3 Kosovo-albanische Wertewelt: Persönliche Ein

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3 Kosovo-albanische Wertewelt: Persönliche Ein
SIETAR Journal für interkulturelle Perspektiven
1/2008
mondial
3 Kosovo-albanische Wertewelt: Persönliche Eindrücke aus einem Land im Umbruch 6 Bucuresti
kommt von ›bucurie‹, und ›bucurie‹ heißt Freude
8 Netzwerke und Kostenfallen – unliebsame Überraschungen 13 Überschreitung als Regel: deutschpolnische Zusammenarbeit seit 1989 16 Fotostrecke Zypern 21 Milyen kár! Eine Fallgeschichte deutsch-ungarischer Unternehmenskommunikation 24 »Wann waren Sie eigentlich zum letzten Mal direkt?« 27 Trainieren im
Spannungsfeld. Eine Replik 28 Neue wissenschaftliche Publikationen 29 Die Bilder im Kopf: Eine Ausstellung im
Jüdischen Museum Berlin 32 Fünfzehn Fragen an Interkulturalisten 33 Interkulturelle Trainer durchleben Identitätskrise 36 SIETAR Weltkongress in Granada 37 Veranstaltungen
14. Jahrgang · 9, 50 Euro
Editorial
Inhalt
Südosteuropa
3
Kosovo-albanische Wertewelt:
Persönliche Eindrücke aus einem Land im Umbruch
6
Bucuresti kommt von ›bucurie‹, und ›bucurie‹ heißt Freude
8
Netzwerke und Kostenfallen – unliebsame Überraschungen
Heike Hildesheim und Martina Müller-Krüger
Rita Booker-Solymosi
Rita Booker-Solymosi im Gespräch mit Cristian Bizau
16
griech.: Kýpros, türk.: Kıbrıs
Ein Fotobericht von Ulrich Bauer
21
Milyen kár…
Eine Fallgeschichte deutsch-ungarischer
Unternehmenskommunikation
Sylvia Schroll-Machl und Christine Sontag
Dialog
24
Vermittlung interkultureller Kompetenzen mit
linguistischen Mitteln oder: »Wann waren Sie
eigentlich zum letzten Mal direkt?«
Peter Jandok
Liebe Leserinnen
und liebe Leser, nach einem Relaunch erscheint das SIETAR
27
Journal in neuer Form und mit einem neuen Namen. Wir freuen
uns, Ihnen die erste Ausgabe von mondial, dem SIETAR Journal
für interkulturelle Perspektiven, vorzustellen! Ihr Feedback auf
die Leserbefragung und Ihre Anregungen haben zur Realisierung von mondial beigetragen, und auch der Wunsch des Vorstands von SIETAR Deutschland und der Redaktion, das Journal
weiter zu entwickeln und zu professionalisieren, konnte umgesetzt werden. Viele neue Ideen und konstruktive Vorschläge
sind in den Relaunch eingeflossen, zugleich wurde auch einiges
Vertraute und Bewährte beibehalten.
Der aktuelle Fokus Südosteuropa richtet unseren Blick auf
die Regionen und Länder Kosovo, Rumänien, Zypern und Ungarn. Persönliche Erfahrung, Expertengespräch, ein Fotobericht sowie eine Fallgeschichte eröffnen eindrückliche Zugänge
zu multiethnischen Gesellschaften in unserer Nachbarschaft,
die gegenwärtig einen rasanten Wandel vollziehen.
In der Rubrik Dialog werden in mondial künftig Forscher
und Praktiker in einen problemorientierten Diskurs zu ausgewählten interkulturellen Brennpunkten treten. Im Dreischritt
von These, Antithese und Synthese werden kontroverse Argumente nachvollziehbar gemacht und gemeinsam Positionen erarbeitet.
Neben Themenschwerpunkt und Forscher-Praktiker-Dialog bietet mondial auch Raum für eigenständige Beiträge zu den
Bereichen interkulturelle Zusammenarbeit, Austausch und Begegnung. Lassen Sie sich von weiteren Rubriken überraschen,
die mondial künftig prägen werden!
Trainieren im Spannungsfeld
Eine Replik zum Beitrag von Peter Jandok
Steffen Henkel
Themen
13
Überschreitung als Regel
Der Wandel deutsch-polnischer grenzüberschreitender
Zusammenarbeit seit 1989
Ulrich Best
29
Die Bilder im Kopf
Eine Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin
widmet sich populären Klischees
Thorsten Beck
Serie
28
32
Neue wissenschaftliche Publikationen
15 Fragen an Interkulturalisten
Aktuell
33
Interkulturelle Trainer durchleben Identitätskrise
Stéphanie Stephan
36
»Wie beeinflusst die Globalisierung Kulturen,
wie formen Kulturen die Globalisierung?«
SIETAR-Weltkongress in Granada, 22.– 29. Oktober 2008
Candela Julia Fernández und Mete Atam
37
38
39
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Freude mit mondial.
Ihr Redaktionsteam, Friederike von Denffer, Uli Bauer
2
Veranstaltungen
SIETAR Deutschland Regionalgruppen
Impressum
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Kosovo-albanische
Wertewelt: Persönliche
Eindrücke aus einem
Land im Umbruch
Heike Hildesheim und Martina Müller-Krüger
gemeinsam eingenommen,
Tradition und Moderne: Prishtina
der Gast wird von der Hausfrau
stets als erster bedient, danach das männliche Familienoberhaupt. Diese, über Jahrhunderte gepflegte kosovo-albanische
Tradition lebt bis in die Gegenwart fort.
Kosova – wie die Kosovo-Albaner ihr Land nennen – hat am
17. Februar 2008 seine Unabhängigkeit erklärt und ist von den
USA und der Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten anerkannt worden. Ungeachtet der völkerrechtlich umstrittenen Situation
und der ungelösten Frage des Zusammenlebens mit der serbischen Minderheit ist dieser Status ein lang ersehnter Traum der
Kosovo-Albaner. Seitdem die NATO 1999 serbische Truppen
nach massiven Übergriffen auf die albanische Bevölkerung verdrängte und die Region unter UN-Protektorat gestellt wurde,
hatte sich u.a. der (verstorbene) Präsident Rugova, der für seine
gewaltfreie Haltung bekannt war, für eine Unabhängigkeit eingesetzt. Diese scheiterte jedoch immer wieder an der Uneinigkeit und Unentschlossenheit der internationalen Gemeinschaft. Nicht zuletzt deswegen hatte sich die bewaffnete UÇK
gebildet, der auch der heutige Regierungschef Thaçi angehörte 1. Nun hoffen die Menschen, dass in der Unabhängigkeit
getroffene Entscheidungen von Parlament und Regierung zu
Handlungsfähigkeit führen, die vor allem die wirtschaftliche
Situation im Lande verbessert.
Ein dunkles, zugiges Beton-Treppenhaus eines Hochhauses in
Prishtina, der Hauptstadt des Kosovo. »Funktioniert wohl der
Aufzug?« Ich entscheide mich vorsichtshalber für die Treppe –
wie es mir meine Gastgeberin, Rifadije Ahmeti, empfohlen hat.
Die Zwei-Zimmer-Wohnung der Familie, die ich besuche,
strahlt hingegen eine helle Freundlichkeit aus. Warmherzig
werde ich empfangen von drei Generationen: von Vater, Mutter,
Großvater und zwei aufgeregten Töchtern, von denen die ältere
mit ihren zwölf Jahren munter Small talk in englischer Sprache
führt. Während die Mutter das Essen zubereitet, geben die
Kinder stolz und selbstverständlich ein kleines Hauskonzert auf
ihren Instrumenten Geige und Keyboard. Trotzdem: Wäschewaschen war heute nicht möglich, und auch das Kochen hat sich
verzögert, denn es gab einige Stunden weder Wasser noch
Strom. Aber das ist normal hier: Das Alltagsleben muss sich der
Mangelsituation anpassen.
Während die vierköpfige Familie Ahmeti in einer eigenen
Wohnung in der Hauptstadt lebt, wohnt die 14-köpfige Familie
Saraçi in einem kleinen, gemütlichen Haus auf dem Land. Sie
teilt sich alles, was die einzelnen Familienmitglieder erarbeiten. Ohne diese Solidarität könnten nicht alle überleben. Der
54-jährige Vater, dessen Familie im Krieg gegen die Serben alles
Eigentum verlor und der schwer erkrankte, erhält eine Invalidenrente von vierzig Euro monatlich. Die Mutter kümmert sich
aufopferungsvoll um die Versorgung der Großfamilie. Vier
Kinder sind noch schulpflichtig. Die Familie ist im wesentlichen
Selbstversorger. Trotz der knappen Mittel zaubern sie köstliches, selbstgemachtes Essen auf den Tisch: Flija, Pita, eingelegte Paprika, Weißkäse und Maisbrot. Die Mahlzeiten werden
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Was zeichnet Kosovo-Albaner aus? – Anmerkungen zu
kosovo-albanischer Identität und Wertewelt Die Identität der
Kosovo-Albaner nährt sich aus dem Stolz, ihre Kultur und
Sprache durch die Stürme der Geschichte bewahrt und weiter
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verändern sich die traditionellen Strukturen der
komplexen Familie. Dies ist der Tatsache
geschuldet, dass die einzelnen Familienmitglieder zur Sicherung ihrer Existenz außerhalb
ihres Wohnortes Arbeit suchen und in die Städte
ziehen. Auch wenn Familien wie die von Rifadije
Ahmeti in der Hauptstadt häufig anzutreffen
sind, existiert nach wie vor eine enge familiäre
Bindung zu Eltern, Geschwistern und anderen
Verwandten. Dies ist gleichermaßen spürbar bei
Kosovo-Albanern, die das Land vor und während
des Krieges gegen Serbien verließen. Jeden
Sommer ziehen Ströme von Kosovo-Albanern
aus aller Herren Länder in den Kosovo. Der Flughafen Prishtina wird dann zu einer Stätte freudiger Wiederbegegnungen und trauriger, tränenreicher Abschiede.
Das Wertesystem war in albanischen Familien durch eine patriarchale, stark hierarchische Denkweise geprägt, die über Jahrhunderte
gepflegt und verteidigt wurde. Obwohl die moderne Gesellschaft Einzug in den Kosovo gehalten hat, leben diese traditionellen patriarchalen
Muster in unterschiedlicher Ausprägung weiter.
»Die strikte patriarchale Sozialisation hat das
Pflichtgefühl gegenüber der Gemeinschaft erhöht. Arbeit und
gesellschaftliche Verpflichtungen können in diesem System nur
verwirklicht werden, wenn sich jeder den Interessen der Gemeinschaft unterwirft.« (Vgl. Rrapi 2003: 124.) Diese soziale
›Disziplinierung‹ steht dem zentralen Bestreben der westlichen
Wertegemeinschaft nach Entfaltung des Individuums gegenüber. Junge Kosovaren, die ihre Ausbildung in Ländern wie
Deutschland, Großbritannien oder den USA absolvieren, haben
die traditionellen gemeinschaftlichen Werte zwar verinnerlicht, suchen aber gleichzeitig nach Möglichkeiten der individuellen Entfaltung.
Grundlage des sozialen Verhaltens der Kosovo-Albaner bildete und bildet der Kanun2, ein über 500 Jahre altes albanisches
Gewohnheitsrecht. Zunächst mündlich tradiert, galt das Gewohnheitsrecht der Albaner immer als Ergänzung zum staatlichen Recht, mit dem es zugleich in Konkurrenz stand. Durch
den Kanun wird vor allem die zentrale Bedeutung der Familie
deutlich, in der Frauen kaum Rechte zugesprochen werden. Ein
anderer – aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbarer – Wert
der kosovo-albanischen Gesellschaft ist ebenfalls im Kanun
begründet: die männliche Ehre. Deren Verletzung rechtfertigt
Blutrache als Selbstjustiz. In Städten spielt Blutrache heute
kaum eine Rolle mehr; Auseinandersetzungen werden jedoch
selbst in Wirtschaftsunternehmen nicht selten mit heftiger
Emotionalität ausgetragen.
Trotz des Zugangs der Mädchen und Frauen zu Bildung und
trotz ihrer – zumindest in Städten – verbesserten Arbeitssituation tragen Frauen mehrheitlich die Hauptlast des täglichen Lebens. Laut einer Befragung in einem großen Wirtschaftsunter-
entwickelt zu haben. Albaner
eingelegte Paprika, Weißkäse
und Serben bemühen sich in
unterschiedlicher Geschichtsund Maisbrot
darstellung, ihren historischen
Anspruch auf das Kosovo zu untermauern. Während sich Albaner als Nachfolger der Illyrer (und damit als ›Ureinwohner‹)
sehen, berufen sich die Serben hingegen auf ihr mittelalterliches Zentrum auf dem Gebiet des heutigen Kosovo und betrachten die Albaner als ›Nachzöglinge‹ (vgl. Wenzel 2003: 16). Geeint
wurden beide teilweise im Kampf gegen die Jahrhunderte dauernde türkische Herrschaft.
Unterdrückung durch andere Kulturen hat die KosovoAlbaner verletzlich und misstrauisch werden lassen. Insbesondere ältere Kosovaren machen keinen Hehl aus ihrem Hass auf
Serben. Zu tief und frisch sind die Wunden, die der Krieg gegen
die serbische Herrschaft verursacht hat – viele Menschen verloren Angehörige, Freunde, Kollegen und oft auch ihr gesamtes
Hab und Gut. Unvergessen sind die Jahrzehnte währenden
Demütigungen, die Kosovo-Albaner durch andere Balkan-Völker erfahren mussten.
Gemeinsame Werte begründen die kosovo-albanische Identität:
Vertrauen, Familie, Gastfreundschaft, Bildung, Essen (sowohl
die Zubereitung als auch das Ritual des gemeinsamen Essens),
Folklore, Sprache, Opferbereitschaft und Heldentum – dies seien
die wichtigsten Elemente, die Kosovo-Albaner einen, wie die
Teilnehmer eines Seminars für Führungskräfte betonten.
Das Fundament des kosovo-albanischen Zusammenhalts
bildet die Familie, die eine Lebensgemeinschaft und ein ›kulturelles System‹ (vgl. Rrapi 2003: 77) darstellt. In der heutigen Zeit
Trotz knapper Mittel: Flija, Pita,
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stützung auch neue Werte in das Land getragen werden, mit
denen sich Kosovaren in der Zukunft stärker auseinander setzen müssen. Es wird sich zeigen, inwieweit ihre traditionellen
Werte Bestand haben und sie in der Lage sind, demokratische
Ansätze und individuelle Freiheiten in ihr Wertesystem zu integrieren.
Es wäre den Kosovo-Albanern zu wünschen, den Jahrhunderte gehegten Traum eines eigenständigen Staates erfolgreich
Wirklichkeit werden zu lassen. Die Familien Ahmeti und Saraçi
werden ihr gesamtes Wissen und ihre Potenziale hierfür einbringen, damit die nächste Generation schon erste Früchte ernten kann. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.
nehmen honorieren Männer zwar die Arbeitsleistung von
Frauen, äußern jedoch Zweifel dahingehend, ob Frauen die
gleiche Leistung erbringen können wie Männer, da sie sich
gleichzeitig um Haus und Kinder kümmern müssten.
Bildung ist heute ein wichtiger kultureller Wert. Aufgrund
der gegenwärtigen demographischen Verhältnisse – mehr als
70% der Gesamtbevölkerung sind unter 25 Jahre alt – sind die
Schulen im Land überfüllt, und Kinder müssen, insbesondere
in der Hauptstadt, im Dreischichtsystem unterrichtet werden.
Die geringe Bezahlung der Lehrer (durchschnittlich 140 Euro
monatlich) ist einer qualitativen Ausbildung abträglich. Auf
einen Studienplatz an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Prishtina bewerben sich jährlich ca. 300
Schulabgänger. Jugendliche aus Familien mit einem guten Einkommen sind dabei privilegiert; diese ermöglichen ihren Kindern zusätzliche Ausbildungen an privaten Lehrinstitutionen.
Auch bereits Berufstätige studieren an der Universität und
absolvieren Weiterbildungslehrgänge. Die meisten Kosovaren
sind mehrsprachig – neben Albanisch sprechen sie fließend
Englisch und/oder Deutsch. Sprachen anderer Balkanvölker
werden ebenfalls vielfach beherrscht.
Anmerkungen
1
Die UÇK (Ushtria Çlirimtare e Kosovës, zu deutsch: Befreiungsarmee des
Kosovo) wurde offiziell 1999 aufgelöst, faktisch wurde sie in verschiedene
Nachfolgeorganisationen überführt. Vgl. den Eintrag ›UÇK‹ bei www.wikipedia.de
2
Der Begriff ›Kanun‹ ist aus dem Türkischen entlehnt;
Multiethnisches Leben:
ein Mythos? Im Kosovo leben ca. zwei Millionen Menschen,
die primäre Bedeutung ist ›Recht‹ oder ›Rechtssystem‹.
davon ca. 90% Kosovo-Albaner. Die restlichen zehn Prozent
sind Serben, Türken, Bosniaken, Gorani, Kaukasen, Montenegriner, Roma und andere. Diese multiethnische Einheit wird
durch die sechs Sterne der neuen Kosovo-Flagge symbolisiert.
Mit Ausnahme der Serben und teilweise der Roma sind
Minderheiten relativ gut in die Gesellschaft integriert. Serben
leben im Kosovo überwiegend in Enklaven und in völliger
Isolation. Haben Serben und Albaner früher Tür an Tür gewohnt, sprechen sie heute kaum mehr miteinander. Auch wenn
die jüngere Generation der Kosovo-Albaner eine liberalere
Einstellung gegenüber der serbischen Minderheit im Kosovo
einnimmt, haben in den letzten Jahren immer mehr Serben das
Land verlassen, insbesondere die Bildungsschicht. Nach dem
Krieg 1999 verloren Serben ihre Führungspositionen in Verwaltung und Wirtschaft, so wie zuvor 1990 alle Albaner von den Serben aus ihren Führungspositionen verdrängt worden waren. So
verstärkt sich das Muster, dass sich jede Seite als Opfer sieht.
Ohne Versöhnung zwischen den Ethnien wird das Land jedoch
keinen Frieden und mittelfristig keine Zukunft haben.
Literatur
Elsie, Robert (2001): Der Kanun. Das albanische Gewohnheitsrecht nach dem
sogenannten Kanun des Lekë Dukagjini. Ins Deutsche übersetzt von Marie
Amelie Freiin von Godin. Pejë: Dukagjini Balkan Books • Hösch, Edgar (2007):
Geschichte des Balkans. 2., aktualisier te Auflage, München: C.H. Beck
• Malcolm, Noel (1998): Kosovo: A Short History. Oxford: Pan Books • Prorok,
Christiane (2004): Ibrahim Rugovas Leadership: eine Analyse der Politik des
kosovarischen Präsidenten. Frankfurt/Main: Peter Lang Verlag • Rrapi, Gjergj
(2003): Die albanische Großfamilie im Kosovo. Vom Original übersetzt von
Kristë Shtufi. Wien u.a.: Böhlau Verlag • Wenzel, Susanne (2003): Das Kosovo
entdecken: Kultur und Natur zwischen Amselfeld und Albanischen Alpen. Berlin:
Trescher Verlag
Autorinnen
Heike Hildesheim, Dipl.-Päd., Studium der Erwachsenenbildung sowie Linguistik und Literatur der russischen und englischen Sprache. Über zehnjährige interkulturelle Erfahrungen in internationalen Beratungsprojekten; zweijährige Projekttätigkeit und Projektleitung (2004/2007) im Rahmen eines EU-Bildungspro-
Ein Blick in die Zukunft Neben der Aussöhnung mit der serbi-
jekts im Kosovo. Kontakt [email protected]
schen Bevölkerungsgruppe sowie der Chancengleichheit für
alle ethnischen Gruppen stellt der Kampf gegen die hohe
Arbeitslosigkeit, gegen Korruption und gegen den Drogenhandel eine große Herausforderung für den jungen Staat dar.
Die Kosovo-Albaner hoffen auf eine mittelfristige Mitgliedschaft in der EU und damit verbundene verstärkte wirtschaftliche Unterstützung. Inwieweit der Kosovo für europäische und
amerikanische Investitionen attraktiv ist, bleibt abzuwarten.
Sicher ist, dass mit der finanziellen und wirtschaftlichen Unter-
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Martina Müller-Krüger, Dipl.-Regionalwissenschaftlerin, Studium der Modernen
Chinakunde, Volkswirtschaftslehre und Rechtswissenschaft. Mehrjährige Tätigkeit in der Personalentwicklung eines Großunternehmens, seit 2005 selbstständige Beraterin und Coach für Fach- und Führungskräfte in Europa und China,
u.a. 2007 im Rahmen eines EU-Projekts im Kosovo. Stellvertretende Vorsitzende
von SIETAR Deutschland. Kontakt [email protected]
Fotos © Martina Müller-Krüger
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In der Piata Romana angekommen, steige ich in dem
Gewusel eines Ameisenhaufens aus. Geschäftig ist die Stadt,
und geschmückt wie noch nie. Bukarest trägt die Farben der EU.
Die Frauen sind elegant und modisch gekleidet. Ihr aufrechter
Gang ist schön anzusehen. Bukarest ist frisch. Die Gesichter
sind entspannter. Junge Menschen mit PhDs in der Tasche,
erworben an Universitäten aus aller Welt, blicken mit Vertrauen
in die Zukunft. Sie haben gelernt wie die Teufel. Denn Wissen ist
Reichtum. Und sie wollen reich und nützlich sein. Und ein gutes
Leben führen. Zeigen, dass sie was können. Und dass ihre Eltern sich nicht umsonst abgerackert haben, ihnen ein Studium
zu bezahlen.
