Die besten Segelfilme

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Die besten Segelfilme
Segeln im Film
Texte von Ronald Schenkel
Segeln bedeutet Spannung
und Abenteuer. Das haben
auch die Regisseure auf der
ganzen Welt erkannt.
«Message in a Bottle»
Für den Schauspieler Kevin Costner lag das Glück buchstäblich auf dem
Rücken der Pferde: als der, «der mit dem Wolf tanzt». Weniger erfolgreich
fielen seine maritimen Abenteuer aus. Im Endzeitdrama «Waterworld» von
1995 überzeugte vor allem der Katamaran des von Costner gespielten AquaHumanoiden. Zwar kein Kassenschlager, aber ein echtes Rührstück war
«Message in a Bottle» von 1999. Darin spielt Costner einen Bootsbauer, der
den Tod seiner Frau nicht verkraftet und Liebesbriefe per Flaschenpost aufs
Meer hinausschickt. Aber das Meer gibt zuweilen zurück, was man ihm
anvertraut. Eine Zeitungsredaktorin findet zuerst die Flaschenpost, dann den
Absender; der Rest ist pure Romanze. Die richtige Stimmung erzeugten einige
Boote und die Landschaft der Outer Banks von North Carolina.
Die Schiffe, die der Bootsbauer Garret pflegt und auch schon mal spazieren
fährt, sind alles andere als Joghurtbecher aus einer Serienproduktion. Wie die
echte Liebe tragen sie klassische Züge. Wie die echte Liebe sind sie auch
keine Rennpferde, dafür seetüchtig, seetüchtiger gar als der Held, der am
Ende nicht die neue, sondern die alte Liebe bevorzugt und in den nassen Tod
geht. Was von diesem Film bleibt: der unerschütterliche Wunsch, einmal
selbst in diesem Revier zu segeln.
«Der Sturm»
Eigentlich ist «Der Sturm» von Wolfgang Petersen ein Film über Fischer. Doch
in die verheerenden Klauen eines Jahrhundertunwetters geraten auch drei
Segler, die sich auf einem friedlichen Törn wähnen. Reine Routine sei die
Fahrt, prahlt der Skipper der «Mistral» gegenüber seinen beiden
Begleiterinnen, weshalb er auch keine Törnplanung mache - nie, versteht sich.
Fatal. Als die Brecher höher steigen und die Passagiere wie Bohnen in einem
Schüttelbecher im Innern des Boots hin und her geworfen werden, schwindet
das Vertrauen zum Skipper zunehmend, wenn auch viel zu spät.
Nur dank dem selbstlosen Einsatz einer Helikopterbesatzung werden die
fahrlässigen Segler gerettet. Was aus dem Boot im computeranimierten
Brausen wurde, bleibt ungewiss. Ob es gesunken ist?
Die Geschichte weiss von Booten, die, von ihrer Crew im Sturm verlassen,
sogar mit offenen Luken überlebt haben. Aber natürlich wäre so viel Ironie für
einen Streifen über die Besatzung des unglücklichen Schwertfischers «Andrea
Gail», die zuerst um ihre wirtschaftliche Existenz, dann - vergeblich - ums
nackte Überleben kämpft, fehl am Platz.
Vielmehr halten die Freizeit-Seefahrer als Kontrastfiguren zu den
charismatischen Fischern unter ihrem Kapitän Billy Tyne (George Clooney)
her. Aber auch er neigt zur Fahrlässigkeit. Wer weder Sturm noch Wellen
fürchtet, geht eben darin unter.
«Dead Calm»
Man kann sich Schiffbrüchige nicht aussuchen. Wen man an Bord nimmt, mit
dem muss man sich herumschlagen. Diese Erfahrung - und zwar im wörtlichen
Sinn - macht das Ehepaar Ingram, gespielt von Nicole Kidman und Sam Neill,
im Hochseethriller «Dead Calm» («Todesstille») von 1988. Die Entscheidung,
den von einem sinkenden Schoner in panischer Angst herüberpullenden
Hughie Warriner (Billy Zane) aufzufischen, entpuppt sich für das ohnehin von
Schicksalsschlägen gebeutelte Ehepaar als fast tödlicher Fehler.
