SonntagsZeitung, 3. Feb. 2013 Schottische Symbiose Kein Gericht
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SonntagsZeitung, 3. Feb. 2013 Schottische Symbiose Kein Gericht
SonntagsZeitung, 3. Feb. 2013 Schottische Symbiose Kein Gericht passt besser zu Whisky als Haggis und umgekehrt. Experte Felix Pfeiffer hat die Schafswurst zubereitet. VON MARTIN KILCHMANN (TEXT) UND RENE RUIS (FOTO) Ein schottisches Nationalgericht mit sechs Buchstaben? Was Kreuzworträtsler und Köche auf Anhieb benennen können, haben nur wenige hierzulande schon einmal probiert: Haggis, den mit Innereien vom Schaf gefüllten Schafsmagen. Falls schon die Beschreibung genügt, um Ihnen den Appetit zu verderben - ein gewisses Verständnis ist Ihnen sicher. Haggis ist eine krasse Sache, kräftig-durchdringend im Geschmack. Doch wenn Sie Malt-Whisky lieben, sollten Sie der Speise eine Chance geben und lustvoll probieren. Zu keinem Gericht passt Whisky besser als zu Haggis und umgekehrt: Kein Getränk passt besser zu Haggis als Whisky. Bestätigen wird Ihnen das nicht nur der Schotte, sondern auch der Zürcher Felix Pfeifer. Der gelernte Chemiker und ehemalige Gründer und Leiter der Pensionskasse NestSammelstiftung ist ein Experte für schottische Whiskys, kennt die Glens, Inseln und Lochs von unzähligen. Reisen. Kaum eine Whisky-Destillerie, die er nicht besucht hat, und kaum einen guten Malt, den er nicht genussvoll zu beschreiben weiss. Vor dreissig Jahren war Felix Pfeifer erstmals zu einer «Burns night» geladen. An diesem Festtag, dem 25. Januar, ehren die Schotten mit Kilt, Pomp und Dudelsack den Geburtstag ihres Nationaldichters Robert Burns. Höhepunkt des Anlasses ist die Deklamierung von Burns' Poem «Adress to the Haggis», bei der jeweils zur Zeile «great chieftain o'the pudding-race» (grosser Häuptling des Pasteten-Stammes) mit dem Säbel ein Haggis aufgeschlitzt und danach mit reichlich Whisky verzehrt wird. Das Rezept hat er bei Auguste Escoffier entdeckt Vom schwülstigen Gedicht verstand Pfeifer nicht viel mehr, als dass es sich bei der darin erwähnten Speise wohl «um eine gute Wurst» handeln müsse. Zum Whisky genossen, glich sie einer Erleuchtung. Zu Hause suchte er nach einem Rezept und fand es im 1903 erschienenen «Guide Culinaires» von Auguste Escoffier, dem Klassiker der französischen Kochliteratur. Seither bereitet der Hobbykoch die schottische Schafswurst ab und an für grössere Runden zu. Letztmals in Zürich, in der Wirtschaft Neumarkt, nur wenige Tage vor Robert Bums' Geburtstag. Wirt René Zimmermann hatte zusammen mit der Berner Weinhandlung Scala Vini zu einer famosen Whisky-Degustation geladen, und Felix Pfeifer sorgte mit Haggis für die optimale kulinarische Begleitung. Schon am Vormittag machte er sich in der Restaurantküche zu schaffen, kochte Lunge, Herz und Leber, schnitt und zerkleinerte die erkalteten Innereien im Cutter, vermengte sie mit gerösteten Haferflocken und füllte sie locker in den an eine grosse Pellmütze erinnernden Schafsmagen. Entscheidend für das Gelingen des Gerichts sei die Frische der Zutaten, sagt Pfeifer. «Der Magen muss gut geputzt sein und über Tage mit Quellwasser gewässert werden.» Seine Bezugsquelle, die Metzgerei Schönholzer in Wädenswil, garantiert dafür. Wichtig für den