Wissenswertes über Multi-Tools und Haushaltmesser
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Wissenswertes über Multi-Tools und Haushaltmesser
Wissenswertes über Multi-Tools und Haushaltmesser Soldatenmesser 1891 Offiziers- und Sportmesser 1897 Inhalt Kurzgeschichte der VICTORINOX Ibach A. Geschichte Seiten A1 – A13 B. Tabellen Seiten B1 – B8 C. Erklärungen zu unserem Katalog Teil 1 – Taschen-Tools Teil 2 – Haushalt- und Berufsmesser Seiten C1 – C15 D. Technische Informationen Seiten D1 – D10 E. Patente und Musterschutz Seite E1 F. Stichwortverzeichnis Seiten F1 – F2 Im 19. Jahrhundert zählte die Schweiz noch zu den ärmsten Ländern Europas. Viele Schweizer waren wegen Arbeitslosigkeit gezwungen, auszuwandern. In dieser Situation wollte der Messerschmied Karl Elsener, Sohn eines Hutmachers, Arbeitsplätze schaffen. Weil er aber keinen Industriebetrieb aufbauen konnte, gründete er den Schweizerischen Messerschmiedverband mit dem Ziel, die Soldatenmesser für die Armee gemeinsam im Inland herzustellen. 1891 erfolgte seine erste Lieferung an die Schweizer Armee. 27 Messerschmied-Kollegen machten mit, gaben aber auf, nachdem ein industriell eingerichteter Betrieb in Solingen (Deutschland) die Messer kostengünstiger herstellen konnte als die Schweizer Handwerker. Nur der Initiant Karl Elsener hielt durch, verlor dabei aber sein ganzes Vermögen. Verwandte halfen mit einem Darlehen den Konkurs abzuwenden. Später, nach dem Erfolg seines «Offiziersmessers», konnte er seinen Verwandten das Darlehen zurück erstatten. Darüber hinaus bezahlte er freiwillig ohne jegliche Verpflichtung den Lieferanten und Gläubigern die 50 %, auf die sie beim Nachlass verzichtet hatten, ebenfalls mit Zins und Zinseszinsen. Das Soldatenmesser war sehr robust, aber auch relativ schwer. Darum entwickelte Karl Elsener für die Offiziere ein leichteres und vor allem eleganteres Messer mit noch mehr Verwendungsmöglichkeiten. Dieses neue Taschenmessermodell mit nur zwei Federn für sechs Werkzeuge nannte er «Offiziers- und Sportmesser» und liess es am 12. Juni 1897 gesetzlich schützen. Das «Offiziersmesser» wurde aber nicht wie das Soldatenmesser zum offiziellen Ausrüstungsgegenstand, weshalb Victorinox die Bezeichnung «Offiziersmesser» in Anführungszeichen setzt. Seinem Erfolg tat das keinen Abbruch. Die Offiziere kauften es sich privat im Fachhandel, und schon bald fand dieses vielseitige Taschenwerkzeug überall grossen Anklang. 1939 konnte die Familie Elsener dank einer Erbschaft aus Bulgarien die Liegenschaft Mühlenmatt kaufen, auf die in späteren Jahren die neuen Fabrikgebäude zu stehen kamen. VICTORINOX steht für praktische Qualitätsprodukte, inspiriert von der Einzigartigkeit des Original «Swiss Army Knife». Vision / Leitgedanke «Das Bestreben, unseren Mitmenschen auf der ganzen Welt mit praktischen, funktionstüchtigen und preiswerten Qualitätserzeugnissen zu dienen, gibt unserem Leben einen tieferen Sinn sowie Freude und Befriedigung bei der Arbeit.» Schwyz am Ende des 19. Jahrhunderts: Im Vordergrund links das Wohnhaus und daneben die erste Werkstatt des Firmengründers Karl Elsener. A1 Die Vorfahren und Nachfahren Annamarie Elsener-Wiget 1801–28.9.1847 Peter Oswald Elsener-Wiget 11.1.1791–2.7.1850 Der Gründer Der Grossvater des Firmagründers, Peter Oswald Elsener, kam 1816 im Alter von 25 Jahren von Zug nach Schwyz und betrieb eine Hutmacherei. Seine Frau Annamarie