pasteurella multicida-i-1992
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AVID III/1992 KLASSIFIZIERUNG: PASTEURELLA MULTOCIDA Familie : Pasteurellaceae Genus : Pasteurella -1- 1. ALLGEMEINES P.multocida ist ein primärer und auch sekundärer Erreger von Infektionskrankheiten bei verschiedenen Tierarten. Die Infektionen sind weit verbreitet und können akut, subakut oder chronisch verlaufen. Bedeutung besitzt P.multocida bei folgenden Erkrankungen: Rind: − Wild- und Rinderseuche (Hämorrhagische Septikämie) − Pneumonie − Atrophische Rhinitis Schwein: − akute Pasteurellose − Atrophische Rhinitis − Pneumonie Schaf/Ziege: − akute Pasteurellose − Pneumonie Kaninchen: − akute Pasteurellose − Pneumonie − Atrophische Rhinitis Geflügel: − Geflügelcholera − akute Pasteurellose (z. B. bei Cairina moschata) Pferd: − Lymphangitis Hund/Katze: − vorwiegend latente Träger; vereinzelt auch bei lokalen Infekten im Maul-, Fang-, Rachenbereich Pelztiere: − akute septikämische Infektionen Mensch: − Pharyngitis − Wundinfektionen nach Biß- und Kratzverletzungen, vor allem AVID III/1992 PASTEURELLA MULTOCIDA -2- durch Hunde und Katzen 2. UNTERSUCHUNGSMATERIAL − Zur Isolierung von Pasteurellen sind möglichst frische Organ- oder Tupferproben zu verwenden. − Die Tiere sollten nach Möglichkeit nicht unmittelbar vor der Probenentnahme oder Tötung mit anschließender Sektion unter antibiotischer Therapie gestanden haben. − Bei akuten Ausbrüchen ist es für eine schnelle Diagnose am zweckmäßigsten, schwer erkrankte Tiere zur Tötung und sofortigen Sektion auszuwählen. − Ist die unmittelbare Verarbeitung von Proben (Nasentupfer, Organmaterial) nicht möglich, ist es vorteilhaft, die Proben eingefroren zu lagern (-20 o C bis zu 3 Mona ten) und zu transportieren. − Die Verwendung von Transportmedien ist ebenfalls möglich. 3. UNTERSUCHUNGSGANG Mikroskopische Untersuchung − Mikroskopische Untersuchungen sind bei akuten Infektionen für eine schnelle Dia gnose des beteiligten Erregers von Bedeutung. − Für subakute und chronische Infektionen hat der mikroskopische Nachweis nur wenig Wert. − In Objektträgerausstrichen pathologisch-anatomisch veränderter Organproben, gefärbt mit Löfflers Methylenblau, werden Pasteurellen als feine, bipolar angefärbte, ovoide Bakterien sichtbar (Sicherheitsnadelform). Kulturelle Untersuchungen − Organmaterial wird nach Abflammen der Proben und steriler Entnahme aus der Tiefe des Probestückchens auf Blutagar mit und ohne Antibiotikazusatz (Anhang 1. und 2.) ausgestrichen. AVID III/1992 PASTEURELLA MULTOCIDA -3- − Die Bebrütung der Agarplatten erfolgt 18 - 22 Std. bei 37 o C. − Pasteurellen entwickeln auf diesem Nährboden graublaue Kolonien mit 2 - 4 mm Durchmesser und spermaähnlichem Ge ruch. − Auf durchsichtigen Medien, z. B. Serum-Dextrose-Agar mit 3 - 5% Hefeextrakt (Anhang 3.) oder PPLO-Agar (Anhang 4.), können verschiedene Wuchsformen unterschieden werden, besonders bei Anwendung der Henry'schen Beleuchtung. M-Formen = sehr schleimig, rötliche Fluoreszenz S-Formen = glatt, mit grünlicher Fluoreszenz R-Formen = kleine rauhe Kolonien, keine Fluoreszenz) Biochemische Differenzierung − Zur biochemischen Charakterisierung sind die traditionellen Röhrchenverfahren und Mikromethoden in vorgefertigten Platten möglich. − Die Röhrchen oder Platten werden bei +37 o C bebrütet, die Ablesung des Reaktionsausfalls erfolgt nach 2, 5 und 10 Tagen. − Für die Routine ist die Überprüfung einiger kultureller und biochemischer Reaktionen