnologien sind zukünftiges Verteidigungskonzept anzu- zwingend durch redundante Systeme zu streben, was demzufolge eher wieder für ergänzen. eine Regionalisierung der Verbände spreIm Folgenden sollen aus diesen Grundchen würde. satzüberlegungen nun ein paar mögliche Konsequenzen für die zukünftige Konzeption einzelner Komponenten im Kampf Technologie der verbundenen Waffen herausgeschält Schlussendlich darf nicht vergessen wer- werden, ohne dabei Anspruch auf Vollden, dass bei «PHANTOM FURY» und ständigkeit zu erheben. ähnlichen, zum Vergleich herangezogenen Einbruchsoperationen der Angreifer Aufklärung jeweils technologisch deutlich überlegen Mit der zunehmenden Urbanisierung war. Neben der Luftherrschaft, welche die Beweglichkeit des Verteidigers merkbar läuft die Zeit der gepanzerten Aufkläeinschränkte, hatten die US-Streitkräfte rungsfahrzeuge, welche sich den Walddurch den Einsatz von Netzwerk- und Sa- rändern entlang Richtung Gegner vortellitentechnologie sowie Drohnen und antasten, allmählich aus. Gefragt werden weiteren Sensoren auch die Informations- zunehmend leichte und hochmobile Aufüberlegenheit. Im Gegensatz dazu muss klärungseinheiten, welche sich an den Einsatz und Ausbildung Einsatzgrundsätzen von Spezialkräften orientieren und innerhalb von überbautem Gebiet ungesehen operieren können. Die Beobachtungsmittel sind nicht mehr fest auf einem Fahrzeug montiert, sondern werden in der persönlichen Ausrüstung mitgetragen. Unbewaffnete Aufklärer sind insbesondere im KIUG nutzlos; eine entsprechende Bewaffnung der Fahrzeuge sowie der Einsatzkräfte – auch mit leichten Panzerabwehrlenkwaffen – ist vorzusehen. Die Fähigkeiten zur Kampfmittelerkundung auf der einen Seite und zur Zielbeleuchtung und -beobachtung für die Feuerunterstützung (Artillerie, Minenwerfer, Kampfflugzeuge) auf der anderen Seite müssen zusätzlich zum bestehenden Leistungsprofil neu aufgebaut werden. Einsatz «Panzergelände ist da, wo der Panzer ist». Obwohl der Kampfpanzer einige seiner Stärken, allen voran die grossen Schussdistanzen sowie die ausgezeichnete Mobilität, im überbauten Gebiet nicht vollständig ausnutzen kann, ist er aufgrund der enormen Feuerkraft und der starken Panzerung trotzdem ein unverzichtbares Mittel. Allerdings sind technische Anpassungen am Waffensystem notwendig, um den Panzer auf die neuen Einsatzverhältnisse vorzubereiten. Ein autarkes Waffensystem, welches unter Panzerschutz bedient werden kann, ermöglicht zum Beispiel durch den grossen Elevationswinkel auch im Nahbereich das Wirken in die oberen Stockwerke von Gebäuden. Die Einführung von neuer Munition (programmierbare Sprenggeschosse; Wiedereinführung der preisgünstigen und gegen ungepanzerte Strukturen hocheffektiven HESH-Munition) muss angedacht werden; es stellt sich insbesondere auch die Frage, ob im Häuserkampf mit den beschränkten Schussdistanzen tatsächlich Mündungsgeschwindigkeiten von mehr Typische Flugbahnen Pz Hb und Mw. als 1100 m/s – und die damit einhergehende zerstörerische und tödliche Druckwirkung im Mündungsbereich beim Abschuss – notwendig sind oder ob nicht gegebenenfalls Munition mit reduzierten Treibladungen eingesetzt werden müsste? Das direkte Feuer ist im überbauten Gebiet aufgrund der Präzision dem indirekten Feuer überlegen; stark gepanzerte Fahrzeuge sind die Grundvoraussetzung, das Feuer an den Gegner zu bringen. Pz 87 WE und SPz 2000 – gegebenenfalls mit weiteren punktuellen Upgrades – bieten eine ideale Kombination aus Schutz, Feuerkraft und Absitzstärke und bleiben damit auch mittelfristig die bevorzugten Mittel der mechanisierten Truppen. Die Panzergrenadiere und die Infanterie tragen die Hauptlast im Häuserkampf. Sie sind deshalb besonders gut auszurüsten. Daher stellt sich die Frage, ob unsere Infanteriewaffen für den KIUG geeignet sind oder ob gegebenenfalls die Ausrüstung für Verteidigungsoperationen noch weiter verstärkt werden muss? Neben Panzerabwehrlenkwaffen sollte auch die Beschaffung von strukturbrechender Munition («Bunkerfaust») in Betracht gezogen werden. Die Einsatzkompanien müssen für die taktische Aufklärung über eigene Mittel wie Minidrohnen, Endoskope, etc., verfügen. Beide Truppengattungen sind wieder in der Sprengtechnik auszubilden, insbesondere das sprengtechnische Öffnen von Türen, aber auch die Schaffung von alternativen Zugängen mit Hilfe von Spreng- und Schneidladungen sollten ein integraler Bestandteil der zukünftigen Ausbildung sein, welche es überdies zwischen den Panzergrenadieren und der Infanterie zu harmonisieren gilt. Einsatzunterstützung Neben der vielfach geforderten Präzision, welche unsere Artillerie zumindest aktuell nicht erreicht, ist gerade beim Einsatz im urbanen Umfeld ein Faktor besonders wichtig: ein steiler Auftreffwinkel! Ansonsten besteht nämlich die Ge- THINK TANK Die OG Panzer stellt mit dem THINK TANK eine Plattform zur Verfügung, um die Entwicklung ausländischer Doktrinen, Fakten und Erfahrungen rund um das Thema Kampf der verbundenen Waffen zu diskutieren und gemeinsam Lösungsvorschläge als Beitrag an eine zukünftige Doktrin, Ausbildung und Weiterentwicklung der Kampftruppen in der Schweiz auszuarbeiten. Interessenten – auch von ausserhalb der Panzertruppen – melden sich per E-Mail an [email protected]. fahr, dass die Granaten an Häusern «hängen bleiben», unnötige Kollateralschäden verursachen und damit nur unzureichend in die Strassenzüge gewirkt werden kann. Dieses Kriterium wird naturgemäss von den Minenwerfern besser erfüllt, da diese in der oberen Winkelgruppe schiessen; bei den Haubitzen, welche in der Regel die untere Winkelgruppe abdecken, muss der steile Auftreffwinkel durch technische Massnahmen wie Bremsvorrichtungen erreicht werden, was aber wiederum die Einsatzreichweite verringert. Die Präzision sollte indes in Zukunft nicht durch Systeme, welche unter ausländischer Kontrolle stehen (z. B. GPS), erreicht werden. Neben der bekannten Zielbeleuchtung wäre auch die Endanfluglenkung mittels Triangulation über feste Referenzpunkte am Boden denkbar, da die Artillerie im Verteidigungsfall im Inland oder gegebenenfalls im grenznahen Ausland eingesetzt werden soll. Der zukünftige Einsatz von Halbbatterien oder sogar Einzelgeschützen, wie dies in aktuellen Diskussionen vermehrt gefordert wird, ist noch einmal zu überdenken. Was in Masar-e Scharif gegen eine Gruppe von Taliban vielleicht funktioniert hat, wird gegen einen modernen, mechanisierten Gegner schnell an seine Grenzen stossen. Schlussendlich gilt es in naher Zukunft eine Fähigkeitslücke, nämlich die Flugbahnverfolgung von Geschossen zur Ortung der Grafik: Autor ASMZ 12/2014 35 Einsatz und Ausbildung (WLAN-Netzwerke, Mobilfunkantennen) eine Überlegung wert. Ein weiterer Punkt ist die immer stärkere Vernetzung von Führungssystemen, welche zweifellos grosse Vorteile bietet, aber die Führung auch anfällig macht gegenüber Störungen und Manipulation. Es sollte bei der zukünftigen Gestaltung der Führungsinfrastruktur – ähnlich wie bei den Waffensystemen – auf einen sinnvollen Mix zwischen Technologienutzen und Technologieabhängigkeit geachtet werden. Schliesslich gilt es zu beachten, dass sich neben vielen Medienvertretern auch Hilfsorganisationen im Einsatzraum bewegen werden, welche es zu schützen und mit Informationen zu versorgen gilt (Stichwort Zivil-Militärische Zusammenarbeit, CIMIC). Leichte Aufklärungsfahrzeuge. Bild: Homepage KSK/Fotos AAD 10 gegnerischen Feuerstellungen, zu schliessen. Da das Ausheben von Panzergräben, das Verlegen von Minen und das Anlegen von Baumverhauen im überbauten Gebiet an Grenzen stösst, müssen die Panzersappeure zwingend neue Verfahren für die Bewegungs- und Hindernisführung im überbauten Gebiet erarbeiten. In jedem Fall ist die taktische Kampfmittelbeseitigung als zusätzliche neue Fähigkeit vorzusehen. Jede Panzerbrigade muss zudem wieder über ein eigenes Panzersappeurbataillon verfügen. Schliesslich darf auch die Flugabwehr in der ganzen Konzeption nicht vergessen werden. Sind die mit der BODLUV 2020 geplanten Mittel, welche primär für die operative Stufe gedacht sind, wirklich ausreichend oder müssen nicht doch für die taktische Stufe noch leichte und mobile «Fliegerfäuste», insbesondere zur Bekämpfung von Hubschraubern, beschafft werden? Einsatzlogistik Obwohl die Auslagerung von Reparatur- und Wartungsarbeiten an die Industrie aus ökonomischer Sicht durchaus Sinn machen kann, werden durch diese Massnahme zwangsläufig Fähigkeiten in der Truppe abgebaut, was dazu führt, dass insbesondere bei den Logistikkompanien der Panzertruppe die Truppenmechani- 36 ASMZ 12/2014 Fazit ker nicht mehr oder höchstens bedingt in der Lage sind, die Fahrzeuge ohne Unterstützung der Industrie instand zu halten. Diesen Umstand gilt es zu korrigieren, ohne dadurch die Industrie unnötig zu schwächen. Ein Punkt, welcher in der Vergangenheit mehrheitlich vernachlässigt wurde, ist der Abtransport und die Betreuung von Verwundeten an der Front. Während die Besatzung eines penetrierten Kampfoder Schützenpanzers meistens getötet wird, muss gerade beim Häuserkampf mit einer grossen Anzahl von Verletzten gerechnet werden. Ein reibungslos funktionierender Sanitätsdienst ist in diesem Fall das A und O, um das Binden von Einsatzmitteln zu vermeiden, welche zwingend an einer anderen Stelle gebraucht würden. Führungsunterstützung Vor einer grossen Herausforderung dürfte indes auch die Führungsunterstützung stehen. Der Einsatz von Funksystemen gerade innerhalb der Häuserschluchten von Städten wird durch die Abschattung (Funklöcher) stark erschwert, der Aufbau von Relais hilft dabei nur bedingt. Stärkere Sendeleistungen erleichtern dem Gegner wiederum die elektromagnetische Ortung der Sender und sind daher auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Zumindest auf der taktischen Stufe wäre die redundante Nutzung der in den urbanen Gebieten oft hervorragend ausgebauten zivilen Infrastruktur Die Operation «PHANTOM FURY», als Beispiel für den modernen Häuserkampf herangezogen, war ein Kampf gegen einen technologisch unterlegenen Gegner auf seinem eigenen Territorium und in Mitten seiner eigenen Zivilbevölkerung. Die Konsequenzen, welche daraus gezogen werden können, lassen sich nur bedingt auf die Verhältnisse in der Schweiz anwenden – und wenn, dann eher aus Sicht der irakischen Aufständischen. Derweil sind andere NATOMitgliedstaaten wie Frankreich, Grossbritannien und Deutschland daran, eigene KIUG-Doktrinen aufzustellen; Grobkonzepte existieren zum Teil für Städte bis ungefähr 100000 Einwohner, sind aber ebenfalls nur bedingt übertragbar. Obwohl ein Blick über den Tellerrand nie verkehrt ist, lassen sich die aktuellen US- oder NATO-Doktrinen nicht 1 :1 übernehmen; Selbstvertrauen und eigene Lösungen sind gefragt! Diese gilt es in unmittelbarer Zukunft in einem gesamtheitlichen Ansatz zu skizzieren und zeitnah auszuarbeiten, damit die mittelfristig anstehenden Ausbildungs- und Beschaffungsvorhaben auf einem soliden Einsatzkonzept aufbauen können. ■ Oberleutnant Stefan Bühler Dipl. Ing. FH Mitglied OG Panzer Komp Zen ABC-KAMIR 3657 Schwanden Einsatz und Ausbildung Sensorwirkungsverbund im Geb Inf Bat 77 In einer ganztägigen Übung trainierte die Geb Inf Kp 77/3 (Hptm Patrick Noger) auf dem Waffenplatz Bure den Sensorwirkungsverbund (SWV), also die Zusammenarbeit mit den Sensoren der Geb Inf Ustü Kp 77/4 (Hptm Michael Hollenstein). Dieser stellt neben dem Führungsunterstützungs-/Logistikverbund und der Manöververbände eine der Grundfertigkeiten eines Inf Bat dar. sere AdA sicher und gewährleisten deren solide Ausbildung im WK. Darum könMorgens gleich nach dem Antrittsver- nen sich auf Stufe Bataillon der S2 lesen machten sich die AdA der Kompa- (Dienstchef nachrichtendienstliche Leisnien 3 und 4 an die Einsatzvorbereitun- tungen) und die Kommandanten auf ungen. Sie fassten Material, kontrollierten sere Augen und Ohren im Feld verlassen, dieses und verluden es in ihre Fahrzeuge, wenn nötig auch auf das Feuer der Scharfwährend die Gruppenführer und Zug- schützen und Minenwerfer.» führer gemeinsam die TrainingsschwerDie Scharfschützen bilden zusammen punkte nochmals miteinander bespra- mit den Minenwerferbeobachtern und chen. Die Unterstützungskompanie er- dem Aufklärungszug den SWV. Wenn ein bringt in diesem WK mit einem kleinen, Kompaniekommandant wissen muss, was aber feinen Kernbestand ihre Leistungen in seinem Einsatzraum vor sich geht, so im Geb Inf Bat 77, weil sie mit zwei De- kann er die Sensoren ins Feld entsenden. tachementen Einsätze zu Gunsten des Auf der Grundlage dieses Auftrags fasKompetenzzentrums Gebirgsdienste der sen die Scharfschützen einen KartenentArmee in Andermatt und des Kompe- schluss und infiltrieren in die geplante Stellung. Grundsätzlich überwachen und schützen sie den äusseren Ring um den Einsatzraum, während die Infanteriezüge im inneren Ring agieren. Im Stellungsraum angelangt, errichten die Scharfschützen ein getarntes Basislager, denn in die Beobachter- bzw. Schiessstellung wird nur die wichtigste Ausrüstung mitgenommen. Die beiden Scharfschützen, Sdt Cédric von Scharfschützen: Teil des SWV. Bilder: Sdt M. Kohli, Geb Inf Bat 77 Dach und Sdt Pius Wicki, betonen die tenzzentrums für Auslandeinsätze SWISS- Wichtigkeit der materiellen und mentalen INT in Stans durchführt. Hptm Hollen- Vorbereitung einer Mission: Ausrüstung stein umschreibt die Aufgabe der Ustü Kp und Tarnung werden massgeblich durch des Bataillons wie folgt: «Im Unterschied den Auftrag und die Jahreszeit bestimmt. zu den Inf Kp sind wir kein ManöverAm Nachmittag wurde der SWV durch verband. Wir stellen Leistungen zur Ver- Bat Kdt Oberstlt i Gst Damian Casanova fügung. Wir stellen die Logistik für un- beübt. Im Übungsdorf Nalé haben sich Arthur Alexejew paramilitärische Kräfte der «Trivianier» unter die Zivilbevölkerung gemischt. Dies verlangte einerseits situationsgerechtes Vorgehen der Infanteristen der Kp 3, andererseits präzise Beobachtung und Identifikation durch die Sensoren der Ustü Kp 4. Wie herausfordernd der Einsatz im Der SWV in Aktion: Beobachterstellung. überbauten Gelände ist, zeigte sich an diesem Nachmittag: Die Unterscheidung von Kombattanten und Unbeteiligten, der Umgang mit Verwundeten, die Kommunikation zwischen den Gruppen und Zügen – den Überblick behalten oder der Vorstoss kommt ins Stocken. Die modernen Trainingsanlagen mit Video-, GPSund Funkgesprächaufzeichnungen ermöglichen heute einen umfassenden After Action Review. In einer offenen und konstruktiven Atmosphäre wurden die aufgedeckten Defizite besprochen und Lehren für die Zukunft gezogen. So sieht ehrliches und lernzielorientiertes Training aus! ■ Oberleutnant Arthur Alexejew M.A. HSG PIO i V, Geb Inf Bat 77 8123 Ebmatingen ASMZ 12/2014 37 Einsatz und Ausbildung Das MP Bat 2 im Einsatz an der AIR14 Das Militärpolizeibataillon 2 hat, in enger Zusammenarbeit mit den anderen Sicherheitspartnern, insbesondere mit den Polizeikorps der Kantone Waadt und Freiburg, die Sicherheit des einmaligen Volksfestes AIR14 in und um Payerne untadelig sichergestellt; es waren keine Zwischenfälle zu beklagen. Mario Fässler Am ersten Wochenende der AIR14 applaudierten die Zuschauer spontan dem synchronen Radballett des Ei Z 9 des MP Bat 2 unter der Leitung von Oblt Lars von Ow, Polizeiangehöriger der Kapo GR, anlässlich des Schichtwechsels auf dem TARMAC. Damit hatte niemand gerechnet – weder mit dem kreativen Symbol von Disziplin, noch mit dem spontanen Applaus. Ganz im Stil der Piloten im Himmel grüssten die abgelösten MP Gren die