Die Gefährten - Herr-der-Ringe

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Die Gefährten - Herr-der-Ringe
die musik aus den herr der ringe filmen
~ CD E ~
ins
1 | „Prologue: One Ring to rule them all“ - Prolog : Ein Ring, sie zu knechten
Der Prolog des Filmes führt die Zuschauer in die Welt von Mittelerde
ein, macht sie gleichermaßen mit der Gefahr, die von dem Einen Ring
ausgeht, bekannt und legt so den Grundstein für eine gewaltige Geschichte. Die Musik von Howard Shore fungiert als Auftakt, der durch
kurze Ausschnitte in das thematische Material einführt, welches sich
im Verlauf der Geschichte entwickeln wird. Hier hört man zum ersten
Mal ein Chorstück aus dem elbischen ‚Lothlórien‘-Thema; desweiteren die Skip-Beat-Begleitung des ‚Mordor‘-Themas und die Begleitung
aus absteigenden Terzen, sowie die Themen zu ‚Sauron/Die Bosheit
des Ringes‘, ‚Die Ringgeister‘ und das Motiv zum tragischen ‚Fall der
Menschen‘. Man hört sogar einen flüchtigen Umriss des ‚Gefährten‘Themas, ganz sträubend und schaudernd inmitten des heftigen Konflikts auf der Leinwand.
Am auffallendesten jedoch in dieser Szene ist die ‚Geschichte des
Ungenutztes Konzept
Die Filmemacher haben den Prolog ursprünglich als eine kürzere Version gefilmt, für die
Shore eine eigenständige vierminütige Komposition schrieb. Während des Schneidevorgangs entschied man sich allerdings für eine
längere Sequenz, um den Film mit einer detaillierteren Schlacht beginnen zu lassen. Der
Prolog wurde erweitert und Shore schrieb
ein neues Stück passend zum neuen Schnitt.
Die erste Komposition (mit dem Titel „Die
Schlacht von Dagorlad“) ist auf dem ersten
Original Soundtrack von 2001 zu hören,
wurde aber nie im Film verwendet. Obwohl
sich beide Versionen ähnlich sind, erweitert
die im Film verwendete Version (hier auf der
CD zum ersten Mal zu hören) das Urkonzept erheblich und gibt einen kleinen Vorgeschmack auf das Konfliktniveau der beiden
Fortsetzungen, „Die Zwei Türme“ und „Die
Rückkehr des Königs“.
Ringes‘, welches sein Debüt gleich nach der Eröffung durch den Lothlórien-Ausschnitt macht. Durch den ganzen Prolog macht Shore den
einzigen Zweck des ‚Geschichte des Rings‘-Themas deutlich: „Es zeigt,
wie der Ring von Hand zu Hand wanderte.“ Galadriel fährt mit ihrer
Erzählung fort, sobald das Thema dem Ring seinen neuen Besitzern
vorstellt: Erst Isildur und dann Gollum/Sméagol (schmollend in seiner
dunklen Höhle, begleitet von seinem ‚Mitleid‘-Thema). Der Abschnitt
‚Ein namenloses Grauen‘ spielt unter der Stimme der Dame der
Galadhrim. Denn obwohl es scheint, als wäre der Ring aus dem Alltag Mittelerdes verschwunden, aber wir wissen, dass er
bald wieder in Erscheinung treten wird. Tatsächlich geht der Ring an Bilbo Beutlin aus dem Auenland, begleitet von einer
Englischhorn-Variante des ‚Geschichte-Themas‘.
2 | „The Shire“ - Das Auenland
Die Handlung der Geschichte springt in die Zeit des auslaufenden Dritten Zeitalters, als wir mit dem Auenland vertraut ge-
macht werden. Das kurze Musikstück, das uns in das Heimatland der Hobbits leitet, wurde ursprünglich für die Kinoversion
des Filmes geschrieben. Diese Szene wurde aber gekürzt, als der Prolog verlängert wurde, und somit blieb Shores Einführungsmusik bis zur SEE-Veröffentlichung ungehört. „Wir hatten das Stück und ich war fast fertig mit der Orchestrierung“,
erinnert sich der Komponist. „Es beinhaltete noch nicht viel von dem ‚Auenland‘-Thema, weil es nur die Geschichte des
Auenlands als Montage zeigte. Nun hört man zuerst das ‚Ländliche Geigen‘-Thema, und dann die sich daraus entwickelnde
‚Nackdenkliche Fassung‘. Hier beginnt Shore seine keltischen Instrumente zu benutzen: Bodhrán (irische Rahmentrommel),
Hackbrett, keltische Harfe, Musette, Mandoline und Gitarre.
Ebenfalls werden der ‚Hobbit-Takt‘, das ‚Abschlussstück‘ (als sich der Hobbit das zweite Mal im Ohr puhlt) und der ‚Hobbit-
Skip-Beat‘ eingeführt. ‚Skip-Beat‘ heißt er, da hier der erste Schlag eines jeden Taktes durch eine Achtelpause ersetzt wird.
Eine detailliertere Darstellung des ‚Gefährten‘-Themas ertönt, während der Filmtitel eingeblendet wird.
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3| „Bag end“ - beutelsend
Während Frodo im Schatten eines Baumes liest hat die Flöte ihren ersten Einsatz und offenbart die heimische Heiterkeit der
Hobbits - eine Lebensart, die bald das Schicksal Mittelerdes entscheiden wird. „Die Flöte ist passend. Sie hat einen schönen
friedlichen Klang und ist nicht zu orchestral.“
Gandalfs Wagen fährt die Straße entlang, während der graue Zauberer friedlich vor sich hin singt. Obwohl Shore die or-
chestrale Unterstützung mit ein paar Zupf-Akkorden liefert, kommt die Melodie von Fran Walsh, während die Texte von
J.R.R. Tolkien stammen. Als Gandalf und Frodo damit kämpfen ihr Grinsen zu unterdrücken, beginnt Shore ein heiteres
‚Hobbit‘-Thema. „Hier bekommt Frodos Charakter etwas Tiefe“, sagt der Komponist, „also habe ich es mit der gezupften
Variante verschmelzen lassen.“
Derweil in Beutelsend hat Bilbo gerade einen paranoiden Anfall, denn er denkt, seinen geliebten magischen Ring verloren
zu haben. Shore trommelt obsessiv während sich die Phrasen im Hobbit-Skip-Beat entwickeln, doch das Schmuckstück ist
gefunden und alles wieder in bester Ordnung. Das heitere ‚Hobbit‘-Thema und die gezupfte Variante sowie der Hobbit-Takt
begleiten Frodo und Gandalf pompös durch das Dorf, bis sie sich über die Rückkehr des Zauberes unterhalten. „Er sieht
Frodo verträumt an und man hört dieses bäuerliche Thema - eine langsamere Version des ‚Auenland‘-Themas“, sagt Shore.
4 | „Very Old Friends“ - Sehr alte Freunde
Gandalf kommt an Bilbos Türschwelle an. „Hier spielt das ‚Auenland‘-Thema ohne Flöte“, betont der Komponist. „Somit
erscheint diese reine Streichervariation ein wenig nostalgischer, beinahe wie eine ältere Version von dem, was wir vorher
bei Frodo gehört haben. Es ist ein wenig würdevoller – ein bisschen eleganter als mit den Flöten.“ Sobald die Handlung in
das Innere von Beutelsend rückt, spielt Shore auf das humorvolle und rätselhafte Getue dieses kleinen Hobbits und auf das
Abenteuer, das er bald in Bewegung setzen wird, an. „Man erwartet eine Akkordprogression, denn man weiß, dass es ein
neuer Ort ist, und man ist aufgeregt“, erklärt er. Freilich wird auch eine andere Art der Vorahnung beschrieben, nämlich
während des kurzen Blickes auf eine bekannte Landkarte, die mit einem Drachen verziert ist. Shore lächelt: „Es ist einfach
nur eine kleine Anspielung auf Rätsel und Intrigen.“
5 | „Flaming Red Hair“ - Flammend Rotes Haar
Bilbos lang erwartetes Fest beginnt mit einem in die Handlung eingewobenem Musikstück von der Band „Plan 9“. „Sie arbeiten schon seit Jahren mit Peter und Fran zusammen“, erklärt Shore. „Sie sind talentierte Schreiber und hatten genau das
richtige Gefühl dafür. Es war schön, dass es einen gewissen Unterschied zwischen ihrer Musik und der, die ich komponierte,
gab.“
6 | „Farewell Dear Bilbo“ - Lebewohl, lieber Bilbo
Inmitten der ganzen Aufregung trifft Bilbo in einem bedächtigen Moment auf Frodo und verabschiedet sich indirekt von
ihm. Hier führt Shore die ersten sanften Akkorde der Hymnenfassung des ‚Auenland‘-Themas und Andeutungen von ‚Die
Erkenntnis eines Hobbits‘ ein.
Die beiden jugendlichen ortsansässigen Tunichtgute, Meriadoc Brandybock und Peregrin „Pippin“ Tuk, betreten die Szene.
Shore schleudert die für die Hobbits charakteristischen Quarten und Quinten (abgeleitet vom ‚Skip-Beat‘ und den Skizzen)
über die Streicher und Bläser des Orchesters. „Ich wollte es hobbitlich machen – orchestralisch hobbitlich! – nicht übermannend sondern rasanter“, beschriebt Shore. Die Phrasen gewinnen spielerisch an Tempo als einige Feuerwerkskörper Bilbos
Abendgesellschaft aufscheuchen.
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7 | „Keep It Secret, Keep It Save“ – Halte ihn geheim, bewahre ihn gut
Nachdem er sich durch seine Geburtstagrede gestammelt hat, setzt Bilbo den Ring auf. Shore unterlegt dies mit einem
flüssigen Kräuseln von Quinten und Quarten der Holzblasinstrumente und der Celesta – eine düstere Version des Themas
der hobbitlichen Heiterkeit. Bilbo kehrt nach Beutelsend zurück und macht sich bereit für seine Abreise aus dem Dorf, als
Gandalf ihn abfängt und ihn nach seinen Absichten den Ring betreffend befragt. Der Chor schlüpft in die Rolle des Ringes
und summt seine Melodie, wenn immer dieser versucht, den simpel gestrickten Hobbit zu verführen. Doch noch kann er seine
verführerische Botschaft nicht deutlich machen. Der betagte Hobbit ist jedoch nicht vollständig immun gegen die betörenden
Fähigkeiten des Ringes - und als das Wort „Schatz“ über seine Lippen gleitet, webt Shore Phrasen des ‚Mitleid für Gollum‘Themas ein. „Bilbo wurde eben ein wenig korrumpiert“, gibt der Komponist fast schon ein wenig enttäuscht zu. Gandalf
sammelt einen Teil seiner Kräfte um den Hobbit an die Bedeutsamkeit seiner Entscheidung zu erinnern.
Interessanter Weise benutzt Shore niemals ein bestimmtes Thema für Gandalf den Grauen. „Gandalf ist ein Vermittler“, er-
klärt er. „Seine Figur bringt die Handlung vorwärts und ist überall und nirgendwo. Es gibt nichts, das gezielt an ihn gebunden
ist, da er derjenige ist, der sich zwischen den ganzen anderen Charakteren bewegt.“ Gandalf der Weiße ist jedoch, wie „Die
Zwei Türme“ zeigen wird, ein völlig anderer Charakter.
