1815 − 2015 - Polizeidirektion Hannover

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1815 − 2015 - Polizeidirektion Hannover
JAHRE
BERITTENE POLIZEI HANNOVER
1815 − 2015
Ein historischer Rückblick
Inhaltsverzeichnis
Grußwort
GRUSSWORTE
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DER ANFANG
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DIE LANDDRAGONER
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AUS LANDDRAGONERN WERDEN LANDGENDARME
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HANNOVER WIRD TEIL VON PREUSSEN
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LANDGENDARME ALS MILITÄRPOLIZEI
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DER ERSTE WELTKRIEG UND DIE FOLGEN
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DIE WEIMARER REPUBLIK
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DIE ZEIT DES NATIONALSOZIALISMUS
25
DER ZWEITE WELTKRIEG
26
DIE NACHKRIEGSZEIT – EIN NEUBEGINN
27
DIE STUDENTENPROTESTE UND DER DEUTSCHE HERBST
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IN EIN NEUES JAHRTAUSEND
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EINSATZBEREICHE DER BERITTENEN POLIZEI
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JAHRE
BERITTENE POLIZEI HANNOVER
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Grußwort
Grußwort
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,
eine Organisationseinheit, die auf zwei bewegende Jahrhunderte
zurückblicken kann, hat wahrlich allen Grund zu feiern. 200 Jahre
berittene Polizei Hannover bedeuten 200 Jahre dauerhaftes Engagement, eine hohe Einsatzbereitschaft und viele Stunden unermüdlichen
Einsatzes im Dienst für die Allgemeinheit. Zu diesem besonderen Jubiläum gratuliere ich Ihnen ganz herzlich.
Das Land Niedersachsen ist aus seiner Geschichte und der Kultur heraus den Pferden in besonderer Weise verbunden. Nicht nur das springende Ross im Landeswappen macht dies deutlich. Niedersachsen ist
das Pferdeland. Die Pferdezucht hierzulande gilt als eine der bedeutendsten der Welt. Nicht umsonst genießen Hannoveraner- und Oldenburger-Pferde ein weltweit herausragendes Ansehen.
Die berittene Polizei ist seit nunmehr zwei Jahrhunderten ein wichtiger Bestandteil zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit. Dieser lange
Zeitraum beinhaltet eine Menge geschichtlicher Ereignisse, die diese
Organisationseinheit tangiert und verändert haben.
Mit der Einrichtung eines dem französischen Vorbild ähnlichen
Corps bewaffneter Polizeidiener nahmen am 1. Mai 1815 berittene
Unteroffiziere ihren Dienst auf. In der Folge des Deutschen Krieges
von 1866 sowie der beiden Weltkriege kam es immer wieder zu
Neustrukturierungen und wechselnden Bezeichnungen der berittenen
Polizei. Bereits ein Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg gelang es den
Verantwortlichen die Reiterstaffel wieder in einen akzeptablen Zustand
zu versetzen, sodass im Jahr 1947 erste Einsätze, u.a. bei der damaligen
„Exportmesse“, wahrgenommen werden konnten.
Mit den Abordnungen der Reiterstaffel zu den Ostfriesischen Inseln
und in die Lüneburger Heide wurde die berittene Polizei ab 1961 fortan
bei diversen Groß- und Sonderlagen eingesetzt. Die Aufnahme in das
Einsatzkonzept der Polizei bei Fußballspielen 1985 und die effiziente
und erfolgreiche Bewältigung der weltöffentlichen Großeinsätze
wie z.B. die EXPO 2000, die Fußball-WM 2006, die G8-Gipfel oder
die Castor-Einsätze unterstreichen, dass die niedersächsischen
Dienstpferde ein sehr wirksames und vielversprechendes Einsatzmittel
der Polizei sind.
Ihre Aufgaben in der gegenwärtigen Zeit sind sehr umfangreich:
Neben dem täglichen Streifendienst, Durchsuchungsaktionen unwegsamer Geländeabschnitte, Fahndungen oder der Öffentlichkeitsarbeit wie
z.B. an Tagen der offenen Tür stehen insbesondere größere Sportveranstaltungen und Versammlungen im Auftragsbuch der Reiterstaffel.
Ich denke hier nur an die Begleitung der zahlreichen Fußballspiele, z.B.
die Derbys zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig oder
an die demonstrativen Großveranstaltungen wie zuletzt die HoGeSabzw. Hagida-Kundgebungen. In all diesen Einsätzen bewährt sich das
Dienstpferd als multifunktionales Einsatzmittel.
Die erhöhte Sitzposition und die damit einhergehende bessere Übersicht und Sichtbarkeit, die Beweglichkeit, die Schnelligkeit oder die
Geländegängigkeit sind nur einige der unverzichtbaren einsatztaktischen Vorteile. Darüber hinaus stellen die Polizeireiterinnen und
Polizeireiter durch den hohen Einsatzwert ihrer Tiere nicht nur einen
wesentlichen Faktor zur Eigensicherung der übrigen Polizeikräfte dar,
das Dienstpferd ist auch ein nicht zu übersehender Sympathieträger.
Es ist ein Aushängeschild der niedersächsischen Polizei.
An dieser Stelle gilt mein Dank, mein Respekt und meine Anerkennung
allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der berittenen Polizei Hannover, die mit ihrer engagierten und hochwertigen Arbeit dieses Jubiläum
erst möglich gemacht haben.
Ich wünsche Ihnen fröhliche und unvergessliche Jubiläumsfeierlichkeiten und für die Zukunft weiterhin alles Gute und viel Erfolg!
Boris Pistorius
Niedersächsischer Minister für Inneres und Sport
JAHRE
JAHRE
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BERITTENE POLIZEI HANNOVER
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Grußwort
Grußwort
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde und Gäste der Polizei Hannover,
es ist mir eine Ehre und Freude zugleich, Sie aus Anlass des 200-jährigen
Bestehens der berittenen Polizei Hannover auf dem geschichtsträchtigen Gelände der Reiterstaffel willkommen zu heißen.
