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2. Quartal 2011 TÜV SÜD Journal Gefährlicher Lärm: Schutz in einer lauten Welt 4 Geprüfte Lieferketten: Sicheres Spielzeug 12 Pilgern per U-Bahn: Neue Metro für Mekka 26 www.tuev-sued.de www.tuev-sued.com LIEBE LESERINNEN UND LESER, wir leben in einer lauten Welt. Ob am Arbeitsplatz oder in der Freizeit: Im Leben vieler Menschen ist Lärm allgegenwärtig. Entsprechend steigt europaweit die Zahl derjenigen, die unter dem Geräuschpegel leiden. Von »Lärmverschmutzung« spricht schon lange die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Dabei ist es meist nicht der laute Knall, der das Trommelfell schädigt, sondern die konstante Geräuschkulisse, die im Hintergrund rauscht. Schäden am Gehör entstehen schleichend. Einmal aufgetreten sind sie allerdings irreparabel. Darum sollte dem Lärm dort entgegengetreten werden, wo er entsteht. TÜV SÜD leistet hier einen wichtigen Beitrag: Im beruflichen Alltag unterstützen wir Arbeitgeber dabei, die rechtlichen Bestimmungen einzuhalten, und fördern Präventivmaßnahmen für Arbeitnehmer. Im öffentlichen Raum erstellen unsere Experten Gutachten etwa für staatliche Stellen und messen die Lärmbelastung durch Straßenverkehr oder Industrieanlagen. Bei der Prüfung von Elektronikartikeln wie MP3-Playern achten wir darauf, dass die gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Lautstärke eingehalten werden. Lärm hat einen Preis: Allein in Deutschland sind 16 Prozent der Bevölkerung schwerhörig, andere Staaten weisen ähnliche Zahlen auf. Sorgen bereiten vor allem die jungen Menschen: Prognosen deuten darauf hin, dass bis zu 30 Prozent der heutigen Teenager mit 50 Jahren ein Hörgerät brauchen werden. Das sind zu viele Menschen, um einfach wegzuhören. Viel Freude beim Lesen! 4 Gesundheitsrisiko Lärm Titelthema 4 Dr.-Ing. Axel Stepken Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG 9 Unsere Welt wird immer lauter, dennoch werden die gesundheitlichen Risiken des Lärms oft unterschätzt. »Lärm muss gesteuert werden«: EU-Umweltkommissar Janez Potocnik ˇ im Interview 3 12 Sicheres Spielen 16 Leuchten der Zukunft Storys Logistik 26 Spielzeugsicherheit 12 Globale Lieferkette, lokale Gefahr? Wie grenzenloses Spielen sicherer wird Neues Licht 16 Energiesparlampe oder alte Birne? Die Vor- und Nachteile der Lichtquellen im Überblick. Kampf um Köpfe 20 22 Gut gerüstet dank Weiterbildung: Die Fraport AG im Wettstreit um die besten Fachkräfte »Mehr in Weiterbildung investieren«: Dr. Barbara Ischinger, OECD-Direktorin für Bildung, im Interview. 26 Pilgern auf Schienen 29 Metro für Mekka: Eine neue U-Bahn soll den Pilgerstrom kanalisieren. Ghorfa-Generalsekretär Abdulaziz Al-Mikhlafi über gelungene Geschäfte mit der arabischen Welt. News 10 18 23 NEWS International TÜV SÜD gründet Tochtergesellschaft in Serbien. NEWS »Best of European Business Award« für TÜV SÜD Messen, Seminare, Impressum Was TÜV SÜD so alles macht ... Umweltschutz 24 Filter in der Erde: Reaktive Wände neutralisieren Schadstoffe aus dem Grundwasser. Titelfoto: Schutz vor einer unterschätzten Gefahr: Gerade am Arbeitsplatz spielt der Lärmschutz eine wichtige Rolle. Gedruckt auf FSC- und PEFC-zertifiziertem sowie auf nachhaltig kontrolliertem wald- und forstwirtschaftlichen Papier. 30 Klimaneutraler Wein: TÜV SÜD zertifiziert den CO2Fußabdruck eines chilenischen Öko-Weinguts. TÜV SÜD Journal im Web: www.tuev-sued.de/journal Story I Gesundheitsgefahr Lärm 4 Eine Welt voll lauter Laute Die Geräuschpegel des Alltags steigen, Ruhe wird zum Luxusgut. Dabei muss es kein lauter Explosionsknall sein, der das menschliche Gehör dauerhaft schädigt. Es ist vielmehr ein zunehmendes Hintergrundrauschen, das Stress erzeugt und dadurch gesundheitsschädlich wirken kann. ermann Hesse wusste, wie man Geräusche zu Papier bringt: »Und das Köstlichste: die Töne / Der Musik, die im Entstehen / Schon enteilen schon vergehen«, hält der Poet in seinem Gedicht »In Sand geschrieben« fest. Vergänglich, flüchtig lassen sie sich nicht halten, nicht bannen. »Ton um Ton, kaum angeschlagen / Schwindet schon und rinnt von dannen.« Töne und Musik sind für Hesse zwei Dinge, die exemplarisch für alles Schöne, aber Flüchtige stehen. Dass laute Töne töten können, daran hatte er beim Verfassen der Zeilen wohl kaum gedacht. Aus dem Genfer Hauptsitz der WHO erklingt weit weniger Poesie. In regelmäßigen Abständen veröffentlicht die Weltgesundheitsorganisation drastische Warnungen mit immer demselben Tenor: Lärm schädigt die Gesundheit, und zwar so stark, dass mancher daran sterben kann. Dabei muss es kein Paukenschlag oder ein Düsentriebwerk sein, das zum Exitus führt. Es ist vielmehr das permanente Hintergrundrauschen, die stetig wachsende Geräuschkulisse des Alltags, die den Stresspegel des modernen Menschen auf hohem Niveau hält. Das ist die Reihe, die so gefährlich sein kann: Denn Lärm verursacht immer auch Stress und Stress kann tödlich sein. H Weniger Passivrauch, mehr Lärm Die Europäische Union sieht das ähnlich: »Aktuelle Studien belegen, dass der Umgebungslärm eines der größten Gesundheitsrisiken ist«, so Janez Potocnik, ˇ EU-Umweltkommissar. »Im Vergleich zu Gefahren wie zum Beispiel dem Passivrauchen nimmt die Lärmbelastung in Europa zudem stetig zu – vor allem aufgrund zunehmender Urbanisierung, der wachsenden Nachfrage nach Motorisierung sowie wenig effizienter Stadtplanung«, so Potocnik ˇ weiter (siehe auch Interview Seite 9). Der Mensch ist aus dem Gleichgewicht Lärm, das ist ein Nebenprodukt der Moderne, definiert als ein unerwünschter, störender oder gar gesundheitsschädlicher Schall, der von einer Beeinträchtigung des seelischen und körperlichen Wohlbefindens bis zu schweren Hörstörungen führen kann. Das Problem dabei: Es handelt sich immer auch um ein subjektives Phänomen. Ein Meeresrauschen von 60 bis 70 Dezibel wird als angenehm, eine verkehrsreiche Straße mit demselben Geräuschpegel als unangenehm empfunden. »Lärm kann sogar Spaß machen«, sagt Friedemann Neupert, Koordinator der Fachstelle Lärm & Vibration von TÜV SÜD Life Service. »Natürlich gibt es zum Beispiel Musik, die eine entsprechende Lautstärke haben muss, aber: Lärm schädigt die Gesundheit. Immer!« Der Mensch brauche eine Balance zwischen Beanspruchung und Erholung, er gewöhne sich nicht an Lärm, so Neupert. Genau dieses Gleichgewicht scheint dem Menschen abhanden gekommen – auch weil sich der Lärm erst einmal schmerzfrei anschleicht, die feinen Haarzellen im Innenohr unheilbar zerstört, ganz ohne Knacken, Ziehen, Knistern. Ein Hörschaden hat seine Ursache fast immer in der Vergangenheit, die Beanspruchung zieht sich vielleicht ➔ Story I Gesundheitsgefahr Lärm 5 en e rd nd. et w teige ort s ntw enz bea , Tend in« n Ne ide m» t le ine ke i it e örig rm erh fte hw er ö er Sc imm nt eu ald cht db rA wir ede ge te j Fr a se heu Die hon n?« l sc ö re sol hh opa mic Eur t du in in nns le »Ka en: Al ss mü Story I Gesundheitsgefahr Lärm kontakt Friedemann Neupert TÜV SÜD Life Service 6 über 15, 20 oder 30 Jahre. Und wer weiß schon, ob vor zwei Jahrzehnten an diesem oder jenem Abend die Balance zwischen den lauten und den leisen Tönen gewahrt wurde? Es gibt keine direkte Ursache-Wirkung-Kette. +49-3761-186022 +49-3761-186021 Lärm ist demokratisch und immer laut friedemann.neupert@ tuev-sued.de kontakt Klaus Ludwig TÜV SÜD Product Service +49-89-5008-4570 +49-89-5008-4133 [email protected] Das Thema im Internet: www.tuev-sued.de/journal Aber es gibt unzählige Studien, die die Zusammenhänge belegen. Die Technische Universität von Malaysia in Kuala Lumpur zum Beispiel hat in einer Untersuchung die Auswirkungen von Lärm auf Angestellte in der Metall und Gummi verarbeitenden Industrie sowie im Druckgewerbe untersucht. Dabei zeigt die statistische Auswertung eine Demokratisierung des Lärms, die eigentlich auf der Hand liegt: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Art der Arbeit und der dabei entstehenden Geräuschkulisse. Und es besteht eine enge Beziehung zwischen der ausgeübten Tätigkeit und den festgestellten Schlafstörungen bei den Probanden. Eine direkte Verbindung zwischen der Qualität des Lärms und den psychologischen Effekten auf die Studienteilnehmer konnten die Wissenschaftler allerdings nicht feststellen. Lärm ist eben Lärm, Meeresrauschen kann dabei genauso stören wie ein Papierschredder. Eine feste Größe dafür, ab wann ein Geräusch zum Lärm wird, gibt es aber nicht. »Es ist immer ein faktischer Wert nötig«, sagt Friedbert Neubert, »wir können über Lärm nicht diskutieren, wir müssen ihn messen.« Dabei liegt der leiseste noch hörbare Ton bei 0 Dezibel, die Schmerzgrenze bei rund 120 Dezibel (siehe Grafik Seite 8). Ein Detonationsknall kann rund 150 Dezibel laut sein und Trommelfelle einfach platzen lassen. Ganz so laut muss es allerdings nicht werden, um zu belegen, dass und wie Lärm auf die Psyche wirkt. Es reicht eine laute Geräuschkulisse, um den Gästen eines Restaurants nicht nur sprichwörtlich den Appetit zu verderben. Wissenschaftler der University of Manchester haben herausgefunden, dass Probanden der Verzehr salziger oder süßer Speisen in Kombination mit einem scheppernden Hintergrundlärm weniger salzig beziehungsweise süß vorkommt. Oder überspitzt ausgedrückt: Eine versalzene Suppe kann mit einer Heavy-Metal-Platte durchaus wieder schmecken. Mit den eigenen Waffen: Lärm gegen Lärm Weitere Erkenntnisse der britischen Forscher: Die physikalischen Eigenschaften eines Essens – knusprig oder heiß zum Beispiel – werden intensiver, je lauter die Geräuschkulisse ist. Und schließlich: Je angenehmer die Hintergrundgeräusche von den Probanden wahrgenommen wurden, umso besser schmeckte das Essen. Für Airlines Lärm muss gelernt werden Höhere Produktivität, weniger Krankheitsfälle, zufriedene Mitarbeiter: Ohne Lärm am Das kann zum Beispiel die Bereitstellung von geeignetem Gehörschutz sein, die Kenn- Arbeitsplatz könnte der Job (noch) mehr Spaß machen. »Aktuelle Zahlen belegen: In zeichnung des Lärmbereichs oder die Unterweisung der Beschäftigten. Letztere sind Deutschland sind bis zu 20 Prozent der Bevölkerung schwerhörig«, sagt Friedemann es aber, die nach Umsetzung der genannten Schutzmaßnahmen für den »guten Ton« Neupert, Koordinator der Fachstelle Lärm und Vibration bei TÜV SÜD Life Service. Für mitverantwortlich sind. Denn: »In der Lärmprävention kommt es wesentlich auch auf die betroffenen Menschen ist das mit einem erheblichen Verlust an Lebensqualität das persönliche Verhalten an«, sagt Neupert. »Wenn ich Gehörschutzmittel zwar zur verbunden. »Das Tragische daran ist: Lärmschäden der Haarsinneszellen des Innenoh- Verfügung habe, sie aber nicht konsequent benutze, nützen sie mir nichts.« Der res lassen sich nicht mehr beheben«, so Neupert. »Lärmeinwirkung ist meist nicht Mensch müsse wissen, was in der zeitverzögerten Ursache-Wirkung-Reihe passiert. schmerzhaft, eine Lärmschwerhörigkeit entwickelt sich über Jahre schleichend.