ausreichend. − Für P.multocida (BERGEY's Manual, 1984), P.multocida subsp. multocida (BISGAARD et al., 1991) ergeben sich folgende typische Reaktionsausfälle, die ande ren PasteurellaArten gegenübergestellt sind: Reaktion Hämolyse Wachstum auf Mac Conkey Agar Indol Urease Oxydase Glukose Laktose Mannit H 2 S-Bildung P.multocida P.hämolytica + + P.pneumotropica + P.ureae P.aerogenes - + P.gallinarum - + (+) + + x) + + v + + + + + v - + + + + + + + - + + - v v v - + v AVID III/1992 PASTEURELLA MULTOCIDA -4- x) = Stämme von Hunden und Katzen können negativ sein v = variabel Weitere taxonomische Zuordnungen auf Grund abweichender bio chemischer Merkmale können nach den Angaben von BISGAARD et al. (1991) erfolgen. 1. WEITERE HINWEISE Serologische Typisierung − Voraussetzung sind Typenseren, die jedoch z. Z. kommerziell nicht angeboten werden. − Die serologische Typisierung wichtiger Stämme ist im Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, Bereich Jena, Naumburger Str.96a, 07722 Jena, möglich. Vereinfachte Typisierung Da die serologische Typisierung derzeit nicht routinemäßig ausgeführt wird, können als Orientierungshilfen der Hyaluronidase- und Acriflavintest angesetzt werden. Hyaluronidasetest: − Vom Primärisolat werden mehrere Einzelkolonien auf Serum- Dextrose- oder PPLOAgar übertragen. Senkrecht zu dem Aus strich von Pasteurellen wird ein Staphylokokkenstamm (Stamm Nr. 7128, erhältlich im Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, Bereich Jena) in einer geraden Linie ausgestrichen. − P.-multocida-Stämme des Kapseltyps A nach CARTER bilden reichlich Hyaluronsäure, welche durch die von den Staphylo kokken gebildete Hyaluronidase lysiert wird. Entsprechende Pasteurellen wachsen in der Nähe des Staphylokokkenimpfstriches in Kolonien mit kleinerer Größe. − Unter schräg einfallendem Licht läßt sich eine deutliche Aufhellungszone von ca. 3 - 6 mm Breite erkennen. AVID III/1992 PASTEURELLA MULTOCIDA -5- − Stämme der Kapseltypen B, D und E ergeben kein solches Phänomen (Hyaluronidasetest negativ). − Da E-Stämme in Europa bislang nicht isoliert wurden und B- Stämme nur bei akuten septikämisch verlaufenden Pasteurello sen auftreten, gehören Stämme, die kein Aufhellungsphänomen ergeben, mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Kapseltyp D an. Acriflavintest: − Die zu überprüfenden Isolate werden 18 - 24 Std. bei 37 o C in Brain-Heart-Bouillon (abgefüllt zu je 3 ml in Röhrchen) bebrütet. − Nach Zentrifugation (2500 U/Min. für 10 Min.) werden 2,5 ml des Überstandes verworfen. − Die verbliebenen 0,5 ml Bakteriensuspension mit 0,5 ml einer frisch hergestellten wäßrigen Acriflavinlösung (1 : 1000), gutdurchmischen und bei Raumtemperatur ste hen lassen. − Acriflavinlösungen sollten, in braunen Flaschen abgefüllt, nach der Herstellung nicht länger als 1 Woche im Kühlschrank aufbewahrt werden. − Nur Stämme vom Kapseltyp D führen innerhalb von 30 Min. (u.U. schon nach 5 Min.) zu einem sich am Boden absetzenden flockigen Präzipitat mit klarem Überstand. − Bei den Kapseltypen A, B und E fällt der Acriflavintest jeweils negativ aus. Toxinnachweis bei P.-multocida-Isolaten Wichtiger für die diagnostische Aussage ist im Vergleich zur Serotypisierung der Toxinnachweis. Dies gilt insbesondere für Isolate vom Schwein, weil toxinbildende P.