FB_11_-_Übersicht_Stellvertretung

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FB_11_-_Übersicht_Stellvertretung
Stellvertretung - Schema
Roßmanith
AG BGB AT 2010/2011
Skizze: Stellvertretung
Vertragsschluss
Geschäftsherr
Vertragspartner
WE
Bevollmächtigung aufgrund
Eines Grundverhältnisses
WE
Stellvertreter
Prüfungsschema:
1.
2.
3.
4.
eigene WE des
Stellvertreters im Namen
des Vertretenen
Zulässigkeit/Anwendbarkeit der §§ 164 ff.
Eigene WE
In fremden Namen
Mit Vertretungsmacht
Gesetzliche
Vertretungs
macht
→ ergibt
sich aus
Gesetz
Rechtsfolge:
Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht
(=Vollmacht, § 166 II)
→ Bevollmächtigung durch einseitige
empfangsbedürftige WE
a) Erteilung der Vollmacht, § 167
b) Erlöschen, § 168
c) Fortbestehen bzw. Rechtschein
aa) §§ 170-173
bb) Anscheins-/Duldungsvollmacht
Zurechnung der WE an den Vertretenen, so dass das
geschlossene Rechtsgeschäft (Vertrag) für und gegen den
Vertretenen/Geschäftsherrn wirkt
1. Zulässigkeit der Vertretung / Anwendbarkeit der § 164 ff.
a) Anwendbarkeit der §§ 164 ff., wenn eine WE zugerechnet werden soll, also grds. bei allen
Rechtsgeschäften (z.B. bei allen schuldrechtlichen Verträgen, bei der dinglichen Einigung,…)
 auf geschäftsähnliche Handlungen (Mahnung, Fristsetzung,…) nur analog anwendbar
 nicht anwendbar bei Realakten (Übergabe bei § 929,…), da keine WE
b) Unzulässigkeit der Stellvertretung bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften (Eheschließung,
Testamentserrichtung, …)
2. Eigene WE
o
Ermittlung nach dem äußeren Auftreten des Vertreters / aus Sicht des
Erklärungsempfängers
Indizien können sein: Auswahl der Sache/Vertragspartner, Verhandeln des Preises
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Roßmanith
AG BGB AT 2010/2011
P: Vertreter mit nur geringer Entscheidungsfreiheit, sog. „Vertreter mit gebundener
Marschrichtung“
Bsp.: Verkäufer in einem Warenhaus sind i.d.R. angewiesen, die ausgezeichneten Preise einzuhalten und
können nicht entscheiden, mit wem sie kontrahieren. Trotzdem werden sie als Vertreter qualifiziert, weil es
an einer Willensbildung der Geschäftsleitung für die einzelnen Vertragsschlüsse fehlt und die Verkäufer
mangels Vorgabe der einzelnen Käufer auch keine Boten sind
o An diesem Prüfungspunkt erfolgt die Abgrenzung zum Boten:
der Vertreter formuliert eine eigene WE, der Bote überbringt nur eine fremde WE
(„personifizierte Übermittlungseinheit“)
Bsp.:
„Ich kaufe im Namen meines Chefs…“→ Vertreter
„Ich soll für meinen Chef …kaufen“ → Bote
Problem: weisungswidriges Auftreten des Vertreters als Bote
1.Fall: Vertreter tritt als Bote auf, hält sich aber innerhalb seiner Vertretungsmacht
 Eigentlich liegt schon keine WE vor, da weder Geschäftsherr, noch der als Bote auftretende
Vertreter eine WE abgeben
 „Erklärung“ wird dem Geschäftsherrn zugerechnet, sofern sie von der erteilten
Vertretungsmacht gedeckt ist
2.Fall: Vertreter tritt als Bote auf und handelt außerhalb seiner Vertretungsmacht
 Weicht der Vertreter bewusst von seiner Vertretungsmacht ab, haftet er nach h.M. nach
§ 177 ff. analog
 Weicht der Vertreter unbewusst von seiner Vertretungsmacht ab, greift nach h.M. § 120
analog, d.h. der Geschäftsherr ist an das getätigte Rechtsgeschäft gebunden, kann aber
gem. § 120 analog anfechten
3. In fremden Namen („Ich handele für X“)
o
o
o
: Vertreter muss die WE erkennbar im Namen des
Vertretenen abgeben
Dies kann sich aus der Erklärung selbst oder aus den Umständen ergeben, § 164 I 2
Schutz des Erklärungsempfängers / Vertragspartners durch Kenntnis des Gegenübers
(Risikoeinschätzung dank Kenntnis der Vertrauenswürdigkeit und Zahlungsfähigkeit)
Problem: Was ist bei fehlender Offenkundigkeit?
