Erlebnisbericht Maj d.R. Wittmann ( PDF , 28,0 kB)

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Erlebnisbericht Maj d.R. Wittmann ( PDF , 28,0 kB)
Erlebnisbericht Maj d.R. Wittmann, Ulrich
Von einem Kollegen im Niedersächsischen Innenministerium, der schon am DEU/US
ResOffz Austausch teilgenommen hatte, wurde mir das Programm als äußerst
interessant und attraktiv wärmstens empfohlen.
Schon immer am US-Militär und den USA insgesamt interessiert, entschied ich mich
zur Bewerbung.
Daraufhin
bewarb
ich
mich
im
Jahre
2012
mehrere
Monate
vor
dem
Bewerbungsschluss.
Schon Mitte November 2012, also mustergültig frühzeitig, bekam ich eine E-Mail des
SKA, KompZResAngelBw, über meine Auswahl, was mich sehr freute.
Mitte März 2013 war eine 3tägige DVag in Berlin, Julius-Leber-Kaserne, geplant, bei
der sich die Teilnehmer kennenlernen konnten. Dies war eine gute, aber auch
notwendige Einstimmung auf den Austausch. Hierzu waren auch die USProgrammmanager aus dem Pentagon angereist und brieften in mehreren
Kurzvorträgen
die
Teilnehmer
zum
Austausch.
Daneben
fand
noch
ein
Besuchsprogramm im BMVg und in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand als
Ergänzung und historisch-kulturelle Abrundung statt.
Ab
Jahresende
2012/Beginn 2013
begann
ich mit
den organisatorischen
Vorbereitungen: Einleiten der Sicherheitsüberprüfung, Gesundheitsuntersuchungen,
Ideensuche zu Gastgeschenken, Ausfüllen Formulare, diverser Schriftverkehr mit
SKA, meist über E-Mail.
In dieser Phase war sehr viel Eigeninitiative im Zusammenspiel mit dem eigenen
Beorderungstruppenteil (Landeskommando Niedersachsen), SKA und anderen
Dienststellen (Karrierecenter wegen Gesundheitsakte, FachSanZ Hannover wegen
Terminabsprachen, LHBw Servicestation wegen Terminabsprachen Einkleidung und
zusätzliche Ausstattung mit Tropenbekleidung) erforderlich.
Die Phase der Vorbereitung war im Großen und Ganzen bis Anfang Mai 2013
abgeschlossen. Hilfreich war hier wirklich die Erstellung einer Checkliste mit
sicherlich 20 zu erledigenden Punkten von A – Z, die alle abgearbeitet werden
mussten. Die Vorbereitung kostet also durchaus Zeit.
Ausgestattet mit zwei großen Koffern, einem Rucksack und 2 Tüten voller
Gastgeschenke (vor allem von der Stadt Hannover und der Niedersächsischen
Staatskanzlei) reiste ich dann am 3. Juni mit dem Zug von Hannover nach Bonn. Hier
wurde ich mit anderen Kameraden vom SKA vom Hauptbahnhof abgeholt und es
wurde Quartier im Mercure Hotel Hardtberg bezogen. Der Abend konnte für ein
weiteres Kennenlernen der Teilnehmer genutzt werden. Der nächste Tag wurde mit
Organisationsmaßnahmen und Truppenarzt-Untersuchung im SKA verbracht. Am 5.
Juni startete dann die Reise mit Bus-Transfer nach Frankfurt Airport. Der Hinflug mit
Lufthansa war in der großen 747 sehr angenehm, zumal der Flug wenig gebucht war.
In Washington Dulles I.A. am frühen Nachmittag angekommen, wurden wir nach
Überwinden der Einreiseformalitäten, was aber relativ zügig ging, zunächst zur
Logistikdienstelle des BwKdo USA / CA in Nähe des Flughafens gefahren und dort
vom Chef des Stabes mit einem kühlen Getränk empfangen. Danach wurde das
Hotel in D.C. in Georgetown bezogen. Die Umgebung war sehr attraktiv: das UniViertel von D.C. mit guten Ausgehmöglichkeiten für den Abend. Das Hotel war auch
sehr in Ordnung, vor allem die Zimmer zur Einzelnutzung waren riesig. Der Abend
wurde mit den Kameraden in Kleingruppen in einem der örtlichen Lokale
Georgetowns verbracht.
Am nächsten Tag erfolgte der Besuch im Pentagon, einem unglaublich großen
Gebäude,
was
mich
sehr
beeindruckte.