Überlieferungen zufolge waren die damaligen „Landdragoner“ im Jahr
1815 zunächst auf sieben „Landdrosteien“ aufgeteilt, bevor die „berittene Bereitschaft“ im Juli 1920 ihre erste gemeinsame Unterkunft an der
Ecke Welfenplatz / Schützenstraße erhielt.
Nachdem die dort befindliche Kaserne den Angriffen des Zweiten
Weltkrieges zum Opfer fiel, entwickelte sich das heutige Gelände der
Reiter- und Diensthundführerstaffel (RuH) von einer Polizeiausbildungsstätte zu einer Dienststelle sowohl für die RuH als auch für weitere Polizeieinheiten.
Das aus dem Englischen stammende Zitat „Die Erde wäre ein Nichts
ohne den Menschen, aber der Mensch wäre ein Nichts ohne das Pferd“,
an welches ich mich insbesondere bei dem Anblick unserer Polizeipferde im Einsatz immer wieder respekt- und ehrfurchtsvoll erinnere,
soll den Stellenwert des Menschen keinesfalls mindern. Es beschreibt
jedoch sowohl die Wichtigkeit des Rosses als Einsatzmittel als auch
die geheimnisvolle Aura, die diese so würdevollen Tiere umgibt, sehr
treffend.
Und diese Erkenntnis ist nicht nur eng mit der 200-jährigen Ära der Reiterstaffel Hannover verbunden. Bereits seit Mitte des 15. Jahrhunderts
setzte man in Hannover auf die Wirkung eines „Reitenden Dieners“.
Ich wage bereits an dieser Stelle die Behauptung, dass wir für Sie ein
interessantes, unterhaltsames und informatives Programm zum Staunen, Genießen, aber auch Wohlfühlen vorbereitet haben, bei dem auch
unsere kleinen Gäste nicht zu kurz kommen werden.
Lassen Sie sich überraschen!
Gemeinsam haben wir uns dazu entschlossen, die am heutigen Tag
erzielten Erlöse dem Verein „Glücksmomente“, einem Verein zur
Förderung pferdegestützter Therapie und Pädagogik aus der Region
Hannover, der erst im Jahre 2012 gegründet wurde und sich vollständig
aus Spenden und Fördergeldern finanziert, zukommen zu lassen.
Meiner Meinung nach eine wunderbare sowie schlüssige Idee, für die
ich mich an dieser Stelle herzlich bedanke.
Ihnen allen wünsche ich eine schöne Zeit bei und mit Ihrer Polizei
Hannover und, am heutigen Tag, insbesondere mit den Kolleginnen
und Kollegen unserer Reiterstaffel.
Viel Vergnügen!
Volker Kluwe
Polizeipräsident
Der Reiterstaffel der Polizeidirektion Hannover gehören derzeit 35 Kolleginnen und Kollegen mit 32 Dienstpferden an. Ein Arbeitsplatz, der
sowohl die Pflege der Tiere als auch deren Verwendung im alltäglichen
Streifendienst bis hin zu Großeinsätzen beinhaltet. Für viele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist diese Tätigkeit eher Berufung als Beruf.
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Grußwort
Grußwort
Liebe Leserinnen und Leser,
bei Gründung der berittenen Polizei Hannover vor rund 200 Jahren war
die Fortbewegung auf dem Pferd im gerade neugeründeten Königreich
Hannover noch die schnellste Möglichkeit, von Ort zu Ort zu kommen. Heute haben die Transportmittel der Polizei deutlich mehr als ein
PS. Dass die Pferdestaffel dennoch weiter existiert, hat seinen guten
Grund: Wo die berittene Polizei auftaucht, wirkt sie deeskalierend. Zum
einen flößen die stolzen Tiere Respekt ein, zum anderen sind sie Sympathieträger. Wer indes glaubt, der Dienst mit Pferd müsse eher ein
Hobby sein, irrt: Bei Demonstrationen, Großveranstaltungen, aber auch
im normalen Streifendienst gehört die Reiterstaffel zum Bild. Viel Disziplin und eine gute Ausbildung sind notwendig, um als Reiterin oder
Reiter an solchen Einsätzen teilzunehmen.
Dass Hannover über die größte Reiterstaffel im Bundesgebiet verfügt,
ist eine Besonderheit. Die berittenen Polizistinnen und Polizisten sind
auf Anfrage auch andernorts im Einsatz – und damit indirekt Botschafter der Region Hannover. Ich bin zuversichtlich, dass die Reiterstaffel
Hannover auch in den nächsten 200 Jahren nicht um ihren Bestand
bangen muss. Allen, die mit ihren Tieren im Einsatz sind oder die
Pferde pflegen, möchte ich an dieser Stelle für ihre Arbeit danken. Ich
wünsche Ihnen eine gelungene Feier zum 200-jährigen Bestehen der
berittenen Polizei Hannover!
Berittene Polizeikräfte sind für Hannoveranerinnen und Hannoveraner
ein gewohntes Bild. Nicht nur zu Großeinsätzen, sondern auch im Streifendienst. Die Reiterstaffel der Polizei Hannover gehört zum Alltag und
zum Stadtbild – und das nun schon seit 200 Jahren. Nachdem Hannover
1814 zum Königreich wurde, gründete man zum 1. Mai 1815 ein Corps
bewaffneter Polizeidiener nach französischem Vorbild. Die Geschichte
der Staffel in den folgenden zwei Jahrhunderten ist wechselhaft und
war stets von den politischen Verhältnissen geprägt. Dem Königreich
folgte die preußische Provinz, später dann nach den Weltkriegen und
der dunklen Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft das
Land Niedersachsen mit Hannover als Hauptstadt. So wechselte auch
die Zuordnung der berittenen Polizei, die zeitweilig auch zum Militär
gehörte.