Ich spüre, wie hier die Luft vibriert. Die Stadt atmet Freude
ein und atmet sie vermehrt aus. Diese flimmernde Stadt kenne
ich nicht. Ich habe ein Leben in Bucuresti gelebt. Ein altes Leben. Ein früheres. Zu einer Zeit, als Freude hier ein Fremdwort
geworden war. Als Gas, Wasser und Strom täglich abgestellt
waren. Und die Stadt nachts in Düsterheit versunken lag. Als die
Stadt, die man zwischen den beiden Weltkriegen für ihre
Leichtigkeit kannte, erstarrt war in Trauer und Misere.
Ein einziges Mal habe ich Bucuresti leuchten gesehen. Ein
einziges Mal habe ich hier explosive Freude erlebt. An dem Tag,
als Ceausescu mit dem Helikopter geflüchtet ist. Seitdem sind 17
Jahre vergangen. Ein kurzer Weg für die Geschichte. Ein langer, beschwerlicher Weg für die Menschen, die sie Tag für Tag
erleben.
Bucuresti ist ein Wespennest. Ein Bienenstock. Ein
Schwarm. Es riecht nach Geld. Nach Profit. Nach Hoffnung. Es
klimpert. Es schimmert. Es rauscht. Das Geldmachen ist zur
Hauptbeschäftigung geworden. Zum Spiel. Zur Obsession. Die
Augen leuchten beim Zählen der Scheine. Und bei dem Gedanken an die Möglichkeiten es zu vermehren. Geld wird überall
gewechselt. In den Malls. In den Banken. In den Wechselstuben, die die Stadt überwuchern. Bukarest ist zu klein für seinen
Wohlstand. Die Stadt erstickt vor Menschen. Vor Autos. Ich
muss mich mit dem Rollkoffer in den Straßenverkehr wagen.
Der Bürgersteig ist von parkenden Autos besetzt. Der Verkehr ist
ein Abenteuer. Die Straße zu überqueren ist eine Mutprobe.
Fahrradfahren ist suizidal.
Die Geschäftigkeit der Stadt regt auch mich an. Macht mich
hungrig. Seit meinem letzten Besuch hat sich alles gewandelt.
Das Zentrum ist vollkommen renoviert und erweitert. Kneipen,
Cafés und Restaurants an jeder Ecke. Wo soll ich hin? Die Restaurants sind übervoll. Ohne Reservierung muss man hungrig
bleiben oder lange warten. Ich träume von dem alten, berühmten Capsa. Wo sich die Literaten und Künstler bei einem Dragasani Vieux oder einem schönen Deaulul Mare in der Vorkriegszeit trafen. Und wo sie über Politik, Kunst und den Sinn
des Lebens heftig debattierten. Sich gegenseitig Gedichte vorlasen. Wo Nicu Kanner den Text für »Mi-am pus busuioc in par«
schrieb, den Hit der göttlichen Maria Tanase, wie sie der
Dichter Tudor Arghezi nannte. Wo bei Morun Froid á la Russe,
gefüllter Wachtel, und anderen kulinarischen Wundern, welche Donau, Wälder und fruchtbares Land zu bieten hatten, Ge-
Bucuresti
kommt
von ›bucurie‹,
und ›bucurie‹
heißt Freude.
Rita Booker-Solymosi
Die Legende erzählt, Bucuresti kommt von ›bucurie‹, sagt
meine Freundin Andreea. ›Bucurie‹ bedeutet Freude. Substantive werden auf Rumänisch nicht groß geschrieben. Ihre Macht,
ihre Bedeutung ist dadurch nicht minder.
Bucuresti ist in diesen Tagen in voller Aufregung. Das spürt
man schon im Flugzeug. Ich komme mit einer Schar Rumänen,
die in Prag eingestiegen waren, in Bucuresti an. Sie kommen
aus Europa angeflogen. Und steigen in Europa aus. Ihre Gesichter strahlen. Sie sprechen nicht. Sie zwitschern. Zwischendurch sagen sie: Brüssel. Und Straßburg. Willkommen in Europa. Und: ›fröhliche Integration‹.
Es ist kurz nach Mittag. Der Winter ist mild, und die Sonne
lässt die langweilige Gegend des Flughafens aufleben. Ich steige
in den Bus und fahre in die Stadt über Otopeni. Die Strecke ist
bunter geworden. Villen und Firmengebäude säumen den Weg.
Aus diesem bescheidenen Vorort von Bukarest ist in ein paar
Jahren eine neue Stadt entstanden. Mit aufwändig ausgestatteten Villen und Firmensitzen. Eine Stadt, gebaut aus dem Geld
der Heimkehrer, der ausländischen Investoren und ganz besonders aus dem Fleiß und Schweiß der Cäpsunari. ›Kaepschunari‹. Derer, die die Erdbeeren in Spanien und den Spargel in
Deutschland ernten. Die ihre mickrigen Tagelöhne zusammenkratzen und ihr neues Leben damit aufbauen wollen. Ob auf der
Bank oder im Strumpf gespart. Ob überwiesen oder in der Tüte
nach Hause gebracht. Ihr Geld ist richtiges Geld geworden.
Schweres Geld. Glatt neun Milliarden Euro sind seit 2003 nach
Rumänien geflossen. Und Bukarest profitiert davon.
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rumänische Staatsbürgerschaft an und lassen kleine Geldsummen sich hier vermehren. Westeuropäer mit Mut, Abenteuerlust, Pioniergeist, Ausdauer und Lust auf Profit kommen
auf ihre Kosten.
In Bukarest vereinen sich immer noch zwei Welten. Das
Zentrum und die Peripherie. Die prachtvollen Villengegenden
und die Gegenden der Einfamilienhäuser, mit Gemüsegärten
und glücklichen Hühnern. Dicht nebenan die Slums. Ferentari
hat in der letzten Zeit für Schlagzeilen gesorgt. Müllberge,
Ratten und Stromklau. Ferentari ist eine gefürchtete Gegend,
bewohnt von Roma und anderen Ausgestoßenen. Von Drogenhändlern und Prostituierten. Eine Gegend, in der man, sollte
man sie zu betreten wagen, nicht sicher ist, ob man seine Schuhe noch an hat, wenn man sie verlässt. In der kein Gesetz
herrscht und die lokale Regierung kapituliert hat zu Gunsten
des populistischen Held Becali, dem Unternehmer und Eigentümer des Fußballvereins Steaua Bucuresti. Der mit seinen
Millionen, die er mit beiden Händen ausgibt, die Sympathie für
seine Partei bei den nächsten Wahlen sichern will.
Bucuresti kommt von ›bucurie‹. Und bucurie bedeutet
Freude. Ihre Kraft ist so groß, dass sie trotz der Tragik der Geschichte den Geist der Stadt nie gänzlich verlassen hat. Manchmal hat sie sich in schwarzen Humor verwandelt. In einer
widersprüchlichen Haltung, gekennzeichnet von Skepsis und
gleichzeitig einer unendlichen Toleranz. Von Spott, Selbstzerstörung und maßlosem Optimismus.
Der Franzose Paul Morand, verheiratet in den 1930er Jahren mit einer rumänischen Prinzessin – ein anderer Diplomat,
der die Rumänen und vor allem die Bukarester wie kaum ein
anderer verstanden und geliebt hat –, schrieb in einem Buch
der Erinnerungen: »Die Lektion, die uns Bukarest erteilt, ist
keine Lektion über Kunst, sondern über das Leben. Bukarest
bringt dir bei, dich an alles anzupassen, sogar an das Unmögliche.«
schichte geschrieben wurde. Mark A. Taplin, ein amerikanischer Diplomat, erinnert sich, dass das Capsa Ende des 19. Jahrhunderts die erste Amerikanische Botschaft war. Und der damalige Diplomat Eugen Schuyler, Freund von Tolstoi und Übersetzer von Turgheniev, in Capsa verliebt war.
Aber vom Capsa kann ich nur träumen. Denn es ist jetzt um
die Feiertage herum für Wochen ausgebucht. La Mama wird mir
von überall empfohlen. Aber La Mama platzt aus allen Nähten.
So weiß ich den Platz zu schätzen, den ich im Vama Veche gefunden habe. Ein schickes, kleines Restaurant mit Atmosphäre. Mit
originalen Ölbildern, Naturblumen und duftendem Essen.
Keine Schnörkeleien. Keine Haute Cuisine. Eine lange Liste mit
rumänischen Spezialitäten. Ich wähle Ciorba de Burta, eine
saure Kuttelsuppe, die man eigentlich morgens nach zu langem
Feiern essen sollte. Und Tocanitza de fudulii. Es sind Gerichte,
deren Namen für Uneingeweihte barbarisch klingen. Aber sie
schmecken herrlich.
Bukarest bietet mir ein neues Bild und viel Hoffnung. Denn
wo so viel gelesen wird, hat der Fortschritt große Chancen. Im
Scala, einem Café nahe der Piata Universitatii treffe ich Andreea, eine meiner wenigen Freundinnen, die noch hier leben.
Es ist kein Zufall, dass wir uns gerade hier verabreden. Wir sprechen über die Nacht der Revolution, die wir auf diesem Platz vor
17 Jahren miterlebt haben. Und über all die Veränderungen, die
seitdem in unseren Leben stattgefunden haben. Ich wundere
mich – an jeder Ecke Bücher und Zeitungsverkauf. Auf der Straße.
Am Kiosk. In den U-Bahnhöfen. In den Buchhandlungen. Zeitungen und Verlage schießen wie Pilze aus dem Boden. Bukarest
hat etwa zehn Tageszeitungen und mindestens 27 mittelgroße
Verlage, sagt meine Freundin. Ich habe Glück, dass ich sie auf
die Schnelle erreichen konnte. Wir trinken zwischen Tür und
Angel einen Kaffee. Richtig sprechen können wir erst spät am
Abend. Andreea hat drei Jobs. Wie viele andere Rumänen, die
Arbeit haben und von deren Ertrag dezent leben können. Sie ist
Chefredakteurin einer Zeitschrift, Kolumnistin beim BBC und
Moderatorin einer täglichen politischen Talkshow im Rundfunk. Die Hälfte ihres Geldes fließt in die After-School-Einrichtung und die Haushaltshilfe. Daraus gibt es keinen Ausweg. Nur
entweder. Oder.
Nicht nur Bücher werden überall verkauft. ›Shopping‹ ist
inzwischen auch hier ein eingebürgertes Wort. Der Konsum ist
eine berauschende Beschäftigung.
Bewegung und Wachstum herrschen im rauen Wettbewerb.
Eine Erfolgswut zieht über das Land. In Bukarest ist sie an jeder
Ecke sichtbar. Die Bukarester Gegend hat ein jährliches Wachstum von zwanzig Prozent. Auch für ausländische Firmen lässt
sich hier gut Geld verdienen. Das hat sich inzwischen herumgesprochen. Ob Raiffeisen, HypoVereinsbank, Dresdner oder
Commerzbank, Banca CR Firenze. Volksbank, Porsche, Royal
Bank of Canada. Cairo Amman Bank HVB oder ING, 60 Prozent
des Bankwesens ist ausländischer Herkunft. Die Versicherungen haben ihr neues Paradies hier entdeckt. Menschen aus aller
Welt suchen hier ihr neues Glück. Wer mit etwas Geld kommt,
kann es vermehren, Chinesen, Koreaner, Araber nehmen die
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Blick vom Bukarester Arc de Triomphe auf das Haus der Presse
© Rompress
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Netzwerke und
Kostenfallen –
unliebsame
Überraschungen
Zukunft seiner Generation in einer Weltwirtschaft, in der anscheinend die Karten
neu gemischt werden?
Rumänischer High Potential Cristian Bizau
ist jetzt 32 Jahre alt, Rumäne mit ungarischer Abstammung, spricht vier Sprachen fließend und erlebt aufgrund seiner
aktiven Mitgliedschaft bei den AIESEC
Alumni, BNI Romania, und den beiden
selbst gegründeten rumänischen Netzwerken www.antreprenor.ro und www.
academiadenetworking.ro nicht nur die
Zusammenarbeit mit internationalen
Kunden im eigenen Unternehmen, sondern erfährt durch den Kontakt mit anderen Entscheidungsträgern aus europäischen Firmen auch viel über deren Geschäftsalltag in Rumänien.
Gehen Sie bedacht auf den
osteuropäischen Markt! Herr Bizau be-
Rita Booker-Solymosi im Gespräch mit Cristian Bizau
dauert, dass in Medienberichten vor
allem von den großen Absatzchancen, der Nähe zum Beschaffungsmarkt oder den niedrigen Lohnkosten gesprochen
wird. »Von den Bruchlandungen hört man zu wenig.« Diese
erlebt er aber Vorort und erfährt von ihnen im Austausch mit anderen Europäern. »Man kommt mit großen Erwartungen und
demzufolge unzutreffenden Annahmen und Kalkulationsgrundlagen. Dann tauchen plötzlich Kosten auf, an die man nie
gedacht hat.«
Ob freiwillig oder vom deutschen Großkunden gezwungen:
Immer mehr Unternehmen produzieren in Osteuropa vor Ort.
Oft zeigt sich jedoch, dass die ursprünglichen Erwartungen hinsichtlich des erforderlichen lokalen Personals ebenso wenig
erfüllt werden wie in Bezug darauf, ob sich Arbeitsabläufe oder
Qualitätsstandards wie in Deutschland durchsetzen lassen. Die
Folge ist, dass unterstellte Kostenvorteile schnell wegschmelzen
oder im schlimmeren Fall Zusatzkosten zum Scheitern des
Osteuropa Engagements führen. Im Gespräch mit Wirtschaftsprüfer Cristian Bizau wird deutlich, dass Erwartungen und Realität nicht immer übereinstimmen müssen. Welches sind die
häufigsten Fehleinschätzungen? Wo lauern die Kostenfallen?
Seine Empfehlungen geben wertvolle Hinweise für die Planung
internationaler Unternehmen. Gleichzeitig finde ich seine
Perspektive aus einem anderen Grund sehr interessant: Herr
Bizau hat es mit 27 Jahren als Geschäftsführer und Inhaber
einer Bukarester Beratungsfirma geschafft, nicht nur internationale Kunden als so junger Wirtschaftsprüfer zu gewinnen,
sondern repräsentiert genau die Generation von rumänischen
Unternehmern, die internationale Dienstleistungsstandards
und privatwirtschaftlich ethische Geschäftspraktiken in
Rumänien vorleben und fördern. Aufgrund seiner bisherigen
Biografie gehört er außerdem zur jungen rumänischen Elite,
die so wohltuend weltoffen denkt. Während seines Studiums der
Wirtschaftsinformatik in Cluj (Klausenburg, Siebenbürgen)
schloss er sich der weltgrößten Studentenorganisation AIESEC
an, die ihn für ein Praktisches Jahr nach Litauen schickte. Anschließend absolvierte er das letzte Studienjahr mit Bestnoten
an der renommierten Bukarester Wirtschaftsuniversität. Was
fällt ihm in der Zusammenarbeit mit internationalen Mitarbeitern und Kollegen auf? Welche Schlüsse zieht er daraus für die
Der Einsatz von komplexen Maschinen
kann Zusatzkosten auslösen! Cristian Bizau beobachtet, dass
deutsche Firmen oft komplexe, computergesteuerte Maschinen
in ihren Werken in Rumänien aufbauen, ohne zu bedenken,
dass die lokalen Mitarbeiter (noch) nicht die Kenntnisse und
Erfahrungen haben, diese Anlagen richtig zu bedienen und
instand zu halten.»Für das Anlernen, die Wartung, die Instandhaltung und die Reparatur benötigt man die häufige Anwesenheit deutscher Fachkräfte. Diese müssen dann für viel Geld eingeflogen werden, das sind erste Zusatzkosten, an die man am
Anfang nicht gedacht hat.« Grundsätzlich zeigten Rumänen
beim Umgang mit den Maschinen ein anderes Denken und eine
andere Geisteshaltung. »Für Deutsche ist präventive Wartung
und vorausschauende Instandhaltung sehr wichtig. Sie agieren, während wir Osteuropäer reagieren. Sie stellen Wartung
und Instandhaltungspläne auf und halten sich strikt daran, was
für manche Osteuropäer nicht immer nachvollziehbar ist. Sie
versuchen, durch das zeitnahe Austauschen von Ersatz- und
Verschleißteilen und durch das strikte Einhalten von Wartungsund Instandhaltungsintervallen die Lebensdauer der Anlagen
zu erhöhen, auch wenn es kurzfristig günstiger wäre, auf den
einen oder anderen Schritt zu verzichten.«
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sich ein anderes Bild. Man will und muss dann vor Ort Qualität
herstellen und Arbeitsabläufe einrichten, für die es meist keine
Facharbeiter gibt und die man teuer intern ausbilden muss.
Deshalb müssen die Mitarbeiter erst qualifiziert werden, das
kostet Zeit, und – wie schon erwähnt – der Einsatz von Schulungspersonal aus der Muttergesellschaft ist erforderlich. Auch
hier entstehen Zusatzkosten, an die man bei der Entscheidung
für die Nearshore Investitionen nicht dachte, warnt Herr Bizau.
Die Produktionsprozesse müssen zumindest am Anfang
von deutschen Mitarbeitern überwacht werden Diese andere,
deutsche Denkweise und Fertigungsmentalität den osteuropäischen Kollegen vor Ort nahe zubringen – und wichtiger noch: zu
erreichen, dass sie auch in den täglichen Arbeitsprozessen dauerhaft angewandt wird – ist eine zeitintensive und Kräfte zehrende Angelegenheit. »Man muss da sehr konsequent sein,
andernfalls verfallen die osteuropäischen Mitarbeiter wieder in
ihre gewohnten Arbeits- und Denkmuster. Ich führe das mit darauf zurück, dass auch die jungen Osteuropäer nicht in selbstständigem Denken geübt sind. Wo hätten sie das denn lernen
sollen? Das osteuropäische Schul- und Ausbildungssystem fördert es ebenso wenig wie die kommunistisch geprägte Gesellschaft. Am besten wäre es, wenn in den ersten fünf Jahren ein
deutscher Experte vor Ort ist, um den Produktionsaufbau sinnvoll zu begleiten. Aber auch das sind hohe und zusätzliche Kosten für mittelständische Unternehmen, die dann den erhofften
›günstigen‹ osteuropäischen Standort schnell verteuern.
Deutsche Fachleute müssen für Osteuropa
geeignet sein Ein zentraler Schlüssel zum Erfolg in Osteuropa
ist in allen betrieblichen Fragen auch die entsprechende
Qualifikation der westlichen Mitarbeiter. Herr Bizau beobachtet immer wieder, dass die entsandten Fachkräfte nicht »osteuropa-tauglich« sind. Um von den osteuropäischen Mitarbeitern
und Kollegen anerkannt zu werden, muss der Expatriate zum
einen die betrieblichen Abläufe, die Produkte und Prozesse
sehr gut kennen. »Er braucht gute didaktische Fähigkeiten. Das
heißt, die deutschen Fachleute müssen ihr Wissen soweit abgeben und vorleben, dass es die Osteuropäer verstehen und verinnerlichen können. Technische Sachverhalte oder Arbeitsabläufe müssen sie viel ausführlicher erklären. Oft setzen sie zu
viel voraus. Osteuropäer werden auf Dauer nur die Dinge übernehmen, von denen sie überzeugt sind, weil sie sie verstanden
haben. Wie gesagt: es genügt oft nicht, ein Fachmann zu sein,
sondern man muss sein Wissen auch gut vermitteln können.«
Zum anderen sind es persönliche Eigenschaften, die über die
Akzeptanz in osteuropäischen Arbeitsgruppen entscheiden.
Für Cristian Bizau zählen dazu insbesondere Geduld und Ruhe.
»Der Expatriate benötigt auch ein hohes Empathievermögen,
das heißt, er muss sich in die Denkweise und Gefühlslage der
osteuropäischen Mitarbeiter hinein versetzen können. Er muss
spüren, in welcher Stimmung die Kollegen sind, und auch
schlichtend agieren können, falls es Unstimmigkeiten innerhalb der Gruppe gibt. Ich glaube, uns ist es auch deshalb gelungen, unsere Mitarbeiter an uns zu binden, weil wir diese Dinge
berücksichtigen und praktizieren. Ein ungeeigneter Expatriate
ist auf jeden Fall eine Fehlinvestition. Im besten Fall verlässt er
Rumänien wieder und hat keine Erfolge bei der Implementierung effizienter Produktionsstrukturen erzielt. Damit hat
man viel Geld verschwendet. Im schlechtesten Fall wurde viel
Porzellan zerschlagen, der Ruf der ausländischen Firma hat
gelitten, und der Nachfolger muss diese Schäden dann auch erst
einmal beseitigen, bevor er sich seiner ›eigentlichen‹ Aufgabe
widmen kann. Das ist Geldvernichtung.«
Kalkulieren Sie ihre Einkaufskosten
realistisch! Viele internationale Betriebe verlegen ihre Pro-
duktion nach Rumänien, weil günstige Einkaufsbedingungen
locken. Doch auch hier gilt es genau zu prüfen, ob die Vorannahmen der rumänischen Realität entsprechen. »Einen Überschuss im Jahresabschluss kann man vorrangig nicht über den
Vertrieb, sondern über den Einkauf erzielen. Aber das gilt nur,
wenn die Qualität stimmt. Und Qualität nach unseren Vorstellungen und Standards dauerhaft aufrecht zu erhalten kann
in Osteuropa teuer werden! Es kann passieren, dass man seine
Lieferanten in die Lage versetzen muss, die gewünschte Qualität zu produzieren. Mit anderen Worten: man muss die osteuropäischen Lieferanten entwickeln, indem man zum Beispiel
deutsche Fachkräfte vor Ort einsetzt. Darüber hinaus sind in
vielen Betrieben ständig Stäbe von Qualitätsbeauftragten unterwegs, welche die Lieferanten kontinuierlich überprüfen.