Geschmack des Haggis ist aber auch das langsame, Geduld verlangende Sieden des gefüllten, sich zu einem Ballon aufplusternden Magens. Die Samaroli-Selektion ist nur Insidern bekannt Stunden später am Wirtshaustisch wird die Ausdauer des Kochs belohnt. Der Haggis schmeckt wie eine würzig-feine Leberwurst, kein unangenehmes «Böcklen» oder «Schäften» trübt den Genuss. Elegant ergänzen die Beilagen klassisch sind Kartoffelstock und Steckrübenmus - das deftige Gericht. Ein Gutsch vom besten Whisky, über dem Haggis verteilt, gibt ihm Feuer. Doch erst die Malts, die schluckweise zur Schafswurst getrunken werden, machen den schottischen Supper zum Erlebnis. Bei den Malts handelt es sich um bis zu fünfzig Jahre alte Destillate, die der italienische Kenner Silvano Samaroli einst in den besten Brennereien ausgewählt und in ausgesuchten Fässern hatte reifen lassen. Die Whiskys dieser SamaroliSelektion sind nur Insidern bekannt. Doch wer sie einmal probiert hat, wird ihre komplexe Geschmacksfülle nie mehr vergessen. Auch Felix Pfeifer lobt die tiefgründigen finessereichen Malts von der Speyside, obwohl er immer auf die rauchigen-torfigen Islay-Brände als die optimalen Begleiter zu Haggis schwor. Essenzen wie die Samaroli-Whiskys hat allerdings auch er, der mit allen heiligen Wassern der schottischen Quellen gewaschene Malt-Experte, noch nicht oft im Leben getrunken. Perfekt zu Whisky : Haggis, nach einem Rezept von Auguste Escoffier Für acht bis zwölf Personen (je nach Esser): 1 Schafsmagen 1 Schafslunge 1 Schafsherz 1 Schafsleber 250g Haferflocken 250 9 Ochsenoder Rindernierenfett (Alternative: Butter) 1 Zwiebel, gehackt Saft einer Zitrone Salz, Pfeffer Muskat, Cayenne Schafsmagen, Innereien und Nierenfett rechtzeitig beim Metzger bestellen. Die Schafsleber, das Herz und die Lunge in eine Kasserolle legen, mit kaltem Wasser völlig bedecken, mit Salz und gestossenem Pfeffer würzen und 1,5 Stunden langsam köcheln lassen. Die Haferflocken auf einem emailliertem Blech oder in einer Gratinform im Ofen bei 180 Grad bräunen, dabei öfter wenden. Die Innereien aus dem Sud nehmen und zusammen mit dem Nierenfett (geht auch mit Butter) und der Zwiebel im Cutter hacken oder durch den Fleischwolf drehen. Haferflocken, den Zitronensaft, etwas Muskat, Salz, gemahlenen Pfeffer und einige Löffel vom Innereiensud hinzufügen, die Masse darf aber nicht zu flüssig werden. Mit Cayenne abschmecken. Die Masse in den Magen einfüllen, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich diese noch ausdehnt, während der Magen sich zusammenzieht. Also locker, nicht prall füllen. Den Magen anschliessend zunähen, in die Kasserolle legen, mit leicht gesalzenem Wasser völlig bedecken und zum Kochen bringen. Sobald sich der Magen aufbläht, mehrmals mit einer Nadel einstechen, damit er nicht platzt. Anschliessend stets mit Wasser bedeckt mindestens drei Stunden knapp unter 100 Grad simmern lassen. Das Gericht wird jedoch besser, wenn es noch länger siedet (bis sechs Stunden). Klassische Beilagen zum Haggis sind Kartoffelstock und weisse Steckrüben (Bodenkohlrabi) oder ein gemischtes Pürée aus Rüben und Kartoffeln. Tipp: Eine gute Adresse für Magen und Innereien ist die Kleintiermetzgerei Schönholzer in Wädenswil (Sennhus 4, Tel 044 7812655)