Wir machen BLAU
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Wir machen BLAU
ICON JUNI 2014 Wir machen BLAU WILLIAM HELBURN/CORBIS Es geht los! U nd wie fahren Sie so in den Urlaub? Ich stelle mir vor, wie der Gentleman, der gerade noch letzte Hand anlegt, den RollsRoyce mit dem roten Kanu auf dem Dach und der Audrey-Hepburn-Kopie auf der Rückbank plötzlich statt in die Hamptons auf der A 7 gen Norden chauffiert ... Vorbei an belgischen Schleichautos mit Kugelwohnwagen hintendran, Volvos mit praktischen Gepäcksärgen auf dem Dach, Turans mit Sechser-Fahrradhalterung am Heck, dänischen Linksbleibern, Fords voller Menschen, Biberwäsche-bezogenen Bettdecken und Hausrat, Toyotas mit Häkelaccessoires und kurzsichtiger Fahrerin (oder warum klebt sie an der Scheibe?), schnittigen Audis, die sich den Weg frei blinken – und wen das Klischee sonst noch so trifft auf dem Asphalt, der in die großen Ferien führt. Wobei dieselbe Ausstattung auch gen Süden fahren könnte. Ich wollte mich auch immer mal für einen Packwunderwerbespot bewerben, wenn wir früher direkt vom Schultor in die Sommerferien Richtung Sylt abdüsten. Muss aber einräumen, dass man seinerzeit noch fünf Kinder und Hund ohne besondere Sitzkonstruktionen verstauen durfte. Wichtig aber war etwas ganz anderes: dieses wunderbare Gefühl von Freiheit! Das kann ich immer noch abrufen (gern in Stress-Situationen): Meer, Luft, Freunde, Strand, Himmel – wir kommen! Für Wochen! Bei allem, was sonst ist: Ja, man darf ruhig mal abtauchen. Also machen Sie einfach mal blau! Mit unserem Sommer-Entspannungsheft. Und natürlich mit sich und Ihren Lieben. KRISTIAN SCHULLER Dieser Mann, man sieht es gleich, ist rastlos. Und dieser Mann, das sagt er gleich, ist immer auf der Suche. Auf der Suche nach der Frau. „Cherchez la femme“, das sei sein Antrieb. Vielleicht ist es der Grund dafür, dass die von ihm abgelichteten Wesen oft entrückt, romantisch, ja vage verschwommen wirken. Der 43-Jährige mit rumänischen Wurzeln sei nun mal kein Fan vom glatten „Plastik-Look“. Und weil für Kristian Schuller, der sich an der Berliner Universität der Künste erst als Modedesigner und dann als Fotograf ausbilden ließ, Kleid und Frau eng zusammengehören, spezialisierte er sich auf, klar, Modefotografie. Heute lebt und arbeitet er mit Kind und Frau – die fürs Leben hat er immerhin gefunden – in New York. Für uns inszenierte er dort glamouröse Mode in der surrealen Kulisse eines der ältesten Vergnügungsparks der USA. Südlich von Brooklyn ist er auf der Halbinsel Coney Island zu Hause. Die Traumreise beginnt auf Seite 22. TITEL: KRISTIAN SCHULLER; DIESE SEITE: MARTIN U.K. LENGEMANN; KRISTIAN SCHULLER (2); HELGE SOBIK Cover: Sibui Nazarenko trägt eine Fransenjacke von Wunderkind. Kleid und High Heels: Dior HELGE SOBIK Was macht aus einem schönen Streifen Sand am Meer einen besonderen Strand? Das Licht, die Luft, das Drumherum. Entscheidend aber sind die Menschen – auch am Strand von St-Tropez, erzählt Helge Sobik, Reisejournalist und Autor aus Leidenschaft. Vor allem sind es jedoch diejenigen, die jeden Tag dort verbringen: die Parkwächterin gleich hinter den Dünen, für die immer der beste Stellplatz reserviert ist. Der Bademeister, der erst mit acht schwimmen gelernt hat. Und der Mann, der seit 33 Jahren die Liegen der Gäste vorbereitet und in all den Jahren nur Clint Eastwood und Mike Tyson um ein Autogramm gebeten hat und viel öfter selber nach seiner Telefonnummer gefragt wird. Helge Sobik hat sie alle getroffen und nach ihren Jobs und diesem Strand befragt – für ICON und für sein neues Buch „Côte d’Azur – Vom Duft des Lavendels und der Millionen“, das im Picus Verlag erscheint. Seite 55 IMPRESSUM ICON Redaktionsleitung: Inga Griese (verantwortlich) Textchef: Dr. Philip Cassier Redaktion: Caroline Börger, Nicola Erdmann, Silvia Ihring, Sarah Lehnert, Lisa Strunz, Mira Wiesinger. Mitarbeit: Julia Hackober. Korrespondentin in New York: Huberta von Voss. Korrespondentin in Paris: Silke Bender. Autoren: Susanne Opalka, Esther Sterath, Andreas Tölke Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver Artdirektorin: Barbara Krämer Gestaltung: Katja Schroedter, Maria Christina Agerkop Fotoredaktion: Julia Sörgel; Elias Gröb Verlagsgeschäftsführung: Jan Bayer (Vorsitzender), Dr. Stephanie Caspar General Manager: Johannes Boege Gesamtanzeigenleitung: Stephan Madel; Anzeigen ICON: Roseline Nizet ([email protected]) Objektleitung: Carola Curio ([email protected]) Verlag: Axel Springer SE Repro: Druckvorstufe WELT GRUPPE Berlin Druck: Prinovis Ltd. & Co. KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf ICON ist ein Supplement der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 14. September 2014. Sie erreichen uns unter [email protected] Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit. 7 IWC. THE FUTURE OF WATCHMAKING SINCE 1868. Portugieser Tourbillon Mystère Rétrograde. Ref. 5044: Wie Gangreserve von 7 Tagen auch die Zukunft. Und Sie haben sie am Handgelenk. perfektes Uhrmacherhandwerk aussieht, konnte man an ihr schon immer ablesen. Genau wie die präzise Uhrzeit – ihr fliegen- IWC . ENGINEERED FOR MEN. des Tourbillon verhindert selbst kleinste Abweichungen. Sie hat jedoch nicht nur Mechanisches IWC-Manufakturwerk, fliegendes Tourbillon, automatischer Pellaton-Aufzug, 7-Tage-Gangreserve mit Anzeige, Retrogrades Datum, entspiegeltes Saphirglas, Saphirglasboden, die Gegenwart im Griff, sondern mit einer wasserdicht 3 bar, limitierte Auflage von 500 Exemplaren in 18 Kt. Rotgold IWC Schaffhausen. Deutschland: +49 89 55 984 210. Schweiz: +41 52 635 63 63. Österreich: +43 1 532 05 80 51. www.iwc.de Am Strand von Coney Island trägt Sibui Nazarenko ein Kleid von Miu Miu, den Drachen hat Peggy Schuller gebaut ICON JUNI 2014 AUSGEWÄHLT 12 LE ID E NSCHAF T F ÜR LIQUI DES Hier geht es ausnahmsweise mal nicht um Hochprozentiges. Sondern um die Vorliebe unserer Lifestyle-Experten für Gewässer 17 D ON’ T GO CHASING WATE RFALLS Sondern folgen Sie unserem Rat und machen im Urlaub einfach mal – nichts 20 V E RBIND E NDES ELEM ENT Icona und Iken sind dann mal am Meer Rechts vor dem Karussell Sibui im Mantel von Michael Kors, Kleid: Rochas, Schuhe: Santoni. Daneben: Poloshirt von Tommy Hilfiger, Kleid: Elie Saab, Schuhe: Salvatore Ferragamo, Armreif und Tasche: Chanel. Unten: Die Jacke mit Federverbrämung ist von Valentino, Tülltop: Kostas Murkudis, Rock: Mulberry MODE 22 MODE RUMMEL Wir fotografierten glamouröse Mode in der surrealen Kulisse von Coney Island – einer der ältesten Jahrmärkte der USA 32 QUE LLE DE R INSP IRATION Vier Designer (be)zeichneten ihre Liebe zum Wasser – ein illustriertes Moodboard 34 KRISTALLKLA R Eine Ausstellung in Nordfrankreich würdigt nun die gläserne Unterwasserwelt von Lalique 35 GE SC HME IDI GES GESCHM EIDE Aus Silikon formt Tzuri Gueta Schmuckstücke, die von der Tiefsee inspiriert sind Und natürlich digital: Auf dem iPad in der WELT sowie täglich online auf welt.de/icon ICON KRISTIAN SCHULLER (4) SCHMUCK 9 THERE ARE EXCEPTIONS TO EVERY RULE. ES GIBT AUSNAHMEN ZU JEDER REGEL. ROYAL OAK ROSÉGOLD MIT DIAMANTBESATZ. AUDEMARS PIGUET DEUTSCHLAND GMBH BAHNHOFSTRASSE 44/46 D-65185 WIESBADEN TEL: + 49 / 611 / 34 17 50 AUDEMARSPIGUET.COM IC N JUNI 2014 Hübscher Ohrenkneifer: Creole (links) mit Papagei von Nach Bijoux KOSMETIK 38 GE PFLEGT A BTAUCHEN In den Urlaub! Unsere Kosmetik-Weisen verraten, welche Produkte mitmüssen 40 M ACH’S MIT Lichtschutzfaktor: Susanne Opalka weiß, wie man die Haut vor Sonne schützt 42 43 TIE FE NWIRK SAM Bei Biotherm widmet man sich der Tiefseeforschung. Und gewinnt dabei auch erstaunliche Erkenntnisse für die Schönheit H AU(P)TSACHE SCHÖN Sieben Kosmetika für die Sommerfrische 51 ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER; GETTY IMAGES (2) 44 A RC HITE KT U R-OAS E Palm Springs ist das Dessau der USA – wir haben es uns genauer angeschaut 47 NAH AM WASSER GEBAUT Erfrischende Investitionen – Poolmöbel vom Designer GESCHICHTEN HYDRO PHIL Ist das schlaue Wort für wasserliebend. Diese 20 Produkte sind vom Wasser angezogen und lassen sich auch anziehen 52 SURFER, SINGER, SO NGWRITER Pearl-Jam-Sänger Eddie Vedder erzählte uns, wie das Surfen seine Musik beeinflusst 54 VIEL SA ND AM MEER Helge Sobiks Buch über die Côte d’Azur erscheint Ende Juli. Ein Vorgeschmack 55 ZEIG DEIN O UTFIT Und ich sag dir, woher du kommst. Eine Strandtypologie von Oliver C. Schilling 58 DER BAUPLAN Diesmal durften wir dabei zusehen, wie eine faltbare Sonnenbrille von Persol entsteht DESIGN 48 Goldig! „Parrot“Kette von Flor Amazona Kinderlieb: Sweatshirt von Hundred Pieces über smallable.com Flauschigei: Strandtuch von Möve Pflegeleicht: Porzellanfigur von Pols Potten über byfurnish.com UNTERWEGS 56 GLO BA L DIA RY Es geht zum Faulenzen nach Syrakus auf Sizilien und auf die Mille Miglia in Italien 57 KUR MIT KUNST Bad Gasteins lockt nicht nur mit Quellen. Hier sprudelt jetzt auch die Kunstszene DUFTE E XPE DI TI ON Mit einer ungewöhnlichen Besetzung erkundete Philip Cassier den Ozean vor Mosambik Treuer Begleiter: Die Uhr „Ballon Bleu“ ist von Cartier Zier(vogel)teller von Habitat Für flatterhafte Damen: Rock mit Papageiendruck von Oasis Handzahm: bestickte KrokoClutch von Nancy Gonzalez Leuchtendes Gefieder: Lampe von Abigail Ahern über debenhams.com 11 Feurig: Streichhölzer „Parrot“ von Skeem über niche-beauty.de STILISTEN PAUL A. ZAHL/TASCHEN VERLAG AUCH UNSERE LIFESTYLEWEISEN SIND IN SOMMERSTIMMUNG Wunderwelt ERINNERUNGEN ANS MEER Ich bin am Meer geboren. Nicht etwa hinter dem Deich, wie man es an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste vermuten könnte. Von unserem Haus aus kann man über die Wiesen direkt auf das Wattenmeer zwischen Nordstrand und Husum sehen. Als Kind spielt die Frage, ob man das Meer liebt, keine Rolle. Es ist da, meistens grau, selten blau, bei Sturm wild und schaumig, zum Baden salzig und trüb. Man lernt, sich darin und darauf zu bewegen, erst schwimmen, dann segeln und rudern, später surfen, aber lieben? Wenn meine Mutter am Fenster saß und in großer Stille weit über das Meer blickte, dachte ich immer: Was hat sie bloß? Sie war nicht mehr erreichbar, eingetaucht, weggetaucht. In der Schule lernten wir, dass rund 70 Prozent der Erde von Wasser bedeckt und darin 90 Prozent des Lebensraums der gesamten Erde sind, dass es 10 Millionen Arten von Meeresbewohnern gibt im Vergleich zu 1,4 Millionen Arten an Land. Und dass die Dr. Maria Nordsee nur ein Nebenmeer ist und wirklich groß erst die Ozeane sind. Mich Schneider beeindruckte am meisten, dass der Meeresgrund nicht so flach ist wie unser Kreativdirektorin Watt, sondern ein riesiges Gebirge unter Wasser. Die tiefste Stelle, der der Autostadt Marianengraben, misst 11.000 Meter, und selbst in völliger Dunkelheit, in Wolfsburg Kälte und unter großem Druck gibt es dort Leben. Dass die Krabbenfischer Nahrung aus der Nordsee holten, wusste ich natürlich, auch, dass Schiffe Güter über das Meer transportierten oder dass das Meer Heilung und Erholung sein kann. Aber wie sehr ich das Meer liebe, habe ich erst gemerkt, als ich es nicht mehr sehen konnte, mitten im Land, ohne den weiten Himmel, das Salz in der Luft und ohne den rauen Wind. Und als ich anfing, die von Menschen verursachten Gefährdungen immer ernster zu nehmen, den Anstieg der Durchschnittstemperatur, die Erhöhung des Meeresspiegels mit allen Folgen und die Verunreinigung durch Plastikmüll, die jedes Jahr Millionen von Seevögel sterben lässt. Das Zusammenspiel von Mensch und Meer war nie einfach. Die Bücher in unserem Schrank erzählten vom Ringen mit der Natur (Der alte Mann und das Meer) und von den Geheimnissen des Meeres und der Hilflosigkeit der Menschen. Auf unseren Bildern kämpften Fischer mit ihren Booten (Oscar Björck). Jetzt hat sich das Drama umgekehrt: Das Meer braucht unseren Schutz. „Am grauen Strand, am grauen Meer, und seitab liegt die Stadt ... Doch hängt mein ganzes Herz an Dir, Du graue Stadt am Meer“ (Theodor Storm). 12 Man könnte meinen, dieses Bild entstamme einem Animationsfilm. Doch die Fetzenfische darauf sind echt. Zum Geburtstag des 1888 gegründeten „National Geographic“-Magazins hat der Taschen Verlag den dreiteiligen Bildband „National Geographic. In 125 Jahren um die Welt“ herausgebracht, ein kolossales Werk, das auf knapp 1400 Seiten großartige Fotos aus aller Welt zeigt. Wie auch dieses, das 1977 von Paul A. Zahl in Australien aufgenommen wurde. Schwarmintelligenz: Das Service „Ocean“ aus Biskuitporzellan huldigt den vielen flinken Meeresbewohnern V O N H E R I N G B E R L I N ( T E L . 0 3 0 / 8 8 91 7 5 71) jourdhermes.com das neue Eau de Parfum HAFFMANS TOLKEMITT VERLAG SCHICKE JUNGS: Giorgio Armani stattet die nächsten drei Jahre den FC Bayern München mit maßgeschneiderten Anzügen und Accessoires aus. æ ZU LANDE: Auch in diesem Jahr fährt der Zug „Rocky Mountaineer“ wieder durch die kanadischen Berge, ab jetzt mit neuer Strecke und deutschem Bordservice. Infos über rockymountaineer.com. æ ZU WASSER: Das „Aman Canal Grande“-Hotel in Venedig verfügt nun über zwei eigene Yachten. Sie können von den Hotelgästen für die An- und Abreise oder für private Ausflüge genutzt werden. æ BUCHTIPP I: Macht Lust auf Meer: Lynn Sherr erzählt in ihrem Buch „Swim“ die Geschichte des Schwimmens (Haffmans Tolkemitt Verlag). æ BUCHTIPP II: Die „Travel Books“ von Louis Vuitton stellen Städte anhand von Zeichnungen verschiedener Künstler vor, im neuesten führt Lorenzo Mattotti durch Vietnam. ALICE SPRINGS UND SONST NOCH Man on Heels Es ist unübersehbar: Der Fotograf Helmut Newton und seine Frau June (alias Alice Springs) haben sich gut miteinander amüsiert. In den 80er- und 90erJahren fotografierten sich die beiden immer wieder gegenseitig, wodurch die tagebuchähnliche Bildserie „Us and Them“ entstand. Neben den Landschaftsfotografien „Sex and Landscapes“ wird diese bis zum 16. November 2014 in der Berliner Helmut Newton Stiftung ausgestellt. Für Tagträumerinnen, die am liebsten sofort mit dem Boot auf eine einsame Insel fahren würden KREOLEN SAMT ANHÄNGERN LOUIS VUITTON V O N D O D O. I T VOM GLÜCK, INSULANER ZU SEIN Wenn jemand prädestiniert ist, übers Meer zu schreiben, dann wohl zweifelsohne ich. Schließlich bezeichnet man meine Wenigkeit als „inoffiziellen Botschafter“ der Insel Sylt. Ich werde nämlich nicht müde, dem Rest der Menschheit zu erzählen, welch Zauber hier herrscht. Was vor allem am Wasser liegt – dieser Urgewalt, die jeden noch so verhaltenen Skeptiker in Herbert Seckler ihren Bann zieht. In Worte fassen kann man das nicht, das muss man fühlen – dieses Glück, das einen umhüllt, wenn man am Wasser sitzt und den WelKultwirt vom len lauscht. Den Sand unter den Füßen spürt und die salzige Luft einatmet. Sylter „Sansibar“ Dem Horizont entgegen durch die Dünen wandert. Immer berauscht vom einzigartigen Licht. Hier kann man philosophieren. Aber vor allem ist man hier ganz nah bei sich. Lässt los und hört den Erzählungen des Wassers zu. Ja, das spricht. Und nein, nicht nur, wenn Sie dem 2007er „Corteforte Amarone Classico Terre di San Zeno“ zugesagt haben. Aber das ist ein herrlicher Wein mit einer wuchtigen Cuvée aus Corvina, Rondinella und Molinara, voller Dynamik, mit Noten von Anis, Lakritze und Gewürzen. Pure Leidenschaft also und genau richtig für magische Meer-Momente. 