Zuschauer am Boden. Wie kam es dazu? Dieses Jahr wurde das MP Bat 2 für die Dauer der Air Show vom Führungsstab der Armee (FST A) dem Organisationskomitee AIR14 der LW zugewiesen (um Legalität und Legitimität zu wahren, wird eine Polizeieinheit grundsätzlich nicht unterstellt, sondern in der Regel zugewiesen). Die AIR14 wurde hinsichtlich Sicherheit als Volksfest eingeschätzt und dauerte für die Sicherheitskräfte vom Dispositivbezug am Mittwoch, 27. August 2014, 1300 Uhr, bis zur Rückübergabe der Sicherheit an die «Garde civile» am Montag, 8. September 2014, 1705 Uhr insgesamt über 12 Tage bzw. total 292 Stunden. An den Wochenenden wurden pro Tag bis zu 110 000 Besucher gezählt. Insgesamt besuchten weit über 400000 Personen diesen Armeeanlass. Als Volksfest stellte die AIR14 die gleichen polizeilichen Problemstellungen wie jede grössere Massenveranstaltung (Verkehrsüberlastung, Kumulation hoher Geldbeträge und Sachwerte, viele Sanitätsfälle, fehlbare Besucher, Anziehungspunkt für Taschendiebe und andere Straftäter). Der Auftrag des MP Bat 2 lautete wie folgt: • Bewachung der Kernzone mit Tower, Flugpiste und Flugzeugen; • Bewachung der Bank und anderer sen- 38 ASMZ 12/2014 • • • • sitiver Einrichtungen (innerer und äusserer Sicherungsring); Gewährleisten der sicheren Geldtransporte zwischen Bank und Verkaufsständen; Sicherung des VIP-Bereiches; Überwachung des inneren Sicherungsrings (intervenieren; kontrolliertes Öffnen bei Flugzeugverschiebungen und bei gravierenden Ereignissen); Bereithalten einer polizeilichen Reserve für Ereignisse, welche polizeiliche erste Massnahmen auf dem Veranstaltungsgelände erfordern bzw. zur Unterstützung von Sicherheitspartnern im Einsatzraum. Als Resultat einer intensiven Stabsarbeitswoche erfolgte der Grundentschluss: • Mit 11 Einsatzzügen (Ei Z) (8 MP Gren Z, 3 MP Schutz Z) in einer fixen Dienstfolge alle Einsatzformen beherrschen und die zugewiesenen Aufträge alternierend erfüllen; Aufmarsch des MP Bat 2 in Payerne. • Mit namentlichen Einsatzlisten in einem vorgegebenen Führungsrhythmus Planungs- und Auftragssicherheit erreichen und den Kp den Rahmen für ihre Leistungen vorgeben; • Mit einem rückwärtigen Kommandoposten (KP Rück, Pikett Of Bat) mit integrierter Verkehrs- und Transportzentrale (VT Z) sowie Nachrichtenzentrale Der Einsatz zu Gunsten der AIR14 hat jeden Einzelnen gefordert. Die Angehörigen des MP Bat 2 haben getan, was sie mussten; und dies haben sie GUT getan! Besten Dank allen Beteiligten des MP Bat 2, den Kollegen der Sicherheitspartner und den Auftraggebern! (Na Z) die Bereitstellung und Verschiebung der Einsatzzüge führen; • Mit einem vorgeschobenen Kommandoposten (KP Front, Einsatzleitung Front des Bat) – integriert in den KP «Sécurité intérieure et extérieure AIR14» – inklusive integrierter Einsatzstelle Telematik, die Einsatzführung vor Ort sicherstellen; • Einen 1 Ei Z (Si Z) und ein ad-hoc-Kaderdetachement bereithalten, um einerseits die KP Rück und KP Front sowie das «Maison de conduite» personell zu unterstützen, als auch Stab und Stabskompanie zu sichern und Auftragsspitzen abzufedern. Die durchhaltefähige Gewährleistung der Sicherheit erforderte eine enge Koordination zwischen den verschiedenen Sicherheitspartnern, bestehend aus Teilen der Kantonspolizeikorps Waadt und Freiburg, insgesamt 3 LW Si Kp (äusserer Sicherungsring), 1 Trsp Kp, 2 San Kp, Teilen Bilder: Autor der Profi Mil Sich (Unterstützung und polizeiliche Grundversorgung der eingesetzten Truppen) und dem MP Bat 2. Zur Führungsunterstützung des gesamten Anlasses wurde das FU Bat 21 eingesetzt. Dem MP Bat 2 war von Anfang an bewusst, dass ohne eine gewissenhafte Erfüllung dieser Aufgaben weder die Besucher die Air-Show geniessen noch die Pi- Einsatz und Ausbildung loten und Veranstalter ihre Kreativität und ihr Handwerk entfalten und zur Geltung bringen können. In fünf Tagen Einsatzbezogener Ausbildung (EBA) haben sich die AdA des MP Bat 2 spezifisch vorbereitet. Um die «Unité de doctrine» sicherzustellen, erfolgte die Ausbildung mittels Batallionsarbeitsplatz. Ziel- und Auftragserfüllung Einige Beispiele – symbolisch für viele Situationen: Erhaltung oder Wiederherstellung von Ordnung Folgende Tatsachen unterstreichen die erfolgreiche Anwendung von Polizei-Taktik und -Ethik: • Es wurde keine Ausfälligkeit von Besuchern gegenüber der MP bekannt; • Es fand kein Übergriff auf einen Geldtransport statt. rund 50-jähriger Mann vor dem VIP-Bereich zusammen und hustete Blut. Dank dem sofortigen Eingreifen des Ad MP Bat2 konnte der Mann stabilisiert, seine Angehörigen beruhigt und die Person mit der Ambulanz evakuiert werden; die gezeigte Dankbarkeit der Betroffenen spricht Bände. Zutrittskontrolle VIP-Bereich. Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit Polizeilich misst man Verhältnismässigkeit ganz pragmatisch: die moderne, kritische und obrigkeitssensible Bevölkerung beschwert sich, sobald sich Kontrollierte unrecht behandelt fühlen – ob objektiv gerechtfertigt oder nur subjektiv so empfunden. Anlässlich des Einsatzes an der AIR14 sind von Besuchern, das heisst den Kontrollierten, keine einzige Beschwerde beim MP Bat 2 eingetroffen. Ist nicht dies ein Zeugnis für Verhältnismässigkeit? Offensichtlich ist den AdA des MP Bat 2 die Anwendung der 3D-Strategie gelungen. Vorbild und kreatives Engagement Auch das erwähnte Fahrradballet zeigt auf, dass auch ein an sich unDer Einsatzleiter Front orientiert zwei Einsatzzüge. angenehmer, langweiliger, wenig fordernder Im Gegenteil: symbolisch für beherzte Auftrag durch Kreativität von MilizsolHelfer und polizeiliche Priorisierung daten zu einem publikumswirksamen kann folgender Einzelfall der insgesamt Beispiel für Disziplin werden kann. rund 1000 Sanitätsfälle und gegen 200 Anlässlich der Fahnenabgabe, nur zwei polizeilichen Ereignisse erzählt werden: Stunden nach Abbruch des Einsatzes, nahm Am Samstag, 30. August 2014, brach ein denn auch sowohl der Kdt des MP Bat 2, Maj i Gst Mario Fässler, als auch der Kdt der Air Base Payerne, Oberst i Gst Benoît Studemann, eine differenzierte Bewertung vor. Natürlich mussten auch im MP Bat 2 Fehler in der Führung und im Verhalten der AdA festgestellt und korrigiert werden; natürlich musste das MP Bat 2 auch mit angeblich unveränderbaren Unzulänglichkeiten umgehen; natürlich war die vermittelte Erwartung einiger militärischer und polizeilicher Berufskollegen, dass ein Miliz MP Gren sich nicht situationsgerecht verhalten könne und deshalb nicht volles Vertrauen verdiene (unterschiedliche Rules of Engagement [ROE] für Profi und Miliz in demselben Auftrag) störend. Zurück bleibt aber, dass das MP Bat 2 diese Fehler nicht nur erkannt, sondern Korrekturen und Lehren laufend, sachlich und einsatzorientiert umgesetzt hat. Zurück bleibt ebenfalls das allseitige Lob für den vorbildlichen und beispielhaften Einsatz. ■ Major i Gst Mario Fässler Eidg. dipl. Berufsoffizier Stv Kdt Grenzwachtkorps GWK 7208 Malans Vortragsreihe 2015: Start 21. Januar www.armeemuseum.ch – Mail: [email protected] – [email protected] Postadresse: VSAM - Postfach 2634 – CH 3601 Thun 21.01.2015 Artillerie am rechten Thunersee-Ufer – Planung und Bau der Werke Waldbrand, Legi und Schmockenfluh. Referent: HansRudolf Schoch, Buchautor, Grosshöchstetten 25.03.2015 200 Jahre Grenzbesetzung 1815 – Rückkehr Napoleons und Herrschaft der hundert Tage, Feldzug der eidgenössischen Truppen ins Franche-Comté unter dem Kommando von General F. Bachmann. Referent: Div aD Fred Heer, Steffisburg 27.05.2015 Die Schweizer Armee im 19. Jahrhundert aus der Sicht der süddeutschen Staaten – Referent: Dr. Josef Inauen, Steffisburg 08.07.2015 Der Unimog-S in der Schweizer Armee – Beschaffung/Einsatz. Referent: Dr. Claudio Lazzarini, Spezialist für Unimog-Fahrzeuge. AMP Burgdorf, Treffpunkt 18.50 Uhr vor Eingangstor (Militärstrasse) 16.09.2015 Napoleons Karten der Schweiz – Kartografie in der Zeit vor Dufour. Referent: Dr. Martin Rickenbacher, Leiter Arbeitsgruppe für Kartengeschichte der Schweizerischen Gesellschaft für Kartografie 25.11.2015 200 Jahre Schweizerfahne – und ihre Weiterentwicklung. Referent: Br aD Jürg Keller, Sugiez Treffpunkt (ausser 08.07.2015): jeweils 18.50 Uhr auf dem Bundesparkplatz hinter dem Restaurant Bellevue (Rossgagelpintli), Schwäbisstrasse 56, 3613 Steffisburg / Anreise vom Bahnhof Thun mit Buslinie 4 bis Station Hauptkaserne oder Dufourkaserne (ca. 10 Minuten Fussweg über Regiebrücke) oder 5 Minuten ab Bahnhof Schwäbis / Dauer jeweils ca.1,5 Stunden, nach Möglichkeit mit Materialbesichtigung ASMZ 12/2014 39 Einsatz und Ausbildung Stabsübung «POLLUX» – Herausforderung für den Stab Log Br 1 Schwere Erdbeben können in der Schweiz jederzeit und ohne Voranmeldung vorkommen. Angesichts des enormen Schadenpotentials stellen derart schwere Katastrophen für die Schweiz und die Gesellschaft ein grosses Risiko dar. Vor diesem Hintergrund und dem Wissen, dass der Stab der Log Br 1 seit längerem keine Stabsübung mehr absolviert hatte, wurde der Milizstab LBA beauftragt, diese Ausbildungslücke zu schliessen. Daniel Marbot, Gian Bortolin Unter der Leitung des Chefs der Logistikbasis der Armee (LBA), Divisionär Daniel Baumgartner, wurde vom 14. bis 16. Oktober 2014 die Stabsübung «POLLUX» durchgeführt. Dabei ist der Stab der Logistikbrigade 1 (Log Br 1) unter Leitung des Kommandanten, Brigadier Thomas Kaiser, einer grossen Herausforderung und harten Belastungsprobe unterzogen worden. Teile des Milizstabes LBA erarbeiteten die Übung während mehreren StabsStab Log Br 1: Problemerfassung. 40 ASMZ 12/2014 kursen nach dem Motto: «Von der Miliz für die Miliz». Auf der Seite der Übungsleitung waren insbesondere auch externe Fachpersonen der Nationalen Alarmzentrale, des Führungsstabes der Armee, der Territorialregion 2 sowie Medienvertreter aus Wirtschaft und Bund beteiligt. Während der 48 Stunden dauernden Übung ging es darum, ein Stabstraining mit der Log Br 1 durchzuführen und dabei den Anpassungsbedarf der Reglemente Logistik und Sanität für die Weiterentwicklung der Armee (WEA) zu erheben und gleichzeitig, im Hinblick auf den Umsetzungsbeginn WEA, Verbesserungspotentiale zu erkennen. Daraus könnten allenfalls notwendige Anpassungen bereits vor 2017 eingeleitet werden. Damit standen für die Übungsleitung aus dem Milizstab die folgenden logistischen Themata im Vordergrund: «Erstellen der Einsatzbereitschaft», «Unterstützung der Armeelogistikcenter bei den Fassungen der Truppenkörper», die «Unterstützung von zivilen Behörden» und die «Beurteilung der Inhalte der neuen Reglemente». Als Turngerät wurden folgende Annahmen getroffen, welche zugleich als Ausgangslage für die Übung dienten: • Wir befinden uns im Jahr 2022. Die Armee ist seit dem 01. 01. 2017 in der neuen Kopfstruktur aufgestellt. Die WEA Einsatz und Ausbildung Arbeit in Teilstäben. mit sämtlichen Grundlagen und Reglementen ist in Kraft. Die neuformierten Organisationseinheiten und Truppenkörper sind aufgestellt und entsprechend der OB WEA alimentiert; • Der Stab Log Br 1 befindet sich seit dem 13.10. 2022 im Stabskurs III auf dem Waffenplatz Thun; er ist als einziger Stab eines grossen Verbandes im Dienst; • Die materielle und personelle Kapazität der LBA entspricht dem heutigen Planungsstand WEA und der ordentliche Betrieb verläuft ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Mit einer eingespielten Videosequenz unter dem Titel «Sondersendung Erdbeben in der Schweiz» als Live-Ticker, startete die Übung in den Morgenstunden vor versammeltem Stab Log Br 1. Unmittelbar im Anschluss an die Sondersendung wurde die Stabsarbeit innerhalb des Stabes ruhig und konzentriert aufgenommen. Bereits nach einer Stunde wurde mittels einem Orientierungsrapport der Stab situiert und auf die anstehende Stabsarbeit ausgerichtet. Unter der Leitung und auf Einladung der Log Br 1 konnte in den frühen Abendstunden ein erster Koordinationsrapport mit den zivilen Behörden durchgeführt werden, welche dem Stab erstmals den Umfang der zivilen Bedürfnisse darlegten. Gleichzeitig konnte der Stab bildlich darstellen, wie er seine verfügbaren Mittel zugunsten der zivilen Behörden einsetzen könnte und welche logistischen Hilfeleistungen innert weniger Stunden in welchen Räumen erbracht werden können. mus über. Weitere Aufgaben wurden im Rahmen von Folgeplanungen mit Teilstäben bewerkstelligt. Gegen Ende der Übung stellte die Übungsleitung dem Stab die Aufgabe, eine grosse Medienkonferenz durchzuführen. Auf verschiedene Elemente wie Störfragen, Interviews und weitere Herausforderungen reagierten die Stabsoffiziere der Log Br 1 erfolgreich und professionell. Zusammengefasst konnte der Übungsleiter erfreut zur Kenntnis nehmen, dass der Stab der Log Br 1 die Aufgaben grossmehrheitlich auf Anhieb erfolgreich umgesetzt Der Stab Log Br 1 wurde durch die und erfüllt hat und dass er für PlanunÜbungsleitung regelmässig mit neuen und gen aus dem Stand eingesetzt werden zusätzlichen Informationen (Radiomel- kann. Weiter kann festgehalten werden, dungen, Lageberichte sowie Lagebilder der dass die Übung vom Milizstab LBA kantonalen Führungsorganisation des Be- realistisch, gründlich und sorgfältig gevölkerungsschutzes) bedient. Unter Ein- plant wurde. Bereits wird an einer Stabsrahmenübung für das Jahr 2016 gearbeitet und erste Schritte für eine Volltruppenübung, voraussichtlich im Jahre 2018, sind eingeleitet. Stabsübungen vom Typ «von der Miliz für die Miliz» mit Szenarien wie Erdbeben, Terror und Blackout tragen viel zur Steigerung der Glaubwürdigkeit unserer Armee bei und zeigen auf, dass die Milizformationen mit hoher Bereitschaft die Lücken in Medienkonferenz; v. l. n. r.: Oberstlt i Gst Gregor Stutz, G3, der Bereitschaft zwischen Br Thomas Kaiser, Kdt Log Br 1, Patrick Smit, NAZ, den aus dem Stand verfügOberstlt Philippe Matter, C Komm. Bilder: LBA baren Berufs- und Bereitschaftsformationen und den satz all seiner Mittel konnte der Stab bei Bedarf zusätzlich aufgebotenen MiLog Br 1 sämtliche Aufgaben, welche die lizformationen erfolgreich schliessen könÜbungsleitung einforderte, ruhig und nen. ■ bestimmt lösen. Alle Rapporte konnten zeit- und lagegerecht durchgeführt werOberst i Gst den und nach 21 Stunden stand das BeDaniel Marbot fehlspaket für die direktunterstellten TrupG6 Mil Stab LBA penkommandanten bereit. Der Befehls8304 Wallisellen gebungsrapport (mit den anwesenden Bat Kdt, dargestellt durch Mitarbeiter der Armeelogistikcenter) konnte erfolgreich Oberstleutnant durchgeführt werden. Selbst ein von der Gian Bortolin Übungsleitung inszenierter totaler StromNs Of Mil Stab LBA ausfall konnte die Ruhe und Ordnung im 4800 Zofingen Arbeitsablauf nicht wirklich stören. Nach erfolgter Befehlsgebung ging der Stabsbetrieb in einen ordentlichen BetriebsrhythASMZ 12/2014 41 Wirtschaft RUAG am Impulstag Jedes Jahr organisiert RUAG Defence eine Veranstaltung für ihre Schweizer Kunden – den sogenannten «Impulstag». Der Charakter dieser Veranstaltung hat sich über die Jahre verändert, wie auch RUAG Defence sich zu einem internationalen Technologieunternehmen weiterentwickelt hat. kann jedes Fahrzeug mit kontrollierter Autonomie einen Zielort erreichen. Das RUAG Defence stellt immer wieder System konnte auch integriert in einem ihre neuesten Produkte und Lösungen EAGLE IV besichtigt werden. Robustheit vor und gibt einen Vorgeschmack auf die und Einsatztauglichkeit sind die Grundnächste Generation. Das war in diesem pfeiler der Robotik von RUAG. Die RoJahr nicht anders: Am 12.September 2014 bustheit hängt von der Sicherheit