Die Crowd in der Medienproduktion - Liebe Surferin, lieber Surfer
Transcription
Die Crowd in der Medienproduktion - Liebe Surferin, lieber Surfer
No. IV / 2013 ONLINE-ZEITSCHRIFT FÜR WISSENSCHAFT UND PRAXIS edienproduktion Die Crowd in der Medienproduktion Inhalt Editorial von Oliver Klosa 3 Augmented Reality und Printmedien von Marion Rose und Dominic Fehling 4 Fernsehen trifft Social Media Was Social TV für Produktionsunternehmen bedeutet von Beate Schneider und Christopher Buschow 7 Zukunft des Fernsehens Goldene Zeiten trotz Umbruch? von Bertram Gugel 10 Filmproduktion 2.0 Potentielle Einflüsse auf Content, Technik & Organisation durch die externen Faktoren Crowdfunding & Crowdsourcing von Carlo Märzke und Marius Lohmann 12 Die Produktion barrierefreier Filme Ein Interview mit Fabian Schmidt von Katja Nörthen 21 Metadaten als Erfolgsfaktor in der Medienproduktion Automatische Erschließung von Multimedia-Daten mit MediaGrid-Technologien von Sebastian Kirch und Michael Eble 23 Impressum 26 2 Editorial von Oliver Klosa Dipl.-Medienwiss. Oliver Klosa Liebe Leserinnen und Leser, Social TV, Crowdfunding und Crowdsourcing haben in den letzten Jahren vermehrt eine Rolle in der Medienproduktion gespielt. Das Ziel ist dabei die Einbindung einer Crowd – oder auch Community genannt – in den Produktionsprozess, d. h., Nutzer können vor, während und nach einer Produktion in einen kommunikativen Austausch mit den Produzenten treten. Vor allem Film- und Fernsehproduktionen versuchen sich beispielsweise über Crowdfunding zu finanzieren oder durch Social Media eine inhaltliche Beteiligung zu ermöglichen. Deshalb setzen wir in dieser Ausgabe unseren Schwerpunkt auf das Thema: Die Crowd in der Medienproduktion. Im Zuge dessen widmen sich Bertram Gugel, Christopher Buschow und Beate Schneider in ihren Beiträgen dem Fernsehen und dessen künftige Weiterentwicklung. Jedoch verfolgen die Autoren unterschiedliche Positionen. Während Bertram Gugel in seiner Beschreibung zur Zukunft des Fernsehens die Integration der Nutzer und die Entstehung neuer möglicher Szenarien in den Vordergrund stellt, legen Christopher Buschow und Beate Schneider ihren Fokus auf die Anforderungen und Herausforderungen für Produktionsunternehmen, wenn Fernsehen auf Social Media trifft. In ihrem Beitrag Filmproduktion 2.0 setzen sich Carlo Märzke und Marius Lohmann mit Crowdfunding und Crowdsourcing als externe Faktoren in der Filmproduktion auseinander. Dabei erörtern sie auf Basis von verschiedenen Crowdfunding- und Crowdsourcing-Plattformen, welchen Einfluss diese beiden Faktoren auf den Content, die Technik und die Organsiation nehmen können und leiten daraus Chancen und Risiken für die Filmproduktion ab. Neben dem Schwerpunktthema wird die Ausgabe noch durch weitere Beiträge angereichert. So beschreiben Dominic Fehling und Marion Rose das Verhältnis von Augmented Reality und Printmedien. In diesem Zusammenhang gehen sie auf den Begriff Augmented Printing ein und stellen dabei die Anforderungen an die Medienproduzenten und -produktion heraus. Sebastian Kirch und Michael Eble führen mit ihrem Beitrag Metadaten als Erfolgsfaktor in der Medienproduktion in MediaGrid-Technologien ein. Aufgrund dieser Technologien zeigen sie auf, wie Multimedia-Daten automatisch erschlossen und wie sie in die Medienproduktion eingebunden werden können. Darüber hinaus interviewten wir Fabian Schmidt zum Thema barrierefreie Filme. Hierbei geht er insbesondere auf die Produktion sowie auf die Anforderungen, die solche Filme beinhalten, ein. Nun wünschen wir Ihnen viel Freude beim Lesen unserer aktuellen Ausgabe. Ihr Oliver Klosa 3 Augmented Reality und Printmedien von Marion Rose und Dominic Fehling Dipl. Psych. Marion Rose M.Sc. Dominic Fehling Der Tod der Printmedien wurde in den letzten Jahren mehrfach prognostiziert, und tatsächlich scheint es – mit Blick auf rückläufige Auflagen, abwandernde Abonnenten und schwindende Werbeeinnahmen – schwer eine optimistische Grundhaltung zu bewahren. Und doch gibt es immer wieder interessante Ansätze zur Modernisierung des Printmediums, die dessen besonderen Stärken – Tangibilität, Glaubwürdigkeit und Reader Engagement – hervorheben. Ein solcher Ansatz kann in der Verknüpfung des physischen Printmediums mit der digitalen Welt erkannt werden. Neben Azumas (2001) Charakterisierung von AR – die AR als eine interaktive und in Echtzeit ablaufende Kombination von in Relation zueinander stehenden realen und virtuellen Inhalten beschreibt – ist eine Typisierung mit Bezug auf primäre Anwendungsfälle möglich. Auf diese Weise kann zwischen einer orts- und einer objektbasierten Erweiterung der Realität unterschieden werden. 1. Augmented Reality – Ein Überblick Augmented Reality (AR) kann in diesem Kontext ein effektives Instrument sein, um Leser zu aktivieren und zu engagieren sowie das statische Medium Papier durch innovative und kreative Lösungen crossmedial anzureichern und um dynamische Inhalte zu erweitern. Augmented Reality bezeichnet dabei die Erweiterung der Realität um virtuelle Inhalte. Weitläufig bekannt sind Einblendungen im Fernsehen, z. B. der Abseitslinie im Fußball. Mit der Verbreitung leistungsfähiger Smartphones und Tablets dringt auch die AR in das alltägliche Umfeld, sodass die Realität beim Blick durch das mobile Endgerät – um digitale Inhalte erweitert – erlebt werden kann. Ortsbasierte AR nutzt die in mobilen Endgeräten verbauten Sensoren zur Ortung des Nutzers und zur Bestimmung seiner Blickrichtung. Auf diesen Daten aufbauend werden relevante Points of Interest aus dem Umfeld des Nutzers bestimmt, und – ausgerichtet an der Realität – über dem in Echtzeit dargestellten Videobild des Endgeräts dargestellt.Vertreter dieses AR-Typs können in Junaio, Layar und Wikitude identifiziert werden. Für die Printproduktion interessanter ist die objektbasierte AR, bei der die zur Augmentation bestimmten Daten nicht über den räumlichen Kontext, sondern durch die visuelle Identifikation von Mustern bestimmt werden. Durch Marker- oder Bilderkennung identifizierte Muster können im Anschluss genutzt werden, um Aktionen auszulösen – z. B. zur Darstellung von multimedialen Inhalten. Abb. 1: Ortsbasierte AR, Modelldarstellung 4 Abb. 2: Objektbezogene AR, Modelldarstellung 2. Augmented Printing 3. Augmented Printing in der Medienproduktion Augmented Printing (AP) wird hier als Oberbegriff des AR-Einsatzes für alle Formen der Erweiterung des Printmediums verwendet. Eine Typisierung des Augmented Printing kann wie folgt vorgenommen werden: Jess Butcher, Gründungsdirektorin und CMO der AR Plattform blippar.com, bezeichnet den Einsatz von AR in Printmedien als „Harry Potterification“ [5], da wie im namensgebenden Werk Kunstwerke und Drucksachen zum Leben erweckt werden – auch wenn in der Realität noch Smartphones und Tablets benötigt werden um dies sichtbar zu machen. Den Mehrwert von AP sieht Butcher vor allem in zusätzlichen digitalen Informationen, Entertainment oder auch in schnellen Interaktionsmöglichkeiten wie die oben aufgeführten Beispiele zeigen. Auch die Aktualität von Printprodukten kann erhöht werden, indem die digital hinterlegten Informationen regelmäßig angepasst werden, was beispielsweise bei Katalogen interessant ist, indem zeitlich befristete Angebote oder neue Varianten digital angepasst werden können, das Ausgangsmedium „Printkatalog“ aber unverändert bleibt. 2.1 AP in Advertising Mit AP wird Printwerbung um eine neue Dimension der Kundenansprache ergänzt und kann so zur Aktivierung des Lesers beitragen, sodass Aktionen – wie die Interaktion mit virtuellen Objekten über einen Website-Aufruf – häufiger ausgelöst werden als durch konventionelle Anzeigen [1]. Dass diese Interaktion mit der Werbung neben positiven Effekten aufs Branding auch zu Mehrwerten beim Kunden führen können, zeigt IKEAs 2014er Katalog, der es Kunden ermöglicht, Möbel vor dem eigentlichen Kauf in der eigenen Wohnung virtuell zu positionieren. 2.2 AP in Entertainment In Büchern erzählte Geschichten werden im Geiste der Leser durch individuell konstruierte Abbildungen von Personen, Objekten und Räumen zum Leben erweckt. AP greift der eigenen Fantasie vor, indem statischen Texten durch dynamische Inhalte zusätzliches Leben eingehaucht wird – z. B. bei literarischen Klassikern wie Moby Dick [2] oder interaktiven Spielumgebungen wie dem Wonderbook [3]. 2.3 AP in Education Bis jedes Kind statt mit Büchern mit einem Tablet lernen wird, dürfte noch einige Zeit vergehen. Schulbuchverlage können durch AP aber schon heute Mehrwerte schaffen, die das konventionelle Lernen um eine neue Dimension erweitern, indem z. B. neben dem gedruckten Wort im EnglischLehrbuch auch das gesprochene Wort eingebunden wird [4]. Multimodale und multimediale didaktische Lerninhalte können so zu neuen Lehr- und Lernformen führen. Aber auch die digitalen Medien profitieren vom Augmented Printing, beispielsweise durch das vergleichsweise hohe Reader Engagement. Dabei kann das erweiterte Printmedium eine „PushWirkung“ entfalten, die den potenziellen Kunden initial aufmerksam macht und anschließend in ein digitales Angebot überführt. Daraus ergeben sich Synergien zwischen AR und Printmedien, die Medienproduzenten strategisch nutzen können. 3.1 Anforderungen an Medienproduzenten Insbesondere einige Verlage haben bereits positive Erfahrungen mit AR in Printmedien gemacht. „First-Mover“ warnen aber vor „OneShot-Aktionen“, die sowohl bei Lesern schnell in Vergessenheit geraten, als auch einen hohen Aufwand für Konzeption, Projektmanagement, Investitionen in die Medienproduktion und Marketing auslösen, der sich aber nur langfristig rechnet. 5 Vor diesem Hintergrund muss die Konzeption von Augmented Print Projekten besonders sorgfältig geplant werden. Zielgruppen- und Machbarkeitsanalysen sind ebenso notwendig wie die Analyse und Auswahl der Partner für die Medienund Inhaltsproduktion, mit besonderem Blick auf die Erstellung von multimedialen, dynamischen und interaktiven Inhalten. 3.2 Anforderungen an die Medienproduktion Der Wandel von einer reinen Print- in eine Medienproduktion erfordert dabei ein gewisses Umdenken in der Prozessorganisation. AP stellt sowohl auf Seiten der Inhaltsproduktion (3D-Modelle, Animationen, etc.) als auch auf Seiten der Verknüpfung des physischen Printmediums mit den virtuellen Inhalten (über eine eigene App oder die Einrichtung von Kanälen in bestehenden Apps wie Junaio) Anforderungen an die Medienproduktion, die unternehmensintern ohne die Schaffung neuer Kompetenzen nur schwer zu bewältigen sind. Es bietet sich daher in der Regel an Kooperationen zu suchen, bei denen interdisziplinäre Synergien, z. B. aus dem Verbund von Print- und IT-Unternehmen, ausgenutzt werden können, um eine neue Klasse an Printprodukten zu schaffen und dem Leser Mehrwerte zu bieten. 4. Literatur [1] Connolly, P., Chambers, C., Eagleson, E., Matthews, D., & Rogers, T. (2010). Augmented Reality Effectiveness in Advertising. In 65th Midyear Conference on Engineering Design Graphics Division of ASEE, Oct 3-6, Houghton, Michigan. [2] Farr, C. (2012). 