Alles begann in Vietnam - Friedensdorf International
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Alles begann in Vietnam - Friedensdorf International
Report – April 2015 Zurück zu den Wurzeln: Alles begann in Vietnam Schwerpunkt-Thema friedensdorf.de DAS DORF INHALT • Von der Katastrophe ins Fernsehen 6 • Heimkehrer 8 • 56. Hilfseinsatz Angola 9 • 71. Kombinationseinsatz 10 • Projektreise Kambodscha & Sri Lanka 12 • Hintergrund Rote Khmer 14 Frieden? Aber so ist die Welt nicht… • Dienstreise Kaukasus 16 „Unser schönstes Ziel ist es, dass unsere Arbeit • Schwerpunkt Vietnam 18 einmal nicht mehr notwendig ist, weil es keine • Tag des Ehrenamtes 27 Kriege mehr gibt.“ IMPRESSUM Aktion Friedensdorf e.V. Postfach 14 01 62 46131 Oberhausen Vereinsregister Duisburg: 40770 Zentralstelle: Lanterstr. 21 46539 Dinslaken Tel: +49 2064 4974-0 Fax: +49 2064 4974-999 Info: [email protected] Leitung und V.i.S.d.P.: Thomas Jacobs stellv. Leitung: Kevin Dahlbruch, Wolfgang Mertens Öffentlichkeitsarbeit: Jasmin Peters Fotos: FI, Jakob Studnar, Sandro Somigli, iStockphoto friedensdorf-onlinereport.de Das ist eine Kernaussage im Friedensdorf. „A ber so ist die Welt nicht“, wissen Annika Fischer und Jakob Studnar. Mit Stift, Block, Fotokamera, viel Fingerspitzengefühl und dem Blick für Details haben sich die beiden Journalisten im September 2014 auf den Weg ins Oberhausener Friedensdorf gemacht, um diejenigen zu treffen, die immer wieder darunter leiden müssen, dass die Welt so nicht ist. Über die medizinische Einzelfallhilfe des Friedensdorfes bekommen kranke und verletzte Kinder Hilfe in Deutschland. Jahrzehntelange Erfahrungen haben diesen Arbeitsbereich zu einer komplexen Angelegenheit gemacht. Annika Fischer und Jakob Studnar ist es gelungen, diese Komplexität in Wort und Bild aufzulösen und sowohl einen Tagesablauf in der Heimeinrichtung als auch die Vorgänge eines Hilfseinsatzes anschaulich darzustellen. Vielfach greifen sie dazu die Geschichten der Kinder auf oder lassen sie selbst erzählen. Auf diese Weise ist eine informative wie einfühlsame Reportage entstanden, die wohl noch länger aktuell sein wird. Zumindest solange diese Welt so ist. er Artikel von Annika Fischer mit Bildern von Jakob Studnar ist erschienen in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung vom D 2 friedensdorf.de 21.10.2014. Die beiden waren so freundlich, uns die Genehmigung zum Nachdruck zu erteilen, so dass es die Reportage nun auch in Form eines Friedensdorf-Sonderreportes und als PDF-Download in unserem ONLINE REPORT gibt. Sie erreichen die neue Website unter der Adresse: friedensdorf-onlinereport.de. Die Medien und das Friedensdorf W eitere ausführliche Themen dieser April-Ausgabe sind der 40. Jahrestag des Kriegsendes in Vietnam und einige Ausführungen zur Medienberichterstattung über das Friedensdorf. Ferner informieren wir Sie über vergangene Hilfseinsätze nach Angola und Afghanistan sowie eine Projektreise nach Südostasien. Und natürlich möchten wir auch wieder einige Aktionen vorstellen, die in letzter Zeit von engagierten Menschen zu Gunsten des Friedensdorfes durchgeführt wurden. W ir danken allen Spendern, Unterstützern und ehrenamtlichen Helfern für ihre Mithilfe am Gemeinschaftsprojekt Friedensdorf. Herzlich, Ihr Thomas Jacobs friedensdorf.de Schalke-Fieber Echte Schalker „Hochkaräter“ kamen zu Besuch ins Dorf: Trainer Roberto Di Matteo, Co-Trainer Sven Hübscher, Klaas-Jan Huntelaar, Leon Goretzka, Fabian Giefer, Neuzugang Matija Nastasic und Chinedu Obasi nahmen sich deutlich mehr Zeit im Friedensdorf als ursprünglich geplant. Auch Maskottchen „Erwin“ war dabei. Zurück blieben Begeisterung bei den Kindern und Mitarbeitern, ein signiertes Trikot vom „Hunter“ und ein Scheck über symbolträchtige 1.904 Euro. Stoag spendete Vor dem rot-weißen Derby zwischen dem SC Rot-Weiß Oberhausen und Rot-Weiss Essen verzichtete der RWO-Brustsponsor, die Energieversorgung Oberhausen (evo), für die eine Partie auf die Trikotbrustwerbung und gab diese für die Stadtwerke Oberhausen GmbH (STOAG) frei. Aufgrund des Derbysiegs wurden die „Sondertrikots“ bei der anschließenden Versteigerung zum abso- 3 UNTERSTÜTZER luten Verkaufsrenner: 2.300 Euro teilten sich das Friedensdorf und die RWO-Jugendabteilung. Ausgezeichnet „Den Agenda-Preis 2014 erhält das Solinger Friedensdorf-Netzwerk für die sensible Betreuung und medizinische Behandlung von kriegsverletzten Kindern sowie die Umsetzung von Hilfsprojekten in Krisenregionen“, lautete die Begründung der Jury, die der Oberbürgermeister bei der Preisverleihung im Meistermannsaal des Gräfrather Kunstmuseums verlas. In dem Netzwerk sind fünf regionale Krankenhäuser, das Ärztenetzwerk Solimed, das DRK Solingen und ein Freundeskreis von engagierten Betreuern aktiv. Stellvertretend nahm Uli Preuss den Preis entgegen. facebook.com/friedensdorf UNTERSTÜTZER Heimat aus der Ferne Die Duisburger Künstlerinnen Angela Schmitz, Havin Al-Sindy und Pia Eisenblätter begaben sich mit Kindern des Friedensdorfes auf eine malerische Entdeckungsreise zum Thema „Heimat“. Die Versteigerung der Kunstwerke zugunsten des Friedensdorfes im Grammatikoff im Rahmen der Duisburger Akzente brachte rund 800 Euro ein. Helfen mit allen Sinnen Zu einer großen Benefizaktion für das Friedensdorf luden die Oberhausener Künstlerin Nadja Zikes und Restaurantbesitzer Franco Fenudi („Il Carpaccio”) ins ehemalige Sacklager der Baumeister Mühle ein. Unter dem Motto „Helfen mit allen Sinnen” durften sich die zahlreichen Besucher über Kunst, Gaumenfreuden und Live-Musik freuen. Versteigert wurde ein Kunstwerk, das Kinder des Friedensdorfes gemeinsam mit Nadja Zikes und Miso Brecko, dem Mannschaftskapitän des 1. FC Köln, ge- friedensdorf-onlinereport.de schaffen hatten. Darüber hinaus fand ein Brecko-Trikot mit Unterschriften all seiner Teamkollegen einen neuen Besitzer. Die Aktion brachte bemerkenswerte 12.400 Euro ein. Kinder für Kinder „M it Musik helfen“ – so lautete das Motto des Konzerts der 7- bis 18-jährigen Schülerinnen und Schüler der Klavierschule Heike Groetzner in Köln-Lindenthal. Im Rahmen des Konzerts kamen 700 Euro für das Friedensdorf zusammen. urch ihren hervorragenden Einsatz schafften es die Schülerinnen und Schüler der Andreasschule in Korschenbroich eine Spende von insgesamt 900 Euro für das Friedensdorf zu „erarbeiten“. Gemeinsam mit ihrer Religionslehrerin hatten sie einen Flohmarkt organisiert sowie eine weitere Aktion: Jedes Kind ging mit einer Liste zu Verwandten, Nachbarn und Freunden und fragte, ob es etwas für sie tun könne. Gegen eine Spende erledigten sie dann die unterschiedlichsten Aufgaben, wie: Plätzchen backen und D 4 verkaufen, Wäsche aufhängen, Einkaufen, Laub fegen, Aufräumen, und, und, und …! achdem er im letzten Jahr in den Herbstferien über den Zirkus Flic Flac von den Kindern des Friedensdorfes erfahren hatte, ließ ihn der Gedanke, auch etwas zu tun, nicht mehr los. Alljährlich findet in Bocholt am 31. Dezember der Silvesterlauf statt, an dem der lauffreudige Finn Filip zum ersten Mal teilgenommen hat. Der sportliche Junge aus