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2. Quartal 2011
TÜV SÜD Journal
Gefährlicher Lärm:
Schutz in einer lauten Welt 4
Geprüfte Lieferketten:
Sicheres Spielzeug 12
Pilgern per U-Bahn:
Neue Metro für Mekka 26
www.tuev-sued.de
www.tuev-sued.com
LIEBE LESERINNEN UND LESER,
wir leben in einer lauten Welt. Ob am Arbeitsplatz oder in
der Freizeit: Im Leben vieler Menschen ist Lärm allgegenwärtig. Entsprechend steigt europaweit die Zahl derjenigen,
die unter dem Geräuschpegel leiden. Von »Lärmverschmutzung« spricht schon lange die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Dabei ist es
meist nicht der laute Knall, der das Trommelfell schädigt,
sondern die konstante Geräuschkulisse, die im Hintergrund
rauscht. Schäden am Gehör entstehen schleichend. Einmal
aufgetreten sind sie allerdings irreparabel. Darum sollte
dem Lärm dort entgegengetreten werden, wo er entsteht.
TÜV SÜD leistet hier einen wichtigen Beitrag: Im beruflichen Alltag unterstützen wir Arbeitgeber dabei, die rechtlichen Bestimmungen einzuhalten, und fördern Präventivmaßnahmen für Arbeitnehmer. Im öffentlichen Raum erstellen unsere Experten Gutachten etwa für staatliche Stellen
und messen die Lärmbelastung durch Straßenverkehr oder
Industrieanlagen. Bei der Prüfung von Elektronikartikeln wie
MP3-Playern achten wir darauf, dass die gesetzlichen
Vorgaben bezüglich der Lautstärke eingehalten werden.
Lärm hat einen Preis: Allein in Deutschland sind 16
Prozent der Bevölkerung schwerhörig, andere Staaten weisen ähnliche Zahlen auf. Sorgen bereiten vor allem die jungen Menschen: Prognosen deuten darauf hin, dass bis zu 30
Prozent der heutigen Teenager mit 50 Jahren ein Hörgerät
brauchen werden. Das sind zu viele Menschen, um einfach
wegzuhören.
Viel Freude beim Lesen!
4 Gesundheitsrisiko Lärm
Titelthema
4
Dr.-Ing. Axel Stepken
Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG
9
Unsere Welt wird immer lauter, dennoch werden die
gesundheitlichen Risiken des Lärms oft unterschätzt.
»Lärm muss gesteuert werden«: EU-Umweltkommissar
Janez Potocnik
ˇ im Interview
3
12 Sicheres Spielen
16 Leuchten der Zukunft
Storys
Logistik
26
Spielzeugsicherheit
12
Globale Lieferkette, lokale Gefahr? Wie grenzenloses Spielen sicherer wird
Neues Licht
16
Energiesparlampe oder alte Birne? Die Vor- und
Nachteile der Lichtquellen im Überblick.
Kampf um Köpfe
20
22
Gut gerüstet dank Weiterbildung: Die Fraport AG
im Wettstreit um die besten Fachkräfte
»Mehr in Weiterbildung investieren«: Dr. Barbara
Ischinger, OECD-Direktorin für Bildung, im Interview.
26 Pilgern auf Schienen
29
Metro für Mekka: Eine neue U-Bahn soll den
Pilgerstrom kanalisieren.
Ghorfa-Generalsekretär Abdulaziz Al-Mikhlafi über
gelungene Geschäfte mit der arabischen Welt.
News
10
18
23
NEWS International
TÜV SÜD gründet Tochtergesellschaft in Serbien.
NEWS
»Best of European Business Award« für TÜV SÜD
Messen, Seminare, Impressum
Was TÜV SÜD so alles macht ...
Umweltschutz
24
Filter in der Erde: Reaktive Wände neutralisieren
Schadstoffe aus dem Grundwasser.
Titelfoto: Schutz vor einer unterschätzten Gefahr: Gerade am
Arbeitsplatz spielt der Lärmschutz eine wichtige Rolle.
Gedruckt auf FSC- und PEFC-zertifiziertem sowie auf nachhaltig
kontrolliertem wald- und forstwirtschaftlichen Papier.
30
Klimaneutraler Wein: TÜV SÜD zertifiziert den CO2Fußabdruck eines chilenischen Öko-Weinguts.
TÜV SÜD Journal im Web:
www.tuev-sued.de/journal
Story I Gesundheitsgefahr Lärm
4
Eine Welt voll lauter Laute
Die Geräuschpegel des Alltags steigen, Ruhe wird zum Luxusgut. Dabei muss es kein lauter Explosionsknall
sein, der das menschliche Gehör dauerhaft schädigt. Es ist vielmehr ein zunehmendes Hintergrundrauschen,
das Stress erzeugt und dadurch gesundheitsschädlich wirken kann.
ermann Hesse wusste, wie man Geräusche zu
Papier bringt: »Und das Köstlichste: die Töne / Der
Musik, die im Entstehen / Schon enteilen schon vergehen«, hält der Poet in seinem Gedicht »In Sand geschrieben« fest. Vergänglich, flüchtig lassen sie sich nicht
halten, nicht bannen. »Ton um Ton, kaum angeschlagen /
Schwindet schon und rinnt von dannen.« Töne und Musik
sind für Hesse zwei Dinge, die exemplarisch für alles
Schöne, aber Flüchtige stehen. Dass laute Töne töten
können, daran hatte er beim Verfassen der Zeilen wohl
kaum gedacht.
Aus dem Genfer Hauptsitz der WHO erklingt weit
weniger Poesie. In regelmäßigen Abständen veröffentlicht die Weltgesundheitsorganisation drastische Warnungen mit immer demselben Tenor: Lärm schädigt die
Gesundheit, und zwar so stark, dass mancher daran sterben kann. Dabei muss es kein Paukenschlag oder ein
Düsentriebwerk sein, das zum Exitus führt. Es ist vielmehr
das permanente Hintergrundrauschen, die stetig wachsende Geräuschkulisse des Alltags, die den Stresspegel
des modernen Menschen auf hohem Niveau hält. Das ist
die Reihe, die so gefährlich sein kann: Denn Lärm verursacht immer auch Stress und Stress kann tödlich sein.
H
Weniger Passivrauch, mehr Lärm
Die Europäische Union sieht das ähnlich: »Aktuelle Studien belegen, dass der Umgebungslärm eines der größten
Gesundheitsrisiken ist«, so Janez Potocnik,
ˇ
EU-Umweltkommissar. »Im Vergleich zu Gefahren wie zum Beispiel
dem Passivrauchen nimmt die Lärmbelastung in Europa
zudem stetig zu – vor allem aufgrund zunehmender Urbanisierung, der wachsenden Nachfrage nach Motorisierung
sowie wenig effizienter Stadtplanung«, so Potocnik
ˇ weiter
(siehe auch Interview Seite 9).
Der Mensch ist aus dem Gleichgewicht
Lärm, das ist ein Nebenprodukt der Moderne, definiert als
ein unerwünschter, störender oder gar gesundheitsschädlicher Schall, der von einer Beeinträchtigung des seelischen und körperlichen Wohlbefindens bis zu schweren
Hörstörungen führen kann. Das Problem dabei: Es handelt
sich immer auch um ein subjektives Phänomen. Ein Meeresrauschen von 60 bis 70 Dezibel wird als angenehm,
eine verkehrsreiche Straße mit demselben Geräuschpegel
als unangenehm empfunden. »Lärm kann sogar Spaß
machen«, sagt Friedemann Neupert, Koordinator der Fachstelle Lärm & Vibration von TÜV SÜD Life Service. »Natürlich gibt es zum Beispiel Musik, die eine entsprechende
Lautstärke haben muss, aber: Lärm schädigt die Gesundheit. Immer!« Der Mensch brauche eine Balance zwischen
Beanspruchung und Erholung, er gewöhne sich nicht an
Lärm, so Neupert.
Genau dieses Gleichgewicht scheint dem Menschen
abhanden gekommen – auch weil sich der Lärm erst einmal schmerzfrei anschleicht, die feinen Haarzellen im
Innenohr unheilbar zerstört, ganz ohne Knacken, Ziehen,
Knistern. Ein Hörschaden hat seine Ursache fast immer in
der Vergangenheit, die Beanspruchung zieht sich vielleicht ➔
Story I Gesundheitsgefahr Lärm
5
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Story I Gesundheitsgefahr Lärm
kontakt
Friedemann Neupert
TÜV SÜD Life Service
6
über 15, 20 oder 30 Jahre. Und wer weiß schon, ob vor
zwei Jahrzehnten an diesem oder jenem Abend die Balance zwischen den lauten und den leisen Tönen gewahrt
wurde? Es gibt keine direkte Ursache-Wirkung-Kette.
+49-3761-186022
+49-3761-186021
Lärm ist demokratisch und immer laut
friedemann.neupert@
tuev-sued.de
kontakt
Klaus Ludwig
TÜV SÜD Product Service
+49-89-5008-4570
+49-89-5008-4133
[email protected]
Das Thema im Internet:
www.tuev-sued.de/journal
Aber es gibt unzählige Studien, die die Zusammenhänge
belegen. Die Technische Universität von Malaysia in Kuala
Lumpur zum Beispiel hat in einer Untersuchung die Auswirkungen von Lärm auf Angestellte in der Metall und
Gummi verarbeitenden Industrie sowie im Druckgewerbe
untersucht. Dabei zeigt die statistische Auswertung eine
Demokratisierung des Lärms, die eigentlich auf der
Hand liegt: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der
Art der Arbeit und der dabei entstehenden Geräuschkulisse. Und es besteht eine enge Beziehung zwischen der
ausgeübten Tätigkeit und den festgestellten Schlafstörungen bei den Probanden. Eine direkte Verbindung zwischen
der Qualität des Lärms und den psychologischen Effekten
auf die Studienteilnehmer konnten die Wissenschaftler
allerdings nicht feststellen. Lärm ist eben Lärm, Meeresrauschen kann dabei genauso stören wie ein Papierschredder.
Eine feste Größe dafür, ab wann ein Geräusch zum
Lärm wird, gibt es aber nicht. »Es ist immer ein faktischer
Wert nötig«, sagt Friedbert Neubert, »wir können über
Lärm nicht diskutieren, wir müssen ihn messen.« Dabei
liegt der leiseste noch hörbare Ton bei 0 Dezibel, die
Schmerzgrenze bei rund 120 Dezibel (siehe Grafik Seite 8).
Ein Detonationsknall kann rund 150 Dezibel laut sein und
Trommelfelle einfach platzen lassen.
Ganz so laut muss es allerdings nicht werden, um zu
belegen, dass und wie Lärm auf die Psyche wirkt. Es
reicht eine laute Geräuschkulisse, um den Gästen eines
Restaurants nicht nur sprichwörtlich den Appetit zu verderben. Wissenschaftler der University of Manchester
haben herausgefunden, dass Probanden der Verzehr
salziger oder süßer Speisen in Kombination mit einem
scheppernden Hintergrundlärm weniger salzig beziehungsweise süß vorkommt. Oder überspitzt ausgedrückt: Eine
versalzene Suppe kann mit einer Heavy-Metal-Platte
durchaus wieder schmecken.
Mit den eigenen Waffen: Lärm gegen Lärm
Weitere Erkenntnisse der britischen Forscher: Die physikalischen Eigenschaften eines Essens – knusprig oder heiß
zum Beispiel – werden intensiver, je lauter die Geräuschkulisse ist. Und schließlich: Je angenehmer die Hintergrundgeräusche von den Probanden wahrgenommen
wurden, umso besser schmeckte das Essen. Für Airlines
Lärm muss gelernt werden
Höhere Produktivität, weniger Krankheitsfälle, zufriedene Mitarbeiter: Ohne Lärm am
Das kann zum Beispiel die Bereitstellung von geeignetem Gehörschutz sein, die Kenn-
Arbeitsplatz könnte der Job (noch) mehr Spaß machen. »Aktuelle Zahlen belegen: In
zeichnung des Lärmbereichs oder die Unterweisung der Beschäftigten. Letztere sind
Deutschland sind bis zu 20 Prozent der Bevölkerung schwerhörig«, sagt Friedemann
es aber, die nach Umsetzung der genannten Schutzmaßnahmen für den »guten Ton«
Neupert, Koordinator der Fachstelle Lärm und Vibration bei TÜV SÜD Life Service. Für
mitverantwortlich sind. Denn: »In der Lärmprävention kommt es wesentlich auch auf
die betroffenen Menschen ist das mit einem erheblichen Verlust an Lebensqualität
das persönliche Verhalten an«, sagt Neupert. »Wenn ich Gehörschutzmittel zwar zur
verbunden. »Das Tragische daran ist: Lärmschäden der Haarsinneszellen des Innenoh-
Verfügung habe, sie aber nicht konsequent benutze, nützen sie mir nichts.« Der
res lassen sich nicht mehr beheben«, so Neupert. »Lärmeinwirkung ist meist nicht
Mensch müsse wissen, was in der zeitverzögerten Ursache-Wirkung-Reihe passiert.
schmerzhaft, eine Lärmschwerhörigkeit entwickelt sich über Jahre schleichend.«
Multimedialabor für den richtigen Schalldruck
Das persönliche Verhalten entscheidet
Gerade im Konsumgüterbereich ist dazu aber noch einiges an Entwicklungsarbeit
Nicht immer, aber oft ist der Grund dafür eine zu laute Arbeitsumgebung. »Wir gehen
nötig, ist sich Klaus Ludwig, Leiter des Multimedialabors von TÜV SÜD Product Ser-
direkt an die Arbeitsplätze, stellen dort durch fachgerechte Messungen fest, ob eine
vice, sicher. »Einerseits, weil die Hersteller beziehungsweise Importeure – zum Bei-
Gefährdung durch Lärm vorliegt«, sagt der Maschinenbauingenieur Neupert. Für
spiel von MP3-Playern – nicht wissen, dass ein Schalldruckpegel von 100 Dezibel die
deutsche Arbeitsplätze gilt: Unter Berücksichtigung der Dämmwirkung des Gehör-
Obergrenze ist, andererseits aber auch aufseiten der Konsumenten.« Vor allem Eltern
schutzes ist sicherzustellen, dass die gemessenen Schalldruckpegel den über eine
sollten verstärkt darauf achten, dass ihre Kinder sich nicht »stärker beschallen«. Das
Acht-Stunden-Schicht gemittelten Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB(A) nicht
TÜV SÜD-Multimedialabor prüft elektronische Geräte wie Kopfhörer, MP3-Player
überschreiten. Doch schon ab 80 dB(A) hat der Arbeitgeber Maßnahmen zu treffen.
oder Set-Top-Boxen, aber auch Fernseher, digitale Kameras und DVD-Player.