Dieser Aufwand ist ebenfalls ein Kostenfaktor, an den die westlichen Einkäufer am Anfang nicht denken. Solche Dinge lernt
man erst mit der Zeit. Und auch die Hoffnung auf billige Arbeitskräfte relativiert sich oft schnell: Gut qualifizierte Mitarbeiter
findet man nicht zu den niedrigen Gehältern, wie man sich das
ursprünglich vorstellte. Ein weiteres Problem ist die hohe
Fluktuationsrate: Viele Rumänen lassen sich in einem multinationalen Betrieb ausbilden, um dann teilweise für ein bisschen
mehr Geld zu einem anderen ›Ausländer‹ zu wechseln. Da gibt
es nicht nur einen Abwerbungskampf unter den ausländischen
Unternehmen, sondern die osteuropäischen Fachkräfte nutzen
diese Arbeitsmarktlage offensiv zum eigenen Vorteil. Zahlen
über die billigen und willigen Arbeitnehmer stimmen nur für
bestimmte Branchen, zum Beispiel die Textil oder Bauindustrie, die oft Wanderarbeiter einsetzen, oder für andere Produktionen mit einfachen Arbeitsabläufen. Wenn man aber die ausländischen Zulieferbetriebe betrachtet, die für ihre westlichen
oder amerikanischen Kunden zum Beispiel im Automobil- oder
Maschinenbausektor in Rumänien produzieren müssen, zeigt
mondial 1/08
Osteuropäische Firmenangehörige
arbeiten für eine Person, nicht für eine Firma! Der gute Kontakt
beziehungsweise das gute Verhältnis zu den osteuropäischen
Mitarbeitern ist eine notwendige Bedingung für den Erfolg und
gleichzeitig ein großes Risiko. »Die menschliche Bindung zu
den Mitarbeitern und Kollegen ist wichtig. Aber immer wieder
habe ich erlebt, dass ganze Firmen zusammenbrachen, weil der
Mann an der Spitze ging. Das löst dann häufig eine Kündigungs-
9
berufliche Zukunft maßgeblich durch die Entwicklungen in
Osteuropa beeinflusst wird. Herr Bizau erlebt gegenwärtig in
Rumänien, dass die Absatzentwicklung europäischer Waren
stark von den Branchen und Produkten abhängt: im Bereich der
Automobilindustrie haben sich – und auch da nur in bestimmten Segmenten – Überkapazitäten aufgebaut. Die Hoffnungen
der Autohersteller, dass sich ganz schnell viele Osteuropäer
einen Mittelklassewagen leisten können, erfüllen sich nicht so
rasch. Aber die Umbruchstimmung in Rumänien zeigt sich
besonders bei den jungen, gut verdienenden Menschen auch
darin, dass sie den westlichen Lebensstil nachahmen und damit
viele Konsumprodukte aus dem Westen nachfragen. Das beginnt bei der Kleidung, geht über Einrichtungen und Haushaltsgeräte bis hin zum Musikgeschmack oder Freizeitaktivitäten.«
Hier existiert sicher ein riesiges Absatzpotenzial für die westlichen Anbieter.« Im Bereich der Investitionsgüterindustrie erkennt Cristian Bizau sehr wohl das Dilemma, indem sich die
ausländischen Firmen befinden:»auf der einen Seite müssen
sie vor Ort sein, sie können es sich im Westen nicht leisten, den
osteuropäischen Markt nicht zu bearbeiten. Auf der anderen
Seite zeigen die Erfahrungen, dass westliche Betriebe viel technisches Know-how transferieren – und das kostenlos. In einem
Jointventure ist je nach Wichtigkeit der Branche für die osteuropäische Regierung oft ein Partner dabei, der daraus lernt. Die
Osteuropäer lernen schnell. Manche sagen ganz offen: »Wenn
wir euer Wissen genutzt haben, werden wir euch aus dem
Geschäft rausdrängen.« ›Osteuropäer‹ sind ein sehr stolzes
Volk und können das ja auch aufgrund ihrer Kultur sein. Sie
sehen sich aber international immer noch in einer unterprivilegierten Situation und wollen der Welt zeigen, wozu sie fähig
sind. Die Zukunft der westlichen Unternehmen wird sicher
davon abhängen, wie sie die Chancen auf diesem Markt nutzen
können. Das erfordert viel Flexibilität. Nicht nur bei den Osteuropäern, sondern auch bei uns muss im Rahmen einer guten
Zusammenarbeit verkrustetes Denken aufgebrochen werden.
Meine Erfahrungen in Rumänien machen mich optimistisch:
wenn wir uns aufeinander zu bewegen, wenn wir die Vorurteile
auf beiden Seiten abbauen und uns um Verständigung bemühen, können alle von der Zusammenarbeit profitieren.
welle durch alle Managementebenen bis hinunter zu den gewerblichen Arbeitnehmern aus. Wenn man einen Expatriate,
der von den Osteuropäern akzeptiert und geliebt wird, durch
eine lokale Führungskraft ablösen will, muss man den Übergangsprozess gut gestalten und ausreichend Zeit dafür vorsehen. Eine Übergangsphase von einem Jahr halte ich für realistisch, insbesondere wenn es um Positionen in der Geschäftsleitung geht.« In dieser Zeit sollte der Ausländer seinen Nachfolger
einführen. Oft habe ich beobachtet, dass die ausländischen
Zentralen ihren Expatriate überstürzt abrufen. Nach seinem
Weggang hinterlässt er ein Vakuum, das osteuropäische
Führungskräfte nicht füllen können. Um die betrieblichen
Abläufe aufrechtzuerhalten, müssen dann Mitarbeiter aus dem
westlichen Mutterhaus nach Rumänien kommen. Auch das ist
eine sehr teure Angelegenheit.«
Suchen Sie lokale Führungskräfte
sorgfältig aus! Cristian Bizau beobachtet, dass westeuropäische
Firmen bei der Wahl osteuropäischer Führungskräfte häufig falsche Kriterien vorschieben. »Man lässt sich täuschen, weil der
Osteuropäer fließend Englisch oder Deutsch spricht, im Ausland
studiert hat oder vielleicht schon Berufserfahrungen in einem
anderen ausländischen Unternehmen vorweisen kann. Man prüft
nicht, welchen Führungsstil die zukünftige lokale Führungskraft
hat, vor allem wenn die osteuropäische Führungskraft von Staatsunternehmen geprägt ist, kann dies zu einem Problem werden. In
osteuropäischen Betrieben herrschen in der Regel Patriarchen,
und die Ausländer müssen sich fragen: ›Ist das auch der Führungsstil den wir uns wünschen? Ist das mit unserer Unternehmenskultur vereinbar?‹ « Ich frage Herrn Bizau, ob er nicht glaubt, dass
man in Rumänien nur bedingt mit deutschen Führungsgrundsätzen arbeiten kann und sich – um von den osteuropäischen Mitarbeitern akzeptiert zu werden – an die anderen kulturellen Überzeugungen anpassen sollte. »Da muss man sicher differenzieren.
Es gibt Leute, die muss man ständig anleiten und begleiten, für die
ist sicher nur der osteuropäische Führungsstil passend. Wenn
man junge Leute einstellt, dann erwarten die in einer ausländischen Firma auch einen westlichen Führungsstil. Erfolgreiche
Multinationale machen das auf der mittleren Managementebene
so: sie fordern und fördern. Vielleicht haben sie auch deshalb viel
Erfolg, weil sie die Leute bewusst in die Entscheidungen einbinden. Man sagt: ›Wir wollen das Ergebnis sehen. Wie du dahin
kommst, ist mehr oder weniger dir überlassen.‹ Ich erlebe immer
wieder, dass die Weiterbildungskurse zu effektiver Gesprächsführung, Moderation und gelungener Kommunikation – nach
westlichem Muster – auf großes Interesse bei den jungen Osteuropäern stoßen, wie bei mir seinerzeit auch. Sie verstehen auch,
dass das Gesamtergebnis für eine Firma besser ist, wenn man die
vorhandenen Ressourcen in der Firma mobilisieren kann und
nicht alles von einer Person abhängig ist.«
Neue Welten
entdecken Eine Zusammenfassung der bisher behandelten
Themen zu geben, würde für mich bedeuten, sie wären abschließbar und damit endgültig. Genau diesen Eindruck
möchte ich vermeiden.
Die wichtigste Botschaft, die ich Ihnen in diesem kurzen
Ratgeber mit auf den erfolgreichen Weg nach Osteuropa mitgeben möchte, ist: nehmen Sie die Nachbarschaft zu den neuesten
Mitgliedsstaaten der EU als Aufforderung zum Entdecken neuer
Welten an. Die Nachbarschaft ist keine Garantie für kulturelle
Ähnlichkeiten in der Businesswelt. Nehmen Sie die Armut
ernst, die Sie mit freiem Auge beobachten können, denn sie hat
den Menschen beigebracht, sehr hart für ihr täglich Brot zu
kämpfen – in dieser Welt zu überleben, sich durchzusetzen und
Wie sieht die Zukunft europäischer Firmen
in Osteuropa aus? Ich habe gerne die Erfahrungen von Cristian
Bizau zitiert, weil er ein Vertreter der Generation ist, deren
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Mittelschicht kennen. Um ins höhere Management befördert zu
werden, muss man die Regeln der Oberschicht kennen. Welche
Vielfalt an Regeln muss man erst kennen, wenn man über internationale Grenzen hinweg arbeiten möchte? Ich darf Sie beruhigen, die Regeln des Anstands werden auf der ganzen Welt anerkannt.
Doch die Ressourcen, die für stabile und ausgeglichene
Tagesleistungen essentiell sind, werden leider nur sehr selten
artikuliert. Diese sind: Geld, Emotionen, Beziehungsnetzwerke, Spiritualität und Glaubenssysteme sowie soziale Bindungen. Der Mangel dieser Ressourcen oder Störungen an ihrem
Gleichgewicht stürzen den Menschen in Schwierigkeiten, die
an den Arbeitsplatz mitgebracht werden. Ungleichmäßige
Arbeitsleistung, emotionale Schwankungen, Fehlzeiten, Kopflosigkeit, Wut und Wahrnehmungsverzerrungen sind die Folge.
Nicht grundlos war der übliche Führungsstil während des
Sozialismus paternalistisch oder matriarchalisch geprägt –
irgendwo oder irgendwem mangelte es ja ständig an irgendwelchen Ressourcen, die am besten wie in einem Familienverband
gehandhabt werden konnten. Der Staat besaß alles, das Individuum nichts. Alle Individuen zusammen stellten aber den
Staat dar, also gehörte alles auch jedem Individuum. In dieser
verqueren Ideologie zu leben, bedeutete auch, die Grenzen der
ehemals gültigen Wertvorstellungen zu übertreten. Erst heute,
nach der großen politischen Wende, wird so manch Einem klar,
wie verroht man geworden war. Und tut gerne alles, um zu beweisen, dass man auch anders kann.
Die Unvorhersehbarkeit der Arbeitsleistung ist es, die häufig zu Sicherheitsproblemen, Konflikten und Streitigkeiten
führt. In den letzten Jahren befasst man sich international mit
dem Bereich der emotionalen Probleme am Arbeitsplatz
(Emotionale Intelligenz, Daniel Goleman, 1995), sowie spirituellen Fragen und tragfähigen Beziehungen (Stephen Covey).
Die Bücher dieser Autoren werden in Osteuropa sehr gerne
gelesen, vielleicht sogar schon mehr als hierzulande. Die von
Ruby K. Payne aufgestellte Theorie der Ressourcen habe ich bis
jetzt am häufigsten bestätigt gefunden. Aber entscheiden Sie
doch selbst über Ihren langfristigen Erfolg in Osteuropa, man
wird ihn gerne mit Ihnen mehren.
sogar über Jahrtausende hinweg die feinen Künste aufzubauen
und zu pflegen, ist eine riesengroße Leistung. Unsere östlichen
Nachbarn sind mit Recht sehr stolz darauf.
Und natürlich sind sie ganz und gar nicht stolz auf ihre politische und wirtschaftliche Vergangenheit. Sie sind sich der versäumten Zeit überdeutlich bewusst. Demokratisch zu leben
muss jetzt erst gelernt werden, und dabei hilft die Großfamilie
EU ganz enorm. Wenn sich rumänische Arbeiter, Angestellte
und Unternehmer bis 2007 noch als »Äthiopier Europas«
bezeichnet haben, dann ist diese Zeit der Dürre nun vorbei.
Armut bedeutet Mangel an Ressourcen; allerdings nicht unbedingt an materiellen Mitteln, sondern auch an menschlichen
Eigenschaften wie ich gerne nochmals betonen möchte. In erster Linie suchen Investoren und Arbeitgeber aus den wohlhabenden Nationen dieser Welt nach Integrität bei ihren Geschäftspartnern oder Mitarbeitern. Ungeachtet der fachlichen
Qualifikation oder Intelligenz ist Integrität die Schlüsseleigenschaft für langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit. Sie
bestimmt den Grad an Überwachung und Anleitung, den eine
Person benötigt, und auch seine spätere Befähigung andere zu
führen. Kein Individuum und keine Organisation kann langfristig ohne Integrität erfolgreich sein, denn diese Ressource beeinflusst jeden Geschäftsaspekt. Um zu verdeutlichen, dass Integrität natürlich keine »hat man, oder hat man nicht« Angelegenheit ist, sondern schulbar ist, hilft folgende Abstufung weiter:
1. Stufe: vorhersehbar unmoralisch,
destruktiv gegen andere, täuscht vorsätzlich
2. Stufe: unvorhersehbar, unberechenbar; kein interner
Kompass; Gut und Böse sind Grauzonen
3. Stufe: konsequent moralisch, ethisch und legal; entscheidet
nach Eigeninteresse; rationalisiert Fehlentscheidungen
4. Stufe: entscheidet moralisch, ethisch, legal; meidet
schwierige Themen; ist selbstverantwortlich aber
beschuldigt auch andere
5. Stufe: entscheidet moralisch, ethisch, legal; schwierige
Themen werden bearbeitet; akzeptiert Verantwortung für sich
selbst und fühlt sich anderen gegenüber verpflichtet
Irgendwann muss jeder Angestellte eine Entscheidung treffen,
die seine Integrität auf den Prüfstein legt. Wenn die Ehrlichkeit
nicht aufrecht erhalten werden kann, sind Steuerprobleme,
Rechtsstreitigkeiten, Gerichtsverfahren und andere Probleme
die Folge. Selbstverständlich hat jeder Investor oder Vorgesetzte Angst vor diesen Schwierigkeiten und versucht sie zu vermeiden. Kein Wunder wenn das Wörtchen Korruption im Zusammenhang mit Osteuropa-Vorhaben als größtes Schreckgespenst in aller Munde ist.
Sehr viele Arbeitgeber setzen sehr viel Energie daran, mentale, physische Ressourcen und die Motivation ihrer potentiellen Mitarbeiter zu überprüfen. In Bewerbungsgesprächen achten manche Interviewer schon auf die Anzeichen von sozialem
Status, wie Benimmregeln beispielsweise. Um ins mittlere Management befördert zu werden, muss man die Regeln der
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Autorin
Rita Booker-Solymosi, Rumänin der ungarischen Minderheit, aufgewachsen in
Rumänien und Österreich, Studium der Psychologie und Jura in Salzburg, afroamerikanisch verheiratet, in Berlin seit der Wende auf Marketing und Vertrieb spezialisiert, Mitbegründerin von European Standards Consulting in Rumänien, interkulturelle Leadership- und Kommunikationstrainerin, systemischer Coach, Organisationsberaterin, Autorin von ›Wachstumsmärkte in Osteuropa‹ und ›Business
Know-How Rumänien‹, beide Titel sind im Redline Verlag erschienen. Kontakt
Rita Booker-Solymosi · Erkstr. 19 · 12043 Berlin · [email protected]
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Buchtipps zum Thema
Rumänien
Reiseliteratur
City Guide
Management,
Kultur & Politik
Hagenberg-Miliu, Ebba (2006):
Bucharest in your pocket (2007/2008):
Rumänien
Essential City Guides
Booker, Rita (2007):
Ostfildern: DuMont Reiseverlag.
Bucharest: IYP Romania.
Wachstumsmärkte in Osteuropa:
Strategien für langfristigen Erfolg
in den neuen EU-Ländern.
Rumänien entdecken: Kunstschätze
und Naturschönheiten aufgezeichnet.
Exilliteratur
Heidelberg: Redline Wirtschaft.
Berlin: Trescher Verlag.
Codrescu, Andrei (1997):
Gerdes, Hilke (2007):
Masters, Tom (2005):
The Dog with the Chip in His Neck:
Essays from NPR & Elsewhere.
Rumänien für Deutsche:
Mehr als Dracula und Walachei.
New York: St. Martin's Press;
New York/London: Picador.
Berlin: Ch. Links Verlag.
Hannover, Birgitta Gabriela (2004):
Eastern Europe
Footscray, Vic. (u.a.):
Lonely Planet Publications.
Luca, Adina (Interact Business
Communications) (2005):
Information
Employeescu: Brief description of the
Romanian employee.
Bucharest: House of Guides.
Caragiu Marioţeanu Matilda /
Savin, Emilia (2004):
www.i-interact.ro/.
Remus, Joscha (2006):
Rumänisch für Sie: Ein moderner
Sprachkurs für Erwachsene.
Grammatik, Schlüssel, Wortschatz.
Müller, Susanne; Werner Stein;
Peter Simon (Hrsg.) (2007):
Peptenatu, Daniel (2007):
Sibiu. Guide touristique
KulturSchock Rumänien
Bielefeld: Reise Know-How
Verlag Peter Rump.
München: Max Hueber Verlag /
Editura Maşina de scris.
Management Guide Rumänien.
Reihe Wirtschaft und Kultur. Band 8.
Frankfurt/Main: Cross-Culture
Publishing.
Szász, Christina (2003):
Handbuch Rumänien-Kontakte:
Institutionen. Projekte. Initiativen.
Osnabrück: fibre Verlag.
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zusammengestellt von
Rita Booker-Solymosi
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Sinne war es jedoch nicht neu, dass über Polen in Form von Reiseberichten erzählt wurde. Der amerikanische Historiker Larry
Wolff untersucht, wie im 18. Jahrhundert westeuropäische (bei
ihm vor allem französische) reisende Intellektuelle Osteuropa
›erfanden‹, das heißt, ein Bild von Osteuropa (als dem Fremden)
erzeugten, das dem Bild von Westeuropa (als dem Eigenen) entgegengesetzt war. In diesem Bild von Osteuropa wurde ein
Hintergrund konstruiert, vor dem sich die Errungenschaften
der Aufklärung und der westlichen Kultur abheben konnten.
Die Bewohner Osteuropas (vor allem Polens und Russlands)
wurden als rückständig und unzivilisiert, die Straßen als
schlecht, die Häuser als Lehmhütten beschrieben. Die westlichen Reisenden (und ihre Leser) erschienen damit als Wegbereiter der Aufklärung in einem ›barbarischen‹ Landstrich.
Die Reportagen der 1990er erinnern vielfach an Wolffs Analyse. So berichtet das Nachrichtenmagazin ›Der Spiegel‹ in Ausgabe 20/1990 von einer Reise an die deutsch-polnische Grenze
nach Görlitz. Der Reporter schildert zunächst die Situation auf
der deutschen Seite der Grenzregion, dann die Grenzüberquerung, schließlich beschreibt er seine Begegnung mit den Anwohnern auf der polnischen Seite. Die Straße ist so schlecht,
dass der Bus über Kartoffelfelder fahren muss. Die Dörfer
sehen aus wie nach dem Krieg. Der Autor wird in ein Haus eingeladen, das völlig heruntergekommen ist – Löcher im Dach sind
mit Lumpen verstopft, und die Hausherrin bietet ihm mit den
Worten »Willkommen in Polen« ein Stück in heißes Fett getauchtes Brot an. Der Autor schildert eine Zeitreise, eine Reise
in ein Land des Zerfalls. In diesen Jahren wurde diese Form der
Reiseerzählung – mit ihren typischen Elementen wie dem
Grenzübergang und der Ankunft sowie den Polen als zurückgeblieben charakterisierenden Elementen (kaputte Straßen,
verfallene Häuser) – zur prägenden Erzählung Polens in den
deutschen Medien. Noch 1997 schrieb ein Autor der ›Frankfurter Allgemeinen Zeitung‹ (FAZ) über eine Fahrt auf der polnischen Nationalstraße 2, »nur 100 km von Berlin«, aber »tief im
Osten«, über »gedrungene Katen«, endlose Wälder und Sümpfe.
Viele dieser Berichte sind als Zeitreisen in die Vergangenheit abgefasst, in denen (West-) Deutschland für die Gegenwart
Überschreitung
als Regel
Der Wandel deutsch-polnischer grenzüberschreitender Zusammenarbeit seit 1989
Ulrich Best
Interkulturelle Kommunikation bedeutet in Deutschland und in
Europa vor allem die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg.
Wie hat sich aber die Rolle von grenzüberschreitender Zusammenarbeit geändert, welche Bedingungen regulieren heute die
Begegnung mit dem Anderen?
Zu den Bedingungen grenzüberschreitender Zusammenarbeit gehören die gesellschaftlichen Wahrnehmungen des
jeweils Anderen, die Bilder vom Eigenen und vom Fremden.