2-D books are over: Augmented reality breathes new life into the classics. Abgerufen am 12.09.2013 von http://venturebeat. com/2012/05/19/2-d-books-are-over-augmented-realitybreathes-new-life-into-the-classics/ [3] Sony (2012). Wonderbook™: Book of Spells. Abgerufen am 12.09.2013 von http://us.playstation.com/games/wonderbook-book-of-spells-ps3.html [4] Tokyo Shoseki (2012). New Horizon. Abgerufen am 12.09.2013 von http://www.tokyo-shoseki.co.jp/books/ miraikei/ [5] Butcher, J. (2013). Augmented Reality Is The ‘Harry Potter fication’ Of Print Media. Abgerufen am 12.09.2013 von http:// www.psfk.com/2012/10/jess-butcher-blippar-psfk-londonvideo.html 6 Fernsehen trifft Social Media Was Social TV für Produktionsunternehmen bedeutet von Beate Schneider und Christopher Buschow Prof. Dr. Beate Schneider M.A. Christopher Buschow Das Phänomen Social TV gewinnt zunehmend an Prominenz. Es geht dabei um die Erweiterung von Social Media in den Fernsehbereich hinein, indem sich Nutzer vor, während oder im Anschluss an das Fernsehen in sozialen Netzwerken oder entsprechenden Plattformen über die Programminhalte austauschen [1]. Social TV ist eine neue Form der TV-Nutzung in Gemeinschaft, die großen Einfluss auf die Produktion von Fernsehinhalten besitzt. Anbieter der Social-Media-Plattformen, deren Netzwerkeffekte durch diese neue inhaltliche Dimension und deren verstärkte Nutzung bereichert werden. Darüber hinaus entsteht ein relevantes Handlungsfeld für Werbungtreibende und Hardware-Hersteller sowie Start-Ups als eine fünfte Gruppe [1]. Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick über den wachsenden Social-TV-Markt, stellt Beispiele dar, wie TV-Produktionen von sozialer Interaktion profitieren können, und wagt einen Ausblick. 1. Wachstumsmarkt Social TV Fernsehen war immer schon eine soziale Veranstaltung, die gemeinsam erfahren und in Anschluss-kommunikation verarbeitet wurde. Darauf deuten Begriffe hin wie der „Lagerfeuer-Effekt“ oder die Phänomene des „Public Viewing“ von Sportgroßveranstaltungen und „Co-Viewing-Partys“, etwa von Castingshows oder Krimiserien („TatortKneipen“). So fand im Jahr 2011 ein Drittel der gesamten privaten Fernsehnutzung in Deutschland in Gesellschaft statt [2]. Auch parallele Interaktionen mit Sendungen – etwa via Rückkanal Telefon – begleiten uns in Form von Call-In-Sendungen schon seit Längerem. Neu ist nun aber, dass „fernsehbegleitendes Sprechen“ [3] verschriftlicht und (teil)öffentlich publiziert wird. Fernseherleben und kommunikativer Austausch der Zuschauer über Online-Medien fusionieren so zu Social TV – Fernsehen wird damit sozialer. Joel Lunenfeld, Vice President Global Brand Strategy bei Twitter, nennt die prosperierende Social-Media-Kommunikation den „Social Soundtrack“ einer Sendung [4]. In die Kommunikation sind involviert: die Zuschauer, welche sich (aktiv oder passiv) an dem sendungsbezogenen Austausch beteiligen, die Fernsehsender und Content-Anbieter bzw. Produzenten, über deren Inhalte kommuniziert wird, sowie die Von uns im vergangenen Jahr befragte Branchenexperten erwarten, dass die Parallelnutzung von Fernsehen und Social Media die Rolle des Zuschauers maßgeblich verändern wird, neue Player begünstigt und bestehende Markteintrittsbarrieren sinken [1]. Dem weltweiten Social-TV-Markt wird ein rasantes Wachstum prognostiziert: MarketsandMarkets [5] errechnet, dass der globale Markt im Jahr 2017 über 256 Mrd. USD wert sein wird. Bisher zeichnet sich allerdings noch nicht ab, welche Anbieter sich in diesem disruptiven Prozess durchsetzen werden – fest steht nur, dass es die eine Lösung für Social TV heute weder in Deutschland noch im angloamerikanischen Raum gibt. 2. Der Einfluss von Social TV auf Fernsehproduktionen: Aktuelle Beispiele In unserer Untersuchung des Social-TV-Marktes hat sich gezeigt, dass die befragten Expertinnen und Experten Produktionsunternehmen als ContentAnbieter im Wesentlichen eine Treiberfunktion im Markt zusprechen (vgl. Abbildung 1). Das ist kaum verwunderlich: Relativ früh haben bedeutende Produzenten begonnen, eigene Abteilungen für die Zusammenführung von Fernsehen und Social Media zu schaffen – bei der UFA etwa den Bereich „TV meets New Media“ im UFA Lab. Die Produktionsunternehmen richten sich heute strategisch zumeist zweigleisig aus: Einerseits werden massenkompatible Formate durch soziale Interaktion inkrementell aufgewertet. Andererseits setzen die Produzenten auf experimentelle Sendungskonzepte, die eine Vielzahl neuer Elemente kombinieren und austesten. 7 Abb 1: Treiber und Bremser im Social-TV-Markt (Frühjahr 2012) (Quelle: Experteneinschätzungen auf Basis von n = 34 Experteninterviews [1]) Seit etwa 2011 ergänzt Social TV zunehmend vor allem massenkompatible Formate im deutschen Fernsehen. Insbesondere Sendungen, die sich durch eine hohe Aktualität (z. B. weil sie live ausgestrahlt werden) und eine hohe emotionale Ansprache auszeichnen, eignen sich nach Meinung der befragten Experten für den sozialen Austausch [1]. Eine der ersten Sendungen, die auf soziale Interaktion setzte, war die Castingshow „The Voice of Germany“ (ProSieben/Sat.1). Talpa Media, die das Format in den Niederlanden konzipierte und weltweit vertreibt, hatte der Sendung eine 88-seitige „digital bible“ beigelegt, die spezifische Kommunikationsstrategien für Social Networking Sites beinhaltet [6]. Über die Netzwerke wurden auch in Deutschland mit großem Erfolg etwa zusätzliches Bildmaterial ausgespielt und die Zuschauer und Fans untereinander verknüpft. Ein von uns befragter Experte sieht die Potenziale einer Verlängerung von Castingformaten ins Web noch lange nicht als erschöpft: „Es gehen die Tendenzen dahin, dass ausgeschiedene Talente eine eigene Online-Show kriegen, über die Woche. […] Und der Gewinner kriegt dann wieder einen Platz in der TV-Show und ist dann halt wieder drin – nachdem er im TV rausgeflogen ist. Also das sind alles […] Maßnahmen, um das inhaltlich zu verlängern, um diese Story […] und diesen Spannungsbogen eben über die Woche hinweg aufrechtzuerhalten.“ (Experte, TV-Sender) Neben den besonders für Social TV geeigneten Sendungen wie Casting- und Quizshows, Talkformate, TV-Events oder Sport werden auch bestimmte fiktionale Formate immer öfter durch soziale Interaktion unterstützt. Wegweisend ist etwa die Scripted-Reality-Soap „Berlin – Tag & Nacht“ (RTL II), die nach einem schwachen Start erst durch die begleitende Facebook-Kommunikation erfolgreich wurde. Heute hat das Format mehr als zweieinhalb Millionen Fans auf Facebook, parallel stiegen auch die Einschaltquoten [7]. Experimentelle Formate dagegen sprechen nur kleine Zuschauerschaften von hoch involvierten Social-TV-Nutzerinnen und -Nutzern an. Sie stellen ein Testbed für Produktionsunternehmen und Fernsehsender dar, in denen neue Erzähl- und Dialogformen ausprobiert werden. Bestimmte Elemente dieser Sendungen können dann später in reichweitenstärkere Formate aufgenommen werden. Gerade öffentlich-rechtliche Sender, die keine direkten Erlösziele verfolgen, zeigen sich zunehmend experimentierfreudiger: Mitte 2012 kombinierte der Bayerische Rundfunk mit der „Rundshow“, die vier Wochen lang im späten Abendprogramm ausgestrahlt wurde, unterschiedlichste Elemente des sozialen Fernsehens. Die Zuschauer konnten nicht nur via eigener App (Titel: „Die Macht“), sondern auch durch Social Networking Sites Kommentare, Bilder oder Videos in die Sendung einbringen, Interviewpartner wurden per Skype ins Studio geschaltet. Der interaktive, transmediale Krimi „Wer rettet Dina Foxx?“ (ZDF/UFA) geht noch darüber hinaus: Nicht nur lineares Fernsehen und OnlineElemente wurden in die Erzählstruktur aufgenommen, sondern in einer Post-TV-Phase zusätzlich „Offline“-Spiele wie die Suche nach USB-Sticks, die die Zuschauerinnen und Zuschauer lösen mussten. Das von Ulmen.tv produzierte Format „About:Kate“ setzt diesen Trend zu transmedialem Storytelling aktuell erfolgreich fort. 8 3. Ausblick 4. Literatur Auch in Zukunft werden nicht alle Fernsehsendungen auf eine parallele Social-Media-Kommunikation setzen. Wie auch die von uns befragten Experten betonen, evozieren gerade komplexe Film- und Serienformate eher Anschluss- als Begleitkommunikation. Social TV besitzt aber das Potenzial, kontinuierlich wichtiger zu werden: Mit Joiz. tv ist im Juli 2013 in Deutschland der erste Fernsehsender gestartet, der im gesamten Programm fast ausschließlich auf soziale Interaktion setzt. [1] Buschow, C.; Schneider, B.; Carstensen, L.; Heuer, M. & Schoft, A. (2013). Social TV in Deutschland – Rettet soziale Interaktion das lineare Fernsehen? MedienWirtschaft, 10 (1), 24-32. [2] Kessler, B. & Kupferschmitt, T. (2012). Fernsehen in Gemeinschaft. Media Perspektiven, 12 (12), 623-634. [3] Klemm, M. (2000). Zuschauerkommunikation. Formen und Funktionen der alltäglichen kommunikativen Fernsehaneignung. Frankfurt am Main: Peter Lang. Dennoch ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass Social TV an sich noch kein alleiniger „Rettungsanker“ (Markus Hündgen) sein kann: „Dieses soziale Element, da hat Fernsehen weiterhin eine Stärke. Wenn es aber darum geht, Inhalte zu konsumieren, die nicht mehr darauf angelegt sind, ein großes Ge meinschaftsgefühle herzustellen, was gleich zeitig stattfinden muss, dann hat Fern sehen einfach verloren.“ (Markus Hündgen, European Web Video Academy, http://www. ndr.de/ratgeber/netzwelt/socialtv101.html) Die ‚Zukunft des Fernsehens‘ erfordert entsprechend umfangreichere Anpassungen in ContentGenerierung und Produktion. Das hat ganz wesentliche Folgen auch für die Produktionsunternehmen als Content-Zulieferer, die – wie ein Befragter betont – immer häufiger „Produktionsfirma mit angedockter Social-Media-Agentur“ sein müssen: [4] Roy, D. (2013, 4. März). Television‘s future has a social soundtrack. Harvard Business Review, Blog Network. Abge rufen am 22.07.2013 von http://blogs.hbr.org/cs/2013/03/televisions_future_has_a_socia.html [5] MarketsandMarkets. (Hrsg.). (2012). Global social TV market worth $256.44 billion by 2017. Abgerufen am 18.07.2013 von http://www.marketsandmarkets.com/PressReleases/social-tv.asp [6] Zarges, T. (2011, 9. Dezember). Rückblick: Der Kampf um den zweiten Bildschirm. kressreport, o.J. (25), 34. [7] Wesseler, F. (2013). Unterhaltung auf allen Kanälen. Der Facebook-Erfolg von „Berlin – Tag & Nacht“. In die medienanstalten – ALM GbR (Hrsg.), Programmbericht 2012. Fernsehen in Deutschland. Programmforschung und Programmdiskurs (S. 197-203). Berlin: Vistas. „Das heißt, in den meisten Fällen – ob große Show oder ob kleines Format – muss man als Produzent, als altgedienter TV-Produzent, eine Social-Media- [und] auch eine Social-TV-Strategie, [eine] Verlängerung in die sozialen Netzwerke, [schon] in der Präsentationsphase mitbringen.“ (Experte, Produktionsunternehmen) 9 Zukunft des Fernsehens Goldene Zeiten trotz Umbruch? von Bertram Gugel M.A. Bertram Gugel © Annette Koroll Das Fernsehen erlebt gerade goldene Zeiten: Für Fernsehrechte werden Rekordsummen bezahlt [1]. Die Onlineverbreitung von TV-Inhalten spült signifikante Mehreinnahmen in die Kassen der Produzenten und Sender [2]. Es werden so hochwertige Serien wie noch nie produziert und die talentiertesten Kreativen wollen für das Fernsehen arbeiten [3]. 1. Wandel der TV-Landschaft Trotz all dieser Entwicklungen befindet sich die Branche im Umbruch. Fernsehinhalte werden heute über alle möglichen Kanäle verbreitet. Die lineare Verbreitung ist nur noch eine Möglichkeit unter vielen und verliert in manchen Genres massiv an Bedeutung [4]. Daraus ergibt sich, dass TV-Inhalte losgelöst vom Fernseher existieren und sich in dieses Umfeld integrieren müssen. Fernsehen ist nur noch eine besondere Form des Inhalts und kein Medium mehr. Das hat entscheidenden Einfluss auf die Aggregation und Verbreitung der Inhalte. Neben der Verbreitung und der Konfektionierung ändert sich damit vor allem auch der Kontext des Konsums: TV-Inhalte sind konstant Thema sowohl im Web im Allgemeinen als auch in sozialen Netzwerken im Speziellen und das vor-, während und nach dem Konsum. TV-Inhalte können jederzeit mit anderen online geteilt, nachgesehen und kommentiert werden. Sie sind Zentrum vieler Diskussionen und setzen Themen und Trends im Netz [5]. Mit dieser Präsenz steigt der Wunsch zur Interaktion und der Einflussnahme des Publikums. Die Zuschauer sehen nicht mehr nur die Inhalte, sondern wollen näher dran sein, Feedback einbringen und ihre Interaktionen auch im TV-Inhalt wiederfinden. 