7
dürfte es somit ziemlich schwer werden, selbst mit einem
exquisiten Bordmenü einen Michelin-Stern zu ergattern. Es
sei denn, es würden schon beim Boarding lärmmindernde
Maßnahmen getroffen. Deren gibt es zahlreiche, die naheliegendste sitzt im Gehör selbst. Denn Ohren schalten bei
laut auf leise, können ihre Hörempfindlichkeit dank des
Proteins nAChR herunterfahren. Das Protein empfängt die
vom Hirn bei Lärm ausgesendeten Signale und bremst die
Aktivität der Haarzellen. Damit sind die akustischen
Schnittstellen zum Gehirn weniger aktiv, das Ohr hört einfach weniger.
Allerdings waren es Mäuse, die in einem Experiment
der US-amerikanischen John Hopkins University in Baltimore, Bundesstaat Maryland, den Beweis für den ohreigenen Hörschutz lieferten. Die Forscher sind aber optimistisch,
auf Basis des Proteins künftig Medikamente entwickeln zu
können, die auch dem menschlichen Ohr einen akustischen
Story I Gesundheitsgefahr Lärm
Schutzschild bieten könnte. Man kann den Lärm aber
durchaus auch mit seinen eigenen Waffen schlagen, nach
dem Motto »Lärm gegen Lärm«: Das Prinzip des Gegenschalls oder auch Antischalls ist nicht neu, wird bei Flugzeug- oder Automotoren, Kernspintomografen oder
Windkraftanlagen bereits seit Jahren eingesetzt. Dabei
nutzt der Gegenschall die Physik der destruktiven Interferenz: Seine Schallwellen überlagern die der ursprünglichen Lärmquelle und reduzieren sie damit, vergleichbar
gegenläufigen Meereswellen, durch die eine Wasseroberfläche wieder glatter wird. Bei Windkrafträdern zum Beispiel messen Sensoren die Schwingungen, die in der
Anlage entstehen. An den Getriebelagern werden dann
Negativschwingungen erzeugt, die die Ausgangsvibration
samt Geräuschentwicklung dämpfen und im Idealfall komplett auslöschen. Die Systeme reagieren dabei selbstständig auf Frequenzwechsel, also auf Änderungen der
➔
akademie
Zum Thema »Arbeitsschutz« bietet
die TÜV SÜD Akademie eine Vielzahl an Seminaren, zum Beispiel
zum Betriebsbeauftragten für Immissionsschutz. Mehr online unter
www.tuev-sued.de/akademie
Story I Gesundheitsgefahr Lärm
8
Drehgeschwindigkeit des Windrades, während passive
Dämpfungssysteme nur Geräusche bestimmter Frequenzen schlucken. Das ist gut für Windräder, die in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit ihre Drehzahl variieren,
um eine optimale Stromausbeute zu erzielen.
Gegenschall, Proteine, Aktivkopfhörer, die mit MiniMikrofonen den Umgebungslärm registrieren und neutralisieren: Strategien und Techniken, den Umweltverschmutzer Lärm in den Griff zu bekommen, gibt es viele.
Das norwegische Unternehmen Nacre mit Sitz in Trondheim hat gemeinsam mit dem Mineralölkonzern Statoil
sogar Hightech-Ohrstöpsel entwickelt. Denn Besatzungen
von Öl- und Gasplattformen haben vor allem unter einer
Berufskrankheit zu leiden: der Schwerhörigkeit. Jedes
Jahr kämen rund 600 neue Fälle aus der Energieindustrie
hinzu; das auf »Quietpro« getaufte System soll dank eingebautem Lärm-Dosimeter zu laute Geräusche ausfiltern.
Das Unternehmen bezeichnet das Produkt werbewirksam
als den »fortschrittlichsten Gehörschutz der Welt« und hat
seine Technik mittlerweile auch an das US-Militär verkauft. Auch dort gehört die Schwerhörigkeit aufgrund des
regelmäßigen Schusswaffeneinsatzes zu einer der häufigsten Berufskrankheiten.
Schleichende Schwerhörigkeit
Man muss aber weder US-Marine noch Hubschrauberpilot
eines norwegischen Ölkonzerns sein, um die negativen
Aspekte der Lärmverschmutzung zu spüren. Einer Studie
des schweizerischen Marktforschungsunternehmens
Anovum zufolge leidet jeder achte Erwachsene in Europa
an Schwerhörigkeit. Demnach sagen 15 Prozent der Befragten in Deutschland, 13 Prozent in Frankreich und mehr als
11 Prozent in Großbritannien, dass sie ein gemindertes
Hörvermögen haben. Vergleichende Studien aus den USA
zeigen ähnliche Zahlen. Und: »Die reelle Zahl der Schwerhörigen liegt höher als die Anzahl derjenigen, die sich der
Schwerhörigkeit bewusst sind«, so Sören Hougaard, Generalsekretär der European Hearing Instrument Manufacturers
Association mit Sitz im dänischen Bagsvaerd. Ein objektiver
Hörtest würde im Vergleich zu einer Befragung einen Durchschnittswert von 15 bis 20 Prozent ergeben. »Der Unterschied liegt daran, dass ein Hörverlust meist zeitiger
messbar ist, als dass man ihn selbst bemerkt«, so Hougaard
weiter. Lärm mag subjektiv als störend oder nicht empfunden werden, seine Konsequenzen aber lassen sich durchaus
objektiv messen.
EU-weit am lautesten scheint es in Rumänien zu sein,
zumindest gibt das europäische Statistikamt Eurostat an,
dass 35 Prozent der in den dortigen Haushalten lebenden
Bevölkerung der Ansicht sind, unter Lärm zu leiden. Zum
Vergleich: Im dünn besiedelten Island und Norwegen sind
dies lediglich je 12 Prozent, in Irland sogar nur rund 10 Prozent. Möglicherweise sind die Rumänien geräuschempfindlicher als andere Nationen? Oder ihre Bausubstanz ist
lärmdurchlässiger als die in Dublin oder Oslo: Denn der
Eurostat-Indikator zeigt den Prozentsatz der Gesamtbevölkerung auf, der angibt, »durch Lärm von Nachbarn bzw. von
draußen beeinträchtigt zu werden«. Lärm hat eben immer
auch eine psychologische Komponente: Störender als das
Geräusch selbst wirkt sich wohl häufig auch die unterstellte
Rücksichtslosigkeit des Nachbarn aus. ■
GERÄUSCHE DES ALLTAGS
dB (A)
140
130
120
Düsentriebwerk
110
PKWHupe
MP3-Player,
Walkman
In der Diskothek
Rockkonzert
Motorsäge
100
90
80
PKWVorbeifahrt
Altglascontainer
in 10m-Abstand
Benzinrasenmäher
70
60
Regen
Zimmerlautstärke
Geräusche aus
anderen
Wohnungen
Ticken einer
Armbanduhr
STILLE
40
ruhiges
Wohngebiet
30
Blätterrauschen
Flüstern
50
20
10
0
110 dB (A): Die Schmerzgrenze ist erreicht. Kreissägen und
Presslufthämmer liegen in diesem Bereich, aber auch der Lärm
in Diskotheken oder zu laute Musik aus MP3-Playern.
80 bis 100 dB (A) erreichen vorbeifahrende Lkws, Motorsägen
oder Winkelschleifer. Hier droht bei Dauerlärm bereits der
Gehörschaden.
60 bis 80 dB (A) erreicht ein lautes Gespräch, eine Schreibmaschine oder ein vorbeifahrendes Auto. Lärm im Bereich um 80
dB kann bereits zu gesundheitlichen Langzeitschäden führen.
Bei Straßenlärm, der im Haus einen Schallpegel von 65 dB
(A) erreicht, ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Störungen um
20 Prozent höher als bei 50 bis 55 dB (A).
20 bis 40 dB (A) sind bereits gut zu hören (Weckerticken,
Computer, Ventilatoren, Hintergrundgeräusche im Haus).
Manche Menschen werden hierdurch bereits im Schlaf gestört.
9
Story I Gesundheitsgefahr Lärm
Wissen gegen Lärm
Um die Bevölkerung zu schützen, muss Lärm gesteuert werden, glaubt EU-Umweltkommissar Janez Potocnik.
Weil Lärm die Gesundheit schädigt, aber auch weil er
ˇ
teuer ist: In der EU entstehen Kosten in Höhe von rund 40 Milliarden Euro pro Jahr.
Herr Potocnik:
ˇ
Wo in der EU ist es am lautesten?
Das ist schwer zu sagen, da die Mitgliedsstaaten unterschiedliche Methoden für Lärmbelastungsindikatoren verwenden dürfen und auch die Anforderungen an die
Eingangsdaten nicht vollständig harmonisiert sind. Bezogen auf bestimmte Daten schätzte das 1996 von der Kommission vorgelegte Grünbuch zur Lärmbelastung, dass
rund 20 Prozent der europäischen Bevölkerung – das sind
etwa 100 Millionen Menschen – einem Geräuschpegel
ausgesetzt sind, den Wissenschaftler und Gesundheitsexperten für unzumutbar halten.
Und heute?
Die aktuellsten Daten, die für die erste Ausarbeitung von
Lärmkarten erhoben wurden – also bis Ende 2007 – gehen
davon aus, dass rund 40 Millionen Bewohner von Ballungsgebieten in der EU einem Straßenverkehrslärm ausgesetzt sind, der nachts ein akzeptables Maß überschreitet. Außerhalb von Ballungsgebieten leiden mehr als
25 Millionen Menschen unter einer inakzeptablen Lärmbelastung durch größere Straßen.
Kann Lärm da noch gesteuert werden?
Ja sicher. Und er muss gesteuert werden, um die Bevölkerung vor seinen Folgen zu schützen, die bis zu Schlafstörungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen reichen können.
Die Lärmbekämpfung muss auf allen Regierungsebenen
stattfinden. Aktionen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene müssen Hand in Hand gehen.
Das heißt, …
… dass wir uns auf europäischer Ebene darauf konzentrieren, einen Überblick über das Ausmaß des Problems zu
gewinnen. Ein besseres Verständnis ist die Grundlage für
weitere Maßnahmen auf allen Ebenen, insbesondere bei
der Lärmbekämpfung, wo Subsidiarität schon immer ein
bedeutendes Element war. Die Umsetzung der Richtlinie
zum Umgebungslärm wird ebenfalls eine Grundlage für
weitere EU-Maßnahmen zur Verringerung der Schallemissionen wichtiger Lärmquellen wie Straßen, Bahnen, Flugzeuge und Industrieanlagen sein.
info
Janez Potocnik
ˇ wurde im März
1958 im slowenischen Kropa
geboren. Der Vater von zwei Kindern schlug zunächst eine wissenschaftliche Laufbahn ein: Potocnik
ˇ
Was kostet uns der Lärm?
Nach jüngsten Berechnungen entstehen durch Lärm Gesamtkosten in Höhe von rund 40 Milliarden Euro. Der größte
Anteil entsteht dabei durch den Verkehrslärm, der mit bis zu
0,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts der EU zu Buche
schlägt. Das heißt, er kostet die EU-Bürger etwa 12 Millionen Euro pro Jahr. Lärmbelästigung lässt zudem die Hauspreise sinken, die Menschen werden müde und entwickeln
Hörschäden. Vor allem wird die Konzentrationsfähigkeit
beeinträchtigt. Dadurch leidet auch die Produktivität.
promovierte 1993 im Fach Wirtschaftswissenschaften an der Universität Ljubljana und wurde
anschließend Direktor des Instituts
für makroökonomische Analysen
und Entwicklung. 2002 wurde er
Minister für Europaangelegenheiten der Republik Slowenien, im
November 2004 wurde er EUKommissar für Wissenschaft und
Forschung unter José Manuel
Wird Lärmbelästigung nicht ernst genug genommen?