Dazu gehören aber auch die staatlichen Strukturen, die die
Handlungen im grenzüberschreitenden Feld regulieren, und
drittens gehören dazu die spezifischen Akteure, die diese Zusammenarbeit praktizieren. Diese drei Aspekte möchte ich im
Folgenden untersuchen. Der deutsch-polnische Fall steht dabei
nur als ein Beispiel für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Mittel- und Osteuropa.
Geschichten der Fremdheit: Von Zeitreisen
und Erinnerungslandschaften Der Umbruch 1989 war nicht nur
ein politischer, sondern bedeutete auch einen Umbruch in der
Darstellung Polens in den Medien. In den 1980er Jahren wurde
über Polen in den deutschen Medien vor allem im Zusammenhang mit der dortigen Oppositionsbewegung berichtet. Dabei
ging es weniger um die Kultur oder das Land, das ja den meisten
Westdeutschen nur schwer zugänglich war. Menschen aus Po-
Ciesze˛ sie˛, że wreszcie moge˛ Cie˛ poznać.
Es freut mich, dass wir uns endlich kennenlernen.
steht, aus der die Beobachter dorthin reisen. Ein Subgenre dieser Berichte sucht und findet in Polen die verlorene deutsche
Vergangenheit: Die Reisen führen zu alten deutschen Adelssitzen, in frühere deutsche Ländereien, und immer wieder tauchen in diesen Artikeln dieselben Protagonisten auf– z.B. ein
deutsches Paar, das ein Schloss in Niederschlesien erworben
und zum Hotel umfunktioniert hat. Auch eine Reportage aus
dem Tagesspiegel von 2007 benutzt noch diese Form der ›Zeitreise‹ in eine deutsche Vergangenheit, in der Adelige (und Freunde des Adels) ehemalige Besitztümer in Masuren besuchen.
len wurden als Ankömmlinge in Deutschland beschrieben (zum
Beispiel als Händler auf Märkten), aber nur selten wurde das
Land Polen aus den Augen von Reisenden dargestellt. Das änderte sich 1989. Nun erschienen in den Zeitungen zahlreiche
Reiseberichte und Reportagen, die Land und Leute darstellen
sollten. Der Reisebericht und die Reportage waren während der
1990er Jahre die wichtigsten Formen der Darstellung nicht nur
im Reiseteil, sondern auch in den anderen Ressorts wie z.B. der
Wirtschaft und Politik. Diese in Zeitungen abgedruckten Reiseberichte waren zwar eine neue Erscheinung. Im historischen
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klassische nationalstaatliche von einer transnationalen Logik
überschrieben wurde. Diese europäisch-transnationale Logik
baut auf der Überwindung von nationalen Gegensätzen auf,
ganz anders als die nationalstaatliche, die gerade auf der
Herstellung solcher Gegensätze beruht. Während diese transnationale Logik für die Wirtschaft schon seit langem prägend
Weitere Genres, die die deutsche Darstellung Polens bestimmen, sind die Gruselgeschichte, in der der ›Osten‹ von Räuberbanden und Wölfen beherrscht wird (z.B. FAZ, 8.7.93), oder
die Kolonialgeschichte, in der deutsche Unternehmer den polnischen Markt zähmen (z.B. FAZ, 27.4.96). Diese Erzählweisen
über den Anderen haben aber eines gemeinsam: Sie richten sich
Czy moge˛ Pani/Panu coś zaproponować?
Kann ich Ihnen etwas anbieten?
war, galt dies weder für staatliche Herrschafts- und Verwaltungsstrukturen noch für die Medien, die – wie in den obigen
Beispielen ausgeführt – die nationale Identität durch Abgrenzung vom Anderen reproduzierten.
Unter dem Vorzeichen der EU-Erweiterung nach Osten und
der EU-Vertiefung, also der engeren Zusammenarbeit innerhalb der EU, änderte sich dies. Die interkulturelle Kommunikation und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit begannen
so in den 1990ern, in quasi-staatstragende Formen überzugehen.
Dies zeigte sich auch in den veränderten Rahmenbedingungen
für die Akteure grenzüberschreitender Zusammenarbeit.
an das Eigene, verstärken das Bild der eigenen Zivilisiertheit oder
Sicherheit durch die Gegensatzkonstruktion des unzivilisierten
Anderen. Es handelt sich nicht um interkulturelle Kommunikation, sondern um Kommunikation über das Eigene anhand einer
strengen Konstruktion von Gegensätzen, ähnlich wie es Wolff über
die ›Erfindung Osteuropas‹ im 18. Jahrhundert beschrieben hat.
In den 1990er Jahren wurde Osteuropa demnach von Westeuropa
(bzw. Polen von Deutschland) praktisch neu erfunden – aber es
wurde neu erfunden entlang derselben Linien, entlang derer es
schon einmal erfunden worden war.
Die europäische Wende Auf polnischer Seite genoss die Grenzregion etwas weniger mediale Aufmerksamkeit als in den deutschen Medien. Auch hier gab es Reiseerzählungen, die aber
eher in die Metropolen führten, etwa nach Berlin oder Frankfurt. Auch die Versuche polnischer Unternehmer, in Deutschland Fuß zu fassen, wurden zum Thema. Anders als die deutschen Kolonialisierungsgeschichten wurden sie als Kampf gegen Diskriminierung beschrieben. Stärker wahrgenommen
wurden die Deutschen in Polen als ankommende Reisende und
potenzielle Käufer von Land oder Häusern. Mit diesem Thema
wurde ein Bedrohungsszenario gezeichnet, in dem Deutsche
ihre früheren Besitztümer zurückkaufen – genau die, die in den
deutschen Zeitreisen von der anderen Seite geschildert wurden. Wie die deutschen Zeitreisefantasien gingen auch diese
Bedrohungsvisionen an der Wirklichkeit vorbei.
Erst Ende der 1990er Jahre wandelte sich diese Darstellung.
Immer häufiger wurden auch gute Beispiele für grenzüberschreitende Zusammenarbeit zitiert und deutsch-polnische Begegnungen dargestellt. Diese Reportagen verwendeten oft die Oder und
ihre Brücken als Symbole für die Begegnung. So oft wurde die
Metapher von der Brücke verwendet, dass im Jahr 2001 in der ›FAZ‹
sogar ein Scherz darüber gemacht wurde: Zum Glück gebe es die
Brücken, denn womit sonst könne man seine Vorträge über
deutsch-polnische Zusammenarbeit untermalen (FAZ, 10.2.2001)?
Auch in den polnischen Berichten gab es eine Wende zum europäischen Diskurs. Wie in den deutschen Zeitungen wurden auch hier
zunehmend Kooperationsprojekte beschrieben.
Die Regeln der
Überschreitung Der Leiter eines Parks, der sich als deutsch-pol-
nisch versteht, sagte über die Gründungsphase um 1989 in
einem Gespräch: »Und ich glaube, dass zu damaligen Zeiten das
wirklich eine sehr revolutionäre Idee war, etwas Grenzüberschreitendes zu machen.« Das gilt heute nicht mehr. Dieses
›Revolutionäre‹ spiegelt sich auch in den früheren Akteuren. Die
Aktivisten deutsch-polnischer Verständigung in Westdeutschland
rekrutierten sich oft aus alternativ-engagierten Kreisen, die Arbeit
erfolgte nicht auf professioneller Basis, sondern aus Interesse am
Austausch mit dem Anderen. Die heutigen Akteure grenzüberschreitender Zusammenarbeit weisen zwar auch dieses Interesse
am Austausch auf, ihre Tätigkeit ist aber professionalisiert. Diese
Professionalisierung erfolgte nach dem Muster anderer freier
Träger, zum Beispiel in der Stadtteilarbeit. Sie ist in Wettbewerbsstrukturen eingebunden, in denen sich verschiedene Akteure um
(staatliche, aber auch teilweise privat geförderte) Aufträge bemühen und um Mittel konkurrieren. Damit geht eine Regulierung der
Arbeit dieser Akteure einher: Förderrichtlinien geben Programme vor, formale Bedingungen müssen erfüllt werden, auch
rhetorisch müssen bestimmte Linien eingehalten werden. So
beschreibt eine deutsche Akteurin in einem Städtepartnerschaftsprojekt, wie sie aus Interesse ihre ursprünglich stadtteilbezogenen Aktivitäten auch auf die Verständigung mit Polen ausweiteten. In der Folge ergab es sich, dass diese Aktivitäten in einen
Städtepartnerschaftsverein mündeten, über den auch immer wieder kleinere bezahlte Stellen eingerichtet werden konnten. Diese
waren zwar zumeist prekär, brachten jedoch eine gewisse Professionalisierung mit sich. Im Vergleich mit anderen Akteuren,
bei denen die Professionalisierung weiter gegangen ist, hat dieses
Was ist aber der Grund für diesen Wandel
in der gegenseitigen Darstellung? In den 1990er Jahren vollzog
sich zwischen Deutschland und Polen ein Prozess, in dem die
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Aufgabe transnationaler quasi-staatlicher Akteure. Paradoxerweise wird diese Aufgabe auch von den Nationalstaaten übernommen, indem auch Aufgaben, die im Grunde eng national definiert
sind, als transnational-europäisch definiert werden. Auch die
Akteure grenzüberschreitender Kommunikation und Zusammenarbeit sind von diesem Wandel betroffen. Er beinhaltet nämlich nicht nur eine Verstärkung der europäischen Dimension
ihres Handelns, sondern er bedeutet vor allem eine Regulierung
oder Neuregulierung ihrer Handlungen.
Dabei gibt es wie beschrieben zwei Richtungen: auf der einen
Seite eine gewisse Entstaatlichung bei staatlichen Akteuren. Dies
sind die Akteure, die ursprünglich der Reproduktion des
Nationalen dienten. Wo ursprünglich nationale Kulturaufgaben
definiert wurden, wird nun europäischer Austausch großgeschrieben. Wo verbeamtete Förderer der deutschen Kultur arbeiteten, müssen jetzt externe Mittel eingeworben werden.
Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die dem Nationalstaat ursprünglich kritisch gegenüberstanden – bei diesen hat
sich eine stärkere Einbeziehung in quasi-staatliche Aufgaben
Projekt im neuen Wettbewerb um grenzüberschreitende Zusammenarbeit eine engagiert-ehrenamtliche Grundhaltung bewahrt.
Im Zusammenhang der grenzüberschreitenden Kooperation befindet sich dieses Projekt im Kontext professioneller Akteure z.B.
der grenzüberschreitenden Wirtschaftsförderung.
Fördermöglichkeiten finden sich für solche Akteure zum
einen in EU-Programmen für grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Diese Programme gehen von der Logik der EU aus:
Überwindung der nationalen Grenzen zu einer Vertiefung der
europäischen Zusammenarbeit auf lokaler oder regionaler
Ebene. Die Akteure grenzüberschreitender Zusammenarbeit
rekrutieren sich aber auch aus einem anderen Feld, das ebenso
einer Neudefinition unterlag. Das sind die nationalstaatlichen
Programme für die Zusammenarbeit mit den (bzw. in den / über
die) osteuropäischen Nachbarstaaten. Das Stuttgarter Institut
für Auslandsbeziehungen e.V. beispielsweise war ursprünglich
ein Institut zur »Förderung des Deutschtums im Ausland«, also
mit einer eng national ausgerichteten Aufgabe. Noch heute fördert es Kulturreferenten, die deutsche Minderheiten in den osteuropäischen Staaten in der
Medien- und Bildungsarbeit
unterstützen. Es ging also ursprünglich um die Reproduktion des Eigenen, der Nationalität. Diese nationale Aufgabendefinition wird aber inzwischen als europäische Aufgabe
definiert: als »die Entwicklung zivilgesellschaftlicher Strukturen besonders in Mittel-, Ost- und Südosteuropa«. Ähnlich ist
die Neudefinition der Kulturaufgaben aus dem Bundesvertriebenengesetz zu verstehen: Aus einer national definierten Aufgabe – der Erhaltung der Kultur der Deutschen in Osteuropa –
wird eine allgemeine Aufgabe des Kulturaustausches. »Kulturaustausch bedeutet Verständigungspolitik im umfassendsten
Sinne – nach Ost wie nach West«, betont die Neukonzeption der
Kulturarbeit, die Konzeption 2000 des Auswärtigen Amtes. Der
europäische Diskurs, wie er schon in den Medien seine Wirkung entfaltet hat, wirkt sich also auch auf die ehemals nationale Aufgabe der Reproduktion der Nationalität aus, indem
diese als europäisch definiert wird (wobei gerade bei den Vertriebenenorganisationen schon immer eine europäische Kodierung nationaler Programme wichtig war). Aber auch bei diesen Akteuren hat ein weiterer Wandel stattgefunden – von einer
im Grunde fast schon beamtlichen Förderung ihrer Tätigkeiten
hin zu einer stärkeren Wettbewerbsbetonung.
Kiedy możemy sie˛ znów spotkać?
Wann können wir uns wieder treffen?
vollzogen, wobei sie die Rolle von ausgelagerten EU-Agenturen
wahrnehmen, die im Wettbewerb zueinander stehen. Hier hat
unter dem Vorzeichen der EU-Erweiterung eine Professionalisierung stattgefunden.
Grenzüberschreitung ist zu einer Regel geworden. In diesem neuen Feld bewegt sich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen, und hier stellt sich
auch die Frage nach einer neuen kritischen Rolle dieser Arbeit.
Literatur
Best, Ulrich (2007): Transgression as a Rule. German-Polish Cross-border Cooperation, Border Discourse and EU-enlargement. Münster: Lit-Verlag • Busch,
Dominic (Hrsg.) (2006): Interkulturelle Mediation in der Grenzregion. Frankfurt/Main: Lang • Deutscher Bundestag (2000): Konzeption zur Erforschung
und Präsentation deutscher Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Drucksache 14/4586, 14. Wahlperiode, 26.10.2000 • Lemke-Matwey, Christine
(2007): Auf Spürfahr t. Der Tagesspiegel, 7.11.2007, S. 3. Online unter
www.tagesspiegel.de/zeitung/Die-Dritte-Seite-Ostpreussen;ar t705,2415120
• Wolff, Larry (1994): Inventing Eastern Europe: The Map of Civilization in the
Fazit: Überschreitung als Regel Die grenzüberschreitende Zu-
Mind of the Enlightenment. Stanford: Stanford University Press
sammenarbeit hat in den 1990er Jahren eine neue Aufgabe erhalten: In der EU als potenziellem staatlichen, aber schon bestehendem wirtschaftlichen Zusammenhang sind die internen nationalen Grenzen Hindernisse. Während also noch in den 1980ern die
Überschreitung von Grenzen gegen die Prinzipien des Staates (der
Nationalstaat war) verstieß, verstößt die Aufrechterhaltung nationaler Grenzen gegen die Regeln dieses potenziellen staatlichen
Gebildes der EU. Die Überwindung dieser Grenzen wird damit zur
mondial 1/08
Autor
Dr. Ulrich Best, Studium der Geographie in Heidelberg und Berlin, Promotion in
Plymouth, Lehr tätigkeit an der University of Leicester, seit 2004 Dozent der
Europastudien in Chemnitz. Schwerpunkte sind politische Geographie und
Kulturgeographie, Osteuropa, deutsch-polnische Beziehungen.
Kontakt [email protected]
15
griech.: Kýpros
türk.: Kıbrıs
Sie mutet schon wie ein Anachronismus an: Europas letzte
geteilte Hauptstadt Nikosia (griech.: Lefkosía). Fast zwanzig
Jahre nach der weitgehend gewaltfreien Überwindung der verfeindeten Systemblöcke in Mittel- und Osteuropa verläuft auch
heute noch eine von UN-Blauhelmen überwachte ›Grüne Linie‹
zwischen dem griechisch-zypriotischen und dem türkischen
Teil der Mittelmeerinsel. Schengen-Raum, Euro-Zone, NATOMitgliedsstaat – im kulturellen Zentrum Zyperns verlaufen
ebenso verwirrende wie umstrittene Grenzen zwischen geopolitischen Konstrukten und Territorien. Doch eine Lösung
scheint in greifbarer Nähe, und seit Anfang April 2008 können
Spaziergänger wieder über die vormals gesperrte Fußgängerzone, die Ledra Street, vom Südteil in den Nordteil der Altstadt
flanieren, ohne ein (inoffizielles) ›Visum‹ zu benötigen. Die
hier abgebildeten Fotografien entstanden im März 2008 im
Britisches Erbe oder Konzession an den Tourismus?
Kulturkontraste sind in Zypern allgegenwärtig.
Ein Fotobericht von Ulrich Bauer
Rahmen einer Exkursion, die von einem europäischen Forscherverbund »Searching for Neighbours« (www.sefone.net)
durchgeführt wurde. Im Mittelpunkt stand die Erfahrung mentaler und geopolitscher Grenzen im Neuen Europa.
Autor
Dr. Ulrich Bauer, Studium der Interkulturellen Germanistik und Ethnologie; Promotion im Fach Interkulturelle Kommunikation an der Technischen Universität
Chemnitz; seit April 2008 Akademischer Rat im Fachgebiet Interkulturelle Germanistik der Universität Bayreuth; Forschungsschwerpunkte: Auswärtige Kulturund Bildungspolitik, internationale Kulturbeziehungen, Fremdheitsforschung.
Redakteur von mondial. Kontakt [email protected]
Fotos Sämtliche Fotografien stammen vom Verfasser.
Mahnendes Gedenken an die Gewaltopfer
der Teilung Zyperns in Nikosia
Umstürzende Mauern und eingerissene Zäune versinnbildlichen den Wandel, den Europa seit 1989 vollzogen
hat. Die Überwindung der Teilung ist ein sehr aktuelles
Thema auf Zypern.
UN-Schutztruppen auf Zypern: mißtrauische
Beobachtung oder touristische Neugier?
Pylá ist einer der wenigen Orte in der Republik Zypern,
wo griechische und türkische Zyprioten zusammenleben.
Venezianische Festungsmauer aus dem 16. Jhdt. –
türkisch-zypriotische Männer beim Fußballspiel
an der Pufferzone in Nikosia
Der internationale Flughafen von Nikosia befindet sich
seit 1974 im Sperrgebiet und steht unter UN-Verwaltung.
Man habe keinen Dolmetscher für sie. Es ginge eigentlich fast
nicht, so erfährt sie auf ihr Nachfragen, dass sie, Frau Dr. Groß
teilnehme. Sie insistiert mit hundert Argumenten, auf die sie
stets ein Gegenargument zu hören bekommt mit einer jeweils
neuen, anderen, leider ebenfalls unüberwindbaren Schwierigkeit. Gut, dann nicht. Frau Dr. Groß schickt ihre Folien per Mail
nach Budapest. Diese enthalten Ideen, wie im skandinavischen
Raum diese technischen Probleme angegangen werden würden. Sie könne ja dann zum nächsten Termin kommen, tröstet
man sie noch.
Dieser nächste Termin findet exakt an einem Datum statt,
an dem Frau Dr. Groß einen unabänderlichen Zahnoperationstermin hat. Das hatte sie zwar nach Budapest gemeldet, doch
man habe das leider übersehen. Wie schade! Sie erhält zwar
eine Einladung dazu, aber sie kann eben nicht. Auch Herr
Huber nicht, er ist in Urlaub. Auf ähnliche Weise schleppt sich
das Projekt nun schon längere Zeit hin. Ergebnisse gibt es
keine. Was ist hier passiert? Wie ist das Verhalten der ungarischen Seite zu erklären?
Milyen kár!*
Eine Fallgeschichte deutsch-ungarischer
Unternehmenskommunikation
Sylvia Schroll-Machl und Christine Sontag
Deutungen – Bedeutungen
Einer der mentalitätsprägenden Bausteine in der Geschichte
der Länder Mitteleuropas war die einstige Beherrschung dieser
Region durch das Osmanische Reich. Das gilt auch für Ungarn,
im Vergleich mit anderen Ländern allerdings für einen kürzeren Zeitraum. Heute unterhält Deutschland mit Ungarn intensive Wirtschaftsbeziehungen, die im Rahmen der EU-Osterweiterung von 2004 noch weiter ausgebaut und vertieft wurden.
(1.) Dieses Meeting kann nicht besonders wichtig sein, wenn Herr
Dr. Huber, der Verantwortliche, nicht selbst kommt, sondern eine
Vertretung schickt. Weshalb sich also um Frau Dr. Groß bemühen?
Sie hat ja sowieso nichts zu sagen. Das denken sich die Ungarn
sicher. Denn in beziehungsorientierten Kulturen (vgl. Kulturstandard ›Beziehungsorientierung‹) hat physische Präsenz
eine im Vergleich zu Deutschland noch intensivere symbolische
Wirkung. Anwesenheit signalisiert Wichtigkeit, Abwesenheit
das Gegenteil. Das, so nehmen die ungarischen Geschäftspartner an, ist doch klar. Und insofern ist Herr Hubers Fernbleiben
eindeutig zu interpretieren.
Da Ungarn zudem ausgeprägter hierarchisch denken (vgl.
Kulturstandard ›personbezogene Hierarchie‹), akzeptieren sie
Vertretungen weit weniger. Herr Huber ist der Verantwortliche,
also der Chef in diesem Projekt. Nur er kann Entscheidungen
treffen, und somit lohnt sich ein Treffen nur mit ihm. Dennoch
erklärt diese Facette nicht alles am Verhalten der Ungarn …
Eine Fallgeschichte »Europäische Synergien« heißt ein Projekt,
in dem eine international tätige Firma bestimmte technische
Elemente ihrer europaweit verteilten Produktion abstimmen
und angleichen möchte. Dazu müssen die in den einzelnen
Ländern jeweils bestehenden Elemente zunächst besprochen
und dann entsprechend abgeändert werden. Also sind etliche
europaweite Meetings geplant.