2. Einfluss auf die Inhalte Das hat enorme Auswirkungen auf die Inhalte. TV-Inhalte losgelöst von der linearen Verbreitung bedeuten, dass die Regeln der Linearität nicht mehr greifen. Wenn Nutzer Binge-Viewing betreiben, dann stören Teaser zu Beginn der Episode mehr als sie helfen und die Produzenten füllen die gewonnene Zeit besser mit Handlung [6]. Unterschiedlichste Geräte und Auflösungen haben Einfluss auf die Bildgestaltung, denn der Inhalt muss sowohl auf dem iPhone als auch dem 84“ Fernseher konsumierbar sein. Doch die größten Veränderungen ergeben sich im Kontext der TVProduktion. TV-Inhalte sind eingebunden in verschiedenste Onlineangebote von Apps über Services wie Netflix und Plattformen wie YouTube bis hin zu Streamingdiensten wie Zattoo. Der TV-Inhalt muss in diesen Angeboten gefunden, nachgefragt und angereichert werden. Zudem gilt es die Nutzer und die Interaktion im Social Web zu bedienen und zu forcieren [7]. All das geht meist nur durch zusätzliche Inhalte und Geschichten oder mindestens mithilfe einer adaptierten Ansprache und Konfektionierung, die TV-Inhalte speziell für diese Angebote aufbereitet. Viele Produktionen kranken heute daran, dass diese Anforderungen nicht direkt bei der Produktion bedacht und umgesetzt werden, sondern erst später nachgeliefert werden, was zusätzlichen Aufwand und Brüche im Nutzererlebnis bedeutet. Nur wenn bereits von Anfang an der Gesprächswert im Netz berücksichtigt wird, können später auch die begleitenden Konversationen aktiv befeuert werden und der Inhalt sein volles Potential entfalten. Ganz zu schweigen davon, dass Interaktion mit Nutzern und Sehern überhaupt nur mithilfe der Produktion zu realisieren ist. Hier gilt es die Interaktion ins Programm zu heben und Wege zu finden, wie diese adäquat abgebildet werden kann. Abgefilmte Bildschirme und „Twitter-Tussis“ sind hier maximal ein erster Anfang [8]. 3. Ausblick auf die neue TV-Landschaft Ausgehend von dieser Situation wird sich die Produktion in Zukunft deutlich ändern. TV-Inhalte werden mehr als das Bewegtbild. Die Inhalte werden eingebettet in Storyworlds, die den Nutzern und Zuschauern ein Universum zur Verfügung stellen in dem sie sich bewegen. Online bietet dabei den Nutzern die Möglichkeit 24 Stunden 7 Tage die Woche in der Storyworld zu verbringen wobei die „klassischen“ TV-Inhalte tägliche oder wöchentliche 10 Impulse setzen. Damit ist das Bewegtbild Teil einer integrierten Produktion von Inhalten für unterschiedlichste Plattformen und Ausspielwege, die nicht mehr voneinander getrennt werden können und sich gegenseitig befruchten. Das Fernsehen muss das Vertrauen der Zuschauer zurück erobern. Zwar erlebt das Fernsehen gerade goldene Zeiten, es hat aber viel seiner Magie verlogen. Die meisten jungen Zuschauer wissen wie TV-Inhalte erstellt werden und kennen die Tricks mit denen das Fernsehen die Zuschauer lenkt aus eigener Erfahrung. So wird es wichtig Authentizität nicht mehr über Effekte oder Bilder sondern Inhalte zu vermitteln und das Publikum nicht mehr bei jedem Schritt an die Hand zu nehmen, sondern zu fordern – Game of Thrones ist das beste Beispiel dafür –, dass hochkomplexe Geschichten im TV funktionieren. In Zukunft wird sich auch die Ansprache des Publikums grundlegend ändern. Wird heutzutage für ein breites Publikum produziert, wird es auch entsprechend als Masse angesprochen. Das Publikum als Masse gibt es in Zukunft jedoch nicht mehr. Umso entscheidender wird es sein, dem einzelnen Zuschauer den Eindruck zu vermitteln, dass eine direkte Verbindung zu ihm besteht. Nicht mehr oneto-many sondern one-to-one ist die Maßgabe für die Ansprache. Noch wichtiger wird diese Maßgabe bei der Integration der Interaktion. Hier gilt es die Interaktion für einzelne Nutzer zu personalisieren und stärker in das Bewegtbild zu integrieren. Nicht mehr Texttafeln und Inserts sondern live generierte 3D Grafiken, die sich den Akteuren und Zuschauern anpassen und mit denen interagiert werden kann. All diese Trends werden nicht klassisch entwickelt und implementiert werden sondern innerhalb komprimierter Zyklen, die eine konstante Adaption der Formate und der Produktion zur Folge haben. Ähnlich einer agilen Softwareentwicklung wird die Produktion zu einem iterativen Vorgehen. So wird zum Beispiel das Minimal Viable Product zuerst auf YouTube getestet, das Feedback daraus aufgenommen, eingearbeitet und so das ganze weiter entwickelt bis eine fruchtbare Storyworld geschaffen wurde. Anstatt eines Projekts mit dem Sendedatum als Projektabschluss ähnelt die Produktion mehr einer konstanten Software-Entwicklung bei der das Bugfixing direkt auf das Release folgt und parallel schon an der nächsten Version entwickelt wird – einer komplexen Welt mit konstant neuen Inhalten und Highlights. 4. Literatur [1] Greenfield, Richard (2013). The Disequilibrium of Power: How Retransmission Consent Went So Wrong, and How to Fix It, AllThingsD. Abgerufen am 11.09.2013 von http://allthingsd.com/20130827/the-disequilibrium-ofpower-how-retransmission-consent-went-so-wrong-and how-to-fix-it/ [2] Adalian, Josef (2013). CW Boss: Netflix Is Really, Really Important to Our Business Model, VULTURE. Abgerufen am 11.09.2013 von http://www.vulture.com/2013/07/netflix-iskinda-sorta-keeping-the-cw-alive.html [3] Lückerath, Thomas (2013). Kevin Spacey: „Das Fernsehen hat das Kino überholt“, DWDL. Abgerufen am 11.09.2013 von http://www.dwdl.de/magazin/42262/kevin_spacey_das_ fernsehen_hat_das_kino_ueberholt/page_1.html [4] Masnick, Mike (2013). Time Warner CEO Says Having Game Of Thrones As ‚Most Pirated‘ Is ‚Better Than An Emmy‘, techdirt. Abgerufen am 11.09.2013 von http://www. techdirt.com/articles/20130808/02084524106/time-warnerceo-says-having-game-thrones-as-most-pirated-is-betterthan-emmy.shtml [5] Nielsen (2013). NEW NIELSEN RESEARCH INDICATES TWO-WAY CAUSAL INFLUENCE BETWEEN TWITTER ACTIVITY AND TV VIEWERSHIP, Nielsen. Abgerufen am 11.09.2013 von http://www.nielsen.com/us/en/pressroom/2013/new-nielsen-research-indicates-two-way-causalinfluence-between-.html [6] Pomerantz, Dorothy (2013). Binge Watching Is Our Future, Forbes. Abgerufen am 11.09.2013 von http://www.forbes. com/sites/dorothypomerantz/2013/05/29/binge-watchingis-our-future/ [7] Gugel, Bertram (2013). Audience Development – vom TV Sender zum online Reichweitengarant. Abgerufen am 11.09.2013 von http://www.gugelproductions.de/blog/2013/ audience-development.html [8] Horn, Dennis (2013). Twitter-Tussis und iPad-Idioten, Digitalistan. Abgerufen am 11.09.2013 von http://wdrblog.de/ digitalistan/archives/2012/11/twitter-tussis_und_ipad-idiote. html 11 Filmproduktion 2.0 Potentielle Einflüsse auf Content, Technik & Organisation durch die externen Faktoren Crowdfunding & Crowdsourcing von Carlo Märzke und Marius Lohmann B.A. Carlo Märzke Die Weiterentwicklung des „World-Wide-Web“ erleichtert die Einbindung unterschiedlichster medialer Inhalte. Das Erstellen und Verbreiten (insbesondere das Verknüpfen) von Content durch neue Software mit den Möglichkeiten von Multimedia wird zugleich vielseitiger und einfacher. Infolgedessen sind klassische Rollenverteilungen, wie die zwischen Konsument und Anbieter, beziehungsweise Produzent, nicht mehr deutlich getrennt und verwoben [1]. Digitale Medien und Technologien, welche diesen Prozess vorantreiben, werden mittlerweile unter dem Begriff „Social Media“ zusammengefasst [2]. Die Information über ein Ereignis kann in sozialen Netzwerken, wie beispielsweise Facebook, Twitter oder Google+, innerhalb von wenigen Stunden zum Hauptgesprächsthema avancieren oder unbeachtet wieder verschwinden. Auf dem Weg zur Popularität wird eine Information von den aktiven Mitgliedern des Netzwerks, der hiesigen Crowd, nicht nur gelesen, sondern auch auf ihre Glaubwürdigkeit hin überprüft, ergänzt, aktualisiert, korrigiert sowie mit weiteren Informationen verknüpft. Die Möglichkeiten von Social Media erschließen allerdings auch neue Felder unternehmerischen Wirkens. Eine Form dabei ist das Auslagern von Leistungen bzw. Tätigkeiten auf die Mitglieder eines Netzwerkes. An dieser Stelle beginnt das Thema Crowdsourcing. Laut Jeff Howe, dem Namensgeber dieses Phänomens, existieren grundlegend vier verschiedene Modelle, die Crowd für unternehmerische Tätigkeiten einzusetzen: Crowd Wisdom, Crowd Voting, Crowd Creation und Crowdfunding. Während von großen Firmen für den Einsatz von Crowdsourcing vor allem die Ideengewinnung & Problemlösung (Crowd Wisdom), beziehungsweise die Verbesserung von Produkten oder die Evaluation von Prototypen (Crowd Voting) sowie die Verwertung von User-generated-Content (Crowd Creation) anvisiert wird, bleibt das Crowdfunding als eine Art „Outsourcing“ der Finanzierung eher unattraktiv. Vielmehr avanciert Crowdfunding mittlerweile zum eigenständigen Phänomen als ein Emanzipationsinstrument der Kleinunternehmer, Visionäre und Freigeister. Mit Hilfe von Crowdfunding B.A. Marius Lohmann werden heute junge Unternehmen gegründet, die Entwicklung neuer Produkte unterstützt oder kulturelle und soziale Projekte finanziert. Spätestens mit dem Erfolg des Spielfilms „Iron Sky“ vom finnischen Regisseur Timo Vuorensola, der auf der Berlinale 2012 - Premiere feierte und sich rasch als Liebling bei Publikum, Einkäufern und Kritikern etablierte [3], ist der Begriff Crowdfunding im Bereich der Filmproduktion (als Teilgebiet der Medienproduktion) den meisten Filmschaffenden, Verleihern, Produzenten und den berichtenden Medien ein Begriff. „Immer mehr Akteure begreifen Crowdfunding als Teil eines Paradigmenwechsels, der sich mit Hilfe neuer Medien und Kommunikationskanäle hinsichtlich der Produktion, des Marketings, der Finanzierung und des Vertriebs von Filmen vollzieht“ [4]. Der Regisseur von „Iron Sky“ nutzte neben Crowdfunding, auch andere Formen von Crowdsourcing für sein Projekt. So wurden im Bereich der Postproduktion, beispielsweise für die Entwicklung von Spezialeffekten (VFX, SFX), einige Aufgaben auch an die Mitglieder der Plattform „wreckamovie. com“, deren Mitbegründer Vuorensola selbst ist, ausgelagert. In unserer kooperativen Studie mit dem Titel: „Filmproduktion 2.0: Eine qualitative Untersuchung potentieller Einflüsse auf Content, Technik & Organisation durch die externen Faktoren Crowdfunding und Crowdsourcing“, versuchten wir die Anwendung dieser neuen Möglichkeiten anhand des erweiterten Medienproduktionsmodells nach Krömker & Klimsa [5] mit branchenspezifischen Abläufe einer Filmproduktion in Beziehung zu setzen. Ziel der Arbeit war es, mit zwei verschiedenen methodischen Herangehensweisen, erste Rückschlüsse auf die potentiellen Einflüsse beider Phänomene bezüglich der Struktur eines Filmproduktionsprozesses zu ermöglichen. Hinsichtlich des Untersuchungsgebietes Crowdfunding wurden dazu drei teilstandardisierte Experteninterviews durchgeführt, welche Einblicke in interne Produktionsvorgänge bereits mittels Crowdfunding realisierter Filmprojekte geben. Dabei wurden anhand einer qualitativ inhaltsanalytischen Auswertung sechs potentielle Arbeitsschritte benannt, welche 12 vornehmlich im Bereich der Organisation entstehen könnten. Außerdem wurde eine mögliche Beeinflussung tradierter Filmfinanzierungswege identifiziert und mögliche Ressourcenersparnisse diskutiert. Im Themenfeld Crowdsourcing wurde Christian Papsdorfs an der objektiven Hermeneutik orientiertes Vorgehen nachempfunden und die Konzepte von drei exemplarischen Crowdsourcing-Unternehmungen im Bereich der Filmproduktion zwei gängigen Typologien zugeordnet und anschließend auf den Produktionsprozess von Filmen bezogen, sowie im Rahmen der Anforderungen von Content, Technik und Organisation erörtert. In diesem Artikel wollen wir einen kurzen theoretischen Überblick über die Begriffe Crowdfunding und Crowdsourcing geben und anschließend eine Auswahl der Ergebnisse unserer Studie vorstellen, um die beiden Phänomene als externe Faktoren in Bezug auf die Medienproduktion, am Beispiel von Filmproduktionen, auszuweisen. Letztlich soll versucht werden ein Fazit mit Ausblick auf die Bedeutung der Phänomene für diesen Bereich zu geben. 