Die Sensorische Integration

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Die Sensorische Integration
Diagnose:
Wahrnehmungsstörung/
Sensorische Integrationsstörung
Eine Elterninformation
Was ist sensorische Integration?
Die Entwicklung der Wahrnehmung
Störung der sensorischen Integration
Der Weg zur Therapie
Therapie
Spielvorschläge für zu Hause
Buchtipps
Die sensorische Integration ist die Verarbeitung und Beantwortung von
Wahrnehmungsreizen aus der Umwelt.
Alle über die Sinnessysteme aufgenommenen Informationen werden „integriert“.
Das bedeutet sie werden im Nervensystem und Gehirn weitergeleitet, wo sie
verarbeitet, geordnet und abgespeichert werden.
Trifft der Mensch auf einen Umweltreiz (z.B. einen Gegenstand, einen
Menschen, eine Situation, ein Gefühl etc.), so müssen die abgespeicherten
Informationen wieder abgerufen werden. Er vergleicht das, was er wahrnimmt
mit dem, was er kennt. So kann er sich ggf. erinnern und entsprechend reagieren.
Beispiel:
Ein kleines Kind sieht im Garten eine Rose. Es greift nach ihr, riecht daran,
sticht sich und weint. Als das Kind weiter krabbelt und eine zweite Rose sieht,
kann es sich an seine Erfahrungen erinnern. Es mag den Duft, aber macht lieber
einen Bogen darum und interessiert sich für andere Dinge, die es noch nicht
kennt. Es kann sich also an die Umwelt anpassen und sich auf „wichtigeres“
konzentrieren.
Die Entwicklung der Sensorischen Integration beginnt bereits im Mutterleib.
Die Körpernahsinne (Berührungsempfinden, Gleichgewicht und
Tiefensensibilität) beginnen sich in der Schwangerschaft auszubilden. Das Kind
fühlt die feuchte Wärme des Fruchtwassers, schaukelt darin, spürt bei jeder
Bewegung die Grenzen seines Körpers.
Darauf aufbauend entwickeln sich die Körperfernsinne im frühen Kindesalter
besonders rasch. Es riecht, schmeckt, tastet und hört. Es beginnt die Umwelt
wahrzunehmen, zu erforschen (fortbewegen), mit ihr zu kommunizieren
(sprechen), sie sich zu Nutze zu machen (be-greifen).
Das ist von großer Bedeutung, da in dieser Zeit die Grundstrukturen für alle
weiteren Vernetzungen der Sinnessysteme gelegt werden. Dieser Prozess setzt
sich mit abnehmender Intensität lebenslang fort.
Die Vernetzungen der Sinneseindrücke die über Haut, Muskeln, Vestibularorgan,
Nase, Zunge, Hände, Ohren und Augen aufgenommen werden, entwickeln sich in
dem so wichtigen ersten Lebensjahr. Sie bilden die Grundlage für höhere
kognitive Denkleistungen.
Der Weg zur Therapie
Werden Auffälligkeiten beim Kind durch die Eltern oder Erzieher/Lehrer
beobachtet, so sollten die Eltern mit ihrem Kind zum Kinderarzt, Hausarzt oder
zum Kinder- und Jugendpsychiater gehen und diesem die Beobachtungen
schildern. Der Arzt untersucht das Kind und entscheidet, ob eine
Wahrnehmungsstörung oder aber ein andere Ursache vorliegt.
Bei einer Wahrnehmungsstörung, schreibt er ein Rezept über 5 oder 10x
Ergotherapie aus. Die Therapie wird bis zum 18. vollendeten Lebensjahr von der
Krankenkasse übernommen.
Die Eltern können bei ansässigen Ergotherapiepraxen einen Termin vereinbaren.
Die Therapeutin erstellt mit Absprache des Arztes einen ausführlichen Befund,
der meist durch Eltern-Fragebögen, (interdisziplinäre) Gespräche, freie und
strukturierte Beobachtungen und ggf. durch Motorik- oder
Wahrnehmungstests/Screenings entsteht. Danach werden die individuellen
Therapieziele und der vermutliche Verhandlungsverlauf besprochen sowie eine
ausführliche Eltern- und Umfeldberatung.
Dann folgen nach Absprache mit dem Arzt ggf. weitere Rezepte.
Die Therapie findet meist 1-2x wöchentlich in der Praxis statt und dauert ca.
