Vorlesung Organisationspsychologie WS 06/07
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Vorlesung Organisationspsychologie WS 06/07
Vorlesung Organisationspsychologie WS 06/07 Anforderungsanalyse & Personalmarketing Dr. Uwe Peter Kanning Westfälische Wilhelms-Universität Münster Beratungsstelle für Organisationen Überblick 1. Anforderungsanalyse 1.1 Definitionen 1.2 Ziele und Einsatzgebiete 1.3 Methoden 2. Personalmarketing 2.1 Grundlagen 2.2 Facetten des Personalmarketings 2.3 Fazit 2 1. Anforderungsanalyse 1.1 Definitionen Arbeitsanalyse → beschreibt detailliert die Aufgaben, die an einem Arbeitsplatz zu erfüllen sind Anforderungsanalyse → beschreibt, welche Anforderungen ein Arbeitsplatz an (potenzielle) Arbeitsplatzinhaber stellt Anforderungsanalyse: Beschreibung in „Personenbegriffen“ (Person muss best. Merkmale haben z.B. Intelligenz, Extraversion) Arbeitsanalyse: Beschreibung in „Situationsbegriffen“ (Arbeit geht mit best. Tätigkeiten einher z.B. Bedienung v. Maschinen) → Beide Analyse gehen meist Hand in Hand, daher häufig auch Verzicht auf eine Differenzierung: „Arbeits- und Anforderungsanalyse“ 3 1.2 Ziele und Einsatzgebiete Ziele der Anforderungsanalyse Analyse wichtiger Merkmale eines Mitarbeiters, im Hinblick auf: Leistung Zufriedenheit Neben tätigkeitsspezifischen Merkmalen ist es oft auch sinnvoll tätigkeitsunspezifische Merkmale zu berücksichtigen. 4 1.2 Ziele und Einsatzgebiete Einsatzgebiete Grundlage der Eignungsdiagnostik ↓ Welche Merkmale soll der Stelleninhaber aufweisen? Grundlage der Personalentwicklung ↓ Welche Merkmale müssen entwickelt werden? Grundlage der Leistungsmessung ↓ Welche Merkmale sollen als Leistungskriterien dienen? 5 1.3 Methoden Anforderungsanalyse erfahrungsgeleitetintuitiv personenbezogenempirisch arbeitsplatzanalytischempirisch 6 1.3 Methoden erfahrungsgeleitet-intuitive Methode → „qualitative“ Auseinandersetzung mit den Merkmalen eines bestimmten Arbeitsplatzes & Einschätzung der Anforderungen Vorteile - Zeitersparnis - geringe Kosten - hohe Plausibilität Nachteile - meist nur ein Beurteiler - unsystematisches Vorgehen - Einfluss stereotyper Berufsvorstellungen - verborgene Merkmale werden leicht nicht erkannt • Nur sinnvoll, wenn Beurteiler ein große Experte für den fraglichen Arbeitsplatz ist • vermittelt eher einen „groben Überblick“ 7 1.3 Methoden personenbezogen-empirische Methode → Ermittlung statistischer Zusammenhänge zwischen Personenmerkmalen und Erfolg/Zufriedenheit an einem Arbeitsplatz Vorteile - hoher Objektivierungsgrad - exakte Aussagen Nachteile - hohes methodische Knowhow erforderlich - hoher Aufwand - Stichprobenselektionseffekte mindern die Aussagekraft 8 1.3 Methoden arbeitsplatzanalytisch-empirische Methode → standardisiertes Vorgehen mit Fragebogen- oder Interviewmethode Vorteile - explizite Entscheidungsprozedur - meist Befragung von mehreren Personen - Quantität & Qualität berücksichtigt Nachteile - letztlich subjektive Einschätzung d. Experten - z.T. großer Aufwand - höhere Kosten 9 1.3 Methoden Beispiel für eine arbeitsplatzanalytisch-empirische Methode Methode der Kritischen Ereignisse (Critical Incident Technique, CIT, Flanagan, 1954) Phase 1: Sammlung arbeitsplatzkritischer Ereignisse (Experteninterviews) positive Verhaltensweisen wichtige Situationen im