« Multimedialabor für den richtigen Schalldruck Das persönliche Verhalten entscheidet Gerade im Konsumgüterbereich ist dazu aber noch einiges an Entwicklungsarbeit Nicht immer, aber oft ist der Grund dafür eine zu laute Arbeitsumgebung. »Wir gehen nötig, ist sich Klaus Ludwig, Leiter des Multimedialabors von TÜV SÜD Product Ser- direkt an die Arbeitsplätze, stellen dort durch fachgerechte Messungen fest, ob eine vice, sicher. »Einerseits, weil die Hersteller beziehungsweise Importeure – zum Bei- Gefährdung durch Lärm vorliegt«, sagt der Maschinenbauingenieur Neupert. Für spiel von MP3-Playern – nicht wissen, dass ein Schalldruckpegel von 100 Dezibel die deutsche Arbeitsplätze gilt: Unter Berücksichtigung der Dämmwirkung des Gehör- Obergrenze ist, andererseits aber auch aufseiten der Konsumenten.« Vor allem Eltern schutzes ist sicherzustellen, dass die gemessenen Schalldruckpegel den über eine sollten verstärkt darauf achten, dass ihre Kinder sich nicht »stärker beschallen«. Das Acht-Stunden-Schicht gemittelten Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB(A) nicht TÜV SÜD-Multimedialabor prüft elektronische Geräte wie Kopfhörer, MP3-Player überschreiten. Doch schon ab 80 dB(A) hat der Arbeitgeber Maßnahmen zu treffen. oder Set-Top-Boxen, aber auch Fernseher, digitale Kameras und DVD-Player. 7 dürfte es somit ziemlich schwer werden, selbst mit einem exquisiten Bordmenü einen Michelin-Stern zu ergattern. Es sei denn, es würden schon beim Boarding lärmmindernde Maßnahmen getroffen. Deren gibt es zahlreiche, die naheliegendste sitzt im Gehör selbst. Denn Ohren schalten bei laut auf leise, können ihre Hörempfindlichkeit dank des Proteins nAChR herunterfahren. Das Protein empfängt die vom Hirn bei Lärm ausgesendeten Signale und bremst die Aktivität der Haarzellen. Damit sind die akustischen Schnittstellen zum Gehirn weniger aktiv, das Ohr hört einfach weniger. Allerdings waren es Mäuse, die in einem Experiment der US-amerikanischen John Hopkins University in Baltimore, Bundesstaat Maryland, den Beweis für den ohreigenen Hörschutz lieferten. Die Forscher sind aber optimistisch, auf Basis des Proteins künftig Medikamente entwickeln zu können, die auch dem menschlichen Ohr einen akustischen Story I Gesundheitsgefahr Lärm Schutzschild bieten könnte. Man kann den Lärm aber durchaus auch mit seinen eigenen Waffen schlagen, nach dem Motto »Lärm gegen Lärm«: Das Prinzip des Gegenschalls oder auch Antischalls ist nicht neu, wird bei Flugzeug- oder Automotoren, Kernspintomografen oder Windkraftanlagen bereits seit Jahren eingesetzt. Dabei nutzt der Gegenschall die Physik der destruktiven Interferenz: Seine Schallwellen überlagern die der ursprünglichen Lärmquelle und reduzieren sie damit, vergleichbar gegenläufigen Meereswellen, durch die eine Wasseroberfläche wieder glatter wird. Bei Windkrafträdern zum Beispiel messen Sensoren die Schwingungen, die in der Anlage entstehen. An den Getriebelagern werden dann Negativschwingungen erzeugt, die die Ausgangsvibration samt Geräuschentwicklung dämpfen und im Idealfall komplett auslöschen. Die Systeme reagieren dabei selbstständig auf Frequenzwechsel, also auf Änderungen der ➔ akademie Zum Thema »Arbeitsschutz« bietet die TÜV SÜD Akademie eine Vielzahl an Seminaren, zum Beispiel zum Betriebsbeauftragten für Immissionsschutz. Mehr online unter www.tuev-sued.de/akademie Story I Gesundheitsgefahr Lärm 8 Drehgeschwindigkeit des Windrades, während passive Dämpfungssysteme nur Geräusche bestimmter Frequenzen schlucken. Das ist gut für Windräder, die in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit ihre Drehzahl variieren, um eine optimale Stromausbeute zu erzielen. Gegenschall, Proteine, Aktivkopfhörer, die mit MiniMikrofonen den Umgebungslärm registrieren und neutralisieren: Strategien und Techniken, den Umweltverschmutzer Lärm in den Griff zu bekommen, gibt es viele. Das norwegische Unternehmen Nacre mit Sitz in Trondheim hat gemeinsam mit dem Mineralölkonzern Statoil sogar Hightech-Ohrstöpsel entwickelt. Denn Besatzungen von Öl- und Gasplattformen haben vor allem unter einer Berufskrankheit zu leiden: der Schwerhörigkeit. Jedes Jahr kämen rund 600 neue Fälle aus der Energieindustrie hinzu; das auf »Quietpro« getaufte System soll dank eingebautem Lärm-Dosimeter zu laute Geräusche ausfiltern. Das Unternehmen bezeichnet das Produkt werbewirksam als den »fortschrittlichsten Gehörschutz der Welt« und hat seine Technik mittlerweile auch an das US-Militär verkauft. Auch dort gehört die Schwerhörigkeit aufgrund des regelmäßigen Schusswaffeneinsatzes zu einer der häufigsten Berufskrankheiten. Schleichende Schwerhörigkeit Man muss aber weder US-Marine noch Hubschrauberpilot eines norwegischen Ölkonzerns sein, um die negativen Aspekte der Lärmverschmutzung zu spüren. Einer Studie des schweizerischen Marktforschungsunternehmens Anovum zufolge leidet jeder achte Erwachsene in Europa an Schwerhörigkeit. Demnach sagen 15 Prozent der Befragten in Deutschland, 13 Prozent in Frankreich und mehr als 11 Prozent in Großbritannien, dass sie ein gemindertes Hörvermögen haben. Vergleichende Studien aus den USA zeigen ähnliche Zahlen. Und: »Die reelle Zahl der Schwerhörigen liegt höher als die Anzahl derjenigen, die sich der Schwerhörigkeit bewusst sind«, so Sören Hougaard, Generalsekretär der European Hearing Instrument Manufacturers Association mit Sitz im dänischen Bagsvaerd. Ein objektiver Hörtest würde im Vergleich zu einer Befragung einen Durchschnittswert von 15 bis 20 Prozent ergeben. »Der Unterschied liegt daran, dass ein Hörverlust meist zeitiger messbar ist, als dass man ihn selbst bemerkt«, so Hougaard weiter. Lärm mag subjektiv als störend oder nicht empfunden werden, seine Konsequenzen aber lassen sich durchaus objektiv messen. EU-weit am lautesten scheint es in Rumänien zu sein, zumindest gibt das europäische Statistikamt Eurostat an, dass 35 Prozent der in den dortigen Haushalten lebenden Bevölkerung der Ansicht sind, unter Lärm zu leiden. Zum Vergleich: Im dünn besiedelten Island und Norwegen sind dies lediglich je 12 Prozent, in Irland sogar nur rund 10 Prozent. Möglicherweise sind die Rumänien geräuschempfindlicher als andere Nationen? Oder ihre Bausubstanz ist lärmdurchlässiger als die in Dublin oder Oslo: Denn der Eurostat-Indikator zeigt den Prozentsatz der Gesamtbevölkerung auf, der angibt, »durch Lärm von Nachbarn bzw. von draußen beeinträchtigt zu werden«. Lärm hat eben immer auch eine psychologische Komponente: Störender als das Geräusch selbst wirkt sich wohl häufig auch die unterstellte Rücksichtslosigkeit des Nachbarn aus. ■ GERÄUSCHE DES ALLTAGS dB (A) 140 130 120 Düsentriebwerk 110 PKWHupe MP3-Player, Walkman In der Diskothek Rockkonzert Motorsäge 100 90 80 PKWVorbeifahrt Altglascontainer in 10m-Abstand Benzinrasenmäher 70 60 Regen Zimmerlautstärke Geräusche aus anderen Wohnungen Ticken einer Armbanduhr STILLE 40 ruhiges Wohngebiet 30 Blätterrauschen Flüstern 50 20 10 0 110 dB (A): Die Schmerzgrenze ist erreicht. Kreissägen und Presslufthämmer liegen in diesem Bereich, aber auch der Lärm in Diskotheken oder zu laute Musik aus MP3-Playern. 80 bis 100 dB (A) erreichen vorbeifahrende Lkws, Motorsägen oder Winkelschleifer. Hier droht bei Dauerlärm bereits der Gehörschaden. 60 bis 80 dB (A) erreicht ein lautes Gespräch, eine Schreibmaschine oder ein vorbeifahrendes Auto. Lärm im Bereich um 80 dB kann bereits zu gesundheitlichen Langzeitschäden führen. Bei Straßenlärm, der im Haus einen Schallpegel von 65 dB (A) erreicht, ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Störungen um 20 Prozent höher als bei 50 bis 55 dB (A). 20 bis 40 dB (A) sind bereits gut zu hören (Weckerticken, Computer, Ventilatoren, Hintergrundgeräusche im Haus). Manche Menschen werden hierdurch bereits im Schlaf gestört. 9 Story I Gesundheitsgefahr Lärm Wissen gegen Lärm Um die Bevölkerung zu schützen, muss Lärm gesteuert werden, glaubt EU-Umweltkommissar Janez Potocnik. Weil Lärm die Gesundheit schädigt, aber auch weil er ˇ teuer ist: In der EU entstehen Kosten in Höhe von rund 40 Milliarden Euro pro Jahr. Herr Potocnik: ˇ Wo in der EU ist es am lautesten? Das ist schwer zu sagen, da die Mitgliedsstaaten unterschiedliche Methoden für Lärmbelastungsindikatoren verwenden dürfen und auch die Anforderungen an die Eingangsdaten nicht vollständig harmonisiert sind. Bezogen auf bestimmte Daten schätzte das 1996 von der Kommission vorgelegte Grünbuch zur Lärmbelastung, dass rund 20 Prozent der europäischen Bevölkerung – das sind etwa 100 Millionen Menschen – einem Geräuschpegel ausgesetzt sind, den Wissenschaftler und Gesundheitsexperten für unzumutbar halten. Und heute? Die aktuellsten Daten, die für die erste Ausarbeitung von Lärmkarten erhoben wurden – also bis Ende 2007 – gehen davon aus, dass rund 40 Millionen Bewohner von Ballungsgebieten in der EU einem Straßenverkehrslärm ausgesetzt sind, der nachts ein akzeptables Maß überschreitet. Außerhalb von Ballungsgebieten leiden mehr als 25 Millionen Menschen unter einer inakzeptablen Lärmbelastung durch größere Straßen. Kann Lärm da noch gesteuert werden? Ja sicher. Und er muss gesteuert werden, um die Bevölkerung vor seinen Folgen zu schützen, die bis zu Schlafstörungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen reichen können. Die Lärmbekämpfung muss auf allen Regierungsebenen stattfinden. Aktionen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene müssen Hand in Hand gehen. Das heißt, … … dass wir uns auf europäischer Ebene darauf konzentrieren, einen Überblick über das Ausmaß des Problems zu gewinnen. Ein besseres Verständnis ist die Grundlage für weitere Maßnahmen auf allen Ebenen, insbesondere bei der Lärmbekämpfung, wo Subsidiarität schon immer ein bedeutendes Element war. Die Umsetzung der Richtlinie zum Umgebungslärm wird ebenfalls eine Grundlage für weitere EU-Maßnahmen zur Verringerung der Schallemissionen wichtiger Lärmquellen wie Straßen, Bahnen, Flugzeuge und Industrieanlagen sein. info Janez Potocnik ˇ wurde im März 1958 im slowenischen Kropa geboren. Der Vater von zwei Kindern schlug zunächst eine wissenschaftliche Laufbahn ein: Potocnik ˇ Was kostet uns der Lärm? Nach jüngsten Berechnungen entstehen durch Lärm Gesamtkosten in Höhe von rund 40 Milliarden Euro. Der größte Anteil entsteht dabei durch den Verkehrslärm, der mit bis zu 0,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts der EU zu Buche schlägt. Das heißt, er kostet die EU-Bürger etwa 12 Millionen Euro pro Jahr. Lärmbelästigung lässt zudem die Hauspreise sinken, die Menschen werden müde und entwickeln Hörschäden. Vor allem wird die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt. Dadurch leidet auch die Produktivität. promovierte 1993 im Fach Wirtschaftswissenschaften an der Universität Ljubljana und wurde anschließend Direktor des Instituts für makroökonomische Analysen und Entwicklung. 