Isselburg entschied sich, die 10 Kilometer lange Runde zu Gunsten des Friedensdorfes sponsern zu lassen. Dabei erzielte er das großartige Ergebnis von 362,50 Euro. N Friedensdorf-Film jetzt auch auf Englisch! Ein Jahr hat der Journalist Olaf Kracht die Arbeit des Friedensdorfes intensiv begleitet und in einem Film festgehalten. Darin dokumentiert er die Einzelfallhilfe, lässt haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter zu Wort kommen und begleitet Kinder, die innerhalb weniger Monate in Deutschland gesund wurden. Jetzt gibt es den Film auch als englische Version! friedensdorf.de friedensdorf.de 5 facebook.com/friedensdorf Von der Katastrophe ins Fernsehen Über die Problematik der Einzelfallberichterstattung im Friedensdorf I m Friedensdorf wird kaum ferngesehen und Nachrichten über weltweite Kriege und Krisen gehören erst recht nicht zum Kinderprogramm. Die Mädchen und Jungen sind hier, um gesund zu werden und Kind sein zu dürfen, denn erwachsen werden müssen sie in der Not ihrer Heimatländer schnell genug. Dennoch: Hätte Thaer – eines der 42 verletzten Kinder des ersten Friedensdorf-Hilfseinsatzes in Gaza – die Tagesthemen der ARD oder die Abendschau des Bayerischen Rundfunks Mitte Januar gesehen, wären seine Augen vor Stolz sicher so groß geworden wie die Murmeln, mit denen die Kinder zu fast jeder Jahreszeit im Friedensdorf spielen. „Ich bin im Fernsehen!“, hätten seine Augen verkündet und vielleicht auch sein Mund, denn seit seiner Ankunft in Deutschland hat der Neunjährige schon etwas Deutsch gelernt. Und was hätten Thaers Freunde im Friedensdorf über den Beitrag gedacht? Sicher hätten sich viele mit ihm gefreut, denn das Prinzip des Teilens gehört untrennbar zum Friedensdorf. Geeint durch die Schrecken und die Not, die sie in ihren Heimatländern erfahren mussten, werden die Kinder zu Leidensgenossen auf dem oft langen und schmerzhaften Weg des Gesundwerdens und letztlich zu Freunden, die applaudieren, wenn der andere es überstanden und auf die Liste der Kinder geschafft hat, die bald wieder zu ihren Familien reisen werden. Doch in diese ehrliche Freude mischt sich nicht selten auch der allzu nachvollziehbare Schmerz, dass man selbst (noch) nicht an der Reihe ist. Ähnlich würde es mit dem Fernsehbeitrag sein. Auf der einen Seite die Freude mit und für Thaer und auf der anderen Seite die Frage: Warum nicht ich? Ist meine Ge- friedensdorf-onlinereport.de 6 SCHWERPUNKT schichte es nicht wert, erzählt zu werden? ie Botschaft des Friedensdorfes an die Kinder lautet unmissverständlich: Ihr seid alle gleich und gleich wichtig! Demgegenüber steht die Botschaft der Kameras, die immer wieder nur einzelne Kinder filmen und damit aussagen: Du bist etwas Besonderes! enngleich aus medialer Sicht nachvollziehbar, ergibt sich für das Friedensdorf hieraus eine Schwierigkeit, mit der es seit jeher ringt. Wieviel lassen wir zu, um die Öffentlichkeit sachlich über das Schicksal der Kinder sowie Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren und gleichzeitig die D W friedensdorf.de Privatsphäre der Kinder und den Gleichbehandlungsgrundsatz einzuhalten? Eine Frage, die in der Hilfsorganisation immer wieder neu gestellt und diskutiert wird. Denn selbst, wenn das oben dargestellte Szenario, dass die Friedensdorf-Kinder gemeinsam den Bericht über Thaer anschauen, nicht der Realität entspricht, und auch wenn Thaer niemals „Starallüren“ entwickeln und damit Unfrieden säen würde, hat sich das Friedensdorf in einen Grenzbereich seiner Glaubwürdigkeit (sich selbst und Dritten gegenüber) begeben. Kinderschicksale werden nicht medial verkauft, daran ist nicht zu rütteln. Deswegen ist man sich im Friedensdorf sehr bewusst darüber, dass Einzeldarstellungen schwierig und gar Mitleid heischende Dramatisierungen völlig ausgeschlossen sind. Große Resonanz D er Beitrag in den „Tagesthemen“, der sicher nicht zur letztgenannten Kategorie gehört, hat eine enorme Resonanz in der Öffentlichkeit gehabt. Vor allem auf der Facebook Seite des Senders wurde der Film annähernd 100.000 Mal angeklickt, hundertfach geteilt und es wurde durchaus kontrovers diskutiert. Die meisten Menschen sind berührt, sprechen Anerkennung aus, wollen helfen. Wenige kritisieren, dass der Vater nicht auch in Deutschland ist. Eine menschlich verständliche Reaktion und nur die Personen, die die Arbeit des Friedensdorfes kennen und wissen, dass man dort Geschichten wie die des kleinen Jungen aus Gaza jeden Tag und hundertfach erlebt, verstehen, dass friedensdorf.de eine Begleitung von Eltern absolut unmöglich ist. Wäre das auch sinnvoll? Die Kinder im Friedensdorf können damit umgehen und setzen alle Energien ein, schnell gesund zu werden, um dann nach Hause zu können. So wie das „berühmt“ gewordene Kind jetzt, das auch die Mitarbeiter des Friedensdorfes und des Krankenhauses durch seine positive Ausstrahlung und seinen Lebensmut begeistert. „Lieber langweilig als unzuverlässig“ D ie Tatsache, dass die Hilfsaktion für die Kinder aus Gaza ein derartig großes Medieninteresse mit sich brachte, hat zum einen damit zu tun, dass der Verein „Sternstunden“, der Benefizaktion des Bayerischen Rundfunks, spontan die Finanzierung des Fluges absicherte und damit zum wiederholten Mal ein verlässlicher Partner des Friedensdorfes war. Zum anderen spielt der Umstand eine große Rolle, dass der Konflikt im Nahen Osten ein aktueller Konflikt ist und weltweit im Fokus steht. Die Frage ist, wie lange? Im 7 Friedensdorf sieht man das sehr differenziert und auch kritisch. Eine große Stärke der Organisation ist die Kontinuität und Verlässlichkeit bei der Hilfe für Kinder in den Ländern, in denen das Friedensdorf arbeitet. Das ist für die Menschen in Afghanistan, Angola und den anderen Krisengebieten wichtig. Diese Stärke führt medial zu einer „Schwächung“, die Themen des Friedensdorfes werden in vielen Redaktionen als „Dauerbrenner“ oder gar als „langweilig“ empfunden. Die tatsächliche Dramatik und die Schicksale der Kinder aus Gaza unterscheiden sich aber überhaupt nicht von denen der anderen Kinder im Friedensdorf. n diesem Sinne wären die Geschichten aller Friedensdorf-Kinder es wert, erzählt zu werden – und müssten alle gleichermaßen aufgrund ihrer Vielzahl und wegen des Fairness-Gedankens unerzählt bleiben. Ein Dilemma, dem sich nur mit ständiger Selbstreflexion und vor allem im Dialog mit Medienvertretern begegnen lässt, um es im jeweiligen Einzelfall im Sinne aller aufzulösen. I facebook.com/friedensdorf Uchenna aus Nigeria flog gesund nach Hause E in dreiviertel Jahr lang war der 11-jährige Uchenna aus Nigeria im Friedensdorf. Über die private Initiative eines Krankenhauspfarrers in Süddeutschland kam er ins Friedensdorf. In Deutschland wurde er nicht nur gesund, er lernte auch Kinder aus aller Welt kennen. Aufgefallen ist Uchenna im Dorf kaum. Äußerlich unterschied er sich nicht von den Kindern aus Angola oder Gambia und hörte man ihn auf Farsi oder Portugiesisch sprechen, erahnte man kaum, dass dies gar nicht seine Muttersprache ist. Uchenna kam mit einer komplizierten urologischen Fehlbildung nach Deutschland. In seiner nigerianischen Heimat war diese nicht behandelbar. Am Tag vor der Rückreise Mitte Oktober gab es eine kleine Abschiedsfeier für den Jungen, der so viele Freunde gewonnen hatte und deren Sprachen, neben Deutsch, wie selbstverständlich gelernt hat. Auch wenn Uchenna sich zum Abschied Pizza gewünscht hatte, freute er sich doch sehr auf Fufu, den traditionellen Maniokbrei, den seine Mutter am nächsten Tag für ihn zubereiten würde. afghanischer Partner und Arzt war aus Kabul angereist, um die Kinder nach abgeschlossener medizinischer Behandlung nach Hause zu begleiten. Unterdessen ging es auch für sechs Kinder aus Gambia zurück nach Hause, wo sie neben den Eltern definitiv auch wärmere Temperaturen erwarteten. Ein Team vom Friedensdorf flog ab Brüssel mit der Gruppe nach Süden und brachte auf dem Rückweg sechs neue Kinder mit, die dringend medizinische Hilfe in Deutschland benötigen. 