Grundsatz:
Unanfechtbares Eigengeschäft des Vertreters, § 164 II
Wird die Vertretung nicht deutlich, so liegt gem. § 164 II grundsätzliche ein Eigengeschäft
des Vertreters vor, d.h. der Vertreter wird selbst Vertragspartner
Problem:
dieses Geschäft ist für den Vertreter nicht nach § 119 I Alt.2 mit der
Begründung anfechtbar, er habe die Erklärung für einen anderen abgeben
wollen (andere Anfechtungsgründe wie § 123 sind aber zulässig!)
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Ausnahme:
AG BGB AT 2010/2011
wirksame Stellvertretung trotz fehlender ausdrücklicher Offenlegung /
Durchbrechung der Offenkundigkeit:
(1) Handeln für den Betriebsinhaber/ unternehmensbezogene Geschäfte
Bei fehlender Offenlegung liegt eigentlich ein Eigengeschäft des Vertreters vor, bei
unternehmensbezogenen Geschäften ergibt sich das Handeln in fremden Namen
jedoch aus den Umständen, § 164 I 2, so dass eine wirksame Vertretung des
Geschäftsinhabers vorliegt
Bsp.: selbst wenn der Käufer nicht weiß, dass der Verkäufer eines Ladengeschäfts ist nicht dessen
Inhaber ist, wird durch den Kaufvertrag der tatsächliche Inhaber berechtigt und verpflichtet; der
Verkäufer hat eine sog. „Ladenvollmacht“ nach § 54 HGB
(2) Geschäft für den, den es angeht
= Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip, da die Vertretung nicht nach außen
erkennbar wird
Der Vertrag kommt trotz fehlender Offenlegung mit dem Vertretenen zustande, da
der Vertreter für den Vertretenen handeln wollte und dem Dritten die Person des
Vertragspartners gleichgültig ist, da die beidseitigen Pflichten sofort erfüllt werden
z.B. Bargeschäfte des täglichen Lebens
(3) Handeln unter fremden Namen
bei der Namenstäuschung: Eigengeschäft des Handelnden
bei der Identitätstäuschung: §§ 177 ff. analog
Handeln in fremden Namen
↓
„Ich handele für X“
–
Handeln unter fremden Namen
↓
„Ich bin der X“
↓
↓
Namenstäuschung
Identitätstäuschung
z.B. der verheiratete Chef Böll
checkt mit seiner Sekretärin als
Ehepaar Müller im Hotel ein
↓
Name für das Rechtsgeschäft
Ohne Bedeutung, da der
Hotelier mit der vor ihm
Stehenden Person den Vertrag
Abschließen möchte
Der Name ist hier nur „Schall
und Rauch“
↓
Eigengeschäft des Handelnden
z.B. B will während des Oktoberfestes
ein Hotelzimmer in München und gibt
sich daher als Prominenter X aus, da
er sonst kein Zimmer mehr bekommt
↓
Name/Identität ist hier für
den Vertragspartner sehr
wichtig bzw. ausschlaggebend
↓
Behandlung strittig
h.M. B wird als Vertreter ohne
Vertretungsmacht behandelt
→ §§ 177 ff. analog
Folge: der Prominente X könnte
noch genehmigen, andernfalls
haftet der täuschende B analog
§ 179
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4. Mit Vertretungsmacht
Beachte:
es liegt entweder gesetzliche Vertretungsmacht oder rechtgeschäftliche vor!!!