2002 wurde er Minister für Europaangelegenheiten der Republik Slowenien, im November 2004 wurde er EUKommissar für Wissenschaft und Forschung unter José Manuel Wird Lärmbelästigung nicht ernst genug genommen? Doch, ich denke, dass das Thema heute ernst genug genommen wird. Es wurde schon viel unternommen, wir konzentrieren uns vor allem auf die Schaffung einer europaweiten Wissensbasis zu dem Problem Lärm. Dabei muss jedoch die Subsidiarität gewahrt und es müssen lokale Befindlichkeiten beachtet werden. Die Richtlinie zum Umgebungslärm befindet sich in einer sehr aktiven Phase mit der Erstellung von Lärmkarten und Planung von Maßnahmen. Der erste Implementierungsbericht wird bald verfügbar sein. Ich bin zuversichtlich, dass er über einige wichtige Erfolge berichten wird. Zugleich wird er sicherlich auf einige Schwierigkeiten hinweisen und Bereiche mit Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen. Die Richtlinie hat ihr volles Potenzial noch nicht erreicht. Die Maßnahmen werden derzeit erst umgesetzt und viele geplante Effekte sind noch nicht zustande gekommen. Durão Barroso. Seit 2010 hat Potocnik ˇ das Umweltressort der EU-Kommission inne. News I International 10 Serbien: Gründungsfeier für neue Tochtergesellschaft shortcuts TÜV SÜD prüft Großhotel in Katar 27 Stockwerke soll ein neues Luxushotel in Doha haben. Mit dabei sind die Experten von TÜV SÜD, die die Statik des gesamten Gebäudeunterbaus prüfen. »Nachdem wir anfangs die Pläne überprüft haben, werden wir bei einem Vor-Ort-Termin die Bohr- und Gründungsarbeiten nach unseren Standards kontrollieren«, sagt Dr. Joachim Junggunst, Leiter des Bereichs internationale Bauprojekte bei TÜV SÜD Industrie Service. TÜV SÜD wird voraussichtlich nach vollendeter Statikprüfung auch die baubegleitende Qualitätsüberwachung verantworten. Die größte Herausforderung für das internationale Baucontrolling: die unterschiedlichen nationalen Qualitätsstandards bei der Bau-, Elektround Gebäudetechnik in Einklang zu bringen. Kontakt: [email protected] Neue Aufgaben auf den Highways Für seine Kunden in Großbritannien übernimmt TÜV SÜD Product Service künftig auch die Überprüfung von Schildern zur Verkehrsinformation an Autobahnen. Dabei testen die Experten sowohl die Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben als auch die Möglichkeit einer gewerblichen Nutzung der Schilder. Nachdem das britische Verkehrsministerium nicht länger die Prüfung durch eine »benannte Stelle« verlangt, können Unternehmen in Großbritannien künftig auf die Dienstleistungen von TÜV SÜD zurückgreifen. Kontakt: [email protected] Fit für den Markt in Nordamerika Mit dem kostenlosen Online-Seminar »Zulassung von Maschinen in den USA und Kanada« hat TÜV SÜD seine Kunden auf den Markteintritt in Nordamerika vorbereitet. Der Kurs fand im April 2011 live im Internet statt. Markus Pflügler vom Kompetenzzentrum Maschinen von TÜV SÜD Product Service erläuterte live die entsprechenden Zulassungsverfahren und gab praktische Tipps für Hersteller und Exporteure. Im Anschluss daran konnten die Teilnehmer des Webinars per E-Mail oder im Chat individuelle Fragen klären. Kontakt: [email protected] Im Februar fand die Gründungsfeier von TÜV SÜD Serbien in der Hauptstadt Belgrad statt. Seit Ende 2010 hat TÜV SÜD eine neue Tochtergesellschaft: Jetzt wurde in Belgrad die Eröffnung von TÜV SÜD Serbia mit einer Kundenveranstaltung gefeiert. Das Engagement des Unternehmens in Serbien reicht bis ins Jahr 1990 zurück: Zunächst wurden Aufträge vom slowenischen Ljubljana aus bearbeitet, ab 2001 gab es eine eigene Zweigstelle in Belgrad. Um der steigenden Bedeutung der Region für TÜV SÜD Rechnung zu tragen, wurde nun eine Tochtergesellschaft gegründet und mit dem kürzlich erworbenen Unternehmen BACCO control verschmolzen. In den vergangenen acht Jah- ren ist der Umsatz von TÜV SÜD in Serbien um 60 Prozent gestiegen. »Wir sehen in der Region eine große Dynamik und ein erhebliches Potenzial für uns«, so Dr. Axel Stepken, Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG. »Serbien und seine Nachbarländer Mazedonien und Montenegro haben einen festen Platz in unserer Konzernstrategie.« Bosko Gavovic, der Geschäftsführer von TÜV SÜD Serbia, erinnerte daran, dass TÜV SÜD vor allem im Bereich Lebensmittelsicherheit eine Pionierrolle in Serbien hat: »Heute zählt jedes fünfte Unternehmen hier zu unseren Kunden.« Kontakt: [email protected] Fasern unter der Lupe: Neues Prüfzeichen TexCheck Viele Textilien sind echte Hightech-Produkte, die Ansprüche an die Optik und die Qualität sind hoch. Die Käufer wollen außerdem sichergehen, dass keine gesundheitsschädlichen Chemikalien in der Jacke, dem T-Shirt oder der Hose enthalten sind. Daher haben die Regulierungsbehörden der wichtigsten Märkte Gesetze erlassen, die die Hersteller verpflichten, die Unbedenklichkeit ihrer Produkte sicherzustellen. TÜV SÜD wird dieser Anforderung mit einem neuen Prüfzeichen gerecht: TexCheck steht für hohe Qualitätsstandards und verbindet die Schadstoffprüfung von Textilien und Bekleidung mit Fabrikinspektionen im Herstellungsland. Jedes Kleidungsstück wird auf gefährliche Substanzen getestet. Daneben werden vor Ort auch die Arbeitsbedingungen unter die Lupe genommen. Das neue Prüfzeichen deckt sowohl die geltenden als auch mögliche neue – strengere – Vorgaben ab. Für viele Chemikalien sind die Ansprüche der TexCheck-Zertifizierung sogar höher als die gesetzlichen Anforderungen. Firmen, deren Produkte mit dem TexCheck-Zeichen gekennzeichnet sind, zeigen, dass sie sich den internationalen Qualitäts-, Sicherheits- und Sozialstandards verpflichtet fühlen. Für die Verbraucher bietet das neue Prüfzeichen die Gewissheit, dass bei der Herstellung ihrer Kleider auf die Gesundheit der Menschen und die Umwelt geachtet wurde. Kontakt: [email protected] 11 International I News TÜV SÜD PSB: Neue CO2-Zertifikate für Öko-Hotels in Asien Öko-Hotels genießen bei Reisenden immer größere Beliebtheit. TÜV SÜD PSB bietet nun eine neue Zertifizierung an, mit der die Betreiber dieser Hotels ihren ökologischen Fußabdruck überprüfen können. Berücksichtigt wird nicht nur der Ausstoß von Kohlendioxid pro Gast und Nacht, auch interne Umweltinitiativen spielen eine Rolle. Grundlage des Verfahrens sind internationale Standards des CO2-Managements wie ISO 14064. Die Hotels, die den höchsten Ansprüchen genügen, dürfen sich anschließend »TÜV SÜD Carbon Free Hotel« nennen, sind also ein »CO2-freies Hotel«. Mit dem neuen Angebot können Hotelbetreiber eine größere Transparenz und Glaubwürdigkeit beim Engagement für den Umweltschutz erzielen. Kontakt: [email protected] Glaubwürdigkeit beim Umweltschutz: TÜV SÜD PSB zertifiziert ökologischen Fußabdruck shortcuts Asien: Kooperation mit der TU München Gemeinsam umweltfreundliche Technologien erforschen und entwickeln – das wollen TÜV SÜD und die Außenstelle der Technischen Universität München. Im März haben TÜV SÜD und das German Institute of Science and Technology – TUM Asia auf einem Workshop in Singapur eine Kooperationserklärung unterzeichnet. Die beiden Partner wollen zukünftig in Bereichen wie Elektromobilität und Batterietechnologie zusammenarbeiten und Industrieunternehmen mit speziellen Schulungsprogrammen unterstützen. Ziel ist die Verbreitung umweltfreundlicher Technologien im südostasiatischen Raum. Kontakt: [email protected] TÜV SÜD sponsert spanische Qualität E-Mobilität: Neues Prüflabor in Kanada TÜV SÜD Canada hat das Unternehmen »Innovative Testing Solutions« (ITS) übernommen und baut damit sein weltweites Netz von Prüfeinrichtungen für die Elektromobilität weiter aus. Erst vor Kurzem hatte TÜV SÜD den Bau eines Prüflabors in Garching bei München bekannt gegeben, bereits bestehende Labore gibt es in Singapur und den USA. »Die Investitionen im Bereich Batterieprüfung mit jetzt vier Laboren sind ein wichtiger Schritt, um uns international als Nummer eins bei allen Sicherheitsfragen zur E-Mobilität zu etablieren«, sagt Dr. Axel Stepken, Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG. ITS ist ein diversifiziertes, am Markt etabliertes und von der American Association for Laboratory Accreditation (A2LA) nach ISO/IEC 17025 Im Frühjahr 2011 fand der Kongress »Chemische Sicherheit in Textilien, Leder und Accessoires« des spanischen Verbands für Qualität AEC (Asociación Española para la Calidad) in Zusammenarbeit mit dem spanischen Ministerium für Industrie, Tourismus und Handel statt. Als Mitglied des ACE, vertreten in den Komitees »Zertifizierung« und »Softlines« hat TÜV SÜD Iberia die Veranstaltung gesponsert. Für José A. Via, Geschäftsführer TÜV SÜD Iberia, ein Gewinn: »Effizienter und mit weniger Streuverlusten kann man seine Zielgruppe kaum erreichen.« Kontakt: [email protected] Größtes Prüflabor in Großbritannien TÜV SÜD: Expansion in Kanada akkreditiertes Prüflabor für Batterien und elektrische Produkte. Das kanadische Unternehmen führt Umweltprüfungen und mechanische Prüfungen zur Ermittlung der Lebensdauer dieser Produkte durch. Kontakt: [email protected] TÜV SÜD Product Service entwickelt sich in Großbritannien zum Marktführer unter den SAR-Laboren. Das Labor führt nach internationalen Standards Untersuchungen und Messungen zur Funkstrahlung durch und testet unter anderem die Spezifische Absorptionsrate (SAR). Mit der Einführung von zwei neuen Testsystemen im ersten Halbjahr 2011 wird TÜV SÜD Product Service zum größten staatlich akkreditierten SAR-Labor in Großbritannien. Die Kunden des Prüflabors verfügen mit den neuen Tests nun über größere Wahlmöglichkeiten. Kontakt: [email protected] Story I Spielzeugsicherheit 12 Reines Kinderspiel Puzzles, Stofftiere, Puppen: Immer wieder muss gesundheitlich bedenkliches Spielzeug aus den Regalen genommen werden. Ab Juli 2011 tritt die aktualisierte Spielzeugrichtlinie der EU in Kraft, die Spielwaren sicherer machen soll. Doch es ist ein schnelllebiger und globaler Markt – wie können Verbraucher und Händler weltweit sicher sein, dass das Spielzeug auch wirklich sicher ist? 13 Story I Spielzeugsicherheit Damit die bunte Kinderwelt heil bleibt: Die neue Europäische Spielzeugrichtlinie erhöht die Anforderungen an Spielwaren – zum Nutzen der Konsumenten. s ist eine Branche, die von Innovation bestimmt wird, immer am Puls des Spieltriebs: Die bunte Welt der Spielwaren lebt wie kaum eine zweite von Neuentwicklungen. Nur wer als Hersteller schnell reagiert, das richtige Gespür dafür hat, womit Kinder morgen spielen, wird auch am Ende an der Kasse die Nase vorn haben. »Über 50 Prozent der Umsätze auf dem weltweiten Spielwarenmarkt werden inzwischen mit Produkten erzielt, die es vor einem Jahr noch nicht gab«, erklärt Otto E. Umbach, Geschäftsführer des europäischen Fachhändlerverbunds idee+spiel. Auch die Produktlaufzeit beträgt nur zwei bis drei Jahre. Es muss also schnell gehen bei Entwicklung und Herstellung – dabei muss immer sichergestellt sein, dass auch die Qualität stimmt. E Spiel ohne Grenzen Die Aktualisierung der Europäischen Spielzeugrichtlinie, die ab Juli 2011 (siehe Kasten S. 15) in Kraft tritt, soll Spielzeug noch sicherer machen – die Anforderungen für Hersteller, Importeure, Händler und Bevollmächtigte steigen. »Eine der größten Herausforderungen stellt die Risikoanalyse dar, die Hersteller im Rahmen der technischen Dokumentation verpflichtend durchführen müssen«, sagt Robert Ziegler, TÜV SÜD-Fachmann für Spiel- zeugsicherheit. »Das Spektrum der Risikoanalyse reicht von mechanischen bis hin zu hygienischen Gefahren. Zudem müssen die Hersteller auch vorhersehbaren Fehlgebrauch von Spielwaren vorher bedenken.