14 Jeden Sommer, wenn es in Atlanta unerträglich heiß wurde, sind meine Schwester, mein Bruder und ich zu den Großeltern gefahren. Sie haben in einem kleinen Ort gelebt, und auch wenn es dort genauso heiß war wie zu Hause, hatten wir eine Menge Spaß. Die meiste Zeit haben wir mit unserer Großmutter am See verbracht. Sie liebte es zu angeln und konnte Stunden damit verbringen, aufs Wasser zu schauen. Wir Kinder haben solange den Wald erkundet. Der Gedanke bringt mich zum Lachen, denn heute hätte ich große Angst davor, mich im Wald zu verlaufen. Als Kind ist man so viel furchtloser! Wenn wir am Nachmittag zu meiner Großmutter zurückkehrten, saß sie noch genauso da wie ein paar Stunden zuvor. Es war, als wäre sie eins mit der Natur, als wäre sie die Königin der Umgebung. Als ich älter wurde, versuchte ich, ihre Faszination für den See zu verstehen. Tag für Tag, Sommer für Sommer, es war immer das Gleiche. Was machte ihn für sie nur so interessant, und vor allem: Wie schaffte sie es, nicht einzuschlafen? Meine Großmutter hat bis zu ihrer Hochzeit sehr viel gearbeitet. Sie lebte auf einer Farm. Das heißt, die Farm gehörte nicht ihr, aber sie und ihre Familie durften dort wohnen, solange sie auf der Farm arbeiteten. Meine Großmutter zog vier Kinder groß und trug ihren Mann 35 Jahre vor ihrem eigenen Tod zu Grabe. Der See sei wie Meditation für sie, sagte sie. Ein Ort, an dem sie der großen, lauten Welt entkommen konnte. Heute fahre ich im Sommer immer noch am liebsten irgendwohin, wo es Wasser gibt Dieses Jahr denke ich darüber nach, Urlaub an einem kleinen Strand zu machen, mit möglichst wenig Touristen. Ich möchte einfach nur dasitChris Glass zen, dem Wasser zuhören, und die meditative Membership Haltung meiner Großmutter einnehmen. Manager vom Soho EIN TAG AM SEE House Berlin GANZ OHNE FILTER Inhaberin der PR-Agentur Stil-Art Ich durfte im tiefsten Oberbayern aufwachsen, und das glich in den 70er-Jahren mehr dem Wilden Westen, als man es dem wunderschönen Chiemgau heute ansieht. Obwohl „zuagroast“ (eingewandert), steckt in mir mehr bayerischer Patriotismus als in den meisten gebürtigen Münchnern, ich liebe „meinen“ Chiemsee und die Berge über alles. Aber ich mag auch das Meer. Und auch das durfte ich schon als Kind kennenlernen, denn meine Eltern mussten hin und wieder mal raus aus der alpinen Bajuwarenkulisse. Über Jahre hinweg verbrachten wir die Pfingstferien an der Costa Rei auf Sardinien, meine Schwester und ich waren Sand-Amazonen bis in unsere Teenietage. Unsere Haare waren so herrlich ausgeblichen wie der weiße Traumstrand und die Zeit am leuchtend türkisen Meer erschien uns endlos. Heute sind alle Erinnerungsbilder an diese Zeit in meinem Gedächtnis wie mit einem Instagram-Filter optimiert. Als die alljährlichen Familienurlaube angesichts altersbedingt abnehmender Gemeinschaftsidylle endeten und ich mit Freund und Freunden eigene Urlaube am Meer unternahm, entwickelte ich eine zunehmende Strand-Depression: Je älter ich wurde, umso enttäuschender waren die meisten. Der Sand nicht weiß wie früher und fein wie Staub, sondern grau, braun, steinig und oft schmutzig. War alles nur eine romantisierte Kindheitserinnerung – und waren auch am Meer meiner Jugend die Farben längst verblasst? Also gab es einen Costa-Rei-Kontrollbesuch und den ersten Sardinien-Urlaub nach mehr als 20 Jahren. Und siehe da: Meine Erinnerungen hatten mich nicht getäuscht. Es gab ihn wirklich, den Bilderbuch-Strand aus Kindertagen, es war alles unverändert farbenprächtig und der Sand so weiß wie heute die French Manicure an meinen Füßen. REUTERS / LUKE MACGREGOR Ala Zander don e in Lon s u a H u z , wimme ich reise n n e „Ich sch W . seit 1992 o ich am Tag 15 täglich, ‚ Japan, w e ich im h k c c a e n h c a , w e et ool rbeit in den P unden a g t n S u 7 r 1 p s i b ch Ein S mich wa att‘ ein. t y h c H a k r m a P tlag. Der Stock – e . J 2 5 n e m g i e tel g dort – liegt vor este Mit h b c s o a d d e j t l s poo und i imming e.“ w S e t s omer Se C schön m a ‘ e a d’Est der ‚Vill PAU L SMITH TRENDBAROMETER VON WOLFGANG JOOP Herr Haka Yves-Klein-Blau-wohin man sieht! Kunst, Mode, selbst Gartenskulpturen in St. Tropez, wo ich gerade Urlaub gemacht habe. Übrigens herrlich dort. Es fing schon vor zwei, drei Saisons an und ermüdetet wundersamerweise nicht: Alles wird angestrichen in dieser sehr bestimmten, einer Person zugeordneten Farbe. Vielleicht weil Blau für Erfolg und die Erde gerade im Zeichen des Wassermanns steht? Dem Himmel so nah. Und übrigens: man mag jetzt Donatella! Die 80er Grenzüberschreitungen sind das Schärfste unter den jungen Leuten. Kürzlich sah ich eine Bartenderin in Mailand in dem Liz-Hurley Overall. In dem Movie „Hours of Versace“ sieht man wie Donatella all die Niederlagen überwunden hat . In dieser Welt geht es doch darum, rauszuholen, was rauszuholen ist. Und das konnte Versace immer schon. Frau Dob Während Du ja offenbar die Unschuld pflegst. Wie ich sehe, hast du Dir in St. Tropez tatsächlich gerade eine weiße Hose gekauft. Die erste deines Lebens, richtig? Aber so weit wie sie ist, sieht sie auch eher aus wie deine Malerhosen. Also, dass Du als Kerl mal eine Damenhose Celine tragen würdest, wer hatte das gedacht? Aber das Schlangentop dazu lässt Du weg, gell? Geballte Gelassenheit Dies ist eine optische Täuschung. Aufmerksame Betrachter erkennen es gleich am angespannten Bizeps. Und trotzdem suggeriert diese Fotografie das Gegenteil der Anstrengung: Leichtigkeit, Ruhe, innere Balance. Dabei ist die Komposition des Bildes Präzisionsarbeit bis ins letzte Detail. Denn genau wie die Mode selbst ist auch die Modefotografie das Spiel mit der Illusion. Und Horst P. Horst (1909–1999), der Schöpfer dieser Aufnahme und einer der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts, gilt als Meister der Wahrnehmungskunst. Eine Ausstellung im Victoria and Albert Museum in London würdigt ab dem 6. September 2014 sein illustres Lebenswerk. Lassen Sie sich betören. 15 Lichtspiel Ist das Kunst oder einfach nur unscharf? Nun, beides. Der deutsche Künstler Stefan Heyne ist bekannt dafür, seine Motive so abstrakt darzustellen, dass sie auf den ersten Blick nicht mehr zu erkennen sind. Für seine Fotoserie „Seat“ fotografierte er zum Beispiel aus dem Flugzeug heraus die Stratosphäre, mal in der Morgen-, mal in der Abenddämmerung. Diese und weitere Werke von Heyne werden bis zum 14. September in der Ausstellung „Naked Light. Die Belichtung des Unendlichen“ in der Städtischen Galerie Dresden ausgestellt. Ich glaube, dass ein Drink jeden Menschen glücklicher macht. Ein klitzekleiner Schwips lässt den Gedanken Flügel wachsen. Am ersten Todestag meines Schwiegerpapas, des Wurst-Königs Karl Könecke (80†), saßen wir mit seiner Kapitäns-Mütze in den sonnigen Dünen der „Sansibar“ auf Sylt – zwölf seelenvolle Stunden mit einem Hektor-Liter Erdbeer-Bowle! Bruce Willis wurde mal von seiner Tochter in Paris versetzt. Einsam lud er mich in die Bar des „George V.“ ein. Um 3 Uhr früh spielten wir vierhändig auf dem SteinwayFlügel. Der Lebenskünstler Gunter Sachs weigerte sich, Mineralwasser zu trinken: „Dann doch lieber Campari!“ Für mich als Bayer gibt es kein schöneres Getränk als einen kalten Masskrug schäumendes Bier im Schatten des „Augustiner Gartens“. Der Drink wird Zeit-Geschenk: eine Stunde selbstbestimmtes Leben! Die blaue Stunde von Dämmerung und Sonnenuntergang ist weltweit ein Verschnaufen. Der Tag geht, die Nacht lauert, aber die Zeit gehört dir. Ich saß bei „Schumann’s“, im „Raffles“ in Singapur, im „Foreign Correspondents Club“ in Hongkong, im „Club 21“ in Manhattan, im „DO & CO“ in Wien. David Blieswood Jedes Mal kribbelt es im Körper, als Connaisseur aus Hamburg würden dich tausend Ameisen streicheln. Gerade stehe ich mit einem „mint pint of lager“ (Foster) bei vier Grad im Londoner Regen vor meinem Lieblings-Pub „The Audley“ (100 m vom Hyde Park). Ich nippe am Bier, telefoniere mit meinen Liebsten und betrachte die Welt, wie im Kino. Ein Bettler steht an der Ecke. Plötzlich hält ein weißer Chauffeurs-Bentley – 12 Zylinder. Ein Millionär aus Brunei steigt aus und steckt zehn Pfund in den Papp-Becher. Leben und trinken lassen. Auf dem Grabstein von Schwiegerpapa steht: „Viel war es nicht, was er verpasst hat.“ Prosit. Flotter (Kaschmir-)Roller: Das Flausch-Spielzeug von Loro Piana ist nicht nur ein Traum für Kinder. LOROPIANA.COM MEIN PARADIES AUF ERDEN Emmanuel de Bayser Mitbesitzer von The Corner Berlin 16 Täglich, am frühen Morgen, drehe ich meine Runde im Tiergarten, um das Erblühen der gigantischen, vielfarbigen Rhododendronbüsche zu verfolgen ... Und dann am Abend vertiefe ich mich begierig in die Welt der englischsprachigen Literaten des vergangenen Jahrhunderts, wie Edith Wharton und Nancy Mitford. Untertags dann heißt es, die floral bedruckten Modelle des belgischen Designers Dries Van Noten in unseren Boutiquen richtig in Szene zu setzen. Dieses Jahr steht die warme Jahreszeit mehr denn je im Zeichen der Natur, verbunden mit einem Hauch Nostalgie. Vielleicht ist es auch eine natürliche Reaktion auf Berlin: Die Stadt der Zukunft mit unzähligen Kränen und Baustellen, Touristenhorden, frenetischer Start-up-Hysterie und architektonischem Chaos verleitet mich zu einem gewissen Neo-Romantizismus und zurück zum Ursprung. Dann sehne ich mich nach unserem Haus in der Normandie. Nach Varengeville, um im Rhythmus der Natur zu leben. Dem der Gezeiten, Gartenarbeit, Tennispartien, Schwimmen in der Flut. Nach Krebse-, Hummer- und Garnelensammeln bei Ebbe, um sie nachher genüsslich zu verspeisen. Nicht zu vergessen, die Milch, die man beim Bauern holt, die wilden Brombeeren, die gesammelt und zu köstlichen Konfitüren verarbeitet werden. Modellsitzen bei meinem Großvater, der es liebte, die Familienmitglieder in bukolischem Ambiente zu malen. Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, als Kind jeden Sommer drei Monate Ferien, unbekümmert und voll Poesie. Ein verlorenes Paradies? Undenkbar heute, würde man sagen. Das ist die Vergangenheit ... Man muss sich weiterentwickeln, verändern, neue Horizonte entdecken. Aber diesen Sommer werde ich wieder zurückkehren zu meinen Krabben, die sich hinter den Felsen am Strand von Varengeville verstecken, und zu meinen Sonnenuntergängen auf den Klippen. Denn die Krähen auf den Kränen von Berlin sind eine andere Art von Poesie. ZAURITZ STEFAN HEYNE UND DVG BILD-KUNST,BONN 2014 WARUM BLIESWOOD SO GERNE BLAU IST ESSAY Luxus Langeweile Im Alltag gehört es zum guten Ton, keine Sekunde übrig zu haben. Aber nun ist Urlaubszeit. Ein Plädoyer dafür, sie am besten einfach so zu vertun. Von Philip Cassier und illustriert von Tim Dinter Z Zu den wunderbarsten Eigenschaften der heutigen Zeit gehört, dass es zu jeder Stunde, in jeder Lebenslage, an jedem Ort sofort Rat und Hilfe gibt. Das schließt den Urlaub ausdrücklich mit ein: Bücher, Nachrichtenagenturen, Internetforen und einschlägige Seiten in Magazinen beschäftigen sich derzeit besonders gern mit der Frage: Wie mache ich richtig Ferien? Die Antworten – und das ist das Schöne an solchen Ratschlägen – sind an Schlichtheit nicht zu überbieten. Der wahre Weg ins Ferienglück scheint ausschließlich über die Effektivität zu führen, möglichst viel aktive Erholung in möglichst kurzer Zeit lautet das Ziel. Alles darf aufhören, nur der Wettbewerb mit und gegen sich selbst nicht. Ist ja vollkommen klar, bei Diäten geht es schließlich auch immer darum, möglichst viel Gewicht in möglichst kurzer Zeit zu verlieren. Solcherlei Regeln dulden keine Ausnahme, sonst könnte man sie gleich ganz abschaffen. Bemerkenswert an den Handreichungen ist nicht, dass es an ihnen kaum einen Weg vorbei gibt. Bemerkenswert ist, dass sie alle Vorgaben, die im Alltag gelten, auf die alltagsfreie Zeit übertragen. Normalerweise läuft’s ja eher so: Wölfisches Schlingen in der Mittagspause bei Termindruck an einem Donnerstag? Freunde, ich bin dabei, wir sind hier ja nicht in Frankreich oder Italien, wo Essen schmecken soll. Hektische Telefonate um Dinge, die notfalls noch drei Wochen Zeit haben vor dem einzigen freien Tag in der Woche? Notwendig – irgendwie muss man die Umgebung davon in Kenntnis setzen, dass man auf der Welt ist. Und erst wenn die letzte Spam-Mail – „Durch die Einnahme dieser Zauberpille wird selbst dein arg kleiner Freund zum prächtigen Kerl“ – in Sekundenschnelle am Smartphone gecheckt ist, erst wenn man beim Kaffee nicht mehr mit dem Gegenüber spricht, erst dann kann man sich über den elenden Stress in sich und um einen herum so richtig aufregen. Klau anderen die Zeit, sonst klaut man sie dir, es ist nun einmal nicht genug für alle da. Wer nach dieser Methode vorgeht, wird sich in einer Arbeitswoche keine überflüssigen Fragen stellen und als vollwertiges Mitglied unserer Gesellschaft gelten. Da ist es natürlich heilsam, wenn auch im Urlaub die Effizienz ihre Bedeutung behält. Glaubt man den Rat- und Taktgebern, ist die Gefahr immens, dass die viele freie Zeit – frei wovon eigentlich? – alles nur noch verschlimmert. Wer falsch urlaubt, bringt sich in ernste Gefahr, lautet die Botschaft, die besonders gern mit steigenden Herzinfarktstatistiken, Beziehungsenden und wer weiß was noch untermauert wird. Urlaub braucht einen Plan, und zwar einen ausgefeilten, um das zu verhindern. Stehen Sie pünktlich auf, um mit der Erholung zu beginnen! Zweisamkeit ist herrlich, aber nicht zu viel davon, da könnte man am Ende tatsächlich herausfinden, für wen man sich überhaupt entschieden hat. Treiben Sie Sport, trinken Sie gerade im Urlaub, wenn Sie mal drauf achten können, mindestens zwei, drei, vier, fünf, acht Liter täglich (kommt auf den Experten an, den Sie fragen). Achten Sie darauf, dass mit der Entspannung nicht der Appetit wächst, und Fleischkonsum killt ohnehin Tiere, also hören Sie jetzt damit auf. Denn so viel dürfte jedem einleuchten: Wem es im Urlaub nicht gelingt, sich zu optimieren, wenn er dem Druck und der Last des Alltags enthoben ist, für den müssen wir bis ans Ende seiner Tage leider schwarzsehen. Und zwischendurch lassen Sie aber bitte einfach total entspannt die Seele baumeln und schalten mal ab, das wirkt bekanntlich Wunder. Nur die Erwägung, dass man die Zeit, die man in die Lektüre der Ratgeber steckt, nicht mehr für die Ferien zur Verfügung hat, gilt es zu vermeiden. Neu sind diese Erkenntnisse nicht. Schon der Weltkriegs-Held und Käfersammler Ernst Jünger stellte einst fest, bei Langeweile handele es sich um „verdünnten Schmerz“. Nun muss man vielleicht dazu sagen, dass der gute Mann als Jugendlicher von zu Hause ausbüxte, weil er ein Dasein als Fremdenlegionär für sich passender fand als das eines Apothekersohns. Wenn jemand, der sich gern von einem sadistischen Vorgesetzten schinden lässt, um hinterher womöglich zu sterben, ein Problem mit der Langeweile hat, dann hat er vermutlich noch sechs bis sieben andere. Was aber daran so grauenhaft sein soll, morgens aufzustehen und für ein paar Wochen nichts zu tun zu haben? Diese Frage löst bei den Ratgebern eine solche Panik aus, dass sie sie lieber nicht stellen. Das Elend der Welt, bemerkte der französische Philosoph Blaise Pascal im 17. Jahrhundert, bestehe darin, dass es niemand eine Stunde lang mit sich selbst in einem geschlossenen Raum aushalte. Wer mag, darf sich aufgefordert fühlen, gerade jetzt das Gegenteil zu beweisen und einfach mal ein paar Löcher in den Himmel gucken. Das soll aber bestimmt kein Ratschlag sein: Wer den Luxus der Langeweile partout nicht empfinden kann, muss ja nicht unbedingt Urlaub machen. 17 * Willkommen in Brasilien ** Brasilianisches Territorium HAVAIANAS-STORE.COM OH, LOOK! UNSERE ICONA ZEIGT IHRE AKTUELLEN LIEBLINGSTRENDS ILLUSTRATIONEN: JAMES DIGNAN (JAMESDIGNAN.COM) BEACH BOY SAILOR GIRL Mit dem kann man(n) punkten: Strohhut von Paul Smith + + Ein Mann, sein Boot. Schlüsselanhänger von Prada Luftikus: Die BaumwollShorts sind von COS + Für Meer( jung)frauen: Badeanzug „Power Glitter Flashdance“ von Eres + + Frischmacher: Sonnenbrille von R.T.CO Tiefseeblau: Shorts von Finders & Keepers über Zalando.de Der Klassiker im neuen Gewand: „Le Beau Male“ von Jean Paul Gaultier + Auf Tuchfühlung: Hamamtuch „Mardin“ von Urbanara + Gar nicht wasserscheu: Unterwasserkamera „Power Shot D30“ von Canon + 20 + Schrittmacher: Leder-Slipper von Filippa K + Underwater Love: Ohrhänger „Seeigelquaste“ von Sévigné. 