Traumatologie am Groote Schuur Hospital Cape Town
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Traumatologie am Groote Schuur Hospital Cape Town
Gruhu – Einsatz in Südafrika Traumatologie am Groote Schuur Hospital Cape Town April und Mai 2011 1 Inhalt: 1. Einleitung 2. Probleme des Landes 3. Groote Schuur Hospital 4. Elective Student in der Trauma Unit am GSH 5. ATLS Kurs und Paramedics 6. Wohnen 7. Planung und Vorbereitung 8. Fazit 2 1. Einleitung Südafrika ist ein ethnisch sehr gemischtes Land, in dem Menschen aller Hautfarben leben und das aufgrund dieser Vielfalt oft als Regenbogennation bezeichnet wird. Es gibt 11 offizielle Sprachen und etliche Volksgruppen. Da die verschiedenen Volksgruppen aber nicht immer konfliktfrei nebeneinander lebten, beherrschten ethnische Probleme und Unruhen zwischen der weißen Bevölkerungsminderheit und der schwarzen Mehrheit die Geschichte und Politik des Landes. Die National Party richtete nach ihrem Wahlsieg im Jahr 1948 das weltweit geächtete System der Apartheid ein. Die Wende in der Politik im Jahr 1990 wurde durch den jahrelangen Kampf der schwarzen Bevölkerungsmehrheit der Bantu-Völker unter ihrem politischen Führer Nelson Mandela, der auch 1994 zum ersten schwarzen Präsidenten des Landes gewählt wurde, erreicht. Bis zum Jahr 1991 teilte die südafrikanische Verfassung die Bevölkerung in vier große Klassen: Schwarze, Weiße, Farbige und Asiaten. Obwohl es diese Einteilung im Gesetz heute nicht mehr gibt, sehen sich viele Südafrikaner immer noch als Zugehörige einer dieser Klassen und auch offizielle staatliche Statistiken benutzen noch diese Kategorien. Die Schwarzen stellen etwa 79,4 % der gesamten Bevölkerung und sind wiederum in unterschiedliche Volksgruppen unterteilbar. Die größten dieser Gruppen sind die Zulu, Xhosa, Basotho, Venda, Tswana, Tsonga, Swazi und Ndebele. Außerdem leben einige Millionen Flüchtlinge illegal in Südafrika. Der Anteil der Weißen an der Gesamtbevölkerung beträgt 9,2 %; hauptsächlich sind es Nachfahren niederländischer, deutscher, französischer und britischer Einwanderer, die ab Mitte des 17. Jahrhunderts nach Südafrika immigrierten. Das Land hat damit die größte europäisch-stämmige Bevölkerung des Kontinents. Die sogenannten Farbigen sind Einwohner unterschiedlicher ethnischer Herkunft, meist Nachkommen der ersten europäischen Siedler, deren Sklaven und der ursprünglich in Südafrika lebenden Völker. Der Begriff Farbige ist ein Hinweis auf die Bedeutung, die Kolonialismus und Apartheid der Hautfarbe zugewiesen haben. Etwa 8,8 % der Bevölkerung sind zu den Farbigen zu zählen. Die meisten Asiaten sind indischer Herkunft, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts ins Land geholt wurden, um auf den Zuckerrohrfeldern zu arbeiten oder als Händler in den Städten lebten. 