1. Begriffserklärung: Crowdfunding Der Begriff Crowdfunding lässt sich generell als Neologismus betrachten (Wortkombination aus ‚Crowd‘ und ‚Funding‘), der ein bereits historisch bekanntes Kulturfinanzierungsmodell (Mäzentum) in Zeiten des Web 2.0 neu interpretiert, somit also neu entstandene Kommunikationsstrukturen und das Medium Internet nutzt. Somit erlaubt Crowdfunding einer großen Gruppe an Personen, Banken oder anderen Institutionen als Geldquelle zu ersetzten [6]. Hierbei kommt es den sogenannten Mäzen, im Bereich Crowdfunding als User bezeichnet, weniger auf eine konkrete Gegenleistung an. Vielmehr lassen sich die Beweggründe vielseitig interpretieren, wie beispielsweise hinsichtlich einer emotionalen Bindung zum Projekt, die durch die Förderung entstehen kann. Im Austausch für die Unterstützung können sich Geldgeber je nach Höhe ihres Unterstützungsbetrages gestaffelte Gegenleistungen auswählen. Neben dem guten Gefühl, Kulturschaffende näher an die Verwirklichung ihrer Ideen gebracht zu haben, erhalten die Förderer so einen materiellen oder immateriellen Gegenwert. Dazu zählen unter anderem „das fertige Werk (Vorfinanzierung), individuelle Geschenke (Dankeschön), Medialeistungen (Sponsoring), die Möglichkeit der Kulturförderung (Corporate Social Responsibility, CSR), eine Spendenquittung oder eine Gewinnbeteiligung“ [7]. Das moderne Crowdfunding generiert also einerseits alternative Finanzmittel: „Crowdfunding involves an open call, mostly through the Internet, for the provision of financial resources either in form of donation or in exchange for the future product or some form of reward and/ or voting rights“ [8]. Es schafft dem angestrebten Projekt ein Gemeinschaftsgefühl sowie Transparenz in den einzelnen Projektphasen bzw. setzt diese voraus. Der Projektinitiator verfügt hingegen frei über das generierte Geld und muss keine Rechnungsnachweise erbringen, bleibt also stets unabhängig und vergibt keine Anteile, sondern bietet den Unterstützern ideelle oder projektbezogene Gegenleistungen [9]. Eine genaue zeitliche Datierung der Entstehung von Crowdfunding wird mehrfach diskutiert. „Wikipedia etwa nennt das Jahr 1997 als zeitlichen Ursprung“ [10]. Die ersten Erwähnungen des eigentlichen Begriffes Crowdfunding finden sich erstmals im Jahr 2006, „als es die Plattform sellaband.com Künstlern ermöglichte, ihr Album durch Fans vorfinanzieren zu lassen“ [7]. Dennoch gab es eigentlich schon in den späten 90er Jahren Fundraising-Modelle via Internet, bevor, spezialisierte unabhängige Plattformen in den verschiedenen kulturellen Sparten auf den Markt namhaft wurden. Als Pionierplattform gilt die von Brain Camelio gegründete Internetseite artistshare.com (gegründet 2001/2002 ), welche im Jahr 2003 erste Möglichkeiten zur Fan-Unterstützung für Musikprojekte in Projektform online stellte. Ähnlich wie bei der später entwickelten Plattform sellaband.com, konnten sogenannte „Believer“, die von den Künstlern vorgestellten Projekte, noch vor ihrer Veröffentlichung finanziell unterstützen. Ebenfalls 2006 tauchte dann erstmals der Begriff Crowdfunding in einem Zitat von Michael Sullivan (fundavlog) auf: „Many things are important factors, but funding from the `crowd` is the base of which all else depends on and is built on. So, Crowdfunding in an accurate term to help me explain this core element of fundavlog.“ Seither hat sich diese Begrifflichkeit vor allem im Film- und Musikbereich eingebürgert [10]. Nachfolgend gründete sich eine Vielzahl von unabhängigen Plattformen, die den Austausch zwischen Künstler und Crowd ermöglichen sollten. In Deutschland zählt die im September 2010 online gegangene Dresdener Plattform startnext.de als erste Plattform dieser Art im deutschsprachigen Raum. Weitere deutsche Plattformen wie beispielsweise mysherpas.com, inkubato.com, pling.de, visionbakery.de oder respekt.net konnten, ebenfalls durch ein schnell steigendes öffentliches Interesse, Resonanz finden. So wurden bis Dezember 2011 auf den sechs genannten Plattformen von insgesamt 125 Projekten 67 erfolgreich realisiert [11]. 13 Plattform pling.de visionbakery.de mysherpas.com inkubato.com startnext.de respekt.net Gesamtergebnis Anzahl der Projekte 6 6 8 12 41 52 125 Tabelle 1: Anzahl der Crowdfunding-Projekte pro Plattform (Quelle: Eigene Darstellung nach [11]) Crowdfunding für kulturelle Projekte weist in allen Branchen ähnliche Strukturen in der Organisation der Kampagnen auf. So werden in der Literatur bisher zwei mögliche Faktoren hinsichtlich einer sich entwickelnden Typologisierung beschrieben [9]. Bezüglich der Kommunikationsorganisation kann zwischen nicht plattformgestützen und plattformgestützen Crowdfunding-Kampagnen unterschieden werden. Begrifflich selbsterklärend werden für die informelle Involvierung der Crowd entweder eine selbst eingerichtete, eigenständige Projekthomepage oder eine Crowdfunding-Plattform genutzt. Das Zweite und heutzutage meist genutzte Prinzip bietet hierbei vornehmlich Vorteile für den Projektinitiator, da dieser Zugang zu einer bereits bestehenden Community von kulturinteressierten privaten Geldgebern erhält und für ihn organisatorische Voraussetzungen, wie die Bereitstellung der technischen Infrastruktur, die Abwicklung aller finanziellen Prozesse und eine umfassende Projektbetreuung durch den Plattformbetreiber [12] übernommen werden. Andererseits kann typologisch hinsichtlich des Bezahlsystems zwischen dem Alles-oder-Nichts und Behalte-Alles Prinzip unterschieden werden. festgesetzt (z.B. startnext.de) oder der Zielbetrag offen gelassen (z.B. indiegogo.com). Wird der angestrebte Betrag nicht erreicht, werden die bis dato gesammelten Gelder an die Unterstützer zurückgezahlt oder beim „Behalte-Alles Prinzip“ nicht erstattet (z.B. rockethub.com). Der schematische Ablauf eines plattformabhängigen Crowdfunding-Projektes lässt sich kurz an die von der Plattform startnext.de vorgestellten Infografik erklären, welche sich jedoch auf alle anderen Anbieter übertragen lässt (Abbildung 1). Beginnend bei der Vorbereitungsphase, mit der Anmeldung des Projektinitiators bei einer Crowdfunding-Plattform, fächert sich das breite Aufgabenfeld der Erstellung einer Projektbeschreibung und der Anlegung einer Profilseite. Durch die Festlegung des benötigten Budgets sowie eines Zeitraums für die Geldakquise wird ein „gestaffeltes Dankeschön definiert, was jeder Unterstützer ab welcher Unterstützungshöhe bekommt“ [7]. Weitere mediale Beschreibungen des Projektes wie beispielsweise Texte, Bilder und Virale Videos vervollständigen die Profilseite. „Unter anderem muss für den Betrachter klar sein, wofür das Geld verwendet wird und welche Gegenleistungen er zu erwarten hat“ [13]. Die zweite Phase, die das Projekt nun durchläuft, muss nicht zwingend durchlaufen werden und dient vornehmlich zur Evaluierung der „Publikumstauglichkeit“ der Projektbeschreibung. Durch die Einbindung potentieller späterer Fans und die oft angebotene ratgebende Funktion der Plattformbetreiber können missverständliche Beschreibungen bereits in diesem Stadium korrigiert und optimiert werden. Durch die Veröffentlichung des Projektes in der großen Community der Plattform beginnt der eigentliche Start der Finanzierung durch Crowdfunding und die Akquise sowie die Betreuung der Crowd. Abb. 1: Infografik der Plattform startnext.de - Schematischer Ablauf eines plattformabhängigen Crowdfunding-Projektes [21] Hierbei wird je nach Plattform entweder ein zu erreichendes Budget in einem bestimmten Zeitraum „Um Unterstützer zu gewinnen, muss der Projektinitiator sein Projekt intensiv über Online- und 14 Offline-Medien bewerben“ [14]. Hierbei spielen zu Beginn vornehmlich Freunde, Bekannte und erste Fans die wichtige Rolle der Erstmultiplikatoren für die Bekanntmachung des Projektvorhabens [14] und den angestrebten Ausbau der Unterstützercommunity. Auch der Einsatz von „Weiterempfehlungsfunktionen wie z. B. Widgets, Social Bookmarking oder dem Teilen auf Facebook, kann das Projekt über die Plattform hinweg bekannt machen“ [7]. Die vierte Phase des Schemas beschreibt den zuvor festgelegten Finanzierungszeitraum, in dem das Projekt entweder erfolgreich ist oder auch scheitern kann. Regelmäßige Projektupdates und informelle Involvierung der Unterstützer z. B. durch Newseinträge auf der Profilseite, stellen hierbei weiterführend die Haupttätigkeiten des Projektinitiators dar. Abgeschlossen wird das Projekt und die darauf folgende Archivierung durch die Übertragung der gesammelten Finanzmittel an den Projektinitiator bzw. bei nicht erfolgreicher Finanzierung die Rücküberweisung an die Einzelspender. 2. Begriffserklärung: Crowdsourcing Mit der Unterstützung von Kollegen und Blog-Lesern publizierte Jeff Howe 2008 das Buch „Crowdsourcing: Why the power of the crowd is driving the future of business“. Er identifiziert vier idealtypische Einsatzmöglichkeiten (sprich: Modelle) die Unternehmen bei dieser neuartigen Form von “Outsourcing” umgesetzt haben [6]: Der Begriff „Social Media“ wird oft auch mit einem Prozess der Demokratisierung von Wissen und Informationen in Verbindung gebracht. Dieser Prozess ist gedanklich ähnlich zu den Prinzipien von „Open Source“. Die soziale und ethische Konsequenz ist hier, den Nutzern die Möglichkeiten zu bieten gemeinsam ein Umfeld der Unabhängigkeit, Zusammenarbeit, Gemeinschaft, der ethischen Solidarität und des Austauschs zu schaffen und zu gestalten. Hettler deutet auf den Einfluss von „Social Media“ und „Open Source“ hin, wenn er die Entwicklung des Internets von einem reinen Informationsmedium zu einer interaktiven Plattform für die soziale Kommunikation und Produktion eigener Inhalte beschreibt [15]. In Anbetracht der enormen Reichweite des Internets sowie der enormen Nutzerzahl erschließt sich nun ein scheinbar grenzenloses Potential an Arbeits- und Finanzkraft durch Nutzer, welches über die Intention von „Open Source“ Freigeistern hinweg, auch Akteure aus anderen Bereichen anlockt. Viele größere Unternehmen haben die Entwicklung längst erkannt und für sich nutzbar gemacht, indem sie geschickt Teilprozesse bzw. Aufgaben innerhalb ihres Herstellungsprozesses auf Internetnutzer ausgelagert haben. Ausgerechnet ein internetaffiner Journalist und Blogger gab dieser Entwicklung wiederrum in einem Artikel im Wired (2006) erfolgreich den Namen „Crowdsourcing“. Die am häufigsten verwendete Definition Howes findet sich in einem