und besuchten mehr als 80 Gäste den RUAGFunktionsfähigkeit der KommunikationsStandort in Thun, um sich an einem Tag, verbindungen sowie der Einsatztauglichder wie im Flug vorüberkeit der zusätzlichen Techging, zu informieren und nologie ab, die das SysErkenntnisse zu gewinnen. tem unterstützt. Dank ihrer «Während des Einsatzes ein Maximum Der «Impulstag 2014» Erfahrung in der Kommuan Flexibilität gewährleisten.» war in verschiedene Posten nikationssicherheit und als unterteilt, die jeweils ein Integratorin kann RUAG eine herausragende Technospezifisches Thema innerhalb der Fachkompetenz von RUAG De- immer er sich im Netz auch aufhält. Die logie im Bereich der Robotik anbieten. Das VERO-System setzt Kameras und fence präsentierten. Neu war, dass ein Videoübertragung ist wichtig für die Aufbesonderer Fokus auf die Verbindungen klärung und unterstützt die Befehlshaber Sensoren in Verbindung mit RUAG-Softzwischen jedem vorgestellten Bereich ge- dabei, fundierte Entscheidungen treffen ware ein. Damit kann ein Fahrzeug lerlegt wurde. Dies, um auf den unaus- zu können. Am Impulstag wurden die Vi- nen, eine vorher einprogrammierte Streweichlichen Trend der globalen Vernet- deos von einem unbemannten Bodenfahr- cke zu fahren oder es kann per Fernsteuezung hinzuweisen und hervorzuheben, zeug der RUAG aufgenommen und gleich- rung aus einer Entfernung von bis einem wie dieser Trend das Denken durchdringt, zeitig übertragen. Die leistungsstarken Sen- Kilometer bewegt werden. Diese verschiewelche Anforderungen sich für das Mili- soren und Kameras waren mit dem siche- denen Betriebsarten wurden entwickelt, tär ergeben und welche Lösungen RUAG ren TAN-Netz verbunden und übertrugen um während des Einsatzes ein Maximum genau dafür entwickelt hat. die Bilder drahtlos an mehrere Standorte. an Flexibilität zu gewährleisten. RUAG ist führend bei der Entwicklung Dank der Instrumentierung und Techvon Visualisierungstechnik für die Cyber nologie des VERO-System können VEROEin einziger Security. Die Cyber-Produkte von RUAG Fahrzeuge dazu eingesetzt werden, VideoKommunikationsring machen Netzwerke sicher, indem der Da- informationen an einen KommandoposAm ersten Posten konnten die Gäste tenverkehr in Echtzeit analysiert wird, ten zu übertragen. Und in Verbindung miterleben, wie RUAG Sprach-, Daten-, ohne die Informationen der Benutzer zu mit unbemannten Luftfahrzeugen (UAVs) Video- und virtuelle Systeme in einem ein- lesen. Die Analysen werden den Entschei- können sie sogar einen bisher unerreichzigen sicheren Kommunikationsring zu- dungsträgern in leicht verständlicher Form ten Überblick über die Lage liefern. Mit sammenführt. RUAG demonstrierte ihre vorgelegt. Das verbessert die Fähigkeit, einer zusätzlichen WegmarkierungstechTechnologie im Bereich der Kommunika- Attacken zu identifizieren, und verkürzt nik können VERO-Fahrzeuge auf feindtionssicherheit mit mehreren Feldübun- die Reaktionszeiten. Während der Vor- lichem Terrain navigieren und sowohl den gen. Im Zentrum der Lösung für sichere führung wurden die Analysen von einem Anwender als auch die nachrückenden Kommunikation stehen die firmeneige- Standort zum anderen übertragen – in Truppen absichern. nen Tactical open Access Nodes (TANs). einem sicheren Netzwerk der TANs in Die TANs konstruieren ein sicheres IP- der vierten Dimension. Robuste und moderne Kommunikationsnetz, das den Transfer von Umweltsimulation Sprache, Daten und Video unterstützt. Autonome Fahrzeuge Dann erhielten die Gäste die GelegenTANs ermöglichen eine lückenlose Am nächsten Stand konnten sich die heit, einen Blick hinter die Kulissen der Sprachübertragung in Legacy-Systemen, sowohl in militärischen Eurocom-Netz- Gäste davon überzeugen, dass RUAG Umweltsimulation (USIM) und der Testwerken, analogen Radio- und digitalen laufend in die Weiterentwicklung ihrer anlagen, zu denen eines der grössten TestTelefonnetzen als auch in modernen SIP- Robotiktechnologie investiert. Dank des labors der Schweiz gehört, zu werfen. Nur basierten VoIP-Netzwerken. Wenn all die- nachrüstbaren VERO-Systems von RUAG mit robusten Tests und der modernsten Balz Villiger 42 ASMZ 12/2014 se unterschiedlichen Systeme miteinander verbunden sind, kann Tactical Telephony Services (TTEL) installiert werden. TTEL ist ein verteiltes Telefoniesystem, dessen Verzeichnis dezentralisiert werden kann, sodass volle Mobilität der Benutzer und des Subnetzes gewährleistet ist. Einfach gesagt heisst das: der Benutzer ist stets unter der gleichen Nummer erreichbar, wo Wirtschaft Bild: RUAG Ausrüstung konnten die Vorführungen am Impulstag und das RUAG-Konzept der Interkonnektivität erfolgreich sein. Im Labor verfügt RUAG über zahlreiche Maschinen und Prozesse, um die Leistungsfähigkeit von Materialien und Komponenten unter unterschiedlichen thermischen, klimatischen und physischen Bedingungen zu testen. Eingehende Prüfungen bedeuten längere Lebensdauer, bessere Leistungsfähigkeit, weniger Reparaturen und niedrigere Kosten. Die Labors in Thun überprüfen die Qualität von Komponenten seit mehr als 30 Jahren. Die Aufgabe des Labors besteht darin, unabhängige Analysen darüber zu erstellen, ob die Komponenten extremsten Bedingungen standhalten können. Es ist ausgestattet mit modernsten Geräten und kann den Zustand von Komponenten nach einem Fall aus 15 Metern Höhe, Temperaturveränderungen von –75 °C bis +180 °C und sogar nach brutalen Erschütterungen von bis zu 89 Kilonewton überprüfen. Das Labor arbeitet sowohl für zivile als auch militärische Kunden und führt Tests für interna- tionale Organisationen in so unterschiedlichen Sektoren wie Raum- und Luftfahrt, Transport, Telekommunikation und Medizin durch. Das Labor ist so ausgerüstet, dass es die Kunden während des gesamten Lebenszyklus ihrer Komponenten unterstützen kann – vom Design bis zur Stilllegung und Beseitigung. Dank der von RUAG angebotenen Tests sind die empfindlichen und immer komplexer werdenden Komponenten und Subsysteme, die von den Streitkräften benötigt werden, einsatzbereit und betriebssicher. Kampfsimulation Zum Abschluss konnten die Gäste in einer Live-Simulation den Test von Geräten miterleben, die zurzeit von der Schweizer Armee eingesetzt werden. RUAG Defence präsentierte Fahrzeuge mit neuer Instrumentierung für die Kampfsimulation, die ebenfalls an die Schweizer Armee geliefert werden. Das Geschützte Mannschafts-Transportfahrzeug (GMTF) und der Kommandopanzer 6 × 6 stehen nun- mehr für umfassende Live-Trainings zusammen mit dem gesamten Lösungsspektrum für Soldaten, Waffensysteme und Häuserkampf, das RUAG ebenfalls anbietet, zur Verfügung. Mit der Ausrüstung und Technologie von RUAG lernen die Fahrer, die modernsten Fahrzeuge der Schweizer Flotte in einer Umgebung zu beherrschen, die so realistisch wie möglich nachgebildet ist. Auch das Gladiator-System für das Training von Soldaten wurde vorgestellt. Dieses System, das sich bereits in der elften Generation befindet, ist das Nonplusultra der Trainingstechnologie unter Feuerund Bewegungsbedingungen. Vom einfachen Mann-zu-Mann-Training bis komplexen Trainingssituationen auf Bataillonsebene mit Verwundungsmodellen und vollständigem GPS-Tracking jedes Teilnehmers bietet das Gladiator-System von RUAG ein bewährtes authentisches Training für den Missionserfolg. Da das Training immer internationaler ausgerichtet wird, werden gemeinsame Ausbildungsmassnahmen für die Streitkräfte immer wichtiger. RUAGs jüngstes Gladiator-System wurde so konzipiert, dass es kompatibel mit den Systemen anderer Anwender ist – Stichwort Interoperabilität – und der Kunde das System so flexibel wie möglich einsetzen kann. Als offizieller Lieferant von Simulations- und Trainingslösungen für die Schweizer Armee kann RUAG auf eine lange Tradition der Entwicklung innovativer, sicherer, kosteneffizienter und vor allem realistischer Trainingssysteme für Soldaten zurückblicken. Der Impulstag bot für die Gäste eine grossartige Gelegenheit, sich aus erster Hand zu überzeugen, dass die Technologie des Schweizer Unternehmens für Sicherheits- und Wehrtechnik keinen Vergleich in der Branche scheuen muss. Die umfassende Fachkompetenz war wie gewohnt überwältigend, und es zeigte sich, dass die Ingenieure hinter den Produkten die sich wandelnden Bedürfnisse der Schweizer Armee wirklich verstehen. Die Gäste erhielten einen Eindruck eines anderen Ansatzes der vernetzten Kriegsführung und möglicherweise auch einer neuen Ära von RUAG Defence. ■ Major Balz M. Villiger C Tm Geb Inf Br 9 RUAG Defence 5643 Sins ASMZ 12/2014 43 Das Internationale Peace Support Training Centre (IPSTC) in Kenia ist das führende regionale Ausbildungszentrum für Friedensförderung in Ostafrika. Es bildet Militär-, Polizei- und Zivilpersonen aus. Die Schweizer Armee unterstützt das IPSTC gemäss dem Auftrag der militärischen Friedensförderung mit gegenwärtig einem Angehörigen der Armee. Für die kommende Ablösung (Jahreseinsatz ab August 2015) suchen wir einen Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS Schweizer Armee Führungsstab der Armee FST A Kompetenzzentrum SWISSINT Schriftliche Bewerbungen an: Führungsstab der Armee Kompetenzzentrum SWISSINT I1 Personelles Kaserne Wil 6370 Stans-Oberdorf [email protected] (Betreff: IPSTC) www.armee.ch/peace-support Weitere interessante Stellenangebote der Bundesverwaltung finden Sie unter www.stelle.admin.ch Schweizer Offizier (m/w) im Bereich Ausbildung in Afrika der bereit ist, seine zivilen und militärischen Fähigkeiten der internationalen Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Aufgabenbereich: • Planung/Koordination von Trainingsprogrammen • Unterstützung in der Konzeptualisierung, Entwicklung und Durchführung von Trainingsprogrammen • Beratung des Kommandanten im Bereich Trainingsmöglichkeiten, Entwicklungen und Herausforderungen • Netzwerkaufbau mit Experten von Forschungsbereichen, internationalen Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen • Erarbeiten von Ausbildungsstandards und Konzepten betreffend Weiterentwicklung der Ausbildungsaktivitäten • Führen der internen Evaluation der Ausbildung und Durchführen der externen Validierung der Ausbildung • Etablierung eines lessons learned-Prozesses Ihr Profil: • Alter: zwischen 30 – 60 Jahre • Abgeschlossenes Hochschulstudium in Politik-, Geschichts-, Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften oder vergleichbare Ausbildung (z. B. im Lehramt, Erwachsenenbildung oder Berufsoffizier) • Erfahrung in der Erwachsenenbildung • Zusatzausbildung in Sicherheitspolitik oder internationalen Beziehungen erwünscht • Militärische Ausbildung: mindestens Hauptmann mit sechsmonatiger Einsatzerfahrung im Ausland (UNO, OSZE, NATO oder vergleichbare Einsätze) • Deutsch, Französisch sowie sehr gute Englischkenntnisse (mündlich und schriftlich) • einwandfreier Leumund, psychisch und physisch belastbar • Gute kommunikative und organisatorische Fähigkeiten, politisches Sensorium und diplomatisches Geschick mit hoher Sozialkompetenz und Teamfähigkeit Wir bieten: • Fortschrittliche Anstellungsbedingungen • zivil und militärisch anerkannte Ausbildungen im jeweiligen Aufgabenbereich • spannende und anspruchsvolle Arbeit zugunsten der Friedensförderung • vielfältiges und multikulturelles Arbeitsumfeld • Einsatz für ein Jahr mit der Möglichkeit zur Verlängerung Ihre Zukunt ist unser Programm Stufe für Stufe betreuen wir Sie bei berufsbegleitender Weiterbildung. Start: Frühjahr und Herbst. Monatliche Informationsanlässe mit anschliessendem Apéro. Wankdorfeldstrasse 102, 3014 Bern Ihr Abschluss: Unser Angebot: – Führung und Management Karriere sprung – EMBA (Executive Master of Business Administration) – Information Technology – MAS (Master of Advanced Studies) – Medizininformatik – DAS (Diploma of Advanced Studies) – Medizintechnik – CAS (Certiicate of Advanced Studies) Tel. +41 31 84 83 111 ti.bh.ch / weiterbildung ‣ Weiterbildung 44 ASMZ 12/2014 Luftwaffe Die Luftwaffe trotz Turbulenzen im Steigflug Rückenlage und doch Steigflug – dieses Bild taucht auf, wenn die Verantwortlichen der Luftwaffe die Lage und die Zukunft ihrer Teilstreitkraft beschreiben. Bis jetzt erfüllte die Luftwaffe die ihr erteilten Aufträge, mitunter allerdings unter Aufbieten restlos aller verfügbaren Mittel. Eugen Thomann, Redaktor ASMZ Wie KKdt Aldo C. Schellenberg vor der Offiziersgesellschaft des Kantons Thurgau ausführte, bescherte das Jahr 2014 besondere Herausforderungen: Als es im Januar galt, gleichzeitig die Syrienkonferenz von Montreux und das Weltwirtschaftsforum von Davos zu schützen, also mit je zwei Kampfflugzeugen in zwei Räumen als Luftpolizei zu patrouillieren, sah sich die Luftwaffe mit ihrer kleinen Kampfflugzeugflotte «am Anschlag». – Gegen Ende des Jahres tritt in Basel die Ministerkonferenz der OSZE zusammen. Da sie des besonderen Schutzes auch vor kleinen, langsam fliegenden Objekten bedarf, sollen nach französischem Vorbild erstmals «Super Puma»-Helikopter die Luftpolizei ergänzen. Im Parallelflug würden sie verdächtige Objekte begleiten, auf alle möglichen Arten anzusprechen versuchen; im äussersten Notfall kämen mitgeführte Scharfschützen zum Einsatz. Bis 2020 wird selbst in normaler Lage für Luftpolizeieinsätze eine Patrouille rund um die Uhr binnen 15 Minuten abheben können. Diese bisher nicht geforderte Bereitschaft, als Projekt ILANA bekannt, bedarf zusätzlich acht neuer Berufspiloten und erheblichen Bodenpersonals der Luftwaffe, der Logistikbasis, der Führungsunterstützung und von Skyguide. Nächstes Beschaffungsvorhaben: Aufklärungsdrohne ADS 15 Nachdem das Kunststück gelungen ist, die Drohne «Hermes 900 HFE» der israelischen Firma Elbit Systems mit Sensoren auszurüsten, die automatisch Kollisionen vorbeugen, wird der unbegleiteten Integration in den gesamten Luftraum nichts mehr im Wege stehen. Dank der längeren Verweildauer von bis zu 24 Stunden und der viel grösseren Reichweite wird die Luftwaffe die seit 2001 verwendeten Vorgängersysteme mit einer deutlich kleineren Anzahl ersetzen und trotzdem an Leistungsfähigkeit gewinnen. Dem geräumigen, in seinen Ausmassen tern und die Fähigkeit, auf der «letzten Meile» Raketen, Artilleriegranaten und selbst Minenwerfergeschosse abzuwehren. Die dazu fähigen, komplexen Systeme gilt es ausserdem so zu integrieren, dass die bodengestützten und die fliegenden Mittel der Luftwaffe einander nicht stören, nichts und niemand in der Luft oder am Boden ungewollt Schaden nimmt. Das Projekt BODLUV 2020 soll zunächst aufzeigen, in welchen Schritten die integrierte Luftverteidigung Gestalt annehmen kann. Neue Kampfflugzeuge nach 2025 am Schweizer Himmel FA-18: Rückenlage, aber Steigflug. Bild: VBS einem bemannten Flugzeug ähnlichen System wohnt viel Potenzial inne, auch zum Austausch der Sensoren, je nach dem Stand der Technik. Um Missverständnissen vorzubeugen: An eine Bewaffnung der Aufklärungsdrohnen wird nicht gedacht. Sie bilden Teil des Rüstungsprogramms 2015. Bodengestützte Luftverteidigung (BODLUV) Die drei Fliegerabwehrsysteme, die Mittlere Kanonenflab (35 mm), die Raketensysteme «Rapier» und «Stinger», wirken heute gegen Flugzeuge bis in eine Höhe von drei Kilometern, was nur wenig Koordination mit eigenen fliegenden Systemen erfordert. Schon weil moderne Kampfflugzeuge auf grosse Distanzen Lenkbomben oder Raketen einsetzen, genügt die ohnehin in die Jahre gekommene Fliegerabwehr nicht mehr für alle Szenarien. Nötig sind künftig Reichweiten von mehr als 30 Kilome- Bis dahin müssen die 32 FA-18 genügen. Ohne die abgelehnten «Gripen» und infolge