Wiget war als 5-jähriges Mädchen beim Bergsturz von Goldau (500 Tote) am 2. September 1806 verschüttet worden und konnte erst nach 14 Stunden lebend aus den Trümmern gerettet werden. Ihre Mutter aber kam beim Versuch, ihr Jüngstes zu retten, ums Leben. Peter Oswalds Sohn Balthasar Elsener fügte der Hutmacherei und Filzfabrikation noch den Fellhandel an. Seine tüchtige Frau Victoria, geborene Ott, führte den Hutladen im Wohnhaus am Ochsenplatz. Sie war voll Energie und Tatkraft, aber auch weichherzig und hilfsbereit. Nach ihrem Tod wählte ihr Sohn Karl ihren Vornamen Victoria zur Fabrikmarke. Victoria Elsener-Ott 13.10.1836–1.7.1909 Josefa Elsener-Holdener 17.1.1861–16.8.1895 Elise Elsener-Gut 23.12.1900–13.10.1991 A2 Balthasar Elsener-Ott 14.8.1826–3.12.1893 Karl Elsener-Holdener 9.10.1860–26.12.1918 Carl Elsener-Gut 31.7.1886–22.5.1950 Am 5. September 1885 heiratete der Firmengründer Karl Elsener die Schwyzerin Josefa Holdener und am 31. Juli 1886 kam der Stammhalter Carl zur Welt; ihm folgten noch 5 Knaben und 2 Mädchen. Bei der Geburt des letzten Kindes starb Josefa im Alter von 34 Jahren. Karl Elsener-Holdener machte an Sonntagen öfters einen Ausflug mit seinen Kindern, Nichten und den Nachbarskindern. Sie liebten ihn sehr. Carl Elsener schloss am 19. Mai 1921 den Bund fürs Leben. Seine Frau Elise Gut arbeitete volle 62 Jahre im Büro der Messerfabrik, von morgens früh bis abends spät. Carl Elsener verbrachte seine Lehrzeit in Ibach und Clairemont-Ferrand in Frankreich. Er hat die 30iger Krisenjahre ohne eine einzige Entlassung durchgestanden, obwohl seine Konkurrenten in Solingen vom Staat 15 % Exportprämien erhielten. Von 1921 bis 1934 war er massgeblich an der Entwicklung des rostfreien Messerstahles beteiligt. Karl Elsener, 9.10.1860–26.12.1918 gründete im Januar 1884 die Firma und entwickelte 1897 das später weltbekannte Original «Swiss Army Knife». A3 Das Wohn- und Geschäftshaus bis 1934. Büro, Versand und Verkaufslokal im 1. Stock und Fabrikation im Erdgeschoss. Dieses Gebäude ist über 500 Jahre alt. Während des Zweiten Weltkrieges (1939– 1945) konnten die reduzierten Exporte durch vermehrte Aufträge der Inland-Kundschaft und speziell der Schweizer Armee (Soldatenmesser, Bajonette und Offiziersdolche) wettgemacht werden. Der Personalbestand erhöhte sich von 117 bei Kriegsbeginn auf 199 bei Kriegsende. In den ersten Kriegsjahren begann mit den beiden Söhnen Carl (1939) und Eduard (1942) die dritte Generation sich in den Betrieb einzufügen und sich auf ihre verantwortungsvolle Aufgabe vorzubereiten. Die vielen kleinen, in neun alten Gebäulichkeiten untergebrachten Werkstätten erschwerten eine rationelle Fabrikation immer stärker. Die geräumigen Hallen des Fabrikneubaus 1943 erlaubten eine rasche Erweiterung der Produktionskapazität. Dieser Fabrikneubau verursachte eine schwer drückende Schuldenlast. Glücklicherweise stellte sich aber nach Kriegsende nicht der allgemein befürchtete wirtschaftliche Rückschlag ein wie 1918, sondern im Gegenteil eine nie geahnte Hochkonjunktur. 