Als Bilbo sich entschließt den Ring zurückzulassen, mischt Shore einige sich spät auflösende Strähnen des ‚Mitleid für
Gollum‘-Themas unter das Auenland-Material. Der Hobbit geht fort und lässt Gandalf unter dem wachsamen Auge Saurons
zurück. Hier lässt Shore ein erstes Stückchen Mordor-Musik im Auenland ertönen: Bilbo gibt seinen wertvollen Ring auf und
lässt ihn zu Boden fallen. Währenddessen hört man eine Mordor-Variante der ‚absteigenden Terz‘ in einem Ostinato, welche
das entsetzliche Abenteuer ankündigt, das Bilbo gerade in Bewegung gesetzt hat. „Man hat davon schon vorher im Prolog ein
Wenig gehört“, erinnert uns Shore „und somit ist dies hier nur ein kleiner Fingerzeig auf die Macht dieses Objektes. Was ist
das für ein Ding? Dieses kleine Quantum an dunkler Atmosphäre hilft später, sich an den Anfang des Filmes zu erinnern.“
Bilbo macht sich auf den Weg und das sanfte ‚Auenland‘-Thema gewinnt wieder die Oberhand. „Es sind nur sehr kleine
Harmonien auf den Streichern. Während er gehen will und die zwei alten Freunde sich verabschieden, ertönt nur ein kleiner
Ansatz dieser Melodie.“ In Beutelsend werden Gandalfs Gedanken vom Ring umgarnt und in diesem Moment, beinahe prophetisch, betritt Frodo die Szene und stört damit den Einfluss des Ringes auf den Geist des Zauberers.
Immer noch völlig erschüttert, gibt Gandalf den Ring an den Hobbit, grübelnd darüber, welches Geheimnis sich in diesem
harmlos aussehenden Schmuckstück verstecken mag.
„Nun, da Frodo den Ring in der Hand hält, hört man das ‚Geschichte des Ringes‘-Thema. Er hat den Ring berührt und hält
ihn in seiner Hand, somit ist der Ring von Bilbo an Frodo weiter gegangen“, erklärt Shore. Die ätherische Melodie weicht
bald den bedrohlicheren Passagen.
Die Stimmung der Partitur verdunkelt sich, als bei Gandalfs Aufbruch zur Suche nach Gollum die Fagotte einen fünf-noti-
gen Block des ‚Mitleid für Gollum‘-Themas aufgreifen. Diese Fragmente werden unterbrochen, als die Rhaita das erste Mal
ertönt: Das ‚Sauron/Die Bosheit des Ringes‘-Thema wird eingeführt und fünf schwarze Reiter verlassen Minas Morgul. Auch
der gemischte Chor aus dem Prolog erscheint ein weiteres Mal in einem unveränderten, frevelhaften Ton. „Der Gesang für
die Ringgeister ist in Adûnaic. Das ist die alte Sprache der Menschen, da die Ringgeister korrumpierte Könige waren.“
Zurück im Auenland herrschen eine bekanntere Sprache und ein fröhlicherer Klang vor. Merry und Pippin erfreuen sich
eines erheiternden Abends im Grünen Drachen (sowie des feinsten Getränks, das das Gasthaus zu bieten hat) und singen
Fran Walshs burschikos anmutendes Ständchen ‚Das Trinklied‘.
8 | „A Conspiracy Unmasked“ – Eine aufgedeckte Verschwörung
Nach einer klaren Darstellung der Auenland-Musik, während sich die Hobbits gute Nacht wünschen, wendet sich Shore
einer eher geheimnisvollen Variation zu, die einige der ungewöhnlichsten Orchestrationen der Partitur enthält. Eine Altflöte
schafft eine rauchig-mysteriöse Atmosphäre zu der das gestreichelte Tamtam und die acht Kesselpauken (zwei Spieler) die
bevorstehende Gefahr ankündigen; denn Gandalf erscheint und offenbart die wahre Natur von Bilbos Lieblingsklunker.
Während Frodo auf die Bestätigung Gandalfs wartet, dass niemand um den Verbleib des Ringes im Auenland weiß, hört man
eine gruselige Fassung des ‚Mitleid für Gollum‘-Themas. Bedauerlicherweise ermahnt uns eine knorrige Notation, dass solch
eine Bestätigung nicht kommen wird. Das Motiv der ‚Bedrohung durch Mordor‘ impliziert die große Angst des Zauberers
und des Hobbits.
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9 | „Three Is Company“ – Wanderung zu dritt
Die Basstrommel untermauert die erste Erscheinung des Themas der ‚Verlockung des Ringes‘ während einer Aufnahme
von Frodos Westentasche; so verleiht Shore dieser eher harmlosen Szene eine greifbare Beklommenheit. Diese hallenden
Trommelschläge – in Shores Partitur als „tiefe, entfernte Unruhe“ vermerkt – untermauern die erste gesummte Fassung
des ‚Verlockung des Ringes‘-Themas. (Auch hier ringt der Eine Ring darum, seine verführerische Botschaft an die weniger
bestechlichen Hobbits zu formulieren.)
Nach dem ersten Erklingen des ‚Hinweg‘-Themas präsentiert Shore Auszüge zweier der bedeutendsten Themen der Ge-
schichte. In einem auenländischen Getreidefeld tut Sam ungern einen weiteren Schritt und bemerkt, dass er noch nie so
weit weg von zu Hause war. „Hier hört man ein kleinen Ausschnitt aus dem Endstück“, bemerkt der Komponist. „Es ist die
‚Hymnenfassung‘ oder ‚In Dreams‘, die das erste Mal zu hören ist.“ Augenblicklich danach beschreibt die Musik, dass sich
die Ringgemeinschaft aufzubauen beginnt. Englischhorn und Waldhorn kündigen eine tapfere, aber bescheidene Version des
Materials an. „Das ist das erste Mal, dass man es hört, denn nun setzen die beiden ihre Reise gemeinsam fort“, und bilden
den Kern der Gefährten.
10 | „The Passing Of The Elves“ - Das Vorbeiziehen Der Elben
„Plan 9“ lieferte das ‚Elbische Klagelied‘ für die Waldelben, die Frodo und Sam bei deren Aufbruch beobachten.
Der Text
stammt von J.R.R. Tolkien.
11 | „Saruman The White“ - Saruman Der WeiSSe
Hier präsentiert Shore wieder einen Teil des sich aufbauenden ‚Gefährten‘-Themas. „Als Gandalf reitet, hören wir einen
düsteren Verschnitt des ‚Gefährten‘-Themas - er ist jetzt auf sich allein gestellt. Die Hobbits setzen ihren Weg gemütlich
zusammen fort, Gandalf aber ist nicht so zuversichtlich, denn er reitet nach Isengard und dort stehen ernste Entscheidungen
an.“
Gandalf wird am Fuße des Orthancs mit Unheil verheißenden Tönen empfangen - das Thema der ‚Bedrohung durch
Mordor‘. Saruman ist dem Dunkel Mordors verfallen. Das Orchester vertieft sich und beschreibt so diese Offenbarung in
den dunkelsten Tönen, die instrumental nur möglich sind.
Als Saruman Gandalf angreift, ertönt ein gemischter Chor mit einem Unheil verkündenden Gesang. „Es ist die Dunkle
Sprache“, kommentiert Shore, „die stellenweise recht gut in einem Chor klingt. Die Textauszüge wurden damit zu einem
wichtigem Bestandtteil der Kompostion. Ich hatte ein 100 Instrumente starkes Orchester und 100 Sänger.“ Gandalf wird
bis zur Spitze des Turms geschleudert und die Musik vereint sich mit den Kesselpauken aus der ersten Verwendung der
‚Mordor‘-Skizze.
12 | „A shortcut To Mushrooms“ - Querfeldein Zu Den Pilzen
Während Bauer Maggot die vier neu vereinigten Hobbits verfolgt, peitscht der Soundtrack hurtig mit den leichten hobbit-
typischen Klängen des Orchesters mit: Gedämpftes Becken, hohe Holzbläser und Streicher usw. Die holprige Flucht des
Quartetts erweist sich jedoch als ein Holzweg und führt sie zu der Kante eines steilen Abhangs und direkt in den Weg der
Schwarzen Reiter. Tiefe Blechblas- und Streichinstrumente kommen am Fuß des Abhangs hinzu, als die Gruppe mit allerlei
entmutigenden Variationen des ‚Mordor‘-Themas verfolgt wird - komponiert für die hohlklingenden Obertöne der Streichinstrumente und einen anschwellenden Chor. Einige Elemente dieser Musik wurden aus dem Film rausgenommen, erklärt
Shore. „Peter benutzt lieber Soundeffekte. Ihm gefällt diese Stille: Der Reiter und sein Atmen.“
In diesem Titel hört man eine Variante des ‚Ringgeister‘-Themas, die nur für das Orchester, ohne Chor, geschrieben wurde.
Das Wegbleiben der Stimmen soll dem Aufbau der Spannung dienen, während die Hobbits durch den Wald preschen.
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13 | „Strider“ - Streicher
Frodo, Sam, Merry und Pippin erreichen Bree, begleitet von dunklen Variationen ihrer ‚Skip-Beat‘-Skizze. Im Tänzelnden
Pony begegnet die Gruppe einem neuen mysteriösen Helfer, Streicher, und seinem gleichermaßen rätselhaften Musikthema,
dem Thema der ‚Heldentaten Aragorns‘, das hier, ganz zurückhaltend, das erste mal enthüllt wird.
14 | „The Nazgûl“ - Die Nazgûl
Frodo zieht den Einen Ring über, und verrät so den Ringgeistern seinen Aufenthaltsort. Als Streicher sieht, was vor sich
geht, nimmt er die Hobbits zu sich und wartet auf die Ankunft der Geister. Shore zählt diese Sequenz, die eine besonders
starke Darbietung der Musik der ‚Geister‘ beinhaltet (begleitend zum Text ‚Die Enthüllung Der Ringgeister‘), zu den opernhaftesten der Filme. „Ich liebe es, wenn die Musik ständig in den Dialogen zu hören ist und das Dargestellte auf dramatische
Art und Weise unterstreicht. Es ist wie in der Oper.“ Ein musikalisches Nachbeben folgt dem sinnlosen Angriff der Geister,
als Shore deren Hauptthema in den tiefsten grollenden Tönen untergehen lässt.
Nachdem die Reiter abrücken, verlassen Streicher und die Hobbits Bree in Richtung Bruchtal. Die Gemeinschaft zählt nun
fünf Gefährten, also erschallt dieses Thema in einer weiterführenden, noch unfertigen Fassung. „Das Thema der ‚Gefährten‘
vervollständigt sich langsam“, bemerkt Shore.“Es ist das erste Mal, dass man es so hört, aber es ist noch sehr langsam. Es ist
noch nicht vollständig, aber es kommt der fertigen Version immer näher, da jetzt Streicher hinzugestoßen ist. Die Orchestrierung ist vollmundiger - man hört die Blechbläser etwas mehr. In früheren Fassungen mit Frodo und Sam hört man ein
Waldhorn spielen. Jetzt sind es drei.“
Die Reise ist beschwerlich, und obwohl die angeborene Heiterkeit der Hob-
bits die Stimmung hoch hält, ist Streicher weiterhin abgelenkt, immer von
seinen Gedanken gejagt. Als er mit den Hobbits ein Lager für die Nacht
aufschlägt, singt der Jäger ‚Das Lied Lúthiens‘ in die Nacht. Diese A-cappellaMelodie wurde von Viggo Mortensen komponiert und gesungen.