« TÜV SÜD unterstützt hier, um für Sicherheit im Kinderzimmer zu sorgen: Von Entflammbarkeit, Tests auf Schadstoffbelastung bis hin zu gefährlichen Kleinteilen nehmen die TÜV SÜD-Experten Spielwaren genau unter die Lupe. »Alle beteiligten Akteure der Spielwaren-Lieferkette können ihre Risiken minimieren und letztlich auch Kosten sparen, wenn sie unser Know-how in Sachen Spielzeugsicherheit frühzeitig in Anspruch nehmen«, betont Ziegler. Außerdem unterstützen sie die Hersteller bei der Entwicklung, weisen auf Risiken hin, zertifizieren die Produktionsstätten oder die Mitarbeiter im Qualitätsmanagement. Dank dem weltweiten Netzwerk von Standorten und Laboren von TÜV SÜD können Hersteller, Händler und Importeure entsprechende Experten vor Ort kontaktieren und die globale Expertise zu Prüfrichtlinien und Testkompetenz nutzen. Riese im Spielzeugland An China und seinen Nachbarländern kommt kaum ein Hersteller vorbei: Nach Branchenangaben finden über 70 Prozent der weltweiten Spielwarenproduktion derzeit in ➔ 14 Story I Spielzeugsicherheit Der »Spielwarenladen der Welt«: Nach wie vor kommen 70 Prozent aller weltweit hergestellten Spielsachen aus Fernost. Allerdings gibt es einen Trend zur Rückverlagerung nach Europa, insbesondere in östliche EU-Mitgliedsländer. Asien statt. Dies beeinflusst natürlich auch die Warenströme: Rund 80 Prozent der in der Europäischen Union verkauften Spielwaren werden aus anderen Wirtschaftsregionen importiert. Die Hauptimportroute verläuft von China nach Europa – der Riese gilt nach wie vor als Herstellerland Nummer eins. Aus Kostengründen verlagerten viele europäische Hersteller bereits vor Jahren ihre Produktionen ins Ausland, meist nach Fernost. Die Hochburgen der Spielzeugproduktion stehen im Süden Chinas, wie zum Beispiel in Guangzhou. »China ist vor allem dort stark, wo in den Produktionsprozessen viel Handarbeit gefordert ist. Für bestimmte Produkte wie zum Beispiel Inlineskater gibt es in der westlichen Welt praktisch keine leistungsfähigen Fabriken mit großen Kapazitäten«, berichtet Umbach. In der Vergangenheit waren Spielsachen »Made in Asia« aber immer wieder in die Kritik geraten. Daher unterzeichneten China und die EU bereits 2006 ein Aktionsprogramm, um in Sachen Spielzeugsicherheit enger zu kooperieren. Im Jahr 2008 wurde der chinesische Staat ebenfalls aktiv und schloss etwa tausend Spielwarenfabriken wegen unzureichender Produktqualität. »In China tut sich einiges, um die Sicherheit von Spielwaren zu verbessern«, berichtet Markus Jahns, Experte bei TÜV SÜD für die chemische Sicherheit von Spielwaren, der selbst in China gearbeitet hat. »Dabei ist die Inspektion vor Ort durch eine Prüfinstitution eigentlich der einzige Weg, um sich Klarheit zu verschaffen.« Besonders für kleine Kinder hat die Schadstofffreiheit oberste Priorität: »Kinder reagieren auf Chemikalien wesentlich empfindlicher als Erwachsene«, weiß Jahns. Außerdem hätten Kinder im Alter von sechs Jahren bereits durchschnittlich 15.000 Stunden ihres Lebens mit Spielzeug verbracht, so ein Bericht des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Gefährliche Stoffe In der aktuellen Diskussion sind vor allem sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK. Sie können als Verunreinigung in Weichmacherölen auftreten. Da sie als gesundheitsschädlich gelten, schreibt das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz für das GS-Zeichen strenge Höchstwerte vor. Die Anforderungen an die chemische Sicherheit von Spielwaren werden durch EU-Recht (s. Kasten rechts) ab 2013 weiter verschärft. Die Produkte müssen dann frei von krebserregenden, erbgut- und fortpflanzungsge- 15 Story I Spielzeugsicherheit fährdenden Stoffen sein, sogenannten CMR-Stoffen. »Der Umfang der Prüfung auf Schwermetalle wurde auch deutlich ausgeweitet, ebenso verbotene Duftstoffe«, erläutert Jahns. Es geht um insgesamt rund 800 Substanzen, die ab dann auf dem Index stehen. Fachhandel setzt auf Qualität Der Preis für geprüfte Qualität zahlt sich aus: »Eltern sollten bei der Gesundheit ihrer Kinder keinerlei Abstriche machen«, sagt Dr. Volker Schmid vom Deutschen Verband der Spielwaren-Industrie. »Wenn ausschließlich der Geldbeutel beim Kauf entscheidet, ist diese Entscheidung meist falsch.« Er appelliert auch an die Verantwortung der Produzenten: »Jeder Spielzeughersteller sollte aus unserer Sicht ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem haben.« Auch der Fachhandel geht auf Nummer sicher: Der Einkaufsverbund idee+spiel beispielsweise, in dem über 1.000 Fachhändler in fünf europäischen Ländern zusammengeschlossen sind, setzt auf zertifizierte Qualitätsmanager, bei Einzelprüfungen auf unabhängige Prüfinstitutionen. »Unsere Fachhändler bestellen bei über 400 gelisteten Händlern. Die Spielwaren selbst müssen sich in unserem Showroom einer Qualitäts- und Preis-LeistungsBeurteilung stellen«, erklärt Geschäftsführer Umbach. Sei man unschlüssig, könnten Eltern im Laden auch mithilfe ihrer Instinkte ein gutes von einem schlechten Spielzeug unterscheiden, so Schmid: »Wenn Sie ein Produkt mit Augen, Händen und Nase für unbedenklich empfinden, dann ist es in der Regel auch gut.« ■ Die EU-Spielzeugrichtlinie In Kraft getreten ist die neue EU-Spielzeugrichtlinie 2009/48/EC bereits im Juli mentation für alle Proudukte vorhalten. In Deutschland wird die EU-Richtlinie im 2009. Sie ersetzt die Richtlinie 88/378/EGW, die bereits über 20 Jahre alt war. Rahmen des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG) in nationales Recht »Hier war dringend Überarbeitungsbedarf notwendig, um die Richtlinie auf den umgesetzt. aktuellen Stand zu bringen«, so TÜV SÜD-Spielzeugexperte Robert Ziegler. Märkte haben sich verändert, neue Materialien und Stoffe werden verwendet. Nach Nachbesserungen sind wahrscheinlich einer Übergangsfrist von zwei Jahren greifen nun ab Juli dieses Jahres die ersten Neuerungen der Richtlinie und der harmonisierten Normenreihe EN 71. Im Dezember vergangenen Jahres hat EU-Industriekommissar Antonio Tajani vor Für den Bereich chemische Sicherheit dauert die Übergangsfrist noch bis 2013. dem Europäischen Parlament Nachbesserungen an der Richtlinie angekündigt. Er Wichtige Änderungen betreffen zum Beispiel die Produkte, die im Sinne der reagierte damit auch auf Kritik aus Deutschland und anderen Mitgliedsländern, Richtlinie nicht als Spielzeug gelten. Die Hersteller von Spielzeug werden ver- die die neuen Regelungen als nicht weitgehend genug bewertet haben. Noch ist pflichtet, vor der Sicherheitsprüfung ihres Produkts eine Gefährdungs-analyse also nicht sicher, wie genau die Regelungen für den chemischen Teil aussehen vorzunehmen. Außerdem müssen sie künftig eine umfassende technische Doku- werden, wenn dieser im Juli 2013 in Kraft tritt. Story I Neue Lichttechnik 16 Licht und Schatten Ab September 2012 soll in der Europäischen Union die Glühlampe komplett vom Markt verschwinden. Und auch andere Länder – beispielsweise die USA, Russland oder Mexiko – verbieten die Lichttechnik. Als Alternative rückt die Energiesparlampe in den Fokus – doch wie sauber ist das Licht der Zukunft tatsächlich? m Multimedialabor von TÜV SÜD Product Service können die unterschiedlichsten Eigenschaften von Leuchtmitteln untersucht werden: von der Farbwiedergabe bis zur Anlaufzeit, von der Lampenlebensdauer bis zum Quecksilbergehalt. Für das TÜV SÜD Journal haben Klaus Ludwig, Leiter des Labors, und Dr. Thomas Gritsch, Produktleiter im Bereich Umweltservice bei TÜV SÜD Industrie Service, die beiden Technologien gegenübergestellt. I Technik vs. Tradition Lange Zeit konnte die herkömmliche Glühbirne an entscheidender Stelle punkten. Sie funktioniert zwar heute noch so wie vor 130 Jahren – durch elektrischen Strom wird ein Leiter, der Glühfaden, erhitzt und damit zum Leuchten gebracht –, besticht aber gerade durch diese simple Technik. Dieses einfache Prinzip hat ihr ein Jahrhundert lang nahezu konkurrenzlos den Markt gesichert. Die Energiesparlampe ist technisch um einiges komplizierter. Sie besteht aus einem Glasrohr, in dessen Inneren sich ein mit Quecksilber versetztes Edelgas befindet. Um die Lampe anzuschalten, ist ein Zünder nötig, der meist in die Lampe integriert ist und für den Stromfluss sorgt. Aus der Quecksilber-Gas-Mischung bildet sich Quecksilberdampf, der UV-Licht abstrahlt, das von den mit Leuchtstoff beschichteten Innenwänden in sichtbares Licht umgewandelt wird. Gewinnt also die neue Technologie gegen das altbewährte, aber einfache Lampenprinzip? »Bei der Energiesparlampe gibt es noch jede Menge Entwicklungspotenzial. Anlaufzeit, Farbdarstellung, Leistungsfaktor und die Gefährdung bei Bruch müssen deutlich optimiert werden«, so Klaus Ludwig. Ob sie sich dann durchsetzen wird, darf aber bezweifelt werden: »Die Energiesparlampe ist aus unserer Sicht nur eine Zwischenlösung auf dem Weg zur LED, die in ein paar Jahren das Hauptleuchtmittel sein wird«, resümiert Dr. Thomas Gritsch. ■ Die Glühlampe: Sie ist umweltschonend in der Herstellung, überall einsetzbar und günstig. Kaputte Glühbirnen können im normalen Hausmüll entsorgt werden. Viele Menschen schätzen an der Glühbirne ihr helleres, gleichmäßiges, tageslichtähnliches Lichtspektrum ohne die Abstrahlung mittelfrequenter, elektromagnetischer Wellen, Flimmern oder UV-Strahlung. Sie entfaltet beim Einschalten sofort ihre volle Helligkeit. Aber: Sie hat eine verhältnismäßig niedrige Lebensdauer von rund 1.000 bis 2.000 Betriebsstunden. Hauptmanko der Glühbirne: Sie verbraucht zu viel Strom. Glühbirnen wandeln den aufgenommenen Strom nur zu einem Bruchteil in Licht um, rund 95 Prozent des aufgenommenen Stroms werden bei der Erhitzung der Drähte nutzlos in Wärme umgesetzt. 