Das Kick-Off-Meeting für Mitteleuropa soll in Ungarn stattfinden, weswegen die Vorbereitung und Organisation in ungarischer Hand liegt. Zunächst ist der ungarische Verantwortliche
in Urlaub, dann hat er etliche andere Dinge vor, und so wird dieses Kick-Off-Meeting mehrmals verschoben. Nun existiert ein
Termin, zu dem alle eingeladen werden. Herr Dr. Huber, der
zuständige, für das Projekt verantwortliche Deutsche, meldet
sofort, dass er an diesem Termin verhindert sei. Könne man das
Meeting verschieben oder könne ihn eine Kollegin, Frau Dr.
Groß, vertreten? Verschieben geht nicht. Also richtet sich Frau
Dr. Groß auf ihre Teilnahme ein und vertieft sich zwei Wochen
lang in das Thema. Sicherheitshalber ruft sie am Tag vor dem
Meeting nochmals in Budapest an. Nein, erfährt sie, das
Meeting sei morgen nicht in Budapest, sondern in Győr. Das
wäre für den slowakischen Kollegen besser. Tja, wie käme sie da
hin? Man könne ihr leider aufgrund einiger unglücklicher
Umstände, die man ihr nennt, keine Fahrmöglichkeit organisieren. Außerdem gebe es ein zusätzliches Sprachproblem:
mondial 1/08
(2.) Wenn es um Technik geht, dann ist das Männersache. Einer
Frau wird nichts zugetraut, und deshalb will man Frau Dr. Groß
nicht dabei haben. Das stimmt so nicht. In Ungarn ist es wesent-
lich üblicher, dass Frauen berufstätig sind und auch gute Positionen bekleiden. Es war in sozialistischen Zeiten selbstverständlich, dass beide Geschlechter gute Ausbildungen erhielten, und dazu gehörten alle Berufe, die volkswirtschaftlich
gebraucht wurden. Insofern gab und gibt es weit mehr Frauen in
mathematisch-technischen Fächern als das in Deutschland der
Fall ist, wenngleich auch in Ungarn der Männeranteil höher ist
und zunehmend höher wird. Aber Frau Dr. Groß aufgrund ihres
Frauseins ausgrenzen zu wollen, das ist nicht die Ursache für
* ungarisch: Wie schade!
21
In offenen Widerstand gehen sie nicht. Das ist zu gefährlich,
schließlich sind die Deutschen die Chefs (vgl. Kulturstandard
›personbezogene Hierarchie‹). Wenn Ungarn unter solchen
Umständen kämpfen, dann tun sie das, wenn sich die Gelegenheit bietet, gerne in Formen, die man ›passiven Widerstand‹
oder ›subtilen Boykott‹ nennen könnte. Das Grundmuster ist
dabei so zu beschreiben: Der Plan, die Struktur wird scheinbar
angenommen, sie wird jedoch auf eine Art in Handeln umgesetzt, dass das intendierte Ziel dennoch verfehlt oder zumindest
nicht ganz erreicht wird. Man vermeidet geschickt jede Konfrontation, aber lässt die beabsichtigten Maßnahmen ins Leere
laufen: Es klappt eben nicht, es gibt eben Hindernisse, es passierten eben Fehler oder Verzögerungen. Dabei bleiben die Akteure nach außen (fast völlig) unschuldig, denn es hat sich lediglich eine kleine Barriere ›eingeschlichen‹, die freilich große
Wirkung hat. – Und in diesem Beispiel mussten sie nur die Steilvorlage, die ihnen die Deutschen gegeben haben, aufgreifen.
(4.) In Ungarn dauert alles ein bisschen länger. Das wird schon
noch, aber eben erst bei einem späteren Anlauf. Das kann sein,
muss aber nicht. Es ist eine Frage der Motivation: Was Ungarn
wollen oder wovon sie überzeugt sind, das kann sogar spontaner und schneller geschehen als das in Deutschland der Fall
wäre (vgl. Kulturstandard ›flexibler Umgang mit Zeit‹). Doch im
gegebenen Fall wollen sie das Gegenteil, weswegen die Hoffnung auf Erfolg eine trügerische sein dürfte.
Was heißt das
grundsätzlich? Der Schlüssel, weswegen dieses Beispiel typisch
ist für deutsch-ungarische interkulturelle Probleme, liegt in
den unterschiedlichen Kommunikationsstilen: dem deutschen,
meist direkten und dem ungarischen, oft indirekten, sehr kontextbezogenen. Die ungarische Indirektheit besteht dabei aus
zwei wesentlichen Elementen: (a) der indirekten Kommunikation im engeren Sinne und (b) der Implizitheit. Erstens bestimmen also (a) Andeutungen und vorsichtige Formulierungen auf
Seiten des Senders und eine sensible, zwischen den Zeilen
lesende Dekodierung auf Seiten des Empfängers die alltägliche
verbale Kommunikation. Zweitens (b) bezieht sich ›Implizitheit‹ darauf, dass neben der verbalen Kommunikation eine
breite Palette anderer Kommunikationskanäle und Symbole
benutzt und gedeutet wird. Die Indirektheit wird besonders
bedeutsam, wenn etwas Negatives kommuniziert werden muss,
also wenn es etwa um Kritik oder um einen Konflikt geht. Kritik
wird eher indirekt, subtil und humorvoll geäußert, Konflikte
werden so gut und lang wie möglich vermieden. Auch eigene
Schwächen geben Ungarn noch weniger gerne zu als Deutsche.
Car toon von Jörg Plannerer © 2007 Vandenhoeck & Ruprecht
die oben geschilderte Situation.
(3.) Die Ungarn wollen diese Angleichung der Technik nicht. So
können sie sie verhindern. Exakt das ist die Erklärung. Diese
geforderte Angleichung ist den Ungarn höchst suspekt. Wieso
ist sie erforderlich? Was ist ihr Zweck? Antworten auf diese
Fragen haben sie vielleicht gar nicht erhalten, vielleicht nur in
Kurzform unter Hinweis auf irgendwelche Sachzwänge und
technische und wirtschaftliche Vorteile. Also legen sie sich die
Interpretationen selbst zurecht: Will man ihnen sagen, dass sie
keine guten Fachleute sind? Das beleidigt sie. Will man wieder
einmal zeigen, wer Chef im Konzern ist? Diese ›ewige Einmischung‹ nervt. Will man unter Vorwänden das Werk schließen? Das macht Angst. Will man zwischen den verschiedenen
europäischen Töchtern die Konkurrenz schüren? Will man
umstrukturieren und eine Zwischenebene einziehen? Will
man …? Was immer stimmt, ein redliches Vorhaben ist das
sicher nicht. Was die Ungarn nun tun können, ist, sich Möglichkeiten zu überlegen, wie das Projekt keinen Erfolg haben wird
oder zumindest möglichst lange hinausgeschoben werden
kann. Und dann muss man sehen … Ungarn können sich hier auf
ihre Improvisationsfähigkeit verlassen (vgl. Kulturstandard
›pragmatische Flexibilität‹), ihnen wird schon etwas einfallen.
Zurück zur Fallgeschichte: Wie könnten –
um diese Unterschiede im Kommunikationsstil wissend –
dann Lösungsschritte aussehen? Deutsche müssen sich zu-
nächst einmal klar machen, dass das Verhaltensmuster, dem
wir hier begegnen, mit ›Konfliktvermeidung‹ charakterisiert
werden kann: keine offene Meinungsäußerung, kein Wider-
22
mondial 1/08
spruch, keine Debatte. Davor herrscht zu viel Angst, denn der
Mächtige kann einem schaden. Also einfach handeln und zwar
auf so manch verschlungenem Pfad – mit Ausreden, mit dem
Ergreifen von Chancen, mit Passivität, so dass die Ungarn sich
immer auf der sicheren Seite befinden. Und der Grund für die
Konfliktvermeidung lautet – es sei nochmals wiederholt – Angst.
Weitere ungarische
Kulturstandards
Beziehungsorientierung
Mit dem ungarischen Kulturstandard ›Beziehungsorientierung‹ wird die Tatsache
Was ist Deutschen folglich in einer derartigen
Konstellation anzuraten?
•
•
•
•
beschrieben, dass in Ungarn der Beziehungsebene eine größere Bedeutung zukommt als in Deutschland. Kurzfristig können Freundlichkeit und Sympathie den
Unbedingt wäre eine gute Beziehungsebene zwischen Herrn
Huber und dem ungarischen Verantwortlichen nötig (vgl.
Kulturstandard ›Beziehungsorientierung‹). Sie müssen zusammenarbeiten, also müssen sie sich kennen lernen. Nur
dann kann Vertrauen entstehen, nur dann kann der ungarische Verantwortliche Herrn Huber so manche Frage stellen,
die ihm auf den Nägeln brennt, und die Angst kann nur dann
reduziert werden, wenn Herr Huber sich als ›normaler‹
Kollege oder akzeptierbarer Chef entpuppt.
Diese Ebene stellt sich nicht ein in formellen Meetings, sondern
durch informellen, persönlichen Kontakt, der gerade auch von
Seiten Herrn Hubers gesucht und gepflegt werden muss.
Jetzt kann Herr Huber erzählen, was diese Vorgabe zur ›Angleichung‹ soll. Je mehr er das tut, je nachvollziehbarer die Überlegungen der Firma werden, je mehr erkennbar ist, dass seine
Aussagen und die Realität auch übereinstimmen, umso mehr
wird ihm geglaubt und umso weniger wird der ungarische Zuständige ›frei‹ interpretieren. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit zur Akzeptanz des Vorhabens und des Projekts.
Wenn sich kein Pferdefuß zum Nachteil der Ungarn findet,
kann jetzt mit der Arbeit begonnen werden.
Ausgang einer Interaktion positiv beeinflussen. Langfristig werden weit gespannte
Beziehungsnetze bereichsübergreifend gepflegt und genutzt. Die Beziehungsebene
hat Priorität gegenüber ›Sachzwängen‹. Zum Aufbau der Beziehungsebene spielen
Art und Inhalt der Kommunikation zwischen den jeweiligen Partnern eine herausragende Rolle.
Personbezogene Hierarchie
In Ungarn sind im Vergleich zu Deutschland die Hierarchien im Allgemeinen steiler und das Hierarchiebewusstsein ist ausgeprägter. Zudem sind Betriebe tendenziell monohierarchisch und weniger in Matrixstrukturen organisiert. Mit dem
Kulturstandard ›personbezogene Hierarchie‹ wird beschrieben, dass ein Vorgesetzter in Ungarn idealerweise den Typ des Patriarchen verkörpert: Er bestimmt
auf der Sachebene, übernimmt aber auch für seine Mitarbeiter eine gewisse soziale ›Fürsorge‹ auf der Beziehungsebene.
Distanzminimierung
Während Deutsche zu Beginn eines beruflichen Kontakts tendenziell distanziert
sind, sich fast ausschließlich in ihrer Rolle bewegen und vorwiegend sachlich auftreten, vermischen Ungarn von Anfang an Rolle und Persönlichkeit und sind von
vorne herein wesentlich emotionaler. Dafür tauen Deutsche dann auf Dauer bei
wechselseitiger Sympathie auf, wollen zu privaten Beziehungen übergehen und stoßen nun plötzlich an eine Grenze, an der sich Ungarn abzuschotten scheinen: der
Trennlinie zwischen ›personalisierten beruflichen Beziehungen‹ und ›persönlichen
Freundschaftsbeziehungen‹, die zu überwinden genauso lange dauert wie der
Aufbau einer guten Freundschaft in Deutschland.
Autorinnen
Flexibler Umgang mit Zeit
Dr. phil. Sylvia Schroll-Machl, Diplom-Psychologin, Diplom-Religionspädagogin
Ungarn gehen flexibler und gelassener mit Zeitplänen um. Sie passen ihr Lebens-
(FH), arbeitet als freiberufliche Trainerin und Coach für Firmen, Organisationen
und Arbeitstempo flexibel an die jeweilige Situation an, so dass sie in bestimmten
und Ministerien im Bereich interkulturelle Trainings und Personalentwicklung
Situationen langsamer, in anderen schneller sind, als Deutsche erwarten. Ungarn
und ist Lehrbeauftragte an verschiedenen Hochschulen.
zeigen eine Tendenz dazu, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun (sog. ›Polychronie‹),
Kontakt www.schroll-machl.de
und einen Hang zu kurzfristigem Planen.
Christine Sontag, Diplom-Psychologin, hat sich wissenschaftlich schwerpunkt-
Schwankende Selbstsicherheit
mäßig mit deutsch-ungarischen Interaktionen beschäftigt, war Lehrbeauftragte
Ungarn unterliegen in ihrer Selbstsicherheit mitunter größeren Schwankungen: Sie
für das Zusatzstudium ›Internationale Handlungskompetenz‹ an der Universität
pendeln zwischen Bescheidenheit und Understatement einerseits und Selbstüber-
Regensburg, arbeitete an der Universität Ulm im Rahmen interkultureller Projek-
schätzung und Übertreibung der eigenen Fähigkeiten, der eigenen Stärken und der ei-
te und ist derzeit in der Lehrerausbildung an der Universität Regensburg tätig.
genen Leistung andererseits. Sie sind sich in ihrer Selbsteinschätzung oft unsicher.
Kontakt [email protected]
Pragmatische Flexibilität
Buchhinweis
Ungarn lösen Probleme pragmatisch und flexibel, schrittweise und ohne zu Be-
Bei diesem Beitrag handelt es sich um die überarbeitete Fassung eines Ab-
sie dabei kreativ und flexibel um und passen sie pragmatisch an bestimmte
schnitts aus: Christine Sontag; Sylvia Schroll-Machl; Alexander Thomas (2007):
Situationen an. Ungarn sind offen für unkonventionelle Wege, die ihnen in einer
Beruflich in Ungarn. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
bestimmten Situation zielführender erscheinen als die vorgegebenen.
ginn einen Gesamtplan zu erstellen. Mit bestehenden Plänen und Regeln gehen
mondial 1/08
23
Beitrag zum Forscher-Praktiker-Dialog
Die Redaktion von ›mondial‹ möchte Raum bieten für den Austausch zwischen Wissenschaft und Trainingspraxis. Einen Anfang machen hier
Peter Jandok und Steffen Henkel, die mit ihren kontroversen Darstellungen in ein produktives Streitgespräch treten. In der nächsten Ausgabe
von ›mondial‹ unternehmen beide Autoren den Versuch einer Synthese, in der theoretische Erwägungen und praktische Umsetzungen zusammengeführt werden.
Vermittlung interkultureller Kompetenzen mit linguistischen Mitteln oder:
Wann waren Sie eigentlich
zum letzten Mal direkt?
Peter Jandok
Hinweise auf ihren stereotyphaften Charakter, finden sie meist
unhinterfragt Eingang in interkulturelle Trainings. Oftmals
tabellarisch abgebildet, mit zwei Spalten zur Kontrastierung
eigener und fremder ›Eigenschaften‹ bilden sie die Arbeitsgrundlage eines ›Vergleichstrainings‹. Im Anschluss an diese
kontrastive Abbildung sollen die Trainees Episoden, die kleine
critical incidents beschreiben, mit entsprechenden Kategorien
›erklären‹. Damit eignen sich die Teilnehmer der betreffenden
Intervention ein Vokabular zur schnellen und monokausalen
Interpretation ›fremden‹ Verhaltens an. Komplexe Episoden
werden also auf isolierte Phänomene reduziert, was eine Einschränkung der Wahrnehmung in authentischen interkulturellen Situationen zur Folge haben kann. Die Wirkung des Eigenen
bei der Gestaltung von Interaktion bleibt in den (internalisierten) Erklärungsansätzen unberücksichtigt.
Wenn auch nicht intendiert, so liegen mit ›Dimensionen‹
und ›Standards‹ latent vorhandene Bewertungen vor. Denn:
Gibt es wirklich ehrliche Gründe, ›kollektivistisches‹ und ›indirektes‹ Verhalten ebenso neutral anzuerkennen und zu schätzen wie ›individualistisches‹ und ›direktes‹?
Wurden bis jetzt lediglich die Kategorien an sich kritisiert
(forschungsmethodische Kritikpunkte an Hofstedes ›Dimensionen‹ bringt u.a. Behrens (2007) vor), ist mit dichotom angelegten Vergleichskategorien noch keine Aussage über deren
Relevanz für interkulturelle Interaktionen gemacht. So konnte
z.B. Bubel (2006) an britisch-deutschen Telefongesprächen
nachweisen, dass für deutsche Interaktanten von britischen
Gesprächspartnern initiierte ausführlichere SmalltalkSequenzen keinerlei Probleme darstellen, obwohl Deutsche
angeblich Smalltalk in Geschäftstelefonaten vermeiden. Unterschiede sind also nicht mit ›Schwierigkeiten‹ und schon gar
nicht mit Konflikten zu verwechseln.
Ein abschließender Hinweis, der vor allem als Anregung
für die Forschung anzusehen ist, besteht darin, stärker die
Vernetzungen der angedeuteten psychologischen und anthro-
Auf die im zweiten Teil der Überschrift bewusst provozierend
gestellte Frage zu antworten, fällt einem deutschen Muttersprachler gar nicht so leicht, obwohl doch fast jeder – Nichtdeutsche – weiß, dass wir so ›direkt‹ sind. Ist die Bitte »Kannst
du mal das Fenster aufmachen?« wegen der Abwesenheit des
Wortes »bitte« direkt? Ist das spanische »Digame« (wörtlich:
»Sagen Sie’s mir«) im ersten Redezug eines Telefongesprächs
aufgrund der Imperativform direkt? Spätestens beim chinesischen
(wei) – am schlechtesten übersetzbar mit »Hallo« und
ebenfalls das sprachliche Mittel, einen Telefonanruf anzunehmen – versagt die interpretierende und attribuierende Kategorie ›Direktheit‹. Es lässt sich also nicht so einfach aus der Oberfläche von (verbalen, para- und nonverbalen) Handlungen auf
zugrunde liegende Einstellungen schließen.
Probleme mit ›Dimensionen‹,
›Standards‹ und Co. Solche Kategorien, zu denen z.B. ›Zeit-
planung‹ (Deutschland), ›Gelassenheit‹ (USA), ›Spiritualität‹
(Südafrika) oder ›individualistisch-egoistische Arbeitsweise‹
(Frankreich) gehören, werden auch ›Dimensionen‹ oder
›Standards‹ genannt. Sie sind in interkulturellen Trainings ein
beliebtes Mittel, fremdkulturelle Denk- und Handlungsweisen
verständlich, übersichtlich und (ver)einfach(t) zu vermitteln.
Sie sind aber auch – und vor allem – kritisch bezüglich ihres Erklärungspotenzials zu betrachten.
Die Beliebtheit von (Kultur-) ›Standards‹ bzw. ›Dimensionen‹ rührt vor allem daher, dass sie in fremdkulturellen Kontexten als Orientierungshilfen fungieren können. Sie sind im Stil
des programmierten Lernens didaktisiert und preiswert in
Form von »Beruflich in…«-Büchern zu erwerben. Mit ihnen ist
es möglich, ein breites ›fremdes‹ Handlungsrepertoire zu erklären. Durch diese Breite entsteht jedoch gleichzeitig die Gefahr, ›alles und nichts‹ begründen zu können.
Trotz der von den Hauptvertretern der ›Dimensionen‹ und
›Standards‹ transparent gemachten Einschränkungen und
24
mondial 1/08
pologischen Kategorien zu betrachten. Koch/Koch (2007)
haben z.B. durch die Kombination von ›Outgroup‹ und ›Individualismus/Kollektivismus‹ aufschlussreiche Ergebnisse zur
Kooperationsbereitschaft chinesischer Studierender geliefert.
Bearbeitung eine Betroffenheit auslöst und ein ideales Lernpotenzial beinhaltet. Die zweitbeste Möglichkeit stellen vom Trainer in anderen Kontexten aufgenommene Video- oder Tonsequenzen in verschriftlichter Form (Transkripte) dar. Mit solchen Transkripten wird es möglich, Kommunikation in ›slow
motion‹ und wie unter einem Mikroskop zu betrachten. Sie dienen als Arbeitsmaterial und unterscheiden sich von den oben
erwähnten critical incidents dadurch, dass sie keine bereits
interpretierten und stark zugespitzten Episoden im Kontext
eines Kulturvergleichs darstellen. Die Gruppe arbeitet beim linguistischen Ansatz aus den vorgelegten Transkripten die interaktionsrelevanten verbalen und nonverbalen Muster für diese
interkulturelle Situation heraus und legt keine einschränkenden und vorgefassten ›Dimensionen‹ oder ›Standards‹ bei ihren
Erklärungen und Interpretationen an. Gleichzeitig geht mit der
Transkriptanalyse eine Vermittlung von einführender linguistischer Terminologie einher. So wird konkrete Kommunikation
beschreibbar, reflektierbar und auch veränderbar – es bleibt
also mehr als ein ›feeling‹.
Zur Illustration soll nun ein kurzer Transkriptauszug aus
einer deutsch-chinesischen Besprechung zur Planung einer
Wanderung erst dargestellt und anschließend kurz beschrieben
werden. In der Beschreibung findet sich dann das sprachspezifische Vokabular wieder.
Alternativen zu ›Dimensionen‹,
›Standards‹ und Co. In diesem Abschnitt möchte ich ein alterna-
tives Trainingsvorgehen zur Vermittlung interkultureller
Kompetenzen vorstellen, das in der Wissenschaft bereits seit
einigen Jahren diskutiert wird.