Sie gehörte jedoch immer zu Hannover und hat auch ein Stück Stadtgeschichte mit geprägt. Ich gratuliere der Polizeidirektion Hannover zum
200-jährigen Bestehen dieser besonderen Einheit und nutze gern auch
die Gelegenheit allen Polizistinnen und Polizisten, hier natürlich besonders denen der Reiterstaffel, für ihren verantwortungsvollen Dienst zu
danken. Weithin sichtbar und auch in unzugänglichem Gelände einsetzbar vermitteln berittene Polizeikräfte ein besonderes Gefühl von
Sicherheit. Polizeistreifen sind so auch in Hannovers beliebtem Stadtwald, der Eilenriede, möglich.
Das Jubiläum bietet einen guten Anlass, die Verdienste und Vorteile
der Reiterstaffel einmal mehr in den Vordergrund zu stellen. Pferde
und Reiter werden auch außerhalb Hannovers eingesetzt, nicht nur bei
größeren Veranstaltungen oder Demonstrationen, sondern auch im
Streifendienst, z.B. im Sommer auf den Nordseeinseln. Sie sind damit
auch Botschafter der Stadt. Vielen Dank dafür! Über 30 Pferde stehen
derzeit im Polizeidienst und es sind überwiegend Hannoveraner. Auch
die Pferderasse passt also. Eine urhannoversche Institution wird 200:
Hauke Jagau
Regionspräsident
Herzlichen Glückwunsch und weiterhin alles Gute!
Stefan Schostok
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover
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Chronologie 1815 - 2015
„Je weiter man
vorausschauen.“
Chronologie 1815 - 2015
zurückblicken
kann,
desto
weiter
wird
man
Damit wurde ein wesentlicher Schritt zur Modernisierung des Polizeiwesens im Königreich Hannover getan.
Winston Churchill
Getreu diesem Motto hat sich die Reiterstaffel Hannover mit ihrer eigenen Geschichte beschäftigt, in der festen Überzeugung, dass das Pferd
als Einsatzmittel auch in der Zukunft seinen Platz in der Polizei haben
wird.
Der folgende Rückblick dreht sich um die Entwicklung der berittenen
Polizei in der Landeshauptstadt Hannover.
DER ANFANG
1814
Geburtsstunde
des Königreiches
Hannover
Die Zeit der berittenen Polizei in Hannover reicht zurück bis in das
beginnende 19. Jahrhundert. Nach der Niederlage Napoleons I kam es
auf dem Wiener Kongress zur Neuordnung der Landkarte Europas. Dabei
entstand im Jahre 1814 das Königreich Hannover als Nachfolgestaat für
das von Napoleon aufgelöste Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg.
Parallel dazu wurde in Hannover eine Ständeversammlung einberufen. Dabei handelte
es sich um eine Zusammenkunft von Vertretern der Kirche und des Adels, aber auch einige Bürger der Städte und andere Nichtadlige
waren zugelassen.
Putzger – Historischer Weltatlas, 89. Auflage, 1965
Flagge von Hannover 1837 - 1866
21.01.1815
Parlamentsbeschluss zur Einrichtung berittener
Ordnungskräfte
In der 30. Sitzung dieser Ständeversammlung
fiel am 21. Januar 1815 folgender Beschluss: „Der gestern gemachte
Vorschlag, wegen einer der Französischen Gendarmerie ähnlichen Einrichtung, wird angenommen.“
Die neue Landpolizei nach französischem Vorbild wurde jedoch nicht
Gendarmerie, sondern Landdragoner genannt. Ab dem 25. April 1815
regelte eine Anordnung des Prinzregenten Georg in 121 Paragraphen
die Organisation und den Dienst der neuen Polizeieinheit.
Daran ausgerichtet nahm das Korps ab dem 1. Mai 1815 seinen Dienst
auf. Zu diesem Zeitpunkt zählte die Einheit unter anderem 9 Offiziere
und 238 Unteroffiziere - darunter 234 hoch zu Ross. Das Jahr 1815
gilt deshalb als die eigentliche Geburtsstunde der berittenen Polizei
Hannover.
25.04.1815
Einrichtung
des Korps
01.05.1815
Dienstaufnahme
des Korps
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Chronologie 1815 - 2015
Chronologie 1815 - 2015
DIE LANDDRAGONER
Die Bezeichnung Gendarm wurde vor dem Hintergrund der gerade beendeten Besatzungszeit und der Abneigung gegen alles „französische“ in
dieser Zeit absichtlich vermieden. Unter der Bezeichnung Landdragoner verstand man damals berittene Infanterieeinheiten, die ihre Pferde
nicht für Kampfzwecke einsetzten.
Landdragoner =
berittener Soldat,
der auf dem Lande
patroulliert
Die neuen polizeilichen Landdragoner hatten Nachrichten über Verbrechen und Vergehen zu sammeln und weiterzugeben, aber auch selber Täter zu verfolgen und festzunehmen. Neben der Verfolgung von
Straftaten kam ihnen die Aufgabe zu, Unruhen innerhalb der Bevölkerung, so genannte Zusammenrottungen, zu zerstreuen. In diesen Fällen sollten sie auch ihre Waffen einsetzen dürfen, aber ausschließlich
zur Abwehr von Gewalttätigkeiten oder aufgrund eines ausdrücklichen
Befehls der höheren Vorgesetzten.
Landdragoner am Steintor 1835
Die Landdragoner waren de facto Soldaten, wie ihre französischen Vorbilder, und die Zivilbehörden konnten ihnen nur für einzelne polizeiliche Tätigkeiten Anweisungen erteilen.