17 Story I Neue Lichttechnik Die Energiesparlampe (ESL) punktet vor allem mit ihrer hohen Effizienz: Für vergleichbare Helligkeit wird weniger Energie benötigt als bei einer Glühbirne. Der Energieverbrauch ist bei Glühbirnen rund fünfmal so hoch wie bei einer ESL. Die Lebensdauer einer ESL ist rund zehnmal höher als bei einer herkömmlichen Glühbirne, beträgt rund 10.000 bis 20.000 Betriebsstunden. Für die Herstellung einer ESL wird eine Vielzahl an Bauteilen und Substanzen benötigt, damit das eingefüllte Lampengas leuchtet. Bei Herstellung und Entsorgung ist die ESL damit umweltschädlicher als die Glühbirne. Geht eine ESL zu Bruch, kann das Umwelt und Gesundheit gefährden. In einer vom Umweltbundesamt beim Fraunhofer-Wilhelm-Klauditz-Institut in Auftrag gegebenen Untersuchung lag die Quecksilber-Belastung der Raumluft in einer Prüfkammer um das 20-Fache über dem Richtwert von 0,35 μg/m3 für Innenräume. Dieser dient der Beurtei- akademie lung des potenziellen Gesundheitsrisikos in Deutschland. die Zusatzqualifikation zum Zum Thema »Lichtplanung« bietet die TÜV SÜD-Akademie Fachplaner Licht. Mehr Informationen online unter Das Licht der Lampe wirkt auf viele Kunden unnatürlich und kalt, Farben werden verfälscht dargestellt. www.tuev-sued.de/akademie kontakt Klaus Ludwig TÜV SÜD Product Service Weil die Lampen Quecksilber enthalten, müssen sie im Sondermüll entsorgt werden. Ebenfalls potenziell gefährlich: das UV-Licht, das insbesondere bei ESL minderer Qualität abgestrahlt wird. +49-89-5008-4570 +49-89-5008-4133 [email protected] kontakt Thomas Gritsch Je nach Technologie braucht eine ESL eine Anlaufzeit von bis zu 60 Sekunden, bis sie rund 60 Prozent ihrer Lichtintensität erreicht. TÜV SÜD Industrie Service +49-89-5791-2835 +49-89-5791-1551 [email protected] Das Thema im Internet: www.tuev-sued.de/journal News 18 Ausgezeichnet mit »Best of European Business«-Award shortcuts Weltmarktführer TÜV SÜD Die Marke TÜV SÜD steht in vielen Ländern weltweit für unabhängige Prüf- und Zertifizierungsdienstleistungen. Nun ist TÜV SÜD im erstmals erschienenen »Lexikon der deutschen Weltmarktführer« zu finden. Das rund 700 Seiten starke Buch führt 750 deutsche Unternehmen auf, die in ihrer Branche zur Weltspitze gehören. Dr. Boris Gehring, CEO des Geschäftsbereichs Industrie Service, nahm den Preis von den beiden Verlegern Florian Langenscheidt und Professor Bernd Venohr entgegen. Bereits im vergangenen Jahr war TÜV SÜD als »Marke des Jahrhunderts« ausgezeichnet worden. TÜV SÜD ist Preisträger des »Best of European Business«-Awards 2011. Ausgezeichnet wurde das Unternehmen für sein erfolgreiches Wirtschaften in Asien und vor allem in den ASEAN-5-Ländern: Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand und Vietnam. Besonders hervorgehoben wurde von der Jury die geschickte Diversifizierung der TÜV SÜD-Dienstleistungen. Dr. Axel Stepken, Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG, ist stolz auf die Auszeichnung – und auf die Leistungen, die dahinter stehen: »Zwischen 2005 und 2010 haben wir Umsatz und Mitarbeiterzahl in Asien vervierfacht. Als Dienstleister folgen wir strategisch der Entwicklung der internationalen Märkte und den Anforderungen unserer Kunden – deshalb haben wir gezielt in den Auf- und Ausbau unserer Infrastruktur für Textilprüfungen in Asien investiert.« Kontakt: [email protected] Kontakt: [email protected] HU: Online-Anmeldung immer beliebter Der Trend ist ungebrochen: Immer mehr Menschen melden ihr Fahrzeug online zur Hauptuntersuchung an. Von 2008 bis 2010 stiegen die Anmeldezahlen auf den TÜV SÜD-Internetseiten um mehr als das Doppelte. Mithilfe eines übersichtlichen Online-Formulars können sich Privatkunden zu verschiedenen Dienstleistungen in einem TÜV SÜD Service-Center ihrer Wahl anmelden und gleichzeitig einen Wunschtermin reservieren – ganz komfortabel und von zu Hause aus. Kontakt: [email protected] s@fer-shopping – bekanntestes Gütesiegel Der Handel im Internet boomt, immer mehr Menschen kaufen in Online-Shops ein. Aber: Datenmissbrauch, Falschlieferungen oder eine komplizierte Seitennavigation können den Kunden das Leben schwer machen. Mit dem Gütesiegel s@fer-shopping zertifiziert TÜV SÜD seit zehn Jahren seriöse Anbieter und übersichtlich aufgebaute Shops im Internet. Und das mit Erfolg: Das Siegel ist laut einer Befragung der Gesellschaft für Konsumgüter (GfK) das bekannteste unter den Online-Gütesiegeln. Die Studie zeigt auch, dass diese bei der Kaufentscheidung eine wichtige Rolle spielen: 15 Prozent der Befragten kaufen nur bei zertifizierten Online-Händlern, für weitere 62 Prozent ist es zumindest eines der Entscheidungskriterien. Kontakt: [email protected] Dr. Axel Stepken, Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG (links,) mit den anderen Gewinnern Dr. Dieter Zetsche (Daimler AG), Jochen Zaumseil (L`Oréal) und Dr. Frank Appel (Deutsche Post DHL). Zu zweit zur Zulassung: TÜV SÜD kooperiert mit Sixt In Zusammenarbeit mit Sixt, dem deutschen Marktführer für Autovermietung, hat TÜV SÜD das Gemeinschaftsunternehmen TÜV SÜD Car Registration & Services GmbH (CRS) gegründet. Ab Mai bietet es sämtliche Dienstleistungen rund um die behördliche Anmeldung von Fahrzeugen an. »Zunächst richtet sich das Angebot an Betreiber von Großflotten«, sagt Thilo von Ulmenstein, einer der beiden Geschäftsführer des neuen Unternehmens. »In Zukunft sollen aber auch Privatkunden von dem Service profitieren.« Mit Sixt und TÜV SÜD haben sich zwei Partner zusammengetan, die sich bestens mit der Zulassung von A bis Z und mit dem Flottenmanagement auskennen. »Wir kennen die Anforderungen an eine reibungslose und kostengünstige Zulassung bis ins Detail. Nun können wir unsere Erfahrung mit dem Partner TÜV SÜD an Kunden weitergeben«, sagt Co-Geschäftsführer Sebastian Birkel. Auch für die eigene Flotte wird Sixt das neue Angebot nutzen. Der Komplettservice aus einer Hand optimiert die Fuhrparksteuerung und senkt nachhaltig die Mobilitätskosten von Flottenbetreibern. Neben der Produktion von KfzKennzeichen bietet CRS einen völlig neuen Service: Um den Ablauf zu vereinfachen, entwickelte das Unternehmen eine Internetanwendung. Das Online-Tool ersetzt den Dokumentenversand und beschleunigt die Fahrzeuganmeldung. Kontakt: [email protected] 19 News TÜV SÜD zertifiziert Offshore-Windpark Erst im Januar 2011 wurde die Abteilung Offshore Windenergie gegründet, um die TÜV SÜD-Kompetenz im Offshore-Bereich zu bündeln, jetzt wurden bereits erste Aufträge an Land gezogen: TÜV SÜD Industrie Service wird das geplante Offshore-Projekt Albatros 1 der Strabag Offshore Wind GmbH zertifizieren. Das Vorhaben: Auf einem Windparktestfeld 93 Kilometer östlich von Juist sollen etwa zehn Windenergieanlagen mit einem Schwergewichtsfundament errichtet werden. Als Projektzertifizierer begleitet TÜV SÜD den Offshore-Windpark Albatros 1 auf Basis des entsprechenden Standards des Bundesamtes für Seeschifffahrt und shortcuts OMV: Verschiebung des Anlagenstillstands Hydrographie (BSH). Die TÜV SÜD-Experten unterstützen Planer, Investoren und Betreiber unter anderem durch die Zertifizierung von Offshore-Windparks, die technische Prüfung von Offshore-Strukturen, die Erstellung von Risikoanalysen oder die komplette Bauüberwachung. Kontakt: [email protected] Ablauge fürs Klima Aus einem Abfallprodukt Strom erzeugen – diese Idee funktioniert auch bei der Herstellung von Zellstoff: Die sogenannte Ablauge, die bei der Zellstoffherstellung anfällt, lässt sich als Biobrennstoff für die Stromerzeugung verwenden. Damit der Strom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz vergütet wird, muss ein unabhängiger Nachweis zur Nachhaltigkeit vorliegen. TÜV SÜD hat deshalb den Einsatz des Sekundärrohstoffs nach der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (BioSt-NachV) bei den sechs großen Zellstoffwerken in Deutschland zertifiziert. Ablauge verursacht bei der Verstromung mindestens 90 Prozent weniger CO2-Emissionen als fossile Energieträger. Weil sie im Sinne der BioSt-NachV als Reststoff aus der Zellherstellung gilt und im Vorfeld keine Emissionen verursacht, ist ihre Klimabilanz optimal. Kontakt: [email protected] Neu gestaltete Karriere-Webseite Die Karriere-Webseite eines Unternehmens ist für Bewerber ein wichtiger Anlaufpunkt und für Arbeitgeber ein wichtiges Medium zur Positionierung. 2010 hat TÜV SÜD deshalb sein Karriere-Angebot im Internet neu gestaltet und verbessert. Mit Erfolg: Beim diesjährigen »Potentialpark Award«, bei dem die besten Karriere-Webseiten deutscher Unternehmen ausgezeichnet werden, ist TÜV SÜD der beste Neueinsteiger. Die Seite ist nicht nur leicht zu bedienen, sondern liefert auch zahlreiche Informationen zu Arbeitgeberleis- tungen, Work-Life-Balance und persönlicher Weiterbildung. Highlight ist das interaktive Feature »Menschen bei TÜV SÜD«, in dem 27 Mitarbeiter über ihre Aufgaben berichten. »Bewerber wollen wissen, was sie bei dem potenziellen Arbeitgeber erwartet: Aufgaben, Umfeld, Leistungen. Zusätzlich wollen sie sich schnell über konkrete Jobangebote informieren. Wir haben versucht, beiden Bedürfnissen gerecht zu werden«, sagt Susanne Woyke vom TÜV SÜD-Personalmarketing. Kontakt: susanne.woyke@@tuev-sued.de Durch ein Gutachten der TÜV SÜD Industrie Service kann die OMV Deutschland GmbH das Betriebsintervall ihrer Raffinerie in Burghausen um zwei Jahre verlängern. Im Normalfall wird eine Anlage alle fünf Jahre abgeschaltet und den gesetzlichen Prüfungen sowie einer gründlichen Wartung und Reinigung unterzogen. TÜV SÜD hat in einem Gutachten die Möglichkeit untersucht, die Anlage zwei Jahre länger zu betreiben – unter Beibehaltung des Sicherheitsniveaus. »Man kann die Innenbesichtigung, für die ein Druckbehälter abgestellt und geöffnet wird, den dann ein Sachverständiger inspiziert, durch andere Prüfmaßnahmen ersetzen«, sagt Dr. Jürgen Deininger, Senior-Experte Anlagenoptimierung bei der IS GmbH. Geprüft wird dann mittels Ultraschallmessungen oder Röntgenaufnahmen. Diese Ersatzmaßnahmen können im laufenden Betrieb durchgeführt werden. Kontakt: [email protected] Gesündeste Unternehmen gesucht Jetzt online anmelden: TÜV SÜD Life Service vergibt bereits zum dritten Mal gemeinsam mit dem Handelsblatt und EuPD Research den »Corporate Health Award«. Mit dem Preis werden Unternehmen ausgezeichnet, die sich vorbildlich um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter kümmern. Firmen können sich noch bis Ende Juni unter www.corporatehealth-award.de bewerben. Die Gewinner werden im Herbst 2011 durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausgezeichnet. Kontakt: [email protected] Konsequentes Energiemanagement TÜV SÜD hat die Nabatec AG, einen Zulieferer für die Kunststoff- und Keramik-Industrie, nach der DIN EN 16001 zertifiziert. Damit wird Nabatec ein klimaschonendes Energiemanagement bescheinigt, das für eine systematische Verbesserung der energetischen Leistung des Unternehmens steht. Zum Beispiel sind Instrumente wie Monitoring und Controllingsysteme als Basis für ein wirkungsvolles Energiemanagementsystem genutzt worden. Kontakt: [email protected] S t o r y I Pe r s o n a l e n t w i c k l u n g 20 Wissen sichert Zukunft Die Fraport AG betreibt mit dem Flughafen Frankfurt quasi eine Stadt für sich. Damit alles reibungslos funktioniert, beschäftigt sie Tausende Spezialisten. kontakt Kai Probst »Gut ausgebildete Fachkräfte sind einer der zentralen Erfolgsfaktoren für ein TÜV SÜD Geschäftsführer Akademie Unternehmen«, sagt Kay Wendelmuth von Fraport. Das Unternehmen, das im +49-89-5791-2835 +49-89-5791-1551 Aktienindex MDAX gelistet ist, setzt sich darum konsequent für die Weiterbildung [email protected] Das Thema im Internet: www.tuev-sued.de/journal seiner Mitarbeiter ein. Unterstützt wird es von der TÜV SÜD Akademie. 