Ich gehe mit Koole / ten Thije davon aus, dass Kultur(en)
»collective solutions to recurrent collective problems« (1994: 67)
sind. Im Kontakt zwischen Personen mit unterschiedlichen
»Standardlösungen für wiederkehrende Standardprobleme«
müssen entsprechende Lösungen ausgehandelt werden, was
zur Herausbildung einer ›diskursiven Interkultur‹ (»discoursive interculture«, ebd.: 69) führt. In ihr finden durch gegenseitiges aufeinander Reagieren Aushandlungsprozesse statt, die
neue »Standardlösungen für Standardprobleme« entstehen
lassen und damit wieder eine neue Kultur hervorbringen. Da
diese Aushandlungsprozesse unvorhersehbar sind, muss ein an
Koole / ten Thije aufbauender Kompetenzbegriff vorrangig strategische Elemente in der Analyse konkreter, situations- und
beziehungsspezifischer interkultureller Interaktionssituationen enthalten. Mit diesem Kompetenzverständnis ist gleichzeitig ein Kernziel für interkulturelle Trainings formuliert. Eine
Analysekompetenz hat den Vorteil, dass sie ein (Re-) Aktionspotenzial beschreibt, mit dem Gesprächspartner unmittelbar aufeinander eingehen können.
Der ideale Ausgangspunkt eines linguistisch orientierten
interkulturellen Trainings (Liedke / Redder / Scheiter 2002) ist
die gemeinsame Bearbeitung authentischer interkultureller
Gespräche, die von den Trainees geführt und vor dem Training
aufgezeichnet wurden. So wird eine konkrete Interaktionssituation zum Ausgangspunkt interkulturellen Lernens, was in der
Transkript-Beschreibung und das
nötige Vokabular Auf struktureller Ebene ist leicht zu erkennen,
dass es einige Überlappungen (paralleles Sprechen) gibt, die auf
ein angeregtes Gespräch schließen lassen. Drei Funktionen von
Überlappungen können ausgemacht werden: (1.) Vermutlich
Transkriptionskonventionen
Unterbrechung
seitens
des
Sequenzielle Struktur
eine
Sprechers D2 in Zeile 04, da C1
[ ] ––> Überlappungen und
seinen Redezug nicht fortsetzt
Simultansprechen
Pausen (.) ––> Mikropause
und keine abfallende Stimmen(1.5 sek) ––> geschätzte Pause
01
02
03
C1:
04
D2:
06
C1:
05
07
08
09
D1:
D2:
D3:
10
C2:
12
D2:
11
13
14
D3:
C2:
D3:
mondial 1/08
also (1 sek) die stadt hat eine eine kÜste von Über
vIerzig kilomE:tern. Und=e da kann man wIrklich die kÜste
entlang (2.5 sek) spazIEr[gang machn
]
[mAchen wir das.]
ja:.
:, ::, ::: ––> Dehnung, Längung,
je nach Dauer
= ––> Verschleifung eines Lautes
oder mehrerer Laute zwischen
Wörtern
jA´ also lO:s. gEhen=wir.
Akzentuierung
da bauch´ da brauch doch
akZENT ––> Primär- bzw. Hauptakzent
[nu´r jemand ne lIste ans schwarze ]
ak!ZENT! ––> extra starker Akzent
)]
Tonhöhenbewegung
brett [zu hängen am soundsovielten] [wolln] [wir uns zu ]
[jA´ klA´r mA´chn.
Konventionen
äh, öh, etc. ––> Verzögerungssignale
AB ab skulptUren(.)park stAdtwärts. is sehr schön.
[(lachen
Sonstige segmentale
]
[jA-
ner wAnderung treffn- wer trägt sich ei´n
25
]
[ja´sO=ises ]
am Ende einer Einheit
? ––> hoch steigend
´ ––> mittel steigend
- ––> gleich bleibend
; ––> mittel fallend
. ––> tief fallend
kann wiederum sprach- und kulturspezifisch sein und an der
verbalen, para- und nonverbalen Oberfläche genau so hervortreten, dass es ›individualistisch‹, ›machthungrig‹, ›emotional‹
oder eben ›direkt‹ wirkt. Diesen vorschnellen Attributionen
muss jedoch mit Vorsicht begegnet werden, da wir für interkulturelle Interaktionen vor allem die Erweiterung der Wahrnehmung durch strategisches Wissen und Können anstreben sollten. Eine Einengung durch kulturvergleichende ›Dimensionen‹, ›Standards‹ und Co. wird komplexen und sich schnell
verändernden Handlungswelten nicht mehr gerecht.
intonation das Ende seines Redezugs markiert. (2.) Das verzögerte ›Lachen‹ in Zeile 10 als Reaktion auf die Aufforderung von
D2 in Zeile 07. (3.) Das von C2 geäußerte Rückmeldesignal ›jA-‹
in Zeile 13 auf die Wiederholung der Aufforderung von D2.
Nun könnten in einem Training Hypothesen über die unterschiedlichen Funktionen der Rückmeldesignale diskutiert werden, z.B., dass das ›ja:.‹ aus Zeile 06 als continuer oder das ›jA-‹
aus Zeile 13 als Zustimmungsindikator dient. Weiterhin fallen
die relativ langen redezuginternen Pausen in Zeile 01 und 03 auf.
Auch die kurze Nebensequenz zwischen D2 und C2 in den Zeilen
12 und 13 kann hervorgehoben werden; sie stellt jedoch keinen
Kampf ums Rederecht zwischen D2 und D3 dar.
Relevanz der Transkript-Beschreibung
für interkulturelle Trainings Das Potenzial einer Beschreibungs-
und Verbalisierungsfähigkeit von interkulturellen Kommunikationssituationen wird klarer, wenn wir wissen, dass z.B. die
Länge von redezuginternen Pausen oder die Toleranz von Überlappungen beim Kampf ums Rederecht sprach- bzw. kulturspezifisch sind. Dies haben z.B. Bouchara (2002) für deutsch-arabische, Lenz (1991) für deutsch-finnische und Günthner (1993)
für deutsch-chinesische Interaktionen nachgewiesen. Auch
Rückmeldesignale unterscheiden sich in ihrer Ausdrucksform,
Intensität, Distribution und Funktion. Die Funktion des
›Lachens‹ bzw. ›Kicherns‹ ist ebenfalls sprach- bzw. kulturspezifisch.
Literatur
Behrens, Leila (2007): Konservierung von Stereotypen mit Hilfe der Statistik.
Geert Hofstede und sein kulturvergleichendes Modell. Universität zu Köln, Institut für Linguistik, Allgemeine Sprachwissenschaft, Arbeitspapier Nr. 51 •
Bouchara, Abdelaziz (2002): Höflichkeitsformen bei der Interaktion von Deutschen und Arabern. Tübingen: Niemeyer • Bubel, Claudia (2006): »How are
you?« »I’m hot«. An interactive analysis of small talk sequences in BritishGerman telephone sales. In: Kristin Bührig; Jan D. ten Thije (Hrsg.): Beyond Misunderstanding. Linguistic Analysis of Intercultural Communication. Amsterdam;
Philadelphia: John Benjamins, S. 245–259 • Günthner, Susanne (1993): Dis-
Nutzen der
Transkriptanalyse Mit diesem Wissen lassen sich negative
kursstrategien in der Interkulturellen Kommunikation. Analysen deutsch-chine-
Gefühle oder bestimmte Handlungen verbalisieren und damit
verändern:
• Oft fühlen sich Menschen unsicher, wenn vom
Gesprächspartner zu wenige oder zu zahlreiche
Rückmeldesignale (<hm>, <ja>) gegeben werden.
• Auch ›Lachen‹ an wenig erheiternden Stellen eines
Gesprächs kann Irritation hervorrufen.
• Viele Personen reagieren auf systematische
Unterbrechungen frustriert und verärgert, obwohl
Unterbrechungen eine kooperative Funktion haben können.
• Zu schnelle Kompromissangebote sind bei längeren redezuginternen Pausen nachweisbar und führen zu konkreter
Gewinnminimierung im Geschäft.
Wenn sich Trainees nun ein Wissen und Können zur Sprachund Kulturspezifik von z.B. Rückmeldesignalen, Unterbrechungen oder Pausenlängen aneignen, können sie ein vorher
nur dagewesenes ›feeling‹ mit linguistischem Vokabular beschreiben und so rationalisieren. Letzteres führt zur Möglichkeit der flexiblen Anpassung in einer komplexen Situation.
Natürlich bestehen Gespräche nicht nur aus den hier beispielhaft vorgebrachten strukturellen Komponenten. In
Verhandlungen gibt es Vorschläge, Instruktionen, Scherze,
Themenwechsel, Präsentationsphasen und vieles mehr. All das
muss jedoch an der sprachlichen Oberfläche ausgedrückt und
mit non- oder paraverbalen Mitteln versehen werden. All das
(2007): Collectivism, individualism, and outgroup cooperation in a segmented
sischer Gespräche. Tübingen: Niemeyer • Koch, Bradley J.; Koch, Pamela T.
China. In: Asia Pacific Journal of Management 24, S. 207–225 • Koole, Tom; ten
Thije, Jan D. (1994): The Construction of Intercultural Discourse. Team Discussions of Educational Advisers. Amsterdam: Rodopi • Lenz, Friedrich (1991):
Interkulturelle Probleme in Verhandlungen zwischen Deutschen und Finnen. In:
Elisabeth Feldbusch et al. (Hrsg.): Neue Fragen der Linguistik: Akten des 25.
Linguistischen Kolloquiums, Paderborn 1990. Bd. 2: Innovation und Anwendung. Tübingen: Niemeyer, S. 279–286 • Liedke, Martina; Redder, Angelika;
Scheiter, Susanne (2002): Interkulturelles Handeln lehren – ein diskursanalytischer Trainingsansatz. In: Gisela Brünner; Reinhard Fiehler; Walter Kindt (Hrsg.):
Angewandte Diskursforschung. Bd. 2: Methoden und Anwendungsbereiche.
Radolfzell: Verlag für Gesprächsforschung, S. 148–179. Download unter:
www.verlag-gespraechsforschung.de/2002/diskursforschung/2-148-179.pdf
Autor
Peter Jandok hat an der TU Chemnitz Pädagogik, Deutsch als Fremdsprache
und Interkulturelle Kommunikation studiert. Nach zweijähriger Tätigkeit in China ist er im interdisziplinären Promotionskolleg »Interkulturalität in Ästhetik, Bildung, Kommunikation« der Universität Hildesheim angebunden. Er untersucht in
seiner Promotion gesprächsanalytisch deutsch-chinesische Planungsprozesse
in Meetings. Parallel dazu übernahm er bereits Lehraufträge an den Universitäten Bayreuth, Hildesheim, Leipzig, Jena und Chemnitz und bereitet unterschiedliche Zielgruppen für Aufgaben im interkulturellen Kontext vor.
Kontakt [email protected]
26
mondial 1/08
nale Zuschreibung auch genau das, womit wir es in interkulturellen Situationen zu tun haben. Begründet durch unsere Enkulturation haben wir bestimmte Vorstellungen von richtig oder
falsch. Sich ganz bewusst damit auseinander zu setzen ist eben
eines der Ziele von interkulturellen Trainings. Durch Objektivierung die Emotionalität heraus zu nehmen führt meiner
Ansicht nach nicht dazu, sich eben dieser Gefühle bewusst zu
werden.
Trainieren im
Spannungsfeld
Eine Replik zum Beitrag von Peter Jandok
Fähigkeit zur Analyse Des Weiteren unterstellt Jandok seiner
Methode, dass sie in der Lage ist, ›Analysekompetenz‹ zu vermitteln und somit »ein (Re-)Aktionspotenzial beschreibt, mit
dem Gesprächspartner unmittelbar aufeinander eingehen können«. Dies ist unbestritten. Offen ist für mich, wieso er dies
Modellen wie den Kulturstandards und -dimensionen abspricht. Ich gehe davon aus, dass in einem Training diese Werkzeuge als das dargestellt werden, was sie sind, nämlich als Modelle, die versuchen das ›Unsagbare‹ zu erklären und Hilfestellung für die Analyse von Situation zu geben. Trainer, die dies
nicht tun, wenden die Methode falsch an, was jedoch nicht der
Methode als solcher anzulasten ist.
Steffen Henkel
Als interkulturelle Trainerin bzw. interkultureller Trainer steht
man in einem Spannungsfeld, das sich aus meiner Sicht nicht auflösen lässt: Das Themenfeld der ›Interkulturalität‹ ist hochkomplex, in seiner Ganzheit nicht zu erfassen und somit nicht in einer
abgeschlossenen, das heißt ›erschöpfenden‹ Form zu vermitteln.
Dem gegenüber steht der Wunsch, in einem Training oder
Seminar das Thema so aufzuarbeiten, dass die Teilnehmer eine
Hilfestellung bei der Lösung ihrer täglichen Aufgabenstellungen
in internationalen Teams oder bei einer Auslandsentsendung
erhalten. Das Extrem bildet da oftmals die Vorstellung von Teilnehmern, die gerne das ganze Thema anhand einer Checklist oder
einfacher »Dos and Don’ts« abgehandelt hätten.
Jeder Trainer und Trainingsanbieter kennt das Problem,
zwischen eigenen Qualitätsansprüchen auf der einen Seite und
dem Wunsch einem Kunden zu helfen – sei es auch bei knappstem Zeitbudget – hin und her gerissen zu sein. Zumeist muss
ein Trainer bei einem Seminar dann gar nicht von eigenen
Qualitätsvorstellungen abweichen, sondern nur einen Abgleich
von Erwartungen und Möglichkeiten hinbekommen. Stimmen
diese überein, ist auch eine noch so kurze Intervention hilfreich – zumindest hilfreicher, als gar nichts zu unternehmen.
Um die Ziele eines interkulturellen Trainings zu erreichen,
vertrete ich die Ansicht, dass eine eklektische und auf alle Fälle
zielgerichtete Auswahl verschiedener inhaltlicher und didaktischer Methoden das Mittel der Wahl ist. Jedem guten Trainer
gestehe ich zu, eine für seine Trainingsziele angemessene
Auswahl zu treffen.
Etwas wirklich Neues? Die von Jandok dargestellte Transkript-
analyse und ihre Hilfestellung bei der Analyse zur Deutung
interkultureller Situationen ist sehr hilfreich und wird meiner
Ansicht nach in Trainings noch viel zu wenig beachtet. Jedoch
möchte ich die Frage stellen: Wie neu ist das Ergebnis der
Analyse?
Im analysierten Transkript wird dargestellt, dass es vermutlich zu einer Unterbrechung der Rede des Chinesen durch seinen deutschen Kollegen kommt. Anschließend wird herausgearbeitet, aufgrund welcher unterschiedlichen Redekonventionen es zu dieser Unterbrechung kommen kann. Sinnvoll ist dies
aus meiner Sicht, wenn hier Verallgemeinerungen durchgeführt werden können, die helfen, eine Art Regelwerk zu verinnerlichen, damit in Zukunft ein Gespräch ohne Unterbrechungen verlaufen kann. Ansonsten verbleiben die Gesprächspartner zwangsläufig in einer Situation des »Kampfes um das
Rederecht«. Ergebnis dieser Transkriptanalyse, würde ich
somit interpretieren, ist, dass es bestimmte Kommunikationskonventionen gibt, die dazu führen, dass Chinesen von Deutschen tendenziell öfter unterbrochen werden. Dies kann für
Chinesen ein frustrierendes oder ärgerliches Erlebnis sein.
Was ist nun das Neue an dieser Erkenntnis?
Grundsätzlich erwarte ich von einem interkulturellen
Training, dass es auf diese Tatsache aufmerksam macht. Beispielsweise kann bei der Trainingssequenz, die sich mit Stereotypen der Chinesen über uns Deutsche auseinandersetzt, herauskommen, dass Chinesen uns Deutsche oftmals als ›stur‹
oder auch ›unhöflich‹ wahrnehmen. Eine Erklärung dafür gibt
die Transkriptanalyse. Somit stellt Jandok keine neuen Erkenntnisse dar. Vielmehr bietet er einen weiteren – sehr
wissenschaftlich fundierten – Erklärungsansatz für einen
bekannten Sachverhalt.
Bewertungsproblem In seiner sehr gelungenen Vorstellung
einer linguistischen Methode erhebt Peter Jandok den Vorwurf,
dass das Vokabular, welches uns durch Wissenschaftler wie
Hofstede und Trompenaars gegeben wurde, grundsätzlich wertend ist und daher gar nicht in der Lage ist, einen objektiven
Blick auf kulturelle Unterschiede zu werfen. Ganz abgesehen
davon, dass es in einem guten Training gelingen muss – sonst
hat es das Prädikat ›gut‹ nicht verdient – einen positiven Blick
auf eine ›indirekte Kommunikation‹ zu werfen, ist diese emotio-
mondial 1/08
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Darstellung von Komplexität Mit der linguistischen Methode
alleine wird die Komplexität interkultureller Situationen auch
nicht klarer. Vielmehr wird sie dies, indem eine Vielzahl von
Ansätzen in einem Training die verschiedenen Sichtweisen auf
unser Thema beleuchtet und damit die vorhandene Multikausalität verdeutlicht.
Unabdingbar ist, dass Trainer darstellen, dass jede (!) Situation einzigartig ist. Dies kann ein Modell alleine nicht leisten –
schließlich hat es ja gerade die Aufgabe, Komplexität zu reduzieren. Deswegen ein Modell abzulehnen, ist kaum hilfreich. Es
ist vielmehr die Aufgabe der Trainer, auch dieses Spannungsfeld immer wieder zu betonen. Findet man für eine Aussage, die
sich aus ›Dimensionen‹ oder ›Standards‹ ableitet, Gegenbeispiele oder gegenlautende Erklärungen, so sind diese in meiner
Sicht kein Hinweis darauf, dass der ›Standard‹ versagt.
Vielmehr kann dies entweder ein Zeichen dafür sein, dass
die Situation noch nicht ausreichend durchdrungen wurde
oder eben nicht gemäß der standardisierten Kategorie gehandelt wurde. Sie stellt schließlich eher die ›soziale Erwünschtheit‹ in einer Kultur dar, als das immer tatsächlich beobachtete
Verhalten. Auch dies unterstützt eher die Aussage, dass Kulturen sehr komplex sind, und hilft zu vermeiden, die Dinge zu einfach zu sehen.
Ebenso ist aber auch der linguistische Ansatz nicht dazu
geeignet, die volle Komplexität darzustellen. Vielmehr wird
durch die Objektivierung eine vermeintliche Einfachheit dargestellt, die so nicht vorhanden ist. Ganz davon abgesehen, gibt
es neben Unterschieden in der Kommunikation, die sich durch
Transkriptanalysen herausarbeiten lassen, auch Unterschiede
auf ganz anderen Ebenen des Handelns, die nicht nur durch
sprachliche Handlungen offenbar werden und somit gar nicht
von dieser Methode erfasst werden können, wie beispielsweise
unterschiedliches Hierarchieverständnis.
Ausblick Trotz all dieser Hinweise und Gegenreden ist es Jandok
gelungen, einen weiteren Ansatz in das Bewusstsein zu bringen
und hier Trainern wertvolle Hinweise zu geben, wie Seminarkonzepte vervollständigt werden können.
Auch die Kritik an alleinig kontrastiven Ansätzen teile ich
weitgehend. Hier bin ich der Meinung, dass herkömmliche
Trainings einer dringenden Überarbeitung bedürfen und endlich auf die Rückmeldungen aus Plus-X-Tagen-Evaluationen
und den geänderten Bedürfnissen der global work force reagiert werden muss. Die Wissenschaft hat hier baldiges Handeln
angemahnt, beispielsweise Dr. Matthias Otten bei der Podiumsdiskussion des SIETAR-Forums im März 2008 in Bonn. Ein gängiges Konzept, das in der Lage ist, Komplexität auf ein angemessenes Maß zu reduzieren und gleichzeitig den Kunden-/Teilnehmerwunsch nach ›Einfachheit‹ Rechnung trägt, zusammen
zu bringen, ist mir indes noch nicht bekannt.
Autor
Steffen Henkel, Diplom-Kulturwirt (Südostasien), ist geschäftsführender Gesellschafter eines der führenden Trainingsinstitute in Deutschland. Selbst durch
ein Forschungsprojekt über Konfliktpotentiale internationaler Unternehmenskooperationen zwischen deutschen und singapurischen KMU zu dem Thema gekommen, lebt er in dem Spannungsfeld aus wissenschaftlicher Forschung und
praktischer Anwendung. Mit der Ausschreibung von wissenschaftlichen Arbeiten
und Engagement für das Thema versucht Steffen Henkel, die Weiterentwicklung
interkultureller Trainings voranzutreiben. Er ist Mitglied des Vorstands von
SIETAR Deutschland.
Kontakt [email protected] · www.compass-international.de
Neue wissenschaftliche Publikationen
Jammal, Elias (Hrsg.) (2008): Vertrauen in interkulturellen Kontexten: China – Indonesien – Frankreich – Tschechien – arabischislamische Welt. Mit Beiträgen von Torsten M. Kühlmann, Guido
Martini, Mareike (2008): Deutsch-kubanische Arbeitsbesprechungen: Eine gesprächsanalytische Studie zu gedolmetschter
Kommunikation in internationalen Hochschulkooperationen.
Möllering, Martin Schweer, Dominic Busch, Jürgen Bolten,
Jürgen Henze. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.
Tübingen: Stauffenburg.
Otten, Matthias; Scheitza, Alexander; Cnyrim, Andrea (Hrsg.)
(2007): Interkulturelle Kompetenz im Wandel. Band 1:
Grundlegungen, Diskurse und Konzepte. Frankfurt/Main:
IKO – Verlag für interkulturelle Kommunikation.
Köppel, Petra (2007): Konflikte und Synergien in multikulturellen
Teams: Virtuelle und face-to-face-Kooperation. Mit einem Vorwort von Dieter Wagner. Wiesbaden: Deutscher UniversitätsVerlag.