Blogeintrag [16]: outsourcing it to an undefined (and generally large) network of people in the form of an open call. This can take the form of peerproduction (when the job is performed collaboratively), but is also often undertaken by sole individuals.” Mit dieser Definition umfasst Howe den Ursprung seiner Wortschöpfung. Die Mischung aus dem Begriff Outsourcing [17] und dem Verständnis einer „Crowd“ als große Masse unbekannter Akteure in einem Netzwerk, die von einem Unternehmen, respektive einer Institution angesprochen wird, ist nachvollziehbar. Howe weist außerdem auf unterschiedliche Wege in der Problembearbeitungsphase hin, indem er weder in Kollaboration, noch von Einzelpersonen erarbeitete Lösungswege ausschließt. Seine Formulierung des Phänomens hat sich seit der ersten Nennung durchgesetzt und so finden sich bereits mehr als elf Millionen Suchergebnisse zu diesem Begriff (Stand Dezember 2012). Crowd Wisdom Howe unterscheidet hier zwischen drei Kategorien. Die erste ist „Prediction Markets“ (= Trendprognosen), welche das Prinzip von Aktienmärkten nachahmt, um zuverlässige Prognosen bezüglich hypothetischer/zukünftiger Ereignisse zu treffen. Die Zweite ist das sogenannte „Crowdcasting“, welches bei der Lösung von Problemen eingesetzt werden kann. Die letzte Kategorie ist der „Idea Jam“, welcher die Generierung neuer Ideen zum Ziel hat und als ein online koordiniertes riesiges Brainstorming verstanden werden kann. Crowd Voting Unter Crowd Voting sind Bewertungssysteme zu verstehen. Es wird meist in Kombination mit Crowd Wisdom oder Crowd Creation eingesetzt, um den von einer Crowd produzierten Content durch die Crowd selbst bewerten und selektieren zu lassen. Ein gutes Beispiel für effizientes Crowd Voting ist das Bewertungssystem von Amazon.com, welches Besuchern der Website ermöglicht bei einem Kaufentscheid auch Beurteilungen anderer Käufer hinzuziehen. „Crowdsourcing represents the act of a company or institution taking a funtion once performed by employees and 15 Crowd Creation Unter Crowd Creation ist die Verwertung von Usergenerated-Content zu verstehen. Von Usern gelieferte Ideen im Sinne von Crowd Wisdom stellen natürlich auch in gewisser Weise User-generatedContent dar, allerdings bezieht sich Howe an dieser Stelle eher auf unabhängig von einer konkreten Aufforderung produzierten Content von Usern. Ein Beispiel hierfür wäre iStockphoto.com Crowdfunding Howe versteht Crowdfunding auch als eine Form von Crowdsourcing, da dort der Dienstleistungsbereich der Finanzierung zum Teil auf eine Crowd ausgelagert wird. das Unternehmen im Prinzip nur das Material zur Verfügung stellt, während beispielsweise wesentliche Teile des Designvorgangs von Usern erledigt werden und das eigentliche Produkt erst durch die Userarbeit marktfähig wird. Das fertige Produkt kann dann wiederrum in Massenproduktion von anderen Usern gekauft werden. Auf Userkollaboration basierende Ideenplattform Das Unternehmen versteht sich in erster Linie als Plattformbetreiber und nicht als Betreiber von Crowdsourcing. Über die Plattform können vielmehr User (oder andere Unternehmen) selbst zum Crowdsourcer werden und beispielsweise ihre eigenen Ideen zur Verbesserung an die Crowd weitergeben. Howes Typologie bzw. Modelle stellen Einsatzmöglichkeiten von Unternehmen zur Nutzbarmachung des Potentials einer Crowd dar und entspricht daher einer eher unternehmenszentrierten Perspektive. Der Soziologe Christian Papsdorf hat dagegen eine eher userzentrierte Perspektive verfolgt, da er Crowdsourcing Projekte aus der Sicht eines User beschrieben und interpretiert hat. Aus einer Betrachtung von insgesamt 40 Fällen nahm er daher eine Typologisierung aus der Sicht eines Users vor und identifizierte fünf Typen bzw. Modi der Userintegration in ein Unternehmen [18]. Indirekte Vernetzung von Usercontent Offener Ideenwettbewerb Anhand einer qualitativ inhaltsanalytischer Auswertung (nach Mayring) der durchgeführten Experteninterviews konnten sechs potentielle Arbeitsschritte benannt werden, welche durch den Einsatz von Crowdfunding im Bereich der Organisation entstehen könnten. Außerdem konnte eine mögliche Beeinflussung tradierter Filmfinanzierungswege identifiziert und denkbare Ressourcenersparnisse diskutiert werden. Hierbei wurden drei Hauptverantwortliche von Filmprojekten befragt, welche folgende Charakteristika aufwiesen: Unter dem offenen Ideenwettbewerb fasst Papsdorf die Unternehmen zusammen, welche in irgendeiner Form einen offenen Aufruf an alle Internetuser formulieren, ihre Ideen zu einer spezifischen Fragestellung einzureichen. Dieser Modus entspricht im Kern dem „Idea Jam“ von Howe, schließt aber bei einer näheren Betrachtung der Fälle auch z.B. den Einsatz von Bewertungssystemen (i.d.S. Crowd Voting) mit ein. Bei diesem Modus wird Crowdsourcing instrumentalisiert, da die durch Crowdsourcing entstehende Useraktivität das Kriterium für die Wertschöpfung ist. So könnte ein Unternehmen beispielsweise Crowdsourcing betreiben um eine Masse von Usergenerated-Content zu produzieren, aber nur von dem daraus entstehenden Traffic durch das Zuschalten von Werbung profitieren. 3. Ergebnisse der Studie: Crowdfunding Ergebnisorientierte virtuelle Microjobs Ein Unternehmen bietet eine klar definierte Aufgabe der Crowd zur Erledigung an. Die Erfüllung der Aufgabe ist dabei das ausschlaggebende Moment für eine Interaktion des Unternehmens. Meist ist der sogenannte „Bounty“ – die Entlohnung für das Erledigen der Aufgabe – im Voraus angegeben. Dieser Modus ähnelt dem Prinzip von Howes Crowd-Casting. Userdesignbasierte Massenfertigung Bei diesem Modus wird die industrielle Fertigung von Produkten mit einer Teilindividualisierung kombiniert. Dies ähnelt der sogenannten Mass Customization, unterscheidet sich aber insofern, als dass 16 Partner/ Projekt Genre genutzte Plattform angestrebte CF-Summe erzielte CF-Summe Erfolg T1 Drama inkubato.com 30.000 € 2.600 € nein T2 Doku visionbakery.com 6.000 € 12.000 € ja T3 Doku eigene Filmhomepage 50.000 € ja 50.000 € Gesamtbudget/ durch klassische Finanzierung 300.000 € 150.000 € 12.000 € 0€ 1.200.000 € 1.000.000 € Tabelle 2: Eigenschaften der ausgewählten Projekte/Interviewpartner (Quelle: Eigene Darstellung) 3.1 Mögliche neue Arbeitsschritte im Filmproduktionsprozess Bei der Erläuterung der potentiellen, neu entstandenen Arbeitsschritte welche durch den Einsatz von Crowdfunding entstehen könnten, wurden in den meisten Fällen deren Bezeichnung nicht von den Befragten explizit geäußert, sondern interpretativ gebildet. Wie bereits erwähnt, stellt eine bestehende und thematisch interessierte Crowd eine wichtige Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Projektfinanzierung dar. So lässt sich die Eruierung des Unterstützerpotentials als ersten wichtigen Arbeitsschritt charakterisieren. Weiterführend übernimmt die Schaffung eines funktionierenden Bezahlsystems, welches die Organisation und den Transfer der Einzelspenden übernimmt, einen additiven Punkt in der Herstellungskette ein. Sowohl der Mehraufwand bei der Einrichtung eines Bankspendenkontos als auch entstehende Transferkosten des Anbieters PayPal können als negativ, aber dennoch als bestmöglichste Lösung beschrieben werden. Bei einem komplizierten oder falsch gewählten Bezahlsystem besteht die Möglichkeit, dass willige Spender ihre finanzielle Unterstützung auf Grund von technischen Hindernissen nicht erbringen können, wodurch ein angestrebter Geldfluss ausbleibt. Nach Kampagnenstart deutet sich der äußerst zeit- und arbeitsaufwendige Arbeitsschritt der Medialen Betreuung der Kommunikationskanäle an, welcher die Bewerbung des Projektes, die Erstellung eines Kommunikationsmittels wie beispielsweise das Verfassen von Projektbeschreibungen, die Ausgestaltung der Projektseite sowie die Erstellung von Newsbeiträgen [19] zur späteren informellen Involvierung der UnterstützerCrowd umfasst. Als Kommunikationskanal, der beide genannte Ziele verbindet, eignen sich vornehmlich Facebook-Fanpages, die durch die starke Wirkung von Netzwerkeffekten Informationen und News an eine breite Masse von Personen verteilen. Die Produktion von zusätzlichen visuellen Anreizen wie Trailern, Filmausschnitten oder Musikvideos lassen sich als äußert positiv bewerten, generieren jedoch hinzukommend zur gewöhnlichen Pressebetreuung einen hohen Zeitaufwand. Klassische Medien wie Zeitungen, Magazine, Radio, Plakate und Flyer hingegen eignen vor allem zum Start der Kampagne, um zielgruppenferne Personen anzusprechen und ein öffentliches Interesse am Projekt zu generieren. Um die beschriebenen Elemente der Kommunikation erfolgreich zu koordinieren empfiehlt sich weiterführend die Erstellung eines Zeitplans, welcher sowohl die Vorbereitungsphase als auch die Durchführungsphase abdeckt, um koordiniert und zielgerichtet zu kommunizieren. Weiter lässt sich durch den erhöhten Arbeitsauswand feststellen, dass eine Expansion der Personalstruktur fast unumgänglich ist, um diesen zu bewältigen. So kann der Arbeitsbereich Crowdfunding als „FulltimeJob“ beschrieben werden, der realistisch durch die Einbindung von ein bis zwei weiteren Personen im Produktionsstab realisiert werden könnte. Auch für den Filmemacher formulieren sich neue persönliche Anforderungen wie eine durchgängig transparente und offene Kommunikation mit der Crowd und eine möglichst vorhandene Social-Media-Affinität, welche unter dem Arbeitsschritt Definition der Anforderungen an Filmemacher zusammengefasst werden können. 3.2 Mögliche Ressourcenersparnisse im Filmproduktionsprozess Anhand der Einschätzung der Variable AufwandNutzen-Faktor der befragten Probanden sollte eruiert werden, ob durch den Einsatz von Crowdfunding materielle bzw. immaterielle Einsparungen gegenüber des klassischen Medienproduktionsprozesses festgestellt werden können. Hierbei lässt sich zusammenfassend kein nennenswerter finanzieller Vorteil beschreiben, der den Mehraufwand auszugleichen vermag, oder sogar potentiell Mehrkosten produziert. Vielmehr wurden immaterielle Synergieeffekte im Bereich der Preproduktionsphase und der Distributionsphase des Films beschrieben. So lässt sich Crowdfunding für den 17 Filmschaffenden als marktforschendes Instrument verwenden, durch das einerseits der spätere Distributionsaufwand eingeschätzt und andererseits die Kinoauswertung unterstützt werden kann. Begeisterte Fans des Projektes könnten beispielsweise eigeninitiativ agieren und bei der Verteilung von Werbemitteln und der Ansprache von lokalen Kinobetreibern helfen oder nicht geplantes GuerillaMarketing betreiben. 3.3 Mögliche Ressourcenersparnisse Filmproduktionsprozess im Crowdfunding kann als nicht kurzweilige Erscheinung mit einem hohen potentiellen Wert für eine Veränderung der deutschen Kulturförderung angesehen und sogar als alternative beziehungsweise additive Finanzierungsform zur klassischen Filmförderpolitik bezeichnet werden. Gleichzeitig lassen sich dabei die Aussagen hinsichtlich einer hohen Projektabhängigkeit (Projektbeschaffenheit, Thema des Films, Projektgröße, etc.) und dem zeitlichen Rahmen der festen Etablierung im Vergleich zu anderen Kulturkreisen (wie beispielsweise dem Angloamerikanischen) einschränken. So eignet sich Crowdfunding bisher besonders für Projekte mit vergleichbar „kleinen“ Budgets (Beträge unter 100.000 Euro) und weniger für die professionelle Filmproduktion. Crowdfunding bietet vornehmlich No-Name-Künstlern und unabhängigen Filmemachern die Möglichkeit, auf singuläre und abseitige Projekte hinzuweisen, die sonst eventuell von einem bestehenden Auswahlgremium einer Filmförderanstalt nicht beachtet würden. Weiterführend könnte es diesen ermöglichen, Einblick in die Publikumsnachfrage zu gewähren und folglich einen Demokratisierungsprozess in Förderentscheidungen unterstützen. 