Andernorts ist der ermattete Gandalf auf der Spitze Orthancs gefangen.
Er blickt hinunter auf die Zerstörung, die ihn umgibt, während Shore das
Motiv der ‚Gefährlichen Zeiten‘ aus der Sammlung der ‚Ringsuche‘-Themen
vorstellt.
Ungenutztes Konzept
Auf dem Original Soundtrack hat eine
frühere Version dieser Musik, ein antreibendes fünf-Takt-Schema, Isengart vorgestellt. Doch es wurde entschieden sich
diese Version aufzusparen bis Isengarts Industrialisierung weiter fortgeschritten ist.
In der finalen Version von Track 14 wurde das Thema ‚Gefährliche Zeiten‘ benutzt
um dieser Szene einen traurigeren Stil zu
verleihen und so Gandalfs Reaktion besser
zu erklären.
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1 | „weathertop“ - wetterspitze
Auf der Wetterspitze greifen die Ringgeister die Hobbits an. Shore
alterniert sein ‚Mordor‘-Thema zu d-Moll und lässt es immer lauter
werden, bis die verschleierten Bösewichte aus dem Dunkel der Nacht
auftauchen, um die Hobbits zu töten. Sogar Kesselpauken untermalen das Geschehen, indem sie schwer anmutende Phrasen des Themas
der ‚Bedrohung Mordors‘ einbringen.
Ungenutztes Konzept
Als Frodo den Ring aufsetzt und in die
Schattenwelt blickt, bringt Shore ein Gewirr
an improvisierenden Holzblasinstrumenten,
Becken und Streichern ein. Dieser Teil wurde
letztlich aber durch Soundeffekte ersetzt.
2 | „The Caverns Of Isengard“ – Die Verliese Isengards
Streicher fängt die Ringgeister mit einem heroischen Ausbruch von Fragmenten des ‚Gefährten‘-Themas ab und Shore führt
eine weiter entwickelte Variante des Themas der ‚Heldentaten von Aragorn‘ ein. Aufstrebende Töne aus den Waldhörnern
erinnern an die düstere Cellophrase, die Aragorn in Bree begleitet, die jetzt jedoch einen kühneren Heldenmut verströmt.
„Er rettet Frodo“, sagt Shore. „Aragorn ist nun der Held – der Retter Frodos. Er wird lebenswichtig für die Gefährten.“
Die besiegten Ringgeister ziehen sich wieder in die Dunkelheit zurück, und ‚Die Bedrohung Mordors‘ wird untermalt von
Flüchen, gerichtet an die Gefährten. Die Gefahren, die in Mittelerde lauern, sind dennoch groß. Isengard wurde zerstört und
in einen tödlichen Ort der Maschinen und der Bosheit verwandelt. Die Partitur führt den Fünfvierteltakt als die herzlose Antriebskraft Isengards und das ‚Isengard‘-Thema als dessen Schlachtruf ein. „Hier kommen alle metallenen Schlaginstrumente
zum Einsatz“, gesteht Shore unheilvoll. „Es ist die gesamte industrielle Gewalt Mittererdes.“
Hier hat auch ein völlig gegenteiliges Thema seinen ersten Auftritt: Das Thema der ‚Rückforderung der Natur‘, eingesungen von dem Knabensopran Edward Ross. Dieser erste Auftritt des Themas wird von dem kriegerischen Fünfvierteltakt der
Orks flankiert. Obwohl das Schema verblasst, sobald das ‚Rückforderungsthema‘ auf den Plan tritt, ist es dennoch die ganze
Zeit durch die stete Untermalung der Schlaginstrumente der Londoner Philharmonie präsent. Damit dieser Rhythmus seine
Energie nicht verliert, flechtet Shore einen Teil des Fünfvierteltaktes in das ‚Rückforderungsthema‘ ein. Im Film setzt dieses
Schema nach dem skrupellosen und vorwärts preschenden Gesangspassagen wieder ein.
3 | „Give Up The Halfling“ – Gib uns den Halbling
Arwen trifft im Wald auf Aragorn
und auf die Hobbits. Indem er Arwens Thema einführt, betont Shore
den wohlklingenden Ton von Frauenstimmen - das charakteristische
Klangbild der Elben. Arwen nimmt
Frodo mit und reitet, mit den Ringgeistern im Rücken, so schnell es
geht nach Bruchtal. Sie besiegt die
Schwarzen Reiter an der Bruinenfurt, doch der Ritt fordert seinen
Tribut von Frodo. Arwen segnet
ihn und die Filmmusik kehrt zum
elbischen Klangbild zurück, indem
Arwens Thema wieder aufgegriffen
wird, und dann ihre Worte vom
Frauenchor wiederholt werden.
Ungenutztes Konzept
Shore komponierte mehrere Versionen der „Flucht zur Furt“-Verfolgungsjagd.
Ursprünglich endete das Stück mit einem kurzen Einbruch von Stille, gefolgt
von anschwellenden Streichern, einem Chor („Flut an der Bruinenfurt“) und
einer Kesselpauken-Variation der ‚Mordor‘-Skizze. Diese Aufnahme wurde verworfen bevor der Chor überhaupt aufgenommen wurde. Stattdessen entschied
sich Shore für eine wild panisch klingende Version improvisierender Waldhörner, die ertönt, während die Geister das Ufer des Flusses erreichen.
Peter Jackson entschied sich jedoch für Shores ersten Ansatz; allerdings blendet die Musik aus, wenn das Flusswasser nieder stürzt. (Es wurde niemals der
Versuch gemacht den Chorsatz aufzunehmen, nachdem beschlossen worden
war, dass die Passage nicht im fertigen Film verwendet werden würde.) „Pete
mochte das Ruhige“, erinnert sich Shore, „einzig und allein den Klang dieser
ausweglosen Situation.“
Auf dieser CD ist Shores bevorzugte Fassung mit den Waldhörnern zu hören.
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4 | „Orthanc“ – Orthanc
Gandalf erzählt von seiner Flucht aus Isengard, untermalt von feindseligen Blechbläsern, dessen Klang sich für einen Mo-
ment aufhellt, um auf das ‚Rückforderungsthema‘ hinzuweisen, bevor der Chor einsetzt. Gandalf springt vom Turm, landet
auf Gwaihir, dem Herrn der Lüfte, der mit einem anschwellenden Fanfarenstil der Komposition eingeführt wird, den man
in diesem Teil der Trilogie nicht noch einmal zu hören bekommt.
5 | „Rivendell“ – Bruchtal
Sicher in Bruchtal untergebracht, ruht sich die Filmmusik einen Moment lang aus, um die Musik der Elben und Hobbits zu
vermengen. Das schillernde ‚Bruchtal‘-Thema beginnt mit der ganzen Schönheit und Endgültigkeit, die es vermittelt. „Es ist
Musik für das Ende einer Zivilisation,“ erinnert uns Shore. Der Frauenchor singt ‚Die Hymne an Elbereth‘, verweisend auf
die Königin der Sterne, die von den Elben verehrt wird.
Die Hymnenfassung des ‚Auenland‘-Themas erklingt und führt Frodo und Bilbo wieder zusammen. „Man konnte es seit
der Unterhaltung zwischen Sam und Frodo im Kornfeld nicht mehr hören,“ sagt Shore. Als Bilbo Frodo die Fortschritte mit
seinem Buch zeigt, taucht auch die ‚Nachdenkliche Fassung‘ des ‚Auenland‘-Themas wieder auf, erst für Klarinette, dann für
Flöte. „Es schien mir eleganter für Bilbo. Ich konnte hier nicht die Querflöte nutzen, denn die Szene ist einfach zu sanft. Es
gibt keine Hobbitklänge in Bruchtal,“ erklärt der Komponist „es ist klassischer.“
6 | „The Sword That Was Broken“ – Das Schwert, das zerbrochen war
Die Bruchtal-Arpeggios verdunkeln sich und kündigen somit weitere Besucher an. „Es ist eine dunklere Variante der
Bruchtal-Eröffnung“, merkt der Komponist an. Kurz darauf mischen sich grimmige Töne unter die Partitur und kündigen
die musikalische Bandbreite des Schicksalsberges an. Detailliert berichtet Elrond von der lang vergangenen Geschichte über
die Verweigerung Isildurs, den Einen Ring zu zerstören. Bevor die Arpeggios düsterer, dunkler und voller Enttäuschung
wiederkehren, bricht die Musik in ein leidenschaftliches Donnern von Blechbläsern und rollenden Kesselpauken aus.
Zum zweiten Mal ertönt die Englischhorn-Variation des ‚Gefährliche Zeiten‘-Themas, während Aragorn und Boromir an
den Bruchstücken von Narsil aufeinander treffen. Als Boromir misstrauisch die gebrochene Klinge mustert, projiziert die
erschlaffende Phrase eine Vorahnung über die Leiden, die der Ring hervorrufen wird.
7 | „The Council Of Elrond Assembles“ – Elronds Rat
Das ‚Aníron‘-Thema ist eine der wenigen Melodien in der „Herr der Ringe“-Partitur, die nicht von Shore komponiert wurden, obwohl Howard Shore es selbst war, der sich für Enyas Beteilgung einsetzte. „Ihre Stimme war es, die ich mir für diese
Szene vorgestellt habe“, erinnert er sich. „Sie schrieb die Musik und ich orchestrierte. Irgendwie fühlte sich das alles richtig
an. Sie klingt wundervoll.“
Nach diesem romantischen Moment zwischen Aragorn und Arwen beginnt unmittelbar die herausfordernde Sequenz von
Elronds Rat. Diese Szene ist eine Mixtur aus gespannter Stimmung und pathetischer Entschlossenheit und hat eine zentrale
Bedeutung für den weiteren Handlungsverlauf des „Herrn der Ringe“.
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8 | „The Great Eye“ – Das groSSe Auge
Die ‚Niedergang-Fassung‘ des ‚Gondor‘-Themas eröffnet diese Komposition und erscheint damit zum ersten und einzigen
Mal in „Die Gefährten“. „Ich wollte dieses Thema genau in dem Moment beginnen lassen, in dem Boromir über seinen Vater
Denethor, den Truchsess von Gondor, spricht. Es hat so lange gedauert, all diese Gesten perfekt hinzubekommen. Gandalf
schließt seine Augen: Ein solch großartiger Moment muss einfach perfekt untermalt werden. Die gesamte Szene besteht aus
Gesten und Blicken – vieles von dem Film ist genau das. Der Film ist groß und episch, aber soviel davon besteht nur aus
Augenbewegungen, Blicken, Mimiken. Das Geschehen ist sehr opernhaft dargestellt. Doch gerade das verleiht der Geschichte
wunderbare Details. Das ist großartiges Geschichtenerzählen – und es geht alles um normale Dinge und Beziehungen.“
Um dieses Stück zu vollenden, taucht das ‚Gefährten‘-Thema erstmals in seiner vollendeten Fassung auf. Zu einem Crescendo von Blechbläsern und Zimbeln verkündet Elrond offiziell die neun Mitglieder der Gemeinschaft des Ringes. „Das ist das
erste Mal, dass man es in der vollen Orchesterform hören kann,“ lächelt der Komponist.