Immer zuerst feststellen, welche von beiden gegeben ist, da nur bei der
rechtgeschäftlichen der Begriff „Vollmacht“ und das Prüfungsschema „Erteilt –
Erloschen – Fortbestand nach Rechtscheinsgrundsätzen“ anwendbar ist!!!
a) Gesetzliche Vertretungsmacht
§ 1629 I: Eltern (i.V.m. § 1680, wenn ein Elternteil verstorben)
§ 1793: Vormund
§§ 1902, 1915: Pfleger/Betreuer
§ 26 II: Vereinsvorstand
§ 35 I GmbHG: Geschäftsführer
§ 78 I AktG: Vorstand
b) Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (=
, § 166 II)
Grundgeschäft(§§ 662, 675, 611)
WE
WE
Vertragspartner/
Dritter
Bevollmächtigung durch
einseitige empfangsbedürftige WE
Innenverhälnis
Außenverhältnis
Merke:
 Die Vollmacht ist vom zugrundeliegenden Rechtsgeschäft abstrakt!
Sog.
→Das Erlöschen des Grundgeschäfts lässt die Wirksamkeit der Vollmacht grds.
unberührt und umgekehrt (Ausnahme § 168 S.1 möglich)
Grundgeschäft = zugrundeliegender Vertrag
o unentgeltlicher Auftrag, § 662
o entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag § 675 oder
o Dienstvertrag/Arbeitsvertrag zwischen Geschäftsinhaber und dem
Angestellten § 611
Bsp.: der Bevollmächtigung zum Autokauf liegt meist ein Auftrag oder
Geschäftsbesorgungsvertrag zugrunde, je nachdem ob der Vertreter bezahlt wird (dann
§ 675) oder nicht (dann § 662)
→aus dem Grundverhältnis ergeben sich die Rechte und Pflichten im
Innenverhältnis für den Vertreter, also was der Vertreter rechtlich alles
darf (rechtliches Dürfen im Innenverhältnis)
Vollmacht =betrifft das Außenverhältnis zwischen Vertreter und Vertragspartner/ Dritten
→ daraus ergibt sich, was der Vertreter rechtlich alles für den Vertretenen
kann (rechtliches Können im Außenverhältnis)
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→ im Außenverhältnis spielt es keine Rolle, ob der Vertreter seinen
Verpflichtungen gegenüber dem Vertretenen aus dem Innenverhältnis
gerecht geworden ist; ein Verstoß des Vertreters führt zur
Schadensersatzpflicht des Vertreters gegenüber dem Vertretenen, lässt
aber die Wirksamkeit des getätigten Rechtsgeschäft unberührt
 Die Vollmacht betrifft das rechtliche Können des Vertreters,
während für sein rechtliches Dürfen das Grundgeschäft
maßgeblich ist
Rechtliches
Dürfen aus
dem
Grundgeschäft
Achtung Falle!
Rechtliches Können aus
→meist ist das rechtliche Können weiter als das rechtliche Dürfen!
der Vollmacht
Bei der Prüfung der Vertretungsmacht ist das Grundgeschäft und
dessen rechtliche Beschränkungen nicht zu prüfen (rechtsgeschäftliches
Abstraktionsprinzip), es kommt nur auf die Vollmacht und deren Beschränkungen an!
siehe Fall 10 Teil 1: K kann nach der Vollmachturkunde jedwede Möbel kaufen, nach dem zugrundeliegenden
Auftrag jedoch nur Bauernmöbel aus dem Allgäu für bis zu 250 €
→ K bleibt innerhalb seiner Vertretungsmacht beim Kauf eines französischen Rokokosessels für 30.000,- beim
Kauf einer Allgäuer Bauernvase für 10,- jedoch handelt K außerhalb seiner Vertretungsmacht!