Otten, Matthias; Scheitza, Alexander; Cnyrim, Andrea (Hrsg.)
(2007): Interkulturelle Kompetenz im Wandel. Band 2:
Ausbildung, Training und Beratung. Frankfurt/Main:
IKO – Verlag für interkulturelle Kommunikation.
Kühlmann, Torsten M.; Müller-Jacquier, Bernd (Hrsg.) (2007):
Deutsche in der Fremde: Assimilation – Abgrenzung – Integration.
St. Ingbert: Röhrig Universitätsverlag.
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mondial 1/08
Die Bilder im Kopf
Eine Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin
widmet sich populären Klischees
Thorsten Beck
»Sind Schwarze die besseren Athleten? Haben Schwule einen
ausgeprägten Sinn für Kunst? Sind Pfeifenraucher gemütlich,
und haben Juden lange Nasen?« – fragt das Jüdische Museum
Berlin in einem Ankündigungstext zur aktuellen Ausstellung
»typisch! Klischees von Juden und Anderen«. Wie ist es bestellt
mit den Bildern in unseren Köpfen, wie komplex oder wie dürftig sind eigentlich unsere Kenntnisse über Individuen, Gruppen
und Nationen? Welche Einstellungen haben wir inzwischen so
fest verinnerlicht, dass wir sie nicht zu ändern vermögen, sie
zuweilen auch gar nicht ändern wollen?
›Stereotyp‹ und ›Klischee‹ – das sind ursprünglich Fachbegriffe aus der Welt des Druckereiwesens. Sie bezeichnen die
materiellen Vorlagen, von denen aus sich beliebig viele Kopien
ziehen lassen. Ohne Massenmedien, wie Plakate, Flyer, Broschüren und Zeitungen, ohne Fernsehen und Internet wäre unsere Welt kaum noch denkbar. Zu sehr prägen Medien unsere
Lebenswelt. In Anlehnung an die metallene Druckvorlage bezeichnet auch das mentale Klischee ein immer gleiches und unveränderlich reproduziertes Bild. Vereinfachte Einstellungen,
die einerseits im Alltag Orientierung bieten, dienen andererseits nicht selten als Vorlage für rassistische, sexistische und
andere menschenfeindliche Positionen, und sie definieren
Grenzen zwischen Individuen und Gruppen.
mondial 1/08
Das Klischee, so könnte man behaupten, ist der blinde
Passagier, der uns beim Denken stets begleitet. Nicht immer ist
es uns bewusst, woher unsere, als Erkenntnisse maskierten,
festen Meinungen über bestimmte Gruppen eigentlich stammen. Gut und gerne lässt sich noch über die skurrilen oder intoleranten Einstellungen anderer sprechen; doch die eigenen,
unhinterfragten und pauschalisierten Überzeugungen bleiben
in der Regel unangetastet, oder zumindest unbemerkt. Dort, wo
sie bewusst sind, spricht man sie nicht gerne aus, denn die eigenen Klischees zugeben, hieße zugleich, sich zu entlarven und
angreifbar zu machen. Genau hier setzt die Ausstellung im Jüdischen Museum an, sie will den Besucher in die Auseinandersetzung mit den dargestellten Themen einbeziehen, so dass er sich
über eigene, unhinterfragte Positionen klar werden kann.
Eine Ausstellung, die Fragen aufwirft und die mit einer Flut
der Bilder einsetzt. Im ersten Raum von »typisch« wird der Besucher durch eine großflächige Projektion mit Werbemotiven
aus Vergangenheit und Gegenwart konfrontiert. Eine Vielzahl
von Typen, aber auch rassistisch gefärbter Klischees kommen
dem Betrachter auf einer virtuellen Plakatwand entgegen, als
wollten sie ihn auffordern, einmal genau hinzuschauen. Rauchende Araber und Türken, sich mit Seife die Haut weiß
waschende Schwarze, den biederen Haushalt säubernde Frau-
29
elle Manifestationen des klischierten Denkens, so wie sie industriell für den europäischen und internationalen Markt gefertigt wurden und werden.
Doch die Schau erschöpft sich nicht im Zitieren überlieferter Stereotype – sie sucht nach Perspektiven, die es erlauben,
das Klischee zu entlarven, zu problematisieren, oder über es zu
schmunzeln. Sie macht sichtbar, auf welche Weise klischiertes
Denken in konkretes Handeln überführt wird, und begegnet
den dargestellten Themen kritisch. Oft sind es Positionen zeitgenössischer Kunst, die den Sprung über den Schatten
des Klischees ermöglichen. So entsteht im Auge
des Betrachters unwillkürlich eine
Spannung, wenn der amerikanische Künstler Dennis Kardon auf
das Klischee von der »typisch jüdischen« Nase mit einer Installation
von 49 dreidimensionalen Kunststoff-Nasen reagiert, die er nach Vorbildern in seinem Freundes- und
Bekanntenkreis geformt hat. Wie
sieht sie denn nun aus, die ›jüdische‹
Nase? Der Betrachter ertappt sich
unwillkürlich bei dem vergeblichen
Versuch, in den Gemeinsamkeiten ein
verbindendes Muster zu erkennen.
Oder wenn der israelische Künstler
Tamir Lahav-Radlmesser der Ordnungs- und Klassifizierungswut der Anthropologen des 19. Jahrhunderts seine aus der ganzen Welt zusammengetragene Schamhaarsammlung, sehr poetisch »Wrapped
Crowns« betitelt, entgegen stellt. An anderer Stelle ist es wieder
Santiago Sierra, der künstlerisch auf die sozialen und politischen Folgen restriktiver und rassistisch motivierter Immigrationspolitik hinweist, und manchmal kann auch die übertriebene Bestätigung eines Klischees dieses zum Wanken bringen –
so wie etwa bei der australischen Band Yidcore, deren Video »If
I Were a Rich Man« das Imago des »gierigen Juden« verhöhnt,
denn, so die Logik – wäre es nicht zutiefst menschlich, ein bisschen mehr Geld besitzen zu wollen?
Selbstironie und Selbstreflexion sind Motive, die bei der
Annäherung an dieses Thema immer wieder eine bedeutende
Rolle spielen. Denn die Ausstellung problematisiert nicht zuletzt die Arbeit der Ausstellungsmacher selbst – sie fragt in aller
Deutlichkeit nach der Klassifizierungswut der Museen und ermöglicht es am Ende dem Besucher, sich in die Rolle des Kurators zu begeben. In einem interaktiven Figurenkabinett darf
letztlich die Frage nach der Allmacht des Museumsarbeiters gestellt werden. Wer kann und wer darf einem Objekt eigentlich
einen Titel geben? Aufgrund welcher Informationen geschieht
dies?
Als Ausgangspunkt diente den Ausstellungsmachern um
Felicitas Heimann-Jelinek und Cilly Kugelmann eine Sammlung von ›Antisemitica‹, die das Jüdische Museum Wien vor Jahren als Schenkung erhielt. Bei der wissenschaftlichen Beschäf-
en. Für einen Moment stehen sie in Lebensgröße vor dem Auge
des Betrachters, und verstörende Fragen stehen im Raum: Aus
welcher Zeit stammen diese Bilder eigentlich? Wie hat sich das
Genre inzwischen gewandelt? Argumentiert Werbung auch
heute noch rassistisch, und welche klischeebehafteten Traditionen setzen sich bis in die Gegenwart fort? Im Hintergrund
läuft Musik, mal ist es »Griechischer Wein« von Udo Jürgens,
mal »Die zehn kleinen Negerlein«. Denn, so ein erster Befund,
den die Ausstellung ihren Gästen präsentiert – Klischees durchdringen das Leben, sie sind omnipräsent im Alltag – unter anderem als fester Bestandteil öffentlicher Kommunikation
und Wahrnehmung.
Während ich dies in einem Berliner Café schreibe, unterbricht mich die Unterhaltung eines
Vaters mit seinem Sohn am Nebentisch.
Der Vater erklärt seinem Sohn: »Alle Vietnamesen in Deutschland haben entweder
einen Lebensmittelladen, oder sie handeln mit geschmuggelten Zigaretten.« Der
Junge denkt nicht lange nach und antwortet:
»Dann könnte man ja auch sagen, alle Deutsche
seien Rassisten.«
Soviel steht außer Frage: Klischees sind unendlich weit verbreitet und richten sich gegen fast
alles und jeden – beileibe nicht immer beschränken sie sich auf spöttische Betrachtungsweisen, wie bei Witzen über Blondinen oder
Ostfriesen. In ihnen spiegeln sich und durch sie
konstituieren sich gesellschaftliche Animositäten, sowie zwischenmenschliche Grenzen und Hierarchien. Trotz ihrer
unleugbaren Popularität steht der Ausstellungsmacher vor
nicht geringen Herausforderungen, wenn Klischees abgebildet
werden sollen. Wie können kognitive Prozesse, wie können
Einstellungen überhaupt gezeigt werden? Anhand welcher
Objekte lässt sich dies bewerkstelligen und über wessen
Klischees reden wir am Ende eigentlich?
Die Ausstellung argumentiert, ohne vordergründige Antworten zu geben. Sie möchte es dem Publikum ermöglichen,
sich selbst in Beziehung zu den dargestellten Themen zu setzen.
Da gibt es die kleine Sirupkanne in Form einer schwarzen
Amme, der Aunt Jemima, die selbst als kunsthandwerkliches
Objekt noch die Funktion der dienenden Sklavin übernimmt –
ein Spiegelbild der tradierten Rolle der schwarzen Frau in der
amerikanischen Gesellschaft. Da stehen die sogenannten
›Wiener Stöcke‹ aus dem 19. Jahrhundert – bürgerliche Dekorations- und Gebrauchsgegenstände, deren Knäufe mal mehr
und mal weniger die antisemitische Einstellung ihrer ehemaligen Besitzer spiegeln. Da steht die schwarzäugige, tamburinspielende Zigeunerin neben den konspirativ tuschelnden
Juden, da versammeln sich die blauen Indianerschlümpfe
neben edlen königlich-preußischen Porzellanfiguren des unbekleideten Wilden genauso wie die kunstvoll gekleidete, aber ihr
Schicksal passiv erleidende Figur einer Geisha aus einem
Berliner Asia-Shop. Viele dieser Objekte repräsentieren seri-
30
mondial 1/08
tigung mit diesen sehr heterogenen Objekten stellte sich alsbald die Frage nach den Motiven des Sammlers. Wann – und
dies kann bei einem solchen Bestand nicht immer eindeutig
festgestellt werden – darf ein Objekt als antisemitisch ›gelabelt‹
werden? Wie viel ist über den »Sitz im Leben« der einzelnen Gegenstände bekannt, und wo beginnen die eigenen stereotypen
Annahmen die Arbeit des Sammlers und die Zusammensetzung
der Sammlung zu beeinflussen?
Der Versuch, antisemitische Klischees im Rahmen von Ausstellungen zu problematisieren, ist in der Vergangenheit schon
einige Male unternommen worden. So hat das österreichische
Jüdische Museum in Hohenems 2005 unter dem Titel
»Antijüdischer Nippes und populäre Judenbilder«
eine Ausstellung konzipiert, welche die propagandistische Wirkung der antisemitischen Objekte
durch die Inszenierung im Stil eines Trödelladens zu brechen suchte. Auch an anderer
Stelle, im Jüdischen Museum Wien, war man
sich über »Die Macht der Bilder« bewusst, der
es zu begegnen gilt. Die Annäherung an das
Thema erweist sich nicht selten als herausforderndes Unterfangen, vor allem, weil das Ausstellen zwangsläufig eine Kontextualisierung
voraussetzt. Dies birgt die Gefahr, möglicherweise schon vergessene Klischees aufs Neue zu
tradieren, sie unter Umständen selbst zu popularisieren. Natürlich lässt sich am Ende nicht mit
Gewissheit sagen, welche Reaktion der Besucher zeigt und welche Erkenntnisse er mitnimmt. Selbst die Affirmation eines Klischees lässt sich am Ende nicht vollkommen ausschließen.
Doch eine Ausstellung zum Thema bietet immerhin die Gelegenheit, Klischees zu historisieren, und wo dies nicht möglich
ist, sich doch wenigstens selbst an der einen oder anderen Stelle
der eigenen Einstellung bewusst zu werden. Bei der Beschäftigung mit dem Thema ist ohne Zweifel ein gutes Maß an ironischer Bescheidenheit zu empfehlen. In diesem Sinne soll
Woody Allen das letzte Wort haben: »Mich erstaunen Leute, die
das Universum begreifen wollen, wo es schwierig genug ist, in
Chinatown zurechtzukommen.«
Society
SIETAR Deutschland e.V. ist eine Plattform
für den interdisziplinären und fachlichen
Austausch zu interkulturellen Themen in
Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.
Sie richtet sich an Menschen, die Interesse
an interkulturellen Fragen und Herausforderungen haben und in einem entsprechenden Spannungsfeld leben, forschen,
trainieren, beraten oder vermittelnd in der
Öffentlichkeit wirken.
SIETAR Deutschland e.V. lebt durch
das Engagement und die Vielfalt seiner
Mitglieder.
Dabei gibt SIETAR Deutschland e.V.
Impulse für das Zusammenleben und
Wirken in einer kulturell heterogenen
Gesellschaft.
SIETAR Deutschland e.V. ist Teil des
weltweit größten Netzwerkes auf dem
Gebiet interkultureller Zusammenarbeit
und Internationalisierung.
Autor
Thorsten Beck ist Kurator der Ausstellung »typisch! Klischees von Juden und
Anderen«.
SIETAR Deutschland e.V.
Postfach 31 04 16 · 68264 Mannheim
Tel. 0621-717 90 02 · Fax 0621-717 90 04
[email protected]
Ausstellung
»typisch! Klischees von Juden und anderen« – vom 20. März bis 03. August 2008
im Jüdischen Museum Berlin. Ein Begleitkatalog ist bei nicolai erschienen und
kostet 24, 90 Euro · www.jmberlin.de/typisch
www.sietar-deutschland.de
Bildnachweis Barbies – »Dolls of the World«: ghanaische, chinesische,
niederländische und Fulla-Barbie © Jüdisches Museum Berlin, teilw. privat,
Fotos: Jens Ziehe
mondial 1/08
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15 Fragen an
Interkulturalisten
Elias Jammal (Prof. Dr. phil.) lehrt an der Hochschule Heilbronn u.a. vergleichende Verhaltenswissenschaften, inter-
kulturelle Studien und interkulturelles Management mit dem regionalen Bezug auf den arabisch-islamischen Raum.
Er leitet dort das Orient Institut für Interkulturelle Studien (OIS) und ist darüber hinaus als Berater und Trainer tätig.
In Heidelberg studierte er Philosophie, Physik und Kunstgeschichte, machte seinen MBA in England und promovierte in vergleichender Erziehungswissenschaft an der Universität Kaiserslautern. Der 54-jährige ist in Beirut geboren und in Mannheim aufgewachsen. Die Mutter seiner beiden Kinder kommt aus Deutschland; Seine Tochter geht in Heidelberg auf
das Gymnasium und sein Sohn ist Schauspieler am Theater in Magdeburg.
1. Mein deutsches Lieblingswort ist… bedeutungsschwanger.
2.
Diesen Geschmack oder Geruch verbinde ich mit meiner Heimat… Heimat? Welche Heimat
ist gemeint? Ich bin hier zuhause. In Haifa? In dem Geburtsort meiner Eltern war ich
zum ersten Mal mit 32 Jahren! Ich kenne das Land nicht, wie es damals war, als meine
Eltern dort gelebt haben. Der Geruch der ersten deutschen Stadt, in der ich gelebt habe,
also von Mannheim, ist Chemie!
3. Wenn ich Familie im Ausland besuche, mache ich zuerst… essen, weil ich essen so liebe.
Alles was sie dort zubereiten ist fantastisch, vor allem die fleischlose Küche.
4. Was mir in Deutschland fehlt… warmes Klima, das Mittelmeer und das gute mediterrane
Essen. Ja, so banal bin ich!
5. Dafür gibt es in Deutschland ein bisschen zu viel… zu viele kalte und verregnete Tage.
6. Als König von Deutschland würde ich… in die Bildung investieren und die
Kneipen- und Esskultur fördern.
7.
Forschung bedeutet für mich… lebendig bleiben und Neugierde ausleben.
8. Was ich unbedingt noch erforschen möchte… mich.
9.
Ich glaube an… das Gute im Menschen. Das klingt zwar etwas abgedroschen,
doch es entspricht meiner Überzeugung.
10. Als 13-jähriger wollte ich gerne werden… Pilot – aber heute hasse ich das Fliegen.
11. Diese Website würde ich der Welt empfehlen… die vom Orient Institut
für Interkulturelle Studien natürlich – http://ois.hs-heilbronn.de/wiki/home/.
12. Glücklich macht mich… zu sehen, dass ich zwei tolle Kinder habe.
13. Mich ärgert im Moment… die Verschulung des Studiums an den Hochschulen.
14. Dieses Kompliment verunsichert mich… ›Sie sprechen aber gut deutsch‹.
15. Diesen Menschen möchte ich gerne kennen lernen… Ich wollte schon immer
Voltaire kennen lernen – »Candide« habe ich mit 16 Jahren gelesen, später dann
seine Biografie – ich wollte schon immer wissen, was das für ein Mensch ist.
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mondial 1/08
Gesellschaftliche und unternehmerische Veränderungen machen es erforderlich,
das berufliche Selbstverständnis zu hinterfragen und das Berufsbild durch neue
Kompetenzen zu erweitern.
Stéphanie Stephan
Interkulturelle Trainer
durchleben Identitätskrise
51- bis 60-Jährigen – und unbekümmert und wahrheitsgetreu
im Plenum die Frage zu beantworten: »Wie erlebe ich Veränderungen in meinem Leben beziehungsweise meiner Arbeit in
diesem Lebensabschnitt?« Auch wenn es sich nicht nur um
positive Wahrnehmungen handelte, die diese Altersstufe kennzeichnen. Oder in der Kleingruppe laut über ›brennende Fragen‹
nachzudenken, die jede/n Einzelne/n beruflich beschäftigen.
»Was mal war, ist nicht mehr! Wer mal war, ist nicht mehr! Wie
es mal war, ist es nicht mehr!« Diese Feststellung, die Prof. Dr.
Raymond Saner vom Genfer Centre of Socio-Eco-Nomic Development (CSEND) in seiner Keynote-Speech zum Auftakt des
SIETAR-Forums 2008 Ende Februar machte, zog sich durch die
gesamte dreitägige Veranstaltung im Gustav-StresemannInstitut in Bonn-Bad Godesberg – dem SIETAR-Event, auf dem
alles so ganz anders war als sonst.
Das Forumsmotto »Realitäten, Herausforderungen und
Chancen für Veränderungsprozesse international tätiger Organisationen« hatte das Organisationsteam um Christine Wirths
bewusst als Experiment und Prozess gewählt. Die Noch-Vorstandsvorsitzende gab bei ihrer Begrüßung unumwunden zu,
dass die achtmonatige Vorbereitungszeit für das sechsköpfige
Team ein Lernprozess war, der sich analog zum Symbol des
Forums – die Entwicklungsstadien eines Schmetterlings – für
alle Beteiligten spürbar vollzog. Einen ebensolchen Lernprozess wünschte sich das Vorbereitungsteam nach Forumsabschluss auch als Ergebnis für alle Teilnehmer.
Hierfür bildeten das ungewöhnliche Setting des Plenarsaales und der aus der Gestalt-Organisationsberatung entlehnte Moderationsansatz schon mal ideale Voraussetzungen.
Erstaunlich schnell konnten die Potenziale der Teilnehmer
gleich zu Beginn des Forums in lockerer Atmosphäre und guter
Stimmung aktiviert werden. Da scheute sich auch niemand in
aller Öffentlichkeit sich der Altersgruppe zuzugesellen, die beispielsweise schon ziemlich weit fortgeschritten war – etwa den
mondial 1/08
Die Kultur darf nicht auf der
Strecke bleiben Der Entwicklungsprozess, der hier zum Tragen
kommen muss, ist der, den Professor Saner kurz und bündig so
beschrieben hat: unfreeze – conform – refreeze. Er berief sich
dabei auf den bedeutenden Gestaltpsychologen Kurt Lewin
(1890–1947). Genau wie herkömmliche Strukturen in Organisationen und Unternehmen im Wandel begriffen sind, trifft dies
auch auf Berufsbilder zu, beispielsweise dasjenige des interkulturellen Trainers. Die Herausforderungen in Wirtschaft und
Industrie sind komplexer geworden, die Zeitfelder kürzer,
immer schneller abrufbare Lösungen sind gefragt. Daher sei es
auch nicht verwunderlich, dass engagiert arbeitende interkulturelle Trainer in letzter Zeit immer häufiger die Beobachtung
machten, gleichzeitig als Berater, Begleiter, Coach, ›Facilitator‹, ›Change-Agent‹ oder Mentor gefragt zu sein, insbesondere
wenn es um die Bereiche Organisationsentwicklung (OE), Personalentwicklung (PE) oder Veränderungsprozesse im globalen
Kontext geht. Und dieser Trend verstärke sich noch, so Professor Saner.
33
liches Tool, das über drei Jahre
Das Unternehmenstheater ›THEATERhinweg von der Universität NijINTERAKTIV‹ fasst durch fulminante
megen aufgrund der Antworten
Interpretationen Workshops des
von über 3000 Teilnehmern aus
SIETAR-Forums zusammen.
99 Ländern getestet wurde.
Übrigens stammten die meisten Antworten von Teilnehmern aus
Großbritannien und Deutschland.