9 | „Gilraen‘s Memorial“ – Gilraens Grab
Gesungen von der Altstimme Hilary Summers, markiert „Gilraens Lied“ die erste Verwendung des ‚Schwinden der Elben‘-
Themas - die Melodie, die das elbische Konzept von Tod und Endgültigkeit repräsentiert. Dieses Thema kann allerdings
ausführlicher in „Die Zwei Türme“ gehört werden. Aragorns Besuch am Grab seiner Mutter zeigt eine Art Endgültigkeit,
stellt allerdings auch Aragorns Zukunft in Frage. Wird er die Bürde aufnehmen, die dank seiner hohen Geburt auf ihm
lastet? Wenn ja, was ist der Preis?
Zurück im Inneren von Elronds Haus, führt Shore eine helle Oboe mit orchestraler Stimme ein, die zum Mithril-Panzer,
den Bilbo Frodo gerade überreicht hat, passt. Doch als der ältere Hobbit seinen früheren Besitz um Frodos Hals erspäht, erinnert uns ein erschütternd hoher Streicher-Akkord an die schreckliche Macht des Ringes. „Wieder sind es alles nur Gesten“,
merkt der Komponist an. „Diese kleinen Pausen sind so strategisch, als ob die Filmmusik zuerst gemacht und die Gesten vom
Regisseur danach kreiert wurden.“
Bilbo empfindet Reue, nicht nur für seinen Ausraster, sondern auch für die Aufgabe die er Frodo aufgebürdet hat. Doch
Frodo akzeptiert seine Verantwortung, und die neun Mitglieder der Ringgefährten versammeln sich, fertig für die schwere
Aufgabe die vor ihnen liegt. Das ‚Gefährten‘-Thema schwillt orchestral an, und seine auf- und absteigende Form ist gefühlsmäßig zu hören, bis unter einem Schwirren von Streichern und einer schlagenden Waldhorn-Variation des ‚Auenland‘Themas, Shore das ‚Gefährten‘-Thema heroisch in Szene setzt: „Alle Gefährten sind in einer langsamen Fassung repräsentiert,
die zu einer sehr heroischen Version wird!“ Der thematische Verlauf illustriert, dass die Hobbits jetzt zuerst Mitglieder der
Gefährten sind und erst an zweiter Stelle Bewohner des Auenlandes – ein neu gesetzter Akzent, der nicht opferlos bleiben
wird.
10 | „The Pass Of Caradhras“ – Der Pass des Caradhras
Die Gefährten beginnen ihr Abenteuer ausgelassen und sorglos. Kurze Ausschnitte aus Hobbit-Themen ermutigen Merry
und Pippin zu einem Ringkampf mit Boromir und Aragorn. Schnell erkennen sie aber, dass ihr Voranschreiten nicht unbeobachtet bleibt, und sie entscheiden somit, den Caradhras zu überqueren. Das abgeschwächte ‚Gefährliche Wege‘-Thema
debütiert hier als eine Subvariante der Themen um das ‚Abenteuer des Ringes‘.
Als Frodo in den Schnee fällt und der Ring sich von seinem Nacken löst, bekommt Boromir für einen kurzen Augenblick
den Ring in die Finger. Auch hier benutzt Shore die ‚Verführung des Ringes‘. Doch nun ist der Ring zum ersten Mal in der
Lage, über den Jungenchor seine verführerische Botschaft in Worten auszudrücken. Und diese Worte verfehlten ihr Ziel
nicht.
Sarumans Macht löst in dem Gebirge eine Schneelawine aus, hindert somit die Gefährten an der Fortsetzung ihrer Reise. Der
Ringträger Frodo beschließt, dass die Truppe durch Moria gehen soll. Der verdorbene Weiße Zauberer ist zufrieden, denn
er, als auch Gandalf, wissen, welche Gefahr in den Hallen der Zwerge lauert. Ein entfernt tönender Bass und Taikotrommeln
sind die Vorboten für die raue Zwergenmusik, auf welche die Gefährten bald stoßen werden.
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11 | „The Doors Of Durin“ – Die Türen von Durin
Das ‚Gefährliche Wege‘-Thema begleitet die Gefährten bis zu dem verborgenen Eingang von Moria. Die vom Mond be-
schienenen Türen werden unter einer Abfolge von Dur-Dreiklängen der Gemeinschaft offenbart. Ebenfalls ist ein Chor zu
hören: „Gandalf an der Tür von Moria“. Sobald sich die Tür öffnet, offenbart sich für einen kurzen Moment eine mit dem
Klangbild überlappende Darstellung des ‚Moria‘-Themas, das sich aber schnell auflöst als die Gefährten das Massaker im
Inneren der Mauern erblicken. Ihr Rückzug bringt sie allerdings in viel ernstere Gefahr.
Diese Komposition stellt das erste der drei aufeinanderfolgenden ‚Ungeheuer‘-Themen dar; jedes dieser Themen wird auf
seine eigene Art und Weise aufgearbeitet. Die Musik des Angriffes des Wächters im Wasser ist fast vollständig improvisiert
– aber dennoch hauptsächlich bestehend aus einer von Shore vorgegebenen Linie aus Tonhöhen, Einsätzen und Ausführungsstil. Der Komponist lächelt: „Das ist Science-Fiction.“
12 | „Moria“ – Moria
Dieser Teil der Partitur beschreibt die Abenteuer der Gefährten in Moria und war der erste Abschnitt, den Shore für die
„Herr der Ringe“-Filme komponiert hat. Während der Filmfestspiele in Cannes 2001 erlebten diese Orchestrierungen ihre
erste Probeaufführung durch das Neuseeländer Symphonieorchester. „Dort hat alles begonnen. Ich habe grade ‚Zwergenbinge‘ geschrieben und hatte bereits die Themen für das Auenland und die Gefährten. Aber dies waren die ersten Szenen,
die ich vertonte“, erinnert sich Shore. „Es war eine gute Entscheidung, die Moria-Musik zuerst zu schreiben, da es wichtige
Szenen in der Mitte des Filmes sind. Als ich damit fertig war, ging ich im Stoff zurück und arbeitete an der Musik für Hobbingen und Lothlórien. Ich ging von der Mitte der Partitur aus, und das schien die richtige Herangehensweise zu sein.“
Die Moria-Passagen gehören zu den eher trübseligen Abschnitten der Trilogie. Shores Moria-Kompositionen verleihen der
Reise der Gefährten einen drückend unheilvollen Aspekt. Die Moria-Musik bedient sich den abgründigsten und geisterhaftesten Klängen, die ein Orchester zu bieten hat; dazu gehört auch das Rasseln der Basstrommeln. Zusätzlich singt der Männerchor in einer rauen und kehligen Manier das in der Zwergensprache geschriebene „Lied Durins“.
13 | „Gollum“ – Gollum
In dieser Sequenz erhält das ‚Mitleid für Gollum‘-Thema seine größten dramatischen Ausdruck. Gollum ist ohne Frage eine
abscheuliche und jämmerliche Kreatur, aber im Grunde ist er ein Opfer des Ringes. Die schiefen Töne des Hornes vermitteln
ein Gefühl von Traurigkeit und Bedauern – jenes Gefühl, das Bilbos Hand vor Jahren aus Erbarmen zurück gehalten hat.
Während Frodo und Gandalf über die lauernden Gefahren auf ihrer Unternehmung sprechen, stimmt eine Altflöte die ‚Die
Erkenntnis eines Hobbits‘ -Variation des ‚Auenland‘-Themas an. Diese Szene wurde auch auf den Filmfestspielen von Cannes
uraufgeführt. Hier fädelte Shore das erste Mal das ‚Auenland‘-Thema in die Partitur mit ein. Ein ähnliches Klangbild kann
man am Ende des Filmes hören, nämlich als sich Frodo an Gandalfs Worte erinnert.
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14 | „Balin’s Tomb“ – Balins Grab
Gandalf führt die Gefährten nach Zwergenbinge, wo Shores Musik den betrübten Anmut der gefallenen Stadt beschreibt.
„Wir nennen es ‚verblasste Pracht‘ oder ‚zerstörte Herrlichkeit‘. Beim Schreiben der Musik hatte ich Alan Lees Zeichnungen
als Vorlage. Etwas später, als Gimli vor dem Grab kniet und den Verlust Balins betrauert, hört man noch einmal einen
Ausschnitt aus dem ‚Zwergenbinge‘-Thema. Und man hört es abermals in Moria.“
In Balins Grab wird die Gemeinschaft von einer Horde Orks angegriffen. Jedoch fährt er nicht zu vollen, actionreichen
Tönen an, sondern ebbt nach der Exposition ganz plötzlich ab. „Das war Peters Idee“, erinnert sich der Komponist. „Er
dachte, es würde brutaler und realistischer wirken, wenn die Partitur ab dem Beginn des Kampfes aussetzt. Das wirkt lebensbedrohlicher.“
Inmitten der Aufruhr trampelt der Höhlentroll in das Grabzimmer, als er Frodo jagt, tut dies auch die Partitur. Dies ist das
zweite von Shores ‚Ungeheuer–Themen‘ und es ist das emotionalste von allen. Nachdem das Orchester dem Troll, seinen
Wutanfall untermalend, einige musischen Hammerschläge um die Ohren wirbelt, hält die Musik für einen Herzschlag lang
an. Frodo scheint vom Troll getötet worden zu sein – von einer bedauernswerten Kreatur, die die Gemeinschaft aus Angst
und Verwirrung angriff. Mit einem bekümmerten Schock begreifen die Gefährten, dass ihre Reise nicht ohne Opfer zu geben
enden wird. „Man hört das ‚Zwergenbinge‘-Thema aufs Neue, als die Hobbits auf den Troll springen, um ihn zu Boden zu
bringen“, erklärt Shore. „Er wurde von den Orks angekettet und ist nun sehr aufgebracht. Eigentlich möchte er niemanden
verletzen, aber solange er dies nicht tut, werden die Orks ihn auch nicht füttern. Man hat Mitleid mit dem Höhlentroll.“
Als die nächste Horde von Orks auf dem Anmarsch ist, fliehen die Gefährten in die zweite Halle von Moria. Der Fünfvierteltakt der Orks hämmert einen Moment lang, bevor das ‚Gefährten‘-Thema in einem der packendsten heroischen Darstellungen in der gesamten Partitur in das Klangbild einfließt. Nur
dieses eine Mal in Moria wird die gesamte neunköpfige GrupUngenutztes Konzept
pe zum gemeinsamen Handeln aufgefordert. Hier ertönt das
heldenhafte Thema in einem flüssigen Dreivierteltakt, der dem
Wie schon in Arwens Gebet für Frodo, sollten auch
wackeligen Fünfvierteltakt der Orks entgegensteht.