Doch, ich denke, dass das Thema heute ernst genug
genommen wird. Es wurde schon viel unternommen, wir
konzentrieren uns vor allem auf die Schaffung einer europaweiten Wissensbasis zu dem Problem Lärm. Dabei muss
jedoch die Subsidiarität gewahrt und es müssen lokale
Befindlichkeiten beachtet werden. Die Richtlinie zum Umgebungslärm befindet sich in einer sehr aktiven Phase mit
der Erstellung von Lärmkarten und Planung von Maßnahmen. Der erste Implementierungsbericht wird bald verfügbar sein. Ich bin zuversichtlich, dass er über einige wichtige Erfolge berichten wird. Zugleich wird er sicherlich auf
einige Schwierigkeiten hinweisen und Bereiche mit Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen. Die Richtlinie hat ihr
volles Potenzial noch nicht erreicht. Die Maßnahmen werden derzeit erst umgesetzt und viele geplante Effekte sind
noch nicht zustande gekommen.
Durão Barroso. Seit 2010 hat
Potocnik
ˇ das Umweltressort der
EU-Kommission inne.
News I International
10
Serbien: Gründungsfeier für neue Tochtergesellschaft
shortcuts
TÜV SÜD prüft Großhotel in Katar
27 Stockwerke soll ein neues Luxushotel in Doha
haben. Mit dabei sind die Experten von TÜV SÜD, die
die Statik des gesamten Gebäudeunterbaus prüfen.
»Nachdem wir anfangs die Pläne überprüft haben, werden wir bei einem Vor-Ort-Termin die Bohr- und
Gründungsarbeiten nach unseren Standards kontrollieren«, sagt Dr. Joachim Junggunst, Leiter des Bereichs
internationale Bauprojekte bei TÜV SÜD Industrie
Service. TÜV SÜD wird voraussichtlich nach vollendeter
Statikprüfung auch die baubegleitende Qualitätsüberwachung verantworten. Die größte Herausforderung für
das internationale Baucontrolling: die unterschiedlichen
nationalen Qualitätsstandards bei der Bau-, Elektround Gebäudetechnik in Einklang zu bringen.
Kontakt: [email protected]
Neue Aufgaben auf den Highways
Für seine Kunden in Großbritannien übernimmt TÜV
SÜD Product Service künftig auch die Überprüfung von
Schildern zur Verkehrsinformation an Autobahnen.
Dabei testen die Experten sowohl die Übereinstimmung
mit gesetzlichen Vorgaben als auch die Möglichkeit
einer gewerblichen Nutzung der Schilder. Nachdem das
britische Verkehrsministerium nicht länger die Prüfung
durch eine »benannte Stelle« verlangt, können
Unternehmen in Großbritannien künftig auf die
Dienstleistungen von TÜV SÜD zurückgreifen.
Kontakt: [email protected]
Fit für den Markt in Nordamerika
Mit dem kostenlosen Online-Seminar »Zulassung von
Maschinen in den USA und Kanada« hat TÜV SÜD seine
Kunden auf den Markteintritt in Nordamerika vorbereitet. Der Kurs fand im April 2011 live im Internet statt.
Markus Pflügler vom Kompetenzzentrum Maschinen
von TÜV SÜD Product Service erläuterte live die entsprechenden Zulassungsverfahren und gab praktische
Tipps für Hersteller und Exporteure. Im Anschluss daran
konnten die Teilnehmer des Webinars per E-Mail oder
im Chat individuelle Fragen klären.
Kontakt: [email protected]
Im Februar fand die Gründungsfeier von TÜV SÜD Serbien in der Hauptstadt Belgrad statt.
Seit Ende 2010 hat TÜV SÜD eine neue
Tochtergesellschaft: Jetzt wurde in Belgrad
die Eröffnung von TÜV SÜD Serbia mit einer
Kundenveranstaltung gefeiert. Das Engagement des Unternehmens in Serbien reicht bis
ins Jahr 1990 zurück: Zunächst wurden Aufträge vom slowenischen Ljubljana aus bearbeitet, ab 2001 gab es eine eigene Zweigstelle in Belgrad. Um der steigenden
Bedeutung der Region für TÜV SÜD Rechnung zu tragen, wurde nun eine Tochtergesellschaft gegründet und mit dem kürzlich
erworbenen Unternehmen BACCO control
verschmolzen. In den vergangenen acht Jah-
ren ist der Umsatz von TÜV SÜD in Serbien
um 60 Prozent gestiegen. »Wir sehen in der
Region eine große Dynamik und ein erhebliches Potenzial für uns«, so Dr. Axel Stepken,
Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG.
»Serbien und seine Nachbarländer Mazedonien und Montenegro haben einen festen
Platz in unserer Konzernstrategie.« Bosko
Gavovic, der Geschäftsführer von TÜV SÜD
Serbia, erinnerte daran, dass TÜV SÜD vor
allem im Bereich Lebensmittelsicherheit eine
Pionierrolle in Serbien hat: »Heute zählt jedes
fünfte Unternehmen hier zu unseren Kunden.«
Kontakt: [email protected]
Fasern unter der Lupe: Neues Prüfzeichen TexCheck
Viele Textilien sind echte Hightech-Produkte, die Ansprüche an die Optik und die Qualität sind hoch. Die Käufer wollen außerdem
sichergehen, dass keine gesundheitsschädlichen Chemikalien in der Jacke, dem T-Shirt
oder der Hose enthalten sind. Daher haben
die Regulierungsbehörden der wichtigsten
Märkte Gesetze erlassen, die die Hersteller
verpflichten, die Unbedenklichkeit ihrer
Produkte sicherzustellen.
TÜV SÜD wird dieser Anforderung mit
einem neuen Prüfzeichen gerecht: TexCheck
steht für hohe Qualitätsstandards und verbindet die Schadstoffprüfung von Textilien
und Bekleidung mit Fabrikinspektionen im
Herstellungsland. Jedes Kleidungsstück
wird auf gefährliche Substanzen getestet.
Daneben werden vor Ort auch die Arbeitsbedingungen unter die Lupe genommen.
Das neue Prüfzeichen deckt sowohl die geltenden als auch mögliche neue – strengere – Vorgaben ab. Für viele Chemikalien sind
die Ansprüche der TexCheck-Zertifizierung
sogar höher als die gesetzlichen Anforderungen. Firmen, deren Produkte mit dem
TexCheck-Zeichen gekennzeichnet sind, zeigen, dass sie sich den internationalen
Qualitäts-, Sicherheits- und Sozialstandards
verpflichtet fühlen. Für die Verbraucher bietet das neue Prüfzeichen die Gewissheit,
dass bei der Herstellung ihrer Kleider auf die
Gesundheit der Menschen und die Umwelt
geachtet wurde.
Kontakt: [email protected]
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International I News
TÜV SÜD PSB: Neue CO2-Zertifikate für Öko-Hotels in Asien
Öko-Hotels genießen bei Reisenden immer größere Beliebtheit. TÜV SÜD PSB
bietet nun eine neue Zertifizierung an,
mit der die Betreiber dieser Hotels ihren
ökologischen Fußabdruck überprüfen
können. Berücksichtigt wird nicht nur der
Ausstoß von Kohlendioxid pro Gast und
Nacht, auch interne Umweltinitiativen
spielen eine Rolle. Grundlage des Verfahrens sind internationale Standards des
CO2-Managements wie ISO 14064. Die
Hotels, die den höchsten Ansprüchen
genügen, dürfen sich anschließend
»TÜV SÜD Carbon Free Hotel« nennen,
sind also ein »CO2-freies Hotel«. Mit
dem neuen Angebot können Hotelbetreiber eine größere Transparenz und
Glaubwürdigkeit beim Engagement für
den Umweltschutz erzielen.
Kontakt: [email protected]
Glaubwürdigkeit beim Umweltschutz: TÜV SÜD PSB zertifiziert ökologischen Fußabdruck
shortcuts
Asien: Kooperation mit der TU München
Gemeinsam umweltfreundliche Technologien erforschen und entwickeln – das wollen TÜV SÜD und die
Außenstelle der Technischen Universität München. Im
März haben TÜV SÜD und das German Institute of
Science and Technology – TUM Asia auf einem
Workshop in Singapur eine Kooperationserklärung
unterzeichnet. Die beiden Partner wollen zukünftig in
Bereichen wie Elektromobilität und Batterietechnologie
zusammenarbeiten und Industrieunternehmen mit speziellen Schulungsprogrammen unterstützen. Ziel ist die
Verbreitung umweltfreundlicher Technologien im südostasiatischen Raum.
Kontakt: [email protected]
TÜV SÜD sponsert spanische Qualität
E-Mobilität: Neues Prüflabor in Kanada
TÜV SÜD Canada hat das Unternehmen
»Innovative Testing Solutions« (ITS) übernommen und baut damit sein weltweites Netz von
Prüfeinrichtungen für die Elektromobilität
weiter aus. Erst vor Kurzem hatte TÜV SÜD
den Bau eines Prüflabors in Garching bei
München bekannt gegeben, bereits bestehende Labore gibt es in Singapur und den
USA. »Die Investitionen im Bereich Batterieprüfung mit jetzt vier Laboren sind ein wichtiger Schritt, um uns international als Nummer
eins bei allen Sicherheitsfragen zur E-Mobilität zu etablieren«, sagt Dr. Axel Stepken, Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG. ITS
ist ein diversifiziertes, am Markt etabliertes
und von der American Association for Laboratory Accreditation (A2LA) nach ISO/IEC 17025
Im Frühjahr 2011 fand der Kongress »Chemische
Sicherheit in Textilien, Leder und Accessoires« des
spanischen Verbands für Qualität AEC (Asociación
Española para la Calidad) in Zusammenarbeit mit
dem spanischen Ministerium für Industrie, Tourismus
und Handel statt. Als Mitglied des ACE, vertreten in
den Komitees »Zertifizierung« und »Softlines« hat
TÜV SÜD Iberia die Veranstaltung gesponsert. Für
José A. Via, Geschäftsführer TÜV SÜD Iberia, ein
Gewinn: »Effizienter und mit weniger Streuverlusten
kann man seine Zielgruppe kaum erreichen.«
Kontakt: [email protected]
Größtes Prüflabor in Großbritannien
TÜV SÜD: Expansion in Kanada
akkreditiertes Prüflabor für Batterien und elektrische Produkte. Das kanadische Unternehmen führt Umweltprüfungen und mechanische Prüfungen zur Ermittlung der Lebensdauer dieser Produkte durch.
Kontakt: [email protected]
TÜV SÜD Product Service entwickelt sich in Großbritannien zum Marktführer unter den SAR-Laboren. Das
Labor führt nach internationalen Standards Untersuchungen und Messungen zur Funkstrahlung durch
und testet unter anderem die Spezifische Absorptionsrate (SAR). Mit der Einführung von zwei neuen Testsystemen im ersten Halbjahr 2011 wird TÜV SÜD
Product Service zum größten staatlich akkreditierten
SAR-Labor in Großbritannien. Die Kunden des Prüflabors verfügen mit den neuen Tests nun über größere
Wahlmöglichkeiten.
Kontakt: [email protected]
Story I Spielzeugsicherheit
12
Reines Kinderspiel
Puzzles, Stofftiere, Puppen: Immer wieder muss
gesundheitlich bedenkliches Spielzeug aus den Regalen genommen werden. Ab Juli 2011 tritt die
aktualisierte Spielzeugrichtlinie der EU in Kraft, die Spielwaren sicherer machen soll. Doch es ist ein
schnelllebiger und globaler Markt – wie können Verbraucher und Händler weltweit sicher sein, dass
das Spielzeug auch wirklich sicher ist?
13
Story I Spielzeugsicherheit
Damit die bunte Kinderwelt heil bleibt: Die neue Europäische Spielzeugrichtlinie erhöht die Anforderungen an Spielwaren – zum Nutzen der Konsumenten.
s ist eine Branche, die von Innovation bestimmt
wird, immer am Puls des Spieltriebs: Die bunte
Welt der Spielwaren lebt wie kaum eine zweite von
Neuentwicklungen. Nur wer als Hersteller schnell reagiert, das richtige Gespür dafür hat, womit Kinder morgen spielen, wird auch am Ende an der Kasse die Nase
vorn haben. »Über 50 Prozent der Umsätze auf dem
weltweiten Spielwarenmarkt werden inzwischen mit
Produkten erzielt, die es vor einem Jahr noch nicht
gab«, erklärt Otto E. Umbach, Geschäftsführer des europäischen Fachhändlerverbunds idee+spiel. Auch die
Produktlaufzeit beträgt nur zwei bis drei Jahre. Es
muss also schnell gehen bei Entwicklung und Herstellung – dabei muss immer sichergestellt sein, dass auch
die Qualität stimmt.
E
Spiel ohne Grenzen
Die Aktualisierung der Europäischen Spielzeugrichtlinie,
die ab Juli 2011 (siehe Kasten S. 15) in Kraft tritt, soll
Spielzeug noch sicherer machen – die Anforderungen
für Hersteller, Importeure, Händler und Bevollmächtigte
steigen. »Eine der größten Herausforderungen stellt die
Risikoanalyse dar, die Hersteller im Rahmen der technischen Dokumentation verpflichtend durchführen müssen«, sagt Robert Ziegler, TÜV SÜD-Fachmann für Spiel-
zeugsicherheit. »Das Spektrum der Risikoanalyse reicht
von mechanischen bis hin zu hygienischen Gefahren.