2. Probleme des Landes Trotz der Aufwärtstendenz in Südafrika seit den freien Wahlen 1994 gibt es noch immer sehr große soziale Probleme. Grosse Teile der Bevölkerung leben in Townships außerhalb der Städte. Dabei handelt es sich um Wohnviertel, in denen trotz positiver Entwicklung der Lebensstandard auch heute noch sehr niedrig ist. Die Spanne zwischen armer und reicher Bevölkerung ist nach wie vor groß. Während die reichen Einwohner des Landes, nach wie vor vorwiegend Weiße, aber mittlerweile auch zunehmend Schwarze, in abgeschlossenen 3 Wohnsiedlungen leben, die oft von Zäunen und Sicherheitspersonal umgeben sind, wohnt die Mehrzahl der Armen, hauptsächlich schwarze Bürger, in den Townships und findet nur schwer Anschluss an die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten des südafrikanischen Staates. AIDS ist weiterhin ein Hauptproblem. Ein weiteres großes Problem ist die enorm hohe Kriminalitätsrate und die Brutalität der Verbrechen, die sich besonders in den großen Städten manifestiert hat. Nicht selten sind die Patienten Mitglieder einer Gang, wie hier der Gang Nr. 26. 3. Groote Schuur Hospital Das Groote Schuur Hospital (niederländisch für Grosse Scheune, auch GSH oder umgangssprachlich Grotties genannt) ist eines der zwei grössten öffentlichen Krankenhäusern in Kapstadt. Gelegen unterhalb des Devil’s Peak in Observatory (15 Autominuten von Stadtzentrum entfernt) und 1938 gegründet, wurde es bekannt, nachdem hier der südafrikanische Arzt Christiaan Barnard im Jahre 1967 die weltweit erste Herztransplantation durchgeführt hatte. 2007 arbeiteten hier weit über 500 Ärzte, 1300 Pfleger und Pflegerinnen sowie rund 250 sonstige Mediziner. Das Krankenhaus wurde nach dem Gutshof „Groote Schuur“ benannt, den niederländische Siedler auf dem Gelände anlegten, als Kapstadt im 17.Jahrhundert gegründet wurde. Das GSH hat ein sehr grosses Einzugsgebiet. Zum einen sind dies die verletzten Patienten aus den umliegenden Districts, zum anderen praktisch alle Polytraumata und sonstigen lebensgefährlichen Verletzungen, die grösstenteils aus den Townships hertransportiert werden und oft schon primär versorgt wurden. Jährlich werden etwa 1500 Schussverletzungen und etwa doppelt so viele Stichverletzungen behandelt. 4 Zeitungsartikel der im Schockraum (den man im Bild oben rechts sieht) hängt Die Trauma Unit des GSH ist in 4 Einheiten gegliedert: Im Frontroom (Notaufnahme) werden die Patienten aufgenommen und primär versorgt. Dazu gehört auch der Resuscitation Room (Schockraum), wo die Patienten mit Polytrauma oder lebensgefährlichen Schuss- und Stichverletzungen behandelt werden. Die Abteilung verfügt über einen eigenes Theatre (Operationstrakt), wo Abdomen-, Thorax-, Hals- und Gefässverletzungen chirurgisch versorgt werden. Dann gibt es noch die Abteilung (Ward) mit Hi- oder Lowcare. 4. Elective Student in der Trauma Unit am GSH In der Trauma Unit ist Schichtübergabe um 8:00 und 18:00 Uhr. Normalerweise gibt es jeweils 1 Arzt im Schockraum, einer in der Notaufnahme und einer auf der Abteilung. Der auf der Abteilung arbeitet oft 24h am Stück und wird wie die anderen meistens von Interns unterstützt. (Intern ist man nach dem Staats und vor der eigentlichen Assistenzstelle. Nach 5 den obligatorischen 2 Jahren Intern und dann 2 Jahren Community Service ist man Hausarzt, also General Practitioner oder GP. Erst danach kann man sich spezialisieren.) Neben den Ärzten und Interns arbeitet man noch mit einheimischen und internationalen Studenten. Die einheimischen Studenten sind oft fix für gewisse Tag- oder Nachtschichten eingeteilt und haben daneben noch Kurse und Prüfungen. Als internationaler Student kann man arbeiten gehen wann und wie oft man will. Es besteht die