Gimlis Worte am Grab von Balin, in Form des Chores „Zwergenhaftes Intermezzo“ mit Liedtexten von
Philippa Boyens, echo-ähnlich nachgesungen werden.
etztendlich kämpfen die beiden Taktarten um ihre VorherrDieser Entwurf wurde bereits fallen gelassen, bevor
schaft im Klangbild, wodurch sie sich zu einer dichten polyShore mit dem Schreiben der Partitur anfing.
rhythmischen Form überschneiden und in einem rasanten Crescendo münden.
L
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~ CD D ~
rei
1 | „Khazad-Dûm“ – Khazad-Dûm
Das eröffnende bedrohliche Grollen verwandelt Khazad-Dûm in eine noch weniger einladende Umgebung. Der Balrog ist
erwacht. Shores reiner Männerchor setzt wieder ein und die „Maori Grunters“ singen den Text von „Der Balrog“. „Es sind
60 Männer“, sagt Shore. „Ein Chor, bestehend aus 50 Männern, und den 10 Sängern der Grunters!“ Hier beginnt der Komponist, die unbeugsame Furcht zu schüren, indem er von einer starken Chortextur in ein steigendes, sich überschlagendes
Bündel aus Tönen gleitet - als wenn ein Ritual schrecklich schief geht. Das Thema der ‚Dunklen Orte dieser Welt‘ erschallt,
von Blechbläsern gespielt, heulend durch die unruhige Halle.
Die ansteigenden Quinten des ‚Moria‘-Themas werden weiter ausgebaut, gespickt mit der für diese Szene spezifischen syn-
kopierten Rhythmen. „Beim Schreiben war ich sehr behutsam“, erinnert sich Shore. „Dieses Vorgehen hab ich nur selten
gewagt.“ Peter Jackson und Howard Shore suchten eigentlich nach einem einheitlichen Klang der Musik, also wurde alles,
was zeitgenössisch klang (darunter auch diese synkopierten Rhythmen), streng vermieden. Die Spannung in Moria wird nie
durch plötzlich auftauchende Klanggebilde, sondern durch Klangschichten erzeugt. - Sowas wie ein rigoros strukturiertes
Chaos, dass den Gefährten nachhetzt.
Acht der Gefährten überqueren die Brücke von Khazad-Dûm, als ein Gewitter aus Becken und ein letztes triumphales
Auftauchen des ‚Gefährten‘-Themas sie beglückwünscht - und dann abrupt abbricht. Gandalf und der Balrog stehen sich
auf der Brücke gegenüber. Mit einem donnernden Schlag (mit Pauke und Taiko) zerstören sie die Brücke und fallen in die
Tiefe. Die Musik entfernt sich von der vorherrschenden Aufregung, um dem Publikum die Chance zu geben, um Gandalf zu
trauern - ein Luxus, den sich die Gefährten nicht leisten können. „Peter nimmt den gesamten Ton raus“, sagt Shore. „Man
hört nur die Musik und das Surren der umherschwirrenden Pfeile.“ Es setzt ein vier-akkordiges Klagelied ein, gesungen von
Mabel Faletolu. Das sind die vier Akkorde von ‚Gandalfs Lebewohl‘, ein Thema, welches, wie der Zauberer selbst, später in
der Geschichte nie mehr auftaucht.
2 | „Caras Galadhon“ – Caras Galadhon
Die Gemeinschaft begibt sich nach Lothlórien und so setzt auch das mystische Thema der Elben wieder ein, vom Frauenchor
begleitet und untermalt von einem Monochord und einer Sarangi. „Lothlórien ist exotischer“, erklärt Shore. „In Bruchtal
geht es um Lernen und Wissen, aber hier ist es anders.“ Die Musik von Lothlórien hat anhaltend unrhythmische Phasen, die
weder gefährlich noch sicher anmuten, sondern eine vage, schleierhafte Vorahnung audrücken.
Nach einem Phrase auf der Ney-Flöte, führt ein rollendes Tamtam mit eine Fanfare von Blechbläsern und Streichern die
Gefährten nach Caras Galadhon, während kaskadische Harfen und weibliche Stimmen („Galadriels Lied“ singend) die ungewisse Stimmung unterstreichen.
Doch alles kehrt sich in Trauer, als Hobbits, Elben, Menschen und ein Zwerg den Verlust Gandalfs beklagen. Elisabeth
Fraser und der Frauenchor tauschen die Phrasen gegen ein nach dem Prinzip des Call and Response komponierten Stückes
mit dem Monochord. In dieser bedrückend zeremoniellen Musik, „Klage um Gandalf“, spielt Shore seine adaptierte MaqamHijaz-Tonleiter zu nahezu brummenden offenen Intervallen auf den tiefen Streichinstrumenten.
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3 | „The Mirror Of Galadriel“ – Galadriels Spiegel
Während Boromir von weitem die klagenden Stimmen der Elben vernimmt, blickt er auf seine eigenen traurigen Erinnerungen. Er träumt von Gondor und seiner beständigen Liebe gegenüber seinem Vater, als das ‚Thema von Minas Tirith‘ einsetzt.
Man hört einen Dialog aus Horn, Trompete und tiefen Streichern. Dieses Thema wird bis „Die Rückkehr Des Königs“ nicht
mehr auftauchen, wo es als Grundpfeiler des ‚Gondor‘-Themas stehen wird.
Die Musik wechselt von Blechbläsern zu einer vokalen Klangfarbe, als Galadriel erscheint und Frodo begrüßt. „Diese Sze-
ne ist verzwickt, da sie so herausragend ist „, erinnert sich Shore. „Jeder, der je Tolkiens Bücher gelesen hat, erinnert sich
haargenau an diese Szene. Es musste perfekt sein.“ Galadriel und Frodo erblicken in dem Elbenspiegel die mögliche Zukunft
Mittelerdes und man vernimmt ein Geflecht der Musik von Lothlórien und den Tönen Mordors, welches nur in dieser Szene
auftritt. Der Komponist verwendet sogar das grausamste der Mordor-Themen, das ‚Böse Des Ringes‘-Thema, gespielt von
dumpfen Trompeten.
Erschreckt von dem, was die Zukunft bringen könnte, bietet Frodo Galadriel den Ring an. Ihre Versuchung wird von pikanten, orchestral anwachsenden, tiefen Streichern und schweren Blechbläser-Akkorden und einem Hauch der Mordor-Kontur
vertont. „Ich wollte eine atmende Stimmung erzeugen“, beschreibt Shore. Die Musik verstummt, als Galadriel die Prüfung
besteht und einsieht, dass sie, wie alle Elben, schwächer werden wird. Ihre Entscheidung bestätigt, dass der Ring von keinem
anderen als Frodo getragen werden muss, so wie es das Waldhorn im ‚Hinweg‘-Thema verdeutlicht.
4 | „The Fighting Uruk-hai“ – Der kämpfende Uruk-hai
Die Uruk-hai verlassen Isengard mit dem Auftrag, die Gemeinschaft des Ringes zu finden. Das typische FünfvierteltaktMuster und das ‚Isengard/Ork‘-Thema machen sich zum Kampf bereit und nehmen an Tempo auf, als die wilden Orks
Isengard verlassen.
Währenddessen werden die Gefährten von den Elben Lothlóriens verabschiedet und erhalten von Galadriel individuelle
Geschenke. Flöten und Mandolinen hinterlegen hänselnd Merrys und Pippins leidvolle Gesichter, nachdem sie sich die Mägen mit Lembasbrot vollgestopft haben. Doch schon kurz danach wird die Musik unheilvoller und emotionaler. Als die acht
Helden Lothlórien verlassen, lässt Shore für sie das Englischhorn und die Violinen in einer traurig klingenden Variation des
‚Gefährten‘-Themas anstimmen, durchflochten mit einigen schließenden Phrasen der Lothlórien-Musik. Als Galadriel die acht
Helden am Ufer stehend verabschiedet, singt ein Frauenchor „Namárië“ – das ist „Quenya“ für „Lebewohl!“ – und die Gefährten hören zum letzten Mal eine Abfolge heroischer Variationen ihres Themas. Sie sind nun gebunden an ihre Aufgabe,
wie auch immer diese enden mag.
Völlig unerwartet kehrt die dreschende Fünfvierteltaktstruktur wieder: Die Orks haben die Fährte der Gemeinschaft er-
kannt. Mittels Hörner, Posaunen und Tuben ätzt sich das ‚Isengard‘-Thema immer tiefer unter das Klangbild. Das Tempo der
Musik erhöht sich rasch und untermauert die fanatische Entschlossenheit der Orks.
Während die Gefährten einen Nachtstop am Ufer des Flusses einlegen, bemerkt Aragorn, dass Gollum ihrer Spur heimlich
gefolgt ist. Shore verbirgt die quengelnden Fagotte aus dem ‚Mitleid für Gollum‘-Thema eindrucksvoll hinter den Streichern.
Als Frodo und Sam sich unterhalten, wird die ‚Nachdenkliche Fassung‘ des ‚Auenland‘-Themas von einer Klarinette gespielt.
Diese wird jedoch von einer erstaunlicherweise labilen Entwicklung im ‚Gefährten‘-Thema unterbrochen. Hat die Gemeinschaft ihre Entschlossenheit verloren? Wo sind die heroischen Bläser aus Moria? „Sie haben einen Gefährten verloren und
sind nun sehr besorgt über ihre Weiterfahrt“, erklärt Shore.
Bei
Tagesanbruch setzt die Gemeinschaft ihre Fahrt auf
dem Fluss fort. Nach der ansteigenden Chorfassung von
„Elessars Eid“, durchfahren die Gefährten die Argonath und
Shore führt eine robuste Horn-und-Streicher-Fassung des
‚Geschichte des Ringes‘-Themas ein. Ein weiteres Mal hat
der Ring eine bedeutenden Fortschritt gemacht: Er nähert
sich Mordor und seinem endgültigen Schicksal, was auch
immer das sein mag.
Ungenutztes Konzept
Die Musik für die Szene der Geschenkübergabe wurde
für die Kinoversion komponiert und aufgenommen. Obwohl die kürzere Kinoversion auf dem Original Soundtrack von 2001 veröffentlicht wurde, hat Shore die längere DVD-Fassung früher komponiert. Letztendlich kann
man jene längere Version auf der DVD hören.
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5 | „Parth Galen“ – Parth Galen
Die Gefährten legen in Parth Galen an, und kurze Zeit später ist Frodo verschwunden – ebenso wie Boromir. Das ‚Geschichte der Ringes‘-Thema ertönt in einer hinterhältigen Violinenfassung, den Zuhörer verspottend. Wird der Ring wieder den
Besitzer wechseln? In einem Moment der Schwäche versucht Boromir es tatsächlich, den Ring an sich zu nehmen – und durch
seine hoffnungslose Tat bekommt er die boshafte Musik Mordors zu hören. Shore lässt die beiden Skip-Beat-Fassungen des
‚Auenland‘-Themas und des ‚Mordor‘-Themas in besessenen Variationen gegeneinander antreten – denn Frodo wird sich
bald seiner persönlichen Schwäche ergeben und den Ring benutzen, um seinem Verfolger zu entkommen. Boromir bereut
seine Tat augenblicklich. Er begreift, dass er seinem Gewissen für Angst und Begehren nachgegeben hat, und das vier-notige
‚Fall der Menschen‘-Thema hat seine endgültige Form erreicht. Dies ist nicht das erste Mal, da ein Mensch von der Macht
des Einen und den Wunsch, diesen zu besitzen, überwältigt wurde.