Zudem müssen die Hersteller auch vorhersehbaren
Fehlgebrauch von Spielwaren vorher bedenken.«
TÜV SÜD unterstützt hier, um für Sicherheit im Kinderzimmer zu sorgen: Von Entflammbarkeit, Tests auf
Schadstoffbelastung bis hin zu gefährlichen Kleinteilen
nehmen die TÜV SÜD-Experten Spielwaren genau unter
die Lupe. »Alle beteiligten Akteure der Spielwaren-Lieferkette können ihre Risiken minimieren und letztlich
auch Kosten sparen, wenn sie unser Know-how in
Sachen Spielzeugsicherheit frühzeitig in Anspruch nehmen«, betont Ziegler. Außerdem unterstützen sie die
Hersteller bei der Entwicklung, weisen auf Risiken hin,
zertifizieren die Produktionsstätten oder die Mitarbeiter
im Qualitätsmanagement. Dank dem weltweiten Netzwerk von Standorten und Laboren von TÜV SÜD können
Hersteller, Händler und Importeure entsprechende
Experten vor Ort kontaktieren und die globale Expertise
zu Prüfrichtlinien und Testkompetenz nutzen.
Riese im Spielzeugland
An China und seinen Nachbarländern kommt kaum ein
Hersteller vorbei: Nach Branchenangaben finden über 70
Prozent der weltweiten Spielwarenproduktion derzeit in ➔
14
Story I Spielzeugsicherheit
Der »Spielwarenladen der Welt«: Nach wie vor kommen 70 Prozent aller weltweit hergestellten Spielsachen aus Fernost. Allerdings gibt es einen Trend zur Rückverlagerung nach Europa, insbesondere in östliche EU-Mitgliedsländer.
Asien statt. Dies beeinflusst natürlich auch die Warenströme: Rund 80 Prozent der in der Europäischen Union
verkauften Spielwaren werden aus anderen Wirtschaftsregionen importiert. Die Hauptimportroute verläuft von China nach Europa – der Riese gilt nach wie
vor als Herstellerland Nummer eins. Aus Kostengründen
verlagerten viele europäische Hersteller bereits vor Jahren ihre Produktionen ins Ausland, meist nach Fernost.
Die Hochburgen der Spielzeugproduktion stehen im
Süden Chinas, wie zum Beispiel in Guangzhou. »China ist
vor allem dort stark, wo in den Produktionsprozessen viel
Handarbeit gefordert ist. Für bestimmte Produkte wie
zum Beispiel Inlineskater gibt es in der westlichen Welt
praktisch keine leistungsfähigen Fabriken mit großen
Kapazitäten«, berichtet Umbach.
In der Vergangenheit waren Spielsachen »Made in
Asia« aber immer wieder in die Kritik geraten. Daher
unterzeichneten China und die EU bereits 2006 ein
Aktionsprogramm, um in Sachen Spielzeugsicherheit
enger zu kooperieren. Im Jahr 2008 wurde der chinesische Staat ebenfalls aktiv und schloss etwa tausend
Spielwarenfabriken wegen unzureichender Produktqualität. »In China tut sich einiges, um die Sicherheit
von Spielwaren zu verbessern«, berichtet Markus Jahns,
Experte bei TÜV SÜD für die chemische Sicherheit von
Spielwaren, der selbst in China gearbeitet hat. »Dabei ist
die Inspektion vor Ort durch eine Prüfinstitution eigentlich der einzige Weg, um sich Klarheit zu verschaffen.«
Besonders für kleine Kinder hat die Schadstofffreiheit oberste Priorität: »Kinder reagieren auf Chemikalien wesentlich empfindlicher als Erwachsene«, weiß
Jahns. Außerdem hätten Kinder im Alter von sechs
Jahren bereits durchschnittlich 15.000 Stunden ihres
Lebens mit Spielzeug verbracht, so ein Bericht des
Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).
Gefährliche Stoffe
In der aktuellen Diskussion sind vor allem sogenannte
polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz
PAK. Sie können als Verunreinigung in Weichmacherölen auftreten. Da sie als gesundheitsschädlich gelten,
schreibt das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz für
das GS-Zeichen strenge Höchstwerte vor.
Die Anforderungen an die chemische Sicherheit von
Spielwaren werden durch EU-Recht (s. Kasten rechts)
ab 2013 weiter verschärft. Die Produkte müssen dann
frei von krebserregenden, erbgut- und fortpflanzungsge-
15
Story I Spielzeugsicherheit
fährdenden Stoffen sein, sogenannten CMR-Stoffen.
»Der Umfang der Prüfung auf Schwermetalle wurde
auch deutlich ausgeweitet, ebenso verbotene Duftstoffe«, erläutert Jahns. Es geht um insgesamt rund 800
Substanzen, die ab dann auf dem Index stehen.
Fachhandel setzt auf Qualität
Der Preis für geprüfte Qualität zahlt sich aus: »Eltern sollten bei der Gesundheit ihrer Kinder keinerlei Abstriche
machen«, sagt Dr. Volker Schmid vom Deutschen Verband
der Spielwaren-Industrie. »Wenn ausschließlich der Geldbeutel beim Kauf entscheidet, ist diese Entscheidung
meist falsch.« Er appelliert auch an die Verantwortung der
Produzenten: »Jeder Spielzeughersteller sollte aus unserer
Sicht ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem
haben.«
Auch der Fachhandel geht auf Nummer sicher: Der
Einkaufsverbund idee+spiel beispielsweise, in dem über
1.000 Fachhändler in fünf europäischen Ländern zusammengeschlossen sind, setzt auf zertifizierte Qualitätsmanager, bei Einzelprüfungen auf unabhängige Prüfinstitutionen. »Unsere Fachhändler bestellen bei über 400 gelisteten Händlern. Die Spielwaren selbst müssen sich in
unserem Showroom einer Qualitäts- und Preis-LeistungsBeurteilung stellen«, erklärt Geschäftsführer Umbach.
Sei man unschlüssig, könnten Eltern im Laden auch
mithilfe ihrer Instinkte ein gutes von einem schlechten
Spielzeug unterscheiden, so Schmid: »Wenn Sie ein Produkt mit Augen, Händen und Nase für unbedenklich empfinden, dann ist es in der Regel auch gut.« ■
Die EU-Spielzeugrichtlinie
In Kraft getreten ist die neue EU-Spielzeugrichtlinie 2009/48/EC bereits im Juli
mentation für alle Proudukte vorhalten. In Deutschland wird die EU-Richtlinie im
2009. Sie ersetzt die Richtlinie 88/378/EGW, die bereits über 20 Jahre alt war.
Rahmen des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG) in nationales Recht
»Hier war dringend Überarbeitungsbedarf notwendig, um die Richtlinie auf den
umgesetzt.
aktuellen Stand zu bringen«, so TÜV SÜD-Spielzeugexperte Robert Ziegler. Märkte
haben sich verändert, neue Materialien und Stoffe werden verwendet. Nach
Nachbesserungen sind wahrscheinlich
einer Übergangsfrist von zwei Jahren greifen nun ab Juli dieses Jahres die
ersten Neuerungen der Richtlinie und der harmonisierten Normenreihe EN 71.
Im Dezember vergangenen Jahres hat EU-Industriekommissar Antonio Tajani vor
Für den Bereich chemische Sicherheit dauert die Übergangsfrist noch bis 2013.
dem Europäischen Parlament Nachbesserungen an der Richtlinie angekündigt. Er
Wichtige Änderungen betreffen zum Beispiel die Produkte, die im Sinne der
reagierte damit auch auf Kritik aus Deutschland und anderen Mitgliedsländern,
Richtlinie nicht als Spielzeug gelten. Die Hersteller von Spielzeug werden ver-
die die neuen Regelungen als nicht weitgehend genug bewertet haben. Noch ist
pflichtet, vor der Sicherheitsprüfung ihres Produkts eine Gefährdungs-analyse
also nicht sicher, wie genau die Regelungen für den chemischen Teil aussehen
vorzunehmen. Außerdem müssen sie künftig eine umfassende technische Doku-
werden, wenn dieser im Juli 2013 in Kraft tritt.
Story I Neue Lichttechnik
16
Licht und Schatten
Ab September 2012 soll in der Europäischen Union die Glühlampe komplett vom Markt verschwinden.
Und auch andere Länder – beispielsweise die USA, Russland oder Mexiko – verbieten die Lichttechnik. Als Alternative rückt die Energiesparlampe in den Fokus – doch wie sauber ist das
Licht der Zukunft tatsächlich?
m Multimedialabor von TÜV SÜD Product Service
können die unterschiedlichsten Eigenschaften von
Leuchtmitteln untersucht werden: von der Farbwiedergabe
bis zur Anlaufzeit, von der Lampenlebensdauer bis zum
Quecksilbergehalt. Für das TÜV SÜD Journal haben Klaus
Ludwig, Leiter des Labors, und Dr. Thomas Gritsch, Produktleiter im Bereich Umweltservice bei TÜV SÜD Industrie Service, die beiden Technologien gegenübergestellt.
I
Technik vs. Tradition
Lange Zeit konnte die herkömmliche Glühbirne an entscheidender Stelle punkten. Sie funktioniert zwar heute noch so
wie vor 130 Jahren – durch elektrischen Strom wird ein Leiter, der Glühfaden, erhitzt und damit zum Leuchten gebracht
–, besticht aber gerade durch diese simple Technik. Dieses
einfache Prinzip hat ihr ein Jahrhundert lang nahezu konkurrenzlos den Markt gesichert. Die Energiesparlampe ist technisch um einiges komplizierter. Sie besteht aus einem Glasrohr, in dessen Inneren sich ein mit Quecksilber versetztes
Edelgas befindet. Um die Lampe anzuschalten, ist ein Zünder nötig, der meist in die Lampe integriert ist und für den
Stromfluss sorgt. Aus der Quecksilber-Gas-Mischung bildet
sich Quecksilberdampf, der UV-Licht abstrahlt, das von den
mit Leuchtstoff beschichteten Innenwänden in sichtbares
Licht umgewandelt wird. Gewinnt also die neue Technologie
gegen das altbewährte, aber einfache Lampenprinzip? »Bei
der Energiesparlampe gibt es noch jede Menge Entwicklungspotenzial. Anlaufzeit, Farbdarstellung, Leistungsfaktor
und die Gefährdung bei Bruch müssen deutlich optimiert
werden«, so Klaus Ludwig. Ob sie sich dann durchsetzen
wird, darf aber bezweifelt werden: »Die Energiesparlampe
ist aus unserer Sicht nur eine Zwischenlösung auf dem Weg
zur LED, die in ein paar Jahren das Hauptleuchtmittel sein
wird«, resümiert Dr. Thomas Gritsch. ■
Die Glühlampe: Sie ist umweltschonend in der Herstellung, überall einsetzbar und günstig. Kaputte Glühbirnen können im normalen Hausmüll
entsorgt werden.
Viele Menschen schätzen an der Glühbirne ihr helleres, gleichmäßiges, tageslichtähnliches Lichtspektrum ohne die
Abstrahlung mittelfrequenter, elektromagnetischer Wellen, Flimmern oder
UV-Strahlung.
Sie entfaltet beim Einschalten sofort ihre volle Helligkeit.
Aber: Sie hat eine verhältnismäßig niedrige Lebensdauer von
rund 1.000 bis 2.000 Betriebsstunden.
Hauptmanko der Glühbirne: Sie verbraucht zu viel Strom.
Glühbirnen wandeln den aufgenommenen Strom nur zu
einem Bruchteil in Licht um, rund 95 Prozent des aufgenommenen Stroms werden bei der Erhitzung der Drähte nutzlos
in Wärme umgesetzt.
17
Story I Neue Lichttechnik
Die Energiesparlampe (ESL) punktet vor allem mit ihrer hohen Effizienz: Für vergleichbare Helligkeit wird weniger Energie benötigt als bei einer Glühbirne. Der
Energieverbrauch ist bei Glühbirnen rund fünfmal so hoch wie bei einer ESL.
Die Lebensdauer einer ESL ist rund zehnmal höher als bei einer herkömmlichen
Glühbirne, beträgt rund 10.000 bis 20.000 Betriebsstunden.
Für die Herstellung einer ESL wird eine Vielzahl an Bauteilen und Substanzen
benötigt, damit das eingefüllte Lampengas leuchtet. Bei Herstellung und Entsorgung ist die ESL damit umweltschädlicher als die Glühbirne.
Geht eine ESL zu Bruch, kann das Umwelt und Gesundheit gefährden. In einer vom Umweltbundesamt beim
Fraunhofer-Wilhelm-Klauditz-Institut in Auftrag gegebenen
Untersuchung lag die Quecksilber-Belastung der Raumluft
in einer Prüfkammer um das 20-Fache über dem Richtwert
von 0,35 μg/m3 für Innenräume. Dieser dient der Beurtei-
akademie
lung des potenziellen Gesundheitsrisikos in Deutschland.
die Zusatzqualifikation zum
Zum Thema »Lichtplanung«
bietet die TÜV SÜD-Akademie
Fachplaner Licht. Mehr Informationen online unter
Das Licht der Lampe wirkt auf viele Kunden unnatürlich und kalt, Farben werden verfälscht dargestellt.
www.tuev-sued.de/akademie
kontakt
Klaus Ludwig
TÜV SÜD Product Service
Weil die Lampen Quecksilber enthalten, müssen sie im
Sondermüll entsorgt werden. Ebenfalls potenziell
gefährlich: das UV-Licht, das insbesondere bei ESL
minderer Qualität abgestrahlt wird.