-multocidaStämme als Ursache für Rhinitis atrophicans angesehen werden. Toxin bildende Stämme können durchaus auch eine Bedeutung bei Kalb und Kaninchen haben. Aus die sem Grunde ist eine entsprechende diagnostische Aussage auch bei D-Stämmen dieser Tierarten wichtig. Zum Toxinnachweis stehen zur Zeit für die Routineanwendung Zellkultur- und ELISA-Test zur Verfügung. Zellkulturtest: AVID III/1992 PASTEURELLA MULTOCIDA -6- − Die Toxinprüfung erfolgt mit permanenten EBL-Zellen (embryonic bovine lung) auf Mikrotiterplatten. − Die frisch trypsinierten Zellen werden in Zellkulturmedium (MEM mit 10% FKS) aufgenommen und die Zellzahl auf 2 x 10 5 Zellen/ml eingestellt. − Zu 100 ul Zellsuspension/Vertiefung werden 50 ul Pasteurella-Kulturüberstand zur Prüfung auf Toxin pipettiert. − Die Zellkultur wird bei 37 o C und 5% CO 2 inkubiert und vom 4. - 6. Tag mit einem Inversionsmikroskop beurteilt. Bei Abwesenheit von Toxin bilden die EBL-Zellen einen dichten Zellrasen. Im positiven Fall zeigen die Zellen nach anfänglichem Auswachsen gehemmtes Wachstum. Es bilden sich Anhäufungen aus deformierten, abgekugelten Zellen mit mehreren länglichen Ausläufern, die zur nächstgelegenen Zellansammlung führen, so daß eine netzartige Struktur entsteht. ELISA-Test: Ein entsprechender Test (DAKO-ELISA-PMT-Kit) ist im Handel erhältlich. Mit diesem Test können sowohl in Primärkulturen (z. B. Mischkulturen von Nasentupfern) als auch in Reinkulturen (Subkulturen) toxinbildende P.-multocida-Stämme ermittelt werden. AVID III/1992 PASTEURELLA MULTOCIDA -7- LITERATUR BISGAARD, M., S. B. HOUGHTON, R. MUTTERS, A. STENZEL (1991): classification of German, British und Dutch isolates of so- called Pasteurella multocida obtained from pneumonic calf lungs. Vet. Microbiol. 26, 115 - 124. CARTER, G. R., S. W. RUNDELL (1975): Identification of type A strains of P.multocida using staphylococcal hyaluronidase. Vet. Rec. 93, 343. CARTER, G. R., P. SUBRONTO (1973): Identification of type D strains of Pasteurella multocida with acriflavine. Am. J. Vet., Res. 34, 293 - 294. FRYMUS, T., W. BIELECKI, T. JAKUBOWSKI (1991): Toxigenic Pasteurella multocida in rabbits with naturally occurring atrophic rhinitis. Zbl. Vet. Med. B 38, 265 - 269. JORDACHE, A., C. UNGUREANU, R. PUTSCHE, D. SCHIMMEL (1980): Empfehlungen zur Isolierung und Differenzierung von Pasteuralla multocida. Arch. exper. Vet. med. 34, 753 - 758. MANNHEIM, W. (1984): Pasteurellaceae, in KRIEG, N. R., J. G. HOLT (ed.): BERGEY's Manual of Systematic Bacteriology, Vol. 1, p. 550 - 575. Williams & Wilkins Company, Baltimore-London. MANNHEIM, W., K.-H. HINZ, R. HOLLÄNDER, R. MUTTERS, A. WEBER (1989): Isolierung und Identifizierung von Pasteurellaceae (Haemophilus, Pasteuralla, Actinobacillus und verwandte Taxa). Zbl. Bakt. 272, 87 - 109. SACHBEARBEITER: AVID III/1992 PASTEURELLA MULTOCIDA -8- Prof.Dr.habil. D. Schimmel, Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, Bereich Jena, Naumburger Str. 96a, 07743 Jena AVID III/1992 PASTEURELLA MULTOCIDA ANHANG 1. Blutagar 1000,0 ml 10,0 g Aqua dest. Bacto-Pepton 3,0 g NaCl 2,0 g Na 2 HPO 4 . 12 H 2 O 6,0 g Fleischextrakt 5 oder 10% defibriniertes Blut (Kalb, Rind oder Schaf) 2. Blutagar mit Antibiotikazusatz Dem Blutagar (Anhang 1) wird zugesetzt pro ml: 2,0 µg Neomycin-Sulfat 3,5 µg Bacitracin 3. Serum-Dextrose-Agar 1000,0 ml 20,0 g Pferdefleischwasser Pepton 3,0 g NaCl 2,0 g sek. Natriumphosphat 10,0 g Dextrose 50,0 ml Serum 3 - 5% Hefeextrakt (aus frischer Bäckerhefe) 20 - 25 g Agar 4. PPLO-Agar 500,0 ml Aqua dest. 17,0 g P P LO-Agar -9- AVID III/1992 PASTEURELLA MULTOCIDA 10% Hefe (Bäckerhefeextrakt) oder 3 g Yeastextrakt 75,0 ml Pferdeserum - 10 -