4. Ergebnisse der Studie: Crowdsourcing Bei der interpretativen Auswertung in Bezug auf Christian Papsdorfs Typologie, konnten alle drei erhobenen Fälle jeweils einem Modus der Userintegration zugeordnet werden. Ebenso wurde der Einsatz von mehreren Crowdsourcing-Modellen bei den betrachteten Plattformen und Projekten Howes nachgewiesen: Amazon Studios [22] Modus der Integration Eingesetzte CrowdsourcingModelle Userdesignbasierte Massenfertigung Crowd Wisdom (2. & 3. Kategorie), Crowd Voting, Crowd Creation Juntobox- Auf Userkollaboration Crowd Wisdom (2. Kategorie), films [23] basierende IdeenMove On [20] plattform Crowd Voting, Crowd Creation Indirekte Vernetzung von Usercontent Crowd Voting, Crowd Creation Tabelle 3: Zusammenfassung der Ergebnisse der Crowdsourcing Typologien (Quelle: Eigene Darstellung) Die erfolgreiche Integration von Usern in den Herstellungsprozess von Filmen erfordert an vielen Stellen eine kontrollierte Öffnung von bisher eher verschlossen gehaltenen Vorgängen. Dazu verwendeten alle Unternehmen eine Internetplattform. Elemente des Filmproduktionsprozesses wurden also über das WWW an User ausgelagert, was je nach Fallbeispiel unterschiedliche Konsequenzen für die Organisation des Prozesses hatte und zum Teil sogar zur Ausbildung neuer Elemente führte. Im Folgenden soll das Fallbeispiel „Move On“ in Bezug auf die Organisation des Zusammenspiels von Content und Technik unter Einsatz seiner projektspezifischen Form von Crowdsourcing ausgeführt werden. 4.1 Zusammenspiel von Content, Technik und Organisation am Beispiel von „Move On“ Move On [20] stellt einen ausgesprochen komplexen organisatorischen Aufwand über alle Produktionsphasen hinweg dar, denn in jeder Phase erfolgen eine gezielte Einbindung von Usern und die Darstellung dieser „Partizipation“. Wie bereits erwähnt, stellte die Konzeption einer geeigneten Plattform zur Organisation der Useraktivitäten das wichtigste Instrument dar. Alle Texte (meint Content) für die Plattform wurden in mehr als neun verschiedene Sprachen übersetzt. Das Drehbuch, als Bestandteil des Contents der Preproduktionsphase, wurde unter Anleitung einer Marketingabteilung gezielt mit Möglichkeiten für den Einsatz von User-generated-Content versehen. Im Bereich der Technik mussten Werkzeuge in die Plattform integriert werden, um den Usern zu ermöglichen auf einfachstem Wege den im Rahmen des Drehbuchs anvisierten UGC in Form von Bildern, Videos und Texten zu veröffentlichen. Die Organisation dieses UGC wurde ebenfalls teils von Usern übernommen. Für die Produktionsphase mussten Dreharbeiten in elf verschiedenen Ländern organisiert werden, dabei unterlag die Reihenfolge der Länder der im Drehbuch formulierten Reihenfolge, denn die User sollten mit Hilfe der Plattform den schrittweisen Ablauf der Dreharbeiten „miterleben“. Dazu wurde ein Making-of-Team mit umfangreicher Technik ausgestattet, welches eigenen journalistischen Content erzeugte und diesen kontinuierlich auf 18 der Plattform veröffentlichte. Ausgewählte User in Statistenrollen oder deren Requisiten mussten mit weiterem organisatorischen Aufwand aus verschiedenen Teilen des Landes zum Drehort gebracht und bei den Dreharbeiten ausreichend in Szene gesetzt werden. In der Postproduktionsphase unterlag die Montage ebenfalls der Anforderung, Bild- und Tonmaterial nicht nur im Hinblick auf das Erzählen der Geschichte hin zu arrangieren, sondern ebenfalls den von Usern gelieferten Content ausreichend darzustellen. In diesem Sinne wurde der Film neben einer Langversion in acht Episoden unterteilt und schrittweise vor Fertigstellung des Gesamtfilms veröffentlicht. Im Abspann dieser Episoden wurde zusätzliches Bildmaterial verwendet, welches erneut die Userarbeit im Filmmaterial hervorhebt. Die anschließende Distribution eines Films, welcher nicht auf Amortisierung der Produktionskosten abzielt, sondern auf die Generierung von Öffentlichkeit, stellt ebenfalls veränderte Anforderungen an einen Vertrieb. Das eigentliche Ziel der Spielfilmproduktion, also der Ausbau des Unternehmensimages, erforderte generell eine kontinuierliche hintergründige Kommunikation des Corporate Images und eine ausreichende Umsetzung des Corporate Designs bei jedweden Medien bzw. Informationsträgern. Die Plattform selbst wurde zum Distributionskanal über das Internet. Zusätzlich wurde die Technik von Video-On-Demand als Konvergenz genutzt, denn die Deutsche Telekom GmbH in der Rolle der Produktion besitzt eine eigene Plattform. Entsprechend der Kampagne wurde der User bzw. seine gelebte Partizipation zum Imageaufbau des Unternehmens eingesetzt. Dazu wurde der Ablauf einer Werbekampagne zur Imagesteigerung mit dem Produktionsprozess eines Spielfilms verflochten. Auf organisatorischer Ebene konnte das Unternehmen vermutlich von bereits existenten Personalstrukturen im Bereich der Organisation profitieren und somit der eigenen Marketingabteilungen in den verschiedenen Ländern die Koordination solch einer internationalen Produktion gewährleisten. 5. Fazit und Ausblick Bewegte Bilder üben seit ihren Anfängen eine Faszination auf Menschen aus. Über Jahrzehnte hinweg entwickelte sich eine weltweite Filmindustrie und der Prozess der Filmherstellung war für den Zuschauer ein verschlossener Prozess. Der Einsatz von Crowdsourcing bzw. Crowdfunding birgt nun für jeden ambitionierten „User“ die Chance ein kleiner Teil des Ganzen zu werden. Dies bietet der Branche ein bisher kaum genutztes Potential, welches aber auch neue Anforderungen an die Organisation von Filmproduktionen stellt. Vielleicht ist der Zeitpunkt gekommen, dass ähnlich zur Öffnung von Innovationsprozessen im Sinne der User Innovation, auch der bisher „verschlossene“ Prozess der Stoffentwicklung im Produktionsprozess von Spielfilmen von einer Öffnung profitieren könnte. Dies zum Beispiel in Form einer auf Userkollaboration basierenden Ideenplattform. Vielleicht werden Drehbücher aber auch durch einen an die Mass Customization erinnernden Einsatz von Crowdsourcing zum Produkt einer auf Userdesign basierten Massenfertigung, welche durch komplexe Formen von Crowd Voting und der Entwicklung prototypartiger Testfilme eine Art Publikumsevaluation vor ihrem tatsächlichen Kauf und ihrer Umsetzung erhalten. Das Potential zeigt sich beispielsweise auch in der Tatsache, dass ein Unternehmen wie die Deutsche Telekom GmbH nicht davor zurückschreckte, im Rahmen einer Kampagne zum Imageausbau, ein vermutlich mehr als 10.000.000 € teures Roadmovie zu stemmen, nur um das Partizipationserlebnis von Usern bei solch einem Projekt für sich nutzbar zu machen. Die Unabhängigkeit, welche eine Finanzierung oder Teilfinanzierung durch Crowdfunding bei Filmprojekten bietet, wird auch weiterhin zunehmend mehr Filmemacher dazu bewegen, diesen alternativen Weg auszuprobieren. Einhergehend damit kann man behaupten, dass Entwicklungen im Bereich der alternativen Filmfinanzierung möglich sind und diese in Zukunft an Bedeutung gewinnen könnten. Neben neuen Arbeitsschritten werden sich allerdings geleichbedeutend auch neue Ansprüche seitens der Crowd auftun. Somit könnte es zunehmend zu einer größeren Herausforderung werden, sich als junges Projekt aus der Vielzahl anderer Projekte hervorzuheben, um die „Gunst“ der willigen Spender zu erlangen. Durch die Integration des Publikums können einzelne Produktionsprozesse in der Filmproduktion für dieses verständlicher und nachvollziehbarer werden, gleichzeitig beschriebene Synergieeffekte für die Filmproduktion genutzt und hinsichtlich der staatlichen Filmförderpolitik ein Demokratisierungsprozess gefördert werden. Durch die finanzielle Einbindung der Crowd vor einer potentiellen Förderung könnten Förderinstitutionen frühzeitig Publikumswünsche erkennen und folglich ihre Auswahlentscheidungen treffen. Die Bedeutung von Crowdsourcing und Crowdfunding auch in anderen Bereichen der Medienproduktion bleibt noch abzuwarten. Man stelle sich ein TVFormat mit lokaler Berichterstattung vor, welches seinen Content zur Hälfte von Usern aus der Region geliefert und bewertet bekommt, während der Redaktion vielmehr die Aufgabe der Administration einer Community und die medienformspezifische 19 Aufbereitung des Contents zukommt. Oder ein bisher unbekannter Nischenmarkt für eine Onlinezeitschrift wird über Nacht durch eine Crowdfundingkampagne erschlossen, da vor dem Erscheinen der ersten Ausgabe potentielle Leser ihr Bedürfnis nach solch einem Medium durch ihre finanzielle Unterstützung der Idee ausgedrückt haben. Je nach Medienform, Grad der Digitalisierung des jeweiligen Produktionsprozesses sowie dem Organisationsgrad der Crowdsourcer (z. B. ein einzelner Journalist oder ein ganzer Verlag), ergeben sich unterschiedliche Vorgehensweisen und Einsatzmöglichkeiten, aber auch neue Herausforderungen und eventuell veränderte Produktionsabläufe. 6. Literatur [1] Hoegg, R., Martignoni, R., Meckel, M., & StanoevskaSlabeva, K. (2008). Web 2.0 Geschäftsmodelle. In M. Meckel, & K. Stanoevska-Slabeva, Web 2.0 - Die nächste Generation Internet (S. 39-59). Baden-Baden: Nomos. [2] Michelis, D. (2012). Social Media Modell. In D. Michelis, & T. Schildhauer, Social Media Handbuch (2. aktualisierte und erweiterte Ausg., S. 104-117). Baden-Baden: Nomos. [3] Medienbulletin. (2012). Eine Filmidee muss sexy sein. medienbulletin - Das Medien Magazin (Ausg. 06/2012 ,Jahrgang 31), S. 24-29. [4] Ebenhan, M. (2012). Crowdfunding im Film – Crowdfunding als Alternative Finanzierungsmöglichkeit für Filmproduktionen in Deutschland. Berlin: ikosom UG. [5] H. Krömker, P. Klimsa (2005). Handbuch Medienproduktion - Produktion von Film, Fernsehen, Hörfunk, Print, Internet, Mobilfunk und Musik. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaft. [6] Howe, J. (2008). Crowdsourcing: Why the Power of the Crowd is Driving the Future of Business (1. Edition Ausg.). New York: Crown Business. [7] Kreßner, T. (2011). Finanzierung durch Viele gemeinsam Crowdfunding im Bereich Kunst und Kultur. In T. Kreßner, Social Media im Kulturmanagement. Grundlagen. Fallbeispiele. Geschäftsmodelle. Studien. (1. Ausg., S. 349-364). Heidelberg: mitp Verlag. [8] Belleflamme, P., Lambert, T., & Schwienbacher, A. (2011). Crowdfunding. Tapping the Right Crowd. Abgerufen am 05. August 2012 von http://ssrn.com/abstract=1578175 [9] Theil, A., & Bartelt, D. (2011). Crowdfunding: Der neue Weg für private, öffentliche und unternehmerische Förderung. In F. Loock, & O. Scheytt, Kulturmanagement & Kulturpolitik: Die Kunst, Kultur zu ermöglichen. Berlin: Raabe. [10] Gumpelmaier, W. (2011). Warum Crowdfunding kein schnelles Geld verspricht - Vorraussetzungen für gelungenes Online-Fundraising. In K. Janner, C. Holst, & A. Kopp, Social Media im Kulturmanagement. Grundlagen. Fallbeispiele. Geschäftsmodelle. Studien. 