Folge: K kann zwar den Geschäftsherrn A gem. § 164 I wirksam dazu verpflichten, den Rokokosessel dem Dritten
zunächst abnehmen und bezahlen zu müssen; der A bleibt jedoch nicht auf dem Sessel sitzen, sondern kann
seinerseits den Vertreter K gem. § 280 I, 241 II oder z.B. gem. § 678 dazu verpflichten, dem A den Sessel
abzunehmen und diesen von der Zahlungsverbindlichkeit gegenüber dem Dritten durch eigene Zahlung
freizustellen
→ letztendlich muss also K den Sessel abnehmen und bezahlen
aa) Erteilung der Vollmacht, § 167 I
(1) Als Innenvollmacht oder Außenvollmacht erteilbar
Vollmachtgeber/Vertretener bevollmächtigt …
… durch einseitige, empfangsbedürftige WE gegenüber….
…Vertreter
↓
…Dritte/Vertragspartner
…Öffentlichkeit
Sonderfall
Abzugrenzen von:
 Keine WE, sondern nur Anzeige der
Bevollmächtigung/Wissenserklärung (damit eigentlich nicht
anfechtbar, nach h.M. aber trotzdem möglich)
 Eine Sonderform der kundgetanen Innenvollmacht ist die
Vollmachtsurkunde, § 172
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(2) durch einseitige empfangsbedürftige WE, § 167 I
Folge: die Vollmachtserklärung muss abgegeben werden und zugehen, nicht
jedoch vom Vertreter auch angenommen werden (kein Vertrag!)!
(3) grds. formfrei, § 167 II
(4) es sei denn: Vollmachtserteilung bedarf ausnahmsweise einer bestimmten
Form
→Rechtsfolge: hält die Vollmacht nicht die Form ein, ist sie nach § 125 S.1
nichtig
Einbau der Formproblematik in der Klausur:
1.-3.….
4. Mit Vertretungsmacht
Hier rechtgeschäftliche Vollmacht
a. Wirksame Erteilung der Vollmacht?
aa. durch einseitige empfangsbedürftige WE, § 167(+)
bb. Aber: etl. Nichtigkeit der Vollmacht nach § 125 S.1 i.V.m….
(1) darstellen, dass die Vollmacht grds. formfrei erteilt werden kann, § 167 II
(2) Ausnahme von der Formfreiheit darstellen
o Gesetzliche Ausnahmen : § 492 IV 1 (Vollmacht muss die Form des § 492
I, II einhalten); § 2 II GmbHG
o Nach Rpsr., wenn der Vollmachtgeber durch die Erteilung der Vollmacht
in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht bereits genauso gebunden ist
wie durch das Rechtsgeschäft selbst; dann muss die Vollmacht die
Formvorschriften des späteren Rechtsgeschäft auch einhalten
Bsp.: unwiderrufliche (!) Vollmacht zum Grundstückserwerb
→ Vollmacht muss ebenfalls die Form des § 311b wahren
cc. Rechtsfolge: bei Nichteinhaltung der Form Nichtigkeit der Vollmacht nach §
125 S.1
b.
Nur falls Vollmacht nicht bereits nichtig: Erlöschen der Vollmacht
…
 Nur, falls eine wirksame Erteilung der Vollmacht vorliegt, ist weiter zu prüfen:
bb) Erlöschen der Vollmacht
Erlöschensgründe, die sich aus dem Vollmachtsinhalt ergeben:
(1) Vollmacht war zeitlich befristet, § 163, 158 II
(2) Vollmacht stand unter einer auflösenden Bedingung, § 158 II
(3) Zweck der Spezialvollmacht erreicht oder endgültig gescheitert
(4) Verzicht des Bevollmächtigten auf die Vollmacht
Sonstige Erlöschensgründe:
(5) Zugrundeliegendes Rechtsgeschäft erlischt, § 168 S.1
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
Durch Erfüllung, Rücktritt, Kündigung, Widerruf oder Zeitablauf
(abhängig von der Art des Grundgeschäfts)
 im Zweifel bei Tod des Bevollmächtigten gem. §§ 673, 675
 durch Geschäftsunfähigkeit des Bevollmächtigten, § 165
→ wird das Grundverhältnis beendet, erlischt auch die Vollmacht
Bsp.: Widerruf des Auftrags, § 671
(6) Vollmacht wird widerrufen, § 168 S.2, 3
(7) durch Anfechtung der Vollmacht durch den Vollmachtgeber
→ Bevollmächtigung = einseitige empfangsbedürftige WE
Problem: Wer ist richtiger Anfechtungsgegner – Vertreter oder
Vertragspartner?