50. Unabhängigkeitstag in Gambia Der Herzenswunsch einiger Kinder im Friedensdorf ging im Dezember 2015 in Erfüllung. „Endlich sehe ich Mama und Papa wieder!“, freute sich die kleine Nadia aus Afghanistan. Diese Freude teilten auch elf weitere afghanische Jungen und Mädchen. Ein Gambia liegt im Westen Afrikas und feierte am 18. Februar 2015 seinen 50. Unabhängigkeitstag. 1965 erhielt Gambia seine volle Unabhängigkeit im Rahmen des britischen Commonwealth of Nations. Zwar ist Gambia kein Kriegs-, sicher aber ein Krisenland, dessen Entwicklung u.a. aufgrund mangelnder Ressourcen nicht vorankommt. Abseits der öffentlichen Wahrnehmung scheint Präsident Yahya Jammeh in den vergangenen Jahren seine diktatorische Herrschaft ausgebaut zu haben. Menschenrechtsorganisationen sprechen Medienberichten zufolge von einer desaströsen Menschenrechtslage in dem knapp zwei Millionen Einwohner starken friedensdorf-onlinereport.de 8 Heimkehr nach Afghanistan & Gambia HEIMKEHRER Land und verweisen etwa auf die seit Kurzem im Gesetz verankerte Verfolgung und Bestrafung Homosexueller, die Anwendung von Folter und die Unterdrückung einer unabhängigen Medienberichterstattung. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist vor allem in den ländlichen Gebieten abseits der Hauptstadt Banjul unzureichend. Die Säuglingssterblichkeit liegt mit rund 66 Todesfällen pro 1000 Lebendgeburten bedauerlich hoch. Im weltweiten Vergleich bedeutet diese Zahl für Gambia Platz 18. Auf dem achten Platz findet sich Angola und ein trauriger erster Platz wird nach Daten von 2014 von Afghanistan gehalten. friedensdorf.de Rasantes Wachstum – doch die Kinder sterben HILFSEINSÄTZE Friedensdorf International flog den 56. Hilfseinsatz nach Angola S eit über 20 Jahren fliegt Friedensdorf International Kinder aus Angola zur medizinischen Behandlung nach Deutschland aus, wenn sie so krank sind, dass sie in ihrer Heimat nicht angemessen versorgt werden können. Im südwestafrikanischen Land gibt es viele Superlative: rasantes Wirtschaftswachstum und eine hohe Kindersterblichkeitsrate zugleich. Am frühen Freitagmorgen des 07. November landeten am Düsseldorfer Flughafen 83 Mädchen und Jungen, deren große Hoffnung jetzt Deutschland heißt. Fast genauso viele Kinder flogen vier Tage zuvor mit dem Charterflugzeug gesund nach Hause. Dort gab es rührende Wiedersehensszenen mit den Eltern und den hier gesund gewordenen Kindern. 5. Hilfseinsatz in 2014 In dicke Decken gehüllt waren die Kinder, die auf die Namen Joao, Maria oder Sebastiao hören bei ihrer Ankunft in Düsseldorf. Die wenigsten konnten laufen, einige hatten dicke Gipse am Bein, ein Kind musste auf einer Vakuummatratze aus der Maschine getragen werden – jede Erschütterung schmerzte. Rettungswagen vom Rot-Kreuz-Verbund aus ganz Deutschland brachten die Kinder bundesweit in Notaufnahmen, Ambulanzen, auf Kinderstationen. Schwelm, Hamburg, Lünen, Schlüchtern, Eberswalde – Krankenhäuser erklärten sich überall friedensdorf.de auch bei diesem fünften großen Hilfseinsatz des Friedensdorfes im Jahr 2014 bereit, Kinder kostenlos zu versorgen. E in großes Dankeschön galt erneut dem Flughafen Düssel- 9 dorf für den reibungslosen Ablauf, natürlich den „Sternstunden“ des bayerischen Rundfunks, die diesen Flug teilweise finanziert haben und der Crew der Fluggesellschaft von Hamburg Airways für die tolle Zusammenarbeit. facebook.com/friedensdorf Afghanistan, Zentralasien und Kaukasus: Impressionen der Rückkehr Kein Lächeln im Gesicht Aktueller Friedensdorf-Kombinationseinsatz „A m Mittwoch, dem 18.2. landeten wir mit 109 schwerverletzten Kindern aus sechs verschiedenen Ländern in Deutschland. Am späten Samstagnachmittag flogen wir diese Route nun in umgekehrter Reihenfolge mit den genesenen Kindern ab dem Flughafen Düsseldorf zurück. In Tiblissi stiegen die georgischen und armenischen Partner mit den ersten Rückkehrern, den Hilfsgütern und dem Gepäck aus. In Tashkent folgten dann die usbekischen und kirgisischen Kinder und anschließend wir mit den afghanischen Kindern und mehreren Tonnen Hilfsgütern in Kabul. Ein Großteil der Hilfsgüter besteht aus Medikamenten für ehemalige Schützlinge des Friedensdorfes. Die letzte Landung des Charter- friedensdorf-onlinereport.de flugzeuges folgte in Dushanbe für die tadschikischen Kinder. Auf jeder Station fragten die Kinder ganz aufgeregt: „Jetzt georgisch? Wo usbekisch“? Die Kinder fieberten regelrecht ihrer Heimat entgegen. n allen Ländern ist die Freude unvorstellbar, wenn nach der langen – aber notwendigen – Zeit der Trennung die Familien wieder zusammen sind. Aufmerksam hörten die Familien dem Verlauf der medizinischen Behandlung in Deutschland zu, mit Stolz wie der Sohn sich benommen hat oder was die Tochter gelernt hat. Auch lassen sich die Eltern der Kinder, die noch etwas länger in Deutschland bleiben müssen, von den Heimkehrern erzählen, wie es in Deutschland ist und was die I 10 Söhne oder Töchter machen. Mit Staunen erfahren sie dann auch vielleicht, dass der beste Freund aus Gaza oder die beste Freundin aus Angola kommt. uch haben wir sehr viele ehemalige Kinder bzw. mittlerweile junge Männer und Frauen gesehen, die mal im Friedensdorf waren und nach wie vor ihre Medikamente benötigen und bei unserem Partner abholten. Besonders schöne Momente sind es, wenn wir erfahren, was aus den damals schwer kranken und verletzten Kindern geworden ist. Der eine studiert Ingenieurswissenschaften, der nächste ist Taxifahrer, ein Dritter arbeitet beim Zoll, ein anderer ist Geschichtslehrer, eine junge Frau ist Krankenschwerster, wiederum eine andere ist verheiratet A friedensdorf.de und inzwischen Mutter von zwei Kindern. Gefreut hat uns, dass die meisten Jüngeren zur Schule gehen. Alle gehen ihren Weg, nicht zuletzt, weil sie damals die medizinische Hilfe erfahren konnten, die es bei ihnen zu Hause nicht gab und leider auch heute noch nicht gibt. D ie Kinder sind die Zukunft und die Hoffnung ihrer Familien und können sich nun als gesunde Menschen auch um die Unterstützung der Großfamilie kümmern. Darauf sind die Familien in diesem Land, welches ohne staatliche Sozialversorgung auskommen muss, dringend angewiesen. Eine Fahrt durch Afghanistans Hauptstadt Kabul veranschaulicht uns jedes Mal die Gegensätze: Auf der einen Seite den beschwerlichen Alltag und Überlebenskampf in der Metropole und auf der anderen Seite den Überlebenswillen und Optimismus, mit denen die Menschen hier allen Widrigkeiten begegnen.