21 S t o r y I Pe r s o n a l e n t w i c k l u n g Bildungspartner für Unternehmen weltweit ie Fraport AG ist Deutschlands Tor zur Welt. Als Betreiber des Rhein-MainFlughafens in Frankfurt am Main ist das Unternehmen für eines der weltweit größten Luftverkehrsdrehkreuze verantwortlich. Rund 12.000 Mitarbeiter sorgen dafür, dass mehr als 450.000 Starts und Landungen im Jahr reibungslos ablaufen. Der Flughafen hat in den vergangenen Jahrzehnten einen steilen Aufschwung genommen, die Passagier- und Frachtzahlen haben sich in den letzten 25 Jahren mehr als verdoppelt. »Ein Verdienst unserer Mitarbeiter«, sagt Kay Wendelmuth, Managementsystemberater bei der Fraport AG und verantwortlich für das ManagementAudit-Programm. »Gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte sind einer der zentralen Erfolgsfaktoren für ein innovatives und global agierendes Unternehmen«. Die Qualifizierung und ständige Weiterbildung der FraportMitarbeiter hat daher einen hohen Stellenwert im Unternehmen. Unterstützt wird Fraport bei vielen seiner Weiterbildungsangebote durch die TÜV SÜD Akademie. »Durch Wissen kann man neuen Herausforderungen leichter begegnen«, sagt Kai Probst, Geschäftsführer der TÜV SÜD Akademie. »In der Arbeitswelt müssen wir uns heute ständig neuen Techniken und Themen stellen.« Die Fraport AG lässt sich daher einiges einfallen. Eine der zentralen Maßnahmen: Jeder Mitarbeiter bekommt eine sogenannte Q-Card, eine »Qualifizierungskarte«. Dieses Lernguthabenkonto kann für Weiterbildungen eingesetzt werden, die nicht unmittelbar für die berufliche Tätigkeit erforderlich sind, etwa für Schulungen im Bereich Führen und Teamarbeit oder IT. »Die Q-Card soll allen Mitarbeitern die Chance geben, in ihrer Freizeit Schulungsangebote der Fraport AG zu nutzen«, so Wendelmuth. Der individuelle Einsatz des jährlichen Q-Card-Budgets ergänzt die »Muss-Schulungen« in jobspezifischen Bereichen, die während der Arbeitszeit besucht werden. Durch die Übertragung der D Verantwortung auf die Beschäftigten sollen diese angeregt werden, »lebenslanges Lernen« selbst in die Hand zu nehmen. Denn heute gibt es so gut wie keine Berufe mehr, in denen Weiterbildung keine Rolle spielt. Für ein effektives Management Als erster deutscher Flughafenbetreiber führte die Fraport AG bereits1994 ein Qualitätsmanagement nach EN ISO 9001 ein. Wichtiger Bestandteil: eine durchgängige Qualifikationsstrategie. »Das QM-System zeigt auch unseren Kunden, welch hohen Stellenwert die Qualität in unserem Unternehmen hat, und dass wir uns an international vorgegebene Standards halten«, sagt Wendelmuth. Thematisch geht es bei den von der TÜV SÜD Akademie angebotenen Seminaren im Bereich Qualitätsmanagement hauptsächlich um Weiterbildungen für Qualitätsmanagementfachkräfte, -beauftragte und Auditoren, aber auch um Spezialthemen aus den Bereichen Umwelt und Arbeitssicherheit. 2011 sollen laut Wendelmuth 18 Mitarbeiter geschult werden, die sich im Regelfall zwei aufeinander folgende Module aussuchen und so über rund zehn Tage fortgebildet werden. »Wir haben die Schulungen zuvor inhäusig organisiert, schicken unsere Mitarbeiter aber jetzt in die offenen Seminare bei der Akademie in Frankfurt am Main oder in Hamburg«, so Wendelmuth weiter. Ein Grund: »Wir sind flexibler, weil sich die Kolleginnen und Kollegen die Termine nach ihren Bedürfnissen aussuchen können und wir nicht auf zehn Leute in einer einzigen Woche verzichten müssen.« Die Resonanz auf die angebotenen Programme? Im Vergleich zu anderen Seminarangeboten seien die der TÜV SÜD Akademie »konzentrierter und kompakter«, fasst Wendelmuth das Feedback kurz zusammen. ■ Unternehmen wie das MDAX-Unternehmen Fraport vertrauen bei der Schulung ihrer Mitarbeiter auf die TÜV SÜD Akademie. 2011 feiert sie ihr 25-jähriges Bestehen. Den Kunden in seinem Bereich fit machen Die Grundidee: das enorme Fachwissen des Prüfdienstleisters an interessierte Kunden weitergeben. Heute bietet die TÜV SÜD Akademie Schulungen zu vielen Themen aus den Bereichen Technik und Management an. »Der Kunde erwartet, dass TÜV SÜD seinen Aufzug nicht nur prüft, sondern Experten ihm auch sagen, was er tun muss, wenn der Aufzug stecken bleibt«, sagt Kai Probst, Geschäftsführer der TÜV SÜD Akademie. »Wir machen die Leute fit im Umgang mit den Regularien in ihrem Bereich oder zeigen ihnen, wie sie Abläufe verbessern können.« Und das nicht nur in Deutschland, sondern international in neun Ländern. In den 25 Jahren ihres Bestehens ist das Portfolio der TÜV SÜD Akademie um ein Vielfaches gewachsen – parallel zum Angebot der Geschäftsfelder. Heute ist sie deutschlandweit führend beim Thema Qualitätsmanagement. Durch ihre internationale Präsenz kann TÜV SÜD seine Kunden auch im Bildungsbereich weltweit unterstützen. CSR: TÜV SÜD Akademie startet Projekt im Jubiläumsjahr 2011 startet die TÜV SÜD Akademie ein internationales Engagement für soziale Projekte. »Bildung ist der Schlüsselfaktor für Frieden, Wohlstand und Weiterentwicklung weltweit«, sagt Probst. Aus diesem Grund will sich die Akademie künftig auch außerhalb ihrer Geschäftstätigkeit für Bildungschancen engagieren. »Mit der Unterstützung entsprechender Projekte wollen wir Menschen die Chance geben, sich unabhängig von Herkunft und materiellen Möglichkeiten zu bilden und ihrer Zukunft eine Perspektive zu geben.« Dafür entsteht eine »Chancen-Akademie«, die kostenfreie Bildungsangebote der TÜV SÜD Akademie an soziale Projekte vermittelt. 22 »Mehr in Weiterbildung investieren« Dr. Barbara Ischinger, OECD-Direktorin für Bildung, über die Bedeutung beruflicher Weiterbildung für die Wettbewerbsfähigkeit in einer globalisierten Welt. info Dr. Barbara Ischinger ist seit dem 1. Januar 2006 Direktorin für Bildungswesen bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Davor besetzte sie verschiedene leitende Positionen im Bereich der internationalen Zusammenarbeit und Bildung mit Schwerpunkten in Europa, den Was bedeutet »Lebenslanges Lernen«? Die Anforderungen im Berufsleben und die Fähigkeiten, die heute von Erwerbstätigen erwartet werden, verändern sich ständig. Hat man früher noch lebenslang eine Arbeit mit demselben Profil ausgeübt, so müssen heute die Bildungseinrichtungen für eine wechselnde Arbeitsfähigkeit ausbilden. Im globalen Arbeitsmarkt verändern sich die Berufsprofile und es werden immer neue Kompetenzen erwartet. Insbesondere in den Industrieländern sind bestimmte Fähigkeiten heute nicht mehr so gefragt wie früher, wie zum Beispiel Routinearbeiten, die outgesourct, und Arbeitsabläufe, die digitalisiert werden. USA und Afrika. Zuletzt war Ischinger Vizepräsidentin der Humboldt-Universität Berlin, zuständig für internationale Angelegenheiten und PR. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit Umstrukturierungen akademischer Lehrpläne und beruflicher Weiterbildung, um diese an die Welche Rolle spielt hier der Staat? Das Interesse des Staates an beruflicher Weiterbildung richtet sich einerseits auf den Erhalt und die Förderung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Wirtschaft. Andererseits geht es ihm um die Bewältigung der erheblichen Arbeitsmarktprobleme und die Sicherung des gesellschaftlichen Zusammenhalts einschließlich der Förderung von Chancengleichheit. Bedürfnisse des Arbeitsmarktes und an gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen. Große Themen sind in diesem Zusammenhang der Fachkräftemangel und der demografische Wandel ... Ja, das sind große Herausforderungen. Die OECD hat in den vergangenen Jahren mehrere Länder darauf hingewiesen, dass die Nachfrage nach hoch qualifizierten Fachkräften zunimmt und dass sie sich darauf einstellen müssen. Das fängt an der Universität an und setzt sich in der beruflichen Weiterbildung fort, wo man entsprechende Qualifizierungen vorsehen muss. In der Praxis gibt es hier große Unterschiede zwischen den Ländern: Amerika kann sehr gut die Forschung umsetzen, die im eigenen Land entwickelt wird. Die Firmen können schnell die eigenen Ressourcen aktivieren und sind auch attraktiv für die besten internationalen Fachkräfte. Dagegen tut sich Deutschland insbesondere im Anwerben internationaler Fachkräfte noch schwer. Der demografische Wandel spielt neben Deutschland vor allem in Japan und Italien eine Rolle. Welchen Stellenwert hat heute Qualifizierung in einem Unternehmen? Unternehmen müssen ihre Produktion in vielerlei Hinsicht ganz spezifisch orientieren und dafür brauchen sie hoch qualifizierte Leute. Wir haben bei unseren Erhebungen erkannt, dass Weiterbildung erfolgreicher ist bei bereits gut Ausgebildeten. Die nehmen entsprechende Angebote sehr viel mehr wahr als die, bei denen es besonders nötig wäre. Was heißt das für die Personalentwickler? Ein Arbeitgeber muss darauf achten, dass er eben nicht nur die bereits gut Ausgebildeten weiter schult, sondern auch die Fähigkeiten der anderen anhebt. Was muss sich in Zukunft ändern? Angesichts des Strukturwandels in der Arbeitswelt müssen die Rahmenbedingungen für ein lebenslanges Lernen geschaffen werden. Eine Antwort auf die Veränderungen kann nur eine integrierte Arbeitsmarkt- und Qualifizierungspolitik sein. Wie sieht eine solche Integration aus? In Skandinavien etwa sind die Bildungssysteme auf ein lebenslanges Lernen ausgerichtet. Die Weiterbildung ist im System verankert, das heißt, der beschleunigte Strukturwandel in diesem Bereich wird dort als Tatsache betrachtet, für die man am Arbeitsmarkt adäquate Lösungen entwickeln muss. Flexibilität auf der einen und soziale Sicherheit auf der anderen Seite sollen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden. Bezahlt wird die berufliche Weiterbildung dort durch öffentliche Zuschüsse, Gewerkschaften und die Arbeitgeber. 23 TÜV SÜD Akademie Eine große Herausforderung: Die Gesundheit der Mitarbeiter Fehltage, Burn-out und psychische Erkrankungen: Vielen Menschen schlägt ihr Beruf auf die Ge sundheit. Die TÜV SÜD Akademie ist auch im Jahr ihres 25. Jubiläums innovativ und greift ab Oktober 2011 mit der modularen Ausbildung zum BGM- und Präventionsmanager TÜV SÜD das hochaktuelle Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement auf. Die neuen Seminare unterstützen Unternehmen dabei, ihre Mitarbeiter durch ein strukturiertes und nachhaltiges Gesundheitsmanagement psychisch und körperlich fit zu halten. Um ein BGM-System professionell im Unternehmen zu etablieren, müssen die Verantwortlichen über interdisziplinäre Kenntnisse verfügen. Die wesentlichen Inhalte: BGM Basics: Politik, Gesetze und modernes BGM Modul 1: Aufbau und Steuerung des BGM Modul 2: Einführung eines ganzheitlichen BGM Modul 3: Controlling und Motivation im BGM Die Veranstaltungen richten sich an Führungskräfte und für BGM zuständige Mitarbeiter, Betriebs- und Personalräte, Betriebs- und Werksärzte, Arbeitsmediziner, leitende Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie Qualitätsmanagementbeauftragte, die das Managementsystem in ihrem Unternehmen mit BGM verknüpfen möchten. Mehr Informationen und die Termine für 2011 sind im Internet unter www.tuev-sued.de/akademie/bgm zu finden. Messevorschau Das Expertenteam von TÜV SÜD freut sich bei den nachfolgend aufgeführten Messen auf Ihren Besuch: MAI ËAutomotive Testing Expo, Stuttgart, 17.–19.5. ËDCONex, Augsburg, 19.–20.5. ËAWEA Windpower, Dallas, 22.