Wer ist richtiger Anfechtungsgegner bei Anfechtung der Vollmachtserteilung?
Vollmacht ist einseitiges Rechtsgeschäft → § 143 III gilt
↙
↘
Vollmacht wurde noch nicht gebraucht:
Vollmacht wurde schon verwendet:
Bei InnenVM
↓
Vertreter
Bei AußenVM
↓
Vertragspartner
h.M.: VM ist trotzdem anfechtbar, da Willensmängel
bei der VM-Erteilung Beachtung finden müssen, auch
wenn das Rechtsgeschäft schon getätigt wurde
h.M.: Vertragspartner ist Anfechtungsgegner
Grund:
ist der Vertragspartner Anfechtungsgegner,
haftet ihm der anfechtende Vertretene nach §
122 direkt
wäre der Vertreter der Anfechtungsgegner,
würde er durch die Anfechtung zum Vertreter
ohne Vertretungsmacht und müsste dem
Vertragspartner nach § 179 haften; er selbst
müsste dann beim anfechtenden Vertretenen
nach § 122 Regreß nehmen; eine solche
Haftungskette ist aber unerwünscht
 Nur, falls die erteilte Vollmacht auch erloschen ist, ist weiter zu prüfen:
cc) Fortbestehen der Vollmacht nach Rechtsscheinsgrundsätzen:
(1) Gesetzliche Rechtscheinsvollmachten, §§ 170-173
Erteilte Vollmacht „wirkt“ trotz Erlöschen gegenüber Gutgläubigen weiter;
die § 170 ff. schützen den guten Glauben an eine nicht mehr bestehende
Vollmacht, da das Erlöschen für den schutzwürdigen Dritten nicht erkennbar
war
Schema:
(a) Rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung unter den jeweils in §§ 170172 genannten Voraussetzungen
o durch Außenvollmacht gem. § 170
o durch besondere Mitteilung gem. § 171 I Alt. 1, II
o durch öffentliche Bekanntmachung gem. § 171 I Alt. 2, II
o durch Vollmachtsurkunde gem. § 172 I, II
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Problem: Aushändigung auch bei Diebstahl
(b) kein Erlöschen des Rechtsscheins durch…
o Gutgläubigkeit des Erklärungsgegners, § 173, d.h. sobald
der Vertragspartner Kenntnis/fahrlässige Unkenntnis von
dem Erlöschen der Vollmacht hat
o Nur im Falle des § 170 durch Anzeige des Erlöschen
gegenüber dem Dritten
o Nur im Falle des § 171 durch Widerruf durch besondere
Mitteilung
o Nur im Falle des § 172 nach § 172 II durch Rückgabe der
VM-Urkunde oder Kraftloserklärung, § 176 oder
o durch Anfechtung des Rechtscheins analog § 142 I, da der
Rechtschein nicht stärker wirken darf als eine wirksame
Vollmacht
Nach h.M. gelten die §§ 171-173 analog, wenn die Vollmacht von Anfang an
(z.B. durch Anfechtung) nicht bestand; diese Analogie gilt jedoch nicht im
Falle des § 170, da bei § 170 eine zuvor wirksam erteilte Außenvollmacht
vorliegen muss
 Nur, falls sich der Rechtschein nicht schon aus § 170 ff. ergibt, ist weiter zu prüfen:
(2) Anscheins- und Duldungsvollmacht („3 Säulen des Rechtscheins“)
Schema: (a) Wiederholtes Auftreten als Vertreter
(b) Zurechnung des gesetzten Rechtscheins, da der „Vertretene“
o das Auftreten kennt und duldet (Duldungsvollmacht)
→ Abzugrenzen zur konkludenten Bevollmächtigung
o das Auftreten hätte erkennen können (Anscheinsvollmacht)
(c) Gutgläubigkeit des Vertragspartners und Kausalität zwischen
Rechtschein und Gutgläubigkeit
Abgrenzung:
Anscheinsvollmacht und Duldungsvollmacht
→ 1. und 3. Säule gleich
I.