“ F ür das Friedensdorf war es der 71. Hilfseinsatz in Afghanistan und der erste im Jahr 2015, also nach Beendigung der ISAF-Mission in dem Land am Hindukusch. Insgesamt ließ sich eine offensichtliche Verschlechterung der medizinischen Situation erkennen. Ob diese auch mit dem Ende der ISAF-Mission zusammenhängt, lässt sich nur mutmaßen. Fakt ist, dass dem Friedensdorf-Team mehr Kinder als bei den letzten Hilfseinsätzen vorgestellt und auch mehr Zusagen für eine Behandlung in Deutschland ausgesprochen wurden. Der Charterflug, der wieder einmal von den „Sternstunden“ des Bayerischen friedensdorf.de Rundfunks maßgeblich finanziert wurde, transportierte zudem rund sechs Tonnen Hilfsgüter nach Afghanistan und in die übrigen Länder. Alles in allem war der Hilfseinsatz wieder mal ein Gemeinschaftswerk, an dem neben den Partnerorganisationen der jeweiligen Länder der Düsseldorfer Flughafen, die STOAG, das DRK Solingen, Remscheid und Ubstadt sowie das BRK Ansbach, Bamberg und Miltenberg sowie zahlreiche ehrenamtliche Helfer beteiligt waren. Jugendfriedenspreis Oberhausen Der amtierende Oberhausener Oberbürgermeister Klaus Wehling hatte beim diesjährigen Jahresempfang – dem letzten seiner Amtszeit, da er nicht wieder kandidieren möchte – den Oberhausener Jugendfriedenspreis „Youth 4 Peace“ ausgelobt, bei dem das Friedensdorf Bildungswerk gemeinsam mit der Gedenkhalle, MULTI (Multilateraler Jugendaustausch in Oberhausen) und dem Jugendparlament Oberhausen als Träger fungiert. Junge Menschen bis 20 Jahre sind aufgerufen, die Worte Klaus Wehlings „Frieden bleibt und kommt nicht von allein“ mit Leben zu füllen und ab Juni 11 2015 konkrete Projekte und Aktionsvorschläge einzureichen. Die Mitarbeiterinnen des Friedensdorf Bildungswerks freuen sich auf die neue Aufgabe und sind bereits sehr gespannt auf die Resonanz. www.youthforpeace.de facebook.com/friedensdorf Projektreise nach Kambodscha und Sri Lanka W ie in der letzten Druckversion des Reportes im Oktober 2014 bereits kurz erwähnt, waren Friedensdorf-Leiter Thomas Jacobs und Mitarbeiterin Maria Tinnefeld Mitte September 2014 zur Projektreise nach Südostasien aufgebrochen. Einige Eindrücke der Reise sollen hier nochmal ausführlicher aufgegriffen werden. Im Peace Village Nattandiya auf Sri Lanka, der ersten Station der Dienstreise, werden nach wie vor interkulturelle Events durchgeführt mit dem Ziel, muslimische, singhalesische und tamilische Kinder einander anzunähern und Vorurteile aus der Elterngeneration abzubauen, die auch nach dem Kriegsende 2009 bestehen. Ebenso wie das Peace Village Nattandiya ist das Zirkusprojekt im kambodschanischen Battambang nicht auf medizinische Hilfe ausgerichtet. Vielmehr stehen die Aspekte Bildung und Soziales im Mittelpunkt. Unser Team zeigte sich von dem Projekt begeistert: eute waren wir an einem besonderen Ort, an dem ein ungewöhnliches Projekt stattfindet, nämlich das Zirkusprojekt an der Mülldeponie in Battambang. Für uns ist es unvorstellbar, unmittelbar an einer Mülldeponie zu leben, geschweige denn sich vorzustellen, dass das eigene Kind den Müll aufsammeln muss, um mit zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Hier ist es bitterer Alltag. Zudem sind die Müllsammler alle auf einen Zwischen- händler angewiesen, der ihnen in der Regel aber nur 50 Prozent des eigentlichen Wertes auszahlt. as Zirkusprojekt, das seit 2012 federführend die „Thüringisch Kambodschanische Gesellschaft e.V.“ (TKG) in Kooperation mit der kambodschanischen Tochtergesellschaft Comped (Cambodian Education and Waste Management Organization) betreibt, hat uns deshalb umso mehr begeistert und ist mehr als nur förderungswürdig. Seit 2009 betreiben un- D PROJEKTE sere Partner auf der Mülldeponie ein so genanntes „Soziales Abfallzentrum Battambang“ mit dem Ziel, den Müllsammlerfamilien ein menschenwürdiges Leben und die Chance auf Bildung zu ermöglichen. Zum Sozialzentrum gehören ein überdachter Sortierplatz und eine Kompostierungsanlage, ein Unterrichts- und Trainingsraum für die Schulkinder, eine Kochgelegenheit sowie sanitäre Einrichtungen.“ Ebenfalls einen Fokus auf „H friedensdorf-onlinereport.de 12 friedensdorf.de (Aus-)Bildung legt das Comped Home, die gemeinsam vom Friedensdorf und der TKG geförderte Behinderten- und Blindenschule in Phnom Penh. „Seit unserem letzten Besuch hat sich dieses Projekt sehr gut weiterentwickelt, so dass inzwischen die Teilnehmeranzahl für das Landwirtschaftsprogramm erhöht werden kann“, freuten sich Thomas Jacobs und Maria Tinnefeld bei ihrem Besuch vor Ort. men: Im Januar 2015 wurde die Entbindungs- und Kinderklinik im Provinzkrankenhaus Romeas Hek (Provinz Svay Rieng) eröffnet, die das Friedensdorf finanziert hat. In dem zweistöckigen Gebäude befinden sich eine Notaufnahme, eine gynäkologische Station und eine Pädiatrie. Auch ein Brunnen, der für Frischwasser sorgt, gehört zum neuen Gebäudekomplex. Zusätzlich zu diesem Projekt hat das Friedensdorf in der gleichen Provinz den Bau von vier Klassenräumen für die Sekundarschule Chambak finanziert und damit für deutlich verbesserte Unterrichtsbedingungen gesorgt. Zuvor teilten sich rund 170 Schülerinnen und Schüler drei Klassenräume. Kinderklink Romeas Hek Comped Home Medizinische Versorgung dank BGS Auch die neuesten Basisgesundheitsstationen (BGS) 20, 21 und 22 („Solingen-House“, das nur mit Spenden aus der Klingenstadt gebaut wurde) überzeugten das Friedensdorf-Team von ihrer Effektivität. Für jeweils etwa 12.000 Menschen bieten sie eine wichtige medizinische Versorgung. Denn auch wenn einige Regionen Kambodschas touristisch erschlossen wurden, so ist dies gewiss kein repräsentatives Bild für die Gesamtsituation des Landes. „Wir haben in einigen Provinzen gesehen und erlebt, in welch bitterer Armut die Menschen leben müssen. In den Häusern oder auf den Grundstücken gibt es keine Sanitäranlagen, die Notdurft wird im Freien verrichtet“, schildern die Friedensdörfler ihre Eindrücke. Damit ist deutlich, dass nach wie vor besonders in abgelegenen Provinzen dringender Bedarf an medizinischen Einrichtungen besteht, weswegen sich die 23. BGS bereits im Bau und zwei weitere in Planung befinden. Was unser Friedensdorf-Team im letzten Herbst „nur“ in der Bauphase begutachten konnte, hat inzwischen den Betrieb aufgenom- friedensdorf.de Baustelle Basisgesundheitsstation 23 in Kambodscha 13 facebook.com/friedensdorf HINTERGRUND Das Urteil ist gefallen Lebenslange Haft für die letzten zwei ranghöchsten Politiker der Roten Khmer E ines der schon fast vergessenen, grausamsten Kapitel der Menschheitsgeschichte, die Schreckensherrschaft der Roten Khmer in Kambodscha in den Jahren von April 1975 bis Januar 1979, wurde angesichts des Prozesses um zwei der noch lebenden damals ranghöchsten Politiker erneut aufgeschlagen. Anfang August, auf der Anklagebank vor dem Sondertribunal in Phnom Penh saßen Nuon Chea, der Generalsekretär und Chefideologe des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei und der ehemalige Staatschef Khieu Samphan. Der Urteilsspruch lautete: „Das Gericht befindet Nuon Chea wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit für schuldig, darunter Ausrottung einschließlich Mord, politische Verfolgung und inhumane Akte, darunter Zwangsvertreibung, Verschwindenlassen und Angriffe auf die menschliche Ehre.