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Genießen Sie jetzt mit nur einer Berührung auch zu Hause exzellente Kaffee-Kreationen mit frischer Milch. www.nespresso.com/lattissima-pro t i e k l e t i E e n h o t J a h r m a rk Beliebtes Sommerfrische-Ziel, Eldorado für die Happy Few, schließlich Banditen-Terrain, kämpft man hier seit Jahren ums Überleben. An kau m einem anderen Ort verblasst das Versprechen von ewigem Gla so deutlich in der M mour und Vergnügen elancholie eines vo m Zeitgeist überho lten Jahrmarkts wie auf Coney Island. Wir reisten an den fragilen wie ma gischen Platz vor New York, um die Pre-Fall- Kollektion zu fotografie ren Fotoassisten z: Fotos: Kr is Henry Lopez , Mode l: Sibui tian Schu ller Anna Dilthe y Styling: N adia Rath Haare Nazar : Elsa enko Cane c/o N do c/o Mak ext M e-up Facto odels : Hec r y D ownto tor S wn iman cas c / o Fac Setdesign tory : Peggy S Dow chuller ntow n Casting: A ndrea Dea nesi für Bro ke Creativ es Produktion: Isabel Sc harenberg Seifenblasenkü nstler: Stephen Duncan 22 KLEID: RALPH LAUREN 23 STRICKBODY: AGNONA. MANTEL: GIAMBATTISTA VALLI. SCHUHE: ROCHAS. TASCHE: GUCCI 24 KLEID: BOTTEGA VENETA. SCHUHE: VERSACE. ARMREIF: CHANEL 25 TOP: PORSCHE DESIGN. HÖSCHEN: PRADA. TASCHE: GIORGIO ARMANI KLEID: AKRIS. JACKE: 3.1 PHILLIP LIM. ARMREIF: POMELLATO 27 28 KLEID: HUGO BOSS. SCHUHE: 10 CROSBY DEREK LAM. COLLIER: CHANEL KLEID UND ARMREIFEN: CHANEL. GEKNOTETER MANTEL: MAX MARA MANTEL UND ROCK: ANTONIO MARRAS. SCHUHE: TORY BURCH. RING: CHANEL 31 INSPIRATION So schön nass Kein Element beschäftigt den Menschen so sehr wie Wasser. Immerhin besteht sein Körper zu mehr als 70 Prozent daraus. Und wer sich passend einkleiden möchte, greift immer wieder auf Marinefarben zurück. Warum das so ist? Wir haben vier „Wasser wird heutzutage vor allem als Ressource betrachtet – sie ist entweder knapp, zu viel oder schmilzt. Die einzige Konstante bleibt unser nachlässiger Umgang mit den Konsequenzen. Der Zackenbarsch wohnt zwar im Wasser, aber sein Bestand ist durch Überfischung stark bedroht.“ OLIVER LÜHR UND THOMAS BENTZ, DESIGNER UND INHABER VON ACHTLAND DOROTHEE SCHUMACHER ACHTLAND Designer gefragt, was sie mit Wasser verbinden. Sie antworteten in Wort und Bild. LEYLA PIEDAYESH „Ich sehe hier eine Wasseroase im Orient. Ein tiefes Blau, das unendlich erscheint. Die Quelle und Ursprung allen Lebens – und immer ein Ort der Entspannung und Inspiration.“ L E Y L A P I E D AY E S H , G R Ü N D E R I N U N D D E S I G N E R I N V O N L A L A B E R L I N „Wasser ist unser Lieblingselement, vor allem im Sommer. Kein Tag vergeht, an dem wir nicht von einer Bootstour nach Formentera, einer Wattwanderung auf Sylt, Yoga am Strand von Parrot Cay oder einer aufregenden Nacht am South Beach träumen. Wasser spielt deshalb auch immer eine Hauptrolle in unseren Kollektionen, diesmal als Plisseekaskade in hauchdünnem Chiffon, die bei Wind und Wellen erst richtig zur Geltung kommt. Unser Border Terrier Cooper ist immer dabei und wird nächstes Jahr beim Waterski-Tournament vor der Villa d’Este antreten.“ TALBOT RUNHOF D E S I G N E R - D U O J O H N N Y TA L B O T U N D A D R I A N R U N H O F „Vom Business blaumachen – und im Neoprenkleid in den Pool eintauchen ... Erfrischung und Inspiration pur!“ DESIGNERIN DOROTHEE SCHUMACHER 33 KUNST Blubb? Blubb! Ganz ohne Schnorchel und Maske lädt die MUSÉE LALIQUE Wasserwelt von Lalique ein zur Entdeckung: Ein magischer Tauchgang zu den luxuriösesten Bijoux von Jugendstil und Art déco in der elsässischen Provinz Rund 200 Objekte werden in der Ausstellung „Die Wasserwelt von Lalique“ gezeigt. Das liebste Motiv des Zeichners und Goldschmieds René Lalique war die Unterwasserwelt 34 E in schmuckes Meer liegt derzeit in Wingen-sur-Moder. Bitte wo? Der kleine, französische Ort mit kaum mehr als 1500 Einwohnern befindet sich zwischen Saarbrücken und Straßburg im Elsass. Grüne Hügel und Wälder, propere, biedere Häuschen und gepflegte Vorgärten, so weit das Auge reicht. Wo sich normalerweise Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagen, tummeln sich jetzt Meerjungfrauen, Seepferdchen, Medusen und andere Arten von Wasserbewohnern, die aus Zeit und Raum gefallen zu sein scheinen, weit ab vom mondänen Paris der Belle Époque. Ihr „Aquarium“ ist das Museum Lalique, das erst vor drei Jahren in unmittelbarer Nähe zur berühmten Glas- und Kristallmanufaktur eröffnete, in der kühn-kubistischen Architektur der Agentur Wilmotte, die auch für den Umbau des Amsterdamer Reichsmuseums verantwortlich zeichnete. In der Ausstellung „Die Wasserwelt von Lalique“ werden rund 200 Schmuckstücke, Vasen, Parfumflakons und Tischdeko-Objekte aus der Zeit des Jugendstils bis in die 30er-Jahre gezeigt – einzigartige Preziosen, die sowohl die künstlerische als auch technische Meisterschaft des Firmengründers René Lalique (1860–1945) veranschaulichen. Die Flora und Fauna des Wassers – von der Libelle bis zur mythischen Najade – gehörte von Anfang an zum Formenkanon Laliques. Eine Tradition, die bis zu seiner Enkelin Marie-Claude Lalique, die das Unternehmen in dritter Generation bis ins Jahr 1996 führte, lebendig gehalten wurde. Gleich am Anfang des Rundgangs zeigen etliche Entwürfe, an sich schon kleine Kunstwerke, René Laliques Talent als Zeichner, der mit unglaublicher Fantasie und Liebe zum Detail die Formen der Natur abstrahierte und in raffinierte, luftig-verspielte Schmuckstücke bannte. Der in der Champagne geborene Zeichner und Goldschmied, der 1885 seine eigene Boutique am Place Vendôme in Paris gründete, bestückte schon bald Sarah Bernhardt, die berühmteste Schauspielerin ihrer Zeit, mit spektakulärem Bühnenschmuck und wurde mit der Weltausstellung in Paris 1900 endgültig zum Shootingstar des Schmuckdesigns. Seine raffinierten und verspielten Kreationen im Geiste des Jugendstils fanden reißenden Absatz und machten ihn in kürzester Zeit zu einem der einflussreichsten und meistkopierten Juweliere seiner an Konkurrenz nicht armen Epoche, wie die Museumsdirektorin Veronique Brumm erzählt: „Zudem war er es, der Gold und Edelsteine mit damals ungewöhnlichen, weil gemeinhin als wertlos angesehenen Materialien wie Schmelzglas oder Horn kreuzte und somit auch als Begründer des Modeschmucks gilt.“ Ermüdet von den vielen Nachahmern, suchte und fand er bald ein Feld, auf dem man ihm nicht so schnell das Wasser reichen konnte. Glas wurde sein neues Fetisch-Material. Laliques Bekanntschaft mit dem Parfümeur François Coty brachte ihn ab dem Jahr 1907 mehr und mehr weg vom Schmuck hin zum Design von Parfumflakons. In den dramatisch illuminierten, in allen Farben schimmernden Glasobjekten aus späteren Jahren zeigt sich die immer feiner werdende Könnerschaft im Umgang mit den Möglichkeiten der Glaskunst, die er nun auch auf Lüster, Möbel, Tischkultur und Dekorationsgegenstände ausweitete. Er verstand es wie kaum ein Zweiter, die Eigenschaften von Wasser-Blubberblasen, Lichtreflexe, Spiegelungen, Strudel in einer verblüffenden Dreidimensionalität in Glas und Kristall zu bannen und so die dargestellten Fische, Nixen und Wasserpflanzen zu einem illusionistischen „Stillleben“ zu erwecken. 1909 gründete er seine Glashütte in der Nähe von Paris, die schnell zu klein wurde und 1921 in der Glasregion Elsass nach Wingen-surModer ein zweites Standbein bekam, wo heute noch Menschen von Hand die Öfen töpfern, in denen das Kristall geschmolzen wird und jedes einzelne Objekt in einer langen Kette von Handarbeit entsteht. Vasen von Lalique sind ein Luxus, den man sich leisten können muss. Die meisten haben den Gegenwert eines Kleinwagens: um die 15.000 Euro. „Die 20er-Jahre im Elsass wurden zur zweiten Blütezeit Laliques“, erzählt Brumm. „Er produzierte nun im großen Maßstab, wurde Industrieller und blieb gleichzeitig Künstler. Sein Design orientierte sich weiterhin an der Natur und wurde im Geiste des nun tonangebenden Art déco geometrischer und reduzierter.“ Seine Präsenz auf der Pariser Messe für Kunstgewerbe 1925 gab dem Unternehmen weiteren Aufschwung. Sein 15 Meter hoher Glasbrunnen zierte nicht nur den Vorplatz des Invalidendoms während der Messe, er wurde in Folge auch mit der Gestaltung des Speisewagens im Luxuszug Orient-Express und diverser Ozeandampfer beauftragt. Als begeisterter Autorennfahrer kreierte er für Bentley, Bugatti, Rolls-Royce und andere große Marken einzigartige Kühlerfiguren aus Kristallglas: begehrte Sammlerobjekte, die heute auf Auktionen regelmäßig Höchstpreise erzielen. Mitte der 30er-Jahre war er auf der Höhe seines Ruhms angekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte sein Sohn Marc das Unternehmen weiter und spezialisierte es auf Objekte aus Kristallglas. Seine Tochter Marie-Claude löste ihn in den 70er-Jahren ab. Das Fahrwasser wurde für das traditionsreiche Unternehmen in den 90er-Jahren immer rauer, bis schließlich 2008 die schweizerische Unternehmensgruppe Art & Fragrance mit Silvio Denz, selbst Lalique-Sammler, das Ruder übernahm und Lalique wieder in die schwarzen Zahlen führte. Noch heute stammt der Flakon des Kult-Duftes von Nina Ricci „L’Air du Temps“ aus dem Hause Lalique, auch die Automarke Bentley lässt in Sondereditionen Flakons für ihre Duftwässerchen fertigen. Ansonsten hat sich das Unternehmen auf eigene Parfumkreationen inklusive Flakons spezialisiert. Für die schottische Whisky-Destillerie Macallan stellen sie für besonders edle Tropfen Kristalldekanter her, die auf Auktionen bis zu 460.000 Euro pro Flasche erzielen können. Karl Lagerfeld lässt sich vom Privatbutler seine Coke zero aus Lalique-Coupés reichen. Limitierte Editionen von Stars aus der Kunst- und Designszene wie Yves Klein oder Zaha Hadid, die gerade ihre Vasenkollektion lancierte, fachen zusätzlich die Nachfrage nach dem Luxusglas „made in France“ an. Dank der wachsenden Nachfrage im asiatischen, russischen, indischen und arabischen Markt, wo solche Summen bei niemandem einen Schluckauf verursachen – im japanischen Hakone betreibt ein Sammler ein privates Lalique-Museum mit etwa 1500 historischen Stücken –, hat die kleine, feine Manufaktur mit rund 200 Angestellten plus dem Designteam in Paris wieder so richtig Oberwasser. Da lachen die Gartenzwerge in den Vorgärten Silke Bender von Wingen-sur-Moder. „Die Wasserwelt von Lalique“ – noch bis 11. November 2014 im Musée Lalique/ Wingen-sur-Moder, musee-lalique.com/de Silicon is a girl’s best friend Es müssen nicht immer Diamanten sein. Die Schmuckkreationen von Tzuri Gueta verwischen die Grenzen zwischen Kunst und Natur und treiben das Material Silikon buchstäblich auf die Spitze. Diese Saison sieht der Designer blau auf dem Wasser schweben. Der Künstler freute sich diebisch, die Besucher bei der Erkundung zu beobachten: „Fast alle haben intuitiv die Pflanzen ertastet, um zu wissen, wo die Natur aufhört und die Kunst anfängt. Genauso hatte ich mir das vorgestellt.“ Für seine neue Schmuckkollektion kam er wieder auf sein Lieblingsthema zurück. „Mich hat immer das Meer fasziniert“, sagt der Israeli, der seine Kindheit in Givat Olga am Mittelmeer verbrachte. Sein großer Bruder zog den damals Dreijährigen bei seinen Tauchgängen nämlich stets auf einem Autoreifen hinter sich her, während Tzuri mit seiner Tauchermaske von oben die Unterwasserwelt beobachtete – eine visuelle Erfahrung, die ihn nie wieder losließ. „Irgendwie habe ich meine Heimat wohl nach Paris mitgebracht.“ Der Blick in unbekannte und für das bloße Auge verborgene Welten übte auch in dem Kibbuz, in den er auf eigenen Wunsch mit bereits 15 Jahren ging, einen großen Reiz aus. „Meine Zeit verbrachte ich dort am liebsten mit dem Tierpräparator. So lernte ich das Innenleben von Vögeln und Kaninchen kennen. Und das Mikroskop war mein liebstes Instrument im Labor“, erzählt er. Silikon, der Stoff, der eher dafür bekannt ist, weibliche Oberweiten schwellen zu lassen, ist sein FetischMaterial. Schon als Student für Textil-Ingenieurwissenschaften und Design am Shenkar College in Israel begann er, traditionelle Produktionsweisen gegen den Strich zu bürsten. „Einmal sollten wir ein Kleid nähen – doch statt Schere und Faden nahm ich eine Säge und Silikonkleber, um den Stoff zu bearbeiten. So entdeckte ich das technische und ästhetische Potenzial von Silikon.“ Die ersten Stoffdesigns Guetas, die er noch immer in einer Mappe gesammelt hat, zeigen bereits seine typische Handschrift: Prints, die an mikroskopisch vergrößerte Kristallstrukturen und Zellen erinnern, dreidimensionale, durch Silikon und Perlen veredelte Oberflächen und Formen, die der Unterwasserwelt entlehnt sind. Diese Proben im Gepäck, flog er 1997 mit seiner Universitätsklasse das erste Mal nach Paris zur Stoffmesse „Première Vision“. Auf seiner Liste: Thierry Mugler und Li Edelkoort, die berühmte Trend-Forscherin und Verfasserin der Zeitschrift „View on Colour“. „Mugler war damals der angesagteste Modedesigner in Paris, Edelkoort verfasste mit ihrem Magazin quasi die Bibel des visuellen Designs“, erinnert sich Gueta lächelnd. „Jeder frisch diplomierte Design-Student träumte davon, für diese Leute zu arbeiten. Gut, dass mir das damals nicht so klar war. Sonst hätte ich bestimmt nicht ganz naiv bei Mugler angerufen und auf Englisch darum gebeten, mit ihm persönlich zu sprechen.“ Die Assistentin, überzeugt, es handele sich um einen privaten Freund des Modeschöpfers, stellte ihn direkt durch. Einen Tag später durfte er Mugler persönlich seine Mappe zeigen. Kurz darauf begann seine langjährige Mitarbeit für die Haute Couture von Mugler, zu der unter anderem das ikonische Medusen-Kleid mit Silikon-Fischschuppen in Wasserblau gehört. Auch bei Li Edelkoort rannte der junge Israeli offene Türen ein. Für die Ausgabe von „View on Colour“ zum Millenniumswechsel gehörte er mit zum Recherche- und Designteam. Von da an rückte der junge Israeli in die erste Reihe der Pariser Modewelt vor und tüftelte in seinem 25-Quadratmeter-Appartement weiter an der Verfeinerung seiner Technik. „Ich glaube, dass der begrenzte Platz bei mir zu Hause schließlich dafür verantwortlich war, dass ich quasi zwangsläufig die Perfektionierung im mikroskopischen Maßstab suchte“, grinst er. 2006 schließlich gründete er sein Schmucklabel, der Rest ist Geschichte. Er erhielt 2009 den Grand Prix de la Création de la Ville de Paris und 2010 eine Einzelausstellung im Tel Aviv Museum of Modern Art. Heute werden seine Schmuckstücke vom MoMa New York, dem Centre Pompidou in Paris bis nach Tokio verkauft. Auch in Deutschland ist sein Schmuck seit diesem Jahr bei vielen Adressen erhältlich, etwa bei Aquamarin in Berlin oder Eclectic in Frankfurt. Silke Bender Sieht stachelig aus, ist aber aus weichem Silikon: Schmuck von Tzuri Gueta OPHÉLIE BAL S chon beim Stopp vor dem Schaufenster bekommt man Lust auf Meer. Die hier kunstvoll präsentierten Ketten, Armbänder, Clutches und Ringe erinnern an Korallen, Seeigel, Algen, Muscheln, Medusen – alles schimmert in transluzidem Blau, Türkis und Petrol. Die Sommerkollektion des Pariser Designers Tzuri Gueta, 45, ist eine Ode an die Tiefen des Meeres. Doch stacheln und piksen tut hier nichts. Das weiche, elastische Material, das geradezu dazu einlädt, befühlt und ertastet zu werden, ist silikoneingespritztes Textil. Guetas Atelier und Showroom befinden sich im „Viaduc des Arts“, der kurz hinter der Bastille beginnt. Die insgesamt 4,5 Kilometer lange, stillgelegte Eisenbahntrasse beherbergt oben auf den ehemaligen Gleisen einen urbanen Wanderweg unter dichtem Bambusgrün und unten im Innern der Rundbögen französische Handwerkskunst. Jedes der Objekte von Tzuri Gueta entsteht in der Werkstatt hinter der Boutique von Hand. Auf den Arbeitstischen sind feinste Spitzenstoffe gespannt, auf die seine Mitarbeiter mit Spritzpistolen und chirurgischer Präzision die farbige Silikonmasse auftragen. Eine in jahrzehntelanger Forschung ausgetüftelte Technik, die der Textilingenieur wie kein Zweiter auf der Welt beherrscht und ihn selbst zu einem Hybrid zwischen den Disziplinen werden lässt: Neben seinem Schmuck gestaltet er Stoffe und Accessoires für die Haute Couture – von Armani, Chanel über Givenchy bis Jean Paul Gaultier und Lacroix, arbeitet für Innenarchitekten und stellt seine Kunstobjekte in Museen von Tel Aviv bis São Paulo aus. Organisch und futuristisch zugleich, scheinen Tzuri Guetas Kreationen nicht von dieser Welt zu sein: wie von fernen Sternen oder aus der Tiefsee. Das Spiel mit vertrauten und fremden Formen gehört zum Programm. Zuletzt verwandelte er den Glaspavillon des Pariser Jardin des Plantes in ein poetisches Alice-imWunderland. Für die Ausstellung „Noces végétales“ ließ er die echten Pflanzen dort von seinen künstlichen Organismen bevölkern. Bizarre Lianen, die sich wie stark vergrößerte Kettenmoleküle an Baumstämmen hochranken, spitzenfeines Gewebe, das sich wie Mehltau über Blätter legt, und seltsame Eier, die 35 ERFOLG – STIL – SELBSTVERTRAUEN BOSS BOTTLED. UNLIMITED. ENTDECKEN SIE DIESEN NEUEN LIMITIERTEN HERRENDUFT IN IHREN PARFÜMERIEN MIT PERSÖNLICHKEIT IHR GESCHENK: Beim Kauf