«Dead Calm» nimmt einen auf einen wahren Horror-Törn auf zwei Schiffen
mit: Der sterbende Schoner war zuvor Schauplatz eines Blutbads und wird
fast zur Todesfalle für John Ingram. Die wunderschöne, 60 Fuss lange Ketch
des Ehepaars verwandelt sich in einen Schauplatz der psychischen und
physischen Gewalt - und in der Weite des Pazifiks gibt es keinen Ort des
Entrinnens.
«Dead Calm», gedreht vom Australier Philip Noyce in der WhitsundayPassage, ist ein echter Segler-Film. Aber auch ohne die Erfahrung, mit einem
unangenehmen Schiffskameraden auf einem Boot eingesperrt gewesen zu
sein, lässt sich nachvollziehen, dass selbst eine Riesenjacht ganz schnell viel
zu eng werden kann.
«Der Skipper»
Es gibt Schauspieler, die sind für die Seefahrt geboren. Einer davon ist Jürgen
Prochnow. Als Kapitänleutnant Henrich Lehmann-Willenbrock in Wolfgang
Petersens «Das Boot» hat er sich in die Filmgeschichte eingeschrieben.
Weniger berühmt wurde «Der Skipper», der auf Englisch vielversprechender
«Kill cruise» heisst. Prochnow verkörpert darin einen Segler, der in einem
Sturm seinen Freund verloren hat. War es ein Unfall? Hat der Skipper
nachgeholfen? Schliesslich war der Freund auch der Freund der Skipper-Frau.
Wie auch immer. In Gibraltar verbringt er seitdem seine Tage als
dahindämmernder Alkoholiker, bis zwei junge, etwas derb-aufreizende
Engländerinnen mit Namen Su und Lou auftauchen. Sie überreden den Segler
mit plumpem Charme, sie nach Barbados zu skippern. Gesagt ist noch lange
nicht getan, vor allem wenn ein paar tausend Meilen zwischen der Absicht und
dem Ziel liegen. Nicht nur den Bordalltag haben sich die Frauen anders
vorgestellt. Misstrauen, Eifersucht, ein paar Haie tun das Ihrige hinzu. Auf der
«Kill cruise» werden schliesslich nicht nur die Fische harpuniert, und die Jacht
wird am Ende als Geisterschiff in der Karibik ankommen.
Des Regisseurs Peter Keglevics ?uvre wurde kein eigentlicher Kassenschlager.
Das lag wohl daran, dass Jürgen Prochnow die ganze Arbeit alleine tun
musste, nicht nur die auf dem Boot, sondern auch die als Schauspieler. Und
selbst er erreicht in dem Streifen von 1990 nicht nur annähernd Qualitäten
wie in Petersens Kriegsdrama.
«Nur die Sonne war Zeuge»
Tom Ripley, die Lieblingsfigur der Romanautorin Patricia Highsmith, ist zwar
ein Liebhaber schöner Dinge, aber bestimmt kein Segler. Das ist er nicht im
Buch und auch nicht im Film. Den Beweis lieferte Matt Damon in der Rolle des
«talentierten Mr. Ripley» in Anthony Minghellas Verfilmung und viel früher
schon Alain Delon. Im Gegensatz zu Minghella scheint der Regisseur der
Ripley-Verfilmung von 1960, René Clément, aber ein Faible nicht nur für
hübsche Jungs wie Delon, sondern auch fürs Segeln und für schöne Schiffe
gehabt zu haben, und so verlegte er einen Grossteil der Handlung an Bord der
Jacht «Marge» des Playboys und Millionärssohns Greenleafs.
Die «Marge» heisst nicht nur gleich wie die hübsche Freundin von Greenleaf,
sie ist auch ebenso elegant, ein Klassiker aus Holz um die 42 Fuss, mit dem
man in Portofino bestimmt gute Figur machte. Doch ihre Planken werden nicht
nur vom warmen Salzwasser des Mittelmeers benetzt, sondern auch vom Blut
Greenleafs, den Ripley während eines Kartenspiels ersticht. Und damit beginnt
das Elend für die «Marge». Nicht nur wickelt Ripley die Leiche Greenleafs in
eines ihrer Segel, um sie über Bord zu werfen. Der seemännisch völlig
untalentierte Ripley segelt die Jacht bei auffrischendem Wind auch noch
zurück in den Hafen, wobei auf den Rumpf wenig Rücksicht genommen wird.