“ Über Khieu Samphan wurde wortwörtlich das gleiche Urteil gefällt. m nur annähernd dieses traurige Kapitel kambodschanischer Geschichte verstehen zu wollen, ist es unerlässlich, sich mit dem Nährboden, auf dem diese Tyrannei entstehen konnte, zu beschäftigen. Die amerikanische Regierung, die im Vietnamkrieg Ostkambodscha als Rückzugsgebiet der Nordvietnamesen vermutete, bombardierte von 1969 bis 1973 völkerrechtswidrig das kleine asiatische Land. 539.129 Bomben fielen nieder, hunderttausende U friedensdorf-onlinereport.de Menschen starben, die Reisfelder waren zerstört und den Menschen ihre Lebensgrundlage entzogen. Der seit 1950 regierende König Sihanouk wurde 1970 abgesetzt und der von der amerikanischen Regierung protegierte ehemalige Premierminister Lon Nol als Staatsoberhaupt eingesetzt. König Sihanouk, der auch als Gottkönig von Teilen der Bevölkerung verehrt wurde, verbündete sich daraufhin mit den Roten Khmer, die sich als Befreiungsarmee deklarierten. Sie wurde 1975 überwiegend von der kambodschanischen Landbevölkerung unterstützt und mit Freude und Erleichterung empfangen als sie die Macht übernahm. Mord und Vertreibung statt Befreiung D och diese sogenannte Befreiungsarmee entpuppte sich schnell als unvorstellbar mörderisches Regime, das alle Menschen, die sich ihm nicht unterordneten und die nicht als zugehörig betrachtet wurden, gnadenlos tötete. Die Ideologie des zukünftigen kambodschanischen kommunistischen Agrarstaates beinhaltete die Vertreibung der Stadtbevölkerung auf das Land, die Abschaffung von Geld und Privateigentum, die Verpflichtung zur einheitlichen Kleidung, die Bildung von Volkskommunen mit gemeinsamem Essen, Arbeiten und Wohnen. Gedacht, getan… Sofort nach der Machtübernahme wurde die 14 Stadtbevölkerung aus ihren Häusern vertrieben und unter Androhung der Todesstrafe gezwungen, aufs Land zu ziehen. So schreibt Chau Kim Heng in seiner Biografie: ir wurden von den Roten Khmer aufgefordert stetig weiterzugehen, es war wie ein fließender Strom, der sich in eine Richtung bewegte. Und immer waren die Soldaten der Roten Khmer als Bewachung dabei.“ (Heng: Mein Leben ohne Kindheit, S.40). Massenerschießungen, Folterungen, Zwangsehen, Vergewaltigungen, Umerziehungslager versetzten die Bevölkerung in Angst und Schrecken und sicherten so die Macht der Herrschenden. Ca. 2 Millionen Menschen fielen dem Terrorregime unter Pol Pot zum Opfer, ¼ der Gesamtbevölkerung Kambodschas: Intellektuelle, Chinesen, Vietnamesen, Soldaten der Vorgängerregierung, Menschen, die der Kollaboration mit Amerika verdächtigt wurden und zigtausende Kambodschanerinnen und Kambodschaner, die aufgrund von Mangelernährung und Zwangsarbeit starben. s dauerte lange bis die damals Verantwortlichen endlich zur Rechenschaft gezogen wurden. Bereits 1997 hatte Kambodscha die Vereinten Nationen um Unterstützung bei der strafrechtlichen Verfolgung der Führungsmitglieder der Roten Khmer gebeten. Doch erst 2003 wurde ein Vertrag zwischen der UN und der Regierung Kambodschas geschlossen, „W E friedensdorf.de der die Einrichtung eines Sondertribunals beinhaltete. Dies ist ein gemischtes Gericht, bestehend aus einer nationalen und aus einer internationalen Komponente. Es wird kambodschanisches Recht ergänzt durch internationales Recht angewandt, wobei in allen Kammern die kambodschanischen Richter die Mehrheit besitzen. Und noch einmal sollten drei Jahre vergehen bis das Gericht 2006 seine Arbeit aufnehmen konnte. wurde der Leiter des Folter- und Vernichtungsgefängnisses S-21, in dem mindestens 12270 Menschen ermordet wurden, Kaing Guev Eav, genannt Duch zu 35 Jahren Haft verurteilt. In diesem ehemaligen Gefängnis befindet sich heute das Tuol-Sleng-Genozid-Museum. Der ehemalige Außenminister Ieng Sary, der ebenfalls angeklagt 2010 wurde, verstarb. ie Verurteilung der Angeklagten Nuon Chea und Khieu Samphan Anfang August diesen Jahres, die bis dahin völlig unbescholten ihren Lebensabend genießen konnten, kam in den Augen vieler betroffener Kambodschaner zu spät. Doch viele der Opfergruppen konnten vor Gericht auftreten, ein Novum in der internationalen Gerichtsbarkeit, die Prozesse konnten öffentlich mitverfolgt werden, im Fernsehen, im Radio, in den Printmedien und im Gerichtssaal. Dies gibt den Menschen in Kambodscha trotz Allem ein Gefühl der Rechtssicherheit und der Genugtuung. riedensdorf International ist seit 2002 in Kambodscha tätig. 22 Basisgesundheitsstationen, die Unterstützung von Behinderteneinrichtungen und pädagogischen Freizeitangeboten sind unser Bei- D F trag zum Aufbau einer stabilen Zivilgesellschaft. Eine beabsichtigte Nebenwirkung der Friedensdorf Arbeit ist es auch stets, Mitarbeitern der Partnerorganisationen ehemalig verfeindeter Nationen Begegnungen zu ermöglichen, den gegenseitigen Austausch zu fördern und zu solidarischem Handeln zu ermutigen. So profitiert heute die Partnerorganisation in Kambodscha von den jahrelangen Erfahrungen im Aufbau von Basisgesundheitsstationen der Partner in Vietnam. Voneinander lernen, sich gegenseitig unterstützen, Vorurteile abbauen – so ist Versöhnung und Frieden möglich. Buchtipp: Chau Kim Heng: Mein Leben ohne Kindheit, tkg Schriftenreihe der Thüringisch-Kambodschanischen Gesellschaft, erschienen 2010 – erhältlich beim Friedensdorf. Die Killing Fields von Choeung Ek: Gedenkstätte an die Gräueltaten der Roten Khmer friedensdorf.de 15 facebook.com/friedensdorf Neun Tage im Kaukasus Friedensdorf-Team kehrt von Dienstreise zurück B atumi in Georgien: Die 180.000 Einwohner umfassende Stadt direkt an der türkischen Grenze gilt als Wissenschaftsstandort. Das Einsatzteam von Friedensdorf International wollte auch Neues lernen und so traten Friedensdorf-Leiter Thomas Jacobs und Mitarbeiterin Maria Tinnefeld (Foto) im März eine neuntägige Dienstreise in den Kaukasus an, um zu erfahren, was sich innerhalb eines Jahres seit ihrem letzten Besuch alles verändert hat. Arbeitslosigkeit und Flüchtlinge I hre erste Station war Georgien, wo das Friedensdorf seit 1994/95 mit Projekten und der medizinischen Einzelfallhilfe aktiv ist. Bereits in Batumi zeigte sich den beiden ein zweigeteiltes Bild: Auf der einen Seite moderne Gebäude und gute orthopädische Hilfsmittel, auf der anderen Seite eine hohe Arbeitslosigkeit und arme Familien, die um das tägliche Überleben kämpfen und somit kaum Möglichkeiten haben, an die benötigten medizinischen Hilfsmittel zu gelangen. Zwar findet die medizinische Einzelfallhilfe des Friedensdorfes in Georgien nur punktuell statt, weil über die georgische Partnerorganisation