1946 musste eine neue Härterei und Flächenschleiferei gebaut werden. Vater Carl Elsener hatte während all dieser Jahre seine ganze Arbeitskraft von morgens früh bis abends spät für den Ausbau des Betriebes eingesetzt und sich die notwendige Schonung nicht gegönnt. Am 22. Mai 1950 ereilte den unermüdlichen Schaffer, erst 64-jährig, ein allzu früher Tod. Mutter Elise Elsener, die sich schon bisher als rechte Hand ihres Gatten ganz in den Dienst des Unternehmens gestellt hatte, übernahm nun zusammen mit ihren Söhnen Carl und Eduard die schwere Bürde der Betriebsleitung. Die ständigen Bemühungen, die Fabrikation zu rationalisieren und durch modernste Fabrikationsmethoden die Produktionskapazitäten der wachsenden Nachfrage anzupassen, ermöglichten es, die jährlichen Lohnerhöhungen wenigstens teilweise zu kompensieren und die Preise tiefzuhalten. Das erhöhte die Konkurrenzfähigkeit und war für die von Jahr zu Jahr zunehmenden Exporte ausschlaggebend. Mehr und mehr meldeten sich auch Interessenten aus dem Ausland. Nach dem 2. Weltkrieg verkauften die PX-Läden der US-Armee, Marine und Luftwaffe das «Swiss Army Knife» in grossen Mengen an ihre Offiziere und Soldaten. Der USD galt dazumal CHF 4.31. Im Laufe der Jahre wurden in das praktische Multi-Tool noch weitere nützliche Werkzeuge eingebaut und deren Funktionstüchtigkeit laufend verbessert. Heute ist das «Offiziersmesser» in über 100 verschiedenen Variationen und Kombinationen ab Lager lieferbar. 1953 besuchte uns Herr Hartkopf aus Solingen, der in Süddeutschland und der Schweiz die «Windmühle»-Gemüsemesser aus Solingen verkaufte. Er war beeindruckt von der Qualität unserer Taschenmesser und wünschte diese für uns in Deutschland zu verkaufen. Der Anfang war mühsam. So verkaufte er z.B. sei- A4 nem Freund Maurer, Messerschmied in Heilbronn, der die Werkstatt führte und seine Frau das Verkaufslokal, einige Offiziersmesser. Sie schickte die Messer postwendend zurück mit der Bemerkung: «Solche Messer sind in Deutschland unverkäuflich». Bis 1969 hat der Schweizer Souvenirhandel nur minderwertige ausländische Taschenmesser mit roten Schalen und Schweizerwappen angeboten. Es ist uns nicht gelungen, den ausländischen Fabrikanten davon abzuhalten, die Taschenmesser mit dem Schweizerwappen zu versehen. Nach dem Gerichtsentscheid konnte er aber dazu gezwungen werden. Der Souvenirhandel war sich an billige Souvenirartikel gewohnt und darum schufen wir die Elinox-Serie (heute EcoLine). Zu unserer Überraschung wurden später auch im SouvenirSektor die teuren VICTORINOX-Taschenmesser besser verkauft als die preisgünstigeren Elinox. Am 2. Januar 1979 erfolgte die Umwandlung der Einzelfirma «Messerfabrik Carl Elsener» in die Familien-Aktiengesellschaft «Victorinox AG». 1979 bis 1994 produzierten wir die EcoLineTaschenmesser für einen Schweizer Grossverteiler mit einer anderen Wappenform und mit hellroten Schalen aus Rücksicht auf den Fachhandel, insbesondere den Verband der Schweizer Messerschmiedmeister. Bis 1991 hat sich die VICTORINOX sehr erfreulich entwickelt, aber der Konkurrenzdruck aus dem Fernen Osten machte der westlichen Messerindustrie und auch dem grössten Arbeitgeber im Kanton Schwyz immer mehr zu schaffen. Ziel von VICTORINOX war es seit jeher, Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten. Jeder Mensch braucht eine nützliche Arbeit, muss die Möglichkeit zu einer sinnvollen Lebensgestaltung haben. Arbeitsplätze zu bieten ist ein Beitrag zum Volkswohl. VICTORINOX suchte nach dem besten Weg, das Unternehmen auch in Zukunft stark und gesund zu erhalten und zu verhüten, dass es später durch Erbteilungen geschwächt werden könnte. Zu diesem Zwecke wurde am 27. Okto- ber 2000 die VICTORINOX-Unternehmensstiftung mit 78,4 % des VICTORINOX-Kapitals errichtet. Weitere 