–25.5. JUNI ËCarbon Expo, Barcelona, 1.–3.6. ËPower Gen Europa, Mailand, 7.–9.6. ËSensor + Test, Nürnberg, 7.–9.6. ËIntersolar, München, 8.–10.6. ËReal Estate North and Expansion, Hamburg, 14.–15.6. ËWowex, Köln, 16.–18.6. ËPublic Transport/Interiors, Berlin, 22.–24.6. TÜV SÜD erstellt Wasserstoff-Schulungskonzept Bereits seit mehreren Jahren forschen Wissenschaftler in aller Welt an Möglichkeiten, um Wasserstoff als Antriebsmittel für Motoren zu nutzen. Mittlerweile sind europaweit entsprechende Wasserstoffanlagen in Betrieb. Um sowohl über die Potenziale als auch über die Risiken von Wasserstoff aufzuklären, plant die Europäische Kommission ein internationales Schulungsprojekt – und die TÜV SÜD Akademie wird dieses konzipieren und durchführen. TÜV SÜD ist dabei Konsortialführer eines Zusammenschlusses mehrerer Unternehmen der Wasserstoffbranche und der University of Ulster. »Wir werden im ersten Schritt eine Strategie erarbeiten, die ein permanentes Schulungsangebot für die Zielgruppen durch anerkannte Institutionen beinhaltet«, sagt Kai Probst, Geschäftsführer der TÜV SÜD Akademie. Bislang werden in Europa zwar vereinzelt allgemeine Schulungsinhalte zum Thema Wasserstoff angeboten, doch keines dieser bestehenden Weiterbildungsformate hat dabei die entsprechende Zielgruppe im Fokus. Derzeit sind in Europa 75 Wasserstofftankstellen in Betrieb, weitere 50 sind bereits in Planung. Die EU-Kommission erwartet, dass im Jahr 2020 bereits 2,5 Millionen wasserstoffgetriebene Fahrzeuge auf Europas Straßen unterwegs sein werden. Kontakt: [email protected] impressum Verleger und Herausgeber: TÜV SÜD AG, Westendstraße 199, 80686 München Inhaber: TÜV SÜD e. V. (74,9 %), TÜV SÜD Stiftung (25,1 %), Westendstraße 199, 80686 München TÜV SÜD Akademie Kontakt: Birgit Klusmeier [email protected] +49- 89 5791-3306 News Druck: Niedermayer & Tandler GmbH, Ludwigstraße 97, 84524 Neuötting Erscheinungsweise: vierteljährlich Verantwortlich: Fotonachweis: Matthias Andreesen Viegas, Leiter Unternehmenskommunikation Corbis (Titel, 2-5, 7, 11-17, 19, 26, 28, 30, 31), EU-Kommission (9), Jörg Riedle, Chefredakteur Fraport AG (20), OECD (22), Ghorfa (29), TÜV SÜD (10, 18, 24), Westendstraße 199, 80686 München Unverlangte Einsendungen und Manuskripte gehen in unser Realisation: Eigentum über und werden nicht archiviert. Eine Rücksendung medienfabrik Gütersloh GmbH, erfolgt nur auf besonderen Wunsch und bei beigefügtem, ausreiGeisenhausener Straße 17, 81379 München chendem Rückporto. Story I Umwelttechnologie 24 Sauber durch die Wand Wo Industrieanlagen stehen, fallen meist auch Schadstoffe an: Kritisch ist vor allem, wenn Grundwasser verschmutzt wird. Eine spezielle Technologie hilft, es zu reinigen – ökologisch und kostengünstig. n Ottobeuren, rund hundert Kilometer westlich von München, wird auf dem ehemaligen Gelände einer chemischen Reinigung mithilfe von Eisengranulat das Grundwasser saniert. Das Prinzip: Verunreinigtes Wasser fließt aufgrund eines natürlichen Gefälles durch das reaktive Material einer Wand, das die Schadstoffe entfernt (siehe Infografik). Seit einem Jahr begleitet TÜV SÜD den auf fünf Jahre angelegten Freilandversuch. Die Experten haben den Schaden durch die Verunreinigung mit Chlorkohlenwasserstoff (CKW) untersucht: »Wir haben ein Sanierungskonzept erstellt und dokumentieren die Funktion der Reaktiven Wand«, sagt Hans Betko, Gruppenleiter für den Bereich Grundwasser und Altlasten bei TÜV SÜD Industrie Service. Sein Resümee: »Eine überaus elegante und kostengünstige Sanierungsmethodik, um problematische Chemikalien zu zerstören.« I Von der Wissenschaft begleitet Das Projekt in Ottobeuren wird von Wissenschaftlern der Technischen Universität München begleitet, die Daten erheben und so erste Erfahrungswerte aus der Praxis sammeln. »Das Verfahren wird zwar in der Praxis eingesetzt, ist aber noch nicht so bekannt, da sich der Prozess über Jahre einspielen muss«, sagt Dr. Karl Glas. Der Ingenieur arbeitet am Lehrstuhl für Chemisch-Technische Analyse und Chemische Lebensmitteltechnologie der TU München. »Jeder Stein, jedes Gewässer, jede Gegend ist ein bisschen anders, das ist ein Problem. Nach fünf Jahren haben wir mehr Erfahrung für eine bessere wissenschaftliche Beurteilung«, so Glas. Die erste Reaktive Wand wurde 1994 in Kalifornien errichtet. »Auch heute wird in den USA viel mit Reaktiven Wänden gearbeitet«, so Betko. Weltweit laufen derzeit mehr als 100 Projekte, davon über 70 in den USA. In Deutschland sind es nur eine Handvoll, neben Ottobeuren zum Beispiel in Rheine und Tübingen. Das Langzeitverhalten ist von zentraler Bedeutung beim Einsatz der Technologie, da in der Regel mit einer Laufzeit von mehreren Jahrzehnten zu rechnen ist. »Die Langlebigkeit hängt entscheidend von der Wasserchemie und den hydrogeologischen Verhältnissen ab.« Die bisherigen Ergebnisse von Langzeitprojekten zeigten laut Betko aber, dass die Verfahren auch über viele Jahre gut funktionieren. Bei günstigen Rahmenbedingungen könne man durchaus mit einer Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren rechnen. kontakt Hans-Joachim Betko TÜV SÜD Industrie Service +49-89-5791-2001 +49-89-5791-1098 [email protected] Das Thema im Internet: www.tuev-sued.de/journal Eine Zukunftstechnologie Neben der Erforschung des Langzeitverhaltens und hydraulischer Fragestellungen ist die Entwicklung und Bewertung neuer Materialien in Reaktiven Wänden entscheidend. Eine noch relativ junge Variante ist die Injektion von elementarem Eisen als Nanoteilchen, die schneller reagieren als Eisengranulat, wie es in Ottobeuren eingesetzt wird. »Wir müssen den Nachweis erbringen, dass Nanoteilchen medizinisch unbedenklich sind. Durch die Wand gelangen sie ins Wasser, und man weiß noch nicht genau, welche Auswirkungen sie wirklich haben«, so Glas. Im Augenblick sei es aber vor allem wichtig, noch mehr über das Reaktive-Wand-Verfahren zu erfahren und es weiterzuentwickeln. »Wichtig sind fundierte Bewertungskriterien. Bislang sind die Ergebnisse zufriedenstellend und lassen hoffen, künftig klare Vorgehensweisen für solche Technologien zu haben.« ■ In den meisten Fällen sind Reaktive Wände mit Eisengranulat gefüllt. Die Wand, die 2009 in Ottobeuren errichtet wurde, ist 29 Meter lang, zwei Meter hoch und 60 Zentimeter breit. Grundwasser-Fl 25 Story I Umwelttechnologie Eine Möglichkeit zur Reinigung verschmutzten Grundwassers bietet der Einsatz von Reaktiven Wänden: Mit konventionellen Tiefbautechniken werden Wandsysteme quer zum Grundwasserstrom in den Untergrund eingebaut. Das verunreinigte Wasser fließt aufgrund des natürlichen Gefälles durch das reaktive Material der Wand, wodurch die Schadstoffe daraus entfernt werden. akademie Gewässerschutz in der Praxis: Zum richtigen Umgang mit wassergefährdenden Flüssigkeiten bietet die TÜV SÜD Akademie zahlreiche Seminare an, zum Die passiven Verfahren mittels Reaktiver Wände besitzen gegenüber den Beispiel zum Betriebsbeauftrag- aktiven Pump-and-Treat-Methoden (Bild rechts) – bei denen das schad- ten für Gewässerschutz. Mehr stoffbelastete Grundwasser abgepumpt und in oberirdischen Anlagen Informationen online unter gereinigt wird – deutliche Vorteile: Der Energieverbrauch ist gering, es erfolgt www.tuev-sued.de/akademie nur ein geringer Eingriff in den Grundwasserfluss und es ist keine aufwendige Anlagentechnik nötig, da die Schadstoffe direkt im Grundwasser in ungefährliche Stoffe umgesetzt werden. Insbesondere bei langen Sanierungszeiträumen bieten passive Systeme Vorteile, zum Beispiel entfallen die Wartungskosten. Kontamination gereinigtes Grundwasser ießrichtung durchströmte Wand CI CI H C=C CI H + CI C=C CI H GWM 8 H In Ottobeuren fließt das mit Tetrachlorethen, einem früheren Standardmittel chemischer Reinigungen, verschmutzte Wasser durch das reaktive Wandmaterial. Die GWM 6 GWM 7 Zur Prüfung von Funktion und Wirksamkeit der durchströmten Wand CKW-Moleküle werden innerhalb weniger Stunden zerstört. Es entstehen harmlose werden Grundwassermessstellen vor, Substanzen wie Chlorid und Ethen. Neben CKW lassen sich auch andere organi- innerhalb und hinter der Wand eingebaut, sche und anorganische Schadstoffe, wie Uran oder Arsenat, mit dem Verfahren zer- an denen regelmäßig Proben entnommen und stören oder reduzieren. analysiert werden. GWM 9 GWM 10 S t o r y I M e k k a - M e t ro Die Kaaba in der Mitte der Al-Haram-Moschee in Mekka: Ziel der alljährlichen Pilgerfahrt für Millionen Moslems und geografisches Zentrum des Islam. 26 27 S t o r y I M e k k a - M e t ro Metro für Millionen Mekka ist nicht nur die Geburtsstätte des Propheten Mohammed und damit die heiligste Stadt des Islam. Mekka ist auch einmal im Jahr ein logistisches Großprojekt: Wenn Millionen Pilger aus aller Welt zum Hadsch in die Stadt kommen, herrscht Ausnahmezustand. Eine neue Metro soll Abhilfe schaffen. er Weg nach Mekka ist beschwerlich und weit. Er war und ist immer auch eine Reise aus der Wüste durch die Wüste und in die Wüste. Die heiligste Stadt des Islam liegt knapp 100 Kilometer vom Roten Meer entfernt im Westen Saudi-Arabiens, umrahmt von zwei Bergketten, die ein Tal bilden, in das die Pilger strömen: 2010 drängten offiziell mehr als 2,7 Millionen Gläubige in die Geburtsstadt des Propheten Mohammed, sie reisen aus aller Welt an den Ort, den ein gläubiger Moslem mindestens ein Mal im Leben besucht haben muss. Wenn Mekka überquillt, dann ist Hadsch in der arabischen Welt, die große Pilgerzeit. Eine anstrengende Zeit für die Gläubigen. In Mikat beginnt ein mehrtägiges Ritual, das über die Kaaba im Zentrum Mekkas weiter nach Mina, über die Arafat-Ebene und zurück führt. Eine Wallfahrt, die neben der symbolischen Steinigung des Teufels auch die Umrundung der Kaaba vorsieht. Die Reise nach Mekka ist auch immer ein kompliziertes Ritual: An bestimmten Orten müssen bestimmte Gebete gesprochen, an definierten Stellen die Geschwindigkeit des Gehens angepasst werden. Wer dabei Fehler macht, für den ist der Hadsch ungültig und muss wiederholt werden. D Erst Wüstenschiffe, jetzt Boeings Mekka war schon immer ein Magnet für Moslems. In frühislamischen Zeiten, in denen die größten Pilgerrouten ihren Anfang in Kairo oder Damaskus nahmen und bis zu 40 Tagen dauerten, zogen Karawanen aus dreißig- oder vierzigtausend Menschen über den Sinai oder das heutige Jordanien nach Saudi-Arabien zu den heiligen Stätten. In heutigen Zeiten kommen die Pilger kaum noch auf dem Rücken von Kamelen, sondern in den Bäuchen von Flugzeugen, auf den Sitzreihen von klimatisierten Bussen oder in kilometerlangen Autokorsos. Die Pilgersaison Mikat ist eine alljährliche Herausforderung an die Logistiker des Mekka saudischen Königreiches. Das Grundproblem der Pilgerreise ist, dass fast drei Millionen Gläubige aus den unterschiedlichsten Erdteilen mit den unterschiedlichsten sozialen und politischen Hintergründen in einem relativ kurzen Zeitraum aufeinandertreffen. Das birgt jede Menge 0 km 4 Sprengkraft. Entschärfend – zumindest, was den Transport der Pilger angeht – könnte die zum