Berufsalltag neutrale Verhaltensweisen negative Verhaltensweisen 10 1.3 Methoden Phase 2-4: Fragebogenkonstruktion, Befragung & Analyse positive Verhaltensweisen neutrale Verhaltensweisen negative Verhaltensweisen Fragebogen bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla 0-0-0-0-0 0-0-0-0-0 0-0-0-0-0 0-0-0-0-0 Faktorenanalyse 11 2. Personalmarketing 2.1 Grundlagen Ausgangssituation potentielle Bewerber tatsächliche Bewerber Personalauswahl Mitarbeiter 12 2.1 Grundlagen Problem geeignet b bbb b b b b bb b bb b b b b bbb bb bb b b b b bb ungeeignet bb „high potential“ Lösungsversuch → Personalmarketing 13 2.1 Grundlagen Marketing = Erschließung, Beeinflussung und Gestaltung des Marktes zur Steigerung des Absatzes („Marketing-Mix“ aus Marktforschung, Produkt- und Preispolitik, Werbung, Verkaufsförderung und Distribution). Personalmarketing = Maßnahmen zur optimalen Positionierung der Organisation auf dem Markt der potentiellen Bewerber. → Die Organisation wird selbst zu einem Produkt, dass es zu vermarkten gilt. Zielgruppe: Berufseinsteiger/-Neulinge mit Hochschulabschluss (in großen Organisationen auch Organisationsmitglieder, z.B. von anderen Standorten) - prinzipiell geeignete Kandidaten - „High Potentials“ verwandter Bereich: Executive-Search, unfreundlicher „Head-Hunting“ = gezielte Abwerbung von erfahrenen, besonders qualifizierten Mitarbeitern/Führungskräften 14 2.2 Facetten des Personalmarketings Maßnahmen potentielle Bewerber Ansprache v. Bewerbern & Imagebildung tatsächliche Bewerber Vorauswahl/Absage Vorstellung des Bewerbers Personalauswahl & Angebot Bewerber akzeptiert Stellenangebot Organisationskultur, Entlohnung, alternative Angebote etc. Bewerber verbleibt in der Organisat. 15 2.2 Facetten des Personalmarketings Phase 1: Vom potentiellen zum tatsächlichen Bewerber Selbstbild und Bedürfnisse des Bewerbers ? Image & Realität der Organisation/ des Arbeitsplatzes 16 2.2 Facetten des Personalmarketings Maßnahmen zur Ansprache potentieller Bewerber Organisationsinterne Personen Organisationsexterne Personen • • • • • • • Befragung v. Vorgesetzten Rundschreiben, Hauszeitung etc. direkte Ansprache v. Mitarbeitern Ansprache ehemaliger Mitarbeiter (Wiedereinsteiger, Studenten, Wehrdienstleistende) Ansprache teilzeitbeschäftigter Mitarbeiter etc. • • • • • • • • • • • • • • offene Stellenanzeigen in Zeitungen & Internet „verdeckte“ Stellenanzeigen (ohne Angabe des Arbeitgebers) Head-Hunting Aushänge an Universitäten Kontakte zu Lehrstühlen/Assistenten Kooperation bei Diplomarbeiten/Dissertationen Ausschreibung v. Wissenschaftspreisen Rekrutierungsmessen Vorträge/Lehrbeauftragte an Unis Imageanzeigen/Imagebroschüren Probe-ACs Planspiele Einzelgespräche Internetauftritt/E-Recruitment etc. 17 2.2 Facetten des Personalmarketings Veröffentlichung von Stellenanzeigen im Jahr 2004 König et al. (2005; N = 330) 80 70 Prozent 60 50 40 30 20 10 0 W s it b e e Jo bp al t r o Großunternehmen d ie e m int r P Mittelstand n 18 2.2 Facetten des Personalmarketings ausgewählte Job- und Praktikumsbörsen im Internet Job Praktikum • www.jobpilot.de • www.berufsstart.de • www.arbeitsagentur.de • www.jobstairs.de • www.worldwidejobs.de • www.ansus.de • www.jobscout24.de • www.jobware.de • www.monster.de 19 2.2 Facetten des Personalmarketings