De facto
Soldaten, keine
Polizisten
Aufgrund dieser Nähe zum Militär wurden die Angehörigen des Korps
vorzugsweise aus den Reihen der Soldaten gewonnen. Die Voraussetzungen für den Dienst bei den Landdragonern waren aber trotz dieser
militärischen Prägung den Einstellungsvoraussetzungen der heutigen
Polizei nicht unähnlich. So heißt es im Reglement:
„Sie müssen zwischen 20 und 40 Jahr alt, von guter Gesundheit, einem
kräftigen Wuchse und nicht unter 5 Fuß 6 Zoll groß sein; sie müssen
fertig lesen und schreiben können, den unverletzten Ruf der Treue,
Ehrlichkeit, Nüchternheit und eines untadelhaften Lebens haben, auch
wegen eines Verbrechens nicht bestraft worden sein, ...“
Einstellungsvoraussetzungen
Interessanterweise musste der zukünftige Landdragoner eine vorgegebene Geldsumme zum Dienstantritt mitbringen, die dann in einen Fond
zum Unterhalt der Korps eingezahlt wurde. Wer diesen Betrag nicht
aufbringen konnte, dem wurde er vorfinanziert.
Die Landdragoner waren in den sieben Verwaltungsbezirken stationiert, die im Königreich Hannover Landdrosteien genannt wurden. Die
Größe eines solchen Bezirks entsprach der Größe mehrerer Landkreise
von heute und Herr über eine Drostei war der Drost (den ehemaligen
Regierungspräsidien ähnlich).
Landdrosteien
= nordd. für
Verwaltungsbezirk
Die wohl erfolgreiche Arbeit der Landdragoner bei der Kriminalitätsbekämpfung spiegelt sich in einem Handbuch der Geographie und Statistik von 1819 wider. Darin heißt es:
„Die königlichen Landdragoner, die den Dienst der Gens’darmen
verrichten und die öffentliche Sicherheit beschützen,... Sie haben
seit ihrer Einrichtung vom 1. Aug. 1815 bis Ende März 1817, 4414
Straßenräuber, Mörder, Diebe, Deserteurs, Vagabunden und andere
verdächtige Personen arretiert.“
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Chronologie 1815 - 2015
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Die Geschichte der Landdragoner setzte sich fort und 1822, sieben Jahre nach ihrer Gründung, wurde beschlossen, das Korps auf 320 Mann
aufzustocken. Dafür wurde das Reglement von 1815 überarbeitet.
1822
Aufstockung des
Korps auf 320
Mann
In diesem Schriftstück (siehe Grafik) wurde die Organisation des
gesamten Korps – von der Aufgabenverteilung über die Besoldung, bis
hin zur vorgeschriebenen Futtermenge für die Dienstpferde, detailliert
aufgelistet.
AUS LANDDRAGONERN WERDEN LANDGENDARME
Ein Jahr später, 1838, wurde noch die Bezeichnung der berittenen Polizeieinheiten von Landdragoner in Landgendarmerie geändert. Über den
Grund lässt sich nur spekulieren. Möglicherweise lag es in des Königs
Bewunderung für den großen Nachbarn Preußen. Dort hießen die Landpolizeieinheiten schon seit ihrer Gründung Gendarmerie.
Mit dieser Veränderung ging wiederum eine Aufstockung des Korps
einher, das 1842 eine Stärke von 399 Mann und 178 Pferde hatte. Allein
in der Stadt Hannover waren jetzt 17 Mann und 16 Pferde stationiert.
1838
Aus Landdragonern werden
Landgendarme
1842
Aufstockung des
Korps auf 399
Mann
Gesetze und Verordnungen für das Königreich Hannover aus dem Zeitraume 1813 bis 1839; 7. Band, 6.
Abteilung , Polizei=Sachen, Christian Hermann Ebhardt, Oberlandesgerichtsanwalt, Hannover 1840
1837
Ende der
Personalunion mit
Großbritannien
Als Wilhelm IV, der König von Großbritannien und Irland, 1837 starb
und seine Nichte Victoria in England den Thron bestieg, nahm damit
die Entwicklung des Königreiches Hannover eine neue Wendung. Die
Erbfolgegesetze von Hannover ließen keine Frau als Regentin zu, so
dass ihr Onkel, der Herzog von Cumberland, als Ernst August I neuer
König von Hannover wurde. Damit endete eine 123-jährige Personalunion in der Regentschaft zwischen Großbritannien und Hannover.
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Chronologie 1815 - 2015
Chronologie 1815 - 2015
HANNOVER WIRD TEIL VON PREUSSEN
Juni 1866
Kapitulation der
hannoverschen
Armee
Neuorganisation
der Gendarmerie
Im so genannten „Deutschen Krieg“ zwischen Preußen und dem Deutschen Bund unter Führung Österreichs stand Hannover auf der Seite
des Verlierers Österreich. Die hannoversche Armee kapitulierte im Juni
1866.
Ausschnitt aus Knötel, Uniformkunde Band XII, No. 54
Uniformen Landgendarme Hannover, 1866
Preußen entthronte daraufhin das hannoversche Königshaus und
annektierte das Land Hannover und machte es zu einer seiner Provinzen. Ein Gesetz, dass 1866 die Vereinigung des ehemaligen Königreichs
Hannover mit der Preußischen Monarchie regelte, passte auch die Gendarmerie an die neuen Verhältnisse an.
Aus dem nun in der Provinz Hannover geltenden Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 wurde das Verständnis von Polizei übernommen. Die Definition kommt den heutigen Vorstellungen von den
Aufgaben einer Polizei schon sehr nahe. Wörtlich heißt es dort:
Prägung des
Begriffes
„Polizei“
„Die nötigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit
und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publico, oder einzelnen
Mitgliedern derselben bevorstehenden Gefahr zutreffen, ist das Amt der
Policey“. (Mit Publico ist die Öffentlichkeit gemeint)
Polizeibehörden
in der Stadt
In der neuen preußischen Provinz, in Städten mit mehr als 10 000
Einwohnern, wurden nach dem Vorbild Berlins Polizeieinheiten als
königliche Schutzmannschaften eingerichtet. Allerdings waren die
großen Polizeipräsidien und Polizeidirektionen nicht wie in Berlin
direkt dem Innenministerium unterstellt, sondern dem jeweiligen
Regierungspräsidenten.