einige Patienten inländisch vermittelt werden können oder mitunter Kinder mit Krankheitsbildern vorgestellt werden, die auch in Deutschland nicht behandelbar sind. Demgegenüber zeigte sich einmal mehr der enorme Wert der alljährlichen Bürger-Paketaktion. Dabei erhalten arme Familien und Flüchtlinge Lebensmittelpakete, mit denen sie rund einen Monat im oft harten Winter auskommen können. ie dramatisch die Lage für viele Flüchtlinge in Georgien ist, wurde durch einen Besuch in einem Flüchtlingscamp etwas außerhalb Batumis deutlich. Über 2.000 Menschen fristen dort seit rund zwei Jah- W ren ihr Dasein, weil in ihren Bergdörfern aufgrund ökologischer Probleme kein Leben mehr möglich ist. n Georgiens Hauptstadt Tiblissi wurden dem Friedensdorf-Team weitere Kinder vorgestellt, die medizinische Hilfe benötigen und deren Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland nun geprüft werden. Erfreulich war, wie gut das „Labdoo-Projekt“ in Tiblissi angenommen wird. Die Organisation Labdoo macht gebrauchte Laptops und Computer wieder funktionsfähig und vermittelt sie als Lernmaterialien in verschiedene Auslandsprojekte, auch diejenigen des Friedensdorfes. Privatpersonen können Laptopspenden direkt bei Labdoo abgeben. Nähere Informationen zur Organisation auf www.labdoo.de. I Erdbebenfolgen im armenischen Gyumri Flüchtlingscamp in der Nähe von Batumi in Georgien friedensdorf-onlinereport.de 16 Von Tiblissi aus ging es für das Team weiter in die armenische Hauptstadt Yerevan und von dort aus nach Gyumri. Die Stadt liegt im Westen Armeniens nahe der Grenze zur Türkei auf etwa 1.590 Metern Höhe und war besonders durch das schwere Erdbeben 1988 betroffen. Für die Friedensdorf-Mitarbeiter war es beeindruckend zu sehen, wie gut die dortigen Großfamili- friedensdorf.de Berg Ararat nahe der armenischen Grenze en- und Nachbarschaftsstrukturen funktionieren, so dass alle Kinder, die bei dem Erdbeben zu Waisen geworden waren, im Kreis ihrer Verwandten und Bekannten aufgenommen werden konnten. Sichtbar ist das Unglück jedoch auch heute noch in Form von Trümmergebäuden, die das Stadtbild zeichnen. ie bereits in Georgien zeigte sich dem Friedensdorf-Team auch in Armenien eine politisch und gesellschaftlich instabile Situation, die in Armenien deutlich stärker als im Nachbarland von Frustration geprägt ist. Viele junge Armenier verlassen auf der Suche nach Arbeit das Land und kehren oftmals nicht zurück, was für die Weiterentwicklung ihres Heimatlandes problematisch ist. W Positive Entwicklung der Projektarbeit D emgegenüber vermittelte die durch das Friedensdorf finanzierte Projektarbeit in Armenien ein sehr positives Bild. Thomas Jacobs zeigte sich beeindruckt, „wie positiv sich die ehemals kleine Rehabilitationseinrichtung der Armenischen Kinderstiftung weiterentwickelt hat“. Angeboten werden u.a. Logopädie, Förderung autistischer Kinder, Physio- und Wassertherapie, Tanztherapie- und Unterricht sowie ambulante Krankengymnastik, die bei den Familien zuhause durchgeführt wird. Ferner betonte auch der armenische Projektpartner die Wichtigkeit der Paketaktion: „2.000 Pakete erreichen 2.000 Familien, für die dies ein Auskommen für einen Monat bedeutet.“ Die Bürgerpaketaktion startet wie immer mit dem Dorffest im Friedensdorf, in diesem Jahr am 12. September. friedensdorf.de 17 facebook.com/friedensdorf Zurück zu den Wurzeln: Alles begann in Vietnam Rückblick anlässlich des 40. Jahrestages des Kriegsendes S ich weltweit für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen, dies waren damals und sind bis heute die Beweggründe der Menschen, die sich für Friedensdorf International engagieren. Der 11-jährige Krieg in Vietnam und die Geschichte des Friedensdorfes sind und bleiben untrennbar miteinander verbunden, waren doch die ersten Patienten, die ins Friedensdorf nach Oberhausen kamen, schwerstverletzte vietnamesische Kinder und Jugendliche, unschuldige Opfer dieses grausamen Krieges. Anlässlich des 40. Jahrestages des Kriegsendes in Vietnam am 30. April 2015 wollen wir einen Blick zurückwerfen auf die Ursprungstage des Friedensdorfes: ir schreiben das Jahr 1967, die „Aktion Friedensdorf e.V.“ wird im Juli gegründet. Die geplante, aber nicht umsetzbare Hilfe für Kinder aus Israel und dem Nahen Osten, Opfer des 6-TageKrieges, wird nun zur Hilfe für die jungen Kriegsopfer aus Südvietnam. Die ersten Häuser zur Unterbringung der Kinder auf dem Gelände der ehemaligen Hüttenwerke Oberhausen befinden sich bereits im Bau, doch wie und wer soll die Kinder aus Südvietnam auswählen, die nach Deutschland zur medizinischen Behandlung kommen? Peter Stöbe, Leiter des Friedensdorfes von 1971 bis 1975 beschreibt die damalige Situation W friedensdorf-onlinereport.de folgendermaßen: hrenamtliche Ärzte in Südvietnam mussten gesucht und Kontakte zu den dortigen Behörden, der Polizei und dem Militär geknüpft werden, um die betroffenen Kinder zu erreichen. Gleichzeitig wurden Freibetten in deutschen Krankenhäusern und ein kostengünstiger Flug mit Air France organsiert.“ „E Erste Kriegsopfer kommen ins Dorf I m Dezember 1967 treffen die ersten schwerverletzten, Napalm verbrannten Kinder aus Vietnam in Oberhausen ein. 1972 leben bereits 130 Kinder und Jugendliche aus Vietnam im Friedensdorf. Nach langen Krankenhausaufenthalten erhalten sie neben der medizinischen Rehabilitation Schulunterricht und eine Ausbildung mit dem Ziel, später in Vietnam ein eigenes, selbstständiges Leben führen zu können. Im gleichen Jahr werden auch Pläne zur Errichtung einer Rehabilitationseinrichtung in DaLat, 280 Kilometer nordöstlich von Saigon geschmiedet. Bereits 1973, noch während des Krieges, wird die Hilfsstation „Mimosa“ umgebaut. Dorthin kehren 1974 die ersten vietnamesischen Patienten, deren Behandlung in Deutschland abgeschlossen ist, zurück und werden ihren Familien übergeben. Zum Jahreswechsel 1974/75 wird mit dem Bau des 18 großen Rehabilitationszentrums am DaLater See begonnen. Doch aufgrund der Kriegswirren musste das Friedensdorf DaLat im März 1975 evakuiert werden. Als am 30. April 1975 der Vietnamkrieg beendet und kurz darauf das gesamte Land unter nordvietnamesischer Herrschaft wiedervereint wird, können die damaligen Friedensdorf–Schützlinge nicht mehr zu ihren Familien und in ihr Heimatland zurückkehren. Auch vereinsinterne unterschiedliche Meinungen tragen dazu bei, dass die nordvietnamesische Regierung eine Rückführung der Friedensdorf-Kinder verweigert. Diese Situation stellt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Friedensdorfes vor ganz neue Herausforderungen. Kontakte nach Vietnam brechen ab D er Aufenthaltsstatus der ca. 100 vietnamesischen Kinder und Jugendlichen in Deutschland muss geklärt und ihre Integration in die deutsche Gesellschaft gewährleistet werden. Der eigentliche Satzungsauftrag der „Aktion Friedensdorf e.V.