der permanenten Interventionsbereitschaft werden sie allerdings nur dank einer erst in Umrissen abschätzbaren technischen «Lebenswegverlängerung» bis 2030 ihren Dienst versehen. Sonst bliebe unsere geschrumpfte Kampfflugzeugflotte schon ungefähr ab 2025 ganz am Boden. Zwischen 2025 und 2030 muss ein neues Kampfflugzeug die FA-18 ersetzen. Von den gut 50 F-5 «Tigern» erwartet der Kommandant der Luftwaffe keinen operationellen Beitrag an den Schutz des Luftraums mehr. Gegen jede technische Modernisierung spricht vieles; so bietet die elegant schlanke Rumpfspitze nicht genügend Platz für ein modernes Radarsystem. Ausserdem würden selbst einem «à la brasilienne» aufgerüsteten Tiger eine genügende Verweildauer sowie Aufklärungs- oder Erdkampffähigkeit fehlen. Mit dem Ausmustern der «Tiger» hat es freilich keine Eile, weil die derzeit dem Ständerat vorliegende Militärgesetzrevision den Entscheid dem Parlament vorbehalten soll. Bis dahin dienen sie weiter der Zieldarstellung für Übungen sowie in der Patrouille Suisse. ■ ASMZ 12/2014 45 100 Jahre Luftwaffe – die nächsten 25 Jahre? Das Jubiläumsjahr hat der Schweizer Militärfliegerei viel Positives, aber leider auch viel Negatives gebracht. Dieser Artikel ist der Versuch, eine mögliche Entwicklung der Luftwaffe unter den gegenwärtigen Voraussetzungen und Vorzeichen zu skizzieren und zur Diskussion anzuregen. Dabei geht es nicht darum, Schuldzuweisungen vorzunehmen, sondern mögliche Stolperfallen der Zukunft aufzuzeigen. Jürg Studer, Redaktor ASMZ Die Zukunft der 100-jährigen Luftwaffe ist ungewiss, sie ist aber geprägt durch einige Eckwerte, welche teilweise in der Vergangenheit und teilweise in der Zukunft liegen. Nebst anderen Einflussfaktoren sind es vor allem die sicherheitspolitische Entwicklung, politische Entscheidungen der jüngsten Vergangenheit und eine ins Haus stehende Armeereform, welche dabei eine massgebliche Rolle spielen. Diese Faktoren werden einen Einfluss auf die Aufgaben, die Mittel und die Organisation der Luftwaffe haben. Mögliche Aufgaben der nächsten 25 Jahre Das 21. Jahrhundert hat sich als bedeutend weniger ruhig und sicher erwiesen, als dies der Mauerfall und der Zerfall der Sowjetunion Ende des letzten Jahrhunderts suggerierte. Vor allem die Ereignisse in Nord- und Westafrika, der Krim sowie im Nahen Osten haben gezeigt, dass es auch in Zukunft genügend Aufgaben für eine glaubwürdige Luftwaffe gibt. Auf den ersten Blick war die Schweiz von diesen Ereignissen nicht direkt betroffen und es 46 ASMZ 12/2014 mag scheinen, als sei das auch in naher Zukunft so. Wer so denkt, vergisst, dass 2014 die Schweizer Botschaft in Tripolis überraschend evakuiert werden musste und dabei, wie bereits 2006 im Libanon, wieder einmal klar wurde, dass die Schweiz nicht über ein geeignetes Transportflugzeug verfügt. Wie die Medien berichteten, konnte das Schweizer Personal, inklusive der Angehörigen des Botschaftsschutzes, mit viel Glück mit einer tschechischen Militärmaschine «mitreiten». Eine Evakuation von nicht-kombattanten Personen aus einem Krisengebiet ist oftmals nur mit militärischen Mitteln möglich, weil die Linien- oder Charterflugzeuge ihren Dienst bereits eingestellt haben. Die Schweiz täte gut daran, rasch möglichst eine eigene Fähigkeit dazu aufzubauen. Das überraschende und brutale Auftreten der Kämpfer des Islamischen Staates (IS) erwischte manchen Nachrichtendienst auf dem falschen Fuss. Zwar ist der IS vorderhand einige Flugstunden von der Schweiz entfernt aktiv, doch gibt es bereits erste beunruhigende Anzeichen in Europa und sogar in der Schweiz, wie die Verhaftung von drei IS-Anhängern Anfang Jahr gezeigt hat. Sollten IS-Akteure Vier F-35 Joint Strike Fighter der Low Rate Initial Production. Bild: US DoD oder -Heimkehrer vermehrt bei uns aktiv werden, wird der Bedarf an Transport- und Luftüberwachungskapazität zu Gunsten der Polizei stark zunehmen. Zudem muss auch mit unkonventionellen Bedrohungen gerechnet werden. In Frankreich treiben unbekannte Drohnen ihr Unwesen über Kernkraftwerken und militärischen Einrichtungen. Die für die Sperrzonen über den Nukleareinrichtungen verantwortliche Luftwaffe steht nun vor der Herausforderung, dieser Bedrohung zu begegnen. Sie beabsichtigt, dies zusammen mit dem militärischen Arm der Polizei, der Gendarmerie zu tun. Einer solchen Bedrohung könnte in der Schweiz nur über eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Luftwaffe begegnet werden. Man darf annehmen, dass in den nächsten Jahren die Bedrohung von Konferenzen, Grossveranstaltungen oder Schlüsselobjekten nicht kleiner wird und dass für die entsprechenden Schutzmassnahmen das ganze Spektrum von bewaffneten Helikoptern und Kampfflugzeugen bis hin zur Fliegerabwehr notwendig sein wird. Luftwaffe Mögliche Mittel der nächsten 25 Jahre bis etwa 2017 produziert, die Produktion des F-15 läuft 2019 aus. Der F-22 wird wohl kaum in die Schweiz exportiert werden und 30 F-35 würden 2022 auf etwa 5 bis 7 Mia. CHF zu stehen kommen. Zudem würde man nur eine «Export-Version» erhalten und trotzdem wegen seiner Stealth-Eigenschaften eine eigentliche «Black-Box» kaufen, in welche man nicht gross hineinschauen dürfte. Wollte man sich für die günstigere russische oder chinesische Konkurrenz entscheiden, würde man wohl sofort von der westlichen Unterstützung in Bezug auf GPS-Präzisionscode, Data-Link und Software-Upgrades abgekoppelt. Beispiele, beispielsweise Führungsradars wegen geplanter Revisionsarbeiten ohne Rücksicht auf die Operationen der Luftwaffe ausser Betrieb genommen werden oder die Pikettstellung der Schneeräumung während eines Einsatzes nicht erfolgt sein, könnte die Luftwaffe nicht mehr direkt bei der FUB beziehungsweise bei der LBA intervenieren, um ihre Einsätze zu gewährleisten. Dies wird in Zukunft über das Operationskommando zu erfolgen haben, was zusätzliche Schnittstellen erfordert, die Verbindungswege verlängert und voraussetzt, dass im Operationskommando das entsprechende Luftwaffen-Know-how vorhanden sein wird. Andernfalls wird die zeitgerechte Leistung der Luftwaffe massiv erschwert oder gar verunmöglicht. Müsste dadurch ein Passagier etwas länger auf seinen Transport warten, wäre dies vielleicht noch zu verschmerzen, wenn es aber um den sofortigen Einsatz einer Alarmpatrouille geht, würde unter Umständen zu viel Zeit verloren gehen. Der Schock nach der Abstimmung vom 18. Mai sitzt noch tief und die Konsequenzen daraus sind wohl noch nicht jedermann klar. Mit einem Schlag wurde die Kampfflugzeugflotte buchstäblich auf einen Drittel des Bestandes reduziert. Ein Ersatz der in zwei Jahren zur Ausmusterung vorgesehenen F-5 Tiger kommt nicht mehr in Frage, die Kampfflugzeugdiskussion wird sich fortan um den Ersatz der F/A-18 Hornet drehen; ein Ersatz, welcher die Schweiz in jedem Fall teuer zu stehen kommt. Da Ende 2015 die Parlamentswahlen anstehen, will sich vor 2016 sicher niemand die Finger an Mögliche Organisation einer Kampfflugzeugbeschaffung verbrender Luftwaffe nen. Somit könnte frühestens 2018 eine Die WEA sollte sich eigentlich in der Evaluation stattfinden und eine solche wird es brauchen, da bereits zehn Jahre Endphase der politischen Diskussion beseit der letzten Evaluation vergangen sein wegen – auf Grund der Tatsache, dass bewerden. Es ist zu erwarten, dass der Ty- reits die Sicherheitspolitische Kommispenentscheid nicht leichter fallen wird sion des Ständerates (SiK-S) die Detailals letztes Mal und die Initiative, um den beratung auf 2015 verschoben hat, ist jeKauf zu verhindern, bereits in der Schub- doch ihre Umsetzung auf Anfang 2017 Quo Vadis Luftwaffe? lade bereit sein wird. Somit dürfte ein gefährdet. Sollte sie wie vorliegend umWohin es mit der Luftwaffe in ZuKauf frühestens 2022 oder sogar noch gesetzt werden, hätte die aktuelle Kopfstruktur einen gravierenden Einfluss auf kunft geht, liegt nicht mehr in ihrem Einspäter stattfinden, wenn überhaupt. Welche Flugzeuge kämen wohl in Fra- die Luftwaffe. Dabei geht es nicht da- flussbereich. Gefordert sind Armee und ge? Der Eurofighter wohl kaum, die Be- rum, wer in Zukunft wie viele Sterne hat, Politik, aber letztendlich auch der Bürger. stellungen reichen nur bis 2017 und da- sondern wer mit wem direkt diskutieren Ohne oder mit zu wenig Mitteln oder Personal ausgestattet, kann die nach sieht es düster aus, denn Luftwaffe ihre Aufträge nicht der Eurofighter ist bereits heuerfüllen. Zusätzliche Schnittte ein Ladenhüter. Nur ein Jahr stellen erschweren oder gefährspäter, 2018, wird der letzte Raden ebenfalls den Erfolg. Befale für die französische Luftreits gibt es einige Piloten, die waffe ausgeliefert und eine Weiterführung der Produktionslider Luftwaffe den Rücken kehnie ist abhängig von einer Beren, andere warten gespannt stellung eines Exportkunden auf das Ende des Streits um oder einer zusätzlichen Beden Gesamtarbeitsvertrag bei stellung des französischen Verder Swiss. teidigungsministeriums. Beides Man kann es drehen und ist momentan nicht sehr wahrwenden wie man will, man scheinlich. Der Gripen wird, kann die Flieger lieben oder nach der Unterzeichnung des Transportflugzeug A-400 Atlas hassen, Tatsache ist, dass in Bild: Deutsche Luftwaffe Vertrages durch Brasilien, min- im Landeanflug. den 100 Jahren der Existenz destens bis 2024 produziert der Luftwaffe die überwiewerden. Ob er noch einmal eine Chance kann. Die Luftwaffe ist in der Erfüllung gende Mehrheit der Konflikte nur mit hat in der Schweiz, wird sich zeigen. Auf ihrer geforderten Leistung nach Inkraft- Hilfe einer glaubwürdigen Luftmacht jeden Fall werden Saab und die Schwedi- treten der letzten Armeereform extrem gewonnen wurden. Als Paradebeispiel sche Luftwaffe nach ihren gemachten Er- abhängig geworden von der Leistung der der jüngsten Geschichte soll der Fall Lifahrungen mit einem Engagement in der Führungsunterstützungsbasis (FUB) und byen dienen, wo ein schlecht organisierSchweiz zurückhaltender sein. der Logistikbasis der Armee (LBA). Bis- ter und ausgerüsteter Haufen Rebellen Was bleibt, sind US-Flugzeuge wie der lang konnte die Luftwaffe bei auftreten- eine durchschnittlich ausgerüstete und F-35, der F/A-18 E/F Super Hornet, der den Problemen auf Augenhöhe mit die- ausgebildete Armee mit der UnterstütF-15 und F-22 oder aber Kampfflugzeuge sen Dienstleistern diskutieren. Das wird zung moderner Luftmachtmitteln in reaus russischer oder chinesischer Produk- mit der Umsetzung der WEA nicht mehr lativ kurzer Zeit vernichtend geschlagen tion. Der Super Hornet wird nur noch möglich sein. Sollten, als hypothetische hat. ■ ASMZ 12/2014 47 Internationale Nachrichten Deutschland Waffenlieferungen an Kurden im Nordirak Die deutsche Bundesregierung hatte anfangs September beschlossen, die Kurden im Nordirak bei deren Kampf gegen die Truppen des IS mit Waffen zu unterstützen. Gemäss Aussagen der deutschen Bundeskanzlerin geht es bei diesen Lieferungen, die bereits Ende September begonnen haben, um sicherheitspolitische Interessen Deutschlands. Im Detail werden von Deutschland bis Ende 2014 folgende Waffen im Gesamtwert von etwa 70 Mio. Euro abgegeben: • 30 PAL-Systeme «Milan», aus Beständen der Bundeswehr; • 500 Lenkflugkörper für «Milan»-Abschussvorrichtungen; • 200 Panzerfäuste des Typs 3 mit 2500 Raketen; • 40 schwere Panzerfäuste «Carl Gustav»; • 10 000 Handgranaten; • 40 Maschinengewehre des Typs MG 3; • 8000 moderne Sturmgewehre G36; • 8000 ältere Sturmgewehre G3; • 8000 Pistolen des Typs P1; • total 7 Millionen Schuss Munition; • 60 Geländefahrzeuge Unimog; • 5 ältere gepanzerte Patrouillenfahrzeuge «Dingo 1». Ausbildung kurdischer Peschmerga-Kämpfer im Bundeswehr-Ausbildungszentrum in Hammelberg. Bild: Bundeswehr Neben Deutschland hatten sich im Sommer/Herbst auch die USA, Frankreich, Grossbritannien, Italien sowie wei- tere Staaten zu Waffen- und Ausrüstungslieferungen an die Kurden im Nordirak bereit erklärt. Deutschland Präzisionsmunition für das deutsche Heer Im Heeresamt des deutschen Verteidigungsministeriums werden gegenwärtig die technischen Abklärungen im Hinblick auf die Beschaffung von Präzisionsmunition für die Panzerhaubitze 2000 (PzH 2000) vorgenommen. Im Rennen sind weiterhin die beiden 155 mm Geschosse, die LaserGPS-gelenkte «Vulcano» und die GPS-gelenkte «Excalibur». Beschaffung von Präzisionsmunition für die PzH2000 hat hohe Priorität. 48 ASMZ 12/2014 Beide Geschosse sind bereits erfolgreich von einer deutschen PzH 2000 verschossen worden. Beide Typen zeigten dabei Vor- und Nachteile. Die «Vulcano» (siehe auch ASMZ Nr. 09/2013, Seite 48) besitzt eine höhere Reichweite Bild: Bundesheer und Präzision, benötigt aber als Unterkalibergeschoss wegen der abfallenden Treibspiegel einen Sicherheitsbereich von wenigen hundert Metern vom Geschütz. Die «Excalibur» braucht als Vollkalibergeschoss zwar keinen Sicherheitsbereich, soll aber gewisse Probleme mit der automatischen Geschosszuführung haben. Unterdessen steht auch eine modifizierte «Excalibur S» mit Laserlenkung in Entwicklung. Damit soll auch für diesen Geschosstyp eine weitere Erhöhung der Präzision erreicht werden. Ebenso wie bei der «Vulcano» übernimmt dabei das GPS in der Anfangsphase die Steuerung des Geschosses und erst in der Endphase schaltet sich der Laser auf. Die Laserlenkung bietet eine weitaus höhere Präzision. So erreicht die «Vulcano» mit Laser eine Genauigkeit von unter einem Meter. Dank der Beleuchtung durch das «Joint Fire Support Team» soll Laser-gelenkte Munition sogar eine wirksame Bekämpfung von fahrenden Zielen ermöglichen. Internationale Nachrichten Polen Kauf neuer Kampfhelikopter Die polnische Armee plant im Rahmen des laufenden «Technical Modernisation Program» für die Jahre 2013 bis 2022 unter anderem auch eine Beschaffung von bis zu 32 neuen Kampfhelikoptern. Bei den Budgetplanungen sind dazu rund 3,8 Mrd. USD vorgesehen. Gegenwärtig stehen bei den polnischen Streitkräften noch 29 Kampfhelikopter vom Typ Mi-24D, respektive Mi-24W «Hind» im Einsatz, wurden bereits 1985 von der damaligen Sowjetunion geliefert, weitere 18 Mi24W kamen nach der Wende aus Deutschland (Bestände der früheren NVA) dazu. Aus einer bereits abgeschlossenen VorKampfhelikopter Mi-24D stehen seit evaluation stehen unBeginn der 80er-Jahre bei der polnischen terdessen die Typen Luftwaffe im Einsatz. Bild: Autor AH-64E «Apache», die T129 von Agusta/ die aber alle die Nutzungsdau- Westland sowie der Kampfhelier überschritten haben. Die kopter «Tiger» von Eurocopter ersten 16 Maschinen Mi-24D in der engeren Auswahl. Der USA Kosovo Pläne zum Aufbau einer eigenen Armee Nach dem parlamentarischen Beschluss über die staatliche Unabhängigkeit wurde im Jahre 2009 auch eine «Kosovo Security Force» (KSF) gegründet. Gemäss Plänen der kosovarischen Regierung soll die KSF nun offiziell zu einer Armee transformiert werden. Schon jetzt verfügt die KSF, die unter der Kontrolle der NATOFriedenstruppen KFOR steht, über 2500 Soldaten und etwa 800 Reservisten. Die Hauptaufgabe der leicht bewaffneten Truppe sind die Unterstützung und der Schutz der Zivilbevölkerung bei Naturkatastrophen und bei Sicherheits- problemen. Gemäss Planung soll die zukünftige Armee ab etwa 2019 über eine Stärke von 5000 Militärpersonen und 3000 Reservisten sowie über ein Jahresbudget von 65 Mio. Euro verfügen. Für die Transformation der KSF in eine Armee ist aber eine Verfassungsänderung mit einer Zweidrittelmehrheit im kosovarischen Parlament notwendig. Während für die Mehrheitsbevölkerung der Albaner im Kosovo die geplante Transformation der KSF in eine Armee ein