+49-89-5008-4570
+49-89-5008-4133
[email protected]
kontakt
Thomas Gritsch
Je nach Technologie braucht eine ESL eine Anlaufzeit
von bis zu 60 Sekunden, bis sie rund 60 Prozent ihrer
Lichtintensität erreicht.
TÜV SÜD Industrie Service
+49-89-5791-2835
+49-89-5791-1551
[email protected]
Das Thema im Internet:
www.tuev-sued.de/journal
News
18
Ausgezeichnet mit »Best of European Business«-Award
shortcuts
Weltmarktführer TÜV SÜD
Die Marke TÜV SÜD steht in vielen Ländern weltweit für
unabhängige Prüf- und Zertifizierungsdienstleistungen.
Nun ist TÜV SÜD im erstmals erschienenen »Lexikon der
deutschen Weltmarktführer« zu finden. Das rund 700
Seiten starke Buch führt 750 deutsche Unternehmen
auf, die in ihrer Branche zur Weltspitze gehören. Dr.
Boris Gehring, CEO des Geschäftsbereichs Industrie
Service, nahm den Preis von den beiden Verlegern
Florian Langenscheidt und Professor Bernd Venohr entgegen. Bereits im vergangenen Jahr war TÜV SÜD als
»Marke des Jahrhunderts« ausgezeichnet worden.
TÜV SÜD ist Preisträger des »Best of European Business«-Awards 2011. Ausgezeichnet wurde das Unternehmen für sein erfolgreiches Wirtschaften in Asien und vor allem
in den ASEAN-5-Ländern: Indonesien,
Malaysia, Philippinen, Thailand und Vietnam. Besonders hervorgehoben wurde von
der Jury die geschickte Diversifizierung der
TÜV SÜD-Dienstleistungen. Dr. Axel Stepken, Vorsitzender des Vorstands der TÜV
SÜD AG, ist stolz auf die Auszeichnung –
und auf die Leistungen, die dahinter
stehen: »Zwischen 2005 und 2010 haben
wir Umsatz und Mitarbeiterzahl in Asien
vervierfacht. Als Dienstleister folgen wir
strategisch der Entwicklung der internationalen Märkte und den Anforderungen
unserer Kunden – deshalb haben wir
gezielt in den Auf- und Ausbau unserer
Infrastruktur für Textilprüfungen in Asien
investiert.«
Kontakt: [email protected]
Kontakt: [email protected]
HU: Online-Anmeldung immer beliebter
Der Trend ist ungebrochen: Immer mehr Menschen
melden ihr Fahrzeug online zur Hauptuntersuchung an.
Von 2008 bis 2010 stiegen die Anmeldezahlen auf den
TÜV SÜD-Internetseiten um mehr als das Doppelte.
Mithilfe eines übersichtlichen Online-Formulars können
sich Privatkunden zu verschiedenen Dienstleistungen
in einem TÜV SÜD Service-Center ihrer Wahl anmelden und gleichzeitig einen Wunschtermin reservieren
– ganz komfortabel und von zu Hause aus.
Kontakt: [email protected]
s@fer-shopping – bekanntestes Gütesiegel
Der Handel im Internet boomt, immer mehr Menschen
kaufen in Online-Shops ein. Aber: Datenmissbrauch,
Falschlieferungen oder eine komplizierte Seitennavigation können den Kunden das Leben schwer machen.
Mit dem Gütesiegel s@fer-shopping zertifiziert
TÜV SÜD seit zehn Jahren seriöse Anbieter und übersichtlich aufgebaute Shops im Internet. Und das mit
Erfolg: Das Siegel ist laut einer Befragung der Gesellschaft für Konsumgüter (GfK) das bekannteste unter
den Online-Gütesiegeln. Die Studie zeigt auch, dass
diese bei der Kaufentscheidung eine wichtige Rolle
spielen: 15 Prozent der Befragten kaufen nur bei zertifizierten Online-Händlern, für weitere 62 Prozent ist es
zumindest eines der Entscheidungskriterien.
Kontakt: [email protected]
Dr. Axel Stepken, Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG (links,) mit den anderen Gewinnern
Dr. Dieter Zetsche (Daimler AG), Jochen Zaumseil (L`Oréal) und Dr. Frank Appel (Deutsche Post DHL).
Zu zweit zur Zulassung: TÜV SÜD kooperiert mit Sixt
In Zusammenarbeit mit Sixt, dem deutschen
Marktführer für Autovermietung, hat
TÜV SÜD das Gemeinschaftsunternehmen
TÜV SÜD Car Registration & Services GmbH
(CRS) gegründet. Ab Mai bietet es sämtliche
Dienstleistungen rund um die behördliche
Anmeldung von Fahrzeugen an. »Zunächst
richtet sich das Angebot an Betreiber von
Großflotten«, sagt Thilo von Ulmenstein, einer
der beiden Geschäftsführer des neuen
Unternehmens. »In Zukunft sollen aber auch
Privatkunden von dem Service profitieren.«
Mit Sixt und TÜV SÜD haben sich zwei
Partner zusammengetan, die sich bestens
mit der Zulassung von A bis Z und mit dem
Flottenmanagement auskennen. »Wir kennen die Anforderungen an eine reibungslose
und kostengünstige Zulassung bis ins Detail.
Nun können wir unsere Erfahrung mit dem
Partner TÜV SÜD an Kunden weitergeben«,
sagt Co-Geschäftsführer Sebastian Birkel.
Auch für die eigene Flotte wird Sixt das neue
Angebot nutzen.
Der Komplettservice aus einer Hand optimiert die Fuhrparksteuerung und senkt nachhaltig die Mobilitätskosten von Flottenbetreibern. Neben der Produktion von KfzKennzeichen bietet CRS einen völlig neuen
Service: Um den Ablauf zu vereinfachen, entwickelte das Unternehmen eine Internetanwendung. Das Online-Tool ersetzt den
Dokumentenversand und beschleunigt die
Fahrzeuganmeldung.
Kontakt: [email protected]
19
News
TÜV SÜD zertifiziert Offshore-Windpark
Erst im Januar 2011 wurde die Abteilung
Offshore Windenergie gegründet, um die
TÜV SÜD-Kompetenz im Offshore-Bereich
zu bündeln, jetzt wurden bereits erste
Aufträge an Land gezogen: TÜV SÜD
Industrie Service wird das geplante Offshore-Projekt Albatros 1 der Strabag
Offshore Wind GmbH zertifizieren. Das
Vorhaben: Auf einem Windparktestfeld 93
Kilometer östlich von Juist sollen etwa
zehn Windenergieanlagen mit einem
Schwergewichtsfundament errichtet
werden.
Als Projektzertifizierer begleitet
TÜV SÜD den Offshore-Windpark Albatros
1 auf Basis des entsprechenden Standards
des Bundesamtes für Seeschifffahrt und
shortcuts
OMV: Verschiebung des Anlagenstillstands
Hydrographie (BSH). Die TÜV SÜD-Experten unterstützen Planer, Investoren und
Betreiber unter anderem durch die Zertifizierung von Offshore-Windparks, die technische Prüfung von Offshore-Strukturen,
die Erstellung von Risikoanalysen oder die
komplette Bauüberwachung.
Kontakt: [email protected]
Ablauge fürs Klima
Aus einem Abfallprodukt Strom erzeugen –
diese Idee funktioniert auch bei der Herstellung von Zellstoff: Die sogenannte Ablauge, die bei der Zellstoffherstellung anfällt,
lässt sich als Biobrennstoff für die Stromerzeugung verwenden. Damit der Strom nach
dem Erneuerbare-Energien-Gesetz vergütet
wird, muss ein unabhängiger Nachweis zur
Nachhaltigkeit vorliegen. TÜV SÜD hat deshalb den Einsatz des Sekundärrohstoffs nach
der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (BioSt-NachV) bei den sechs großen Zellstoffwerken in Deutschland zertifiziert.
Ablauge verursacht bei der Verstromung mindestens 90 Prozent weniger CO2-Emissionen
als fossile Energieträger. Weil sie im Sinne der
BioSt-NachV als Reststoff aus der Zellherstellung gilt und im Vorfeld keine Emissionen
verursacht, ist ihre Klimabilanz optimal.
Kontakt: [email protected]
Neu gestaltete Karriere-Webseite
Die Karriere-Webseite eines Unternehmens ist
für Bewerber ein wichtiger Anlaufpunkt und
für Arbeitgeber ein wichtiges Medium zur
Positionierung. 2010 hat TÜV SÜD deshalb
sein Karriere-Angebot im Internet neu gestaltet und verbessert. Mit Erfolg: Beim diesjährigen »Potentialpark Award«, bei dem die besten Karriere-Webseiten deutscher Unternehmen ausgezeichnet werden, ist TÜV SÜD der
beste Neueinsteiger. Die Seite ist nicht nur
leicht zu bedienen, sondern liefert auch zahlreiche Informationen zu Arbeitgeberleis-
tungen, Work-Life-Balance und persönlicher
Weiterbildung. Highlight ist das interaktive
Feature »Menschen bei TÜV SÜD«, in dem
27 Mitarbeiter über ihre Aufgaben berichten.
»Bewerber wollen wissen, was sie bei dem
potenziellen Arbeitgeber erwartet: Aufgaben,
Umfeld, Leistungen. Zusätzlich wollen sie sich
schnell über konkrete Jobangebote informieren. Wir haben versucht, beiden Bedürfnissen
gerecht zu werden«, sagt Susanne Woyke vom
TÜV SÜD-Personalmarketing.
Kontakt: susanne.woyke@@tuev-sued.de
Durch ein Gutachten der TÜV SÜD Industrie Service kann
die OMV Deutschland GmbH das Betriebsintervall ihrer
Raffinerie in Burghausen um zwei Jahre verlängern. Im
Normalfall wird eine Anlage alle fünf Jahre abgeschaltet
und den gesetzlichen Prüfungen sowie einer gründlichen
Wartung und Reinigung unterzogen. TÜV SÜD hat in
einem Gutachten die Möglichkeit untersucht, die Anlage
zwei Jahre länger zu betreiben – unter Beibehaltung des
Sicherheitsniveaus. »Man kann die Innenbesichtigung,
für die ein Druckbehälter abgestellt und geöffnet wird,
den dann ein Sachverständiger inspiziert, durch andere
Prüfmaßnahmen ersetzen«, sagt Dr. Jürgen Deininger,
Senior-Experte Anlagenoptimierung bei der IS GmbH.
Geprüft wird dann mittels Ultraschallmessungen oder
Röntgenaufnahmen. Diese Ersatzmaßnahmen können im
laufenden Betrieb durchgeführt werden.
Kontakt: [email protected]
Gesündeste Unternehmen gesucht
Jetzt online anmelden: TÜV SÜD Life Service vergibt
bereits zum dritten Mal gemeinsam mit dem
Handelsblatt und EuPD Research den »Corporate Health
Award«. Mit dem Preis werden Unternehmen ausgezeichnet, die sich vorbildlich um die Gesundheit und
Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter kümmern. Firmen
können sich noch bis Ende Juni unter www.corporatehealth-award.de bewerben. Die Gewinner werden im
Herbst 2011 durch das Bundesministerium für Arbeit und
Soziales ausgezeichnet.
Kontakt: [email protected]
Konsequentes Energiemanagement
TÜV SÜD hat die Nabatec AG, einen Zulieferer für die
Kunststoff- und Keramik-Industrie, nach der DIN EN
16001 zertifiziert. Damit wird Nabatec ein klimaschonendes Energiemanagement bescheinigt, das für eine systematische Verbesserung der energetischen Leistung des
Unternehmens steht. Zum Beispiel sind Instrumente wie
Monitoring und Controllingsysteme als Basis für ein wirkungsvolles Energiemanagementsystem genutzt worden.
Kontakt: [email protected]
S t o r y I Pe r s o n a l e n t w i c k l u n g
20
Wissen
sichert Zukunft
Die Fraport AG betreibt mit dem
Flughafen Frankfurt quasi eine Stadt
für sich. Damit alles reibungslos funktioniert, beschäftigt sie Tausende
Spezialisten.
kontakt
Kai Probst
»Gut ausgebildete Fachkräfte sind einer der zentralen Erfolgsfaktoren für ein
TÜV SÜD
Geschäftsführer Akademie
Unternehmen«, sagt Kay Wendelmuth von Fraport. Das Unternehmen, das im
+49-89-5791-2835
+49-89-5791-1551
Aktienindex MDAX gelistet ist, setzt sich darum konsequent für die Weiterbildung
[email protected]
Das Thema im Internet:
www.tuev-sued.de/journal
seiner Mitarbeiter ein. Unterstützt wird es von der TÜV SÜD Akademie.