Möglichkeit die Kurse v.a. des Traumablocks zu besuchen, welche jeweils unter der Woche um 10:30 bis 11:45 dauern. Somit bekommt man Kontakt mit den einheimischen Studenten und besucht einen lehrreichen Kurs. Als Elective Student am GSH kann man ein bisschen selber seine Schwerpunkte setzen und kommt sicher zum Nähen und legen einer Thoraxdrainage sowie zum beurteilen und mitbetreuen von der distalen Radiusfraktur bis zum komplexen Polytrauma. Man kann auch auf der Abteilung Drainagen ziehen oder Venflons legen. Es lohnt sich in der Nacht zu arbeiten. Durchschnittlich ist an Wochenenden (Tag und Nacht), am letzten des Monats (Zahltag) sowie Donnerstagnacht am meisten los. Auschnitt eines Lodox-Ganzkörperröntgens mit intraabdominaler Pistolenkugel 5. ATLS Kurs und Paramedics Durch die vielen Gewaltdelikte und Verkehrsunfälle hat ATLS in Südafrika ein besonders hohen Stellenwert und der Erfahrung entsprechend haben die Kurse ein guten Ruf. Als Student kann man verbilligt an ATLS Kursen teilnehmen, aber darf die Abschlussprüfung nicht machen (http://www.atls.co.za/courses.htm). In Südafrika haben die Paramedics (Rettungssanitäter) eine sehr wichtige Rolle. Es gibt verschiedene Ausbildungslevels doch grundsätzlich übernehmen sie die Arbeit der Notärzte und reanimieren, intubieren etc. Eine Möglichkeit ist sich über die Hauptzentrale der Paramedics im Tygerberg Hospital ein Praktikum für einigen Tage zu organisieren. 6 6. Sicherheit und sichere Fortbewegungsmittel In Kapstadt muss man wenn sich, wenn man kein Risiko eingehen will, an bestimmte Regeln halten. Folgende Regeln sind meiner Meinung nach die wichtigsten. Man sollte sich nicht bei Dunkelheit alleine auf die Strasse gehen. In gewissen Vierteln sollte man bei Dunkelheit gar nicht auf die Strasse gehen. Bei Tageslicht sollte man immer wachsam sein und Ausschau nach Taschendieben etc. halten. Kein Schmuck, nicht viel Bargeld, keine teure Uhr oder Kamera mit oder auf sich tragen. Beim Geldabheben sich nie und von wirklich niemandem helfen lassen. Bei Bezahlung mit Kreditkarte immer zur Kasse gehen und mitschauen was der/die Angestellte macht. Beim Autofahren immer alle Türen verriegeln und in der Nacht ausserhalb der Stadt nirgendwo anhalten, wo sich komische gestalten befinden. Minibus Taxis (einfach Taxis genannt) nie bei Dunkelheit oder in gefährlichen Vierteln benutzen. Am besten lizenzierte Taxis (Cabs genannt) benutzen und wenn nicht, nie alleine mit einem unlizenzierten Taxi fahren (es sei denn man kennt den Fahrer). Man kann in Kapstadt einfach Autos mieten vom einfachen älteren VW Golf ohne Airbag und Radio (ca. 350Sfr./Monat) bis zum Standard Mietauto (ca. 800Sfr./Monat). Wenn man mobil und spontan sein will, sollte man in Kapstadt ein Auto mieten. Grundsätzlich gelten diese Regeln für ganz Kapstadt mit Ausnahme von der Waterfront und einzelnen anderen Stadtvierteln. Observatory ist das Stadtviertel in dem das Groote Schuur Hospital liegt und ist ein etwas zwielichtiges Viertel. Man sollte niemandem den man nicht kennt die Türe öffnen (einige Wohnungen oder Häuser habe sowieso keine Klingel) und keinem Fremden vertrauen. Über Sicherheitsaspekte wird man überall informiert und man sollte immer die Einheimischen um Rat fragen. 