Frodo taucht wieder auf und trifft auf einen weiteren
Menschen: Aragorn. Wird er in dieselbe Versuchung
kommen? Das Thema der ‚Verlockung des Ringes‘ versucht ihn einzulullen, doch der Erbe Elendils verweigert,
schließt Frodos Hand um den Ring und verbirgt diesen
somit vor sich selbst – das Thema fällt damit dämpfend
ab.
Ungenutztes Konzept
Eine weitere Änderung der Partitur wirkt sich auf dieses
Stück aus. Im Original wird, als Frodo den Ring benutzt
und eine alptraumähnliche Vision von Barad-Dûr erlebt, das
‚Fall Der Menschen‘-Motiv mit einer kurzen aber brutalen
Offerte des ‚Ringgeister‘-Themas weiter entwickelt. Im Film
löst sich die Musik schnell nach ‚Fall Der Menschen‘ auf.
Frodos Schwert Stich leuchtet blau – die Orks sind da! Aragorn, der gerade verweigerte, den Ring an sich zu nehmen,
dreht sich den Orks zu, um Frodo zu beschützen. In diesem Moment ertönt die vollständig entwickelte ‚Heldentaten von
Aragon‘-Melodie. Unter diesem beeindruckenden Thema bildet sich ein weiteres Schema heraus: Schwerfällige, mechanische
Schläge auf fünf, gespielt auf dem Klavier und der Kesselpauke. Während diese Impulse ansteigen, entwickelt sich daraus
der Isengarder Fünfvierteltakt, der hier zum ersten Mal auf das ‚Gefährten‘-Thema stößt. „Dies wurde sehr sorgfältig getan,
um der Szene gerecht zu werden und um Aragons Rolle in ihr zu entsprechen“, erklärt Shore. „Die Musik wurde ähnlich
wie bei der Wetterspitze eingesetzt.“
Schnell wimmelt es auf Amon Hen nur so von den Uruk-hai, und das dröhnende ‚Isengard‘-Thema kündigt ihre Überlegenheit gegenüber den Gefährten an. Das Klangbild wird dominiert durch metallene Schlaginstrumente, einem gemischten
Chor und einem kratzigen, tiefen Bass. „Ich wollte die Partitur dieser Szenen urzeitlich gestalten“, sagt Shore. „Sie mussten
brutal klingen.“ Ein schleppender Orkklang folgt der ersten Hälfte des ‚Isengard‘-Themas und steigert damit die Raserei, bis,
während eines stumpfen Aufbrausens der tiefen Streichern, Amboss, Glockenplatten, angeschlagenem Piano, Basstrommeln,
Kesselpauke, und Taiko, Boromir von einem Pfeil durchbohrt wird.
6 | „The Departure Of Boromir“ - Boromirs Abschied
Shores Musik atmet langsam ein und aus, wie der getroffene Boromir. „Ich habe versucht diese Bewegungen fest zu halten - das Atmen, das organische Gefühl - als wäre die Musik ein Teil der Szene. Ich hab das Anschwellen genutzt, nicht zu
sehr, aber doch so, dass es der Szene Leben gab.“ Boromir versucht tapfer Merry und Pippin zu verteidigen, aber in seinem
geschwächten Zustand ist er kein Gegner für die Orks. Der Jungenchor signalisiert das bevorstehende Ende Boromirs durch
das sanfte Einbringen des ‚Nobles Ende‘-Themas, mit dem Text von „Boromirs Ende“.
„Der Knabenchor erschien mir als passend, gerade wegen der Hobbits und der Art wie Boromir sie ansieht. Er ist auf seinen
Knien und es scheint so, als würde er aus der Perspektive eines Heranwachsenden die Hobbits verstehen. Somit sind es nur
die Knaben auf die Melodie, und die Männer, die sie begleiten.“
Aragorn springt mit einem Satz heran und unternimmt den vergeblichen Versuch, Boromir zu retten. Und obwohl er
Lurtz, den Anführer der Uruks, besiegt, ist Boromir bereits verloren. Hier setzt ein älteres Thema von ‚Aragorns Heldentaten‘ ein, ähnlich dem auf der Wetterspitze. Es ist eine harsche Abrechnung, aber eine passende: Trotz seiner Anstrengung,
scheitert Aragorns Rettungsversuch und versetzt ihm einen Rückschlag in der Entwicklung zu dem Helden, der er letztendlich werden muss.
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7 | „The Road Goes Ever On...Pt. 1“ - Die StraSSe gleitet fort... Teil 1
Gimli, Legolas und Aragorn halten inne, entsetzt über das Blutbad um sie herum, während Frodo, überwältigt und wie
erstarrt am Ufer des Flusses steht und über sein Schicksal grübelt. Ein entmutigtes ‚Gefährten‘-Thema trifft mit gedämpften
Tönen auf die Ungewissheit der Gruppe. Tränen strömen über Frodos Gesicht, aber in seinen Gedanken hört er Gandalfs
weise Worte und beschließt seine Aufgabe fortzuführen. Dieser Wendepunkt bildet die emotionale Spitze der ‚Auenland‘Themen, als die ‚Hymnen‘-Takte beginnen und ein schwere Fassung des ‚Die Erkenntnis eines Hobbits‘-Themas sich erhebt.
Die den Hobbits ureigene Güte setzt sich durch und Samweis stapft seinen Weg durchs Wasser um seinen Freund zu erreichen. Shore erlaubt der Filmmusik ein kurzweiliges Spiel mit Kontrapunkt, um diesen Moment zu unterstreichen. „Der
Kontrapunkt schien genau richtig für die Komplexität. Ich hab ihn nicht zu oft im Film benutzt. Er ist ein bisschen modern
und ziemlich verschieden von dem was man bis zu diesem Punkt gehört hat.“ Frodo zieht Sam ins Boot und die zwei Freunde
werden den Weg zusammen gehen. Wieder tönen die Takte der ‚Hymne‘- und der ‚Erkenntnis‘-Melodie, aber diesmal mit
einem alten Freund: der Flöte. „Die Flöte funktioniert gut, denn sie übertönt nichts. Sie ist einfach, transportiert aber die
gesamte Emotion.“
Nachdem sie Boromoirs Leichnam den Raurosfällen übergeben haben, beschließen Aragorn, Legolas und Gimli den Entführern von Merry und Pippin zu folgen. Die Partitur zitiert zum letzten Mal eine kräftige Darstellung des ‚Gefährten‘-Themas,
immer noch geschwächt, immer noch unvollständig, aber unbesiegt. Nach allem was passierte, ist eine dunkle Zeit für die
Gefährten angebrochen. Zwei Mitglieder sind gefallen, zwei wurden gefangen und zwei sind auf eigene Faust unterwegs.
Aber die drei Jäger sind nicht abgeschreckt. Trotz der schmerzhaften Verluste der Gefährten, werden sie ihre Abenteuer
durchstehen. Am gegenüberliegenden Ufer spielt eine andere Variation des ‚Erkenntnis‘-Themas, und Frodo und Sam beschließen zu akzeptieren, worauf das Schicksal besteht. Die ‚Auenland‘-Variationen verlieren sich in der Dunkelheit, und der
Weg für die Abenteuer in „Die Zwei Türme“ wurde bereitet.
8 | „May It Be“ - Komponiert und Gesungen von Enya
Der Abspann von „Die Gefährten“ beginnt mit Enyas Komposition „May it be“. Darin wird der zerbrochenen Gemeinschaft
mit einer Art Segensspruch ein Fünkchen Hoffnung mit auf den Weg gegeben. „A promise lives within you now.”
9 | „The Road Goes Ever On ... Pt. 2“ - Die StraSSe gleitet fort ... Teil 2
„In Dreams“ präsentiert die letzte Entwicklung der ‚Auenland‘- Hymnenfassung in „Die Gefährten“. Hier, im finalen
Schlussteil des Abspanns, ist das Lied eingebettet zwischen den lieb gewonnenen Überresten des ‚Gefährten‘-Themas, welches
mit einem Schwall von Zimbeln den ersten „Herr Der Ringe“-Film beendet.
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~A
nhänge
~
Hobbingen
Die ländliche Fassung des ‚Hobbit/Auenland‘-Themas ist am engsten mit den unverkennbaren Hobbitinstrumenten verbunden. Ab dem Zeitpunkt, da die Hobbits das Auenland verlassen um ihren gefährlichen Weg durch Mittelerde zu beschreiten,
tauchen diese keltischen Elemente nur noch stellenweise, als Erinnerung dessen, was sie zurück gelassen haben, in der Partitur
auf.
Bodhrán (Hörbeispiel: Disc Eins | Track Zwei | 1:34 [Percussionbegleitung])
Die Bodhrán (irische Rahmentrommel) ist ein Vertreter aus der uralten Familie der Rahmentrommeln, die aus einer über
ein Gehäuse gezogene Tierhaut besteht. Man nimmt an, dass die Bodhrán-Trommeln ihren Ursprung entweder in Irland
haben, oder aus dem Römischen Reich bzw. über arabische Handelswege dorthin gelangten. Ihr Name wurde dem gälischen
Wort für ‚gedonnert‘ abgeleitet.
geige (Hörbeispiel: Disc Eins | Track Zwei | 1:18 [Melodie])
Die Geige ist der klassischen Violine eines Orchesters nicht unähnlich (obgleich die Instrumentalisten die Brücken oft anpassen), ihre Spielweisen unterscheiden sich nur leicht voneinander, was eine größere Breite in Sachen der Bogenführung
und Verzierungen erlaubt.
flöte (Hörbeispiel: Disc Eins | Track Drei | 0:00 [Eröffnungssolo])
Die irische Flöte (auch bekannt unter: Blechflöte, Flageolett, kleine Schnabelflöte, Stáin oder Feadog) ist das wahrscheinlich
älteste Instrument in der keltischen Musik. Ursprünglich aus Knochen geschnitzt, werden die heutigen Flöten aus Holz oder
Metall gefertigt.
Dulcimer/Hackbrett (Hörbeispiel: Disc Eins | Track Zwei | 1:18 [konstante Begleitung der Phrasen hinter der Melodie])
Das Hackbrett besteht aus einer Reihe von Drähten, die eng um einen hölzernen Resonanzkörper gespannt sind, die zum
Bespielen mit kleinen Hämmern angeschlagen werden. Der Name entstand durch die Kombination des lateinischen Wortes
für ‚süß‘ (dulce) mit dem griechischen Wort für ‚Ton‘ (melos).
Keltische Harfen – Hakenharfen
(Hörbeispiel: Disc Eins | Track Vier | 1:55 [Auf dem Hobbit Skip-Beat nach dem dritten Mandolinen Takt])
Die keltische Harfe, auch bekannt als irische Harfe, ist ein kleineres und transportierbares Model der gewöhnlichen Orchesterharfe, die sehr gut zu diatonischer Musik passt.
musette
(Hörbeispiel: Disc Eins | Track Drei | 1:18 [konstante Begleitung der Phrasen hinter der Melodie])
Die Musette ist ein kleines, diatonisches, Akkordeon ähnliches Instrument, das aus einem Manual, verbunden mit einem
Balg besteht. Howard Shore schrieb eine Hand voll Zeilen für die Musette um eine harmonische Begleitung für die ländliche
Fassung des ‚Auenland‘-Themas zu bieten.