21
S t o r y I Pe r s o n a l e n t w i c k l u n g
Bildungspartner für
Unternehmen weltweit
ie Fraport AG ist Deutschlands Tor zur
Welt. Als Betreiber des Rhein-MainFlughafens in Frankfurt am Main ist das
Unternehmen für eines der weltweit größten
Luftverkehrsdrehkreuze verantwortlich. Rund
12.000 Mitarbeiter sorgen dafür, dass mehr
als 450.000 Starts und Landungen im Jahr reibungslos ablaufen. Der Flughafen hat in den
vergangenen Jahrzehnten einen steilen
Aufschwung genommen, die Passagier- und
Frachtzahlen haben sich in den letzten 25
Jahren mehr als verdoppelt. »Ein Verdienst
unserer Mitarbeiter«, sagt Kay Wendelmuth,
Managementsystemberater bei der Fraport
AG und verantwortlich für das ManagementAudit-Programm. »Gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte sind einer der zentralen
Erfolgsfaktoren für ein innovatives und global
agierendes Unternehmen«. Die Qualifizierung
und ständige Weiterbildung der FraportMitarbeiter hat daher einen hohen Stellenwert im Unternehmen.
Unterstützt wird Fraport bei vielen seiner
Weiterbildungsangebote durch die TÜV SÜD
Akademie. »Durch Wissen kann man neuen
Herausforderungen leichter begegnen«, sagt
Kai Probst, Geschäftsführer der TÜV SÜD
Akademie. »In der Arbeitswelt müssen wir
uns heute ständig neuen Techniken und
Themen stellen.«
Die Fraport AG lässt sich daher einiges
einfallen. Eine der zentralen Maßnahmen:
Jeder Mitarbeiter bekommt eine sogenannte
Q-Card, eine »Qualifizierungskarte«. Dieses
Lernguthabenkonto kann für Weiterbildungen
eingesetzt werden, die nicht unmittelbar für
die berufliche Tätigkeit erforderlich sind, etwa
für Schulungen im Bereich Führen und
Teamarbeit oder IT. »Die Q-Card soll allen
Mitarbeitern die Chance geben, in ihrer
Freizeit Schulungsangebote der Fraport AG zu
nutzen«, so Wendelmuth. Der individuelle
Einsatz des jährlichen Q-Card-Budgets ergänzt
die »Muss-Schulungen« in jobspezifischen
Bereichen, die während der Arbeitszeit
besucht werden. Durch die Übertragung der
D
Verantwortung auf die Beschäftigten sollen
diese angeregt werden, »lebenslanges
Lernen« selbst in die Hand zu nehmen. Denn
heute gibt es so gut wie keine Berufe mehr,
in denen Weiterbildung keine Rolle spielt.
Für ein effektives Management
Als erster deutscher Flughafenbetreiber
führte die Fraport AG bereits1994 ein
Qualitätsmanagement nach EN ISO 9001
ein. Wichtiger Bestandteil: eine durchgängige Qualifikationsstrategie. »Das QM-System
zeigt auch unseren Kunden, welch hohen
Stellenwert die Qualität in unserem Unternehmen hat, und dass wir uns an international vorgegebene Standards halten«, sagt
Wendelmuth.
Thematisch geht es bei den von der
TÜV SÜD Akademie angebotenen Seminaren im Bereich Qualitätsmanagement
hauptsächlich um Weiterbildungen für
Qualitätsmanagementfachkräfte, -beauftragte und Auditoren, aber auch um
Spezialthemen aus den Bereichen Umwelt
und Arbeitssicherheit. 2011 sollen laut
Wendelmuth 18 Mitarbeiter geschult werden, die sich im Regelfall zwei aufeinander
folgende Module aussuchen und so über
rund zehn Tage fortgebildet werden. »Wir
haben die Schulungen zuvor inhäusig organisiert, schicken unsere Mitarbeiter aber
jetzt in die offenen Seminare bei der
Akademie in Frankfurt am Main oder in
Hamburg«, so Wendelmuth weiter. Ein
Grund: »Wir sind flexibler, weil sich die
Kolleginnen und Kollegen die Termine nach
ihren Bedürfnissen aussuchen können und
wir nicht auf zehn Leute in einer einzigen
Woche verzichten müssen.«
Die Resonanz auf die angebotenen
Programme? Im Vergleich zu anderen
Seminarangeboten seien die der TÜV SÜD
Akademie »konzentrierter und kompakter«,
fasst Wendelmuth das Feedback kurz
zusammen. ■
Unternehmen wie das MDAX-Unternehmen Fraport vertrauen
bei der Schulung ihrer Mitarbeiter auf die TÜV SÜD Akademie.
2011 feiert sie ihr 25-jähriges Bestehen.
Den Kunden in seinem Bereich fit machen
Die Grundidee: das enorme Fachwissen des Prüfdienstleisters
an interessierte Kunden weitergeben. Heute bietet die TÜV SÜD
Akademie Schulungen zu vielen Themen aus den Bereichen
Technik und Management an. »Der Kunde erwartet, dass
TÜV SÜD seinen Aufzug nicht nur prüft, sondern Experten ihm
auch sagen, was er tun muss, wenn der Aufzug stecken bleibt«,
sagt Kai Probst, Geschäftsführer der TÜV SÜD Akademie. »Wir
machen die Leute fit im Umgang mit den Regularien in ihrem
Bereich oder zeigen ihnen, wie sie Abläufe verbessern können.«
Und das nicht nur in Deutschland, sondern international in
neun Ländern. In den 25 Jahren ihres Bestehens ist das
Portfolio der TÜV SÜD Akademie um ein Vielfaches gewachsen
– parallel zum Angebot der Geschäftsfelder. Heute ist sie
deutschlandweit führend beim Thema Qualitätsmanagement.
Durch ihre internationale Präsenz kann TÜV SÜD seine Kunden
auch im Bildungsbereich weltweit unterstützen.
CSR: TÜV SÜD Akademie startet Projekt im Jubiläumsjahr
2011 startet die TÜV SÜD Akademie ein internationales
Engagement für soziale Projekte. »Bildung ist der
Schlüsselfaktor für Frieden, Wohlstand und Weiterentwicklung
weltweit«, sagt Probst. Aus diesem Grund will sich die
Akademie künftig auch außerhalb ihrer Geschäftstätigkeit für
Bildungschancen engagieren. »Mit der Unterstützung entsprechender Projekte wollen wir Menschen die Chance geben, sich
unabhängig von Herkunft und materiellen Möglichkeiten zu bilden und ihrer Zukunft eine Perspektive zu geben.« Dafür entsteht eine »Chancen-Akademie«, die kostenfreie Bildungsangebote der TÜV SÜD Akademie an soziale Projekte vermittelt.
22
»Mehr in Weiterbildung
investieren«
Dr. Barbara Ischinger, OECD-Direktorin für Bildung, über die Bedeutung beruflicher
Weiterbildung für die Wettbewerbsfähigkeit in einer globalisierten Welt.
info
Dr. Barbara Ischinger ist seit
dem 1. Januar 2006 Direktorin für
Bildungswesen bei der
Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung
(OECD). Davor besetzte sie
verschiedene leitende Positionen
im Bereich der internationalen
Zusammenarbeit und Bildung mit
Schwerpunkten in Europa, den
Was bedeutet »Lebenslanges Lernen«?
Die Anforderungen im Berufsleben und die Fähigkeiten, die
heute von Erwerbstätigen erwartet werden, verändern sich
ständig. Hat man früher noch lebenslang eine Arbeit mit
demselben Profil ausgeübt, so müssen heute die Bildungseinrichtungen für eine wechselnde Arbeitsfähigkeit ausbilden. Im globalen Arbeitsmarkt verändern sich die Berufsprofile und es werden immer neue Kompetenzen erwartet.
Insbesondere in den Industrieländern sind bestimmte Fähigkeiten heute nicht mehr so gefragt wie früher, wie zum
Beispiel Routinearbeiten, die outgesourct, und Arbeitsabläufe, die digitalisiert werden.
USA und Afrika. Zuletzt war
Ischinger Vizepräsidentin der
Humboldt-Universität Berlin,
zuständig für internationale
Angelegenheiten und PR. Sie
beschäftigt sich seit Jahren mit
Umstrukturierungen akademischer Lehrpläne und beruflicher
Weiterbildung, um diese an die
Welche Rolle spielt hier der Staat?
Das Interesse des Staates an beruflicher Weiterbildung richtet sich einerseits auf den Erhalt und die Förderung der
Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Wirtschaft.
Andererseits geht es ihm um die Bewältigung der erheblichen Arbeitsmarktprobleme und die Sicherung
des gesellschaftlichen Zusammenhalts einschließlich der
Förderung von Chancengleichheit.
Bedürfnisse des Arbeitsmarktes
und an gesellschaftliche
Entwicklungen anzupassen.
Große Themen sind in diesem Zusammenhang der
Fachkräftemangel und der demografische Wandel ...
Ja, das sind große Herausforderungen. Die OECD hat in den
vergangenen Jahren mehrere Länder darauf hingewiesen,
dass die Nachfrage nach hoch qualifizierten Fachkräften
zunimmt und dass sie sich darauf einstellen müssen. Das
fängt an der Universität an und setzt sich in der beruflichen
Weiterbildung fort, wo man entsprechende Qualifizierungen
vorsehen muss. In der Praxis gibt es hier große Unterschiede
zwischen den Ländern: Amerika kann sehr gut die Forschung
umsetzen, die im eigenen Land entwickelt wird. Die Firmen
können schnell die eigenen Ressourcen aktivieren und sind
auch attraktiv für die besten internationalen Fachkräfte.
Dagegen tut sich Deutschland insbesondere im Anwerben
internationaler Fachkräfte noch schwer. Der demografische
Wandel spielt neben Deutschland vor allem in Japan und
Italien eine Rolle.
Welchen Stellenwert hat heute Qualifizierung in einem
Unternehmen?
Unternehmen müssen ihre Produktion in vielerlei Hinsicht
ganz spezifisch orientieren und dafür brauchen sie hoch
qualifizierte Leute. Wir haben bei unseren Erhebungen erkannt, dass Weiterbildung erfolgreicher ist bei bereits gut
Ausgebildeten. Die nehmen entsprechende Angebote sehr
viel mehr wahr als die, bei denen es besonders nötig wäre.
Was heißt das für die Personalentwickler?
Ein Arbeitgeber muss darauf achten, dass er eben nicht nur
die bereits gut Ausgebildeten weiter schult, sondern auch
die Fähigkeiten der anderen anhebt.
Was muss sich in Zukunft ändern?
Angesichts des Strukturwandels in der Arbeitswelt müssen die
Rahmenbedingungen für ein lebenslanges Lernen geschaffen
werden. Eine Antwort auf die Veränderungen kann nur eine
integrierte Arbeitsmarkt- und Qualifizierungspolitik sein.
Wie sieht eine solche Integration aus?
In Skandinavien etwa sind die Bildungssysteme auf ein
lebenslanges Lernen ausgerichtet. Die Weiterbildung ist im
System verankert, das heißt, der beschleunigte Strukturwandel in diesem Bereich wird dort als Tatsache betrachtet,
für die man am Arbeitsmarkt adäquate Lösungen entwickeln
muss. Flexibilität auf der einen und soziale Sicherheit auf der
anderen Seite sollen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht
werden. Bezahlt wird die berufliche Weiterbildung dort durch
öffentliche Zuschüsse, Gewerkschaften und die Arbeitgeber.
23
TÜV SÜD Akademie
Eine große Herausforderung:
Die Gesundheit der Mitarbeiter
Fehltage, Burn-out und psychische Erkrankungen:
Vielen Menschen schlägt ihr Beruf auf die Ge sundheit. Die TÜV SÜD Akademie ist auch im Jahr
ihres 25. Jubiläums innovativ und greift ab Oktober
2011 mit der modularen Ausbildung zum BGM- und
Präventionsmanager TÜV SÜD das hochaktuelle
Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement auf.
Die neuen Seminare unterstützen Unternehmen dabei, ihre Mitarbeiter durch ein strukturiertes und nachhaltiges Gesundheitsmanagement
psychisch und körperlich fit zu halten. Um ein
BGM-System professionell im Unternehmen zu
etablieren, müssen die Verantwortlichen über
interdisziplinäre Kenntnisse verfügen.
Die wesentlichen Inhalte:




BGM Basics: Politik, Gesetze und modernes BGM
Modul 1: Aufbau und Steuerung des BGM
Modul 2: Einführung eines ganzheitlichen BGM
Modul 3: Controlling und Motivation im BGM
Die Veranstaltungen richten sich an Führungskräfte
und für BGM zuständige Mitarbeiter, Betriebs- und
Personalräte, Betriebs- und Werksärzte, Arbeitsmediziner, leitende Fachkräfte für Arbeitssicherheit
sowie Qualitätsmanagementbeauftragte, die das
Managementsystem in ihrem Unternehmen mit
BGM verknüpfen möchten. Mehr Informationen und
die Termine für 2011 sind im Internet unter
www.tuev-sued.de/akademie/bgm zu finden.
Messevorschau
Das Expertenteam von TÜV SÜD freut sich bei den nachfolgend aufgeführten Messen
auf Ihren Besuch:
MAI
ËAutomotive Testing Expo, Stuttgart,
17.–19.5.
ËDCONex, Augsburg, 19.–20.5.
ËAWEA Windpower, Dallas, 22.–25.5.
JUNI
ËCarbon Expo, Barcelona, 1.–3.6.
ËPower Gen Europa, Mailand, 7.–9.6.
ËSensor + Test, Nürnberg, 7.–9.6.