7. Wohnen Es gibt in der Nähe mehrere Lodges, Zimmer, Backpackers oder WG's. Die Preise bewegen sich zwischen 2500 bis 3500 Rand ca. 300-400 Sfr. Ich habe an der 3 Park Villa Road in Observatory gewohnt, ein schönes aber leicht renovationsbedürftiges Haus mit 4 Zimmer. Man hat dort ein Einzelzimmer, Wi-Fi, Garten, Waschmaschine, Wohnzimmer, bezahlt 2500-2700 Rand mit ca. 300 Rand Nebenkosten und ist 300m vom Spital und Lebensmittelläden, Bars, Restaurants entfernt. Man hat auch einen sicheren Parkplatz zur Verfügung. Vermieterin: Colleen Anderson [email protected] 7 Lodges: Cosmo Cape Lodge, einzeln oder geteilte Zimmer. Ein Kollege war dort superschön, am billigsten und ebenfalls in der Nähe des Spitals. Meine Nr. 1. http://www.cosmocape.com/ Nellys Lodge im 2-4er Zimmer http://www.thelodgeobs.co.za/ Blencathra Guest House (Tamboerskloof, Blick über Cape Town Einzel – 4er Zimmer http://www.blencathra.co.za/ Weitere Diverse Unterkünfte: http://www.accommodation.uct.ac.za/ocsas/accommodation/find/ 8. Planung und Vorbereitung Am besten bucht man seine Stelle 1.5-2 Jahre im Voraus. Man kann direkt der Sekretärin Mrs Paschaline Jacobs eine Email schreiben, sie antwortet schnell und ist zuverlässig. Sie kann dir auch weitere Infos geben und falls es am GSH keinen Platz mehr hat, gibt es in Kapstadt noch viele andere Spitäler und andere interessante Stellen. Man sollte beachten, dass dort in unserem Sommer Winter ist. Obwohl die Temperaturen in Kapstadt auch im Winter mild sind, sind die Tage kurz, das Wetter häufiger regnerisch und die Nächte je nach Heizung kalt. Die HIV- Prävalenz in Südafrika ist sehr hoch. Man sollte ganz speziell vorsichtig im Umgang mit Nadeln und Spritzen sein. Eine HIV-PEP ist im GSH zurzeit vorhanden und für die Studenten zur Verfügung. Man kann diese zurzeit auf der Infektiologie am USZ gratis beziehen. Da ich nicht weiss ob man die HIV-PEP am GSH kostenlos bekommt, ist es ratsam das Angebot des USZ anzunehmen. Malaria ist in Südafrika nur im östlichen Teil des Landes ein Problem und in nicht in Kapstadt. Man sollte sich jedoch bei Reisen in diese Gebiete informieren und vorbereiten. Die Gelbfieberimpfung ist keine Pflicht in Südafrika. 8 Mrs Paschaline Jacobs Elective Officer Faculty of Health Science Private Bag x 3 Observatory, 7935 Cape Town, South Africa Email: [email protected] 9. Fazit Blick vom Lion's Head auf Camps Bay Ich habe meine Zeit in Südafrika sehr genossen. Das Land ist wunderschön und vielfältig. Man sollte sich Zeit zum Reisen freihalten. Kapstadt gehört für mich mit seiner Lage zwischen Atlantik und Indik am Fusse des Tafelbergs sowie seinem enormen Angebot an Aktivitäten zu einer der schönsten Städten, die ich bis jetzt gesehen habe. Dort gibt es für jedermann etwas zu sehen oder zu unternehmen. Die Stelle auf der Trauma war mit den frei wählbaren Arbeitszeiten und spannenden Fällen ideal für jeden den Unfallchirurgie oder Notfallmedizin interessiert. Man wurde dort auch unweigerlich mit der Kriminalität und dem Tod bei jüngeren Patienten konfrontiert. Das Einzige was mich bis zuletzt gestört hat ist die Kriminalität und die damit verbundene Unsicherheit. Das alles war ein Teil einer einmaligen wunderbaren Erfahrung. Bei Fragen dürft ihr mich gerne via [email protected] kontaktieren. 9