Rechtsschein
träger
II. Zurechnung des gesetzten Rechtscheins, weil…
↓
III.
Gutgläubig
keit
↓
= wiederholtes
…„Vertretene“
…„Vertretene“ hätte das
Auftreten eines
„Vertreters“, der gar
kein Vertreter ist
kennt und duldet
das Auftreten des
„Vertreters“
Auftreten bei Anwendung
der im Verkehr erforderlichen
Sorgfalt erkennen können
(„fahrlässige DuldungsVM“)
des Vertragspartners und
Kausalität zwischen
Rechtsschein und
Gutgläubigkeit
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c) Umfang der Vertretungsmacht
aa) Grundsätzliches
 Bei der gesetzlichen Vertretungsmacht ergibt sich der Umfang aus dem Gesetz
 bei bestimmten rechtsgeschäftlichen Vollmachten bestimmt ebenfalls das Gesetz
den Umfang, z.B. bei der Prokura nach § 49 HGB
 bei der rechtsgeschäftlichen Vollmacht wird der Umfang grundsätzlich (Ausnahme
eben z.B. § 49 HGB) vom Vollmachtgeber festgelegt und ist durch Auslegung zu
bestimmen
 Achtung: hier ist nur auf die Beschränkungen in der Vollmachtserteilung
abzustellen, nicht jedoch auf die im Grundgeschäft enthaltenen Beschränkungen
(rechtsgeschäftliches Abstraktionsprinzip!) →siehe nochmals Seite 4
Der Umfang der rechtsgeschäftlichen Vollmacht ergibt sich zunächst aus der Art der
Vollmacht
= nur für ein einzelnes
Rechtsgeschäft erteilt
= für Geschäfte
bestimmter Art erteilt
= für alle
Rechtsgeschäfte erteilt
bb) Nur bei der (rechtsgeschäftlichen) Vollmacht: Missbrauch der Vertretungsmacht
durch Überschreiten der Beschränkungen im Innenverhältnis(2 Fälle)
 Obwohl ein Verstoß des Vertreters gegen die Beschränkungen im
zugrundeliegenden Grundgeschäft (§§ 662, 675, 611) keinen Einfluss auf die
Vertretungsmacht und damit auch auf die Wirksamkeit des getätigten
Rechtsgeschäfts hat, kommt es ausnahmsweise doch zur Unwirksamkeit des
getätigten Rechtsgeschäfts
(1) Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts wegen Kollusion, § 138 I
Handeln Vertreter und Vertragspartner innerhalb der gegebenen
Vertretungsmacht bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammen, ist das
Rechtsgeschäft nichtig
Bsp.: K darf nach der Vollmachtsurkunde für A Möbel kaufen; dem Dritten B ist bekannt, dass der K aus
dem Auftrag/Innenverhältnis nur Möbel für 250€ kaufen darf; K und B wollen dem A schaden und einigen
sich bewusst auf den Verkauf eines 30.000,- Rokokosessels
→ Überschreiten des rechtlichen Dürfens im Innenverhältnis schlägt wegen
der Sittenwidrigkeit auf das rechtliche Können im Außenverhältnis durch
(2) Allgemeiner Missbrauch der Vertretungsmacht, § 242
Schema:
(a) Vertreter überschreitet die Befugnisse aus dem Innenverhältnis
(= rechtliches Dürfen, Umfang der VM), hält sich aber im Rahmen seiner
Vertretungsmacht im Außenverhältnis (= rechtliches Können)
→ Nach Literatur muss sich der Vertreter der Überschreitung nicht
bewusst sein
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Beachte:
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bei Überschreiten der Vertretungsmacht im Außenverhältnis liegt kein
Missbrauch vor, sondern der Vertreter handelt schon ohne Vertretungsmacht
und haftet gem. § 179 (s.u.)