eines HUGO BOSS Herrenduftes erhalten Sie einen BOSS Parfums Fußball BOSS BOTTLED. UNLIMITED. ist der neue energiegeladene Duft von HUGO BOSS Parfums. Diese limitierte Duftedition ist ein belebender Energiekick, mit einem markanten Mix aus erfrischender Minze und dem lang anhaltenden Flair maskuliner Holznoten. Der deutsche Stürmer Mario Gomez repräsentiert im Rahmen der Duft-Kampagne „Success Beyond the Game“ erneut BOSS BOTTLED. Der für seinen kraftvollen Spielstil bekannte erfolgreiche „Goalgetter“ ist sich des Ursprungs und der Bedeutung seines Erfolges absolut bewußt und erklärt:“Meine Familie ist mein größter Erfolg und die solide Basis für Alles“. Die teilnehmenden PARFÜMERIEN MIT PERSÖNLICHKEIT finden Sie unter: www.parfuemerien-mit-persoenlichkeit.de STILIST Elegant Summer Eleganter Look, St rohhut, roter Lipp enstift, ein Lieges Sonnendeck. Dio tuhl auf dem r hat sich von den Transatlantik-Kre 50er-Jahre inspiri uz fahrten der eren lassen und de n Fotografen Stev die mondäne Stim en Meisel gebeten, mung festzuhalte n. Dazu passend wi Make-up-Kollekt rd eine 18-teilige ion namens „Trans at “ angeboten. Eins lack-Nuancen: Ya chließlich der Nag cht (Beige), Capta elin (Rot) und Sailo r (Matrosenblau). Ahoi! HIER KOMMEN UNSERE KOSMETIKEXPERTEN ZU WORT STEVEN MEISEL SEI BEREIT Der Urlaub beginnt – nun ja, jetzt. Zumindest, was die Schönheits-Rituale angeht. Denn eine gepflegte Bräune braucht Vorbereitung. Peelings sind unerlässlich. Für das Gesicht empfehle ich den neuen „Mineral Face Exfoliator“ von La Prairie aus Meteoritenstaub und Mineralien, für den Körper das „Lipo Peel“ von MBR. Wer lieber vorgebräunt am Urlaubsort ankommen mag, sollte alle drei Tage die angenehm geruchsneutrale „Xen-Tan“-Emulsion benutzen. Sie zaubert eine natürliche Bräune. Und vergessen Sie vor lauter Vorbereitung dann nicht die Sonnencreme. Die neue „Cellular Protective“-Serie von Sensai schützt vor UV-Strahlen und hat die Anti-Aging-Pflege integriert. Die Tagespflege könnte somit getrost zu Hause (im Kühlschrank) auf Sie warten. Meine Sommer-Geheimwaffe? Das Roucou-Öl von Ligne St. Barth. Es regt die Melaninproduktion der Haut an (man wird schneller braun), schützt die Haut perfekt und wehrt Mücken ab. Caroline Prenzler Geschäftsführerin der Parfümerie Liebe in Hannover Weich-Macher: Spröde, trockene Lippen sind ein No-Kiss. Und faltig will man sie auch nicht. Skin Ceuticals hat nun eine kleine Wunderwaffe im Pumpspender entwickelt, die Feuchtigkeit spenden, mit Vitamin E freien Radikalen vorbeugen und mit Hyaluronsäure für Volumen sorgen soll. Am besten morgens und abends auf die ungeschminkten Lippen auftragen. Komm runter: Der firmeninterne Spitzname dieses Nahrungsergänzungsmittelchens lautet „The Chill Pill“. Nein, wir wollen Ihnen hier keine verbotenen Substanzen vorstellen. Aber mit „Holy Basil B Complex“ hat The Organic Pharmacy Tabletten entwickelt, die helfen sollen, den Adrenalinspiegel zu senken und das Nervensystem zu beruhigen. Klingt verlockend. Gibt’s über greenglam.de Unsterblich: Auf Korsika wächst ganz unspektakulär am Straßenrand die Immortelle. Eine wilde Blume, die niemals verblüht und deren AntiFalten-Wirkung L’Occitane-Gründer Olivier Baussan vor knapp 15 Jahren zufällig entdeckte. Die Pflegeserie wird nun auch von einem Augen-Make-upEntferner ergänzt. Große Welle, statt Dauerwelle: Im Urlaub mögen wir es gern lässiger. Auch die Haare dürfen sich luftgetrocknet und unfrisiert erholen. Um den Schwung kümmert sich das „Texture Wave“-Spray von Shu Uemura, das durch ein Mineralpuder Struktur geben soll und mit Baumwollsamenöl pflegt. Shuuemuraartofhair.de KOSMETIKKOFFER Pack nur die Badehose ein? Nein, auch die geliebten Kosmetikprodukte dürfen im Urlaub nicht fehlen, und dafür riskieren wir gern Übergepäck. Besonders gut als Schutz vor schädlichen UV-Strahlen eignet sich die kleine, feine „Sun Protection“-Serie der Schweizer Luxusmarke La Prairie. Wer doch mal etwas zu viel Sonne abbekommen hat, dem empfehle ich das „Soothing After Sun Mist“ (für Gesicht und Körper) aus dieser Serie. Es lindert Rötungen rasch und kühlt. Lust auf einen Farbwechsel? Nehmen Sie doch ein paar Nagellacke von Koh mit, es gibt 110 Nuancen! Sie sorgen nicht nur für bunte Abwechslung, sondern pflegen die Nägel auch mit Vitamin B5 und E. Tobias Kern 38 Inhaber der Parfümerie Kern in Freiburg Co m ive t c te ai s Pro un n Sen S e o z v ro n 3 0 y B PF Silk der S Pow SONNENSCHUTZ Em Spr liss ay Sol ant e v a i re H Sch on u utz Cla ile rins für s Che veu Haar: x vo Vit n L alité aB i o s t Ex p re hét ss iqu e bel y Bod C rè Cap C Sun ont r ita le l So ye ol E Co n m il L t S él eD 0 F5 C our re m 5 SPF icie BB e u isag xV ev o u nN 0U V Lan ter cas te Pro ctin lu gF SF 15 UV a ke en De f t l ce vo ilo nF r Haa rg a -So nne leg npf eH ul él ie C este id v o a nL Me r l Sun e ÿa G SF . E. P3 on 0v Sisl vo ér nK asta se rS nze o r B me eil Sol Lancô vo n un BB alm gB n i t or tec Pro r. Bab e t D n ima U l t 5 0 vo F LS xe hy Vic vo n vo n Sun eL car B vo n pac ey nte ay etö e-Pos G . XL och lios n La R e h A n t m e vo C re Skin ive F 30 t c te P Pro n S UV ndatio ido Fou Shise vo n Das Leben ist ein Swimmingpool N 40 un scheint es wohl amtlich. Konsequenter, täglich aufgetragener Lichtschutz mit SPF 15 verlangsamt den Hautalterungsprozess um 24 Prozent. Was von Dermatologen und Anti-Aging-Experten seit Jahren runtergebetet wird, hat eine Studie in Australien (2013 veröffentlicht) zum ersten Mal belegt. Und zwar eindrucksvoll, weil die Untersuchung mit 900 Teilnehmern über vier Jahre lief. Da gucken Sie jetzt – am besten gleich ins Regal mit den Sonnencremes. Denn die sind in der Sommersaison 2014 schon einen Schritt voraus: Neue UV-Filter? Brauchen wir nicht mehr! Annähernd 20 verschiedene, zugelassene, effektive, hautverträgliche decken das Spektrum bestmöglichen Schutzes ab. Viel wichtiger: köstliche, luxuriöse Texturen, die wir mit größtem Vergnügen und reichlich an unsere immer anspruchsvollere Haut lassen. Und die mit ihren Talenten alle Wünsche abdecken. Ob „Radiant Glow“, „Uniform Tan“ (etwa bei Lancaster), „Anti Wrinkle & Dark Spots“ (Sensai), „BB-Cream“ (Lancôme und Vichy) oder „DD“ (bei Decléor) – beim Sonnenschutz, vielmehr: Sonnenpflege, ist jetzt alles drin. Ob individualisiert (nach 17 Fragen und zwei Minuten stellt Mutisun ihr Produkt online vor), ob UV-A-Schutz nach doppelt so strengen US-Richtlinien, sogar vegan, kosher und halal (wie bei Bakel) – an jeden wird gedacht. Auch von der psychischen Warte aus: Wer schon leicht gebräunt an den Strand geht, setzt sich weniger der prallen Sonne aus. Also wird immer häufiger gleich das Make-up mitgeliefert (Shiseido). „Dazu kommt, dass die Toleranzschwelle der Haut gegenüber der Sonne mit den Jahren sinkt“, so Dr. Olivier Doucet, Forschungschef bei Lancaster. Meint: Die Haut der Babyboomer-Generation reagiert nicht nur empfindlicher auf UV, sondern bräunt auch unregelmäßiger. Konsequenz: Selbst Faktor 50+ wird noch mit Anti-Age-Wirkstoffen angereichert, sorgt für einen frischen, jugendlich-appetitlichen Tan-Ton und fühlt sich trotzdem leicht auf der Haut an. Ergibt ja auch Sinn, denn effektiv ist Sonnenschutz nur, wenn Sie richtig zulangen! Konkret sollen pro Auftrag 60 Milliliter auf dem Körper landen. Nur dann wirkt wirklich der Schutzfaktor, der aufgedruckt ist. Bevor Sie nun Übergepäck bei der Airline anmelden: Was in den Sonnen-Cremes, -Fluids, -Gelen, -Sprays und jetzt auch -Seren an Pflege untergebracht ist, schickt eben die tägliche Tiegelparade in die Ferien. Die bleibt einfach allein zu Haus. Aber war da nicht noch was mit Infrarot? Dieser fiesen intensiven Wärmestrahlung, die noch tiefer in die Haut eindringt? Nach wie vor gibt es kein Molekül, keinen speziellen Filter, der Infrarot abblockt oder absorbiert. Aber es gibt Technologien, die die Auswirkungen des Infrarotlichts eindämmen (bei Lancaster und Artemis). Obwohl – wir müssen das eigentlich gar nicht wissen. Denn nur wer stundenlang stumpf in der prallen Sonne brät, bekommt eine IR-Überdosis. Unser Konto füllt sich sowieso eher im Alltag. Die alltägliche unbewusste Sonnendosis wird noch immer unterschätzt und ist für Schäden bedeutsamer als die Urlaubszeit. Es sei denn ... sieSusanne Opalka he oben! Life is the beach. ILLUSTRATION UND MONTAGE: FLORENCE BOUCHAIN FÜR ICON Was nun in jede Badetasche gehört? Ist doch klar, die neuesten Sonnencremes T H E C U L T U R E O F T O TA L B E A U T Y Exklusive Haarpflege und Kosmetik. In ausgesuchten Friseur – Salons: labiosthetique.de LA BIOSTHETIQUE CHEVEUX LONGS In voller Länge Langes, seidiges Haar ist sexy. Es ist aber auch empfindlich und anfällig für Sprödigkeit und Haarbruch. Das luxuriöse Spa – Konzept Cheveux Longs gleicht Strukturschäden aus, n Parfum. pflegt das Haar mit hochwirksamen Inhaltsstoffen und umschmeichelt es mit einem bezaubernden Auf Tauchgang In den Tiefen der Ozeane entdecken Forscher immer mehr Wirkstoffe gegen Falten. Biotherm ist Vorreiter dieser Bewegung, und Susanne Opalka drang tief in die Historie ein H 42 ach, das haben die aber schön hingekriegt! Wenn man ihn schüttelt, den schlichten schweren Glasflakon, steigen aus der Tiefe, aus der dunkleren grünblauen Sphäre am Boden, gleichmäßige kleine Perlen nach oben ins Helle auf. Ganz sacht. So zart und anmutig wie bei Champagner. Nein, ich habe keine Aktien von der Firma. Ja, vielleicht könnte ich sonst täglich in der neuen „Life Plankton Essence“ baden. Aber darum geht es gar nicht, hier steckt mehr dahinter. Viel Meer! Genauer: Blaue Biotechnologie. Ein zukunftsträchtiger Zweig der Forschung, der noch im Kaulquappenstadium steckt, aber zu optimistischen Hymnen berechtigt. Dr. Antje Labes ist Meeresbiologin im Kieler Wirkstoff-Zentrum am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung (GEOMAR), Vorstandsmitglied der European Society of Marine Biotechnology (ESMB) und forscht seit Jahren an marinen Mikroorganismen. Sie weiß, wo es in der Medizin und der Kosmetik hingeht. „Die Blaue Biotechnologie nutzt die biologische Vielfalt der Meere. Und zwar nicht aus, sondern zu unser aller Vorteil.“ Ohne die Natur zu zerstören, werden im Labor Mikroorganismen gezüchtet, an Land kultiviert und jene tragen sogar dazu bei, Probleme wie die Überdüngung der Meere zu reduzieren. „Und diese Mikroorganismen sind so interessant, weil sie Substanzen entwickeln, die ihnen helfen, den extrem lebensfeindlichen oder Umweltbedingungen zu trotzen.“ Diese Substanzen wiederum können für die Gesundheit und die Schönheit eingesetzt Mehr Meer kann bei der Hautpflege nicht schaden. Darauf setzt Biotherm werden. „Sie fungieren vor allem als Zellkommunikatoren und sind in ganz kleinen Portionen wirksam“, sagt die Biologin. Und was davon in den Tiefen schlummert, ist gigantisch und zum größten Teil unentdeckt. „Wir kennen erst 0,1 Prozent der Mikroorganismen wie Plankton, mikroskopisch kleine Algen. Bei den Bakterien und Pilzen sind uns sogar nur 0,01 Prozent bekannt“, so Labes. Und Dr. Bernard Kloareg, Direktor der Biologischen Station in Roscoff, Frankreich, fügt hinzu: „Es gibt viele Gründe zu glauben, dass Moleküle aus Meerespflanzen und -tieren den menschlichen Molekülen im Hinblick auf die Evolution näher sind als Moleküle aus Bodenpflanzen. Daraus folgt, dass menschliche Zellen diese Moleküle leichter erkennen können.“ Der Mann ist ein Pionier und erforscht an der bretonischen Küste vielfältige Meeresthemen, vom Zellzyklus der Seeigel bis zur Ökophysiologie der Fauna hydrothermaler Quellen. Die Kollegin aus Kiel ergänzt: „Die Evolution war da faul. Wir Menschen kommen aus dem Meer und verschiedene Zelltypen ähneln sich tatsächlich immer noch. Der Zebrafisch beispielsweise oder auch der Schwamm haben Zelltypen, die unseren humanen in der Haut ähneln.“ Logisch, dass die Industrie hier ihre Zukunft sieht. „Es ist großartig, dass einige Kosmetikfirmen hier in Meereswissenschaften investieren. Man muss dabei Biotherm beziehungsweise die Mutter L’Oréal, neben etwa Estée Lauder, wirklich herausstellen. Sie forschen selbst und produzieren mit nachhaltiger Biotechnologie“, sagt auch Antje Labes. Für Biotherm selbst ist das schlicht eine Selbstverständlichkeit und pure Tradition. Bereits 1952 fing es an – mit dem Thermalplankton der Quelle in Molitg-Les-Bains, einem winzigen Ort mit rund 200 Einwohnern in der Region Languedoc-Roussillon. Eine junge Visionärin namens Jeanine Marissal erfand damals drei Produkte auf Grundlage eines ungewöhnlichen Inhaltsstoffes – des Thermalplanktons – und sorgte so für einen Durchbruch in der Hautpflege. 1990, nach 20 Jahren Forschung, Biotherm gehörte inzwischen zu L’Oréal, gelang es, reinen Thermalplankton-Extrakt, also den reinen und wirksamen Teil des Mikroorganismus, durch Biotechnologie zu isolieren und nachhaltig zu produzieren. 2000 entdeckten die Biologen der Marke zusammen mit der Stanford University, dass dieser Extrakt (MnSOD genannt) ein für die Haut wichtiges „Lebensenzym“ stimulieren kann, um so deren Abwehrkräfte zu stärken. Aus Überzeugung, dass im blauen Element unseres Planeten die Zukunft liegt, setzt die Marke seit ihrem 60. Geburtstag im Jahr 2012 komplett auf die Blaue Technik, richtete eine Biotechnologie-Plattform ein und konzentriert sich auf die Entwicklung neuer Moleküle aus aquatischer Biodiversität. Eine Abteilung des Zentrums für Biotechnologie in Tours arbeitet im Rahmen der Erforschung, Isolierung und Kultivierung dieser aus dem Meer und Frischwasser stammenden Mikroorganismen und Algen mit führenden Wissenschaftlern zusammen. Ihnen ist es bereits gelungen, viele Moleküle der nächsten Generation zu extrahieren. Hierzu zählen die „Venuceane“, die in der Nähe von hydrothermalen Quellen in verschmutztem Wasser gedeihen und als UV- und Infrarotschutz eingesetzt werden, oder aber die antibakteriellen, gegen Unreinheiten wirkenden Braunalgen L. Digitata, die sich durch Absonderung einer aktiven Substanz dem Bakterienwachstum widersetzen (wirken etwa in „Pure.Fect Skin“). Oder Extrakte der Spirulina-Alge, die eine hervorragende Quelle für Antioxidantien, für Betacarotin und pflanzliche Omega-3- und -6-Fettsäuren darstellt. Sie wird in Meerwasserentsalzungsanlagen gezüchtet, wobei man auch noch CO2 reduziert, weil Spirulina es zum Wachstum braucht (wie in der Serie „Skin Best“). Bisher mochte ich vor allem die Legenden, die sich um die Thermalquelle von Biotherm rankten: Als Hundefan besonders die von dem Grafen, der seinem geliebten Tier eines Tages folgte und sah, wie der schlaue Hund sich die verletzte Schnauze im Schlamm der Quelle von Molitg-Les Bains rieb ... das leuchtet doch ein? Wer aber braucht noch Legenden, wenn die Zukunft der Schönheit derart faszinierend aus den Tiefen unseres Blauen Planeten zu uns hinaufsteigt. „Wir werden wohl noch auf viele Erfolgsmodelle in den Tiefen stoßen, die die Evolution so belassen hat“, sagt Forscherin Antje Labes und fügt hinzu: „Da steht selbst der Wissenschaftler manchmal staunend davor und überlegt, ob es nicht doch etwas Unerklärliches, Größeres da draußen gibt.