ËIntersolar, München, 8.–10.6.
ËReal Estate North and Expansion,
Hamburg, 14.–15.6.
ËWowex, Köln, 16.–18.6.
ËPublic Transport/Interiors, Berlin,
22.–24.6.
TÜV SÜD erstellt Wasserstoff-Schulungskonzept
Bereits seit mehreren Jahren forschen Wissenschaftler in aller Welt an Möglichkeiten,
um Wasserstoff als Antriebsmittel für Motoren zu nutzen. Mittlerweile sind europaweit
entsprechende Wasserstoffanlagen in Betrieb.
Um sowohl über die Potenziale als auch über
die Risiken von Wasserstoff aufzuklären, plant
die Europäische Kommission ein internationales Schulungsprojekt – und die TÜV SÜD
Akademie wird dieses konzipieren und durchführen.
TÜV SÜD ist dabei Konsortialführer eines
Zusammenschlusses mehrerer Unternehmen
der Wasserstoffbranche und der University of
Ulster. »Wir werden im ersten Schritt eine
Strategie erarbeiten, die ein permanentes
Schulungsangebot für die Zielgruppen durch
anerkannte Institutionen beinhaltet«, sagt
Kai Probst, Geschäftsführer der TÜV SÜD
Akademie. Bislang werden in Europa zwar
vereinzelt allgemeine Schulungsinhalte zum
Thema Wasserstoff angeboten, doch keines
dieser bestehenden Weiterbildungsformate
hat dabei die entsprechende Zielgruppe im
Fokus.
Derzeit sind in Europa 75 Wasserstofftankstellen in Betrieb, weitere 50 sind bereits
in Planung. Die EU-Kommission erwartet,
dass im Jahr 2020 bereits 2,5 Millionen wasserstoffgetriebene Fahrzeuge auf Europas
Straßen unterwegs sein werden.
Kontakt: [email protected]
impressum
Verleger und Herausgeber:
TÜV SÜD AG, Westendstraße 199, 80686 München
Inhaber:
TÜV SÜD e. V. (74,9 %), TÜV SÜD Stiftung (25,1 %),
Westendstraße 199, 80686 München
TÜV SÜD Akademie
Kontakt: Birgit Klusmeier
[email protected]
+49- 89 5791-3306
News
Druck:
Niedermayer & Tandler GmbH,
Ludwigstraße 97, 84524 Neuötting
Erscheinungsweise:
vierteljährlich
Verantwortlich:
Fotonachweis:
Matthias Andreesen Viegas, Leiter Unternehmenskommunikation Corbis (Titel, 2-5, 7, 11-17, 19, 26, 28, 30, 31), EU-Kommission (9),
Jörg Riedle, Chefredakteur
Fraport AG (20), OECD (22), Ghorfa (29), TÜV SÜD (10, 18, 24),
Westendstraße 199, 80686 München
Unverlangte Einsendungen und Manuskripte gehen in unser
Realisation:
Eigentum über und werden nicht archiviert. Eine Rücksendung
medienfabrik Gütersloh GmbH,
erfolgt nur auf besonderen Wunsch und bei beigefügtem, ausreiGeisenhausener Straße 17, 81379 München
chendem Rückporto.
Story I Umwelttechnologie
24
Sauber durch die Wand
Wo Industrieanlagen stehen, fallen meist auch Schadstoffe an: Kritisch ist vor allem,
wenn Grundwasser verschmutzt wird. Eine spezielle Technologie hilft, es zu reinigen –
ökologisch und kostengünstig.
n Ottobeuren, rund hundert Kilometer westlich von
München, wird auf dem ehemaligen Gelände einer
chemischen Reinigung mithilfe von Eisengranulat das Grundwasser saniert. Das Prinzip: Verunreinigtes Wasser fließt aufgrund eines natürlichen Gefälles durch das reaktive Material
einer Wand, das die Schadstoffe entfernt (siehe Infografik).
Seit einem Jahr begleitet TÜV SÜD den auf fünf Jahre angelegten Freilandversuch. Die Experten haben den Schaden
durch die Verunreinigung mit Chlorkohlenwasserstoff (CKW)
untersucht: »Wir haben ein Sanierungskonzept erstellt und
dokumentieren die Funktion der Reaktiven Wand«, sagt Hans
Betko, Gruppenleiter für den Bereich Grundwasser und Altlasten bei TÜV SÜD Industrie Service. Sein Resümee: »Eine überaus elegante und kostengünstige Sanierungsmethodik, um
problematische Chemikalien zu zerstören.«
I
Von der Wissenschaft begleitet
Das Projekt in Ottobeuren wird von Wissenschaftlern der
Technischen Universität München begleitet, die Daten erheben und so erste Erfahrungswerte aus der Praxis sammeln.
»Das Verfahren wird zwar in der Praxis eingesetzt, ist aber
noch nicht so bekannt, da sich der Prozess über Jahre einspielen muss«, sagt Dr. Karl Glas. Der Ingenieur arbeitet am
Lehrstuhl für Chemisch-Technische Analyse und Chemische
Lebensmitteltechnologie der TU München. »Jeder Stein, jedes
Gewässer, jede Gegend ist ein bisschen anders, das ist ein
Problem. Nach fünf Jahren haben wir mehr Erfahrung für
eine bessere wissenschaftliche Beurteilung«, so Glas.
Die erste Reaktive Wand wurde 1994 in Kalifornien errichtet. »Auch heute wird in den USA viel mit Reaktiven Wänden gearbeitet«, so Betko. Weltweit laufen derzeit mehr als
100 Projekte, davon über 70 in den USA. In Deutschland sind
es nur eine Handvoll, neben Ottobeuren zum Beispiel in Rheine und Tübingen. Das Langzeitverhalten ist von zentraler
Bedeutung beim Einsatz der Technologie, da in der Regel mit
einer Laufzeit von mehreren Jahrzehnten zu rechnen ist. »Die
Langlebigkeit hängt entscheidend von der Wasserchemie und
den hydrogeologischen Verhältnissen ab.« Die bisherigen
Ergebnisse von Langzeitprojekten zeigten laut Betko aber,
dass die Verfahren auch über viele Jahre gut funktionieren.
Bei günstigen Rahmenbedingungen könne man durchaus mit
einer Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren rechnen.
kontakt
Hans-Joachim Betko
TÜV SÜD Industrie Service
+49-89-5791-2001
+49-89-5791-1098
[email protected]
Das Thema im Internet:
www.tuev-sued.de/journal
Eine Zukunftstechnologie
Neben der Erforschung des Langzeitverhaltens und hydraulischer Fragestellungen ist die Entwicklung und Bewertung
neuer Materialien in Reaktiven Wänden entscheidend. Eine
noch relativ junge Variante ist die Injektion von elementarem
Eisen als Nanoteilchen, die schneller reagieren als Eisengranulat, wie es in Ottobeuren eingesetzt wird. »Wir müssen den
Nachweis erbringen, dass Nanoteilchen medizinisch unbedenklich sind. Durch die Wand gelangen sie ins Wasser, und
man weiß noch nicht genau, welche Auswirkungen sie wirklich haben«, so Glas. Im Augenblick sei es aber vor allem
wichtig, noch mehr über das Reaktive-Wand-Verfahren
zu erfahren und es weiterzuentwickeln.
»Wichtig sind fundierte Bewertungskriterien. Bislang sind die Ergebnisse
zufriedenstellend und lassen
hoffen, künftig klare Vorgehensweisen für solche Technologien zu haben.« ■
In den meisten Fällen sind
Reaktive Wände mit Eisengranulat gefüllt. Die Wand, die 2009
in Ottobeuren errichtet wurde, ist
29 Meter lang, zwei Meter hoch und
60 Zentimeter breit.
Grundwasser-Fl
25
Story I Umwelttechnologie
Eine Möglichkeit zur Reinigung verschmutzten Grundwassers bietet der Einsatz
von Reaktiven Wänden: Mit konventionellen Tiefbautechniken werden Wandsysteme quer zum Grundwasserstrom in den Untergrund eingebaut. Das verunreinigte Wasser fließt aufgrund des natürlichen Gefälles durch das reaktive
Material der Wand, wodurch die Schadstoffe daraus entfernt werden.
akademie
Gewässerschutz in der Praxis:
Zum richtigen Umgang mit wassergefährdenden Flüssigkeiten
bietet die TÜV SÜD Akademie
zahlreiche Seminare an, zum
Die passiven Verfahren mittels Reaktiver Wände besitzen gegenüber den
Beispiel zum Betriebsbeauftrag-
aktiven Pump-and-Treat-Methoden (Bild rechts) – bei denen das schad-
ten für Gewässerschutz. Mehr
stoffbelastete Grundwasser abgepumpt und in oberirdischen Anlagen
Informationen online unter
gereinigt wird – deutliche Vorteile: Der Energieverbrauch ist gering, es erfolgt
www.tuev-sued.de/akademie
nur ein geringer Eingriff in den Grundwasserfluss und es ist keine aufwendige
Anlagentechnik nötig, da die Schadstoffe direkt im Grundwasser in ungefährliche
Stoffe umgesetzt werden. Insbesondere bei langen Sanierungszeiträumen bieten passive
Systeme Vorteile, zum Beispiel entfallen die Wartungskosten.
Kontamination
gereinigtes Grundwasser
ießrichtung
durchströmte Wand
CI
CI
H
C=C
CI
H
+ CI
C=C
CI
H
GWM 8
H
In Ottobeuren fließt das mit Tetrachlorethen, einem früheren Standardmittel
chemischer Reinigungen, verschmutzte
Wasser durch das reaktive Wandmaterial. Die
GWM 6
GWM 7
Zur Prüfung von Funktion und Wirksamkeit der durchströmten Wand
CKW-Moleküle werden innerhalb weniger Stunden zerstört. Es entstehen harmlose
werden Grundwassermessstellen vor,
Substanzen wie Chlorid und Ethen. Neben CKW lassen sich auch andere organi-
innerhalb und hinter der Wand eingebaut,
sche und anorganische Schadstoffe, wie Uran oder Arsenat, mit dem Verfahren zer-
an denen regelmäßig Proben entnommen und
stören oder reduzieren.
analysiert werden.
GWM 9
GWM 10
S t o r y I M e k k a - M e t ro
Die Kaaba in der Mitte der Al-Haram-Moschee in Mekka: Ziel der alljährlichen
Pilgerfahrt für Millionen Moslems und geografisches Zentrum des Islam.
26
27
S t o r y I M e k k a - M e t ro
Metro für Millionen
Mekka ist nicht nur die Geburtsstätte des Propheten Mohammed und damit die heiligste Stadt
des Islam. Mekka ist auch einmal im Jahr ein logistisches Großprojekt: Wenn Millionen Pilger
aus aller Welt zum Hadsch in die Stadt kommen, herrscht Ausnahmezustand. Eine neue Metro
soll Abhilfe schaffen.
er Weg nach Mekka ist beschwerlich und weit. Er war
und ist immer auch eine Reise aus der Wüste durch
die Wüste und in die Wüste. Die heiligste Stadt des Islam
liegt knapp 100 Kilometer vom Roten Meer entfernt im Westen Saudi-Arabiens, umrahmt von zwei Bergketten, die ein Tal
bilden, in das die Pilger strömen: 2010 drängten offiziell mehr
als 2,7 Millionen Gläubige in die Geburtsstadt des Propheten
Mohammed, sie reisen aus aller Welt an den Ort, den ein
gläubiger Moslem mindestens ein Mal im Leben besucht
haben muss. Wenn Mekka überquillt, dann ist Hadsch in der
arabischen Welt, die große Pilgerzeit.
Eine anstrengende Zeit für die Gläubigen. In Mikat beginnt ein mehrtägiges Ritual, das über die Kaaba im Zentrum
Mekkas weiter nach Mina, über die Arafat-Ebene und zurück
führt. Eine Wallfahrt, die neben der symbolischen Steinigung
des Teufels auch die Umrundung der Kaaba vorsieht. Die Reise nach Mekka ist auch immer ein kompliziertes Ritual: An bestimmten Orten müssen bestimmte Gebete gesprochen, an
definierten Stellen die Geschwindigkeit des Gehens angepasst
werden. Wer dabei Fehler macht, für den ist der Hadsch ungültig und muss wiederholt werden.
D
Erst Wüstenschiffe, jetzt Boeings
Mekka war schon immer ein Magnet für Moslems. In frühislamischen Zeiten, in denen die größten Pilgerrouten
ihren Anfang in Kairo oder Damaskus nahmen und bis zu
40 Tagen dauerten, zogen Karawanen aus dreißig- oder vierzigtausend Menschen über den Sinai oder das heutige Jordanien nach Saudi-Arabien zu den heiligen Stätten. In heutigen
Zeiten kommen die Pilger kaum noch auf dem Rücken von
Kamelen, sondern in den Bäuchen von Flugzeugen, auf den
Sitzreihen von klimatisierten Bussen oder in kilometerlangen
Autokorsos. Die Pilgersaison
Mikat
ist eine alljährliche Herausforderung an die Logistiker des
Mekka
saudischen Königreiches. Das
Grundproblem der Pilgerreise
ist, dass fast drei Millionen
Gläubige aus den unterschiedlichsten Erdteilen mit
den unterschiedlichsten sozialen und politischen Hintergründen in einem relativ kurzen Zeitraum aufeinandertreffen. Das birgt jede Menge
0
km
4
Sprengkraft.