1. Auflage (S. 365-381). Heidelberg: mitp Verlag. [11] Eisfeld-Reschke, J., & Wenzlaff, K. (2011). Crowdfunding Studie 2010/2011. Berlin: ikosom UG. [12] Gerecht, C., Haselbach, D., & Theil, A. (2011). Ein neuer Goldesel? Crowdfunding und Kulturpolitik. In B. Wagner, Jahrbuch für Kulturpolitik 2011 - Digitalisierung (11. Ausg., S. 157-164). Bonn/Essen: Klartext Verlag. [13] Henner Fehr, C. (2011). Crowdfunding: mit kleinen Beträgen Kunst und Kultur unterstützen. In B. Wagner, Jahrbuch für Kulturpolitik 2011 - Digitalisierung und Internet (Bd. 11 , S. 231-234). Bonn / Essen: Klartext Verlag. [14] Harzer, A. (2012). Crowdfunding als alternative Finanzie rungsmethode kultureller und kreativer Projekte - eine empi rische Untersuchung über die Erfolgsfaktoren kreativer Crowdfunding Projekte auf Basis internationaler Vergleiche. Ilmenau. [15] Hettler, U. (2010). Social Media Marketing: Marketing mit Blogs, Sozialen Netzwerken und weiteren Anwendungen des Web 2.0. München: Oldenbourd Wissenschaftsverlag. [16] Howe, J. (2006). Crowdsourcing Blog. Abgerufen am 12. Dezember 2012 von http://crowdsourcing.typepad.com/ cs/2006/06/crowdsourcing_a.html [17] Unter „Outsourcing“ versteht man das Auslagern von Unternehmensinternen Aufgaben, bzw. Strukturen auf externe Anbieter zugunsten von Kostenersparnis [6]. [18] Papsdorf, C. (2009). Wie Surfen zu Arbeit wird: Crowdsourcing im Web 2.0. Frankfurt a.M./ New York: Campus Verlag. [19] Expertengespräch [20] Move On. (2013). www.move-on-film.com. Abgerufen am 12. Juli 2013 von http://move-on-film.com/#!/movie/ intl_movie/ [21] tyclipso.me, startnext.de (2011). Nutzung: CC BY-ND 3.0 [22] Amazon Studios. (2013). www.studios.amazon.com. Abgerufen am 3. Februar 2013 von http://studios.amazon.com [23] juntoboxfilms. (2013). www.juntoboxfilms.com. Abgerufen am 2. Februar 2013 von http://www.juntoboxfilms.com/ 20 Die Produktion barrierefreier Filme Ein Interview mit Fabian Schmidt M. A. Fabian Schmidt Herr Schmidt, Sie sind Geschäftsführer von „Die Filmagentur“ in Dresden. Welche Leistungen bietet Ihre Agentur an? DIE FILMAGENTUR GmbH ist eine Dresdner Filmproduktionsfirma mit weiteren Standorten in Leipzig, Berlin und Stuttgart. Sie wurde 2008 von meinem Studienkollegen Alexander Schulz und mir während des Medientechnikstudiums in Mittweida gegründet. Unsere Schwerpunkte liegen dabei auf der Konzeption (Erstellung von Drehbüchern, Treatments, Film-Ideen) und Produktion (Filmdreh, Filmschnitt, Vertonung) von Bewegtbild-PR. Zu unseren aktuellen Kunden zählen die Deutsche Bahn für Stuttgart 21, die United Nations University, Audi, Procter & Gamble, der Deutsche Bundesrat, die sächsische Landesärztekammer, diverse Hochschulen und die Deutsche Telekom. Wir drehen ca. 50 Filme pro Jahr, betreiben einen Filmtechnikverleih (FilmtechnikDresden.de) und wurden für unseren 90min Spielfilm „Mitfahrgelegenheit“ mit dem Preis des besten Experimentalfilms 2011 im MDR ausgezeichnet. Sie bieten unter anderem an, barrierefreie Filme zu erstellen, zu drehen und umzuwandeln. Wie kam es dazu, dass Sie sie diesen Bereich mit in Ihr Leistungsportfolio aufgenommen haben? Das Thema existierte in den ersten Jahren bei uns kaum. Erst mit Beginn des Jahres 2013 haben wir die ersten Anfragen dazu bekommen und es werden immer mehr. Die Anfragen kommen vor allem von staatlichen Institutionen im weitesten Sinn. Ein Grund für die gestiegene Nachfrage ist sicher die aktuelle Diskussion um den neuen Beitragsservice der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die damit verbundene Verpflichtung zur Beitragszahlung von Blinden und Gehörlosen, wodurch ein sehr umfangreiches barrierefreies Medienangebot in Zukunft angeboten werden soll und muss. Außerdem wird die Förderung für die Bereitstellung barrierefreier Filme von der Bundesregierung durch den Deutschen Filmförderfonds auch im Jahr 2013 weiterhin fortgesetzt. Wir erklären uns das gestiegene Interesse auch mit der gewandelten Funktion von Bewegtbild im Kommunikationsmanagement insgesamt. Filme werden immer öfter als funktionale Bewegtbild-PR eingesetzt und sind somit mehr und mehr elementarer Bestandteil der Vermittlung – natürlich auch für Menschen mit Behinderung. Vielfach wurden Filme auch als spielerische Ergänzung zum klassischen Informationsangebot verstanden. Dieses Bild wandelt sich. Wir verstehen DIE FILMAGENTUR als Full-Serviceagentur und haben uns daher entschieden, uns in die Problematik einzuarbeiten. Es galt für uns erst mal zu klären, was Barrierefreiheit für Filme eigentlich heißt und welche Formen von Behinderung beachtet werden müssen. Seit vielen Jahren gibt es gesetzliche Vorgaben und Verordnungen nach Bundes- und Landesrecht, dass Internetauftritte, besonders die öffentlicher Institutionen, Behörden und Einrichtungen barrierefrei bzw. barrierearm angeboten werden sollen/müssen. Die maßgebliche Verordnung ist aktuell die „Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz“, auch genannt: (BITV 2.0) mit Stand September 2011. Sie ist übrigens ein Ergebnis der Behindertenrechtskonvention, die 2009 von Deutschland ratifiziert wurde. Besonders wichtig ist hier der §21 (Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen) da heißt es u.a.: „d) die Massenmedien, einschließlich der Anbieter von Informationen über das Internet, dazu auffordern, ihre Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu gestalten; e) die Verwendung von Gebärdensprachen anerkennen und fördern.“ Was ist beim Umwandeln bzw. bei der Konzeption und dem Dreh von barrierefreien Filmen zu beachten und welche Unterschiede gibt es im Vergleich zu konventionellen Filmen? Grundsätzlich muss man sagen, dass durch die Nutzung von Filmen im Internet die Produktion von barrierefreien Filmen an sich kein Neuland ist. Es gibt etablierte Verfahren, die angewendet werden. 21 So trivial es vielleicht klingt, aber es muss bei der Gestaltung zunächst zwischen zwei Arten barrierefreier Filme unterschieden werden: 1. Filme, die nur für Menschen mit Behinderung produziert wurden, also mit Inhalten, die sich nur an sie richten und daher per se barrierefrei erstellt sind. 2. Filme, die jeden im engeren Sinn betreffen und somit auch fit gemacht werden müssen für Menschen mit Behinderung. Bei Letzterem muss entschieden werden, für welche Art von Einschränkung der Film gemacht wird: Gehörlose, Blinde oder Sehbehinderte und Menschen mit geistiger Behinderung. Barrierefreiheit entsteht durch einen produktionstechnischen Mehraufwand. Wir produzieren den Ausgangsfilm zunächst nicht anders, nur weil er später barrierefrei sein soll. Darüber hinaus empfehlen wir Filme, die der Funktion dienen Wissen zu vermitteln, so einfach wie möglich in der Aussage und Inszenierung zu produzieren. Dramaturgische Kniffe, bildliche Spielerein oder zu aufwendige Überblendungen von Szenen verbieten sich meist. Barrierefreiheit bedeutet für uns, den Film mit Informationen so zu erweitern, dass er von jedem genutzt werden kann. Durch welche Maßnahmen werden die Filme „barrierefrei“? Um Gehörlosen Filme zu zeigen, reicht es nicht nur Untertitel des gesprochenen Wortes anzubieten, da diese nicht adäquat die akustischen Inhalte eines Films wiedergeben. Gehörlose verständigen sich in der Gebärdensprache, mit der können sie sich differenzierter ausdrücken, das ist die Sprache, die ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten am nächsten kommt, sodass es gilt, diese zu fördern und möglichst breit anzubieten. Wir überführen die Texte in Gebärdensprache, drehen also mit einem staatlich geprüften Gebärdensprachendolmetscher (inkl. Studio, Team, Licht, Technik) und fügen an einer Ecke des Films in Lautsprache das Fenster mit der Gebärdensprache des Dolmetschers ein. Untertitel direkt in den Film geschrieben werden, sodass sie nicht ausgeblendet werden können. Oder es existiert ein Flashplayer mit der Funktionalität Untertitel manuell einzublenden, die dann in einer separaten Datei auf dem Server liegen. Blinden und sehbehinderten Menschen reicht es nicht, nur den Sprecher/Moderationstext eines Films zu hören, sofern der überhaupt verfügbar ist. Er muss auf die Bedürfnisse zugeschnitten und eingesprochen sein, die ein Blinder oder Sehbehinderter hat. In dem Text muss alles beschrieben werden, was im Bild zu sehen ist, sodass alle Zusammenhänge verstanden werden, inkl. aller Dialogwechsel, Artikulationen, Aktionen und Situationen, die es zu sehen gibt. Viele Blinde oder Sehbehinderte Menschen surfen im Web indem sie sich Texte von einer Computerstimme vorlesen lassen. Sollte das Geld für diesen eigenen Sprechertext nicht reichen, sollte zumindest ein entsprechender Text online gestellt und in die Videobeschreibung bei YouTube oder im Umfeld des eingebunden Films auf der Institutionsseite bereitgestellt werden. Das Gleiche gilt für das Einsprechen eines Sprechertext in einfach gehaltener Sprache für Menschen mit einer geistigen Behinderung oder einer Lernbehinderung. Übrigens: Auch wenn es nicht zu unserem Kerngeschäft zählt, haben wir auch schon klassische Webtexte extra durch einen Sprecher als downloadbare Audiodatei für unterwegs aufgenommen. Dort ging es um die Beschreibung eines neuen Zugangsweges zu den Gleisen des Stuttgarter Hauptbahnhofes während der Bauarbeiten. Auch das ist eine zeitgemäße Form von Barrierefreiheit. Wenn das Budget für diesen zusätzlichen Dreh nicht reicht, sollten zumindest erklärende Untertitel eingefügt werden. Hier bietet der konventionelle YouTube-Player die Möglichkeit, Untertitel einzublenden. YouTube kann sogar durch eine Worterkennung automatische Untertitel erstellen. Die automatische Erkennung funktioniert aber nur gut, wenn der Text professionell eingesprochen wurde. Es sollte bei den Timecodes außerdem in den einzelnen Textzeilen auf sinnige Satzsprünge geachtet werden. Darüber hinaus müssen Sätze gekürzt oder umgeschrieben werden. Es darf ja nicht vergessen werden: Der Gehörlose will in erster Linie einen Film sehen und keinem Text hinterherlesen. Wenn Filme aber durch einen eigenen Player auf den Institutionswebsites online bereitgestellt werden, müssen 22 Metadaten als Erfolgsfaktor in der Medienproduktion Automatische Erschließung von Multimedia-Daten mit MediaGrid-Technologien von Sebastian Kirch und Michael Eble Dipl.-Inf. Sebastian Kirch 1. Herausforderungen vernetzter MultimediaProdukte Mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets, internetfähige Smart-TVs und die Alltäglichkeit des mobilen Internets trugen insbesondere in den letzen Jahren dazu bei, dass unsere Mediennutzung immer vielseitiger wurde. Nicht nur Fernsehund Radioanbieter, sondern auch Zeitungs- und Zeitschriftenverlage sind inzwischen Betreiber von Online-Medien mit multimedialen Videoangeboten und Web-basierten TV-Angeboten. Durch die Zunahme der verfügbaren Distributionskanäle tritt für viele medienproduzierende Unternehmen daher die Frage Zweitverwertung multimedialer Inhalte in den Vordergrund. Zwar ermöglichen digitale Inhalte eine Vielzahl von Alternativen zur Bearbeitung und Zweitverwertung. Gleichzeitig besteht jedoch die Herausforderung, wie die immensen, digitalen Bestände wirtschaftlich verwertet werden können. Denn eine effiziente Mehrfachnutzung der Medieninhalte - sei es für die unternehmensinterne oder für die marktseitige Mehrfachverwendung [1] - setzt eine gute Kenntnis der archivierten Inhalte voraus. Eine detaillierte Erschließung des Archivmaterials ist hierfür die zwingende Vorbedingung [2]: „Sind die in Medienunternehmen zu einem großen Anteil unstrukturierten Daten (Text, Bild, Video etc.) […] erst einmal in vollem Umfang für die Datenanalyse nutzbar, können sich hier neue Anwendungspotentiale ergeben.“. Beispiele hierfür sind das Galileo Videolexikon von ProSieben [3] oder die Erschließung des FotoTV.