“ BIOTHERM; MONTAGE: ICON MARKENGESCHICHTE Duft-Wasser SS Di PS e Ne An heißen Sommertagen kann selbst das am Morgen aufgetragene Parfüm schon zu viel des Guten sein. Angenehmer sind in diesem Fall die frischeren Eau-de-Cologne-Varianten, die auch Hermès seit Jahren kreiert. Nun gibt es mit „Le Bain“ erstmals eine ganze Serie von Seifen-, Bade- und Duschprodukten, die zum Beispiel nach „Un Jardin en Méditerranée“ duftet. S t! Wasser marsch! Hello Sailor Für Guerlain steht fest: Im Anti-FaltenKampf kann es nur eine „Waffe“ geben – und zwar die Versorgung der Haut mit Feuchtigkeit. So entstand schon 1987 das „Super Aqua-Serum“, 2012 gab es eine neue Rezeptur und in diesem Sommer nun noch ein paar Verwandte, wie etwa die „BB+Hydra“-Creme (in zwei Farbtönen). Sie soll einen ebenmäßigen Teint zaubern und gleichzeitig Feuchtigkeit spenden. Falls Sie demnächst mal auf einer Yacht oder einem kleineren Wasser-Gefährt eingeladen sind – der neue „Nautic Spirit“-Duft von Baldessarini wäre ein sinniges Gastgeschenk. Der Flakon ist nämlich inspiriert von Schiffsbau-Materialien wie Holz (achten Sie auf das Deck), Metall und Glas. Und natürlich vom Blau des Meeres. Mit Mango-, Ingwer- und Moschus-Noten kommt auch der Duft frisch und belebend daher. uli ng e Bella Acqua Es ist der sechste Ort an den Mittelmeerküsten Italiens, der nun von Acqua di Parma und der „Blu Mediterraneo“Linie geehrt wird. Sardinien hat das Glück und nun auch einen eigenen Duft: „Ginepro di Sardegna“ duftet nach Wacholder (dessen Geruch die Insel prägt wie kein anderer), Salbei, Pfeffer und Zedernholz. Durstlöscher Ohne Wasser und Sauerstoff könnten wir nicht überleben. Auch die Haut will mit beidem ausreichend versorgt sein – falls das (etwa in stressigen Zeiten) nicht der Fall ist, sehen wir das dem Teint an. Der neue, Gelartige „Skin Therapy Moisture Booster“ von Lancaster soll helfen, die Haut mit einem Vitalstoff-Konzentrat sowie einem Hyaluron-Komplex zu versorgen und ja, den Durst zu stillen. GETTY IMAGES (2); MONTAGE: ICON; ZUSAMMENGESTELLT VON CAROLINE BÖRGER All-inclusive All der vielen Tiegel und Tuben im Bad überdrüssig? Rettung naht. Denn die neue „Visionnaire Crème“ von Lancôme soll mit einer hochwirksamen Inhaltsstoff-Kombination korrigieren, kaschieren und pflegen. Star-Molekül ist das neu entdeckte LR 2412, das der Jasmonsäure entnommen wird, die bei Pflanzen Alterung und Wachstum reguliert. Eincremen müssten Sie aber noch selbst. Mehr Meer Gratulieren können wir den Ozeanen nun nicht mehr (der alljährliche World Oceans Day war bereits am 8. Juni). Aber wir könnten zum Schutz der Weltmeere beitragen. Und zwar mit dem Kauf des limitierten MeeresTiegel der Crème de la Mer. Damit unterstützt das Unternehmen in diesem Jahr die Biologin Andrea Marshall, die mit ihren Forschungsprogrammen die bedrohten Mantarochen beschützt. Tut allen Beteiligten gut. 43 Auf Zeitreise: Mit Architektur-Guide Robert Imber (rechts) zu den schönsten Plätzen der Stadt. Spots zum Feiern: Das „Ace Hotel“ und das „Tropical“ ARCHITEKTUR Hier wird die Wüste cool Einst die Rückzugs- und Partyzone von Hollywood-Stars, ist Palm Springs heute der Hotspot für alle Design-Liebhaber. Zur jährlichen Modernism Week stehen die Türen vieler Privatresidenzen offen. Silke Bender besuchte das wohl schönste Open-Air-Museum für Mid-Century-Modern-Architektur der Welt Fotografiert von René & Radka D 44 ie späte Nachmittagssonne taucht die SanJacinto-Berge in ein diffus-blaues Licht. Wie Wellen türmen sie sich im Hintergrund der Wüste auf. Davor scheint sich das ausladende Dach des Besucherzentrums wie die Flügel eines Manta-Rochens zu erheben. Das „Visitor Center“ am Ortseingang ist eine ehemalige Tankstelle, erbaut 1965 vom Schweizer Architekten Albert Frey und das erste architektonische Bijou, das die Besucher von Palm Springs empfängt. Hier wartet Robert Imber auf seine Tour-Gäste und während er seinen Kaffee trinkt, grüßt er ungefähr jeden, der – meist stilecht in einem Oldtimer-Cabriolet mit Flossenheck – vorbeifährt. Imber bringt es auf den Punkt: „Es ist ein Paradies hier. Friede und Schönheit, wohin man blickt.“ Er ist das wandelnde Architektur-Lexikon von Palm Springs und kennt die Geschichte und die Bewohner fast jedes Hauses. Seit 2003 bietet der Architektur-Enthusiast mit seiner Firma „Palm Springs Modern Tours“ Führungen zu den Zeugnissen des „Mid-Century Modern“-Stils. Nirgends auf der Welt findet sich moderne Baukunst aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts in geballterer Form, nir- gends ist der Swing der Sinatra-Ära so spürbar wie hier. Es ist wie eine Zeitreise zurück in die 50er-Jahre, deren Gesicht jedoch keine einzige Falte bekommen hat und deren Glamour so sexy ist, dass heute 40.000 Design-Liebhaber jährlich zur „Modernism Week“ pilgern. Tendenz: ununterbrochen steigend. Warum ausgerechnet ein Wüstenkaff zum Mekka der Architektur-Avantgarde wurde? In den 20er-Jahren entdeckten die wohlhabenden Leute aus Los Angeles die Wüste als Winter-Refugium, wegen des beständigen Klimas und um dort in den heißen, natürlichen Quellen zu baden. Sie beauftragten die österreichischstämmigen Baupioniere wie Richard Neutra oder Rudolph Schindler, ihnen dort entsprechende Residenzen zu bauen. Zusammen mit dem Corbusier-Schüler Albert Frey brachten diese die Ideen der europäischen Moderne und des Bauhauses in die Wüste und entwickelten mit ihren amerikanischen Kollegen wie Donald Wexler, E. Stewart Williams oder William F. Cody einen ganz eigenen „Desert Modernism“. „Doch erst mit den Hollywood-Stars wurde Palm Springs zum Place-to-be, zum glamourösen Treffpunkt des Jetsets“, erzählt Imber. Marilyn Monroe, Cary Grant, Bob Hope, Wil- liam Holden, Elvis Presley: Alle ließen sich dort Wochenendhäuser bauen, um es – von den Knebelverträgen der Filmfirmen beurlaubt – dort so richtig krachen zu lassen. Palm Springs liegt nur rund 100 Meilen von Los Angeles entfernt, und die meisten Verträge sahen vor, dass sich die Stars nicht weiter als genau ebendiese von den Studios entfernen durften. Zudem sah eine Klausel vor, dass sie sich in diesem Bannkreis gefälligst moralisch einwandfrei zu verhalten hätten. „Wenn Frank Sinatra sein Rat Pack um Dean Martin und Peter Lawford zum Saufen einlud, hisste er die USFlagge zwischen den Zwillingspalmen in seinem Garten“, sagt Imber lachend, während wir an dem Haus vorbeifahren. Das von E. Stewart Williams 1947 erbaute Twin Palms Estate gilt als ein Musterbeispiel des Desert Modernism: Die schlanken, scheinbar schwerelosen Formen und die leichten Dächer aus Aluminiumkonstruktionen, die zu schweben scheinen und unter denen große, verschiebbare Fensterflächen das Innen und Außen aufheben und die Natur integrieren: Felsen und Bäume werden von den Mauern umarmt, das Sonnenlicht wird als Gestaltungselement eingesetzt: In der Sinatra-Villa beispielsweise malen die Schatten der Arka- Schön bunt hier: das Saguaro Hotel. Darunter: Alles Vintage bei Modernway. Inhaber Courtney Newman vor seinem 68er Prototyp-Cadillac den am flügelförmigen Pool mittags eine Klaviatur aufs Wasser. Die Sinatra-Villa ist heute als Ferienhaus für etwa 2600 Dollar pro Tag zu mieten – und gerade besetzt, wir müssen also draußen bleiben. „Das meiste ist noch original darin“, weiß Imber. „Sogar das Aufnahmestudio, auf dem Frankie seine Songs zu ‚Capitol Records‘ nach L.A. überspielte. Und es gibt noch das zersprungene Waschbecken im Bad. Dort haben sich Sinatra und Ava Gardner einen handfesten Ehekrach geliefert, bei dem sie eine Whiskeyflasche nach ihm geworfen hat.“ Auch das Kaufmann-Haus von Richard Neutra, einer der berühmtesten Bauten der Stadt, ist nur von außen zu sehen. Das Besitzerpaar hat sich scheiden lassen, die Versteigerung bei Christie’s brachte vor sechs Jahren 19 Millionen Dollar. Gerüchte sagten, Brad Pitt sei der anonyme Bieter gewesen. Doch letztlich scheiterte der Verkauf an Vertragsdetails. Wie harmonisch Sonnenlicht, Architektur und Natur in der Innenansicht funktionieren, sehen wir im Haus von Imbers Freund Chris. Er bewohnt eines der sechs Modellhäuser mit dem charakteristischen, schwebenden Schmetterlingsdach von 1957, die die Architekten Palmer + Krisel für den Bauunterneh- mer Alexander schufen. Nicht nur sein Oldtimer vor der Tür huldigt dem Chic der Zeit. Chris, Architektur-Fan wie Imber, hat alles – vom Stuhl bis zur Lampe – mit Designklassikern und Vintage-Objekten eingerichtet und ließ das Haus sogar wieder im matten Olivgrün des Originalentwurfs streichen. „Es ist einfach ein Glück, hierin zu leben“, sagt der stolze Bewohner. „Es ist eine Bauweise, die den Menschen mit sich und der Natur versöhnt.“ Und weil es so schön ist, kaufte er gleich nebenan noch ein zweites dazu, diesmal ein Flachdach-Haus in modularer Bauweise, und renovierte es nach dem gleichen Prinzip. Die Perle mit dem originalen Hermès-Sofa aus den 50er-Jahren will er nun für stolze 842.000 Dollar verkaufen. Immer mehr wohlhabende Design-Aficionados wie er haben sich in den vergangenen zehn Jahren wieder in Palm Springs niedergelassen und arbeiten daran, das großartige architektonische Erbe zu erhalten. Das war nicht immer so. In den 80er-Jahren fing der Glamour Palm Springs’ nämlich an, Krampfadern zu bekommen. Golfspielende Rentner übernahmen die Stadt und kauften die damals als Ladenhüter geltenden Häuser zu Spottpreisen, ließen sie abreißen oder gestalteten sie neu im Toskana-Stil. „So richtig mit Stuck, Springbrunnen und antiken Säulen“, sagt Imber – und kann nicht anders, als sich ob dieser ästhetischen Entweihung einmal kräftig zu schütteln. Der Zeitgeist änderte sich erst über 20 Jahre später. 1999 kamen das berühmte Coachella-Festival und angesagte Bands in die Wüste. Stilikonen wie Tom Ford kauften Neutra-Häuser. Fotografen wie Steven Klein oder Bruce Weber adelten die Architektur in opulenten Fotostrecken namhafter Magazine. Auf der Tour durch die „El Rancho Vista Estates“ stehen zehn der 75 Privathäuser offen – und in ausnahmslos allen begrüßen ziemlich frische Besitzer. In der Regel Kreative aus Film, Werbung und Design, die sich hier einen stilechten Wohntraum geschaffen haben. Die die Martini-Poolparty-Kultur neu beleben oder Kunst-Events veranstalten wie die junge Fotografin Jaime Kowal, die seit zwei Monaten das Mid-Century-Modern-Gästehaus „The Amado“ betreibt. Im Garten eines der Häuser der „El Rancho Vista Estates“ sitzt als Ehrengast der Architekt persönlich: Donald Wexler, die 88-jährige Architekturlegende von Palm Springs, der auch den Flughafen der Stadt baute. Als junger Ar3 chitekt fuhr er von Minnesota mit dem 45 Die junge Fotografin Jaime Kowal betreibt das Gästehaus „Amado“, Kunstparties inklusive Dieses Haus zum Beispiel könnte man für gut 800000 Dollar kaufen Schöner urlauben: Die „El Rancho Vista Estates“ waren eines der ersten großen Bauprojekte von Architekt Donald Wexler (unten) Wüstenblumen: Schon die Vorgärten in Palm Springs sind Kunstwerke der Natur 46 3 Auto nach Los Angeles, um sein Vorbild Richard Neutra zu treffen. „Er hat mich sofort eingestellt“, sagt er grinsend. Dann machte Wexler sich selbstständig und wurde ein Pionier der Stahlkonstruktion im privaten Hausbau. „Diese Häuser hier habe ich 1960 als eines meiner ersten Projekte gebaut – als günstige Feriensiedlung für die wachsende Mittelschicht. Ein Haus kostete nur etwa 35.000 Dollar“, erzählt er. „Unglaublich, dass sie heute eine solch hippe Klientel begeistern. Es ist wunderbar. Diese Leute bewohnen diese Häuser viel schöner, als ich mir das je erträumt hätte.“ Und dann flüstert er verschwörerisch: „Vor ein paar Tagen erst hat Leonardo DiCaprio ein Haus von mir gekauft. Wurde mir erzählt. Wissen kann ich es natürlich nicht.“ Es handelt sich um das 650 Quadratmeter große Anwesen, das Wexler 1965 für die Lesben-Ikone, Sängerin, Golfspielerin und TV-Moderatorin Dinah Shore baute, die dort die rauschendsten Partys von Palm Springs gab. Das junge Hollywood kommt offenbar zurück nach Palm Springs. Ihr Lieblingshotel ist das „The Parker“. Dieses von Design-Star Jonathan Adler im Edel-Hippie-Stil gestaltete Hotel zelebriert einen ziemlich lässigen Luxus. Wegen des weitläufigen, wie ein Labyrinth konstruierten Gartens – Verlaufen auf dem Weg zum Zimmer ist gewolltes Programm – gibt es Hunderte verschwiegener Ecken für diskrete Tête-à-Têtes. Hier checkten als welche der ersten Gäste 2005 der frisch verliebte Brad Pitt mit Angelina Jolie ein, als „Mr. & Mrs. Smith“, nach dem Film, in dem sie sich kennenlernten. Cate Blanchett, Keanu Reeves, Jake Gyllenhaal oder Charlize Theron wurden auch schon gesichtet. Wer einen draufmachen will, geht jedoch besser ins „Ace Hotel“. Aus dem Motel und ehemaligen Fast-Food-Laden „Denny’s Diner“ in der typisch kalifornischen 50er-Jahre-Googie-Architektur ist die neue Partyhochburg geworden. Sobald die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist, beschallen DJs die Pool-Landschaft und heben die Gäste mit den trainierten Bäuchen im Wasser die Martini-Cocktails. Man kann Robert Imber nur recht geben: Schönheit, wohin man blickt. Palm Springs ist ein einziger ästhetischer Overkill. Ein in Architektur destillierter Lebensstil, der süchtig macht. Touren mit Robert Imber im Internet unter: www.palmspringsmoderntours.com Die nächste Modernism Week findet vom 12. bis 22. Februar 2015 statt, www.modernismweek.com Donald Wexler (unten) freut Palm Springs’ Boom: Die neuen Hipster „bewohnen diese Häuser viel schöner, als ich mir das je erträumt hätte“ DESIGN tt: nis Be r ico m be gi lin rk. Ü e e u l-F Sn oo von P e as r d sch Fü t t w ä Be Schirme mit Charme: „Bistrò“ von Paola Lenti en od m de ath a r n B Stre a l ah ther w us ? Es A en agen ß r o gr nd t r e a s d kenr Die t h n Aussic Bec ehe e s r g sichten an ll de mge t sind gar is u o nicht übel: s s liar in a e im Juni oftmals u s ch w obi z M warmes Hocho ol Po m. D eim druckwetter. Jedenb falls laut „wetter.com“. l im oble mal o Das Herz jubiliert: hiCo n Pr ein naus, in den Garten, an die i ke sich Pusten! Fix! Dann ist die Luft. Robbin Williams fort ha Streifen-Liege „Chat“ von mulierte es einmal so: „Der P e Cooler Wurf – Strandball als Tischleuchte. Von Beachballlights.com O O L Frühling ist die Art der Natur, uns zu sagen „Let’s party“. Das gilt auch für den Sommer, oder? Die Möbelindustrie ist vorbereitet. Kaum ein Unternehmen, das nicht plötzlich Buntes für draußen dekoriert. Die italienische Designerin Paola Lenti entwarf Sonnenschirme, die mit angedockten Poufs wie kleine Inseln aussehen, der Brite Toby Sanders dachte an sein Kinderspielzeug und stellt Gute-Laune-Leuchten aus gestreiften Wasserbällen her. Das spanische Design-Team Imaisde hat aufblasbare Liegen entworfen, die jedem Rasen „Miami-BeachFlair“ verleihen. Elegante Karaffen und Gläser dürfen jetzt auch sorglos ins Freie: Mario Luca Giusti hat eine ganze Kollektion edlen Geschirrs in klassisch-opulenten Formen designt. Erst beim Berühren stellt man fest: alles Plastik. Was noch fehlt? Wasser, am besten in einem großen Becken. Eine Einladung zu einer Pool-Party verspricht bei steigenden Temperaturen einen Kurzurlaub. Swimmingpools waren Hauptdarsteller in legendären Hollywood-Hits: Grace Kelly tanzte mit Frank Sinatra in „Die oberen Zehntausend“ am Beckenrand entlang, Dustin Hoffman träumte auf einer Luftmatratze in „Die Reifeprüfung“, Romy Schneider und Alain Delon in „Swimming Pool“. Um der eigenen Party etwas Hollywood-Charme zu verleihen, könnte man die Tipps der besten Film-Schwimmerin von allen, Esther Williams, berücksichtigen. Ihr Rat: „Haben Sie immer etwas Schwanenförmiges in Ihrem Garten. Schwan ist klasse. Flamingos sind für ordinäre Frauen, die Badetücher als Strandlaken verwenden.“ Oder, ein Zitat aus der „Huffington Post“: „Wenn Sie einen Pool besitzen, ist es nur anständig, ein Pool-Haus zu haben, das größer ist als Ihr erstes Apartment und es sollte, richtig geraten, genügend Tequila geben.