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mondoline
(Hörbeispiel: Disc Eins | Track Vier | 1:48 [gezupfte Akkorde])
Der kleine Bruder der Gitarre, die Mandoline, ist eine kurzhalsige, acht-saitige Laute, die mit den Fingern gezupft wird. Die
Mandoline ist eigentlich im ‚Auenland‘-Thema nicht zu hören, aber ein paar gezupfte Akkorde untermalen die Szenen in
Beutelsend.
gitarre
(Hörbeispiel: Disc Eins | Track Drei | 2:58 [ruhige Begleitphrase])
Die Gitarre spielt eine ähnliche Rolle wie die Mandoline, mit dem einen Unterschied, dass sie in eher lebhaften Momenten
einsetzt und einen Highstringtuning unterzogen wurde; das heißt, die hohen Saiten des 12-saitigen Gerätes werden auf eine
6-saitige Gitarre gespannt und erzeugen somit einen heiteren Klang.
celesta
(Hörbeispiel: Disc Eins | Track Zwei | 2:21 [Verdoppelung des Geigen-Trara])
Die Celesta ist ein Idiophon mit Tastatur in der Form eines Pianinos. Bei Betätigung der Klaviatur werden Filzhämmer in
Bewegung gesetzt und schlagen die sich über den Holzresonatoren befindenden Stahlplatten an. Der Klang einer Celesta
ähnelt dem eines Glockenspiels, jedoch mit einem viel weicheren Timbre. Diese Klangqualität gab dem Instrument seinen
Name; célesta (frz.) bedeutet übersetzt „Die Himmlische“.
elben
Jahrhunderte lang haben die Elben von Bruchtal offene Beziehungen zu den Menschen unterhalten. In ihrem charakteristischen Musikstil und ihren Motiven gibt es keine einzigartigen Instrumente, die sie von den Menschen von Mittelerde
abgrenzen würden. Dies gilt nicht für die geheimnisvollen Elben von Lothlorien. Trotz des Faktums, dass diese Kultur sich
letztendlich als mitfühlend gegenüber den Notlagen der Menschheit erweist, erhält sie sich eine wundersame Distanziertheit.
Shore malt diese Elben in östlichen, glockengleichen Tönen von summenden Streichern und Bläsern.
monochord
(Hörbeispiel: Disc Drei | Track Zwei | 0:00 [schwaches metallisches Schlittern hinter Chor und Streichern])
Die Geschichte des Monochords ist genauso mysteriös wie die seines Gebrauchs. Das Instrument selbst besteht aus einem
Holzkasten, über welchem eine einzige Seite gespannt ist, die von Stiften gehalten wird. Ein verstellbarer Steg erlaubt dem
Monochord die Tonhöhe zu verändern während der Spieler die Saite biegt oder zupft. Monochords wurden benutzt als
wissenschaftliche Instrumente (Phytagoras benutzte seine harmonischen Vibrationen um Teilungsverhältnisse zu studieren),
für die Astronomie (Ptolemäus), Philosophie (Keplers „Sphärenharmonie“), Musiktheorie (Guido von Arrezos „Guidonische
Hand“) und für die heilende Wirkung seiner Vibrationen. In Mittelerde, wird unser mystisches Monochord für die Elben
von Lothlórien benutzt, wo es für eine tiefe, summende Melancholie sorgt, über welche die Melodie hinweg fließt. Das Monochord, welches für diese Aufnahme benutzt wurde, war mit 50 über den Steg gespannten Saiten versehen.
ney-flöte
(Hörbeispiel: Disc Drei | Track Zwei | 3:12 [Verdoppelt die tiefe Streichermelodie])
Eine am Ende des Rohrs angeblasene Bambusrohrflöte, deren Ursprünge wahrscheinlich 3000 v.Christus in Ägypten liegen.
Die Ney-Flöte war über Jahrhunderten über die Länder des Nahen Ostens verbreitet; Länder mit Kulturen die verschiedene
Stile und Spielarten adoptierten. Die Neys gehören zu den ältesten Flöten der Welt und sind immer noch extrem verbreitet
in der Musik von Marokko und Persien.
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sarangi
(Hörbeispiel: Disc Drei | Track Zwei | 0:24 [Verdoppelt die Melodie des Frauenchors])
Die Sarangi ist ein gebogenes Streichinstrument, und in der klassischen Indischen Musik sehr gebräuchlich. Sie ist konstruiert aus einem einfachen Holzblock, welcher in Pergament eingehüllt wird und normalerweise mit drei oder vier Darmsaiten
bespannt ist, unter denen 35 – 40 nachhallende Saiten entlanglaufen.
zwerge
Die Zwergenkultur kümmert sich wenig um Überschwänglichkeiten, also repräsentiert ihre Musik einen rauen, energischen
Klang, der offene Harmonien mehr betont, als eine spezifische Instrumentierung. Hier legt Shore das Augenmerk wieder auf
die Stimmen, die elementarsten Erzeuger von Musik.
Um die ursprünglichsten Gefühle von Kampf und Flucht auszudrücken, ist der stimmliche Stil in Moria durch einen Män-
nerchor mit einer einzigartigen Herkunft gestaltet: Männerstimmen von Football-Spielern/Grunters Maori erschufen die
perfekten Basstöne für Shores Zwergenchor. Für die groben, grunzenden Töne, die die Filmmusik erforderte, entschied sich
der Komponist für eine weniger feine Besetzung: männliche Football- (oder Rugby-)Spieler. Die Sänger sangen das Zwergen
Lied „Lu! Lu! Lu!“ oder „Nein! Nein! Nein!“.
Hörbeispiel: Disc Drei | Track Eins | 0:04 [Answering the First Phrase of the (Singing) Male Choir]
amboss
(Hörbeispiel: Disc Drei | Track Fünf | 8:53 [Zehn schläge die die Komposition beenden]
Der Amboss, eine einfache Konstruktion aus einem dicken Block aus gehämmertem Metall und einem Metallhammer, ist
ein farbenfrohes Mitglied in der Familie der Schlaginstrumente, das langsam seinen Weg in die Welt der Orchester Musik
gefunden hat. Ursprünglich vom Arbeitsplatz des Schmieds kommend, benutzten Komponisten den Amboss in Opernwerken wie Verdi’s „Il Trovatore“ und Wagners „Ring des Nibelungen“, welcher 18 gestimmte Ambosse benötigt. Edgard Varèse
benutzte den Amboss in „Ionisation“ um eine harte, industrialisierte Palette von Tönen zu erzeugen.
Glockenplatten
(Hörbeispiel: Disc Two| Track Two | 1:27 [akzentuierende Schläge eins und vier des Fünfvierteltakts])
Glockenbleche sind den Ambossen ähnlich, allerdings sind sie aus dünneren Metallplatten konstruiert und normalerweise
aufgehängt, wenn sie gespielt werden.
Taiko Trommel
(Hörbeispiel: Disc Zwei | Track Zehn | 2:37 [Spielt den Fünfvierteltakt])
Diese antiken Trommeln, welche in der japanischen Musik seit über ein Jahrtausend hinweg benutzt werden, bestehen
aus vier Grundgrößen. Der volle, grollende Ton der Trommel wurde assoziiert mit der Kraft der Götter der traditionellen
japanischen Kultur. Die Trommel wurde auf dem Schlachtfeld benutzt, um Angst in die Herzen der Feinde zu streuen. Sie
dient hier demselben Zweck in der Musik der Orks, wo ihr hämmernder, unverzeihlicher Ton deren brutale Gewalt repräsentiert.
Ketten und Klavierdrähte
(Hörbeispiel: Disc Zwei | Track Zwei | 2:36 [spielt den Fünfvierteltakt])
Die Musik des Komponisten Henry Cowell (1897–1965) brachte der allgemeinen Öffentlichkeit gewagte, neue Ideen auf dem
Feld des Klavierspielens. In Arbeiten wie „Die Äolsharfe und die Todesfee“ instruierte Cowell den Pianisten in das Klavier zu
fassen und die Saiten direkt im Klavier zu schlagen. Shores Ork-Musik folgt dieser Tradition, denn er fordert seine Pianisten
dazu auf, die Drähte im Innern des Klaviers mit Metallketten heftig zu schlagen.
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die musik aus den herr der ringe filmen
mordor
Mordor erwuchs im zweiten Zeitalter Mittelerdes, als Sauron seine neuerrichtete Festung Barad-dûr bezog. Es ist ein sehr
altes Land und deshalb wird es in einem ähnlich östlichen Klangstil wie das Land der Elben beschrieben. Shore wählt hier
Instrumente mit scharfkantigen Klängen, bohrenden und abgehobenen Tönen, die durch die Struktur von orchestralen Melodien preschen um Mordor als ein Land aus einer anderen Zeit mit eigenen Zielen darzustellen.
Rhaita
(Hörbeispiel: CD1 | Titel 7 | 2:36)
Als langjähriger Fan von Ornette Coleman, entdeckte Shore die Rhaita in dem Titel „Dancing In Your Hand“ des 1973er
Albums des innovativen Saxofonisten . Die Rhaita, eine Arabische Oboe, repräsentiert die Kultur Mordors in „Der Herr Der
Ringe“. Es ist besonders mit dem „Das Böse Des Rings“-Thema verbunden, dass von einem gebogenen Kriegshorn gespielt
wird.
sänger
Mordor erwuchs im zweiten Zeitalter Mittelerdes, als Sauron seine neuerrichtete Festung Barad-dûr bezog. Es ist ein sehr
altes Land und deshalb wird es in einem ähnlich östlichen Klangstil wie das Land der Elben beschrieben. Shore wählt hier
Instrumente mit scharfkantigen Klängen, bohrenden und abgehobenen Tönen, die durch die Struktur von orchestralen Melodien preschen um Mordor als ein Land aus einer anderen Zeit mit eigenen Zielen darzustellen.
Die „London Oratory School Schola“
(Hörbeispiel: CD2 | Titel 10 | 1:51)
Die „London Oratory School Schola“ wurde 1996 als Top-Jungenchor an der renommierten Londoner Oratary School
gegründet. Die Schüler singen in der wöchentlichen Messe der Schule und wirkten in vielen Film-Soundtracks mit. Darunter
sind Danny Elfmans „Sleepy Hollow“, John Williams „Harry Potter“ Filme und natürlich Howard Shores „Der Herr Der
Ringe“. Obwohl sie im gesamten Soundtrack immer wieder zu hören sind, werden sie oft nur mit dem ‚Versuchung Des
Rings‘-Thema in Verbindung gebracht.