Nach
Überwinden
der
strengen
Sicherheitskontrollen bekamen wir eine sehr interessante Führung durch das
Gebäude, was in den langen Gängen aufgrund der vielen Exponate fast wie ein
Museum zur US-Militärgeschichte aussieht. Es folgte ein Briefing durch einen sehr
hohen Pentagon-Beamten, Mr. Patrick, zuständig für Reserveangelegenheiten,
danach ein feines Mittagessen mit Offizieren aus seinem Bereich. Anschließend
wurden wir – je nach OrgBereich – gesondert gebrieft. Dabei empfand ich es als
besondere Ehre, mit zwei weiteren Kameraden einen office call bei LtGen Talley,
Chief of the Army Reserve, zu erhalten. Das war doch sehr beeindruckend!
Er briefte uns über die Army Reserve und deren Einsätze und Vorzüge im
Allgemeinen und das Annual Training in der host unit im Besonderen.
Am Nachmittag waren wir dann zu Gast im BwKdo in Reston und erhielten dort einen
interessanten Vortrag über die Aktivitäten der Bw in den USA.
Den Tagesabschluss bildete ein Grillen mit den US-Programmmanagern bei
Bratwurst und deutschem Bier. Hier war wieder Raum für Gespräche und Austausch.
Am nächsten Tag stand ein Besuch im Capitol mit Führung durch das riesige
Gebäude auf dem Programm. Ein absolutes Highlight. Vor allem auch der fließend
deutsch sprechenden Officer der Capitol-Polizei. Leider fiel der angepriesene Gang
über die national mall wegen Regens aus, ebenso der Besuch der Parade des US
Marine Corps in deren Barracks in D.C. Dafür bekamen wir ein adäquates
Ersatzprogramm mit Besuchsmöglichkeit der verschiedenen Smithsonian-Museen.
Ich war im Space and Air Museum: unglaublich interessant – von Raumfahrt,
Nuklearrakete bis Flugzeugträger war dort alles zu sehen.
Am Abend hatten wir noch Gelegenheit, den PX-Shop der Marine Corps Barracks in
D.C. zu besuchen.
Am nächsten Morgen, den 8. Juni, wurde ich mit zwei deutschen und zwei britischen
Kameraden in einer vierstündigen Autofahrt von den beiden Army Reserve
Programmmanagern mit einem Mittagshalt in Philadelphia (Essen im legendären
Geno`s Steakhouse) zur Joint Base McGuire-Dix-Lakehurst (JB), New Jersey
gefahren. Insgesamt ein für unsere Verhältnisse sehr große Basis mit Flugplatz für
Air Force, Marine Corps, Air National Guard, Training Centern für Army Reserve,
Army National Guard, Mobilmachungsstützpunkt und einer Vielzahl weiterer
Dienststellen aller Bereiche (auch Coast Guard und Naval Air Station), auf der sich
ständig mehrere zehntausend Menschen befinden. Angrenzend befindet sich ein
sehr großer Übungsplatz für Infanterie und Artillerie mit verschiedenen Biwak-Plätzen
in waldiger Umgebung.
Auf der JB wurde ich von einer Major der 647th Regional Support Group, einem
Übungselement der stattfindenden Großübung CSTX (Combat support training
exercise) in Empfang genommen. Die erste Vorstellung beim Kommandeur, einem
Colonel, fand statt. Untergebracht war ich zunächst in einem Kasernenblock on post,
der offensichtlich nur von übender Truppe benutzt wird. Am nächsten Tag stellte sich
heraus, dass mein geplanter POC gesundheitsbedingt nicht zur Übung erscheinen
konnte.
Daraufhin wurde ich dem leitenden J.A.G. staff officer (Lieutenant Colonel) der 78th
Training Division, die für die Durchführung der CSTX im Rahmen des Annual
Training der Army Reserve verantwortlich war, für die zwei Wochen meines
Aufenthaltes zugeordnet.
Dies war für mich äußerst glücklich. Da mein neuer POC im Bachelor Officers
Quarter (BOQ) im Air Force -Teil der Base untergebracht war, bekam ich auch die
Gelegenheit, dort unterzuziehen, was doch den Aufenthalt deutlicher angenehmer
machte. Wegen der schieren Entfernungen auf der Base war ich auch auf die
Mitnahme in seinem Pkw täglich angewiesen.
Ich bekam hier, da im HQ der Division, sehr gute Einblicke in die Joint Operation
Centre und die übrigen OrgElemente der Übungssteuerung (Observer, EinlagenSteuerungs-Gruppe, Darstellungselement der fiktionalen höheren und niedrigeren
Einheiten, Contractor Firmen, die mit der Ausarbeitung der Einlagen und des
Szenarios beauftragt waren, usw.) Szenario war eine Stabilisierungsmission in
Azerbaidschan nach einem
Konflikt.
Dazu
befanden
sich 2.600
Soldaten
verschiedener Truppenteile der Army Reserve in verschiedenen Biwakplätzen auf
dem Platz und hatten dort jeweils Feldlager aufgebaut. Es wurden dort die Bereiche
Versorgung, Instandsetzung, Nachschub, Logistik, Pionierwesen und Militärpolizei
mit allen typischen Einsatztätigkeiten abgebildet und geübt. Die Übung fand mit
Volltruppe bis zum kleinsten Bediener statt! Ich war sehr beeindruckt von der Masse
des vorhandenen Geräts und der Satellitenkommunikation zwischen den Einheiten
und der JOC (taktisches Intranet).