Aber die «Marge» rächt sich grausam und fördert, als sie zum Weiterverkauf
aus dem Wasser gezogen wird, nicht nur einen beeindruckenden Langkiel ans
Tageslicht, sondern auch ein unappetitliches Päckchen, dass sich in ihrer
Schraube verfangen hat: die Leiche Greenleafs.
«The Riddle of the Sands»
Der Soundtrack schwankt, als wäre das Orchester seekrank, und auch die
Farben der ersten Einstellung wollen nicht so recht halten, Rot changiert ins
Violett, Blau ins Grün. Nur Weiss bleibt Weiss, und weiss ist die Jacht, die
durch die See gleitet und zwischen Sandbänken ankert, als wäre sie das
einzige Schiff auf der Welt. Das Boot ist eine gaffelgetakelte Yawl. «Was für
ein Typ?», wird der Held irgendwann von der Heldin gefragt. Er wird abwinken
und etwas von einem umgebauten Rettungsboot sagen. Doch die
«Dulcibella», so der Name des Bootes, ist immerhin eines der berühmtesten
Segelboote der Weltliteratur, eine Hauptfigur in Erskine Childers
Spionageroman «The Riddle of the Sands» - «Das Geheimnis der Sandbank».
Mit dem schmucken Boot lüften der Segler Davis und sein dandyhafter Freund
Carruthers ebendieses Geheimnis: die Pläne des deutschen Kaisers, über die
Ostfriesischen Inseln eine Invasion Englands zu lancieren.
Der Prä-Bond-Spionagethriller wurde 1979 mit Michael York, Simon
MacCorkindale und Jenny Agutter in den Hauptrollen auf Zelluloid gebannt,
und die Szenen, die ein ursprüngliches Leben an Bord abseits - oder genauer
vor der Zeit - überfüllter Marinas zeigen, lassen das Herz eines jeden Seglers
höher schlagen. Doch auch für jene, die sich nur mit Unbehagen an den
letzten Familientörn erinnern, hat der Streifen viel zu bieten: Sie mögen ganz
mit Michael York in der Rolle Carruthers fühlen, der sich in ein Schicksal fügen
muss, das er sich so nicht vorgestellt hat; anstatt im Liegestuhl Tee zu
schlürfen, muss er an Schoten zerren, und anstatt im Blazer und in weissen
Schuhen übers Deck zu schlendern, wird er in Seemannsstiefeln durchs Watt
gehetzt.
Den Qualitätsmängeln der über E-Bay aus England erstandenen Kopie und
den Qualitätsmängeln im Drehbuch zum Trotz: «The Riddle of the Sands» ist
eine Perle unter den Segelfilmen mit Anspruch auf einen Ehrenplatz in der
Videothek.
«The White Squall»
Die See ist ein grosser Lehrmeister. Nur besteht die Gefahr, dass man ihre
Lektionen nicht überlebt. Diese Erfahrungen machte eine Gruppe Jugendlicher
in den 1960er Jahren auf einem amerikanischen Schiff. Dieses war als eine Art
schwimmendes Schulzimmer in der Karibik und im Pazifik unterwegs. Die
letzte Reise dieses Seglers wählte Ridley Scott als Vorlage für seinen Film
«White Squall». Darin kommandiert Jeff Bridgets als raubeiniger Kapitän
Sheldon die Zweimast-Bark «Albatros». Die Sätze, mit denen Sheldon seine
Crew aus unerfahrenen Jünglingen begrüsst, mögen ja etwas arg pathetisch
erscheinen. Aber welcher Segler könnte sie nicht unterschreiben: «Das Schiff
unter euren Füssen ist kein Spielzeug, und Segeln ist kein Spiel.»
Dass daran viel Wahres ist, erfahren die Kadetten gleich nach dem ersten
Auslaufen, wenn die «Albatros» so richtig zu leben beginnt und eine Bö den
Klüver mitnimmt. Wie schön Segeln aber auch sein kann, das vermittelt
Scotts Film ebenfalls. Bis auf den Untergang der Barke hat der Regisseur von
«Gladiator» keine Segelszene im Studio gedreht. Auch schaukeln keine
Modelle über eine mit dem Schwingbesen aufgewühlte Badewanne. Und
schliesslich sind auch keine Computeranimationen in den Film
hineingeschnitten worden wie etwa in «Master and Commander».