45-60 Minuten. Die Bezugsperson (z.B. ein Elternteil),die meist ein Teil oder die
gesamte Therapiestunde dabei ist, bekommt von der Therapeutin Rollen
zugeteilt (wie z.B. der Beobachter, aktiver Mitspieler, Protokollierer).
Zusätzlich finden regelmäßige Gespräche mit den Eltern, Erzieher/Lehrer, Ärzte
und anderen Therapeuten in der Praxis und/oder in anderen Einrichtungen (wie
Schule, Kindergarten, soziale Tagesgruppe oder im häuslichem Umfeld) statt.
Die Dauer der gesamten Behandlung lässt sich nur schwer vorhersagen. Sie
hängt von der Diagnose und Mitarbeit des Kindes und den Bezugspersonen ab,
und wird auch von äußeren Rahmenbedingungen beeinflußt. Maximal können 60
Einheiten (sechs Rezepte) bei sensomotorischer Behandlung verordnet werden.
Danach ist man gesetzlich verpflichtet, eine dreimonatige Therapiepause
durchzuführen. Falls ein notwendiger Grund zur Weiterführung der Therapie aus
Sicht der Ergotherapeutin und des Arztes besteht, kann ein erneutes Rezept
zur Genehmigung bei der entsprechenden Krankenkasse vorgelegt werden.
Die SI-Therapie
Je jünger der Mensch ist, desto plastischer und formbarer ist sein
Nervensystem und sein Gehirn. Deshalb ist dieses Therapiekonzept in den ersten
Lebensjahren besonders effektiv. Wenn die Störungen erst später behandelt
werden, oder daraus resultierende Probleme erst im weiteren Verlauf deutlich
werden, kann die Therapie ebenfalls sehr effektiv sein, kann aber länger dauern.
Je länger die Störungen unbehandelt bleiben, desto eher werden sie
möglicherweise von Vermeidungen, Kompensationen und Verhaltensproblemen
überlagert. Das erschwert die Diagnostik und kann den therapeutischen Prozess
ebenfalls verlängern. Aber auch bei Jugendlichen und Erwachsenen können
erfolgreich sensorisch integrative Störungen behandelt werden.
Die Ziele der Ergotherapie sind das Erreichen einer größtmöglichen
Selbständigkeit, eine Verbesserung der Sensomotorik und des Verhaltens und
die emotionale Stabilisierung.
Die Inhalte der Therapie richten sich nach dem ergotherapeutischen Befund,
der sich aus Befragung, Beobachtung und Tests ergibt. Die Therapie nutzt die
Plastizität des Nervensystems und den inneren Antrieb des Kindes.
Entsprechend dem Befund werden dem Kind auf spielerischer Weise sensorische
Angebote gemacht, die die Entwicklung der Körpernahsinne fördern. So wird
nicht das Symptom, die Auffälligkeit behandelt, sondern die Ursache.
Wahrnehmungsgestörte Kinder bemerken ihre Mißerfolge und je nach
Persönlichkeit reagieren sie anders und gehen unterschiedlich damit um. Häufig
reagieren sie mit Wut und Aggression oder Traurigkeit und Resignation.
Daher ist der Spaß und die Experimentierfreude des Kindes von großer
Bedeutung, denn nur was Spaß macht, wird verarbeitet!
In der Therapie lernen die Kinder in geschützter Atmosphäre ihre Sinne zu
schärfen. Sie können Dinge ausprobieren, die sie sonst eher vermeiden und üben
schwierige Bewegungen und Geschicklichkeit. Sie können sich auf das
Wesentliche konzentrieren und lernen dabei viel über sich und ihren Körper.
Die Angebote werden in Art und Dosierung ständig kontrolliert und der Reaktion
des Kindes angepasst. Ein wichtiger Bereich des Konzeptes der SI ist die
Information der Bezugspersonen und der Erzieher/Lehrer zum Umgang mit
diesen Problemen. Zudem ist die Beratung und Erarbeitung konkreter
Hilfestellungen zur Gestaltung des Umfeldes wichtig, um die Entwicklung der
sensorischen Integration zu unterstützen.