Mit meinem neuen POC, zivil Scheidungsanwalt in N.Y., war ein sehr guter fachlicher
Austausch über die verschiedenen Militärrechtssysteme möglich. Es traten mehrere
Disziplinarfälle auf, über die wir uns austauschten. Ich nahm morgens und abends
jeweils an den sehr ausführlichen bub (battle update briefings) in der JOC teil, was
mir einen guten Überblick über den Fortgang der Übung und die Problemlagen
ermöglichte. Am Anfang der 21-tägigen Übung stand die Beübung der Unitspezifischen Tätigkeiten im Vordergrund. Später wurde die Übung dann komplexer
mit schwierigeren Einsatzaufträgen und Einlagen / Szenarien für die Einheiten. Dazu
waren Rollenspieler als local, OMF usw. vorhanden. Im Laufe der Zeit erschienen
auch zahlreiche Generale zur Dienstaufsicht. Dabei habe ich dem 4-star General
Allyn (Cdr ForceCom) unsere Coin des 29. Austauschs ausgehändigt.
Ich wurde an mehreren Tagen verschiedenen „Ausbildern“ zugeordnet. Besonders
interessant waren dabei die Tage mit den Observer Trainern vor Ort in den
Feldlagern. Die positiv-konstruktive Rolle beim Feedback gegenüber Offizieren und
Kommandeuren war bemerkenswert.
Aus meiner Sicht war die CSTX eine komplexe Übung mit einem unheimlich hohen
Koordinierungsaufwand (nach langer Vorausplanung). Dazu kamen sog. real life
issues, wie z.B. die notwendig gewordene Evakuierung aller 2.600 Soldaten auf die
Base wegen einer Starkwindwarnung. Positiv war, dass ich Zugang zu allen
Bereichen hatte.
Insgesamt kam ich durch den Einsatz im HQ mit sehr vielen unterschiedlichen
Soldaten und Offizieren ins Gespräch. Ca. jeder dritte Reservist hatte entsprechende
Einsätze im IRAK oder AFG (meistens 1 Jahr lang) absolviert.
Alle waren sehr freundlich, respektvoll und an Deutschland und der Bundeswehr
interessiert. Viele waren auch schon mal in DEU stationiert gewesen. Das machte
den Aufenthalt sehr angenehm. Ebenso die Tatsache, dass die Verpflegung in den
dining facilities in der typischen Bandbreite von fast food bis zu anderen Mahlzeiten
insgesamt sehr gut war. Abends blieb auch häufig genügend Zeit, die
hervorragenden Sporteinrichtungen der Base zu nutzen.
Nach zwei Wochen Aufenthalt auf der Joint Base wurden wir an einem Freitag zu
fünft wieder nach Washington D.C. zurückgefahren.
Das folgende Wochenende, das glücklicherweise frei war, nutze ich für eine
sightseeing tour nach N.Y. City, wo ich in einem Hotel für Militärangehörige mitten in
Manhattan sehr günstig unterkommen konnte. Die Stadt, zumal beim ersten Besuch,
war natürlich überwältigend.
Am Montag erfolgte dann mit der gesamten Delegation eine militärhistorische
Exkursion auf die Schlachtfelder des Bürgerkriegs von Gettysburg, PA. Dort hatten
wir mit einem pensionierten Colonel einen sehr versierten Führer, der den Tag sehr
interessant gestaltete. Den gelungenen Abschluss bildete ein BBQ auf seiner
eigenen Farm mit deutschem Bier.
Nach einem letzten gemeinsamen Abend mit den Kameraden in Georgetown fand
am Folgetag noch eine Abschlussbesprechung im BwKdo in Reston zusammen mit
den US-Programmmanagern statt. Nach einem gemeinsamen Lunch verabschiedete
man sich herzlich. Anschließend flogen wir zurück. Zurückgekehrt nach Deutschland
fand in Bonn noch eine organisatorische/ administrative bis Donnerstagmittag statt.
Dann wurden wir zum Ende der Reservistendienstleistung entlassen.
Insgesamt war die Teilnahme am 29. Austausch für mich eine großartige Erfahrung,
die ich nicht missen möchte. Ich habe viele gute Kameraden und Mitstreiter
kennengelernt und einzigartige Eindrücke in den USA gewonnen.
Für mich der Höhepunkt meiner bisherigen Laufbahn als Reserveoffizier der
Bundeswehr!
Mein Dank gilt dem SKA-Team um Oberst Sanden, v.a. Oberstlt Bergmann, Hptm
Henze, StFw Schlossmacher und Btsm Look für die Planung, Durchführung und gute
Betreuung!