“, die Kinder nach abgeschlossener Behandlung zu ihren Familien und in ihre Heimat zurückzuführen, kann bis in die 80er Jahre hinein nicht mehr erfüllt werden. Die Kontakte zu Vietnam brechen ab und können erst 10 Jahre später sehr behut- friedensdorf.de SCHWERPUNKT Kinder spielen im Kriegsmuseum von Hue, Vietnam friedensdorf.de 19 facebook.com/friedensdorf sam und dank der Vermittlung der Hilfsorganisation VietNam mit Sitz in Düsseldorf wieder aufgebaut werden. In diesen Jahren der Ungewissheit steht das Friedensdorf mehrere Male vor dem finanziellen Ruin. Ein Desaster, aus dem die nachfolgenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Friedensdorfes ihre Lehren gezogen haben. Eine Rückkehrgarantie für die Kinder seitens der Heimatländer ist heute eine unverrückbare Bedingung für die Ausreise der Kinder zur medizinischen Behandlung nach Deutschland. Ebenso ist die überparteiliche Haltung von Friedensdorf International unerlässlich, um die Rückführung der Kinder zu ihren Familien nie wieder zu gefährden. Erst 1990 kann das erste Projekt vor Ort, das Friedensdorf in DaLat, wieder eröffnet werden und der Versorgung behinderter Kinder zur Verfügung stehen. Weitere Projekte folgen: • • • • • Friedensdorf DaLat II Orthopädiewerkstatt seit Dezember 1992 Friedensdorf DaNang Orthopädiewerkstatt seit Dezember 1992 Friedensdorf Thanh Xuan I, Hanoi Kinderstation seit Dezember 1991 Friedensdorf Thanh Xuan II, Hanoi Sonderschule und Ausbildungswerkstatt seit April 1996 Friedensdorf Ho-Chi-MinhCity I Kinderkrankenhaus seit September 1990 friedensdorf-onlinereport.de • • • • • Friedensdorf Ho-Chi-MinhCity II Pflegestation seit April 1996 Friedensdorf Song Be Kinderstation seit Dezember 1991 Friedensdorf Tay Ninh Kinderstation seit November 1993 Friedensdorf Hue Kinderstation seit September 1995 Friedensdorf Ha Tay Rehabilitations- und Heimeinrichtung für behinderte Kinder • • mit Basisgesundheitsversorgung seit 1997. Das Friedensdorf Ha Tay ist eingebunden in das Gemeinschaftsprojekt „Dorf der Freundschaft“, an dem Organisationen aus verschiedenen Staaten beteiligt sind. Friedensdorf-Schulen 1989: 3 Schulen in der Gemeinde Dai Loc Fischerei-Schulschiff 1988: Fischkutter „Hoa Binh - Frieden“ Inbetriebnahme in VietNam Juli 1988 Basisgesundheitsstationen in Vietnam: Ein Beispiel macht Schule S eit 1990 sind über 100 Basisgesundheitsstationen (BGS) in Vietnam errichtet worden. Diese tragen entscheidend zur Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in ländlichen Regionen bei. 6000 – 8000 Menschen werden von einer Basisgesundheitsstation versorgt. Friedensdorf, Lang Hoa Binh und das Gesundheitsministerium haben eine Konzeption erarbeitet, in der die Aufgaben der BGS festgelegt werden. Das Drei-Stufen-Modell umfasst die medizi- 20 nische Grundversorgung der Bevölkerung nach WHO Standards, die Einbettung traditioneller Medizin in die Behandlung und die Eigenproduktion pflanzlicher Arzneimittel. Finanziert werden die Basisgesundheitsstationen von der Bevölkerung selbst. Wer über ein Einkommen verfügt, gibt freiwillig einen bestimmten Prozentsatz seines Nettoverdienstes an die BGS ab, Menschen ohne Einkommen werden umsonst behandelt. Die Mitarbeiterinnen und friedensdorf.de Mitarbeiter einer BGS erwirtschaften zusätzlich durch den Verkauf landwirtschaftlicher Produkte und das Angebot von Dienstleistungen Gelder. Diese werden zurückgelegt, um die BGS auch in Krisenzeiten abzusichern. Friedensdorf-Arbeit in Vietnam ist beendet E ine vorerst letzte Dienstreise führte ein Team des Friedensdorfes 2011 nach Vietnam. Einige der seit über 20 Jahren arbeitenden Projekte wurden von den Mitarbeitern des Friedensdorfes besucht. Es konnte mit großer Freude festgehalten werden, dass alle besuchten Projekte ihren satzungsgemäßen Aufgaben im vollen Umfange nachkommen. Selbst Gebäude, deren Bausubstanz eine Sanierung erforderlich machte, wurden von den vietnamesischen Gesundheitsbehörden instand gesetzt. Heute, 40 Jahre nach Kriegsende in Vietnam, können wir festhalten, dass weitestgehend eine medizinische Infrastruktur vorhanden ist, so dass die medizinische Versorgung der vietnamesischen Kinder in ihrer Heimat und sogar in einem der zahlreichen Friedensdorf-Projekte durchgeführt werden kann. och der Krieg hinterlässt bis heute seine schmutzigen Spuren, kontaminierte Böden, verseuchtes Wasser – immer noch werden Kinder mit schweren Missbildungen und geistigen Behinderungen geboren. Mit großer Wahrscheinlichkeit eine Folge von „Agent Orange“. Eine Konsequenz daraus sollte sein, die Entwicklung, die Produktion und den Einsatz chemischer Kampfstoffe weltweit zu ächten und zu verbieten. D friedensdorf.de Basisgesundheitsstation in DaNang, Vietnam Hintergründe N och heute erinnern sich viele Menschen an die grauenhaften Bilder des Vietnamkrieges, war dies doch der erste Krieg der live, hautnah im Fernsehen übertragen wurde. Ein Bild ging um die Welt und ist heute noch Bestandteil deutscher Geschichtsbücher. Die wohl bekannteste Schwarz-Weiß-Fotografie des vietnamesischen Fotografen Nick Út hat sich über all die Jahrzehnte tief in das Gedächtnis der damaligen Fernsehzuschauer und Zeitungsleser eingeprägt: Die neunjährige Phan Thị Kim Phúc flieht zusammen mit anderen Kindern unmittelbar nach einem Napalmangriff amerikanischer Soldaten aus ihrem Dorf. och um was ging es wirklich? Die Geschichte des Vietnamkrieges ist nur ein Beispiel für den nach dem zweiten Weltkrieg begonnenen Kalten Krieg zwischen D 21 SCHWERPUNKT den damaligen Supermächten USA und Sowjetunion. Als sich 1949 in China unter Mao Tse Tung eine kommunistische Regierung formierte, 1954 die Franzosen den Indochinakrieg verloren und Vietnam geteilt wurde, bestand auf Seiten der USA die massive Angst, der Kommunismus könnte sich über ganz Asien ausbreiten. Ein Marionettenpräsident aus dem amerikanischen Exil namens Ngo Dinh Diem, unterstützt mit enormen finanziellen Mitteln und 16.000 amerikanischen Militärberatern, führte nun Südvietnam. In Nordvietnam regierte der Kommunistenführer Ho Chi Minh und sie bekämpften sich unerbittlich. Die südvietnamesischen Truppen wurden im Kampf gegen die nordvietnamesische Armee und die südvietnamesische Guerillabewegung Vietcong mit allen Mitteln vom amerikanischen Militär unterstützt; facebook.com/friedensdorf Nordvietnam erhielt Waffen und Geld von der Sowjetunion und China. Seit 1962 wurden bereits von den Amerikanern im Rahmen der Operation „Ranch Hand“ Herbizide zur systematischen Entlaubung im Vietcong-Gebiet eingesetzt, um den „Feind“ besser sichten zu können. Eines davon erlangte bis heute unter dem Namen „Agent Orange“ traurige Berühmtheit. Im November 1963 wurde der südvietnamesische Präsident Diem ermordet, sein Nachfolger General Dương Văn Minh war nur zwei Monate im Amt und Südvietnam sollte bis 1967 ohne Führung bleiben. Bereits Anfang 1964 führten die USA geheime Operationen in Nordvietnam durch, eine flächendeckende Bombardierung war längst in Planung. Infolge der Tonkin-Resolution, die den damaligen Präsidenten der USA Lyndon B. Johnson ermächtigte, mit aller militärischen Gewalt gegen die Demokratische Republik Vietnam (DRV - umgangssprachlich Nordvietnam) vorzugehen, begann der Vietnamkrieg nun offiziell legitimiert im Frühjahr 1965 mit der Operation „Rolling Thunder“. Bis zum Beginn des