Eine organisatorische Regelung, die grundsätzlich bis zur Auflösung
der Bezirksregierungen im Jahr 2004 in Niedersachsen Bestand hatte. Seither gibt es in unserem Land sechs große Polizeidirektionen, die
dem Landespolizeipräsidium im niedersächsischen Innenministerium
nachgeordnet sind.
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Der „Schutzmann“
Chronologie 1815 - 2015
Die Wahrnehmung von Sicherheits- und Ordnungsaufgaben im Stadtgebiet Hannover durch berittene Schutzmänner der Schutzmannschaft
– daher rührt die klassische Bezeichnung für einen Polizisten – wurde
bereits um das Jahr 1900 fotografisch festgehalten. Einige dieser Bilder
sind uns erhalten geblieben.
Ausschnitt aus einer historischen Postkarte von 1903 − Café Kröpcke
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Grußwort
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LANDGENDARME ALS MILITÄRPOLIZEI
DER ERSTE WELTKRIEG UND DIE FOLGEN
Die Nähe der Gendarmerie im Kaiserreich zum Militär wurde auch
dadurch deutlich, dass die berittenen Landgendarmen regelmäßig an
Manövern des Heeres teilnahmen. Im Kriegsfall wurden sie sogar als
Feldgendarme eingesetzt.
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges mussten die nicht zum Heeresdienst
einberufenen berittenen Gendarmen zum überwiegenden Teil ihre Pferde abgeben. Die Armee hatte einen erheblichen Bedarf an Reittieren.
Die Gendarmen stiegen zum Ersatz auf moderne Dienstfahrräder um.
Die Feldgendarmerie hatte als Militärpolizei die Ordnung in der Armee
zu bewahren. Sie fand aber in militärisch besetzten Gebieten auch als
Besatzungspolizei Verwendung.
Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 verlor die Gendarmerie ihre
militärisch-polizeiliche Doppelstellung – sie war jetzt nur noch Polizei.
Daran anknüpfend wurden nach der Ausrufung der Republik die
Polizeien in den Ländern des Deutschen Reiches reformiert und neu
organisiert.
1918
Entmilitarisierung
der Landgendarmerie
Dem Zeitgeist folgend setzte eine zunehmende Motorisierung der Polizei ein. Auf den Einsatz von Dienstpferden hatte das allerdings vorerst
noch keine Auswirkungen. Im Gegenteil - die aus dem Kriegseinsatz
zurückkehrenden Kavallerie-Einheiten wurden zum Teil geschlossen in
eine neu gegründete Sicherheitspolizei übernommen. Die Sicherheitspolizei war eine kasernierte Polizeitruppe und damit Vorläuferin der
heutigen Bereitschaftspolizei.
Doch die alliierten Siegermächte verlangten von Deutschland die Auflösung der Sicherheitspolizei, da diese kasernierten Polizeieinheiten
ihnen zu militärähnlich erschienen.
Am 1. Juli 1920 wurde als Ersatz für die Reitereinheiten der Sicherheitspolizei für den Bereich Hannover eine berittene Bereitschaft der
Schutzpolizei aufgestellt. Verbunden damit war auch eine Änderung
der Bezeichnung. Berittene Polizisten hießen von nun an Landjäger.
Dazu kam ein ständiger Reitlehrgang.
Darstellung eines Feldgendarmen auf einer historischen Postkarte
Juli 1920
Umbenennung der
Landgendarmerie
in Landjägerei
Hannover blieb damit einer von 41 Standorten der berittenen preußischen Polizei. Die Aufstallung erfolgte in der Kaserne Nr. IV der militärischen Liegenschaft am Welfenplatz. Sie befand sich an der Ecke
Welfenplatz/Schützenstraße. Die Gebäude wurden jedoch im Zweiten
Weltkrieg durch Fliegerbomben zerstört.
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DIE WEIMARER REPUBLIK
Das Buch „Die berittene Polizei“ von Polizei-Major Kronberger von 1927
erlaubt einen Blick auf die damalige Ausbildung:
Mit dem neuen Motto „Die Polizei – Dein Freund und Helfer“ wollte die
Polizei der Weimarer Republik deutlich machen, dass sie sich von der
kaiserlichen Obrigkeitspolizei unterschied. Die Polizei des Kaiserreichs
war in der Öffentlichkeit aufgrund ihres rauen und herablassenden
Umgangstones nicht wirklich beliebt gewesen. Deshalb wollten die Polizeireformer der Weimarer Republik mit ihrem neuen Slogan eine frühe
Art der Imagepflege betreiben.
„Dein Freund
und Helfer“
Angehörige der Reit- und Fahrschule Hannover 1929/1930
Streife in der Eilenriede − Neujahrstag 1921
„Der Polizeianwärter beginnt bei einer Polizeischule und wird
dort ein Jahr lang ausgebildet. ...Dann erfolgt die Ernennung zum
Polizeiwachtmeister; darauf eine einjährige reiterliche Ausbildung bei
einem Provinzialreitlehrgang. Nach Abschluss des Kursus, Versetzung
zu einem berittenen Polizeikörper. Nach 4-jähriger Dienstzeit rückt
der Beamte automatisch auf. Nach 7-jähriger Dienstzeit und nach
erfolgreichem Besuch eines Polizei-Oberwachtmeisterlehrganges auf
einer Polizeischule erfolgt die Beförderung zum Polizei-Oberwachtmeister.