“ Ach so, Sie haben gar keinen Pool? Macht nix! Man kann ja auch zu zweit im gerade eröffneten „Hotel Molitor“ in Paris feiern. Ehemals das „Piscine Molitor“ und im 16. Arrondissement gelegen, verfügt das Hotel über einen 33 Meter langen Pool in Art-déco-Szenerie. Hier hat schon Johnny Weissmüller Schwimm− unterricht gegeben. Oder doch lieber ein Trip zum höchsten Pool der Welt? In Singapur kann man im „Marina Bay Sands“ 200 Meter über der Erde planschen, 150 Meter des insgesamt 340 Meter langen Dachgartens nimmt der Pool ein. Aber natürlich gehen Pool-Partys auch anders. Planschbecken sind wunderbare Getränkekühler, das Designstudio Poetic Lab stellt mit dem österreichischen Traditionshaus Lobmeyer Leuchten her, deren Schatten Wasseroberflächenreflexe auf Wänden schimmern lassen, und India Mahdavi, Interior- und Möbeldesignerin aus Paris, hat in Miami eine elegante Hotel-Dachterrasse mit einem Trick in einen der angesagtesten Hotspots verwandelt: Wasserbetten! In Kalifornien finden die coolsten Pool-Partys übrigens auf dem Trockenen statt: Da feiern Skater die Kurven in leeren Swimmingpools. Nein, sie sind nicht echt. Aber goldig! Beistelltisch „Up in the air“ von Viccerba Imaisde ein Star Für das Nickerchen am Nachmittag: Liege „Dormeuse Hervé“ von Driade „G tau ebt tis gt mir ch als ei v o Fu n S n M ßa ch ag bleg wein is De er o “: D sig der er T n Kin isc de h r- Dies ist ein Tisch und kein Abfallkorb. „Mesh“ von Kettal , sam olg l df : tel un llen Kar lau Ro on erb rer e v Me k ih lieg n da nnen So ZUSAMMENGESTELLT VON ESTHER STRERATH t.d Die Idee zu „Kaskad“ war ein Wasserfall. Die Interpretation: der Gitterlook. Von Nola Knackiges Leichtgewicht und zusammenklappbar: RelaxChair von „A Lot Of Brasil“ 47 Alles klar „Cool Water“ heißt Davidoffs Verkaufsschlager bei den Herrendüften. Der Name ist Verpflichtung: Gemeinsam mit dem „National Geographic“ kümmert sich das Unternehmen um die Weltmeere. Philip Cassier war vor der Küste Mosambiks dabei 48 Gleichgewicht: Die kleinen Fische sind nicht zur Zierde da – sie putzen die Qualle KIKE B ALLES TEROS TT AS, GE INE SE /PRIST Y IMAG ES I rgendwann an diesem Mittwochvormittag, andernorts werden gerade Koteletts für die Kantine geklopft, ist es am Strand des Indischen Ozeans so weit: Die Welt sieht tatsächlich aus wie im Werbefernsehen. Die Geschichte, die der Spot für diesen Herrenduft erzählt, darf man als überschaubar bezeichnen: Ein unglaublich gut gebauter Beau entsteigt den unendlich blauen Fluten des Meeres, am Strand beobachtet ihn dabei eine Frau mit Idealmaßen. Beide sehen nicht so aus, als seien sie vor Ort, um nach dem Bad die Vor- und Nachteile der Nimzoindischen Verteidigung beim Schach zu diskutieren. Eine maskuline Stimme aus dem Off intoniert die Worte „Davidoff Cool Water – the power of cool“. Das war’s. Vor der Küste Mosambiks fehlt nun abgesehen von Beau und Frau nichts: Da ist er, der sattblaue Himmel, dem ein paar Wölkchen Kontur geben; da ist es, das Wasser, das zwischen Tiefblau und Türkis changiert; da sind sie, die Wellen, die genau hoch genug kommen, damit sich die Sonne tausendfach in ihnen brechen kann. Und über dieser Wasserwelt liegt die Erkenntnis, dass es Dinge gibt, die nur die Natur vermag. Der Mensch inszeniert sie mehr oder weniger gut. Aber er sollte sich hüten, sie auszubeuten. Davidoff baut einen Teil seines Images seit geraumer Zeit darauf auf, das verstanden zu haben: Die Marke beteiligt sich an Expeditionen des „National Geographic“ – jener amerikanischen Institution, die bis heute Wissenschaft und Journalismus so einzigartig verbindet – in Meeresgebiete, die ihr ökologisches Gleichgewicht gehalten haben. Wochenlang wird gesegelt, getaucht, gemessen und analysiert, damit das so bleibt. PR-Effekte sind dankend erbeten: Als der Designer Pierre Bourdon erstmalig Koriander mit Lavendel mixte und „Cool Water“ vor mittlerweile 29 Jahren auf den Markt kam, gab es in Deutschland jährlich zwei neue Herrendüfte. Das Rezept lag sogar jahrelang in der Schublade. Mittlerweile werden jährlich weltweit 230 Herrenwässerchen eingeführt, die allermeisten finden den Weg in die Bundesrepublik. Man muss sich etwas einfallen lassen, wenn man unter den Topsellern bleiben will. Die Mission vor der Küste Mosambiks ist bereits die zehnte dieser Art und die sechste, die das Haus sponsert. Thomas Lalague, der Marketing Director von Davidoff, ein eleganter Franzose um die 40, sagt am Strand der Insel Bazaruto mit Blick auf die Kulisse offen: „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Welt zu retten.“ Aber dass man die Ozeane liebe, das dürfe man bei einem Unternehmen schon für wahr halten, dessen Verkaufsschlager das Wort Wasser im Namen trägt und Meeresfrische verspricht. Wer ein Flakon aus der „Love the Ocean“-Serie ersteht, hilft nach Berechnungen des „National Geographic“ dabei, 10.000 Quadratmeter Ozeanfläche zu schützen. Die Parfumhersteller sind also nicht nur nach Mosambik gekommen, weil das Meer so gut zum Werbespot passt (der letzte wurde übrigens nicht hier, sondern auf Hawaii gedreht). Das Land kann Aufmerksamkeit generell sehr gut gebrauchen. Nach 16 Jahren Bürgerkrieg herrscht große Armut. Die Insel Bazaruto ist einer der wenigen Flecken, in denen wenigstens der Tourismus funktioniert. Zwei hochklassige Resorts haben sich hier angesiedelt. Wegen des Ozeans eben – und weil es die Malaria, eine weitere Geißel Mosambiks, nicht hierhergeschafft hat. Ihr Trinkwasser gewinnen die Resorts selbst. Doch auch hier gibt es eine 3 49 ENRIC SALA Zweimal Cool Water: Vor Mosambik bieten Korallenriffe und Seegrasweiden Biotope für seltene Fischarten. Im Flakon ist der Duft ein Verkaufshit 50 3 Kehrseite, man kann sie bei einem simplen Strandspaziergang erleben: Schwarze Kinder spielen im Watt mit einer Lumpenkugel Fußball. Auf die Weißen, die vorbeiflanieren, laufen sie lachend zu. Noch so ein Bild aus dem Fernsehen. Die Gäste wollen sich schon freuen, da hören sie die Worte: „Money, Mister, please, Money.“ Mehr Worte beherrschen die Kinder auf Englisch nicht. Aber die Weißen haben kein Geld dabei, und so verlieren die Einheimischen schnell das Interesse. Paul Rose, der britische Expeditionsleiter des „National Geographic“, sagt, die Mission habe nicht nur den Zweck, den Ozean zu erforschen. Seinen Männern gehe es auch darum, Mosambik bei diversen Umweltkonferenzen auf die Tagesordnung zu setzen, sodass die Welt überhaupt Notiz nehme. Einem wie ihm ist das problemlos zuzutrauen: Jeder Quadratzentimeter dieses Mannes, der durch seine BBC-Dokumentationen in der angelsächsischen Welt den Status des „Indiana Jones of the oceans“ erreicht hat, strahlt Tatkraft aus: Der kurze ergraute Schopf, die stahlblauen Augen und der drahtige gebräunte Körper erzählen von einem Leben als Abenteurer. Mehr als 8000 Tauchgänge hat Rose, dem es als Jugendlichen im englischen Essex schnell zu eng wurde, hinter sich: In den Ozeanen, in der Antarktis, einfach überall, wo es Wasser gibt. Zu Beginn des Gesprächs sagt er, eben gerade sei er noch knapp an einem Bullenhai vorbeigeschwommen – einem gefährlichen Zeitgenossen. Doch wo man bei anderen automatisch von Seemannslatein ausginge, da würde man die Worte bei Rose nie in Zweifel ziehen. Besonders interessant macht das Seegebiet für seine Mannschaft, dass sich hier tropische Meeresströmungen mit kälterem Wasser mischen. Ein einzigartiges Biotop für seltene Lebewesen wie Dugongs, eine seltene SeekuhArt, Riesenmantas und Haie. Aber auch die Korallenriffe und Seegrasweiden haben die Forscher im Blick: Sie sind der Lebensraum und das Futter für Hunderte Krabben- und Fischarten, sie wiederum dienen als Nahrung für die großen Meeresbewohner. Ein fragiles Gleichgewicht, bisher fast ungestört. Den örtlichen Fischern stehen kaum Motorboote zur Verfügung, sie stellen keine Gefahr dar. Die ersten Wochen an Bord der beiden Boote, die dem 20-köpfigen Team zur Verfügung stehen, waren härter als gedacht. Viel Wind und Regen, eigentlich sehr untypisch für diese Region, sagt Rose. Er lädt zum Besuch auf die „Ocean Adventurer 2“ ein, dem größeren der Katamarane. Das Meer ist ruhig an diesem Abend. Das Schlauchboot, das zum Ziel bringt, schaukelt kaum, die Abendsonne wärmt Gesicht und Oberkörper. Als die Besucher über das Heck aufentern, strecken sich ihnen kräftige Männerhände entgegen und ziehen sie an Bord. Roses Crew besteht aus sonnengebräunten Kerlen im Alter von Mitte 20 aufwärts. Sie eint, dass sie bei ihren Einsätzen schon einmal in ernster Gefahr schwebten: Ihre Gesten, ihre Sprache – alles ist abgezirkelt, eine harte Genauigkeit, in die sich Bescheidenheit mischt. Alle erzählen von einem Leben, das es gebietet, für ihre Sache für Wochen und Monate auf die Lieben zu verzichten. Obwohl sie, wie Rose es sagt, durch die moderne Technik schon erreichbarer seien als in den 70er-Jahren. Damals hat er begonnen – und wer auf eine Expedition ging, der war erst einmal weg. Die meisten kamen wieder. Manche aber eben auch nicht. Der Bordtag auf der „Ocean Adventurer 2“ geht von 4.30 Uhr bis kurz vor Mitternacht. Die Ergebnisse der Tauchgänge – im Schnitt sind Rose und die Seinen mehr als zwei Stunden am Stück unter Wasser – müssen nach Einbruch der Dunkelheit direkt notiert und ausgewertet werden. Man lernt sich hier gut kennen, auf Rückzugsmöglichkeiten haben die Konstrukteure so gut wie verzichtet. Ein paar doppelstöckige Kojen, mehr ist nicht. Die Betten haben keine Sicherungsnetze am Rand. Wie sich das denn bei einem Sturm anfühle, will einer der Besucher wissen. Der Bordarzt, ein sanfter Mittdreißiger aus Australien, antwortet beiläufig, Katamarane seien glücklicherweise so konstruiert, dass sich die Wellenbewegungen kaum auf das Boot übertrügen. Man will trotzdem nicht tauschen. Ein Blick in die winzige Küche lehrt endgültig Demut. Wie es dem Koch an Bord gelingen soll, auf diesem Quadratmeter für eine ganze Besatzung zu sorgen, ist kaum vorstellbar. Trotzdem schwärmen sie an Bord von den gemeinsamen Mahlzeiten, vor allem vom frischen Fisch. Wer einmal Meeresgetier aus dieser Region probiert hat, wird das begreifen. Bier und Wein sind ebenfalls vorhanden, die Besucher bekommen einen tiefen Schluck. Vielleicht, so denkt man auf der Brücke mit Blick in den Sonnenuntergang, vielleicht sind diese Typen in Wirklichkeit so etwas wie Süchtige, die an der Nadel hängen. Dann wiederum ist noch kein Quadratmeter Ozean von Leuten geschützt worden, die am Schreibtisch großen Gedanken nachhängen und aufschreiben, was dringend mal nötig wäre. Um die Einzigartigkeit dieses Seegebiets kennenzulernen, muss man übrigens nicht einmal tauchen können. Bereits ein Schnorchelausflug reicht. Das Wasser hat laue 28 Grad, wenn etwas davon in Mund und Nase kommt, dann brennt und beißt es nicht wie anderswo. Das Panorama ist zu überwältigend, um es vollkommen zu erfassen: Sind diese fliegenden Fische da Barrakudas? Wie weit reichen bloß die Korallenriffe? Wie nennt man diese Fische in dem gelbblauen Schwarm, der da in circa acht Meter Entfernung durchs Wasser zischt? Verscheuche ich auch die Riesenschildkröte nicht, die da ganz gemütlich vor sich hinpaddelt? Und – ups – dahinten, ist das nun eine Seekuh, ein Manta, ein Hai oder doch nur das Hirngespinst des Europäers? Ein wenig trüb ist der Ozean durch das viele Plankton ja schon, also besser nicht nervös werden (man wird’s natürlich doch, und zwar ziemlich). Es ist ein Blick in eine Welt, die viel zu vielen Menschen verschlossen bleibt. Sonst würden sie darauf kommen, dass sie unbedingt fortleben muss: „Man schützt nur, was man liebt, und man liebt nur, was man kennt“, das ist ein feststehender Ausspruch beim „National Geographic“. Nach der Schnorchel-Expedition leuchtet er erst so richtig ein. Die Institution hat errechnet, dass elf Prozent der Landflächen weltweit unter Naturschutz stehen. Beim Wasser sind es nur 1,4 Prozent. Was also tun, wenn die großen Energiekonzerne der Welt beginnen sollten, sich für ein Seegebiet wie dieses zu interessieren? Paul Roses Antwort ist sehr pragmatisch: Seiner Erfahrung nach wiegen die wirtschaftlichen Interessen gerade in armen Ländern wie Mosambik stets so schwer, dass sie nichts aufhält. Wenn die Expedition das Ergebnis habe, ein Regelwerk zu etablieren, an das sich die Konzerne halten müssten, dann sei schon viel erreicht. Vor allem aber dürfe die industrielle Fischerei keinen Einzug erhalten. Ein moderner Fischtrawler sei so furchtbar effizient, dass er das Gleichgewicht in sehr kurzer Zeit für Jahre zerstören könne. Man sei mit der Regierung in Gesprächen, nachdem erste Messungen ergeben hätten, dass die Unterwasserwelt so gut wie unberührt sei. Beim Abendessen unter einem funkelnden Sternenhimmel erzählt dann Terry Garcia, ein Bekannter Barack Obamas, der sich beim „National Geographic“ um die Koordination der Expeditionen kümmert, die Geschichte von Ernest Shackleton. Die Grillen zirpen, das Meer säuselt harmlos vor sich hin, und doch passt die Geschichte dieses rastlosen Polarforschers – er starb im Jahr 1922 vor seiner dritten Antarktismission in Georgien – an diesen Strand. Die Besatzung für seine Schiffe rekrutierte Shackleton durch Zeitungsanzeigen: In ihnen war von einem Job in totaler Dunkelheit die Rede, bei miesem Essen in grauenhafter Kälte. Dafür winke im unwahrscheinlichen Fall des Erfolges ein wenig Ruhm. Angeblich hat es immer fünfmal mehr Bewerber für den Trip gegeben als Plätze an Bord. Das, sagt Garcia, sei der Geist, den seine Institution noch immer suche. Den es auch noch immer gebe, erst vergangenes Jahr sei ein Tornadoforscher in Diensten seiner Institution bei der Arbeit gestorben. Doch die nächsten Expeditionen, wieder mit finanzieller Hilfe Davidoffs, sind schon in Vorbereitung. Als sich der Besucher am nächsten Morgen voller Wonne in die Fluten stürzt, muss er an Garcias Worte denken. Das Wasser fühlt sich anders als gewohnt an. Noch seidiger und angenehmer. Vor allem aber viel kostbarer. WASSERFREU(N)DE Auf Streifzug: Sonnenbrille von Illesteva über Misterspex.de Beinfreiheit: Herrenshorts von Orlebar Brown Strandtauglich: Batik-Tasche von Michael Kors Schlicht und einfach gut: Bikini von COS Geerdet am Wasser: Espadrilles von Karl Lagerfeld Erfrischung: Lip Balm mit Minze von Jack Black Heiße Hose für heiße Tage: Shorts von 7 for all Mankind Blau machen mit dem Portemonnaie von Paul Smith Blaues Wunder: Kette „Capri“ von Pomellato Cool: Lack „Video Killed The Radio Star“ von Deborah Lippmann Für Freischwimmer: Bikini von Princess Tam Tam Mehr Meer! Pullover „Wave“ von Suit über Zalando.de Mach mal blau Egal, ob auf Tauchstation, in Liegeposition oder fürs Dümpeldasein – mit diesen GETTY IMAGES/AGE FOTOSTOCK RM; ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER UND CAROLINE BÖRGER Produkten steht einer Romanze mit Ihrem liebsten Gewässer nichts im Weg Schattendasein: Hut von Gerard Darel über monnierfreres.de Der Mond ist untergegangen: Badeanzug von & Other Stories Zackig am Strand: Kleid von Missoni Mare über stylebop.com Into the blue: Overall von Kenzo über apropos-store.com Für kleine Matrosinnen: Kleidchen von Petit Bateau Abtauchen, bitte! Galapagos-Edition „Aquatimer Chronograph“ von IWC Sommerblues: Sonnenbrille von Lacoste Urlaubsduft: Duschgel „Capri forget me not“ von Carthusia 51 OBERWASSER Die Welle als Droge Eddie Vedder, das ist der Typ von Pearl Jam, auf den so viele Frauen stehen. Er selbst steht besonders gern auf einem Surfbrett. Martin Scholz erzählte er, warum ihm das beim Komponieren hilft – und was ihn an den Beach Boys stört Z 52 Zu Zeiten der GrungeÄra wollte jede Gymnasial-Pausenhofqueen ihn gern persönlich kennenlernen. Gute Aussicht, in einer Kategorie „Duette mit berühmten Rock-Ikonen“ irgendwann ins Guinnessbuch der Rekorde einzuziehen, hätte er obendrein gehabt. PearlJam-Sänger Eddie Vedder trat mit den Rolling Stones, The Who, mit Paul McCartney, U2, Bruce Springsteen, den Doors, Neil Young, REM, den Ramones, Tom Petty, den Kings of Leon, Iggy Pop, Jay-Z oder Beach-Boy Brian Wilson auf. Warum er das macht? „Ich kann immer noch ein bisschen dazulernen“, sagt er, „bei den meisten der genannten hätte es mir schon gereicht, wenn ich nur einen Kaffee mit ihnen getrunken hätte. Mit ihnen auf der Bühne zu stehen – das ist jedes Mal aufs Neue ein Ausnahmezustand.