Marketingmaßnahmen aus Sicht von Studierenden Eigene Studie (N = 317) 5 4,5 4 3,5 3 2,5 2 1,5 1 m eit se ige ige etz u b s e e r k N i e z z t l n n r. -A -A alm -A pi e rak t D z n s / P t . n l i lan Ne rso Pr e P Dip P innovativ aussagekräftig 20 2.2 Facetten des Personalmarketings Phase 2: Vom tatsächlichen Bewerber zur persönlichen Vorstellung Instrumente zur Vorauswahl von Bewerbern Objektivität, Reliabilität & Validität? Wirkung auf die Bewerber? Fremdselektion durch die Organisation Selbstselektion durch die Bewerber 21 2.2 Facetten des Personalmarketings Phase 3: Von der Vorstellung zur Akzeptanz des Angebotes Instrumente zur Endauswahl von Bewerbern & Einstellungsangebot Objektivität, Reliabilität & Validität? Wirkung auf die Bewerber? Fremdselektion durch die Organisation Selbstselektion durch die Bewerber 22 2.2 Facetten des Personalmarketings Reaktionen der Bewerber auf Personalauswahlverfahren soziale Validität = Akzeptanz des Auswahlverfahrens durch die Bewerber • Information (Arbeitsstelle, Anforderungen, Organisationsmerkmale, Entwicklungsmöglichkeiten) • Partizipation/Kontrolle (der Arbeitnehmervertretung, relative Freiheit gegenüber der „Machtausübung“ der Personaldiagnostiker) •Transparenz (Auswahlsituation, Augenscheinvalidität, Entscheidungsregeln, Möglichkeit zur Selbsteinschätzung) •Urteilskommunikation/Feedback (Ergebnisse und Bewertung, Ehrlichkeit, Verständlichkeit, unterstützend) 23 2.2 Facetten des Personalmarketings Facetten der Fairness nach Gilliland • Bezug zu zukünftigen Berufsaufgaben • Bezug zu derzeitigen Berufsaufgaben • Möglichkeit Leistung zu zeigen • Möglichkeit zur Korrektur • Konsistenz der Bedingungen • Feedback • Transparenz • Ehrlichkeit • Art der Behandlung • Zweiweg-Kommunikation • Möglichkeit, Fragen zu stellen 24 2.2 Facetten des Personalmarketings Akzeptanz verschiedener Auswahlinstrumente Fruhner, Schuler, Funke & Moser (1991; N = 1170) 7 mittlerer Rangplatz 6 5 4 3 2 1 m be ew ten i o ku o v r i r t n p e i ts rak nis Int e g P b u Ar Ze f r ift hren sts slau h e c T n rf a ds be e n e sv L Ha Lo 25 2.2 Facetten des Personalmarketings Phase 4: Von der Akzeptanz des Angebotes zum dauerhaften Verbleib Organisationskultur & Organisationsklima Erfüllung von Erwartungen Passung zwischen veränderten Bedürfnissen und beruflicher Realität alternative Angebote 26 2.3 Fazit Ein erfolgreiches Personalmarketing setzt eine Optimierung verschiedener Komponenten voraus: gezielte Ansprache potentieller Bewerber Image der Organisation/des Arbeitsplatzes Gestaltung der Personalauswahl Gestaltung des Arbeitsplatzes, Organisationskultur & -klima 27 Literatur Prüfungsliteratur Schuler, H. (Hrsg.). (2006). Lehrbuch der Personalpsychologie. Göttingen: Hogrefe. Kapitel: 3 und 4 Schuler, H. (1996). Psychologische Personalauswahl. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie. Kapitel: 4 Ergänzungsliteratur Kanning, U. P. (2004). Standards der Personaldiagnostik. Göttingen: Hogrefe. König, W., Wendt, O., Weitzel, T., Keim, T. & Westarp, F. (2005) Recruiting Trends 2005. Thiele, A. & Eggers, B. (1999). Innovatives Personalmarketing für High-Potentials. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie. 28 ...und in der nächsten Sitzung: Personaldiagnostik I (Anwendungsfelder, Prozess, Gütekriterien) 29