Bei guter reiterlicher Veranlagung ist Versetzung zum Stammpersonal
eines Reitlehrganges sehr zu empfehlen.“
Leider blieb die Zeit der Zwanziger- und beginnenden Dreißigerjahre in
Deutschland über weite Phasen ein Herd der politischen und öffentlichen Unruhe. Das hatte auch entsprechende Polizeieinsätze zur Folge
mit vielen Toten und Verletzten vor allem in der Anfangs- und Endphase der Republik. Die bürgerkriegsähnlichen Zustände wirkten sich
auch auf die Ausbildung der berittenen Polizeieinheiten aus. Militärähnliche Übungseinheiten, wie Aufklärungs- und Erkundungsdienste,
Sicherung und der so genannte „Einsatz im Kampfe“ gehörten zum
Pflichtprogramm.
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DIE ZEIT DES NATIONALSOZIALISMUS
Mit der Übergabe der Regierungsgewalt an die Nationalsozialisten
im Januar 1933 endete die erste Demokratie in Deutschland. Wie die
gesamte Polizei, so war auch die berittene Polizei schon kurz danach
gravierenden Veränderungen unterworfen. Es zog nicht nur ein zunehmend militärischer Geist in die Polizei ein, für einige Bereiche ging die
Remilitarisierung so weit, dass sie direkt in die neue Wehrmacht eingegliedert wurden. Einher ging dies auch mit einer erneuten Umbenennung der berittenen Polizei zurück in Gendarmerie.
1933
Übernahme der
kasernierten
Landespolizeien
durch den Reichswehrminister
Verlust der Polizeigewalt der Länder
Umbenennung
der Landjägerei
erneut in
Gendarmerie
Begleitung eines Aufzuges der Motor-SA durch berittene Polizeibeamte 1933
Nachdem 1935 der Reichstag die Wiedereinführung der allgemeinen
Wehrpflicht beschlossen hatte, erließ am 16. März 1935 der Reichswehrminister den Befehl zur Überführung der Landespolizeien in die
Wehrmacht. Damit wurden auch die meisten der berittenen Polizisten
Militärangehörige. Die verbliebenen berittenen Polizeieinheiten sollten
möglichst kleine Verbände bleiben.
Aufstellung der berittenen Bereitschaft Hannover, dazu Sonderwagen, Diensthundführer und Fußkräfte im Hof der Kaserne am
Welfenplatz/Schützenstraße 1929
Die politische Lage machte sie aufgrund radikaler Gesetze und Verordnungen weitgehend überflüssig, da die traditionellen Einsätze wie bei
Demonstrationen und Aufzügen praktisch nicht mehr stattfanden.
16.03.1935
Überführung der
Landespolizeien in
die Wehrmacht
Verkleinerung
bzw. Auflösung
verschiedener
Reiterstaffeln
Dazu kam noch, dass sich Gauleiter, hohe Beamte der Polizei und
Reserveoffiziere Polizeipferde für Reitstunden ausleihen durften, um
ihre Reitfähigkeiten zu erhalten. Zu diesem Zeitpunkt waren in Hannover 90 Polizeipferde aufgestallt.
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1939
Vereinnahmung
von Pferden und
Reitern durch die
Wehrmacht
Einsatz in den besetzten Gebieten
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DER ZWEITE WELTKRIEG
DIE NACHKRIEGSZEIT – EIN NEUBEGINN
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden auch diese Polizeipferde
zum guten Teil an die neu aufgestellten Polizeiregimenter abgegeben
oder gleich mit Reiter übernommen. Die berittene Polizei wurde in den
besetzten Gebieten, vor allem in Polen, stationiert.
In Hannover endete die Zeit des Nationalsozialismus mit dem Einmarsch alliierter Truppen am 10. April 1945. Hannover gehörte zur
britischen Besatzungszone und so wurde die Polizei nach englischem
Vorbild im September 1945 neu organisiert. Die verbliebenen Pferde
der Polizei wurden von der Besatzungsmacht eingezogen.
1945
Beschlagnahme
aller Polizeipferde
Ihre Hauptaufgabe war die Bestreifung der eroberten Gebiete und die
Verfolgung von Widerstandshandlungen gegen die deutsche Besatzung.
Ob und in wieweit auch Polizeireiter aus Hannover an Verbrechen der
Polizei im Kriegseinsatz beteiligt waren, ist bisher nicht erforscht.
Der Public Safety Officer besichtigt einen Polizeilehrgang in Hannover am Welfenplatz; im Hintergrund die
stark beschädigte Reithalle
Vormarsch einer SS Polizei-Reiter-Division 1940
Die Polizeischule für die Region Hannover befand sich bis 1946 in der
heutigen Liegenschaft der Polizeireiterstaffel in der Kaserne am Welfenplatz. Ebenfalls 1946 begann die Nachkriegsgeschichte der berittenen Polizei Hannover.
Der britische Militärgouverneur ordnete 1946 die Ausbildung berittener Polizeieinheiten für den Einsatz in ländlichen Gebieten und damit
die Wiederaufstellung einer Reiterstaffel in Hannover an. Der erste
Reitlehrgang fand in der Reit- und Fahrschule in Oldenburg statt.
1946
Neuaufbau der
berittenen Polizei
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Mai 1946
Dienstaufnahme
mit zehn Pferden
Chronologie 1815 - 2015
Der Neuaufbau in Hannover begann mit zehn Pferden aus Oldenburg.
Parallel dazu übernahm der so genannte Meister der Polizei im Juli
1946 zusätzlich vier beschlagnahmte Pferde von den Briten und konnte bereits zwei Monate später hohe britische Offiziere mit dem Zustand
der neuen Reiterstaffel beeindrucken.
Bis zum Jahresende 1946 erhielt die Reiterstaffel insgesamt 35 Pferde,
musste jedoch innerhalb von wenigen Jahren etliche wieder ausmustern, da sie nicht gesund genug und für den Polizeidienst ungeeignet
waren.
Ebenfalls 1947 setzte die britische Militärregierung berittene Polizisten
aus Hannover zur Bewachung der Grenze zwischen der britischen und
sowjetischen Besatzungszone ein. Dieser Auftrag zur Grenzaufsicht
blieb bis 1956 bestehen.