(b) Kenntnis des Vertragspartners von der Überschreitung
(c) Objektive Evidenz des Missbrauchs im Innenverhältnis
Nach BGH liegt objektive Evidenz vor, wenn sich für den Vertragspartner
aus den Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage beim
Geschäftsherrn geradezu aufdrängt
(d) Rechtsfolge:
 nach h.M. kommt das Rechtsgeschäft zustande, dem Erfüllungsanspruch
des Vertragspartners kann der Vertretene aber die Einrede der
unzulässigen Rechtsausübung entgegensetzen; der Vertragspartner hat
gegenüber dem Vertretenen einen Schadensersatzanspruch aus c.i.c., da
das Verschulden des Vertreters gem. § 278 dem Vertretenen
zugerechnet wird
 nach a.A. haftet der Vertreter analog §§ 177 ff. (Problem:
Durchbrechung des vertretungsrechtlichen Abstraktionsprinzips)
Überschreiten der Vertretungsmacht im
Außenverhältnis (zugleich auch im IV):
IV
AV
=Vertretungsmacht
Rechtsgeschäft
↓
Vertreter ohne
Vertretungsmacht
§ 177 ff.
Überschreiten nur der Befugnis aus dem
Innenverhältnis:
Rechtsgeschäft innerhalb
Vertretungsmacht, aber
Außerhalb der Befugnis
des Grundgeschäft (=IV)
AV
↓
=Vertretungsmacht
Grds. ohne Einfluss auf
die Wirksamkeit des
Rechtsgeschäfts, da das Rechtsgeschäft innerhalb der
Vertretungsmacht liegt; Ausnahme nur, wenn Kollusion
Oder Missbrauch der Vertretungsmacht vorliegt
IV
(3) Verbot des Insichgeschäfts, § 181 Alt.1 / Mehrfachvertretung, § 181 Alt.2
Insichgeschäft = Vertreter schließt mit sich im Namen des Geschäftsherrn
einen Vertrag
→ grds. unwirksam
Aber: Ein Insichgeschäft ist wirksam, wenn
(a) Es gestattet ist
(b) Das Rechtsgeschäft ausschließlich in Erfüllung einer Verbindlichkeit
besteht oder
(c) Das Rechtsgeschäft für den Vertretenen lediglich rechtlich
vorteilhaft ist (teleologische Reduktion)
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5. Rechtsfolge bei wirksamer Vertretung
a) Zurechnung der Willenserklärung des Vertreters an den Vertretenen
→ Rechtsgeschäft wirkt für und gegen den Vertretenen (=
)
b) § 164 III: regelt die passive Stellvertretung (=Empfangsvertreter)
c) Für Willensmängel bei Abgabe der WE und Kenntnisse gilt § 166 I: grds. ist für
Willensmängel und Kenntnisse auf den Vertreter abzustellen, da dieser eine eigene WE
abgibt
d) Nach § 166 II sind bei Handlungen des Vertreters nach bestimmten Weisungen die
Kenntnisse des Vertretenen entscheidend (nur bei der Vollmacht)
e) Sonderfälle
o Wissensvertreter = jeder, der mit der Angelegenheit in eigener Verantwortung betraut
wird → Zurechnung des Wissens analog § 166 I
o Zurechnung von typischerweise aktenmäßig festgehaltenen Wissens bei einer
juristischen Person nach § 166 analog
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