notwendiger Prozess der kosovarischen Staatlichkeit darstellt, stehen die Kosovo-Serben und das offizielle Belgrad diesen Bestrebungen ablehnend gegenüber. Ausbildung der KSF wird von Truppen der KFOR unterstützt. Bild: KSF definitive Typenentscheid soll im Jahre 2015 gefällt werden. Zusätzlich sollen angesichts der sich verschärfenden Sicherheitslage in Europa auch neue Mehrzweckhelikopter beschafft werden. Auch in diesem Bereich verfügen die polnischen Streitkräfte heute über veraltete Mi-8 und W-3 «Sokol». Von den neu beschafften Helikoptern sollen in erster Priorität die neu aufgestellte 1. Luftbewegliche Brigade und die 7. «Special Operation Squadron» der polnischen Luftwaffe profitieren können. Kampfflugzeuge F-16C der polnischen Luftwaffe. Lieferung von Marschflugkörpern an Polen Die US-Behörden haben im Herbst 2014 dem Verkauf von 40 luftgestützten Lenkwaffen vom Typ AGM-158 JASSM an die polnischen Luftstreitkräfte zugestimmt. Der Gesamtumfang dieses Kaufvertrages soll etwa 500 Mio. US Dollar betragen. Im Preis inbegriffen sind auch die Kosten für die benötigte Software in den Einsatzflugzeugen sowie für Ausbildung und logistische Komponenten. Bei der AGM-158 JASSM (Joint Air-to-Surface Standoff Missile) handelt es sich um einen Luft-Boden-Marschflugkörper mittlerer bis hoher Reichwei- Bild: Autor te. Die Lenkwaffe wird vom amerikanischen Rüstungskonzern Lockheed Martin produziert und hat in der Grundversion eine maximale Reichweite von 380 km. Die weiter verbesserte Version, die bis heute nur von den USA genutzte AGM-158B, verfügt über eine Einsatzdistanz von bis zu 960 km. Der Flugkörper ist rund 4,3 m lang und hat ein Gefechtsgewicht von 1020 kg. Die AGM-158 JASSM sollen mit den polnischen Kampfflugzeugen F-16 «Fighting Falcon» eingesetzt werden. Die polnische Luftwaffe verfügt heute nebst veralteten MiG-29 und Su-22 aus ehemaliger sowjetischer Produktion auch über 48 Kampfflugzeuge F-16C/D. ASMZ 12/2014 49 Internationale Nachrichten Ukraine Gefechtskopf mit Sub-Munition. Im Oktober 2014 sind in der Ostukraine diverse HinWie Pressemeldungen und weise über den Einsatz von RaAufnahmen von Munitions- keten dieses Typs eingegangen, rückständen zeigen, ist es Mit- die vermutlich durch die ukte Oktober in der Region von rainische Armee abgeschossen Donezk zu einem Einsatz von wurden. Streubomben, respektive von Die taktische ballistische BoStreumunition gekommen. den-Boden-Lenkwaffe «TochDas ukrainische Verteidigungs- ka-U» basiert auf einem Radministerium hat in diesem Zu- fahrgestell 6 × 6 und hat eine maximale Reichweite von 80 bis 120 km. Das Waffensystem wurde ab Ende der 70er-Jahre und vor allem in den 80erJahren bei den damaligen sowjetischen Truppen eingeführt. Die ukrainische Armee verfügt heute noch über rund 50 dieser Abschussfahrzeuge, von denen angeblich ein Teil vor Jahren aus Spargründen eingelagert wurde. Für das mit einer Trägheitsnavigationslenkung ausgestattete Raketensystem können diverse Typen von konventionellen Gefechtsköpfen eingesetzt werden, darunter befinden sich SplitterIn der Ostukraine sollen taktische gefechtsköpfe, aber Raketensysteme «Tochka-U» mit Bombletauch ein rund 480 Gefechtsköpfen zum Einsatz gekommen kg schwerer Bomblet-Gefechtskopf, der sein. Bild: Autor über 50 Splittersammenhang einen Einsatz bomblets verfügen soll. Nach von Streubomben durch uk- Abschuss der Rakete öffnet rainische Kampfflugzeuge ve- sich der Gefechtskopf in einer hement zurückgewiesen. Auf Höhe von rund 2000 m über Grund von Fotoauswertungen dem Zielgelände und verteilt und der Analyse von gefun- die Bomblets in einem kreisdenen Munitionsrückständen förmigen Gebiet von 20 000 dürfte es sich um einen Ein- bis 30 000 m2. Wie frühere satz von Streumunition mit- Einsatzerfahrungen mit soltels Gefechtsfeldraketen des chen veralteten Waffen zeiTyps «Tochka-U» (NATO-Be- gen, bleibt rund ein Drittel zeichnung SS-21 «Scarab») ge- dieser Bomblets als Blindgänhandelt haben. Dieses mobi- ger liegen, da sie beim Aufle Raketensystem verfügt un- prall am Boden nicht exploter anderem auch über einen dieren. Zum Einsatz von Streumunition 50 ASMZ 12/2014 Russland UGV zum Schutz von Raketenbasen Im Frühjahr 2014 hatte die russische Rüstungsindustrie erstmals das bewaffnete UGV (Unmanned Ground Vehicle) «Taifun-M» der Öffentlichkeit vorgestellt. Das auf einem Ket- Bewaffnetes Roboterfahrzeug «Taifun-M» zur Bewachung nuklearer Raketenstellungen. Bild: Ria Novosti tenfahrgestell gestützte Fahrzeug ist mit einer fernbedienbaren Maschinenkanone sowie mit diversen Aufklärungssensoren ausgerüstet. Gemäss Informationen des russischen Verteidigungsminis- teriums sollen diese bewaffneten Anti-Sabotage-Fahrzeuge zum Schutz der russischen Raketenbasen und nuklearen Abschussvorrichtungen eingesetzt werden. Die ersten Kampfroboter wurden gemäss russischen Berichten bereits an die neu aufgestellten mobilen Raketeneinheiten abgegeben, die mit der neuen ICBM RS-24 «Yars» ausgerüstet sind. Die mobilen Plattformen können sowohl Aufklärungs- als auch Patrouillenmissionen durchführen sowie bei Bedarf mittels Fernbedienung auch bewegliche Ziele bekämpfen. In den russischen Überlegungen spielen bewaffnete UGV’s eine zunehmend wichtige Rolle bei der Bewachung und dem Schutz wichtiger militärischer Einrichtungen. Mit ihrer Dauerpräsenz soll den wachsenden Bedrohungen durch Terroranschläge oder bewaffnete Kämpfer begegnet werden können. Russland Weitere Waffenlieferungen an die irakischen Streitkräfte Gemäss Berichten des Verteidigungsministeriums in Bagdad ist gegenwärtig Russland einer der wichtigsten Rüstungslieferanten für die im Aufbau befindlichen irakischen Streit- und Sicherheitskräfte. In den nächsten Monaten soll demnach ein Grossteil der im Jahre 2010 bei der russischen Rüstungsexportagentur bestellten Waffensysteme in den Irak überführt und bei den Streit- und Sicherheitskräften eingeführt werden (siehe dazu auch ASMZ Nr. 11/2014). Flab-System «Pantsyr-S1, bewaffnet mit zwei Kanonen 30 mm sowie 12 abschussbereiten Boden-Luft-Lenkwaffen. Internationale Nachrichten Mobile Raketenwerfer 122 mm TOS-1 «Buratino». Bilder: IRQ Min of Defence) Wie neuste Bilder von Waffenausstellungen und Truppenpräsentationen im Iraq zeigen, sind in den letzten Monaten nebst den ersten Kampfhelikoptern Mi-28N auch mobile FlabSysteme «Pantsyr- S1 sowie Einmann-Flablenkwaffen der Typen «Igla-1» (SA-16) sowie «Igla-S» (SA24), die auch für den Zwillingswerfer «Dzhigit» vorgesehen sind, ausgeliefert worden. In Truppeneinführung befinden sich im Weiteren tragbare PAL-Systeme «Kornet» (AT-14), die aber möglicherweise aus der Ukraine stammen. Zudem wurden an einer Parade erstmals neue Raketenwerfer TOS-1 «Buratino» auf Fahrgestell des Kampfpanzers T-72 präsentiert. Die seit Monaten feststellbaren, verstärkten russischen Rüstungslieferungen an den Irak werden dazu führen, dass Russland die USA als bisher wichtigsten Waffenlieferanten ablösen wird. Syrien/Irak Das militärische Potential des IS Die IS-Milizen bestehen heute aus Dschihadisten aus aller Welt. Über die genaue Zahl der IS-Kämpfer herrscht weiterhin Unklarheit und man ist auf Schätzungen angewiesen. Gemäss Angaben des amerikanischen Nachrichtendienstes CIA sollen es in Syrien rund 25000 und im Irak etwa 35000 Kämpfer sein. Mehr als 20000 Milizionäre sind aus dem Ausland dazu gekommen (Tendenz steigend), darunter Migranten und Konvertiten aus aller Welt. Beteiligt sind auch kampferfahrene islamistische Söldner aus Tschetschenien, Afghanistan und Pakistan. Hauptkampfmittel waren vor allem in der Anfangsphase die in grosser Zahl eingesetzten Pickup-Fahrzeuge, auf denen Maschinenkanonen, FlabGeschütze oder auch Granat- Kanone 130 mm M-46 aus ehemaliger sowjetischer Produktion. werfer montiert sind. Solche Pickup-Verbände führen ihre asymmetrischen Angriffe mit hoher Geschwindigkeit und unter Umgehung gegnerischer Verteidigungsstellungen vor. Die angewandte Kombination aus Guerilla-Taktik und klassischer Kriegführung dürfte denn auch alleine mit Luftkampfmitteln nur schwer zu bekämpfen sein. Im Verlaufe ihres Vormarsches haben die IS-Extremisten in den vergan- Hauptkampfmittel sind Pick-up Fahrzeuge, die mit Kanonen oder Granatwerfern bewaffnet sind. den sind. Allerdings stammt der weitaus grösste Teil der Waffen des IS aus russischer, respektive ehemaliger sowjetischer Produktion. Russland war der wichtigste Waffenlieferant für den syrischen Diktator Assad sowie auch für die frühere irakische Armee unter Saddam Hussein. Gemäss Medienberichten wurden bei der Eroberung des syrischen Militärstützpunktes Tabka im August/September 2014 auch Kampfflugzeuge MiG-21 und Mehrzweckhelikopter Mi-8 erbeutet. Bereits früher sind sie genen Monaten eine beachtliche Menge von schweren Waffen und militärischer Ausrüstung aus irakischen und syrischen Militäreinrichtungen und Waffendepots erbeutet. Gemäss irakischen Berichten und nach der Auswertung von Propagandafotos des IS befinden sich Kampf- und Schützenpanzer, die von der irakidarunter tausen- schen Armee erbeutet wurden (im Vordergrund de von Sturm- ein T-72M). Bilder: IS Videos und Maschinengewehre, diverse Typen von in den Besitz von veralteten Panzerabwehrwaffen, Flieger- ballistischen Raketensystemen abwehr- und Artilleriegeschüt- «SCUD-B» gelangt, die an ze diverser Kaliber, Mehrfach- einer Parade vorgeführt wurraketenwerfer 122 mm, Pan- den. Nach Ansicht von Fachzer- und Schützenpanzer so- leuten sind die Extremisten wie eine grosse Zahl von Mi- aber bis heute nicht in der Lalitärfahrzeugen. Beispielswei- ge, diese Mittel zum Einsatz se auch von amerikanischen zu bringen. Schützenpanzern und «Humvees», die seinerzeit den irakiHans Peter Gubler, schen Truppen übergeben worRedaktor ASMZ ASMZ 12/2014 51 Geschichte Zwei Generäle mit ungleichem Image in der Nachwelt Ulrich Wille und Henri Guisan hielten die Schweiz aus zwei Weltkriegen heraus. Im Gedächtnis der Nation bleibt aber nur einer als Strahlemann in Erinnerung. Hans Rudolf Fuhrer Bloss ein Vierteljahrhundert trennt die zwei Schweizer Generäle der beiden Weltkriege. Aber diese kurze Zeit reichte, um die Wahrnehmung um die Führungsfiguren in der Landesverteidigung komplett zu verändern. Das zeigen die «Überbleibsel» des Wirkens in der Öffentlichkeit von Ulrich Wille im Ersten Weltkrieg (1914 bis 1918) und Henri Guisan im Zweiten Weltkrieg (1939 bis 1945). Heute gibt es in der Schweiz Dutzende Städte und Gemeinden mit einer General-Guisan-Strasse. Ulrich Wille ist ausser in Meilen nur noch in Zürich präsent. Bezeichnenderweise führt die kurze General-Wille-Strasse direkt zum GeneralGuisan-Quai. Den Namen Guisan trägt eine Kaserne in Bern. Wille muss sich eine Kaserne auf dem Waffenplatz Bure (JU) mit den drei anderen Schweizer Generälen Herzog, Dufour und Guisan teilen. Die KKdt Wille und Sprecher von Bernegg mit Kaiser Wilhelm II («Kaisermanöver September 1912»). Bild: Keystone Der Meilemer Ortshistoriker Peter Kummer kennt noch einen Unterschied: Während das Bild von Henri Guisan seit 1945 in hunderten Gemeindehäusern hängt, ist Ulrich Wille nur in einem zu sehen: Im Sitzungszimmer des Gemeinderats Meilen. Militarist kontra Volksvater Dabei haben sich beide Generäle gleichermassen um Land und die Milizarmee verdient gemacht. Die Milizarmee strahlte Glaubwürdigkeit bei den kriegführenden Nationen aus. Das hat dazu beigetragen, die Schweiz vom Krieg zu verschonen. Aber Wille und Guisan waren ganz verschiedene Persönlichkeiten. Vor allem boten sie unterschiedliche Projektionsflächen. General Wille wurde zur Zielscheibe für Antimilitaristen, Dienstverdrossene und für jene, die unter sozialen Missständen litten. Dazu kommt auch ein eidgenössischer Charakterzug, der gegen eine Popularität von Wille sprach: Grundsätzlich ist der Schweizer nicht gerne gehor- General Ulrich Wille. Porträt: Ferdinand Hodler sam, deshalb war Wille als überzeugter Militarist im Volk unbeliebter als Guisan, der grand seigneur. Der Waadtländer verstand es, zur fürsorglichen Projektionsfläche der Verunsicherten und Defätisten («es hat ja doch keinen Sinn») zu werden; man hat aus dem Ersten Weltkrieg gelernt. Die damalige soziale Not wurde erkannt und mit rechtzeitigen politischen und sozialwirtschaftlichen Massnahmen korrigiert, das ist Guisan zu Gute gekommen. «Der sorgt für uns wie ein Familienvater», so die Botschaft als psychologische Dimension der geistigen Landesverteidigung. Neue Medien genutzt Henri Guisan wurde zum Symbol des Widerstandes und des Mutes. Ulrich Wille hingegen blieb für die meisten Schweizerinnen und Schweizer nur «der General». Das geflügelte Wort «Was Wille will und Sprecher spricht – das tue gern und murre nicht» spiegelt die Volksstimmung am besten. Wille war der unbequeme Mahner, der Sein und nicht nur Schein forderte und sein Generalstabschef der Umsetzer. 52 ASMZ 12/2014 Geschichte Wille konnte noch nicht von einer inszenierten Popularisierung zwecks Stärkung der nationalen Identität profitieren. Guisan hingegen genoss propagandistische Unterstützung. Wochenschau, Bildreportagen in Tageszeitungen und Illustrierten sowie das Radio trugen ihn in alle Wohnstuben. Zu Willes Zeiten gab es nur bilderlose Zeitungen. Guisan verstand es hervorragend, die neuen Medien für sich zu nutzen, er besass einen wirksamen Darstellungstrieb; er liebte es, sympathisch zu erscheinen und war es auch. Er hatte eine charismatische Aura. Wille war sein Image in der Öffentlichkeit gegen aussen weitgehend gleichgültig; ihm ging es nur um die Sache. Dabei hatte der Meilemer durchaus seine liebesbedürftige und weiche Seite. Die lebte er jedoch abseits der Öffentlichkeit in der Familie und unter Freunden aus. Klareres Feindbild General Guisan besass gegenüber seinem Vorgänger weitere Vorteile: Das Feindbild im Zweiten Weltkrieg mit Hitler war eindeutig, im Ersten Weltkrieg waren die Sympathien noch verteilt. Das erzeugte Spannungen in der Bevölkerung, denn die Romands hielten zu den Franzosen, die Deutschschweizer eher zu den Deutschen. In beiden Landesteilen gab es aber auch Vorbehalte zum jeweils «grossen Nachbarn», eine Überfremdungsangst, was Brücken über den Röschtigraben ermöglichte. Die Gräben verliefen jedoch nicht nur zwischen den Sprachgebieten, sondern gingen auch quer durch die soGeneral Henri Guisan. Porträt: Friedrich Traffelet General Henri Guisan nach der Vereidigung am 30. August 1939. Bild: Tagblatt.ch zialen Schichten der Romandie und der Deutschschweiz. Im Zweiten Weltkrieg fanden die roten, braunen und schwarzen Totalitarismen nur wenige Sympathisanten. Bedrohung dramatischer Im Ersten Weltkrieg genügte es der Schweiz noch, die Grenzen zu besetzen. Im Zweiten zog sie ab dem Sommer 1940 mit dem Reduit einen inneren Verteidigungsring. Das signalisierte den Willen, bis zum letzten Mann kämpfen und die strategischen Güter (unter anderem Alpenpässe) verteidigen zu wollen. Schliesslich war das Bedrohungsszenario im Zweiten Weltkrieg dramatischer: Zuvor brachen Kriege wegen Macht, Besitz und Ehre aus. Jetzt ging es zusätzlich um verbrecherische Dimensionen, beispielsweise die Vernichtung von Religionen, Rassen und Völkern. Diese Verschärfung des Kriegsmotivs machte es General Guisan ebenfalls leichter, sich als Figur des fürsorglichen Bewahrers der Schweizer Unabhängigkeit in den Geschichtsbüchern zu verewigen. Deutschfreundlichkeit Ulrich Wille wurde seine Sympathie zu Deutschland zur historischen Hypothek, er wird als deutschfreundlich bezeichnet. Dabei hatte dieses Wort vor 1933 eine andere und