Entschärfend – zumindest, was den Transport der Pilger
angeht – könnte die zum Hadsch im vergangenen Jahr in
Betrieb genommene »Mekka-Metro« wirken. Das neue Verkehrsmittel mit dem offiziellen Namen Al Masheer Al Mugaddassah Metro soll nach den Vorstellungen des Auftraggebers,
der Saudi Railways Organization, mehr als 50.000 Busse pro
Jahr überflüssig machen, die endlosen Staus zwischen den
einzelnen Pilgerstationen verringern und die Wallfahrt sicherer
und komfortabler machen: Denn zählt man alle Unfälle zusammen, dann sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr
als 2.000 Pilger ums Leben gekommen.
Die Mekka-Metro ist erst der Anfang
Erst im Februar 2009 hatte das Königreich den Auftrag an die
China Rail Construction Company (CRCC) erteilt, genauer: die
Al Rajihi Alliance, ein Konsortium aus saudischen Firmen,
CRCC und Alstom Transport. Auftragsvolumen: 1,8 Milliarden
US-Dollar. Über 18,1 Kilometer verbindet die Metro seit No- ➔
Mina-Ebene
Muzdalifa
Über Mikat und Mekka zur
Arafat-Ebene und zurück
(oben): Die »Mekka-Metro«
folgt über 18,1 Kilometer dem
Verlauf der Pilgerroute.
ArafatEbene
28
Story I Mekka-Metro
In neun Stationen zur »Erlösung«
STETIG WACHSENDE PILGERSCHAREN
1995
1.865.234
1996
1.942.851
1997
1.832.114
1998
1.831.998
1999
1.839.154
2000
1.913.263
2001
1.944.760
2002
2.041.129
2003
2.012.074
2004
2.164.479
2005
2.258.050
2006
2.378.636
2007
2.454.325
2008
2.408.849
2009
2.313.278
2010
2.789.399
In Rekordzeit wurde die mehr als 18 Kilometer lange Metro-Linie errichtet: Im
Keine U-Bahn, sondern ein Viadukt auf Schienen
Frühjahr 2009 erhielt die China Railway Construction Corporation den Auftrag
für das Projekt, im August 2010 fuhr der erste Zug testweise auf der Strecke.
Streng genommen ist es allerdings nicht ganz korrekt, die Metro als »U-Bahn«
Die Linie besteht aus insgesamt neun Stationen und folgt dem Verlauf der Pil-
zu bezeichnen, denn der größte Teil der Strecke verläuft nicht unterirdisch,
gerreise der Gläubigen (s. Karte S. 27). Überhaupt ist die Mekka-Metro im Gro-
sondern auf einem eigens errichteten Viadukt. TÜV SÜD Rail hat mit ins-
ßen und Ganzen auf die Bedürfnisse der Pilger zugeschnitten, heißt: möglichst
gesamt neun Experten vor Inbetriebnahme die Strecke vor Ort auf sicher-
viele Menschen in möglichst kurzer Zeit zu transportieren. Jeder Zug, gebaut
heitsrelevante Aspekte untersucht. »Wir lieferten eine Beurteilung des
und geliefert von der ebenfalls chinesischen Changchun Railway Vehicle Com-
Gesamtsystems, auf deren Basis das zuständige Ministerium in Saudi Arabien
pany kann 3.000 Passagiere transportieren. Er besteht aus zwölf Waggons und
die Betriebserlaubnis erteilte«, so Jens Flachsbarth von der TÜV SÜD Rail
erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern.
GmbH.
vember 2010 die Stadt Mekka mit den Pilgerorten Mina, der
Arafat-Ebene und Muzdalifa und soll bei Vollauslastung ab
dem Hadsch 2011 insgesamt 72.000 Passagiere pro Stunde
über die neun Stationen transportieren. Dabei markiert die
Mekka-Metro erst den Startschuss eines saudi-arabischen
Eisenbahn-Großprojektes über 450 Kilometer. Die Haramain
High Speed Rail soll ab Ende 2012 die Städte Mekka und
Medina via King Abdullah Economic City, Jeddah und King
Abdulaziz International Airport verbinden. Mit den Hochgeschwindigkeitswüstenschiffen soll die Reisezeit zwischen
Mekka und Medina auf zwei Stunden, zwischen Mekka und
Jeddah auf eine halbe Stunde reduziert werden.
Schöne Erscheinung für die kulturelle Verbindung
Das Projekt ist auch ein gutes Beispiel für eine Internationalisierung der Geschäftstätigkeit in der arabischen Welt, die
längst gelebte Realität ist – trotz aller Klischees und aktueller
Unsicherheiten (siehe Interview Seite 29): Neben den Partnern
aus China und Frankreich lieferte der deutsche Konzern KnorrBremse die Bremstechnologie zu, Thales aus Frankreich sorgt
für Telekommunikation, die Experten von TÜV SÜD Rail traten
als Gutachter des Gesamtsystems auf. Und um die schöne Erscheinung kümmern sich die Architekten von Foster + Partner
gemeinsam mit den Kollegen des Buro Happold, die insgesamt vier Stationen des Haramain High Speed Rail Project entwerfen. Dabei sei das Design nicht nur schön, sondern auch
nachhaltig, glaubt Mouzhan Majidi von Foster + Partner, »mit
weitreichenden sozialen und wirtschaftlichen Effekten: Denn
das Projekt fördert die soziokulturelle Verbindung zwischen
den westlich gelegenen Städten des Königreiches – das Design der Stationen soll diesen progressiven Ansatz unterstützen«. Ob eine Metrostation das leisten kann, sei dahingestellt.
Im Vordergrund muss ohnehin ihre Transportkapazität stehen,
denn es wird eng im Königreich: In den kommenden 25 Jahren wird die Zahl derjenigen, die auf große Pilgerfahrt gehen,
die 3-Millionen-Marke deutlich übersteigen, lässt das HadschMinisterium verlauten. ■
kontakt
Marco Fois
TÜV SÜD Rail
+49-89-5190-1851
+49-89-5190-2933
[email protected]
Das Thema im Internet:
www.tuev-sued.de/journal
29
S t o r y I M e k k a - M e t ro
»Freunde finden,
Geschäfte machen«
Das Beispiel Mekka-Metro zeigt: Geschäfte mit der arabischen Welt werden internationaler.
Dabei geht es nicht nur um Vertragsverhandlungen – die »persönliche Note« bringt den Erfolg.
Wie sehr sind die deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen von den unterschiedlichen Kulturen geprägt?
Die deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen sind grundsätzlich sehr gut. Selbstverständlich gibt es kulturelle Aspekte,
die bei der Geschäftsanbahnung besonders berücksichtigt
werden sollten. Diese sind aber erlernbar, beispielsweise in
Seminaren zur interkulturellen Kommunikation.
Können Sie den wichtigsten Unterschied benennen?
Eine Besonderheit ist, dass man mit arabischen Geschäftsleuten nicht nur zusammensitzt und über das Geschäft spricht.
Das scheitert fast zwangsläufig. Die arabische Kultur ist personenbezogen. Das bedeutet, dass zunächst eine persönliche
Beziehung aufgebaut werden muss. Erst danach kommt das
Geschäft.
Ist Etikette wichtiger als harte Fakten?
Selbstverständlich nicht. Geschäfte werden allerdings auch
beim Abendessen oder durch Empfehlungen gemacht, das
bedeutet jedoch nicht, dass die Geschäfte nicht professionell
gemacht werden. Letztendlich ist es wie überall auf der Welt:
persönliche Kontakte und die Präsenz vor Ort sind entscheidend für den Erfolg. In der arabischen Welt vielleicht noch ein
wenig mehr.
Was ist der größte Fehler, den ausländische Investoren
machen können?
Der wäre, zu schnell aufzugeben. Unser Rat als Ghorfa: Wenn
Sie sich die Region als Zielmarkt ausgewählt haben, sollten
Sie Geduld mitbringen. Investieren Sie in persönliche Kontakte. Ein mittelständisches deutsches Unternehmen will in der
Regel bereits nach dem zweiten oder dritten Vor-Ort-Termin
Ergebnisse sehen. Aber Geduld und langfristiges Denken zahlen sich in der arabischen Welt aus: Ein Geschäftspartner beispielsweise aus Saudi-Arabien sieht sein Geschäft nicht als
reinen Import-Export. Er betrachtet seinen Geschäftspartner
als Freund, mit dem er zusätzlich Geschäfte macht.
info
Abdulaziz Al-Mikhlafi ist General-
Wie wichtig ist Deutschland als Geschäftspartner für die
arabische Welt?
Deutschland nimmt in allen arabischen Ländern stets einen
der vorderen Plätze ein. Vor allem in den prosperierenden
Volkswirtschaften, die nach guter Qualität und guten Dienstleistungen suchen, ist »Made in Germany« gefragt.
sekretär der deutsch-arabischen
Industrie- und Handelskammer
Ghorfa. Der 1963 geborene Jemenit trat nach seinem Studium der
Politischen Wissenschaft und der
Ökonomie dem diplomatischen
Dienst Jemens bei und konnte
Deutsche Unternehmen haben in Sachen Zuverlässigkeit
und Qualität einen guten Ruf. Öffnet ihnen das mehr Türen
als den Investoren aus anderen Ländern?
Der gute Ruf ist sicherlich hilfreich, das heißt aber nicht, dass
das Geschäft von alleine kommt. Man muss diese Attribute
auch leben, außerdem Zeit in den Markt investieren und sich
diesen genau anschauen. »Made in Germany« reicht alleine
nicht aus. Trotz der hohen Qualität deutscher Produkte und
der Zuverlässigkeit der Dienstleistungen können sprachliche
Faktoren oder höhere Preise kurzfristig ein Gegenargument
sein. Wir sind uns aber sicher: Langfristig liegt Deutschland
vorne.
Wie ändern sich die Wirtschaftsbeziehungen durch die
derzeitigen politischen Entwicklungen in der arabischen
Welt?
Die Proteste werden kaum Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen haben, da sie sich gegen die eigenen Regierungen richten und nicht gegen die Geschäftspartner. Die Bevölkerung will mehr Teilhabe, die Entwicklungen im eigenen
Land mitgestalten. Kurzfristig herrscht dadurch Planungsunsicherheit. Für Investoren können die Entwicklungen jedoch
langfristig vorteilhaft sein, da diese durch liberalere Regierungen und transparentere Regelwerke Vereinfachungen mit sich
bringen können.
während seiner Laufbahn, unter
anderem in Saudi-Arabien und
Ägypten, hohe diplomatische
Positionen bekleiden. Seit Anfang
der 1990er Jahre leitete Al-Mikhlafi die Wirtschaftsabteilung der
jemenitischen Botschaft in Bonn.
Im Jahr 2000 wurde er zum
Generalsekretär der Ghorfa
gewählt, 2004 erhielt er den
Botschafterstatus der Republik
Jemen.
Wa s T Ü V S Ü D s o a l l e s m a c h t . . .
Fußspuren im Wein
Eigentlich kommt es beim Weingenuss eher auf Alkoholgehalt oder die Menge an Tanninen, also Gerbstoffen, an.
Hanglage, Bodenart und -beschaffenheit oder die Sonneneinstrahldauer sind weitere Fragen, die den Weinkenner
beschäftigen. Aber Fußabdrücke?
Dabei werden gerade diese in Zeiten eines weltweit
steigenden Umweltbewusstseins immer wichtiger, zumindest wenn es sich um einen CO2-Fußabdruck für Weine
handelt. TÜV SÜD hat jetzt den Product Carbon Footprint –
die Bilanz aller klimarelevanten Emissionen über den
gesamten Lebenszyklus eines Produktes – des Öko-Weingutes Viñedos Emiliana in Chile untersucht. Auf dem Prüfstand standen fünf Bio-Weinlinien. Die TÜV SÜD-Experten
untersuchten den gesamten Produktionsprozess von der
Traubenernte über die Veredelung bis zum Versand. Auf
Basis der Ergebnisse konnte Viñedos Emiliana Maßnahmen
zur CO2-Reduktion entwickeln. Die dennoch anfallenden
Emissionen werden »kompensiert«: durch Investitionen in
Klimaschutzprojekte. Sei es ein Cabernet Sauvignon oder
ein Shiraz des Weinguts: Käufer bekommen künftig nicht
nur preisgekrönte Tropfen, sondern auch das gute Gefühl,
ökologisch verantwortungsbewusst zu handeln.
30
31
27
Wa s T Ü V S Ü D s o a l l e s m a c h t . . .
www.tuev-sued.de
Klimaschutz gehört die Zukunft und er
verschafft Ihnen schon heute einen großen Wettbewerbsvorteil. TÜV SÜD
gehört zu den international führenden Verifizierern und bewertet unter anderem Klimaschutzprojekte nach dem Kyoto-Protokoll und Monitoringberichte
im Rahmen des EU-Emissionshandels. Unser Expertenwissen über Klimaschutz
und Energieeffizienz ist weltweit gefragt. Wer in eine Zusammenarbeit mit
uns investiert, sichert sich wirtschaftlichen Mehrwert. Deshalb: Gestalten
Sie mit uns lebenswerte Zukunft!
TÜV SÜD AG • Westendstraße 199 • 80686 München • Tel: 0800 888 4444