15 % sind in einer am 26. Oktober 1994 gegründeten gemeinnützigen Stiftung. Die Familie Elsener fühlt sich aber, zusammen mit dem Kader, weiterhin voll verantwortlich für das Unternehmen. Punkto Umweltschutz und Recycling ist die VICTORINOX vorbildlich und hat sogar Pionierarbeit geleistet. So wird für die Heizung der Fabrik und der 120 umliegenden Wohnungen dank grossen Investitionen für eine weitgehende Wärmerückgewinnung praktisch kein Heizöl benötigt. Durch gezielte Überdimensionierung der Lüftungsrohre, Filter-, Heiz- und Kühlflächen konnte der Energieverbrauch für die Lüftung bei gleicher Leistung von 150 auf 70 kWh reduziert werden. Auf unsere Veranlassung und dank unserer Mithilfe wurden Anlagen für das Recycling von jährlich 600 Tonnen Schleifschlamm entwickelt. Für viele ist das «Swiss Army Knife» von VICTORINOX zum unentbehrlichen und nützlichen Begleiter sowie zum Symbol für Schweizer Qualität geworden. Die Schweizer Souvenir-Händler bestätigen, dass «Swiss Army Knives» die bestverkauften Souvenir-Artikel sind. Bei verschiedensten Expeditionen, im arktischen Eis des Nordpols, auf dem höchsten Gipfel der Erde, dem Mount Everest, in den tropischen Urwäldern des Amazonas usw. wurde es erfolgreich erprobt und hat sich in Situationen äusserster Gefahr und höchster Not sogar als «Lebensretter» erwiesen. In einer kleinen Taschenbroschüre, welche in Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch gedruckt wurde, sind Tatsachenberichte aus aller Welt, in denen das Taschenmesser aus dem Swiss Knife Valley eine wichtige Rolle gespielt hat, zusammengetragen. Als offizieller Ausrüstungsbestandteil der SpaceShuttle-Crew umkreist das «Swiss Army Knife» die Erde. Seit Lyndon B. Johnson verschenken US-Präsidenten VICTORINOX-Taschenmesser an ihre Gäste im Weissen Haus. Einen speziellen Glanzpunkt setzten Präsident George Bush und seine Frau Barbara, als sie im Oktober 1997 die Fabrik in Ibach mit ihrem Besuch beehrten. A5 Tabellen Schweizer Soldatenmesser Schweizer «Offiziersmesser» Die Entwicklung der Messerfabrikation von 1884 bis 2007 in Zahlen PersonalBestand 1884 1909 1930 1934 1939 1945 1950 1955 1959 1965 1970 1975 1980 1984 1990 1995 2000 2005 2007 25 Jahre 50 Jahre 75 Jahre 100 Jahre 1 22 74 85 137 210 230 300 320 390 510 520 730 810 900 924 960 910 903 FabrikationsLager- und Büro-Flächen in m2 50 300 1’600 2’600 2’600 6’000 6’300 7’000 7’200 7’200 11’000 11’000 27’000 27’000 27’000 28’000 31’000 33’000 33’000 Umsatz in CHF 1000.– ? ? 487 486 880 1’568 2’428 2’580 4’838 11’478 20’457 36’676 65’455 90’000 160’000 186’000 238’000 197’000 212’000 Die Entwicklung des Schweizer Soldatenmessers 1. 1891 Holzschalen 144 g 2. 1908 Fiberschalen 125 g 3. 1951 Fiberschalen 90 g, rostfrei 4. 1954 Fiber mit Rosetten 90 g 5. 1961 Alox rot 72 g 6. 1965 Alox silberfarbig 72 g 7. 1980 Alox mit Schweizerwappen 8. 1994 Normale anstelle von Rohrnieten Die Entwicklung des Schweizer «Offiziersmessers» 1. 1897 Fiberschalen 2. 1909 Fiberschalen mit Kreuz, ab 1923 auch rostfrei 3. 1937 Celluloid-Schalen 4. 1946 neuer Dosenöffner 5. 1951 neuer Dosenöffner und Alox-Plattinen 6. 1961 neue Ahle und unsichtbare Nieten 7. 1968 Anhänge-Ring statt Bügel 8. 1991 Korkenzieher ohne Zierrille B1 Die Entwicklung der Fabrikmarken 1884 1909 –1930 1926 1923 –1930 1931 1931 1931 1943 1943 1943 1950 1950/1968 1952 1952 1957 1957 1968 1981/1984 1984 1996 2007 2008 B2