unverfänglichere Bedeutung als danach, mit der Erfahrung der furchtbaren Nazi-Zeit. Das aber vergessen heute viele Menschen und können nicht vor 1933 zurückdenken. Das trägt zum oft negativen Geschichtsbild von General Wille bei. Noch etwas gereichte Henri Guisan zum Vorteil: Er musste sich nicht um die militärische Erziehung kümmern. Diese übernahmen die Truppenkommandanten, und diese waren in der grossen Mehrheit Schüler von Ulrich Wille. ■ Gedanken als Folge eines Gesprächs mit Christian Dietz-Saluz, Zürichsee Zeitung. Oberst Hans Rudolf Fuhrer PD Dr. phil. ehem. Dozent MILAK ETHZ Privatdozent Uni Zürich 8706 Meilen ASMZ 12/2014 53 Geschichte Paukenschlag in Scapa Flow Sechs Wochen nach Ausbruch des 2. Weltkriegs – in der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober 1939 – schleicht sich ein U-Boot der deutschen Kriegsmarine in einen der Hauptliegeplätze der britischen Royal Navy. Der wagemutige Angriff bei Scapa Flow macht U-Boot-Kapitän Günter Prien zu einem der ersten Kriegshelden. Kaj-Gunnar Sievert Die deutsche Kriegsmarine ist im Herbst 1939 für die kommenden Aufgaben nicht gewappnet. Dies obwohl seit 1932 mit einem Flottenaufbauplan erste Anstrengungen unternommen wurden, die aufgrund des Versailler Vertrages auf eine kleine Flotte reduzierte Marine auszubauen und zu modernisieren. Weiter ist die Führung uneins und Hitler der Marine gegenüber skeptisch eingestellt. Während die Marineführung von der Sicherung der Ostsee und einem Seekrieg gegen Frankreich ausgeht, fordert Hitler, dass die Marine den Krieg gegen das Vereinigte Königsreich bestehen und gewinnen muss. Vor diesem Hintergrund entstehen die Pläne X, Y und Z. Hitler genehmigt 1939 den Plan Z, der bis 1947 den massiven Ausbau mit Schlachtschiffen, Flugzeugträgern, Schweren Kreuzern usw. vorsieht. Angegangen und realisiert wird schliesslich wenig, auch weil die Werftkapazitäten dafür nicht ausreichen. Die Kriegsmarine zu Beginn des Krieges Dieser Beitrag ist der Auftakt zu einer ASMZSerie über aussergewöhnliche Einsätze und Sonderoperationen während des Zweiten Weltkriegs. Die geplanten Artikel behandeln Einsätze der Alliierten und der Achsenmächte. Es ist vorgesehen, die Artikel jeweils 75 Jahre nach der Durchführung der Einsätze/Missionen zu publizieren. Sch zu Beginn die Hauptlast. Um die Royal Navy (RN) empfindlich zu treffen, wird ein alter Plan «ausgegraben»: Der Angriff auf das Herzstück der britischen Kriegsflotte, den Ankerplatz bei Scapa Flow. Scapa Flow – Stützpunkt der Royal Navy Orkney ist eine aus etwa 70 kleineren und einer Hauptinsel bestehenden Inselgruppe an der schottischen Nordküste. Im südlichen Teil der Inselgruppe bilden fünf Inseln ein zirka 150 km2 grosses natürliches Hafenbecken mit verschiedenen Zu- und Abgängen zur Nordsee, dem Nordmeer und zum Nordatlantik. Bereits die Wikinger nutzten die wettergeschützte Bucht und so überrascht es nicht, dass auch die RN ab dem Ersten Weltkrieg Scapa Flow zu einem Hauptstützpunkt ihrer Flotte ausbaute. Die an einem Ort versammelten Kriegsschiffe Als am 1. September 1939 Deutschland den Krieg gegen Polen lostritt, eröffnet das im Hafenkanal in Danzig liegende Schulschiff SchleswigHolstein, ein Linienschiff Der Kurs von U-47 in Scapa Flow. BillC Wikimedia Commons der Deutschland-Klasse, um 04:45 Uhr das Feuer auf ein Munitionsdepot der polnischen Armee auf die Halbinsel Westerplatte bei Danzig. Bereits vor dem Angriffstermin sind weitere Kriegsschiffe und U-Boote ausgelaufen und nehmen nach dem Kriegseintritt von Frankreich und Grossbritannien sofort den Handelskrieg im Atlantik auf. Die Überwasserschiffe der Kriegsmarine sind jedoch zu schwach, die U-Boote tragen 54 ASMZ 12/2014 beflügelten natürlich die Fantasie der Planer der kaiserlichen Marine. Die Versuchung, die vor Anker liegenden RNKriegsschiffe anzugreifen und zu versenken, war gross. Erste Versuche im Ersten Weltkrieg Bereits am 23. November 1914 kann das deutsche U-Boot SM U 18 in die Bucht eindringen, indem es einem einlaufenden Frachter im Kielwasser folgt und so die Sperren überwindet. Zum Glück für die Briten findet Kapitänleutnant Heinz von Hennig keine Ziele, da die Bucht zu dieser Zeit geräumt ist. Bei der Ausfahrt wird jedoch U 18 von einem bewaffneten Trawler entdeckt und später durch einen Minensucher sowie einen Zerstörer gerammt. Von Hennig muss daraufhin das beschädigte U-Boot aufgeben und gerät mit seiner Crew in Gefangenschaft. Der zweite Angriff folgt knapp vier Jahre später. Am 18. Oktober 1918 scheitert Oberleutnant zur See Hans-Joachim Emsmann mit UB 116 beim Versuch, einzudringen. Sein Weg ist nicht – wie erwartet – frei von Netzen und Minen. Zudem erfassen Unterwasserhochgeräte das UBoot und kurz vor Mitternacht wird auch sein Sehrohr durch einen Suchscheinwerfer entdeckt. Die Verteidiger zünden daraufhin eine Minensperre und versenken UB 116. Überlegungen zu neuerlichen Versuchen Die Idee, den Hauptankerplatz der RN anzugreifen, bekommt nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges neuen Schwung. Konteradmiral Karl Dönitz, der Befehlshaber der U-Boote, schickt Fernaufklärer der Luftwaffe los, um Scapa Flow zu fotografieren. Zwischen dem 13. und dem 29. September 1939 kreuzt zudem Kapitänleutnant Wellner mit U-14 im Seegebiet. Er kommt zur Auffassung, Geschichte dass eine Einfahrt in die Bucht von Scapa Flow durch den Hoxa Sund möglich ist. Weitere Luftbilder relativieren diese Beurteilung und die Einfahrt durch den Holm Sund scheint geeigneter. Zwar ist die Fahrrinne durch zwei versenkte Sperrschiffe blockiert, doch eine rund 170 Meter breite und etwa sieben Meter tiefe Lücke könnte die Einfahrt eines aufgetauchten U-Bootes in der Nacht und bei Stillwasser (Phase zwischen Flut und Ebbe) zulassen. Erleichtert wird das Eindringen an dieser Stelle auch durch das unbewohnte Ufer. Die grösste Herausforderung bleibt jedoch die Navigation. Nach verschiedenen Abklärungen und Überlegungen hält Dönitz einen Angriff auf Scapa Flow zwar für sehr risikoreich, aber möglich. Auf der Suche nach dem richtigen U-Bootfahrer kommt er auf Kapitänleutnant Günther Prien. Der 31-jährige Marineoffizier, ein überzeugter Nationalsozialist, hat bereits auf seiner ersten Feindfahrt vom 19. August bis 15. September 1939 drei britische Frachtschiffe versenkt. Für diesen erfolgreichen Einsatz erhält er als einer der ersten U-BootFahrer am 25. September 1939 das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Dönitz übergibt Prien am 1. Oktober 1939 die Unterlagen sowie 48 Stunden Bedenkzeit für seine Entscheidung. Bereits ein Tag später ist für Prien der Entschluss klar: Es ist machbar. Ablauf und Ausgang Die Planung für den Angriff auf Scapa Flow baut auf verschiedenen Rahmenbedingungen auf: • Die Einfahrt erfolgt durch den Kirk Sund und nicht wie bei den anderen Versuchen oder wie die Aufklärungsergebnisse von U 18 ergeben haben, durch den Hoxa Sund; • Die Ein- und Ausfahrt erfolgt während der Nacht; • Die Annährung geschieht über Wasser, weil die Geschwindigkeit eines getauchten U-Boots zu gering ist, um die erwartete starke Gegenströmung zügig überwinden zu können, die Tiefe im Sund für einen Tauchgang zu gering ist und die Navigation viel einfacher ist; • Der Angriff erfolgt bei Neumond in der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober. 8. Oktober 1939, Kiel Am Morgen des zweiten Oktobersonntags verlässt Kapitänleutnant Prien mit seiner 39-köpfigen Besatzung den U-BootStützpunkt in Kiel und läuft durch den Nord-Ostsee-Kanal in die Nordsee ein. Oben: U-47 war ein U-Boot der VIIB-Klasse. Bild: revell.de Links: Kapitänleutnant Günther Prien, Kdt U-47. Bild: peoplecheck.de Es ist seine zweite Feindfahrt; sie erfolgt unter grösster Geheimhaltung: • Seine Männer kennen den Auftrag nicht und auch Grossadmiral Raeder, der Vorgesetzte von Dönitz, wird nur mündlich informiert; • Die Überfahrt ins Zielgebiet findet während den folgenden Tagen nur nachts über Wasser statt. Untertags wird abgetaucht. Als Vorbereitung für den kommenden Einsatz stellt die Besatzung ihren Tagesablauf um und schläft während des Tages, um nachts zu arbeiten. 12. Oktober 1939, Orkney Inseln Nach vier Tagen Fahrt liegt U-47 in der Nacht auf den 12. Oktober vor Orkney. Um die genaue Position zu bestimmen, taucht Prien am Abend auf. Der Angriff wird auf die folgende Nacht angesetzt. Anschliessend taucht das U-Boot wieder ab. 13. Oktober 1939, Scapa Flow Wie in den Tagen zuvor ruht die Besatzung und Prien befiehlt erst gegen 16:00 Uhr U-47 auf Gefechtsstation. Die Männer bereiten alles für den Einsatz vor. So wird das Boot für eine Selbstzerstörung im Fall eines feindlichen Angriffs vorbereitet, die Torpedos scharf gemacht und Reservetorpedos in Ladeposition gebracht. Um Geräusche zu vermeiden, wird wenig gesprochen, der Navigator überprüft zum letzten Mal die Karten und die Besatzung zieht ihre Schwimmwesten an. Um 19:15 Uhr taucht U-47 auf. Zu seiner Überraschung stellt Prien fest, dass die Einfahrt durch das Nordlicht hell beleuchtet wird. Zudem strahlt der nördliche Leuchtturm, der Prien auch beim Umfahren der Sperrschiffe hilft. Um 23:31 Uhr steuert Prien die Bucht an. Auf dem Kommandoturm von U-47 stehend, erteilt er seine Befehle an den Steuermann. Beim Ausweichen einer Kette, die ein im Sund liegendes Schiff verankert, schrammt U-47 einen Felsen. Weder der Lärm noch das sofortige Öffnen der Luftdruckventile, um das U-Boot anzuheben, werden bemerkt. Auch die Scheinwerferkegel eines auf einer kurvigen Küstenstrasse fahrenden Autos, die den Kommandoturm des deutschen U-Bootes kurz erfassen, führen nicht zu einer Alarmierung. U-47 kann seine Fahrt unentdeckt fortsetzen. 14. Oktober 1939, Scapa Flow Kurz vor halb eins schreibt Prien in das Logbuch: «Wir sind in Scapa Flow». In westlicher Richtung fährt er in die grosse Bucht ein. Da er kein Ziel entdeckt, wendet er und fährt einen östlicheren Kurs. Kurz vor 01.00 Uhr werden backbord zwei dunkle Schatten sichtbar. Das erste Schiff ist die HMS Royal Oak – auch «The Mighty Oak» genannt. Das mit acht 38-cm-Kanonen ausgerüstete Schlachtschiff stammt aus dem Ersten Weltkrieg. Hinter der HMS Royal Oak glaubt Prien das Schlachtschiff HMS Repulse zu erkennen. Effektiv ist es jedoch der Wasserflugzeug-Tender HMS Pegasus. Prien bringt U-47 in Schussposition und auf seinen Befehl werden um 00:58 Uhr zwei Torpedos abgefeuert. Sie laufen auf HMS Royal Oak zu. Um das zweite Ziel mit weiteren «Aalen» ins Visier zu nehmen, wird U-47 leicht abgedreht. Doch nur einer der beiden Torpedos kann abgefeuert werden, der andere versagt. Prien dreht mit U-47 ab und fährt in Richtung Ausfahrt. Noch immer ist das U-Boot nicht entdeckt worden. Dann eine Explosion, aber das Unfassbare geASMZ 12/2014 55 Web-Shop – Online-Versandhandel Adventure- & Survival-Equipment w w w. g r e e n - s t o r e . c h Militärstrasse 3 | CH-3600 Thun | [email protected] 9^ZHigVhhZcheZggZcFJ>8@HIDEjcYIGJ8@HIDEÄeViZci^Zgib^iVjhlZX]" hZaWVgZc!WgjX]h^X]ZgZcHiV]a]d]ahe^ioZcÄjciZghiioZcH^X]Zg]Z^ihY^ZchiZ WZ^;V]cYjc\!@dcigdaaZjcYDW_Z`ih^X]Zgjc\hX]cZaajcYZ[Òo^Zci# 7DGK?9AIJEF<{>HJ A;?DM;=LEH8;? 9DGB:I9gÓ^\ZgBZiVaalVgZc6<$>cYjhig^ZhigVhhZLZhi*$8=")+&)=~\ZcYdg[$IZaZ[dc )&+''%.)%+%$lll#YdgbZi#Xdb 56 ASMZ 12/2014 Geschichte schieht: Es wird kein Alarm ausgelöst und die Seeleute an Bord reagieren nicht auf die Explosion. Während des Ablaufens lässt Prien die vorderen Torpedorohre nachladen und schiesst zudem mit dem Heckrohr einen weiteren Torpedo in Richtung RN-Kriegsschiffe ab. Doch auch dieser Torpedo verfehlt sein Ziel. Da immer noch kein Alarm ausgelöst wird, lässt Prien U-47 wieder in Richtung Ziele eindrehen. Sobald die Rohre nachgeladen sind und das U-Boot in günstiger Schussposition ist, feuert Prien um 01:22 Uhr eine zweite Salve mit drei Torpedos ab. Alle treffen die «Mighty Oak» und heben sie förmlich aus dem Wasser. Als sich das 32 000 Tonnen verdrängende Schiff wieder absenkt, bekommt es Schlagseite auf steuerbord. Bedingt durch die Treffer fallen wichtige Systeme aus, die Mannschaft ist unter Deck eingeschlossen. Rund MS Royal Oak. Bild: freepages.family.rootsweb.ancestry.com 13 Minuten nach dem ersten Treffer der zweiten Salve sinkt das RN-Flaggschiff und reisst 833 Seeleute in den Tod, unter ihnen auch Konteradmiral Henry Blagrove, Admiral des 2. Schlachtschiff-Geschwaders. Währenddessen setzt sich Prien aus der Bucht ab. Er schlängelt sich durch die enge Ausfahrt an den Blockadeschiffen vorbei und kämpft dabei abermals mit der Strömung. Etwa um 02:15 Uhr ist Prien wieder im Tiefwasser der Nordsee und nimmt Kurs auf die Heimat. Bis zum Morgen glaubt die britische Admiralität, dass eine Explosion und nicht ein feindliches U-Boot die HMS Royal Oak versenkt hat. Erst als ein Taucher Wrackreste eines elektrischen Torpedos finden, wird deutlich, dass ein deutsches U-Boot in Scapa Flow eingedrungen war. 15. Oktober 1939, Nordsee Auf der Rückfahrt wird U-47 von einem britischen Minensuchboot entdeckt und mit Wasserbomben angegriffen. Es gelingt Prien, zu entkommen. 17. Oktober 1939, Wilhelmshaven Um11:44 Uhr läuft U-47 in Wilhelmshaven ein. Da am Kommandoturm mit weisser Farbe ein angreifender Stier aufgemalt ist, erhält Prien den Übernahmen «Der Stier von Scapa Flow». Noch am gleichen Tag fliegt seine gesamte Besatzung an Bord des Führer-Flugzeuges nach Berlin und alle werden mit militärischen Orden ausgezeichnet. Analyse Der Angriff zeigte folgendes auf: Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der U-Bootfahrer Der Angriff verdeutlicht die sehr hohe Kampfbereitschaft der U-Bootfahrer. Diese blieb selbst nach Ende der anfänglich erfolgreichen Phase im Atlantikkrieg und der später folgenden bitteren Niederlagen gegen Ende des Krieges trotz ihres sehr hohen Blutzolls konstant hoch. Prien, der auf seiner zehnten Fahrt auf See blieb, lehnte ein Angebot für eine sichere Funktion an Land ab. Er fuhr lieber zur See. Vorbereitung Richtigerweise überliess Dönitz dem U-Bootfahrer Prien die Ausgestaltung des Angriffs. Prien war somit in seinen Entscheidungen frei und wurde auch nicht durch militärisches Mikromanagement vorgesetzter Stelle eingeschränkt oder behindert. Prien dürfte bei seiner Ausfahrt am 8. Oktober 1939 über die neusten Aufklärungsbilder verfügt haben. Aufgrund der Funkstille und der Geheimhaltung sowie den technischen Möglichkeiten von damals war es nicht möglich, eine Echtzeitlage zu übermitteln. Aus diesem Grund erfuhr er nicht, dass mehrere RNKriegsschiffe zwischenzeitlich ausgelaufen waren und er kannte die Position seiner Ziele nicht. Führung Das Beispiel zeigt auf, zu was eine verschworene Gemeinschaft fähig ist. Zudem nutzte Prien kaltblütig den Umstand aus, dass nicht Alarm geschlagen wurde und lancierte einen zweiten Angriff. Ausrüstung Nicht alle abgefeuerten Torpedos funktionierten. Die technischen Probleme mit den Torpedos entwickelten sich später zur «Torpedokrise» und stellten während des Angriffs gegen Norwegen ein echtes Problem dar. Das Vertrauen in die Bewaffnung war zeitweise ernsthaft erschüttert. Propaganda Der Angriff auf Scapa Flow erreichte zwei Propagandaziele: Nach innen Günther Prien wurde zu einem der ersten Kriegshelden und die Propagandamaschine wusste dies zu nutzen: • Die Männer von U-47 wurden in Berlin der in- und ausländischen Presse vorgeführt; • Es wurde ein Buch über Prien geschrieben; • Viele Strassen und Schulen nach ihm benannt. Nach aussen Obwohl die «Mighty Oak» nicht das modernste Schlachtschiff war, war das Signal deutlich: Nichts ist vor deutschen