Zuweilen schwimmt der Film zwar auch auf einem Strom der Klischees, wenn
etwa Kameradschaft inszeniert wird oder Kommandos klingen, als würden auf
dem Schiff Marines gedrillt. Aber Scott rettet ihn immer wieder - mit
Schönheit oder dem Schrecken der Erkenntnis, dass zur See auf Hochmut der
Untergang folgen kann.
«Wind»
Es gibt ihn, den Film zum America's Cup. Er heisst ganz einfach «Wind». Wie
im wirklichen Rennen spielen auch in «Wind» Geld und Technik entscheidende
Rollen im Ringen um den «Old Mug». Aber wir lernen auch, dass es echte,
tiefe Leidenschaft ist, welche die Segler anspornt, ihr Letztes zu geben - und
die Geliebte mit dazu. Um beim America's Cup mitzusegeln, schickt Will seine
Freundin Kate richtiggehend in die Wüste - die von Utah. Ein fataler Fehler.
Natürlich verlieren die Amerikaner ohne das Mädchen die Trophäe an die
australischen Herausforderer, das tolle Mädchen, das als Taktikerin den
Männern weit voraus ist und erst noch viel besser Segel zuschneiden kann als
die muskelbepackten Blondschöpfe.
Nach verlorener Schlacht besinnt sich Will auf sein Herz, und dort, wo auch
nichts ist ausser Weite und Wind (nur etwas mehr Sand), basteln die zwei
zusammen mit dem verrückten Flugzeugkonstrukteur Joe bald einmal an
einem neuen Schiff. Unter dem Namen «Geronimo» zeigt der SelfmadeCupper den Aussies, aber auch dem arroganten Millionär, aus welchem GFK
(der Film spielt noch in der Prä-Karbon- Ära) die Amerikaner laminiert sind.
«Wind» hat alles, um einem die Zeit zwischen den Rennen zu verkürzen:
glänzende Rümpfe, die durch die Wellen schneiden, Manöver, bei denen viel
geschrien und gekurbelt wird, Beispiele von echtem Sportsgeist, und zudem
erfährt man, was ein Whopper wirklich ist - nicht der leckere Hamburger von
Burger King, sondern ein riesiger Spinnaker (der Begriff ist aber offenbar nicht
als offizielle Bezeichnung ins Seglerlexikon eingegangen).
Der Warnung der amerikanischen Zensurbehörden vor Szenen einer gewissen
Delikatesse sollte man keine grosse Beachtung schenken. Segeln ist
schliesslich ein sinnlicher Sport.
«Das Messer im Wasser»
«Nóz w wodzie» - «Das Messer im Wasser» - von 1962 war Roman Polanskis
erster längerer Kinofilm und gleichzeitig ein echtes Lehrstück in Sachen
«Psychologie an Bord». Noch an Land nehmen der erfolgreiche Sportjournalist
Andrzej und seine Frau Krystyna einen jungen Anhalter mit. Aus einer Laune
heraus lädt Andrzej den Studenten zu einem Törn auf den Masurischen Seen
ein.
Der Ausflug steht unter einem schlechten Stern, denn die Beziehung des
Paars ist bereits angespannt. Andrzej benutzt den Gast, um seine Autorität zu
beweisen, und behandelt ihn wie einen Matrosen auf einem Kriegsschiff. Zu
den schönsten und aufschlussreichsten Szenen gehört indessen, wie sich die
Jacht «Christina» selbständig macht, während der Skipper und seine Frau sich
im Wasser vergnügen. Der segelunerfahrene Student bringt das Boot nicht
unter Kontrolle. Schwimmend versucht Andrzej, die Jacht einzufangen.
Krystyna benutzt ihren Kopf und ruft dem Studenten zu, was er tun soll - zum
Segeln braucht es eben auch Hirn, nicht nur Muskeln, die Andrzej auch
anwendet, um die Annäherungsversuche des Studenten gegenüber seiner
Frau abzuwehren.
Ohnehin erweist sich Andrzej vor allem als Skipper der leeren Worte und setzt
seine Jacht in voller Fahrt auf Grund. Eine schönere Metapher für das
Versagen von Grossmäulern gibt es nicht. Das Messer übrigens, das Polanski
immer wieder bedeutungsreich einblendet, geht für einmal ohne blutige Klinge
über Bord.