Breitgefächertes Workshopangebot
erfährt hohe Akzeptanz Die auf zwei Tage verteilten elf Workshops
waren – bis auf ein, zwei Ausnahmen – sehr praxisbezogen. Sie verlangten den Teilnehmern vielleicht gerade deswegen eine gehörige
Portion Einsatz ab. Besonders die anspruchsvolle, zweieinhalbstündige Teamsimulation Shipwrecked fand großen Zuspruch. Bei
dieser Übung mussten die Interkulturalisten Ambiguitätstoleranz,
Risikobewusstsein sowie Team-, Problemlösungs- und Konfliktfähigkeit unter Beweis stellen und waren wirklich gefordert.
Oder nehmen wir den fünften Workshop: Hier wurden die
Teilnehmer mit wissenschaftlich geprüften Tools zum Testen
interkultureller Fähigkeiten vertraut gemacht.
Die beiden vorgestellten Tools ermöglichen eine OnlineNutzung durch in internationalen Projekten arbeitende Mitarbeiter. Auf deren quantifizierter Basis lassen sich Erklärungen
für die charakteristischen Merkmale interkultureller Kompetenz (IRC), interkultureller Sensibilität und interkultureller
Lernstrategien (PICO) finden. Ein Fragenbogen mit sechzig
Fragen bringt Klarheit über die vier wesentlichen Aspekte interkultureller Kompetenz: Sensibilität, Kommunikationsfähigkeit, Motivation und Bedürfnis nach Sicherheit.
Das PICO-Profil wiederum lässt sich für vier Orientierungen im Umgang mit interkulturellen Situationen nutzen: Passt
sich der Betreffende eher an, ist er proaktiv, reagiert aufmerksam, was sein Umfeld anbetrifft oder verhält er sich eher nach
alten bekannten Mustern?
Der International Profiler (TIP) schließlich basiert auf einem
genormten psychometrischen Fragebogen, der auf zehn internationalen Kompetenzen beruht, unterteilt in 22 Dimensionen.
Diese Kompetenzen filtern diejenigen heraus, die in der Lage sind,
ihre beruflichen Fähigkeiten in einem, ihnen nicht vertrauten kulturellen Kontext erfolgreich umzusetzen. Die insgesamt 80 Fragen
verdeutlichen, wie jeder Befragte mit seinen physischen Kräften,
den Prioritäten und Schwerpunkten, die er setzt, umgeht. Sie sind
der Schlüssel für weiteres, gezieltes Coaching. Ein absolut verläss-
Forumsthematik trifft den Nagel
auf den Kopf Eine ironisch zugespitzte Interpretation aller Work-
shops und vieler anderer Aktivitäten der Teilnehmer/innen in den
Kleingruppen und im Plenum lieferte das THEATER-INTERAKTIV
aus München am Abend des zweiten Tages. Das eingespielte Team
um Guido Hornig spiegelte mit erstaunlicher Könnerschaft und
dem ihm eigenen Improvisationstalent treffend einzelne wahrgenommene Szenen und brachte deren Quintessenz immer genau
auf den Punkt. Das Business-Theater setzte der ohnehin lockeren
Atmosphäre während des Forums noch das i-Tüpfelchen auf.
Während sich auf den europäischen Jahreskongressen von
SIETAR 2005 und 2007 in der Mehrzahl interkulturelle Trainer
tummelten, war beim SIETAR-Forum in Bonn-Bad Godesberg
eine beträchtliche Zahl von Vertretern anderer Berufsgruppen
anwesend, und die als interkulturelle Trainer Ausgewiesenen verfügen zugleich über ein weites Spektrum an Qualifikationen.
Auf Nachfrage bestätigten viele, dass sie sich aufgrund der
weit gefassten hochaktuellen Thematik spontan zur Teilnahme
entschlossen hätten. So beispielsweise Andreas Keck, Leiter
Management Training der Corporate University der in Stuttgart
ansässigen Thales-Gruppe: »Das Thema ist brisant und topaktuell, genau deswegen bin ich hergekommen. In Zeiten der Globalisierung ist es mehr als wichtig, Veränderungen bewusst wahrzunehmen und aktiv darauf einzugehen.«
Offensichtlich war er nicht der einzige, der antizipiert
hatte, was dann während der dreitägigen Veranstaltung immer
wieder hinterfragt wurde: »Muss der interkulturelle Trainer
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schließende World Café – von
Szene aus dem Workshop ›Tools
für multikulturelle Team-Workshops‹
Sabine Bredemeyer umsichtig
und dem Großgruppeninstrument
und zielorientiert moderiert.
Aspekte wie »Welche Frage im
›World Café‹
Kontext von Veränderungsprozessen ist für mich während des Forums neu aufgetaucht?« oder
»Was von dem, was ich bis jetzt gehört habe, hat mich überrascht, irritiert und hat echte Bedeutung für meine Arbeit?«
wurden engagiert diskutiert. Auch hier nahm die, durch Veränderung bedingte, Profilfindung des interkulturellen Trainers
breiten Raum ein und gipfelte schließlich in dem innovativen
Vorschlag von Dr. Kazuma Matoba vom Competence Center for
Cross-cultural Management der Universität Witten/ Herdecke:
Eine Ausbildung mit eigenem Trademark für ein neues Berufsbild zu entwickeln, die PE, OE und interkulturelles Training beziehungsweise Coaching so vernetzt, dass Interkulturalisten in
Zukunft realitätsnäher arbeiten können – unter Einsatz ihrer
eigenen Kultur und der des Unternehmens als ›Kraftquelle‹.
Es bleibt abzuwarten, wann dies in die Realität umgesetzt
werden kann und wie lange dieser Ansatz in der sich schnell verändernden Welt Gültigkeit hat.
nicht auch ausreichende Erfahrung in Organisations- und
Personalentwicklung beziehungsweise in der Beratung bei
Veränderungsprozessen mitbringen?«
Kultur als ›dritter Raum‹ –
Szenario der Zukunft In der für den letzten Tag angesetzten Po-
diumsdiskussion mit Experten aus Wissenschaft und Praxis
ging es denn auch genau um diese Kompetenzanforderungen
und darum, wo und wie sie erworben werden können. Nachdem
die Megatrends der gesellschaftlichen Entwicklung im schnellen Einvernehmen ausgelotet waren – Ende des Multikulturalismus, kürzere Zeitspannen bei Veränderungsprozessen als fünfzig Jahre wie in der Vergangenheit, gestörter Umgang mit
Diversität – stellte Prof. Dr. Jürgen Bolten (Universität Jena) die
These auf, dass die bisherige ›amerikanische‹ Denkweise sich
überholt habe und ein zunehmender Trend zum ›asiatischen‹
Denken zu beobachten sei. So wie die Moleküle sich befristet
vernetzen und dann wieder auseinanderdriften, um neue Verbindungen einzugehen, so werde sich in Zukunft Leben und Arbeiten in einer globalisierten Welt abspielen. Entweder-OderDenken gebe es nicht mehr. Die Fesseln der eigenen Sozialisation müsse man abwerfen, strategische Allianzen bilden,
kurzfristiger planen und zu einer kohäsiven Diversität kommen. Aus dem Strukturdenken werde schließlich Prozessdenken. Die Folge: Training und Coaching vernetzen sich immer
enger. Die globale, nicht die nationale Prozessgestaltung sei in
Zukunft gefragt. Die kommunikativen Prozesse müssten mit
Sensitivität gestaltet werden, der Umgang mit Unsicherheit ständig auf ’s Neue geübt werden, so Professor Bolten.
Karin Glatzel vom Management Zentrum Witten legte Wert
auf ganzheitliches Denken sowie auf Nachhaltigkeit in Kommunikationsprozessen, damit man letztlich zu einer ›dritten
Kultur‹, einer ›cross-kulturellen Plattform‹ gelange. Sie plädierte dafür, bereits in den Schulen hiermit zu beginnen. Diese
Ansätze boten ausreichend Gesprächsstoff für das sich an-
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Autorin
Stéphanie Stephan, Studium der englischen, französischen und niederländischen Sprache, Fachgebiet Wirtschaft (Leiden und Erlangen), Redakteurin bei
Journalistes en Europe in Paris sowie bei der ersten europäischen Wirtschaftszeitung VISION (Verlag Hachette, Paris) und beim manager magazin, Hamburg,
Pressesprecherin einer halbstaatlichen Wir tschaftsorganisation mit Sitz in
Hongkong. Freiberufliche PR-Beraterin (DPRG), Übersetzerin und Dolmetscherin
(staatl. geprüft), DaF- und Interkulturelle Trainerin.
Kontakt [email protected] · www. stephaniestephan.com
Fotos © Frank Morawski
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»Wie beeinflusst die
Globalisierung Kulturen,
wie formen Kulturen
die Globalisierung?«
SIETAR-Weltkongress in Granada, 22.–29. Oktober 2008
Candela Julia Fernández und Mete Atam
gen, Kunst oder auch Beispielen von erfolgreichen interkulturellen Initiativen zu präsentieren.
Der erste Weltkongress von SIETAR, dem weltgrößten interdisziplinären Netzwerk für Professionelle und Studierende im Bereich
interkultureller Beziehungen, findet vom 22. bis 29. Oktober im
spanischen Granada statt. Das Kongress-Thema »Wie beeinflusst
die Globalisierung Kulturen, wie formen Kulturen die Globalisierung?« zielt auf den kulturellen Einfluss von Märkten, Politik, Religion und sozialen Umgebungen weltweit. Zum Kongress werden
bis zu 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet.
Ergebnisse im Fokus Die einzelnen Bereiche des Kongresses
werden von interkulturellen Profis aus der ganzen Welt präsentiert. Sie sind zugeschnitten auf die professionellen Anforderungen von Wirtschaftsführern, Personalmanagern, erfahrenen Interkulturalisten oder auch Neulingen in diesem Bereich,
genauso wie auf die Bedürfnisse von NGOs oder Regierungsrepräsentanten.
Tagungsort mit Symbolwirkung Als Austragungsort für den Weltkongress 2008 wurde Granada ausgewählt. Die schöne und kulturell reiche Stadt erinnert uns mit ihren Monumenten an die
›goldene Zeit‹, als Muslime, Juden und Christen gemeinsam
eine historisch herausragende Kultur schufen. Somit ist Granada heute ein Symbol für uns, wie kultureller Austausch und
fruchtbare Zusammenarbeit helfen können, unsere zerissene
und umweltgefährdete Welt besser zu gestalten und weiter zu
entwickeln.
Der Veranstaltungsort – der ultramoderne Palacio de Exposiciones y Congresos de Granada – ist eine geräumige Oase des
Lernens und Netzwerkens mitten im lebendigen Stadtzentrum.
Themenfelder Einige der aufgeworfenen und diskutierten
Fragen des Kongresses werden sein: Was bedeutet es, ein ›globaler Bürger‹ zu sein? • Welche Dynamik entsteht im Spannungsfeld von globaler Unternehmenskultur und rivalisierenden Wertesystemen? • Wie können wir unser Verständnis von
globaler Wirtschaft, Politik und Religion durch kulturelle
Veränderungen verbessern? • Wie können interkulturelle Fähigkeiten und Kompetenzen dazu beitragen, kulturbedingte
Konflikte zu lösen? • Wie interagieren die Kulturen von
Gruppen und Gemeinschaften mit den Kräften der wirtschaftlichen und politischen Homogenisierung? • Welche Einflüsse hat
die weltweite kulturelle Vielfalt auf Führungskräfte, Trainer,
Politiker von heute, genauso wie auf die nächste Generation?
• Wie kann in einer zunehmend globalisierten Umgebung die
persönliche, gemeinschaftliche oder nationale Identität erhalten, bereichert und vermittelt werden? • Welche psychologischen, spirituellen, kulturellen oder sonstigen Ressourcen
brauchen Menschen, um in einer globalen, instabilen Umgebung zu bestehen? • Was ist die Kultur der ›Interkulturellen‹?
• Welche kulturellen Faktoren formen den Globalisierungsprozess, und wie können sie beeinflusst werden? • Wie kann Kultur
in virtuellen Welten behandelt werden?
Globale Themen, globale Meinungen Teilnehmer aus der ganzen
Welt kommen zusammen, um durch Besprechungen, Workshops und Keynotes ihren Horizont in Fragen der Globalisierung zu erweitern, ergänzt um verschiedene Events vor und
nach dem Kongress. Dabei ist SIETAR auf öffentliche und private Sponsoren angewiesen, um auch denjenigen Interessenten eine Teilnahme zu ermöglichen, deren Einkommen eine
Beteiligung andernfalls nicht gestatten würde.
Aussteller/innen sind eingeladen, ihre interkulturellen
Beiträge in Form von Veröffentlichungen, akademischen und
außeruniversitären Schulungsprogrammen und Fortbildun-
Nähere Informationen und Programmhinweise unter www.sietarglobal2008.org
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Fachsprachen und
Interkulturalität in Studium
und Beruf – LSP and Intercultural
Challenges in Educational and
Professional Settings
SIETAR-Kooperationsworkshop
Bürgerschaftliches Engagement
interkulturell vernetzen
27. September 2008 im Bürgerinstitut Frankfurt
Oberlindau 20, 60323 Frankfurt am Main
In einem Dialogforum sollen Arbeitsweisen und Erfahrungen in
der Freiwilligenarbeit ausgetauscht werden. Die in Frankfurt
ansässige Freiwilligenagentur Büroaktiv möchte ihre Beziehungen ausbauen zu lokalen Organisationen, in denen sich
Frankfurter mit Migrationshintergrund ehrenamtlich engagieren. Ziel ist das interkulturelle Vernetzen und Erkunden, ob es
Kooperationsmöglichkeiten gibt.
Ein internationales Symposium, das im Rahmen des
AILA-Kongresses am 26. August 2008 in Essen stattfindet.
Im Zentrum dieses Symposiums steht zum einen die Fachkommunikation in den verschiedenen Kommunikationsbereichen
von Wissenschaft, Wirtschaft und Technik und zum anderen
auch die Vermittlung von Fachsprachen unter dem Aspekt der
Globalisierungsprozesse und einer zunehmenden Interkulturalität in der Gesellschaft.
Für Rückfragen steht Ihnen Ruth Habermehl gerne zur Verfügung:
[email protected], Tel. 0171 - 793 11 21
Ziel ist es, Wissenschaftlern und Sprachlehrern eine Plattform
zur Diskussion ihrer Erfahrungen zu bieten, Forschungsergebnisse zur interkulturell und kontrastiv ausgerichteten Fachsprachenforschung vorzustellen und Perspektiven für eine
bedarfsgerechte Vermittlung von Fachfremdsprachenkenntnissen für die verschiedenen Zielgruppen aufzuzeigen.
NIC08 – Interdisziplinäre
Fachtagung der Anbieter
interkultureller Weiterbildungen
Die Symposiumsbeiträge setzen sich mit der interkulturellen
Problematik der Fachkommunikation in schriftlichen und
mündlichen Textsorten auseinander, widmen sich dem Fachwissenstransfer in der fachinternen, interfachlichen und fachexternen Kommunikation und zeigen Möglichkeiten zur Überwindung von Sprach- und Kulturbarrieren durch Fachkursgestaltung auf.
30. September und 1. Oktober 2008, Donau-Universität Krems
Die Veranstaltung versteht sich als Vernetzungskonferenz der
Anbieter interkultureller Weiterbildungsprogramme sowie
jener Personen, die in Forschung und Lehre zum Thema Interkulturalität arbeiten. Darüber hinaus wendet sie sich an alle,
die sich über interkulturelle Bildung in Österreich informieren
möchten.
Mehr Informationen unter www.aila2008.org
Im Sinne des Networking bitten wir Sie, potentiell Interessierte
aus Ihrem Netzwerk über die Veranstaltung zu informieren
und/oder bereits im Vorfeld mit uns Kontakt aufzunehmen.
Kontakt: Anna Breitkopf, Ph.D., Research Fellow
Helsinki Collegium for Advanced Studies
P.O. Box 4 (Fabianinkatu 24), 00014 University of Helsinki
Tel. 00 358-9-191-2 17 38, Fax 00 358-9-191-2 45 09
[email protected]
Das Programm und Kooperationspartner entnehmen Sie bitte
unserer Website www.donau-uni.ac.at/nic08
Die beim SIETAR FORUM in Bonn vorgestellten interkulturellen
Teamtools und multikulturellen Trainertools gibt es weiterhin unter
www.trainer-know-how.de – Werkzeuge zum Download
traintool consult GmbH
Rosenstraße 66
82024 Taufkirchen
+49 (0) 89/61440182
[email protected]
www.traintool.de
Übungen, Simulationen, Checklisten und Texte für Intercultural
Training von Cultural Awareness, Teamwork, Leadership,
Negotiation, Projectmanagement etc.
Nach ersten guten Erfahrungen mit SIETAR-Mitgliedern suchen wir
weiterhin regional kompetente Trainer/Coachs zum weiteren Ausbau
der Toolbox „Effectiveness in multicultural collaboration“ für
internationale Manager, Projekt- und Teamleiter.
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SIETAR Deutschland
Regionalgruppen
Regionalgruppe Köln/Rhein-Ruhr
Martina Müller-Krüger, Tel. 0221-282 63 06
[email protected]
Termin 2. August 2008, 10.00 – 16.30 Uhr
Thema und Ort wird noch bekannt gegeben.
Die Regionaltreffen leben von dem Engagement der Mitglieder
von SIETAR Deutschland e.V. Möchten Sie eine SIETAR-Regionalgruppe gründen oder ein nächstes SIETAR-Regionalgruppentreffen organisieren? Bei Anregungen oder Fragen
wenden Sie sich bitte an Sabine Wagner (Mitglied des Vorstands
und bundesweite Ansprechpartnerin für Regionalgruppen).
Tel. 089-75 96 78 38, [email protected]
Regionalgruppe Frankfurt/Rhein-Main/Unterfranken
Sabine Speiser, Tel. 069-48 98 69 79
[email protected]
Walter Jahn, [email protected]
Madalène Lévy, Tel. 040-18 03 77 77
[email protected]
Die Regionalgruppentreffen finden alle zwei Monate,
jeweils am zweiten Samstag im Monat, von 12.00 bis 17.00 Uhr
an wechselnden Orten statt.
Termin 27. September 2008, 14.00 – 18.00 Uhr
Termine 09. August 2008, 12.00 – 17.00 Uhr
Thema und Ort bitte bei Madalène Lévy erfragen.
Thema: »Internationalisierung«,
vorgestellt von N.N.
Regionalgruppe Berlin/Brandenburg
11. Oktober 2008, 12.00 – 17.00 Uhr
Thema: »Conflict Resolution Approach«,
vorgestellt von Heike Kahles
Regionalgruppe Hamburg/Nord
Stefan Meister/ Sumaiah El-Said, Tel. 030-788 66 61
[email protected]
Termin 29. September 2008, 19.00 Uhr
13. Dezember 2008, 12.00 – 17.00 Uhr
Thema: »Tops und Flops in der Arbeit mit multikulturellen
Teams«, vorgestellt von Katrin Wulf
Themen: »Globe Study«,
vorgestellt von Sumaiah El-Said
Ort: Mitte Consult, Rheinhardstr. 18, 10117 Berlin
Weitere Themen, Termine und Orte
bitte bei Sabine Speiser erfragen.
Weitere Themen, Termine und Orte
bitte bei Sumaiah El-Said erfragen.
Regionalgruppe München
Sabine Wagner, Tel. 089-75 96 78 38
[email protected]
Regionalgruppe Rhein-Neckar/Baden
Gesa Krämer, Tel. 0170-730 41 82
[email protected]
Die Regionalgruppentreffen finden jeweils um 18.30 Uhr
im Zapatto, direkt im Hauptbahnhof Mannheim statt.
Die Regionalgruppentreffen finden circa 6-wöchentlich statt.
Ort: Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5 (S-Bahn
Rosenheimer Platz), immer donnerstags ab 18.30 Uhr
Termine 10. September 2008, 18.30 Uhr
Termine 11. September 2008
Thema: »Erasmus und Austauschprogramme:
stereotypenbildend?«
Thema: »Die Praxis des Dialogs im interkulturellen Training«,
vorgestellt von Katarzyna Anna Brdej
12. November 2008, 18.30 Uhr
Thema: »Kulturerfassungsansätze
und ihre Anwendung im Training«
09. Oktober 2008, Thema nicht bekannt
Weitere Themen, Termine und Orte
bitte bei Gesa Krämer erfragen.
Weitere Themen bitte bei Sabine Wagner erfragen.
Detaillierte Einladung 14 Tage vor Termin.
20. November 2008, Thema nicht bekannt
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Impressum
mondial SIETAR-Journal für interkulturelle Perspektiven
Herausgegeben von SIETAR Deutschland e.V.
Vereinsnummer: VR 5517 · Postfach 31 04 16 · 68264 Mannheim
www.sietar-deutschland.de
mondial (vormals SIETAR Journal, ISSN 1860-9619) erscheint
zweimal jährlich im April und Oktober. Redaktionsschluss
ist sechs Wochen vor Erscheinungsdatum.
Chefredaktion
Friederike von Denffer · Berlin · [email protected]
Dr. Ulrich Bauer · Bayreuth · [email protected]
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Joanna Balinska · Berlin · [email protected]
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Druck
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Redaktionsadresse
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liegen die Copyrights von Texten, Abbildungen und Grafiken
bei den Autor(inn)en bzw. Verlagen. Jede Verwendung in anderen
als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen
schriftlichen Einwilligung der Copyright-Halter/innen.
ISSN 1867-0253
Vorschau auf die kommende Ausgabe
mondial 2/08
Themenschwerpunkt: Geschlechterrollen
im interkulturellen Kontext
Erscheinungsdatum: 01. Oktober 2008
Redaktionsschluss: 15. August 2008
Bitte wenden Sie sich mit Anregungen
und Ideen für Beiträge an die Redaktion.
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