U-Booten sicher. Nachwuchs Mit der Person «Prien» und seinen Leistungen wurde Nachwuchs geworben und die U-Boot-Waffe hatte während des Krieges nie Nachwuchsprobleme. Konsequenzen Der Angriff von 1939 war nicht der erste. Abwehrmassnahmen waren vorgesehen, kamen jedoch zu spät. Es schien, als ob die Briten sechs Wochen nach Kriegsbeginn «mental» nicht auf solche Fälle vorbereitet waren. Der Angriff führte ihnen ihre mangelnde Vorbereitung und die Möglichkeiten der U-Boote-Waffe vor Augen. Selbst wenn U-47 weitere Kriegsschiffe versenkte hätte, die Überlegenheit der RN-Überwasserschiffe wäre – wenn überhaupt – nur kurzfristig gestört gewesen. Die Briten zogen die richtigen Konsequenzen und unterschätzten die U-Boote der Kriegsmarine nicht mehr. Den folgenden technischen Wettlauf konnten letztlich die Alliierten gewinnen. ■ Major Kaj-Gunnar Sievert lic. phil. I MAS Project – Management 3097 Liebefeld ASMZ 12/2014 57 Vermischtes Offiziersgesellschaft Burgdorf – Gelungene Jubiläumsreise nach Wien Einer der Höhepunkte im Jubiläumsjahr «125 Jahre Offiziersgesellschaft Burgdorf» war die Ende September durchgeführte Reise nach Wien. Während fünf Tagen besuchte eine 17-köpfige Gruppe die Donaumetropole. Der ehemalige Präsident Sébastien Stampfli hatte als Organisator ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, das bei den Teilnehmern grossen Anklang fand. Zu den Schwerpunkten gehörten eine Führung durch die Ringstrasse am ersten Tag; anderntags folgte eine ausgedehnte Besichtigung des Schlosses Schönbrunn. Nach der Rückkehr in die Innenstadt wartete ein besonderes Erlebnis auf die Gruppe: Eine Spezialistin mit dem schönen Namen Frau Hasenhütl führte mit wienerischem Charme und vielen Detailkenntnissen in der Altstadt durch weitgehend unbekannte Höfe, Plätze und Bauten. Am dritten Tag war der Besuch des Heeresgeschichtlichen Museums angesagt. Ein Fachhistoriker mit Magistertitel führte während zwei Stunden durch die teils neugestalteten Ausstellungsräume. Hier war auch das Fahrzeug zu sehen, in dem der habsburgische Thronfolger am 28. Juni 1914 in Sarajewo erschossen worden war. Diese Schüsse lösten den ErstenWeltkrieg aus. Ein Ausflug in die Wachau mit Bahn und Bus, dem Be- such des berühmten Benediktinerstiftes Melk und eine anderthalbstündige Schifffahrt auf der Donau bis Krems rundeten den letzten Tag ab. Für das leibliche Wohl war ebenfalls gesorgt. Schon am ersten Tag machte man Halt in einem typischen Kaffeehaus und in Nussdorf wurde auch dem «Heurigen» zugesprochen. Dieser Aufenthalt in Wien und Umgebung wird allen Mitreisenden in bester Erinnerung bleiben und als Meilenstein in die Geschichte der Offiziersgesellschaft Burgdorf eingehen. Heinz Schibler, Burgdorf Hauptversammlung des Offiziersvereins der HSG Die diesjährige Hauptversammlung von Of@unisg startete für die rund 50 teilnehmenden Mitglieder mit einer Überraschung. Dank der Unterstützung der Schweizer Luftwaffe wurde der Abend zum Highlight. Div B. Müller, C Ei Luftwaffe, und Oblt S. Meier, Präsident Of@unisg. 58 ASMZ 12/2014 Bild: Etienne Alder Noch ahnungslos, versammelten sich die Mitglieder am vorgegebenen Treffpunkt in der Universität St. Gallen. Dort angekommen, wurden sie vom Vize-Präsident des Vereins, Oblt Sandro Travaglini, in Empfang genommen. Noch wurde das Programm des Abends nicht enthüllt. Eine unvergessliche Verschiebung Nach einer kurzen Verschiebung in Zweierkolonne wurde das Highlight des Abends durch einen heranfliegenden Super Puma der Schweizer Luftwaffe verraten. Nun ging es schnell. Innert Minuten wurden die Mitglie- der in Gruppen aufgeteilt und mit Gehörschutz ausgerüstet. Zwei Helikopter transportierten die HSG-Offiziere innert kürzester Zeit zum Waffenplatz Bernhardzell. Mehr als nur Aktion Auf dem Waffenplatz angekommen, durften die jungen Offiziere ein spannendes Referat von Div Müller, Chef Einsatz Luftwaffe, geniessen. Dabei erinnerte sein Vortrag keine Sekunde an eine trockene Theoriestunde. Während Müller die Aufgaben und Einsatzfelder der Schweizer Luftwaffe erläuterte, verging die Zeit wie im Flug. Kaum enden wollten die anschliessen- Vermischtes den Fragen des interessierten Publikums. Rituale verbinden Anschliessend an ein reichhaltiges Abendessen vom Grill wurden die Neumitglieder des Vereins offiziell aufgenommen. Jedoch erlangten diese ihre Mitgliedschaft nicht einfach so. Nach einem kurzen sportlichen Teil des Aufnahmerituals lag der Schwerpunkt für die Neulinge aber in einem Kurzreferat zu einem vorgegebenen Thema. Soweit so gut, mussten sie nun nur noch die Fragen ihrer Kameraden beantworten. Was sich einfach anhört, entpuppt sich schnell als eine schwierige Übung in sicherem Auftreten. Waren diese Hürden auch gemeistert, wurden die neuen HSGOffiziere durch Votum aufgenommen. Of@unisg Aus dem 3D-Drucker in den Weltraum Das Schweizer Raumfahrtunternehmen RUAG Space will schon bald Satelliten mit Bauteilen ausrüsten, die aus einem 3D-Drucker kommen. Das soll Gewichts- und Kostenvorteile bringen. In einem Pilotprojekt haben die Spezialisten der RUAG Space eine Halterung für die Antenne eines Erdbeobachtungssatelliten gebaut. Eine vergleichbare, Im 3D-Druck hergestellte Antennenhalterung für einen Sentinel-1-Satelliten. Foto: RUAG jedoch mit einem herkömmlichen Verfahren produzierte Halterung hatte die RUAG für Sentinel-1A, einen Radarsatelliten der Europäischen Raumfahrtagentur ESA geliefert. Gemeinsam mit Spezialisten der Firma Altair haben die Ingenieure der RUAG diese Halterung nun komplett neu entwickelt, um sie für die Herstel- lung im 3D-Druck zu optimieren. Die Altair-Software machte es dabei möglich, die Gestaltungsfreiheit, welche die additive Fertigung bietet, auszunutzen. Die Formgebung (Topologie) des Bauteils wird dabei so optimiert, dass nur noch genau so viel Material eingesetzt wird, wie unbedingt nötig. Das bei EOS, einem deutschen Spezialisten für den industriellen 3D-Druck, gefertigte Bauteil wiegt im Vergleich zum alten Modell nur noch die Hälfte und ist dennoch steifer. Mit rund 40 cm Länge ist die Antennenhalterung eines der grössten jemals im Pulverbett-Verfahren hergestellten Bauteile. Derzeit wird die neue Halterung intensiven Tests unterzogen, um sie für den Einsatz im Weltall zu qualifizieren. Ende des Jahres sollen diese Qualifikationstests abgeschlossen sein. Seit 2013 beschäftigt sich die RUAG Space intensiv mit der Forschung & Entwicklung im Bereich des «Additive Manufacturing», wie die Herstellung von dreidimensionalen Objekten mithilfe von 3DDruckern in Expertenkreisen auch genannt wird. Beim 3DDruck wird ein Pulver schichtweise aufgetragen und in der gewünschten Form verbunden, etwa, indem es durch Laser automatisch an den entsprechenden Stellen geschmolzen wird. dk Echo aus der Leserschaft Armeeaufwuchs jetzt starten Nach dem Mauerfall haben sich Europa und die Schweiz einmal mehr der Illusion vom ewigen Frieden hingegeben. Frieden, Freiheit und Sicherheit wurden zu gottgegebenen Selbstverständlichkeiten degradiert. Dementsprechend wurden die Bestände, Ausrüstungen und Budgets der europäischen Armeen weit über die Schmerzgrenzen hinaus abgebaut. Der schleichende Aushungerungsprozess wurde mit einer hektischen und kontraproduktiven «Reformitis» kaschiert. Die zunehmenden Alarmmeldungen über desaströse Zustände und Sicherheitslücken, z. B. beim österreichischen Bundesheer oder der deutschen Bundeswehr (NZZ: «Bundesheer nur beschränkt tauglich im Katastrophenfall» oder «Die Bundeswehr – ein Objekt der Satire»), sind die logischen Folgen. Leider sieht das Bild bei der Schweizer Armee kaum besser aus. Auch sie kann den verfassungsmässigen Hauptauftrag «Landesverteidigung» derzeit kaum mehr wirksam erfüllen. Angesichts des neoimperialistischen Machtgebarens von Putin, der «den Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln» wieder skrupellos praktiziert sowie der Häufung gefährlichster Brandherde an den Grenzen Europas, der anschwellenden Migrationsströme und des eskalierenden Kampfes um Ressourcen, müssen verantwortungsbewusste Politiker/innen den Armeeaufwuchs jetzt in die Wege leiten. Gleichzeitig ist die Politik aufgerufen, zum Schutze von Land und Leuten die Sicherheitsarchitektur unseres Landes (Nachrichtendienste, Armee, Polizei, Grenzorgane, Zivilschutz etc.) rasch zu stärken, um insbesondere mit der anstehenden «Weiterentwicklung der Armee» (WEA) die Vollausrüstung, Einsatzfähigkeit und Glaubwürdigkeit der Armee wieder herzustellen. Hptm Willy Gerber, 9436 Balgach Trollen wir uns Hans Bollmann kritisiert in seinem Beitrag den Artikel von Oberstlt i Gst Markus Müller zu den Reaktionen der westlichen Medien und ihrer Konsumenten im Falle Russland und Ukraine. Ich wäre Herrn Bollmann dankbar, wenn er mir den Unterschied zwischen der, mit Zustimmung der EU, unternommenen massiven amerikanischen Bombardierung Serbiens in die Unterwerfung, der westlichen Unterstützung der Unabhängigkeitsbewegung mit anschliessender Volksabstimmung über die Abspaltung Kosovos von Serbien, und der wahrscheinlichen Unterstützung der Abspaltungsbewegung auf der Krim durch Russland und anschliessender Volksabstimmung und An- schluss der Krim an Russland erklären könnte. Die westlichen Medien waren im ersten Fall für den Hauptakteur USA, im zweiten gegen den Hauptakteur Russland. Wie kann in einem so klaren Fall den westlichen Medien «Propaganda» vorwerfen! Viel schlimmer ist aber, dass nicht nur ein Schweizer Oberst, sondern sogar die chinesischen Medien Gut und Böse nicht unterscheiden können. Sie sprachen im Fall der Krim angesichts des Beispiels «Kosovo» von westlicher Heuchelei. Noch ein Schlusswort: Die nicht zum Westen gehörende Welt ist nicht mehr bereit, nach unserer Pfeife zu tanzen. Maj Gotthard Frick, 4103 Bottmingen ASMZ 12/2014 59 Vermischtes Dritter Internationaler Militärischer Team-Wettkampf Angespornt durch die Anlässe 2013 und 2014 haben die Organisatoren für die drit- te Auflage des Militärischen Team-Wettkampfes am Samstag, 25. April 2015, auf dem Waffenplatz Sand bei Bern erneut einen anforderungsreichen Parcours zusammengestellt. Neu sind maximal 36 Zweierpatrouillen zugelassen. Geschossen wird mit Pistole 75 und Sturmgewehr 90. Es werden sechs verschiedene Programme absolviert. Eine detaillierte Wett- kampfbeschreibung sowie das Anmeldeformular sind im Internet zu finden unter www. armee.ch/mtw. Anmeldeschluss ist der 26. Februar 2015. An der Premiere des MTW im April 2013 nahmen 18 Zweierpatrouillen aus Deutschland, USA und der Schweiz teil. Ein Jahr später, im April 2014, waren es 23 Zweierpatrouillen aus Italien, USA und der Schweiz. Albert Brügger Anpassung der Kriegsmaterialverordnung Der Bundesrat hat eine Anpassung der Bewilligungskriterien für Kriegsmaterialausfuhren beschlossen. Ziel dieser Änderung ist es, die regulatorische Benachteiligung der Schweizer Sicherheitsindustrie im Vergleich mit dem europäischen Ausland zu reduzieren. Die Motion der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates vom 25. Juni 2013, «Benachteiligung der Schweizer Sicherheitsindustrie beseitigen», will dem Bundesrat einen grösseren Handlungsspielraum bei der Bewilligung von Ausfuhrgesuchen für Kriegsmaterial einräumen. Dieser soll damit im Rahmen einer gesamtheitlichen Betrachtung neben den aussenpolitischen Grundsätzen und den internationalen Verpflichtungen der Schweiz auch wirtschaftliche und sicherheitspolitische Erwägungen in seine Beurteilung miteinfliessen lassen können. Die Motion enthält zu diesem Zweck einen ausformulierten Entwurf, der eine Anpassung von Artikel 5 Absatz 2 Buchstaben a bis d Kriegsmaterialverordnung (KMV) vorsieht. In seiner Stellungnahme zur Motion unterstützte der Bundesrat das Anliegen der Motionärin, vertrat jedoch die Meinung, dass dieses mit einer weniger weitreichenden Anpassung am Verordnungstext umgesetzt werden könne. Ausserdem hielt er fest, dass der Menschenrechtsschutz und die humanitäre Tradition der Schweiz keinesfalls preisgegeben werden dürfen. Die vom Bundesrat beschlossene Verordnungsanpassung betrifft einerseits Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b KMV, welcher Ausfuhren nach Ländern untersagt, in denen die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt werden. Andererseits erfolgt damit eine Änderung von Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c KMV, der Kriegsmaterialexporte nach Länder verbietet, die auf der OECD-Liste der wirtschaftlich am wenigsten entwickelten Empfängerstaaten öffentlicher Entwicklungshilfe aufgeführt sind. Aufgrund dieser Verordnungsänderungen können Ausfuhrgesuche gestützt auf eine Einzelfallprüfung genehmigt werden, sofern ein geringes Risiko besteht, dass das auszuführende Kriegsmaterial für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen verwendet wird. Anders als bisher soll also die Eignung des auszuführenden Kriegsmaterials für die Begehung von Menschenrechtsverletzungen mitberücksichtigt werden. Dies sieht beispielsweise auch der Gemeinsame Standpunkt des Rates der EU zur Ausfuhrkontrolle von Mi- litärgütern vor. Bei Gesuchen für die Ausfuhr von Kriegsmaterial nach Empfängerstaaten öffentlicher Entwicklungshilfe ist insbesondere zu prüfen, ob diese auf der OECD-Liste der wirtschaftlich am wenigsten entwickelten Staaten aufgeführt sind. Gegebenenfalls können Sicherheitsbedürfnisse der Empfängerstaaten oder andere wichtige Interessen eine Ausfuhr legitimieren. Die durch den Bundesrat verabschiedete Anpassung der Kriegsmaterialverordnung ermöglicht eine Umsetzung des Kernanliegens der Motion, indem sie die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Kriegsmaterialausfuhr verbessert. Gleichzeitig wird die Kohärenz mit der schweizerischen Aussen- und Menschenrechtspolitik weiterhin sichergestellt. Die revidierte Verordnung tritt am 1. November 2014 in Kraft. dk Bundesrat verabschiedet Änderung der Verordnung über die Militärdienstpflicht Der Bundesrat hat eine Änderung der Verordnung über die Militärdienstpflicht verabschiedet. Die Erfahrungen aus der Praxis verlangte kleinere Anpassungen. Die Verordnung über die Militärdienst- 60 ASMZ 12/2014 pflicht (MDV) wird nur in Details korrigiert, um den Bedürfnissen der Praxis gerecht zu werden. Insbesondere sollen Stabsoffiziere, welche in Stäben des Hauptquartiers eingeteilt sind, nicht mehr als Spe- zialisten im Sinne der Verordnung gelten. Dies hat zur Folge, dass für die betroffenen Offiziere die Diensttagelimite von 300 Tagen in Fortbildungsdiensten der Truppe nicht zur Anwendung gebracht wer- den kann. Im Weiteren wurde dem Antrag der Armeeseelsorge stattgegeben, wonach die militärische Grundausbildung der Hauptmänner Armeeseelsorge nur noch 19 Tage dauern soll. dk Vermischtes Armeeangehörige ans UNO-Hauptquartier in New York Der Bundesrat hat das VBS ermächtigt, bis zu fünf Offiziere der Armee an das Hauptquartier der UNO für Friedensförderungsmissionen in New York zu entsenden. Ende Juli 2014 wurde die Schweizer Armee von der UNO um die Entsendung von Offizieren ans UNO-Hauptquartier in New York ersucht. Die Offiziere sollen die Einführung eines Informationssystems in den Friedensmissionen der UNO unterstützen, das von Schweizer Militärbeobachtern in der UNO-Mission im Kongo mitentwickelt wurde. Daneben hat die UNO ein Interesse an der Entsendung von Schweizer Armeeangehörigen für den Füh- rungsstab der UNO-Friedensmissionen in New York und die humanitäre Minenräumung geäussert. Die Schweizer Armee ist bereit, bis zu fünf Armeeangehörige für