Die Anzahl der Polizeidienstpferde hatte sich bis 1950 auf 20 Pferde
erhöht. Die berittenen Polizisten versahen vor allem in den ländlichen
Randgebieten Hannovers Streifendienst und nahmen dort zudem waldund forstpolizeiliche Aufgaben wahr.
1947
Bewachung der
Zonengrenzen
1950
Ständiger Bestand
von 20 Pferden
1947
Erster
Messeeinsatz
Anmarsch in den Grenzbezirk − Harz 1948
Messeeröffnung April 1947
Einer der ersten Einsätze der Reiterstaffel Hannover war die Eröffnung
der Exportmesse der Deutschen Messe AG 1947. Einsätze dieser Art,
mit den Aufgaben der Repräsentation, Prävention und Verkehrslenkung, zählen bis zum heutigen Tag zu den Aufgaben der Reiterstaffel.
In Außenbezirken Hannovers wurden für das Sommerhalbjahr zusätzliche Außenposten eingerichtet. Darüber hinaus verrichteten berittene
Polizeibeamte, verstreut an unterschiedlichen Orten, als Einzelposten
ihren Dienst. Damit folgte das neu gegründete Land Niedersachsen der
Tradition der preußischen Landgendarmerie.
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BERITTENE POLIZEI HANNOVER
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1953
Zentrale Ausbildungsstätte für
Polizeireiter in
Hannover
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Im Jahr 1953 wurde dann die
zentrale Ausbildungsstätte für
reitende Polizeibeamte in Niedersachsen in Hannover mit
drei Ausbildungsgruppen eingerichtet. Hier erfolgte die Ausbildung sämtlicher Dienstpferde
und Polizeireiter für den Polizeidienst in den Regierungsbezirken Hannover, Braunschweig
und Lüneburg.
DIE STUDENTENPROTESTE UND DER DEUTSCHE HERBST
Die Straßenproteste der 68er-Bewegung, die nicht immer friedlich verliefen, machten auch vor Hannover nicht Halt. In diesem Zusammenhang wurden die Dienstpferde immer wieder eingesetzt. Ein besonderer
Einsatz dieser Zeit war die in Hannover bekannte „Roter-Punkt-Aktion“.
1972
„Roter-PunktAktion“
Ausbildung der Reitschüler 1953
Grundlage für die Ausbildung war eine neue geschaffene Dienstvorschrift der Polizei. Diese wurde geformt aus der seit 1912 existieren
Heeresdienstvorschrift 12, woraus der Teil der militärischen Ausbildung nicht übernommen wurde, und darüber hinaus aus Elementen
der Dressuraufgaben der Deutschen Reiterlichen Vereinigung.
Der Großteil der damaligen Dienstzeit war der
Ausbildung der Dienstpferde vorbehalten. Die
übrige Zeit bestreiften
die Polizeireiter Erholungsgebiete,
Parks
und Wälder. Gelegentliche Großeinsätze, wie
anlässlich des Besuchs
der englischen Königin Elizabeth II in den
Herrenhäuser Gärten,
sowie die Begleitung
kleinerer Demonstrationsumzüge bildeten
eher die Ausnahme.
Sicherung der Stadtbahn durch die berittene Polizei in der Georgstraße
Begleitung eines Festumzuges 1954
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Ende 1970er
Anti-AtomenergieProteste
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Eine Fahrpreiserhöhung der Üstra (Überlandstraßenbahn Hannover)
hatte mehrtägige Demonstrationen und Blockaden des Straßenverkehrs
zur Folge. Teilweise konnte die Stadtbahn in diesen Tage nur fahren,
wenn die berittene Polizei vorweg ritt und die Gleise von Demonstranten räumte.
1982 endete für die Reiterstaffel die Ära der berittenen polizeilichen
Einzelposten. Seither wird die Tradition der Landdragoner bzw. Landgendarme nur noch in den Sommermonaten mit den Abordnungen der
Reiterstaffel Hannover in die Lüneburger Heide, an die Nordsee nach
Cuxhaven und ins Biosphärenreservat Elbtalaue aufrecht erhalten.
Die Einsätze im Demonstrationsgeschehen gipfelten zum Ende der
70er Jahre im Großeinsatz gegen das im Bau befindliche Kernkraftwerk
Grohnde. Bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen gab es Verletzte
auf beiden Seiten und auch verletzte Dienstpferde.
Seit 1985 sind berittene Polizeieinheiten wieder fest in das polizeiliche Konzept zur Bewältigung von Einsatzlagen bei Fußballspielen
eingebunden.
Im gleichen Jahr fiel auch bei der Reiterstaffel eine letzte Männerbastion
– die ersten Polizistinnen nahmen hier ihren Dienst auf.
1982
Ende der
berittenen
Einzelposten
1985
Polizeireiter
wieder als feste
Komponente bei
Fußballeinsätzen
Einsatz der Reiterstaffel im Bereich Gorleben 1980. Im Vordergrund kommandiert der Leiter der Reiterstaffel
ohne Pferd, wie damals üblich
Bestreifung des
Flughafens
Darüber hinaus kamen mit der Bedrohung durch die Terroristen der
„Rote Armee Fraktion“ Ende der 70er Jahre auch auf die Reiterstaffel
neue Aufgaben zu. Sie wurde verstärkt zur Bestreifung im Bereich des
Flughafens Hannover-Langenhagen herangezogen, wobei die Beamten
Maschinenpistolen in extra dafür angefertigten Holstern an den Pferden mitführten.
Die ersten Polizistinnen nehmen ihren Dienst bei der Reiterstaffel Hannover auf
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Im Laufe der Jahre änderten sich zwar die politischen und gesellschaftlichen Themen, mit denen sich die Polizei auseinandersetzen musste,
die Aufgaben der Reiterstaffel blieben jedoch ähnlich. Die Hauptaufgaben lagen und liegen größtenteils in der Begleitung von Demonstrationen und diversen großen Veranstaltungen unter freiem Himmel.