-Archivs [4]. Die Sichtung und Erschließung von Archivmaterial erfolgt jedoch in vielen Fällen noch manuell. Aufgrund der Fülle des Materials ist dann oft nur eine oberflächliche Erschließung möglich, die selten über eine kurze Beschreibung des Inhalts Dr. Michael Eble hinausgeht. Für die Anwendungsfälle moderner Medienunternehmen sind diese Beschreibungen jedoch nur bedingt hilfreich. Um audiovisuelle Medien effizient durchsuchen und verlinken zu können, müssen die Inhalte in Form von Volltexten (z. B. von gesprochenen Texten) und strukturierten Metadaten vorliegen. 2. Automatische Medienerschließung als Lösungsansatz Automatische Verfahren stellen eine kostengünstige Alternative dar, um große Mengen audiovisueller Daten wirtschaftlich zu erschließen [5]. Hierzu zählen beispielsweise Verfahren wie das Erkennen von Schnitten in Videos oder die Spracherkennung. Solche Verfahren erzeugen Metadaten als Basis für eine spätere Suche automatisiert - und das um ein Vielfaches schneller als es mit einer manuellen Erschließung möglich wäre. Hierzu sind jedoch sowohl innovative Technologien notwendig als auch enorme Rechenressourcen. Für ein Medienunternehmen kann es daher zu zusätzlichen Investitionskosten kommen, wenn es automatische Verfahren zur Erschließung seines Materials verwenden möchte. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) und Einrichtungen besitzen jedoch nicht die technischen, organisatorischen oder finanziellen Voraussetzungen, um entsprechende Technologien und vor allem die von diesen Technologien benötigten Infrastrukturen einzusetzen [6]. 3. MediaGrid: Verfahren für die automatische Erschließung MediaGrid [7], ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Forschungsprojekt, greift diesen Bedarf auf. Die Idee von MediaGrid ist es, intelligente Verfahren zur automatischen Medienerschließung als Dienstleistung anzubieten, um somit eine kostengünstige und bedarfsgerechte Erschließung von audiovisuellen Medien zu ermöglichen. Die Verfahren lassen sich über Schnittstellen in bestehende 23 Produktionsprozesse einbinden. So können diese Redakteure, Archive und Content-Produzenten schon bei der Erstellung von Beiträgen sowie beim Anlegen von beschreibenden Metadaten unterstützen. Zur schnellen und akkuraten Erschließung der Inhalte kommen in MediaGrid innovative Verfahren zur Audioanalyse des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssystem IAIS [8] und Verfahren zur Videoanalyse der Philipps-Universität Marburg [9] zum Einsatz (siehe Tabelle 1). Um diese teils rechen- und speicherintensiven Verfahren effizient und skalierbar ausführen zu können, greift MediaGrid einerseits auf die Ressourcen des D-Grid [10] zurück. Diese deutschlandweit verteilte Infrastruktur aus Rechenressourcen an Universitäten und Rechenzentren wurde im Rahmen verschiedener Initiativen des BMBF mit insgesamt mehr als 100 Millionen Euro gefördert und wird vorwiegend für akademische Zwecke genutzt. Für den kommerziellen Einsatz setzt MediaGrid auf Clusteroder Cloud-Ressourcen wie Amazon EC2 [11]. Damit sich die Analyseverfahren möglichst nahtlos in die bestehenden Anwendungen und Produktionsprozesse von Redaktionen und Archiven integrieren lassen, setzt MediaGrid auf standardisierte Schnittstellen. Die MediaGrid-Diensteplattform stellt hierfür als zentrale Plattform eine Reihe technischer Schnittstellen (z. B. SOAP Web Services) zur Verfügung. Sie abstrahiert so von der Komplexität der unterliegenden verteilten Infrastruktur und ermöglicht sowohl die Nutzung einzelner Verfahren als auch die Erstellung und Ausführung ganzer Workflows. Mit Hilfe der MediaGrid-Diensteplattform wurden die Analyseverfahren im Rahmen des Projekts exemplarisch in zwei Kundenanwendungen integriert: Zum einen wurde gemeinsam mit dem Projektpartner ArchivInForm [12] das semiautomatische Annotationstool DiVEGrid entwickelt. Die Software bietet Archivaren und Redakteuren die Möglichkeit, die Resultate der automatischen Analyseverfahren manuell zu erweitern, um somit zu einem nahezu perfekten Ergebnis zu gelangen. Zum anderen wurden die Analyseverfahren in die Programmplanungssoftware des Projektpartners Grid-TV [13] integriert, um dadurch ohne manuellen Eingriff automatisiert personalisierte IP-TV-Programme zu produzieren. Abbildung 1 illustriert die Gesamtarchitektur von MediaGrid. Verfahren zur Audioanalyse Audiosegmentierung Segmentierung von Audiodaten in solche Teile, in denen Sprache vorkommt und solche, in denen keine Sprache vorkommt Sprechergruppierung Gruppierung von Sprachsegmenten, die vom gleichen Sprecher stammen Verfahren zur Videoanalyse Videosegmentierung Zeitliche Segmentierung eines Videos durch die Detektion von harten Schnitten und graduellen Übergängen Geschlechtserkennung Detektion des Geschlechts eines Sprechers Erkennung von Kamerabewegungen Automatische Detektion von Kamerabewegung und Zoom Sprechererkennung Identifikation des Sprechers eines bestimmten Sprachsegments Gesichtserkennung Automatische Detektion von Gesichtern in einer Videosequenz Spracherkennung Umwandlung von gesprochener Sprache in durchsuchbaren Text (Speech to Text) Gesichtsidentifikation Identifikation von zuvor erkannten Gesichtern (z. B. von Politikern und Prominenten) Video-OCR Automatische Texterkennung von in Videos eingeblendeten Textinformationen (z. B. Erkennen von Personennamen in Bauchbinden) Tabelle 1: Automatische Verfahren zur Analyse von audiovisuellen Medieninhalten in MediaGrid Abb. 1: Anwendungen greifen über die MediaGrid-Diensteplattform auf die Analyseverfahren zu. 24 4. Anwendungen in der Medienproduktion und Ausblick Im Fokus der dreijährigen Projektphase von MediaGrid stand nicht nur die Umsetzung der technischen Plattform, sondern auch die Erarbeitung und Umsetzung von Konzepten für die wirtschaftliche Verwertung. In enger Zusammenarbeit mit dem Projektpartner Detecon [14] wurde eine Verwertungsstrategie entwickelt, die potentielle Kunden und Märkte aufzeigt sowie mögliche Geschäftsmodelle skizziert. Auf Basis dieser Modelle und der in MediaGrid sowie im BMWi-Projekt Contentus [15] entwickelten Technologien hat das Fraunhofer IAIS im Anschluss an die Projektförderung die Diensteplattform „mydec” [16] aufgebaut. mydec stellt leistungsfähige Analyseverfahren für Dokumente und multimediale Daten als Cloud-Services bereit, um Medienbestände in großen Volumina erschließen zu können. Hierbei stehen nicht nur die Verfahren selbst im Vordergrund, sondern auch Tools und Prozesse, um die automatischen Verarbeitungsergebnisse je nach Anwendungsfall zu verbessern oder zu ergänzen. Dieser Ansatz erlaubt eine flexible und bedarfsgerechte Medienerschließung, die Unternehmen beispielsweise für die Aufbereitung von Archivmaterial, zur Integration von MultimediaInhalten in das Wissensmanagement [17] oder zur Suchmaschinenoptimierung von Videoinhalten (Video-SEO) nutzen können. 5. Literatur [1] Hess, T. & Schulze, B. (2004). Mehrfachnutzung von Inhalten in der Medienindustrie. Grundlagen, Varianten und Herausforderungen. Altmeppen, K-D.; Karmasin, M. (Eds.): Medien und Ökonomie, Band II, Wiesbaden, pp. 41-62 [2] Picot, A. & Propstmeier, J. (2013). Big Data. Medienwirtschaft, 1/2013, 10. Jg, pp. 34-38. [3] Galileo Videolexikon. URL: http://www.galileo-videolexikon. de/ [4] FotoTV. (2012). Fraunhofer IAIS optimiert Wissens zugang zum FotoTV.-Archiv. URL: http://www.fototv.de/blog/ fraunhofer_iais_optimiert_wissenszugang_zum_fototvarchiv [5] Eble M. & Kirch S. (2013a). Metadaten aus der Cloud: Erschließung von Medienarchiven über Diensteplattformen und Software as a Service. In: Info7 28 (2013), Nr. 1, pp. 37-42. [6] Golkowsky C. & Vehlow M. (2011). Cloud Computing im Mit telstand. Erfahrungen, Nutzen und Herausforderungen. PricewaterhouseCoopers. URL: http://www.pwc.de/de_DE/ de/mittelstand/assets/Cloud_Computing_Mittelstand.pdf [7] MediaGrid. URL: http://s.fhg.de/mediagrid [8] Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS - Geschäftsfeld Content Technologies and Services. URL: www.iais.fraunhofer.de/cts.html [9] Philipps-Universität Marburg, Arbeitsgruppe Verteilte Systeme. URL: http://www.uni-marburg.de/fb12/ verteilte_systeme [10] D-Grid Initiative. URL: http://www.d-grid.de/ [11] Amazon Elastic Compute Cloud (EC2). URL: http://aws. amazon.com/de/ec2/ [12] ArchivInForm GmbH. URL: http://archivinform.de/ [13] Science-TV GmbH - Grid-TV. URL: http://www.grid-tv.com/ [14] Detecon International GmbH. URL: http://www.detecon.com/ de/ [15] CONTENTUS - Technologien für die Mediathek der Zukunft. URL: http://theseus.pt-dlr.de/de/contentus.php [16] mydec. URL: http://www.iais.fraunhofer.de/mydec.html [17] Eble M. & Kirch S. (2013b). Wissenstransfer und Mediener schließung: Werkzeuge für die Integration von Multimedia-In halten in das Wissensmanagement. In: Open Journal of Knowledge Management, 7(1), pp. 42–46. URL: http:// www.community-of-knowledge.de/fileadmin/user_upload/ attachments/OpenJournalOfKM_VII_2013.pdf 25 Impressum Herausgeber: Prof. Dr. Paul Klimsa Prof. Dr. Heidi Krömker (paul.klimsa(at)tu-ilmenau.de) (heidi.kroemker(at)tu-ilmenau.de) Chefredaktion: Dipl.-Ing. Janine Liebal Dipl.-Medienwiss. Oliver Klosa (janine.liebal(at)tu-ilmenau.de) (oliver.klosa(at)tu-ilmenau.de) Verantwortliche Redakteure: Katja Nörthen(katja.noerthen(at)tu-ilmenau.de) http://www2.tu-ilmenau.de/zsmp/ Anschrift / Besucheradresse: Technische Universität Ilmenau Technische Universität Ilmenau FG Kommunikationswissenschaft Institut für Medientechnik Ehrenbergstr. 29FG Medienproduktion 98693 IlmenauGustav-Kirchhoff-Str. 1 98693 Ilmenau PF 10 05 65 98684 Ilmenau Layout: Katja Nörthen Franziska Baier(franziska.baier(at)tu-ilmenau.de) Linette Heimrich B.A. (linette.heimrich(at)tu-ilmenau.de) Dipl.-Ing. Janine Liebal ISSN: 2193-7699 Copyright: Alle Rechte für den Inhalt und die Gestaltung dieser Internet-Seiten stehen allein den Fachgebieten Kommunikationswissenschaft und Medienproduktion zu. Das vollständige oder teilweise Reproduzieren, Verbreiten, Übermitteln (elektronisch oder auf andere Weise), Modifizieren oder Benutzen unserer Internetseiten für öffentliche oder kommerzielle Zwecke ist ohne unsere vorherige schriftliche Zustimmung untersagt. Natürlich freuen wir uns über Link-Verweise auf unsere Seiten, bitten aber insoweit um eine Information. 26 Haftungsausschluss: Wir haben die Informationen nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Eine Gewähr oder jegliche Haftung für die Funktion, Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit oder Qualität der Link-Verweise und insbesondere der Informationen der verwiesenen („verlinkten“) Internetseiten der Drittanbieter (inklusive Rechtmäßigkeit des Inhaltes) kann aber nicht übernommen werden. Die Rechte an diesen Seite sowie die Verantwortlichkeit für deren Inhalt liegen ausschließlich beim Drittanbieter. Dies gilt insbesondere für Inhalte, deren Verbreitung nach deutschem und ausländischem Recht verboten ist und deren Beihilfe zur Verbreitung strafrechtlich verfolgt wird. Auch können wir nicht garantieren, dass unsere Sammlung oder die verlinkten Seiten keine Viren enthalten. Wir lehnen grundsätzlich jegliche Haftung für materielle oder ideelle Schäden, insbesondere auch für Folgeschäden, ab, die durch die Nutzung der von uns zur Verfügung gestellten Informationen verursacht wurden. Falls ein totaler Haftungsausschluss trotz der Unentgeltlichkeit der Informationen rechtlich nicht zulässig sein sollte, wird unsere Haftung auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten beschränkt. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 11.10.2013 Verantwortlicher für den Inhalt gemäß § 55 Abs. 2 RStV: Prof. Dr. Paul Klimsa und Prof. Dr. Heidi Krömker (Anschrift wie oben) 27