Hadsch im vergangenen Jahr in Betrieb genommene »Mekka-Metro« wirken. Das neue Verkehrsmittel mit dem offiziellen Namen Al Masheer Al Mugaddassah Metro soll nach den Vorstellungen des Auftraggebers, der Saudi Railways Organization, mehr als 50.000 Busse pro Jahr überflüssig machen, die endlosen Staus zwischen den einzelnen Pilgerstationen verringern und die Wallfahrt sicherer und komfortabler machen: Denn zählt man alle Unfälle zusammen, dann sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als 2.000 Pilger ums Leben gekommen. Die Mekka-Metro ist erst der Anfang Erst im Februar 2009 hatte das Königreich den Auftrag an die China Rail Construction Company (CRCC) erteilt, genauer: die Al Rajihi Alliance, ein Konsortium aus saudischen Firmen, CRCC und Alstom Transport. Auftragsvolumen: 1,8 Milliarden US-Dollar. Über 18,1 Kilometer verbindet die Metro seit No- ➔ Mina-Ebene Muzdalifa Über Mikat und Mekka zur Arafat-Ebene und zurück (oben): Die »Mekka-Metro« folgt über 18,1 Kilometer dem Verlauf der Pilgerroute. ArafatEbene 28 Story I Mekka-Metro In neun Stationen zur »Erlösung« STETIG WACHSENDE PILGERSCHAREN 1995 1.865.234 1996 1.942.851 1997 1.832.114 1998 1.831.998 1999 1.839.154 2000 1.913.263 2001 1.944.760 2002 2.041.129 2003 2.012.074 2004 2.164.479 2005 2.258.050 2006 2.378.636 2007 2.454.325 2008 2.408.849 2009 2.313.278 2010 2.789.399 In Rekordzeit wurde die mehr als 18 Kilometer lange Metro-Linie errichtet: Im Keine U-Bahn, sondern ein Viadukt auf Schienen Frühjahr 2009 erhielt die China Railway Construction Corporation den Auftrag für das Projekt, im August 2010 fuhr der erste Zug testweise auf der Strecke. Streng genommen ist es allerdings nicht ganz korrekt, die Metro als »U-Bahn« Die Linie besteht aus insgesamt neun Stationen und folgt dem Verlauf der Pil- zu bezeichnen, denn der größte Teil der Strecke verläuft nicht unterirdisch, gerreise der Gläubigen (s. Karte S. 27). Überhaupt ist die Mekka-Metro im Gro- sondern auf einem eigens errichteten Viadukt. TÜV SÜD Rail hat mit ins- ßen und Ganzen auf die Bedürfnisse der Pilger zugeschnitten, heißt: möglichst gesamt neun Experten vor Inbetriebnahme die Strecke vor Ort auf sicher- viele Menschen in möglichst kurzer Zeit zu transportieren. Jeder Zug, gebaut heitsrelevante Aspekte untersucht. »Wir lieferten eine Beurteilung des und geliefert von der ebenfalls chinesischen Changchun Railway Vehicle Com- Gesamtsystems, auf deren Basis das zuständige Ministerium in Saudi Arabien pany kann 3.000 Passagiere transportieren. Er besteht aus zwölf Waggons und die Betriebserlaubnis erteilte«, so Jens Flachsbarth von der TÜV SÜD Rail erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern. GmbH. vember 2010 die Stadt Mekka mit den Pilgerorten Mina, der Arafat-Ebene und Muzdalifa und soll bei Vollauslastung ab dem Hadsch 2011 insgesamt 72.000 Passagiere pro Stunde über die neun Stationen transportieren. Dabei markiert die Mekka-Metro erst den Startschuss eines saudi-arabischen Eisenbahn-Großprojektes über 450 Kilometer. Die Haramain High Speed Rail soll ab Ende 2012 die Städte Mekka und Medina via King Abdullah Economic City, Jeddah und King Abdulaziz International Airport verbinden. Mit den Hochgeschwindigkeitswüstenschiffen soll die Reisezeit zwischen Mekka und Medina auf zwei Stunden, zwischen Mekka und Jeddah auf eine halbe Stunde reduziert werden. Schöne Erscheinung für die kulturelle Verbindung Das Projekt ist auch ein gutes Beispiel für eine Internationalisierung der Geschäftstätigkeit in der arabischen Welt, die längst gelebte Realität ist – trotz aller Klischees und aktueller Unsicherheiten (siehe Interview Seite 29): Neben den Partnern aus China und Frankreich lieferte der deutsche Konzern KnorrBremse die Bremstechnologie zu, Thales aus Frankreich sorgt für Telekommunikation, die Experten von TÜV SÜD Rail traten als Gutachter des Gesamtsystems auf. Und um die schöne Erscheinung kümmern sich die Architekten von Foster + Partner gemeinsam mit den Kollegen des Buro Happold, die insgesamt vier Stationen des Haramain High Speed Rail Project entwerfen. Dabei sei das Design nicht nur schön, sondern auch nachhaltig, glaubt Mouzhan Majidi von Foster + Partner, »mit weitreichenden sozialen und wirtschaftlichen Effekten: Denn das Projekt fördert die soziokulturelle Verbindung zwischen den westlich gelegenen Städten des Königreiches – das Design der Stationen soll diesen progressiven Ansatz unterstützen«. Ob eine Metrostation das leisten kann, sei dahingestellt. Im Vordergrund muss ohnehin ihre Transportkapazität stehen, denn es wird eng im Königreich: In den kommenden 25 Jahren wird die Zahl derjenigen, die auf große Pilgerfahrt gehen, die 3-Millionen-Marke deutlich übersteigen, lässt das HadschMinisterium verlauten. ■ kontakt Marco Fois TÜV SÜD Rail +49-89-5190-1851 +49-89-5190-2933 [email protected] Das Thema im Internet: www.tuev-sued.de/journal 29 S t o r y I M e k k a - M e t ro »Freunde finden, Geschäfte machen« Das Beispiel Mekka-Metro zeigt: Geschäfte mit der arabischen Welt werden internationaler. Dabei geht es nicht nur um Vertragsverhandlungen – die »persönliche Note« bringt den Erfolg. Wie sehr sind die deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen von den unterschiedlichen Kulturen geprägt? Die deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen sind grundsätzlich sehr gut. Selbstverständlich gibt es kulturelle Aspekte, die bei der Geschäftsanbahnung besonders berücksichtigt werden sollten. Diese sind aber erlernbar, beispielsweise in Seminaren zur interkulturellen Kommunikation. Können Sie den wichtigsten Unterschied benennen? Eine Besonderheit ist, dass man mit arabischen Geschäftsleuten nicht nur zusammensitzt und über das Geschäft spricht. Das scheitert fast zwangsläufig. Die arabische Kultur ist personenbezogen. Das bedeutet, dass zunächst eine persönliche Beziehung aufgebaut werden muss. Erst danach kommt das Geschäft. Ist Etikette wichtiger als harte Fakten? Selbstverständlich nicht. Geschäfte werden allerdings auch beim Abendessen oder durch Empfehlungen gemacht, das bedeutet jedoch nicht, dass die Geschäfte nicht professionell gemacht werden. Letztendlich ist es wie überall auf der Welt: persönliche Kontakte und die Präsenz vor Ort sind entscheidend für den Erfolg. In der arabischen Welt vielleicht noch ein wenig mehr. Was ist der größte Fehler, den ausländische Investoren machen können? Der wäre, zu schnell aufzugeben. Unser Rat als Ghorfa: Wenn Sie sich die Region als Zielmarkt ausgewählt haben, sollten Sie Geduld mitbringen. Investieren Sie in persönliche Kontakte. Ein mittelständisches deutsches Unternehmen will in der Regel bereits nach dem zweiten oder dritten Vor-Ort-Termin Ergebnisse sehen. Aber Geduld und langfristiges Denken zahlen sich in der arabischen Welt aus: Ein Geschäftspartner beispielsweise aus Saudi-Arabien sieht sein Geschäft nicht als reinen Import-Export. Er betrachtet seinen Geschäftspartner als Freund, mit dem er zusätzlich Geschäfte macht. info Abdulaziz Al-Mikhlafi ist General- Wie wichtig ist Deutschland als Geschäftspartner für die arabische Welt? Deutschland nimmt in allen arabischen Ländern stets einen der vorderen Plätze ein. Vor allem in den prosperierenden Volkswirtschaften, die nach guter Qualität und guten Dienstleistungen suchen, ist »Made in Germany« gefragt. sekretär der deutsch-arabischen Industrie- und Handelskammer Ghorfa. Der 1963 geborene Jemenit trat nach seinem Studium der Politischen Wissenschaft und der Ökonomie dem diplomatischen Dienst Jemens bei und konnte Deutsche Unternehmen haben in Sachen Zuverlässigkeit und Qualität einen guten Ruf. Öffnet ihnen das mehr Türen als den Investoren aus anderen Ländern? Der gute Ruf ist sicherlich hilfreich, das heißt aber nicht, dass das Geschäft von alleine kommt. Man muss diese Attribute auch leben, außerdem Zeit in den Markt investieren und sich diesen genau anschauen. »Made in Germany« reicht alleine nicht aus. Trotz der hohen Qualität deutscher Produkte und der Zuverlässigkeit der Dienstleistungen können sprachliche Faktoren oder höhere Preise kurzfristig ein Gegenargument sein. Wir sind uns aber sicher: Langfristig liegt Deutschland vorne. Wie ändern sich die Wirtschaftsbeziehungen durch die derzeitigen politischen Entwicklungen in der arabischen Welt? Die Proteste werden kaum Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen haben, da sie sich gegen die eigenen Regierungen richten und nicht gegen die Geschäftspartner. Die Bevölkerung will mehr Teilhabe, die Entwicklungen im eigenen Land mitgestalten. Kurzfristig herrscht dadurch Planungsunsicherheit. Für Investoren können die Entwicklungen jedoch langfristig vorteilhaft sein, da diese durch liberalere Regierungen und transparentere Regelwerke Vereinfachungen mit sich bringen können. während seiner Laufbahn, unter anderem in Saudi-Arabien und Ägypten, hohe diplomatische Positionen bekleiden. Seit Anfang der 1990er Jahre leitete Al-Mikhlafi die Wirtschaftsabteilung der jemenitischen Botschaft in Bonn. Im Jahr 2000 wurde er zum Generalsekretär der Ghorfa gewählt, 2004 erhielt er den Botschafterstatus der Republik Jemen. Wa s T Ü V S Ü D s o a l l e s m a c h t . . . Fußspuren im Wein Eigentlich kommt es beim Weingenuss eher auf Alkoholgehalt oder die Menge an Tanninen, also Gerbstoffen, an. Hanglage, Bodenart und -beschaffenheit oder die Sonneneinstrahldauer sind weitere Fragen, die den Weinkenner beschäftigen. Aber Fußabdrücke? Dabei werden gerade diese in Zeiten eines weltweit steigenden Umweltbewusstseins immer wichtiger, zumindest wenn es sich um einen CO2-Fußabdruck für Weine handelt. TÜV SÜD hat jetzt den Product Carbon Footprint – die Bilanz aller klimarelevanten Emissionen über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes – des Öko-Weingutes Viñedos Emiliana in Chile untersucht. Auf dem Prüfstand standen fünf Bio-Weinlinien. Die TÜV SÜD-Experten untersuchten den gesamten Produktionsprozess von der Traubenernte über die Veredelung bis zum Versand. Auf Basis der Ergebnisse konnte Viñedos Emiliana Maßnahmen zur CO2-Reduktion entwickeln. Die dennoch anfallenden Emissionen werden »kompensiert«: durch Investitionen in Klimaschutzprojekte. Sei es ein Cabernet Sauvignon oder ein Shiraz des Weinguts: Käufer bekommen künftig nicht nur preisgekrönte Tropfen, sondern auch das gute Gefühl, ökologisch verantwortungsbewusst zu handeln. 30 31 27 Wa s T Ü V S Ü D s o a l l e s m a c h t . . . www.tuev-sued.de Klimaschutz gehört die Zukunft und er verschafft Ihnen schon heute einen großen Wettbewerbsvorteil. TÜV SÜD gehört zu den international führenden Verifizierern und bewertet unter anderem Klimaschutzprojekte nach dem Kyoto-Protokoll und Monitoringberichte im Rahmen des EU-Emissionshandels. Unser Expertenwissen über Klimaschutz und Energieeffizienz ist weltweit gefragt. Wer in eine Zusammenarbeit mit uns investiert, sichert sich wirtschaftlichen Mehrwert. Deshalb: Gestalten Sie mit uns lebenswerte Zukunft! TÜV SÜD AG • Westendstraße 199 • 80686 München • Tel: 0800 888 4444