Die „London Voices“
(Hörbeispiel: CD1 | Titel 1 | 2:18)
Die Sänger der „London Voices“ werden für jeden Auftrag von Hand ausgewählt. Der Chor ist keine feste Verbindung, so
dass die Sänger sich speziell für Projekte ihres Gebiets bewerben können. Unter der Leitung von Terry Edwards haben die
„London Voices“ überall auf dem Globus Konzerte gegeben. Neben dem Standardrepertoire mit Werken von Bach, Händel,
Mozart, Stravinsky singen sie auch neuere Werke von John Adams, Luciano Berio und Sir Michael Tippet.
enya
(Hörbeispiel: CD2 | Titel 7 | 0:37)
In den frühen 80er Jahren tourte Enya mit Teilen ihrer Familie bei der keltischen Folk-Gruppe „Clannad“ mit, ging später
aber zusammen mit den Partnern Nicky und Roma Ryan ihre eigenen Wege. In „Die Gefährten“ hat Enya die Titel „Aníron“
und „May It Be“ geschrieben und gesungen. „Ich wollte Enyas Stimme“, sagt Shore. „Sie schieb und ich orchestrierte, also ist
es ein nahtloser Übergang. Ihre Stimme erhebt sich genau richtig und passend zum Chor und Orchester.“
Mabel Faletolu
(Hörbeispiel: CD3 | Titel 1 | 6:05)
Als 2001 die „Minen Von Moria“ Sequenz für Cannes vertont wurde, griff Shore auf die gesamte Palette neuseeländischer
Interpreten zurück, darunter die Sopranistin Mabel Faletolu. Ihre Stimme ist an einer der bewegensten Stellen in „Die Gefährten“ zu hören, als Gandalf seine Gruppe ziehen lässt und in die Untiefen Morias stürzt.
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Elizabeth Fraser
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(Hörbeispiel: CD3 | Titel 2 | 7:22)
Fraser ist als führende Sängerin und Lyrikerin der einflussreichen „Cocteau Twins“ weltbekannt. In „Die Gefährten“ und
„Die Zwei Türme“ wird ihre Stimme mit den mystischen Klängen von Lothlórien in Verbindung gebracht. In „Die Gefährten“
hört man sie in „Gandalfs Klagelied“.
Edward Ross
(Hörbeispiel: CD2 | Titel 2 | 2:04)
Edward Ross sang alle Knaben-Sopranisten-Solos in „Die Gefährten“, darunter „In Dreams“ und das erste Auftauchen des
‚Natur‘-Themas.
Miriam Stockley
(Hörbeispiel: CD3 | Titel 2 | 0:00)
Als die Gemeinschaft zum ersten Mal die Wälder Lothlóriens erreicht, vernimmt man eine weibliche Stimme, die das Thema
Lothlóriens anstimmt. Ein Thema, welches viele Elemente der östlichen Musikrichtungen aufweist. Die Sängerin ist Miriam
Stockley aus London, die schon mit Elton John, Annie Lennox und David Bowie sang. Unter Anderem wirkte sie außerdem
in Soundtracks für „Rob Roy“ und „Great Extectations“ mit.
Hillary Summers
(Hörbeispiel: CD2 | Titel 9 | 0:00)
Hillary Summers wurde die Ehre zuteil, die einzige Solo-Altstimme der „Herr Der Ringe“-Filme zu sein. „Für Gilraen wollte
ich eine Altstimme“, erinnert sich Shore. „Ich dachte mir, ein tiefe weibliche Stimme würde sich großartig anhören.“ Summers wirkte auch weitestgehend in Soundtracks von Komponist Michael Nyman mit.
Singende Schauspieler
Billy Boyd, Ian Holm, Ian McKellen, Dominic Monaghan, Viggo Mortensen
Instrumental-Musiker
Das Londoner Philharmoniker Orchester
Howard Shores Zusammenarbeit mit dem Londoner Philharmoniker Orchester fand bereits 1986 mit dem Film „Die Fliege“
seinen Anfang. Heute ist diese Zusammenarbeit zu einer persönlichen Verbindung herangewachsen - sowohl für den Komponisten als auch für das Orchester. „Ich liebe sie, weil sie nicht nur ein Konzert-Orchester sind, sondern vielmehr ein OpernOrchester. Sie haben ca. 30 Jahre jeden Sommer ‚Glyndebourne‘ gespielt. Ich versuche immer eine passende Begleitmusik für
Filme zu kreieren, und das versteht man dort sehr gut. Das ist die perfekte Kombination für Filmmusik. Und deshalb stand
es für mich außer Frage, das sie für den ‚Herr Der Ringe‘ engagiert werden. Das LPO hat fantastische Musiker. Ich kenne
Sue Bohling, die das Englischhorn spielt und weiß, wie hervorragend sie ein bestimmtes Stück spielen konnte. Ich kenne
Paul Beniston, den ersten Trompetenspieler, ersten Flötenspieler und die erste Geige. Ich habe in den vergangenen Jahren
unserer Zusammenarbeit ihre wunderschönen Klänge förmlich aufgesogen.“ Sue Bohling gibt das Kompliment gerne zurück:
„Der erste Film, den ich zusammen mit Shore gemacht habe war ‚The Yards‘ und ich erinnere mich daran als wäre es gestern
gewesen. Es gab viel zu tun und der Film hatte die schönste Titelmelodie... für das Englischhorn! Es ist atemberaubend, eine
Komposition zu spielen, wenn der Komponist weiß, wie er für das Instrument schreiben muss. Er hat ein natürliches Gespür
dafür, was das Englischhorn am besten kann. Er schreibt in solch einer lyrischen Qualität und im richtigen Verhältnis zum
Intrument, um es singen zu lassen.“
die musik aus den herr der ringe filmen
Der Haupt-Cellist, Bob Truman, geht bei seinem Lob mehr ins Detail: „Es stecken eine Menge Gedanken darin. Seine ge-
samte Musik ist sehr gut geschrieben. Er hat ein natürliches Gespür für die Instrumente und, aus den Augen eines Cellisten,
schreibt er wirklich sehr, sehr gut. Als ob die Instrumente singen. Er versteht was von Harmonien und solchen Sachen.
Er benutzt Toncluster, in denen wir alle unterschiedliche Rhythmen spielen und es klingt nachher faszinierend. Es ist sehr
interessant, zu beobachten wie er seltsame Gruppensequenzen schreibt und sie nachher alle eine Melodie ergeben, die sich
herrlich ergänzt.“ Der Konzertmeister Pieter Schoeman fährt fort: „Howard schreibt die komplexesten Spielanweisungen. Er
erschafft Tongebilde, die alle mit der selben Note beginnen und sich dann spalten, dann erweitern und sich schließlich in
einen Akkord zusammenballen, den man höchstens mit einer Kettensäge durchtrennen könnte. Der Konzertmeister muss
diese Art von Spielanleitungen so organisieren, dass eine gleiche Anzahl von Violinen auf jeder Note spielt, wenn sich der
Akkord erweitert. Letztendlich habe ich eine Methode erarbeitet, auf die wir immer wieder zurückgreifen, seitdem wir es so
oft brauchten. Noch heute nennen wir diese Technik liebevoll die ‚Howard Divisi‘ (Howard-Spielanleitung).“
Obwohl das LPO primär ein Orchester für Konzerthallen ist, haben sie trotzdem in einer Reihe von Film-Soundtracks
mitgewirkt. Selbst die betagten Veteranen in der Gruppe konnten dem einzigartigen epischen Soundtrack zu „Der Herr Der
Ringe“ nicht widerstehen. Der Haupt-Trompetenspieler Paul Beniston erklärt: „Der ‚Herr Der Ringe‘-Soundtrack hat jedes
andere Filmmusik-Projekt, an dem er gearbeitet hat oder das er je gehört hat, winzig erscheinen lassen. Und ich bin schon
seit 10 Jahren im LPO.“ Bohling lässt das orchestrale Gefühl gegenüber Komponist und Projekt Revue passieren: „Er ist schon
ein Meister seines Faches, oder nicht? So etwas hat es bisher noch nicht gegeben und wird es auch nicht mehr geben. Der
Soundtrack erschien wie eine lange Reise oder eine einzige lange Phrase. Howards Schreibweise ist sehr klar. Wir wissen was
er will und was er erreichen möchte. Und er weiß was wir können.“
Das Neuseeländische Symphonie Orchester
Gegründet wurde das Neuseeländische Symphonie Orchester 1947. Es wurde über die Jahre zum herausragendsten Orches-
ter des Landes, in dem bemerkenswerte Gastmusiker wie Lang Lang, Hilary Hahn, Kiri Te Kanawa, Mstislav Rostropovich,
Elisabeth Schwarzkopf, Antal Dorati, Yehudi Menuhin, Vladimir Ashkenazy, William Walton und Igor Stravinsky mitwirkten. Wie wir bereits wissen, hat die Symphonie eine der atemberaubensten Sequenzen in „Die Gefährten“ vertont. Sie hat
jedoch auch zur gleichen Zeit die Endsequenz des Films mit Leben gefüllt. Diese wurde aber vor der Aufnahme in London
umgeschrieben, also bat Shore das LPO, die neue Sequenz zu spielen. Die Aufnahme des „NZSO“ ist aber trotzdem zu hören
- und zwar im Fan-Club-Abspann der Extended Edition DVD.
PLAN 9 [Janet Roddick, David Donaldson, Stephen Roche und David Long]
Peter Jackson traf zum ersten Mal 1995 für seinen Film „Forgotten Silver“ auf Plan 9. In den „Herr Der Ringe“-Filmen spezialisierten sie sich auf die On-Screen-Musikstücke wie die Hobbit-Partymusik (Flaming Red Hair) und das Lied der Waldelben
(The Elvish Lament).
Zusätzliche Instrumentenspieler
Dermot Crehan: Geige - Mike Taylor: Flöte/Geige - Jan Hendrikse: Rhaita/Panflöte - Sylvia Hallett: Sarangi - Edward Hession
und Tracey Goldsmith: Musette - Jeam Kelly: Keltische Harfe - Greg Knowles: Dulcimer - John Paricelli: Sechs-Saitige Gitarre
und Zwölf-Saitige Gitarre - Gillian Tingay: Keltische Harfe - Sonia Slany: Monochord - Robert White: Basspfeife/Bodhrán Alan Doherty: Flöte/Panflöte - Alan Kelly: Bodhrán
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~C
redits
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Korrekturleser/innen
Deutsche übersetzer/innen
Mira Sommer (LuthiensTochter), Andy Machals (Eorl87),
Florian Bunz (Fleuz)
Sabsi (GinosGirl), Helene Weissbecker (Elenwe7),
Matthias F. (Baragund)
Publikationsverarbeitung
Initiator des Projekts und Website von Andy Machals (Eorl87)
Layout, Grafiken, Illustrationen und Satz von Florian Bunz (Fleuz)
links
Offizielle Soundtrackseite:
lordoftherings-soundtrack.com
Deutsche Projektseite:
www.annotated-scores.de.vu
Blog von Doug Adams:
themusicofthelordoftheringsfilms.blogspot.com
„Herr Der Ringe“ Filmforum:
forum.herr-der-ringe-film.de
Ein besonderer Dank gilt Doug Adams, der die Erlaubnis gab, seine Werke zu übersetzen.
Special Thanks belong to doug adams, who allowed us to translate his works.
Die originalen „Annotated Scores“ können unter lordoftherings-soundtrack.com heruntergeladen werden.
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Unerlaubte Vervielfältigung und kommerzielle Nutzung sind nicht gestattet.
Original text Copyright © 2005 by Doug Adams