“ Der 49-jährige Amerikaner liebt Ausnahmezustände – nicht nur auf der Bühne, sondern vor allem auf den Ozeanen. Noch bevor er anfing, erste Songs zu schreiben, war er Surfer. Das ist er immer noch. Wann immer sich die Möglichkeit bietet, sich mit einem Brett in die Wellen zu stürzen, nutzt er sie. Selbst auf Tournee. Sofern ein Ozean in der Nähe ist. Zurzeit stellen Pearl Jam ihr Album „Lightning Bolt“ (Universal) auf einer Welt-Tournee vor. Wenn die Band allerdings am 26. Juni ihr einziges Konzert in Deutschland in der Berliner Wuhlheide gibt, dürfte das mit dem Surfen schwierig werden. Aber wer weiß – vielleicht sieht man ihn tags darauf zumindest beim Windsurfen auf dem Wannsee oder Müggelsee. Mr Vedder, Ihr Landsmann, der Schriftsteller John Irving, hat mal ein Buch über Gemeinsamkeiten zwischen Sport und Kunst geschrie- ben. Er schildert darin, wie seine große Leidenschaft, das Ringen, immer wieder auch sein Schreiben inspiriert. Könnten Sie so etwas auch über Surfen und Songs schreiben? Mit Sicherheit. Meine Leidenschaft fürs Surfen hat immer wieder meine Musik befeuert. Und das ist bis heute so geblieben. Dieses Buch von Irving kannte ich bisher noch nicht. Was genau hat er denn über das Ringen und Literatur geschrieben? Beispielsweise, dass er als Literat im wahrsten Sinne des Wortes mit seinen Romanen, mit den Wörtern, mit den Abschnitten ringe. Dass man auf „eine Geschichte zugehen muss wie auf einen Gegner“. Verstehe. Er profitiert als Schriftsteller von der Perspektive und den Techniken des Ringers. Das geht mir als Sänger und Songschreiber ganz genauso. Es gibt viele Eindrücke und Erfahrungen beim Surfen, die mich später Jaaaaaaa. Ich bin mir dieses Films sehr bewusst. Ich würde sagen, er schafft es unter die ersten drei meiner Liste mit Surffilmen Ein beeindruckender Film. Moment. Ich war noch nicht fertig. Ich wollte sagen: Er kommt unter die ersten drei auf meiner Liste der schlechtesten Surffilme aller Zeiten. (lacht) Autsch! Was finden Sie so schlimm daran? Sie stellt die Surferszene in dem Film einfach völlig verzerrt dar. REFLEX; UNIVERSAL MUSIC Sie wollen sagen: Es gibt nicht so viele Surfer, die, wie in dem Film, Banken ausrauben, wenn sie mal nicht auf Wellen reiten? Ja. Also, ich bitte Sie. Das ist doch wie ein Cartoon. „Wenn du surfst, spürst du, dass es tief in der Welle diese große Kraftquelle gibt“, sagt Eddie Vedder beim Komponieren inspirieren. Da ist zum Beispiel diese ungeheure Kraft, die in einer Welle steckt. Aber standen Sie überhaupt schon mal auf einem Surfbrett? Offen gestanden, nein. In Berlin, wo ich arbeite, gibt es nicht so viele Wellen. Aber meine beiden Söhne haben vor einem Jahr mit dem Windsurfen angefangen. Ich habe ihnen geholfen, ihre schweren Surfbretter an den Strand zu schleppen. Reicht das, um dieses Gespräch weiterzuführen? Besser als gar nichts. (lacht) Da haben Sie schon mal ein Brett in der Hand gehabt. Es gibt zahlreiche Filme, die sich der Faszination des Surfens widmen. Oscarpreisträgerin Kathryn Bigelow beispielsweise hat in „Gefährliche Brandung“ Keanu Reeves und Patrick Swayze als surfende Widersacher inszeniert. Kennen Sie den Film? Es ist eben ein Thriller: Aber sie zeigt auch sehr eindrucksvoll die Momente der Grenzerfahrung, wenn die Wellen über Surfern zusammenbrechen und sie nicht darauf vorbereitet sind. Na, in dem Fall bin ich froh, dass dieser Film bei Ihnen offenbar doch eine gewisse Essenz dessen vermittelt hat, was das Surfen eigentlich ausmacht. Diese enge Verbindung zur Natur, die man als Surfer ständig hat. Und diese Konfrontation mit großen Wellen und kritischen Situationen, die man jedes Mal aufs Neue wieder durchstehen muss. Das ist ein fantastisches Erlebnis. Ich persönlich würde Ihnen allerdings andere Filme empfehlen: den Dokumentarfilm „Riding Giants“ von Stacy Peralta sowie „Step Into Liquid“ von Dana Brown. Da werden die höchsten Wellen der Welt gezeigt. Diese Filme werden Sie läutern. Sie surfen, seit Sie als Teenager nach San Diego kamen, und machen das auch heute noch, sogar wenn Sie auf Tour sind, sofern es der Zeitplan erlaubt. Was ist es, das Sie seit Jahren so sehr am Surfen fasziniert? Wenn ich auf meinem Surfbrett im Ozean treibe, ist das für mich einfach der beste Ort der Welt. Da kann ich mich fokussieren und auch meditieren. Eben weil ich dort nichts anderes mache, als mich auf die nächste Welle zu konzentrieren. Auf dem Ozean gibt es ja nicht nur Wellen und Sonne. Sie haben mal erzählt, dass Begegnungen mit Haien diese Erfahrung eher trüben würden. Haben Sie nie Angst, wenn Sie vor den Küsten Hawaiis oder Kaliforniens surfen? Keiner wünscht sich Haie beim Surfen. Aber wir Surfer machen über so was kein großes Gerede. Einmal ist ein Hai beim Surfen hinter mir hergeschwommen – ohne dass ich es bemerkt hätte. Ein paar Freunde waren dabei und haben es mir erst später erzählt, nachdem wir wieder an Land waren. Wissen Sie, die meiste Zeit bin ich da draußen in einem ganz anderen Aggregatzustand. Sie haben diese Erfahrung oft in den Songs von Pearl Jam geschildert: „I’ll ride the wave where it takes me“, singen Sie in „Release“ oder in einem anderen Lied vom Gefühl, „Amongst The Waves“ zu sein. Auf dem Brett wird mein Kopf frei. Dann kommen die Melodien. Ich bin da draußen auf dem Ozean kreativer, als wenn ich zu Hause am Schreibtisch sitze, so viel steht fest. Aber das Surf-Gefühl hat sich in den vergangenen Jahren ja noch mal verändert, seit es wasserdichte iPods mit Kopfhörern gibt, die man unter Wasser aufsetzen kann. Die Dinger werden immer besser. Es ist angenehm, wenn du auf ruhigem Wasser auf dem Brett paddelst und dabei Musik hörst. Aber wenn du die Welle reitest und dabei Musik hören kannst, ist das noch einmal eine völlig andere Erfahrung. Inwiefern anders? Beim Wellenreiten Musik hören zu können – diesen Traum habe ich, seit ich 15 bin. Es ist so, als würdest du zum ersten Mal überhaupt Musik hören. Für mich ist es der Himmel auf Erden. Wenn du surfst, spürst du, dass es tief in der Welle diese große Kraftquelle gibt. Und wenn du in diese Regionen kommst, nimmst du Geschwindigkeit auf. Dann kommst du wieder hoch – und es geht von vorne los. Was hören Sie denn auf Ihrem UnderwateriPod – Grunge oder Klassik? Meistens sind es schnelle laute Songs, die kraftvoll sind. Neil Young, Neil Finn oder Fugazi. Ein Song von Fugazi heißt „Caustic Acrostic“, den höre ich oft beim Surfen. Am Ende des Songs hat man den Eindruck, in einem Güterzug zu sitzen, der den Berg runterrast und kurz davor ist, zu entgleisen. Klingt beängstigend. Das ist es gar nicht. Wenn ich so etwas höre, während ich gerade auf einer Welle surfe, versetzt mich das in absolute Euphorie. Das ist für mich die beste natürliche Droge. Nachdem Sie schon Bigelows Surf-Film in die Tonne getreten haben, traue ich mich die nächste Frage gar nicht mehr zu stellen. Nur zu. Haben Sie auch die Beach Boys auf Ihrem wasserdichten iPod? Oder finden Sie die genauso kitschig wie Kathryn Bigelow? Hahahahahaha! Immerhin sind Sie ja mal mit Beach-BoysSänger Brian Wilson zusammen aufgetreten. Stimmt. Ich habe mal Backing Vocals bei einem seiner Auftritte gesungen. Sein Manager hatte mich darum gebeten und uns beide vorgestellt. Ich wollte höflich sein, sagte: „Es ist mir eine große Freude.“ Was auch zutraf. Brian sagte nur: „Yeah.“ Das war alles. Dann saßen wir eine gefühlte Ewigkeit da. Nebeneinander. Wir schwiegen. Bis er urplötzlich sagte: „Du könntest eigentlich das hier singen, ,Round round, get around I get around.“ Er sang den Song in acht verschiedenen Versionen vor. Das ging etwa 15 Minuten so. Ich kam mir vor, als würde ich neben Beethoven sitzen, während er komponiert. Sind die Beach Boys nun auf Ihrem Unterwasser-iPod oder nicht? Noch nicht. Aber sie müssten eigentlich darauf sein. Nicht, weil sie über das Surfen singen. Diese Lieder fand ich eher kitschig. Ich habe Brian Wilson vor allem deshalb bewundert, weil er diese vielschichtigen Harmonien schrieb. Es ist höchste Zeit, dass ich ein paar dieser „Schönheiten“ auf meinen Unterwasser-iPod packe. Aber nicht „Surfing USA“ – der ist wirklich genauso schlimm wie der Film „Gefährliche Brandung“. (lacht) 53 Z U M Ausparken den Besitzer wechseln. Die wirklich Berühmten sind nicht geizig, aber deutlich bescheidener im Auftritt – und die Indiskreten kommen ohnehin eher von der Wasserseite: per Boot, falls man bei einer Fünfzig-Meter-Yacht noch von „Boot“ sprechen kann. Sie lassen ihre Schiffe so nah wie irgend möglich ans Ufer heranmanövrieren und steigen unter den Augen derer, die es sehen wollen, für die letzten dreißig, vierzig Meter in ein Beiboot mit Außenborder um. Besonders begehrt sind Stellen als sogenannter „Plagist“, ein Beruf, der nicht mit einem Wort zu übersetzen ist. Jeder Beach Club beschäftigt so jemanden: meistens ein Schrank von einem Kerl, immer ein ausgebildeter Rettungsschwimmer. Plagisten sind morgens die Ersten am Strand, bauen die Liegen ihres Strandpächters auf, rücken Polster zurecht, klappen die Sonnenschirme auf, stellen sicher, dass ihre Stammgäste auch den jeweiligen Lieblingsplatz bekommen. Sie sind es auch, die im Laufe des Tages die Sonnenschirme umsetzen Am Strand von St-Tropez kostet die Flasche und immer für eine kurze charmante Champagner schon mal 25.000 Euro. Plauderei zu haben sind. Mathieu Lany ist seit fünf Jahren daEntsprechend viele Leute würden ihn gern bei – und durch Zufall an den begehrten Job als Plagist im „Key West“ servieren. Helge Sobik hat vorbeigeschaut geraten: „Du musst ein paar Mal da gewesen sein, die Leute vom Laden müssen dich kennen, das geht über lionär mit Lamborghini oder vom ewigen Stu- die persönliche Ebene. Da gibt es keine Musdenten mit Uralt-Renault. Was für Autos hier ter-Laufbahn.“ Lany hat mit acht Schwimmen abgestellt werden? „Keine Ahnung“, sagt sie gelernt, längst das Rettungsschwimmer-Diund lacht. „Dafür habe ich mich nur den ers- plom in der Tasche. Und das Trinkgeld? „Wir ten Sommer interessiert. Viele teure Autos, hier schmeißen nach Feierabend zusammen, große Autos. Welche, die es nicht oft gibt. Und was jeder bekommen hat, und teilen es dann dazwischen ganz normale wie mein Toyota.“ auf. Da ist es egal, ob du Plagist bist oder KellWas ihren Job von dem all der anderen Sai- ner oder Koch.“ Einen Nachteil hat der Job übsonarbeiter an Frankreichs exklusivstem rigens auch: „Bei schönem Wetter hast du an Sandstrand unterscheidet? Dass es kaum diesem Strand ein echtes Parkplatzproblem.“ Trinkgeld gibt! „Die Leute finden Parkgebüh- Mathieu Lany kommt deshalb mit dem Roller. ren lästig. Sie zahlen passend oder lassen sich Die meisten der Beachclubs hier haben eine korrekt herausgeben – obwohl manche von Schokoladenseite und eine, die eher ramschig ihnen dann im Beach Club eine Flasche wirkt. Meistens ist die schönere die Richtung Champagner für 25.000 Euro bestellen.“ Meer. Den Gästen scheint das egal zu sein. Wer Ganz anders ist das schräg gegenüber bei schon mal hier war, hat seinen Stamm-Club, Christopher Ferreira, der seit 20 Jahren die auf dessen Seeseite er sich den Tag über auf Fahrzeuge der Gäste des „Club 55“ einparkt: einer der Anmiet-Liegen rekelt – oder gratis „Ich habe einfach Glück gehabt mit diesem gleich nebenan im Sand, denn verpachtete Job. Ein Freund hatte mir damals erzählt, dass Strandabschnitte wechseln grundsätzlich mit die Stelle zu haben ist.“ Es gibt Gerüchte, laut freien Bereichen ab. Wer einmal liegt, genießt denen bis zu sechsstellige Ablöse-Summen das Leben – mal in Designer-Bademode. Mal für die trinkgeldintensivsten Strandjobs ge- in den vertrauten alten Lieblingssachen. Am boten werden. Warum so viel Geld fließt? Ende ist hier jeder entspannt. Egal, dass geraWeil schnell 10, 20 oder 100 Euro fürs Ein- und de draußen auf dem Wasser ein paar laute Jet- Geld wie Sand am Meer LAIF/LE FIGARO MAGAZINE Für Marie Mouret ist am Strand von St-Tropez immer ein Platz reserviert – und für ihr Auto gleich mit: Selbst im Hochsommer, wenn auf dem öffentlichen Stellplatz hinter den Dünen zwanzig Schritte vom berühmten „Club 55“, zehn Schritte vom Beach-Club „Key West“ seit Stunden gar nichts mehr geht. In erster Reihe, mit Meerblick durch die Windschutzscheibe, gleich neben der Einfahrt. Mit einem Absperrband ist der Ort gesichert, damit ihn sich nur ja kein anderer einfach so nimmt und dort mal eben seinen Porsche Cayenne oder irgend so ein teures Cabrio abstellt. Marie kommt jeden Tag aus Port Grimaud. Manchmal gleich morgens um kurz vor acht, manchmal erst am frühen Nachmittag, je nach Dienstplan. Und stets rollt sie an der Warteschlange der Parkplatzzufahrt vorbei, dreht das Lenkrad um neunzig Grad nach rechts und parkt ihren silbernen Toyota Yaris mit Schwung ein. Seit fünfzehn Jahren geht das schon so, immer von Ostern bis Mitte Oktober. Im Winter ist hier ohnehin nichts los. Marie Mouret arbeitet als Parkwächterin an der Plage de Ramatuelle, hockt im Kassenhäuschen an der Schranke, sammelt vier Euro vierzig Parkgebühr fürs Tagesticket ein – egal, ob vom Mil- Wer hier einparkt, gibt auch mal Trinkgeld: Der „Club 55" in St-Tropez ST R A N D Ski vorbeiröhren. Jung zu sein ist hier nicht Pflicht. Schön zu sein wird gern gesehen, aber ist kein Muss. Trotzdem oder gerade deswegen steht Pampelonne-Plage nicht für Dauer-Party, sondern auch für viel Ruhe und vor allem für viel Individualität. Gerard Bartolo ist seit dreiunddreißig Jahren Plagist. Nun lehnt er am Tresen seines Bereichs, hat das Fernglas griffbereit, daneben eine Halbliterflasche Mineralwasser. Er schaut aufs Wasser, die Wellen, die Yachten, auch auf die Leute auf den Liegen. Er ist braun gebrannt, trägt Spiegel-Sonnenbrille. Bartolo dürfte Anfang bis Mitte fünfzig sein, hat sich gut gehalten und scheint es zu genießen, sich unaufdringlich als Gesamtkunstwerk an der See in Szene zu setzen. Ob es Frauen gibt, die ihn nach seiner Handynummer fragen? Jetzt grinst er. „Ist schon mal vorgekommen. Aber in der letzten Zeit ist es ein bisschen weniger geworden.“ Um 18 Uhr ist Feierabend. Anders als drüben im Key West schließen sie hier am frühen Abend – selbst in der Hochsaison. Bartolo räumt die Liegen wieder weg, schleppt die Polster nach hinten, verstaut die Sonnenschirme. Und morgen beginnt alles von vorne. Was für ein Auto er fährt? Für ihn unwichtig. Er geht zu Fuß, läuft über den Strand. Das ist am schönsten. Und gut für den Teint. Vom Autor dieses Beitrags erscheint Ende Juli der Band „Côte d’Azur – Der Duft des Lavendels und der Millionen“ (Picus Verlag, im Buchhandel für 14,90 Euro). Die Reise wurde unterstützt vom Fremdenverkehrsamt der Region Var und Lufthansa A M Anleitung zum Strandlook Welche Nation trägt was am Meer – und vor allem wie? Oliver C. Schilling hat ganz genau für Sie hingeschaut Lip Plumper: Laura Mercier, über niche-beauty.com, Tasche: Fendi, Kleid: Mango, Wedges: Michael Kors DIE RUSSIN Bluse: Tory Burch, Hose: Etro, über mytheresa.com, Sandale: Birkenstock, Sonnencreme: Lancaster, Beutel: Souve WIE SIE IST: Würde es Rus- sen nicht geben, man müsste sie erfinden. Denn selbstverständlich fährt man nicht nur in den Urlaub, um ein gutes Buch zu lesen und ein wenig Farbe zu bekommen. Nein – natürlich ist das Strandleben auch immer eine Art von Daily Soap. Und die Hauptdarstellerinnen kommen aus Russland. Frauen, für die Champagnerduschen erfunden wurden, die die Klaviatur der Stimmungsschwankungen von frivol bis verträumt absolut perfekt beherrschen. Sind Russen am Strand, hat das Wort „Sehen und gesehen werden“ plötzlich wieder einen Sinn. Oder wer sonst lässt einen Beachclub-Hiwi einen Sonnenschirm in die erste Reihe schleppen und knallt dafür einen Bund Geldscheine auf den Tresen? ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER UND CAROLINE BÖRGER WAS SIE TRÄGT: Die Russin an sich trägt gerne wenig – das aber reich verziert. Flashy ist kein Schimpfwort, sondern ein Kompliment. Dennoch muss man zugeben, dass sich auch Russinnen an westliche Statussymbole herangerobbt haben und längst nicht mehr nur auf Logo-Taschen abfahren. Vielmehr sind minimalistische Taschen von Céline inzwischen die neuen Silikonbrüste. Man geht mit der Zeit, zeigt aber dennoch gerne, was man hat. Gelangweilt werden die Designer-Taschen in den Sand gepfeffert. Was kostet schon die Welt. Ansonsten ist allerdings alles wie gehabt. Die Absätze sind hoch, die Röcke kurz und die Lippen überaus üppig. DIE DEUTSCHE WIE SIE IST: Keine Experimente. Die Deutsche verreist gerne an Orte, die sie kennt. Und wenn sie eine neue Destination ausprobiert – der Frühbucher-Rabatt war einfach zu verlockend –, muss es zumindest wohlorganisiert sein. Es gibt doch wahrlich nichts Schöneres, als wenn der Luigi noch immer weiß, dass man seine Liege am liebsten in der zweiten Reihe am Strand belegt oder seinen Cappuccino auch im Ausland in der Muttersprache bestellen kann. WAS SIE TRÄGT: Das ganze Jahr Vollmilch-Nuss naschen und dann wundern, wenn der Bikini nicht mehr sitzt. Die Deutsche ist vor ihrem Urlaub erst mal im Stress. Zwar wird das Größenproblem meistens auf das schlechte Licht in Umkleidekabinen geschoben – aber es hilft nichts: Ein bisschen muss kaschiert werden. Gerne werden daher Kaftane über pfiffigen Caprihosen getragen, dazu eine edle Sandalette – fertig ist der Look für den Strand. Praktisch denkend, würde niemals die gute Designerhandtasche (siehe die Russin) mit an den Strand genommen werden. Es könnte ja Sand in die Tasche kommen. Der Jutebeutel tut es auch. Das wichtigste Accessoire überhaupt ist sowieso ein anderes: Sonnenmilch mit Lichtschutzfaktor 50. S T R A N D Brille: Max Mara T-Shirt, Markus Lupfer Shorts: Ralph Lauren, über zalando.de Tasche: Koku, über net-a-porter.com Wedges: Patrizia Pepe Brille: Chanel, Kette: Christian Dior, Kaftan: H&M, antiker Korallenarmreif über classiqs.com, Sandale: Lanvin, über mytheresa.com DIE BRITIN WIE SIE IST: Wer die Vorteile einer Schuluniform-Pflicht besichtigen will, muss sich nur die Briten ansehen. Da jeder individuell aussehen möchte, legen sie Wert auf Details, die sie von den anderen Uniformierten unterscheidet. Was zwischen Mathe-Klausur und Physik-Formeln funktioniert, ist auch im Urlaub ein Style-Garant. Egal ob betrunkene Mädels-Clique im mallorquinischen Magaluf oder Jetset-Sause auf Mykonos – Engländerinnen verbindet ein individueller, meist sehr kunterbunter Look. WAS SIE TRÄGT: Die Welt kann untergehen, auf ihre High Heels würden Engländerinnen niemals verzichtet. Sie gehören zu ihnen wie die Winkehand zur Queen. Sei es beim Alkohol oder dem Styling: Im Urlaub wird stets eine Schippe draufgepackt. Letztlich möchte jede eine Kate Moss sein, eine Mischung aus Rock Bitch und Strand-Schönheit. Jede Menge Ketten sind daher genauso Pflicht wie die fahrradgroße Sonnenbrille. Wenn bei Accessoires ein „Mehr“ genau richtig ist, ist beim Rest der Kleidung ein „Weniger“ gewünscht. Kürzeste Röcke, engste Tops oder schmalste Jeans werden mit höchst amüsanten Details aufgetunt. DIE FRANZÖSIN WIE SIE IST: Wenn Sie an der Beachbar eine Frau sichten, die zum Lunch nur eine Traube isst, diese aber mit einem Gläschen Rosé herunterspült, können Sie sicher sein, dass Sie neben einer Französin sitzen. Genuss und Schönheit, so ihre Botschaft, schließen sich nicht aus. Die Französin ist stets einen Touch gelangweilt und immer cool. Dass auch sie fünf Stunden im Stau von Paris an die Côte stand, wird natürlich verheimlicht. WAS SIE TRÄGT: Hippie-, par- don, Boheme-Chic ist der Stil, den die Französin trägt, sobald sich ein Strand in (gefühlter) Sichtweite befindet. Bunte Tuniken, glitzernde Sandaletten, jede Menge Modeschmuck und irgendwas von Chanel – die Französin sieht den Beach selbstverständlich als Laufsteg. Niemals würde sie schlecht oder, Mon Dieu!, praktisch gekleidet am Meer entlanggehen. Letztlich würde sie sogar aus Binz auf Rügen modisch gesehen ein kleines Saint-Tropez machen. 55 Anzeige So richtig Urlaub. Ganz in der Nähe, inmitten großartiger Natur. Mit Charme, Stil und Spaß für Groß und Klein. Einfach zum Wohlfühlen. Ganz A-ROSA. SONNTAG, 15. JUNI 2014 Global Diary Erinnern Sie sich? An die Zeit, als man statt SMS und E-Mail noch Karten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer 10 Jahre A-ROSA Feiern Sie mit! SYRAKUS, SIZILIEN Es soll ja Leute geben, die nach Sizilien fahren, um nur sein reiches, griechisches, römisches und barockes Erbe zu besichtigen. Welches – zugegeben – in Syrakus, einer der bedeutendsten Städte der Antike, tatsächlich beeindruckend ist. Und dann gibt es kulturferne Sonnenanbeter, die sich im Hochsommer Liegestuhl neben Liegestuhl am Strand grillen. Arme Würstchen! Dieses Mal sollen mir auch Kirchen gestohlen bleiben. Beim Betreten ebendieser habe ich als Atheistin sowieso immer die Angst, vampirgleich zu Staub zu zerfallen. Mein Setting für einen kleinen Kurztrip Richtung Sommer ist: eine Villa, ein Pool und viele gute Bücher, ganz für meine Freundin und mich allein. Na ja, nicht ganz: Die Villa San Tomasso, versteckt in den Bergen hinter Syrakus, verfügt noch über einen diskreten Hausgeist, der das Frühstück serviert und auch sonst jeden Wunsch von den Augen abliest. Wenn man will, ruft er den Koch ins Haus: Arancini, Risotto, Fisch, Pasta – was das Herz begehrt und die lokale Küche an Schätzen hergibt. Der perfekte Ort zum gediegenen Eremitentum mit drei Schlafzimmern und drei Bädern. Den WiFi-Code will ich gar nicht wissen und vom Pool nicht mehr weg. Die Palmen rauschen leise im Wind, die Zikaden zirpen im weitläufigen Garten und das Wasser gluckert – vor mir breitet sich ein Panorama aus grünen Hügeln aus, üppig bewachsen mit Zitronen- und Olivenbäumen, alles bio und in Familienhand. Die Gedanken schweifen langsam wie die Schäfchenwolken am blauen Himmel. Gegen Nachmittag serviert Butler Asithe sizilianisches Hüftgold: köstliches Mandelgebäck von Nonna Vincenza und knusprige Cannelloni, gefüllt mit Ricotta-Schaum. Und als Gruß des Hauses: selbst gemachten Zitrone-Sahne-Likör von der Schwägerin des Eigentümers. Dagegen ist „La Dolce Vita“ von Fellini nur eine Fantasie in Schwarz-Weiß. Die Privatvilla fand Silke Bender auf thinksicily.com. Das angefutterte Kilo verlor sie beim Joggen am Dünensandstrand von Corratois 2 Nächte so richtig Urlaub. A-ROSA zum Kennenlernen • 2 Nächte im DZ inkl. Halbpension • 1 Teilkörpermassage (30 Min.) • Freie Nutzung des SPA-ROSA Zum Beispiel A-ROSA Scharmützelsee A-ROSA Travemünde ab ab 269 € 309 € Pro Person im DZ inkl. Halbpension Ganzjährig buchbar (außer feiertags), Anreise täglich möglich, Wochenend- und saisonale Zuschläge, auf Anfrage und nach Verfügbarkeit. Buchung auf www.a-rosa.de, im Reisebüro oder unter 040-69 63 52 33-8 ILLUSTRATIONEN: TIM DINTER BRESCIA, ITALIEN A-ROSA Resort und Hotel GmbH, Am Kaiserkai 69, 20457 Hamburg, www.a-rosa.de Der Tagebucheintrag kommt aus dem schönsten Norditalien, aber die Geschichte nahm vom Stadtrand Hannovers aus ihren Ursprung: Der Vater des Autors liebte es, seinen Sohn zu Studienzeiten mit der Bemerkung zu foppen, dass seine Aufzucht und Ausbildung ihn den ein oder anderen Sportwagen gekostet habe. Zum 70. Geburtstag des Vaters drehte der Sohn das Argument um und sagte, er wolle nun endlich einen Jaguar EType geschenkt bekommen, weil er dem Vater schon so lange nicht mehr auf der Tasche liege. Der Vater sah das schmählicherweise nicht ein. Als der Sohn aber im Mai bei der Oldtimer-Rallye Mille Miglia die Möglichkeit erhielt, einen F-Type, den modernen Nachfolger des E-Types zu steuern, zögerte er nicht. Und fand heraus: Jeder, der die Veranstaltung für eine Belustigungsfahrt gelangweilter Multimillionäre hält, irrt gewaltig. Nirgendwo sind so viele Männer auf einem Haufen anzutreffen, die zu einer Mischung aus Vollnerd und Kleinkind werden, wie am Startpunkt Brescia. Der Anblick von Mercedes 300 SL, Alfa Romeo, Jaguar und Co. kriegt sie alle klein. Sternstunden des Fachsimpelns über Straßenlage und PS in allen Sprachen Europas: Für Jaguar sind Kaliber wie der Oscarpreisträger Jeremy Irons, AC/DC-Sänger Brian Johnson oder Talkmoderator Jay Leno am Start. Allen ist die Nervosität anzumerken, was diese 1000 Meilen bringen werden. Ihre Autos stammen aus den 50ern, als das Rennen noch als echte Rallye stattfand. Da muss man fahren können, von Servolenkung und ABS keine Spur. Johnson bezeichnet seinen Stil als „aggressiv“, Irons posiert oscarverdächtig mit einer Sonnenbrille hinter dem Steuer seines Cabrios und Leno reißt Witze: Mit dem Autofahren sei es wie mit dem Sex, alle Männer dächten, sie seien fantastisch in dieser Disziplin, nur die Frauen frage niemand. Am Ende werden die Herren – der Sieg ist unwichtig – heil ins Ziel gekommen sein. Aber auch abgekämpft. Denn so viel steht fest: Die Strecke schafft den Mann auch in einem F-Type, obwohl der mit modernster Technik vollgestopft ist. 550 Pferdchen hat das Geschoss unter der Haube, von 0 auf 100 geht’s in 4,2 Sekunden und wenn man so richtig kräftig aufs Gas tritt, dann schwimmt das Heck auf den ruckeligen Straßen ein wenig. Was am Straßenrand – der ist voll von Menschen – niemanden abhält, noch etwas mehr Motorröhren und Geschwindigkeit zu fordern. Ein Wahnsinn, vielleicht hat die Großmutter da vor der Osteria als Kind schon hier gestanden. Es geht über Berge, durch antike Stadtkerne, am Gardasee und am Meer entlang. Und bereits nach wenigen Kilometern ist klar: Gott war gnädig zu den Italienern – und zu allen, die diese 1000 Meilen in einem F-Type erleben durften. Philip Cassier wird zu Weihnachten in Sachen E-Type noch einmal auf seinen Vater zugehen UNTERWEGS Von der Versenkung auf den Gipfel Bad Gastein? Klingt nach Gesundheitslatschen, nicht nach High Heels. Doch der Kurort im Salzburger Land hat sich von der miefigen Sommerfrische für Busreisende zum Kunst- und Kulturtreff PICTURE ALLIANCE/ARCO IMAGES herausgemacht. Andreas Tölke entdeckte eine Alpenüberraschung der Sonderklasse Supergeil: Ein dicklicher Mittfünfziger mit grauem Vollbart tanzt zwischen Regalen eines Supermarkts und lockt innerhalb von 24 Stunden über 250.000 Menschen auf die Seite des Lebensmittelhändlers. Er, Friedrich Liechtenstein, ist der Internet-Zampano des Frühlings 2014. Dahinter steckt ein kluger Kopf. Ein Schauspieler, der die Nase voll hatte vom oft klaustrophobischen Theaterzirkus und lieber „sein Ding“ macht und der, man höre und staune, seine neueste CD „Bad Gastein“ nennt. Der Barry White von Mitte war in Berliner Szenekreisen längst ein Hero, bevor Hamburger Werber ihn entdeckten. Dass Typen wie Liechtenstein in der Hauptstadt ihr Publikum finden, erstaunt nicht. Dass das jüngste Werk den Titel eines Kurorts trägt, schon. Hat der Mann sich vertan oder nur zu lange im Radon-Bad gelegen? In Bad Gastein gibt es einen Stollen, in dem Radioaktives eingeatmet wird, und in den Kurhotels ist ebenjener Wirkstoff in den Wellnessbädern. Soll gesund sein. Friedrich Liechtenstein, der Flaneur, trägt vor Ort in den Alpen knielange Hosen und hat sehr weiße Beine. Er steht, wie fast immer mit Sonnenbrille, vor dem Hotel „Miramonte“ und macht sich mit seiner Begleiterin auf in die Berge. Von der Terrasse des Gasthauses ein weiter Blick durch das Gasteiner Tal, nach oben ist es weit und steil. Liechtenstein lächelt süffisant. Derweil versucht Telse Bus ihre viereckige Mopsmischung Bon Bon erfolglos vom Büfett fernzuhalten. Noch eine, im besten Sinne Wahnsinnige, die man nicht in einem Kaff vermuten würde, das zu Sissis Zeiten glamourös war. Doch der Ort erwacht aus dem kulturellen Koma. Auch dank Dancing-King Liechtenstein und Telse Bus. Dame Bus macht Food-Konzepte für die Hotellerie in Gastein, dreht durch, wenn ihre Kreationen als „Catering“ bezeichnet werden. Vor acht Jahren war sie mit Liechtenstein und anderen Kreativen vom innovativsten Hotelbesitzer-Paar, Evelyn und Ike Ikrath, eingeladen worden, die Frage zu beantworten, wie Bad Gastein seinen Mief loswerden könne. Ein Herr Duval, damals sehr reich und sehr alt, heute tot, besaß zig Immobilien im Ort. Grandhotels, gerade auch auf dem „Prachtboulevard“, der Kötschachtaler Straße, ließ Duval einfach verfallen. Die Gäste – mit Berlinale-Bären dekorierte Filmproduzenten, S In der Mitte entspringt ein Fluss. Na ja – oder eben wie in Bad Gastein der Wasserfall der Gasteiner Ach Künstler, Musikverleger und ein Journalist – entwickelten für die 4172 Einwohner lieber euphorische Visionen, Gedankenspiele auf 1050 Meter Höhe. Und die Erkenntnis, einen schrägen Ort mit viel Potenzial als Naherholungspreziose entdeckt zu haben. Doch eins nach dem anderen: Ein Wasserfall kracht hier mehr als 250 Meter in die Tiefe. Spektakulär und zu bestaunen von einer Brücke, die mitten durch den Ortskern führt. Am Fuße des großen Rauschens, ein altes Wasserwerk aus den 20er-Jahren. Natur trifft Architektur, bezauberndes Steinwerk noch dazu. Ob von oben oder unten: Direkt neben den stürzenden Wassermassen klebt ein 70er-Jahre Betonklotz in Terrassen am Hang. Musterbeispiel für Brutalismus. Erstmalige Besucher empfinden den Bau als Irritation, stehen im Umfeld doch gefällige Prachtbauten, wie das „Grand Hotel de L’Europe“, das Wilhelm Opel, Heinrich Mann oder Liza Minnelli anlockte. Heute werden junge Wilde von Andrea von Goetz und Schwanenfliess an den Hang gelockt. Die Hamburgerin greift auf, was ein Jahr nach dem Nachdenken im Gruppenausflug realisiert wurde: Kunstbespaßung im Ort. Bevor Frau von Goetz und Schwanenfliess sich engagierte, war Ulli Sturm die erste Kunstkennerin im Ort. Die Kuratorin aus Salzburg erfand das Open-Air-Event mit dem Titel „sommer.frische.kunst.“ Ein mutiger Auftakt, der Fotografie im Wasserwerk zeigte. Die adelige Andrea, eine quirlige, zierliche Frau, deren Enthusiasmus für junge Talente aus der Kunstwelt ansteckend ist, „kolonialisierte“ Bad Gastein, wurde unterstützt von den Vordenkern Ike und Evelyn Ikrath. Die Kurdirektorin Doris Höhenwarther erkannte das Potenzial der Hamburgerin und stellte der Kunstkennerin das Gebäude direkt hinter dem Wasserwerk zu Verfügung. Das Artist-in-Residence-Programm war geboren. Für vier Wochen werkeln junge Künstler, die eine Jury benennt und auswählt, in der sogenannten Kunstresidenz. Hier wächst zusammen, was zusammengehört: Bad Gasteiner und Künstler. Tanzen, trinken und gute Gespräche. Wer jemals ein soziales Defizit empfunden hat: Einfach an die Bar setzen, die neuen Freunde sind schon da. Neben ihren Balenciaga-Täschchen und auf Jimmy Choos das urbane Völkchen, und davon nur mit viel Mühe zu unterscheiden die Einheimischen. Gesprächsstoff: das Jazzfestival (gibt es nämlich auch noch), Aufbau und selbstredend Kunst. Wahlweise akademisch, aber gern auch höchst emotional. In den fünf Jahren sind bis dato fast fünfzig Künstler in die Belle-Époque-Sommerfrische abgetaucht. Sie lassen sich inspirieren von Berg und Tal. Das Ergebnis: goldene Bauzäune vor unbelebten Grandhotels (Clemens Wolf), schwebende Baumstämme im Atelier (Florian Neufeldt) oder beeindruckende, leuchtende Schaukästen (Philipp Fürhofer). Kunst zum Anfassen. Mit dem Kreativen in seinem Atelier über das Gezeigte zu sprechen – wie oft kann man das schon mit einem Ausflug verbinden? Den furiosen Abschluss bildet die Vernissage Ende Juni mit dem anschließenden Dinner. Künstler und Gäste und wiedermal Telse Bus konzeptionelle Köstlichkeiten. Wer die Augen voll hat und auch den Bauch, der hat vielleicht ein offenes Ohr: „Summer jazz in the city“ löst in Bad Gastein AlphornZither-Seeligkeit ab. Und dann einfach mit dem iPod zu Liechtenstein die Berge hoch. Supergeil! 57 BAUPLAN 4 2 3 5 6 8 9 7 10 DIE „PO 9649S“ VON PERSOL In den Ateliers und Manufakturen werden weiterhin Handwerkskünste gepflegt, und wir schauen zu 58 Persol wurde 1917 von Giuseppe Ratti in Turin gegründet und bot ursprünglich komfortable Schutzbrillen für Piloten und Sportler an. Über die Jahre wurden die Brillen weiterentwickelt, und spätestens als der italienische Schauspieler Marcello Mastroianni das Modell 649 im Film „Scheidung auf Italienisch“ trug, war die Marke weltweit bekannt. Der Name Persol wird übrigens vom italienischen „per il sole“ (also: „für die Sonne“) abgeleitet und soll auf den Sonnenschutz hinweisen. Bis heute werden die Brillen in einer Fabrik in Lauriano bei Turin gefertigt. Wir haben uns einmal angeschaut, wie der zusammen faltbare Klassiker „PO 9649S“ entsteht. Hier die wichtigsten zehn Schritte: 1. Zunächst wird der metallene Nasensteg in eine kleine Aushöhlung in eine Tafel aus Celluloseacetat eingesetzt. 2. Nachdem der Brillenrahmen aus der Tafel geschnitten wurde, wird die Front des Rahmens eben geschliffen. 3. Mit einem vergoldeten Bürstchen beseitigt man eventuell verbliebenes Fräspulver. 4. Nun werden die Bügel aus der Tafel geschnitten. Es ist wichtig, dass sie exakt die gleiche Form und Biegung haben. 5. Anschließend werden die Gelenke in die Bügel eingefügt. 6. Mithilfe einer rotierenden Schleifplatte werden die Bügel gesäubert und geglättet. 7. Nun folgt das sogenannte Trommelschleifen. Bei diesem Poliervorgang legt man Rahmen und Bügel auf ein Gitter mit Holzstückchen, die um sich selbst rotieren und dabei Schmirgelpaste verteilen. Dadurch wird das Acetat glatt und glänzend. 8. Um die Brille später am Nasensteg falten zu können, werden mit einer Säge drei Einschnitte auf der Innen- und Außenfläche gemacht. 9. Je nach Modell wird die Brille mattiert. Dafür hält man sie unter einen Luftdruckstrahl aus Mikroglassplittern. 10. Zuletzt werden die Kristallgläser in die Fassung gesetzt. Ein letzter Qualitätscheck, dann kann die Brille in den Verkauf gehen. PERSOL 1 Für Individualisten. Möbel, Design & Dinge für ein schönes Zuhause. Jeden Tag neu ausgewählt. powered by www.iconist.de Artwork by Ashkan Honarvar WUNDERKIND.COM München Promenadeplatz 2 Berlin Kurfürstendamm 46 Kampen Strönwai 1 Potsdam Friedrich-Ebert-Straße 37 Opening in August Berlin Tucholskystrasse 36