derartige Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Für die Schweizer Armee sind solche Entsendungen äusserst wertvoll. Zum einen können sehr nützliche Erfahrungen in der Stabsarbeit der UNOFriedensförderungsmissionen erworben werden. Zum anderen sind derartige Positionen gut geeignet, Entwicklungen und Trends frühzeitig zu erkennen, so dass die Reaktionsfähigkeit in der Schweiz verbessert wird. dk Echo aus der Leserschaft Qualität eines Leserbriefes – ASMZ 11/2014 Ich habe in meinen jungen 24 Jahren noch kaum etwas so Abstruses gelesen wie den Leserbrief von Andreas Märki; ein 9/11-Verschwörungstheoretiker, der mit fragwürdigen Theorien den Artikel von Markus M. Müller zu verteidigen versucht, ist einer Schweizer Militärzeitschrift, die ernst genommen werden will (und auch soll!), unwürdig. Obwohl Leserbriefe natürlich nicht die Meinung der Redaktion einer Zeitschrift widerspiegeln, sind Sie als Redaktion der ASMZ dennoch für alles verantwortlich, was in der ASMZ publiziert wird. Ich frage Sie also: Wieso publizieren Sie einen Leserbrief, der in den 9/11-Flugzeugen nur Computeranimationen sieht, obwohl sie durch x Amateuraufnahmen belegt sind? Wieso verschwenden Sie wertvollen Platz in Ihrer Zeitschrift, nur weil jemand nicht begreift, dass Leichtmetall in Form eines Flugzeugs, zusammen mit Kerosin und einer sehr hohen Geschwindigkeit, halt doch stärker sein kann als Stahl? Es dauert mich, dass sich zur Verteidigung von Müllers Artikel keine ernstzunehmenden Leserbriefe finden liessen. Auch ich fand den Artikel von Müller nicht gut, aber einen solchen Leserbrief hat er nicht verdient. Und auch die ASMZ hat einen solchen Leserbrief nicht verdient. Ich gratuliere Ihnen aber bei dieser Gelegenheit trotzdem für Ihre wertvolle Arbeit und die guten Artikel, und wünsche weiterhin viel Erfolg mit der ASMZ! Oblt Severin Zumbühl 6102 Malters Echo aus der Leserschaft Wie weiter nach dem Gripen-Nein Vielen Dank, sehr geehrter Herr Nationalrat Borer, für Ihren Beitrag, mit dem ich mich 100%ig identifiziere. Gestatten Sie mir trotzdem einen Nachtrag: Wenn wir die 5FFlotte in zwei Jahren ausmustern, liefern wir unseren Gegnern das fast unwiderlegbare Argument, dass der Luftverteidigungsauftrag mit 32 Flugzeugen inklusive Zieldarstellung, Patrouille Suisse, Sichtflug-Interzeptionen, Mehrfach- aufträgen etc. zu lösen ist. Die Luftwaffe wird nie mehr 30 Flugzeuge erhalten! Wir sind auf die F5, am besten TeilKampfwertgesteigert (offenbar machbar!) angewiesen! Wir dürfen es Wyss, Gross und leider auch LW-internen «Experten» nicht zu einfach machen. Danke, dass Sie den politischen Kampf aufnehmen. Maj Peter Naegeli 9032 Engelburg Ein Leben für die Armee Ende Jahr geht Oberst Ernesto Kägi, Dienstchef im Kommando Infanteriebrigade 7 in Winterthur, infolge Erreichen des Pensionierungsalters von 65 Jahren in den Ruhestand. Der ehemalige Leitende Nachrichtenoffizier des Feldarmeekorps 4 war seit 1998 als Dienstchef FAK 4, als Stabschef der Nationalen Alarmzentrale (NAZ) sowie als Dienstchef der Panzerbrigade 11 und der Infanteriebrigade 7 tätig. Er hat in dieser Zeit insbesondere unzählige Dossiers von Ostschweizer Offizieren bearbeitet. Die Redaktion ASMZ dankt Oberst Ernesto Kägi für die Oberst Ernesto Kägi, scheidender Dienstchef Pz Br 11 und Inf Br 7. Bild: Autor angenehme Zusammenarbeit und wünscht ihm alles Gute für seinen neuen Lebensabschnitt. Sch Mit Ihrer Werbung treffen Sie bei uns immer ins Schwarze! Tel. 044 908 45 61 Verlag Equi-Media AG Brunnenstrasse 7 8604 Volketswil www.asmz.ch Sicherheit Schweiz ASMZ 12/2014 61 Verein für eine sichere Schweiz Israel Aerospace Industries Vielen Dank für die tolle Zusammenarbeit. Wir wünschen Ihnen frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr. Verlag Equi-Media AG PASITO shoes and fashion 62 ASMZ 12/2014 Glaser Handels AG Bücher Peter Joachim Lapp Arnulf Krause Grenzregime der DDR Der Kampf um Freiheit Aachen: Helios, 2013, ISBN 978-3-86933-087-7 Der Autor, anerkannter Experte in Fragen der DDRGrenzen, hat sein Wissen über die dortigen Grenztruppen in einem wirklich allumfassenden Kompendium vorgelegt. Angesichts der starken Fluchtbewegung von DDRBewohnern in den Westen wurde bereits 1960 der Schiessbefehl eingeführt, der den insgesamt 500 000 Grenzsoldaten das Schiessen auch auf Frauen und Kinder befahl, «wenn keine andere Möglichkeit zur Verhinderung der Flucht bestand». Die grosse Mehrheit indes fürchtete sich vor solchen «Grenz-Zwischenfällen». Dabei konnte man sich sehr wohl dem Dienst an der «Friedensfront» entziehen – bei wiederholten Äusserungen, nicht auf Mitmenschen schiessen zu können; in all den Jahren desertierten 2789 Grenzsoldaten in den Westen. Andererseits wurden vom Bau der Berliner Mauer (1961) bis Herbst 1989 mindestens 1676 Menschen erschossen und weitere 84 249 Fliehende verhaftet; die Gesamtzahl der Fluchtversuche schätzt der Autor auf Zehntausende. Nach dem Zusammenbruch der SED-Diktatur erhielten die Todesschützen an den DDR-Grenzen von einer weltfremden Justiz blosse Bewährungsstrafen … Friedrich-Wilhelm Schlomann Adrienne Aebischer Mais oui, souviens-toi du Hollandais Neuchâtel: Alphil, 2013, ISBN 978-2-940489-45-9 Wehe dem, der einer Amtsstelle nicht mit genügend Unterwürfigkeit begegnet! Dergleichen vergibt die Bürokratie selten und wer sich keinen Rechtsbeistand leistet, weil er vielleicht arm ist, hat, eh er sich’s versieht, ein grösseres Problem. Das mag nicht allgemein gelten, aber es galt entschieden für den Holländer Adrian van Schilt im Berner Jura des Sommers 1942. Er hatte eine Schweizerin, Maria Bourcart, geheiratet und wohnte mit seiner immer grösser werdenden Familie im Heimatort der Frau in Charmoille im Bezirk Porrentruy. Die Frau hatte nach dem damaligen Recht ihr Bürgerrecht verloren und die Kinder waren ohnehin niederländische Staatsangehörige. Bericht der Kinderhilfe des Roten Kreuzes, 1945: «Die Frau war im 7. Monat schwanger. Grund der Ausweisung: der Mann hatte einen Wortwechsel mit den Behörden, während welchem er sich ihnen gegenüber nicht ganz korrekt benahm. Nach übereinstimmender Auffassung der Dorfbewohner war die Massnahme zu hart.» Das damals neunjährige Mädchen Adrienne, heute eine Familienmutter in La Neuveville, will mit ihrem eindrücklichen Buch über eine ganz ausserordentliche Flüchtlingsodyssee nicht anklagen, sie wünscht ihren Leserinnen und Lesern ausdrücklich Ruhe, Frieden und Freude und dazu, dass wir alle uns jener komplizierten und harten Zeit 1939 –1945 jederzeit mit einem Blick auf die Gesamtleistung der Schweiz, aber auch auf einige fragwürdigere Seiten der Geschichte erinnern. Jürg Stüssi-Lauterburg Die Napoleonischen Befreiungskriege in Deutschland Stuttgart: Konrad Theiss Verlag GmbH, 2013, ISBN 978-3-8062-2498-6 «Deutschland» blieb im Gegensatz zum revolutionären Frankreich politisch und gesellschaftlich auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts diffus. Dichter und Denker versuchten anhand von Sprache, Kultur und speziellen Tugenden zu ergründen, was das «Teutschland» denn sei. So Achim von Arnim und Clemens von Brentano mit ihrer Sammlung «Des Knaben Wunderhorn» und die Gebrüder Grimm mit ihren Volksmärchen. Von Hass getrieben, schrieben und agierten Ernst Moritz Arndt, Friedrich Ludwig Jahn und Theodor Körner wider die Franzosen und ihre Besatzung der deutschen Länder. Derart ideologisch vorbereitet, begann vor allem in Preussen der Widerstand gegen Napoleon; am Ende der Befreiungskriege stand die Niederlage Napoleons. Den Kriegswirren folgte eine Periode der innenpolitischen Ruhe, der Zensur und der weitestgehenden Wiedereinsetzung der alten Ordnung. Verlierer waren die Patrioten. Die Herrscher mochten sich an keine Verfassungsversprechen, wie in Preussen, erinnern. Ein geeintes Deutschland lag nach wie vor in weiter Ferne. Arnulf Krause legt eine Studie vor, die dank ihres Fokus auf die für Deutschland spannende Zeit eine interessante Perspektive abgibt. Der Autor schlägt einen grossen Bogen von der französischen Revolution, über Napoleons Eroberungskriege, der Völkerschlacht bei Leipzig, den Wiener Kongress bis zum Wartburgfest. Gut geschrieben und kenntnisreich zusammengestellt, ist es ein lesenswertes Werk über die an Mythen, Verklärung bis zur Klitterung reichen Zeit. Krause überzeugt zudem durch seinen flüssigen Schreibstil. Philippe Müller Albert Gasser Europas Urkatastrophe von 1914 und ihre Folgen Chur: Tardis Verlag, 2014, ISBN 978-3-954106-2-2 Aus Anlass der 100-jährigen Wiederkehr der «Urkatastrophe von 1914» beschreibt der ehemalige KirchengeschichteProfessor an der theologischen Hochschule Chur Albert Gasser in achtzehn kurzen Essays Hintergründe und Verzahnungen eines Geschehens, das weit über die beiden Weltkriege hinaus reicht. Die drei grossen Revolutionen in Frankreich und Russland und der Nationalsozialismus in Deutschland gehören dazu, der Zusammen- bruch der Sowjetunion wie «Überraschungen und Wunder» der europäischen Einigung mit ihrer längsten Friedensperiode. Auch die eingekreiste Schweiz hat ihren Platz. Es ist keine Kriegsgeschichte, viel eher eine Kurzfassung aller Zusammenhänge und Abläufe, die durch den knappen, bildhaften und immer wieder wohltuenden ironisierenden Stil beeindrucken. Hans-Ulrich Ernst ASMZ 12/2014 63 Bücher Thomas Müller Die Bayrische Sturm-Panzer-Kraftwagen-Abteilung 13 Bayreuth: Verlag Veit Scherzer, 2013, ISBN 978-3-938845-45-5 Als die britische Armee im September 1916 erstmals 49 «Tanks» zum Einsatz brachte, zeigte sich die deutsche Generalität nur wenig beeindruckt. Viel zu spät erkannte die oberste Heeresleitung, welche Gefahren im neuen Kampfmittel lagen und es dauerte noch bis zum Frühjahr 1918, die britische Armee hatte bis zu diesem Zeitpunkt fast 500 «Tanks» zum Einsatz gebracht, bis der erste deutsche «Sturmpanzerwagen», der «A7V», eingesetzt werden konnte. Weil zu die- sem Zeitpunkt die deutsche Industrie nicht mehr in der Lage war, genügend Kampfwagen zu produzieren, wurden erbeutete britische «Tanks» im besetzten belgischen Charleroi repariert, mit deutschem Hoheitsabzeichen versehen, von deutschen Truppen übernommen und unter Verwendung der britischen Einsatzgrundsätze wieder ins Gefecht gebracht. Der Autor erzählt die Geschichte der Panzer-Männer der ersten Stunde, die sich freiwillig in die heissen, lang- Nr. 12 – Dezember 2014 samen und technisch unzuverlässigen Stahlkolosse zwängten. Er beschreibt Aufbau und Gliederung der bayerischen Panzertruppe und schildert die Einsätze unter Verwendung von Erlebnisberichten. Zahlreiche Dokumente und bisher meist unveröffentlichte Fotos vervollständigen dieses empfehlenswerte Werk über ein kaum bekanntes Kapitel deutscher Militärgeschichte. Fred Heer Ulrich Fischer Brennpunkt Kaiseraugst. Das verhinderte Kraftwerk. Mit einem Vorwort von Christoph Blocher und einem Nachwort von Peter Scholer 64 ASMZ 12/2014 die Luft gesprengt. Auf Ersuchen der Aargauer Regierung stellte die Felddivision 5 damals einen Generalstabsoffizier ab, welcher Massnahmen zur Räumung und zum Schutz des Geländes auszuarbeiten hatte. Die Auseinandersetzung zog sich Jahre dahin, insgesamt hatten zwischen 1969 und 1989 15 Bundesräte mit dem Werk zu tun. Fischer, seit 1987 Mitglied des Nationalrates, wurde wie viele andere am 2. März 1988 während der Session von der «Verzichtsmotion» überrascht. Im Nachgang zu Tschernobyl hatten bürgerliche Politiker um Christoph Blocher, Jakob Schönenberger und Georg Stucky befunden, besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Auf die Frage, ob es sich beim Scheitern des Projektes eher um eine Kapitulation des Rechtsstaates vor dem Druck der Strasse oder um einen Sieg des Volkswillens über starre Strukturen, die nicht mehr den politischen Realitäten entsprochen Impressum Präsident Kommission ASMZ Oberst i Gst Christoph Grossmann, Dr. oec. HSG Chefredaktor Oberst i Gst Peter Schneider (Sch) Redaktionssekretariat ASMZ c/o Verlag Equi-Media AG Brunnenstrasse 7, CH-8604 Volketswil Telefon +41 44 908 45 60 Fax +41 44 908 45 40 E-Mail: [email protected] Stellvertreter des Chefredaktors Oberst i Gst Michael Arnold, lic.phil.II (AM) Redaktion Oberst i Gst Andreas Cantoni (ac) Andrea Grichting Zelenka, lic.phil. (ga) Oberstlt Hans Peter Gubler (hg) Oberst i Gst Niklaus Jäger (nj) Oberstlt Dieter Kläy, Dr.phil. (dk) Hptm Christoph Meier (cm) Hptm Daniel Ritschard, lic.oec.HSG (DR) Major Markus Schuler (M.S.) Oberstlt Jürg Studer (St) Oberstlt Eugen Thomann, lic.iur. (ET) Major Walter Troxler, Dr.phil. (Tr) Oberst i Gst Hans Wegmüller, Dr.phil. (We) Herausgeber Schweizerische Offiziersgesellschaft Bern: Verlag interforum, 2013, ISBN 978-3-9524099-4-7 Deutschland und die Schweiz versuchen nach dem Reaktorunglück in Fukushima unter dem Titel «Energiewende» den Ausstieg aus der Kernenergienutzung. Grund genug für Ulrich Fischer, 38 Jahre nach der Besetzung und 25 Jahre nach der Liquidation des Projektes Kernkraftwerk Kaiseraugst seine persönlichen Erinnerungen an die Auseinandersetzung um das umstrittene Grossprojekt zu publizieren. Ulrich Fischer, Fürsprecher und ehemaliger FDP-Nationalrat, war als Direktor der Kernkraftwerk Kaiseraugst AG jahrelang direkt in das Projekt involviert und kannte sämtliche Akteure seitens der Promotoren und Gegner persönlich. Entstanden ist eine fakten- und episodenreiche persönlich gefärbte Darstellung der teilweise mit harten Bandagen und illegalen Aktionen geführten Auseinandersetzung. 1975 kam es zur Besetzung des Areals, 1979 wurde der Informationspavillon von militanten KKW-Gegnern in 180. Jahrgang haben, gehandelt habe, antwortet Fischer wie folgt: «Die Episode Kaiseraugst (muss) in unserer rechtsstaatlichen Demokratie ein Einzelfall bleiben… Unsere Rechtsordnung hat für alle Fälle vorgesorgt, auch für jene, in denen sie den politischen Realitäten nicht mehr zu genügen vermag. … Deshalb bleibt für ein Handeln ausserhalb der Rechtsordnung in unserem Staate kein Raum.» Ulrich Fischer hat den Mut, mit Christoph Blocher und dem AKW-Gegner Peter Scholer (Ehrenpräsident der «Gewaltfreien Aktion Kaiseraugst») zwei der Hauptakteure bei der Beerdigung respektive Verhinderung seines Lebenswerkes mit je einem Vor- respektive Nachwort zu Worte kommen zu lassen. Eine Chronologie zum KKW Kaiseraugst und ein Personenregister runden den für zeitgeschichtlich Interessierte wertvolle und spannend zu lesende Band ab. Daniel Heller Verlag Verlag Equi-Media AG Brunnenstrasse 7, CH-8604 Volketswil Verleger: Christian Jaques Geschäftsführung Regula Ferrari, Telefon +41 44 908 45 60 E-Mail: [email protected] Anzeigen/Beilagen Silvio Seiler, Telefon +41 44 908 45 61 E-Mail: [email protected] Abonnemente Silvia Riccio, Telefon +41 44 908 45 65 E-Mail: [email protected] Adressänderungen bitte mit Abonummer (s. Adressetikette) angeben. Layout: Stefan Sonderegger Bezugspreis inkl. 2,5 % MwSt Kollektivabonnement SOG ermässigt Jahresabo Inland Fr. 78.– / Ausland Fr. 98.– Probeabo (3 Ausgaben) Fr. 20.– Auflage: Druckauflage 19500 Druck: galledia ag, 9230 Flawil © Copyright Nachdruck nur mit Bewilligung der Redaktion und Quellenangabe www.asmz.ch Nächste Ausgabe: 2. Februar 2015 Schwergewicht: • Interview Bundespräsident Burkhalter • China und Japan • Sicherheitsverbundsübung SVU 14 Wenn es darauf ankommt. Auf unsere Munition ist Verlass. Unsere hochpräzisen Produkte ermöglichen eine wirksame Bekämpfung von unterschiedlichen Zielen in verschiedenen Situationen. Ihr Können verbunden mit unserer Munition ist unschlagbar! RUAG Ammotec AG [email protected] | www.ruag.com