Mit der erfolgreichen Arbeit in diesem Bereich konnte die Reiterstaffel
wiederkehrenden Diskussionen zur Zeit- und Zweckmäßigkeit des Einsatzmittels Dienstpferd erfolgreich begegnen.
Berittene Streife auf dem Opernplatz
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IN EIN NEUES JAHRTAUSEND
1996
Erweiterung der
Einsatzmöglichkeiten für die
Polizeireiter
2000
EXPO 2000 in
Hannover
2006
FIFA WM 2006
Um aber mit den Anforderungen der Zeit Schritt zu halten, wurde das
Aufgabenfeld der Polizeireiter ab den 90er Jahren evaluiert. Mit dem
Ergebnis, dass die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten erweitert und
die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung intensiviert und noch effizienter gestaltet wurde. Damit einher ging auch das Erschließen neuer
Aufgabenbereiche, wie zum Beispiel der Einsatz von Polizeireitern bei
Open-Air-Festivals.
Während dieser Zeit fand auch eine Vertiefung der Beziehungen zu
den Staffeln im Bundesgebiet und zu den berittenen Polizeieinheiten in
Europa statt. Die gute Zusammenarbeit wurde schon im Jahr 2000 während der EXPO in Hannover sichtbar - hoch zu Ross ritten Kollegen aus
vielen Ländern gemeinsam mit den Reitern aus Hannover auf Streife.
Reiterstaffel Hannover im Einsatz bei der FIFA WM 2006
2007
G8-Gipfel
G8-Gipfel in Heiligendamm 2007
2011
Letzter CastorTransport nach
Gorleben
Die Beamten der Reiterstaffel Hannover im EXPO-Einsatz mit Kollegen aus Schweden und Kanada
Castor-Transport 2011
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2010
Ausbildung
Reiterstaffel
Hamburg durch
die Reiterstaffel
Hannover
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Der gute Einsatzwert der Reiterstaffeln in Niedersachsen förderte eine
erfreuliche Tendenz, nämlich den Wiederaufbau von berittenen Polizeieinheiten in anderen Bundesländern. Nach 34-jähriger Unterbrechung
beschloss die Polizeiführung in Hamburg die Neugründung einer
Reiterstaffel.
Die Hannoveraner unterstützten die Hamburger Kollegen und bildeten
acht Pferde sowie zehn Beamte aus. Bis heute verbindet beide Staffeln
ein enges freundschaftliches Verhältnis.
EINSATZBEREICHE DER BERITTENEN POLIZEI
Die Reiterstaffel Hannover versteht sich mittlerweile zunehmend als
Service-Dienststelle für die gesamte Polizei. Ihre zwei- und vierbeinigen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können von allen Polizeibehörden
innerhalb und außerhalb von Niedersachsen für Einsätze angefordert
werden.
Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig:
XXBegleitung und Absicherung von Großveranstaltungen wie
Fußballspiele, Open-Air-Konzerte, Umzüge, Versammlungen und
Demonstrationen
XXTäglicher Dienst in der Region Hannover im Einsatz- und
Streifendienst mit dem üblichen Arbeitsaufkommen einer
Polizeibeamtin und eines Polizeibeamten. Dies schließt natürlich
auch die Reiterstreife im Bereich sozialer Brennpunkte ein
XXUnterstützung der Dienststellen in ganz Niedersachsen bei
polizeilichen Maßnahmen wie Fahndungen, Absperr- und
Suchmaßnahmen im Gelände oder Evakuierung größerer
Menschenmengen
XXReiterstreifen in Naturschutzgebieten, in Parks, Grünanlagen, im
Stadtwald, in Erholungsgebieten und im Bereich von Kleingärten
zur Gefahrenabwehr und zur Kriminalitätsbekämpfung
XXÜberwachung von Parkräumen und Bekämpfung der Kriminalität
im Bereich PKW-Aufbruch und PKW–Diebstahl, insbesondere bei
Messen, Großveranstaltungen sowie am Flughafen Hannover
XXUnterstützung von Dienststellen anderer Bundesländer bei
Gemeinsame Übung der Reiterstaffeln Braunschweig, Hamburg und Hannover
Großeinsätzen
XXVerstärkung während der Urlaubssaison in der Lüneburger
Heide, der Küste von Niedersachsen in Cuxhaven und im
Biosphärenreservat Elbtalaue
Im Sinne des Zitats von Winston Churchill haben wir in dieser kleinen
Abhandlung auf viele Jahrzehnte zurück geblickt und wir freuen uns
darauf, noch viele interessante und erfolgreiche Jahrzehnte vor uns zu
haben. Es grüßt Sie „hoch zu Ross“ – ihre Reiterstaffel Hannover.
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Impressum
Herausgeber
Bildnachweise
Polizeidirektion Hannover
Waterloostraße 9
30169 Hannover
www.polizei-hannover.de
Putzger – Historischer Weltatlas, 89. Auflage, 1965: Seite 11
Redaktion
HAZ: Archivmaterial von 1985: Seite 33 und von 1989:
Seite 35
Polizeihauptkommissar Sancho Kellner,
Polizeihauptkommissar Norbert Rabe und
Dezernat 01/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Beratung und Unterstützung durch Dr. Dirk Götting,
Polizeiakademie Niedersachsen
Grafische Umsetzung und Layout
Hülya Koç, Dezernat 01/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Gesetze und Verordnungen für das Königreich Hannover
aus dem Zeitraume 1813 bis 1839; 7. Band, 6. Abteilung ,
Polizei=Sachen, Christian Hermann Ebhardt, Oberlandesgerichtsanwalt, Hannover 1840: Seite 14
Historisches Museum Hannover: Seiten 18, 25 und 31
Knötel, Uniformkunde Band XII, No. 54: Seite 17
Polizeimuseum Niedersachsen: Seite 23, 27, 28
Alle anderen Bilder PD Hannover