Tipps für zu Hause
Allgemeines:
Qualität statt Quantität, es kommt nicht auf die Menge der Reize an, vermeiden
Sie Reizüberflutung und Überforderung! Nehmen Sie sich Zeit für das Spiel und
lassen Sie langsam Variationen einfließen. Das Kind bestimmt das Tempo, oft
benötigt es viele Wiederholungen. Bieten Sie Angebot und Atmosphäre, das Kind
muß seine Erfahrungen selber machen! Akzeptieren Sie ein „stop“ und „nein“ der
Kinder, gewähren Sie Pausen. Im Alltag helfen Rituale den Tag zu strukturieren
und den Überblick zu behalten. Gemeinsames Tun, eindeutige Anweisungen
seitens der Eltern, Beständigkeit und Konsequenz vermitteln Sicherheit und
Geborgenheit!
Spielmaterialien sollen vielseitig verwendbar sein und Phantasie und Bewegung
anregen. Häufig „verwandeln“ sich Alltagsgegenstände auf wundersame Weise...
Anregungen zur Förderung der Berührungs- und Tastempfindung:
schmusen, massieren mit Öl, Creme, versch. Bürsten, Massagegeräte, Feder,
Schwämme, streicheln, Noppenbälle, baden und mit Handtuch abrubbeln,
Fingerfarbe, Kleister, Rasierschaum, Sand, Knete, backen, Alltagsgegenstände
ertasten, Blinde Kuh, schreiben von Zahlen auf der Handinnenfläche, barfuß
laufen, Dinge im Wald entdecken, Körper(teile) schminken, Tattoos, Tastspiele,
Materialien mit unterschiedlichen Oberflächen und Temperaturen erfühlen...
Anregungen zur Förderung der Tiefensensibilität:
springen, hüpfen, laufen, fangen und werfen, klettern, toben und rangeln, mit
schweren Dingen belegen „Pizzaspiel“, erstarren und Stellung halten,
Tierbewegungen nachahmen, Bewegungsparcours, reiten, Judo, sägen, stempeln,
Geschicklichkeitsspiele, ziehen, schieben, drücken, transportieren, einwickeln in
Decken, zudecken mit schwerer Decke, Butze bauen, festhalten, schreien, auf
Knien sitzen, festen Körperkontakt, leise und laut singen, Flüsterspiele, Ballett...
Anregungen zur Förderung des Gleichgewichtssinns:
krabbeln, rollen, schräge Ebenen runterkullern, balancieren, schaukeln auf
verschiedenen Schaukeln, drehen, Rollbrett, Skateboard, Rollschuh,
Schlittschuh, Fahrrad, Roller, Pedalo fahren, auf Stelzen laufen, bewegt werden
„Flugzeug“, schwimmen, Boot fahren, Schlitten fahren, schlittern, rutschen,
tanzen, Karussell, Seilbahn fahren, über Bälle rollen, Purzelbäume, reiten, Mumie
spielen, Hinkekästchen, Wasserrutschen, im Bollerwagen fahren, Huckepack,
Kniereiten...
Buchtipps
Erfahrungsberichte:
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„Drück mich mal ganz fest“ R. Defersdorf, Herder spektrum-Verlag
„Aifos heißt Sofia“ Tikkan, Märta, Rowohlt Verlag
Fachbücher für Eltern (vertändlich zu lesen):
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„Was ist los mit meinem Kind?“ Pauli, Kisch, Ravensburger Buchverlag
„Sensorische Integration“ R. Schaefgen, Phänomen Verlag (beziehen
ebenfalls über Ergotherapiepraxen)
„Sinnvoll und alltäglich“ Meier/Richle, Verlag modernes lernen, Dortmund
(mit ausgewählter Spielesammlung)
„Spielerisch im Gleichgewicht“ M. Murphy-Witt, Christophorus Verlag
Fachbücher (ausführlich):
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„Babyjahre“ Largo, Remo H., Carlsen, Piper Verlag
„Kinderjahre“ Largo, Remo H., Carlsen, Piper Verlag
„Bausteine der kindlichen Entwicklung“ A. Jean Ayres, Springer-Verlag
„Sensorische Integrationstherapie“ A. Fischer, E.A. Murray, A.C. Bundy,
Springer Verlag
„Körperkontakt“ Montague, Ashley, Klett Cotta Verlag
Bücher zur Diagnose „ADS“:
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„Das ADS-Buch“ Aust.Claus/Hammer, Oberstbrink Verlag (Hilfen für
aufmerksamkeitsgestörte Kinder, Fachbuch)
„Krake Hip-Hop“ S. Albrecht, beziehen über die Autorin
[email protected] (Bilderbuch über ADS)
„Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom“ eine Form der sensorischen
Integration“ R. Schaefgen, Phänomen Verlag