Jahres 1968 waren zeitweise 550.000 amerikanische Soldaten in Südvietnam stationiert, doch ein Sieg über die Kommunisten war nicht in Sicht. Südvietnam hatte inzwischen einen neuen Präsidenten. General Thieu übernahm 1967 durch Wahlmanipulationen mit Rückendeckung der USA die Macht. Die Tet-Offensive, ein Großangriff der nordvietnamesischen Armee und des Vietcong, die von Januar bis September 1968 andauerte, wurde ebenso mit unvorstellbarer Brutalität geführt. Tausende Menschen wurden gefoltert, lebendig begraben, getötet. Zwar konnten die amerikanische und die südvietnamesische Armee die besetzten Städte und Gebiete fast vollständig zurückerobern, doch längst hatte die amerikanische Regierung den Rückhalt in der eigenen Bevölkerung verloren. as hässliche Gesicht des Krieges, damals noch weitgehend unzensiert durch das Fernsehen hineingetragen in die heimischen Wohnzimmer, rüttelte die Menschen in Amerika auf. Der Tod zigtausender amerikanischer Soldaten, das Leid der vietnamesischen Zivilbevölkerung, der Einsatz von Napalmbomben und anderen Chemiewaffen erschütterte die amerikanische Bevölkerung. Das ferne Miterleben des Blutbads von My Lai, als amerikanische Soldaten das Dorf niederbrannten und 547 Bewohnerinnen und Bewohner wahllos abschlachteten, veränderte das Bewusstsein. An einen Sieg über die nordvietnamesische Regierung glaubten nur noch wenige. Demonstrationen gegen den Krieg, die schon 1965 zunächst an amerikanischen Universitäten begonnen hatten, weiteten sich aus. Längst hatten die Protestwellen auch Europa erreicht. Am 15.10.1969 gingen Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner quer durch alle Bevölkerungsschichten landesweit auf die Straße und forderten das Ende des Vietnamkriegs. Heute noch populäre Lieder wie „Blowin‘ in the wind“ von Bob Dylan oder „Give peace a chance“ von John Lennon entwickelten sich weltweit zu Antikriegshymnen. friedensdorf-onlinereport.de 22 Rolling Thunder D 1969 gewann Richard Nixon die Präsidentschaftswahlen und weltweit stieg die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges, hatte er dies doch vor der Wahl versprochen. Von einer Vietnamisierung des Krieges und dem Abzug der amerikanischen Soldaten war die Rede. Doch das war nie Nixons Intention. Im Gegenteil, seiner Auffassung nach musste der Krieg ausgeweitet werden und ein Sieg über Nordvietnam möglicherweise auch unter Einsatz von Atomwaffen errungen werden. Der damalige Außenminister Kissinger äußerte sich dazu wörtlich: „Ich weigere mich zu glauben, dass eine viertklassige Macht wie Nordvietnam nicht an irgendeinem Punkt aufgeben muss.“ G edacht getan, die Angriffe auf nordvietnamesische Stellungen an der kambodschanischen Grenze wurden im Geheimen intensiviert und im März 1970 marschierte die amerikanische Armee in das neutrale Kambodscha ein. Nun war es der Lügen genug, die größte Antikriegsdemonstration in der Geschichte der USA und das weltweite Entsetzen über den Tod von vier Studenten der Kent State Universität, die bei einer Demonstration erschossen wurden, erhöhten massiv den Druck auf die amerikanische Regierung, dem Kriegstreiben ein Ende zu setzen. Es sollten jedoch noch drei blutige Jahre ins Land gehen, bis sich die amerikanischen Truppen aus Vietnam zurückzogen. I m Januar 1972 fanden in Paris erstmals Friedensverhandlungen statt, allerdings wurden diese erfolg- friedensdorf.de los abgebrochen. Auf eine Großoffensive Nordvietnams antwortete die amerikanische Armee im März desselben Jahres mit massiven Bombenangriffen auf Hanoi und Haiphong. Erneute Geheimgespräche des Außenministers Kissinger mit Vertretern Nordvietnams im Oktober 1972 ließen zunächst Hoffnungen auf Frieden aufkommen. Die südvietnamesische Regierung lehnte jedoch die Vereinbarungen zum Verbleib nordvietnamesischer Truppen in Südvietnam und die Nichtakzeptanz der entmilitarisierten Zone am 17. Breitengrad als politische Grenze ab. Nordvietnam war seinerseits zu Veränderungen der Vereinbarungen nicht bereit. Der Krieg wurde mit unverminder- ter Härte fortgesetzt und gipfelte in den „Weihnachtsbombardements“ vom 18. bis 29.12.1972. Rund um die Uhr, 24 Stunden täglich wurden Luftangriffe geflogen, Hanoi völlig zerstört. In diesem Zeitraum fielen mehr Bomben auf Nordvietnam als in den drei Jahren zuvor. Langer Weg zum Frieden Im gleichen Jahr besuchte Präsident Nixon Mao Tse Tung in Peking und Kremlführer Breschnew in Moskau. Man verständigte sich darauf, dass der Vietnamkrieg einer schrittweisen Annäherung der Großmächte nicht im Wege stehen dürfe. m Januar 1973 führten erneute Verhandlungen und die Un- I Schreckliche Bilanz des Vietnamkrieges D er 11-jährige Krieg kostete nach Schätzung der Regierung Vietnams ca. 2 Millionen Menschen das Leben. 1,1 Millionen Soldaten wurden in Nordvietnam getötet, 58.220 US-Soldaten kehrten nicht nach Hause zurück. 4,8 Millionen Menschen kamen während der Operation »Ranch Hand« direkt mit „Agent Orange“ in Kontakt. 17 Millionen Südvietnamesen und eine Million Nordvietnamesen waren den Herbiziden ausgesetzt. Ehemalige Soldaten, die damalige Zivilbevölkerung und die nachfolgenden Generationen leiden bis heute an den Folgen des Entlaubungsmittels „Agent Orange“: Krebserkrankungen, schwere geistige und körperliche friedensdorf.de Behinderungen. Durchschnittlich ist jede achte Familie in Vietnam von den Folgen betroffen. E twa 800.000 Tonnen Blindgänger (nicht detonierte Granaten, Bombenteile) wurden auf einer Fläche von etwa 6,6 Millionen Hektar, also einem Fünftel der gesamten vietnamesischen Landfläche, hinterlassen. Bislang wurde nur ein kleiner Teil davon gesäubert. Seit Ende des Krieges verloren 42.000 Menschen bei Explosionen von Blindgängern und Minen ihr Leben, 62.000 wurden verletzt. Über 58.000 Vietnam Veteranen haben sich das Leben genommen. Der Krieg kostete die USA 686 Milliarden Dollar. 23 SCHWERPUNKT terzeichnung eines Abkommens ebenso wie die Verwicklung Präsident Nixons in die Watergate–Affäre, die das Ende seiner Präsidentschaft einläutete, zum Abzug der amerikanischen Armee aus Vietnam. Noch zwei weitere Jahre bekämpften sich die beiden Regierungen Vietnams bis Ende April 1975 die Truppen Nordvietnams Saigon besetzten. Unter kommunistischer Herrschaft wurde Vietnam wiedervereint. Quellennachweis: Arendt, Hanna (2013): Wahrheit und Lüge in der Politik – Zwei Essays, Piper Verlag GmbH, München. Frey, Marc (52000): Geschichte des Vietnamkriegs – Die Tragödie in Asien und das Ende des amerikanischen Traums, Verlag C.H. Beck, München. http://www.bpb.de/internationales/amerika/usa/10620/ vietnamkrieg, 18.03.15 http://www.deutschlandfunk.de/tonkin-zwischenfall-als-die-usa-inden-vietnamkrieg.871. de.html?dram:article_ id=293318, 18.03.15 http://de.statista.com/ statistik/suche/?q=Vietnam-Krieg, 18.03.15 http://www.tagesschau. de/jahresrueckblick/meldung221688.html, 18.03.15 facebook.com/friedensdorf Gekommen und geblieben Hao und Nop aus Vietnam erinnern sich SCHWERPUNKT S o komplex die Geschichte des Vietnamkrieges ist, so detailreich und vielschichtig sind die Geschichten derjenigen, die ihn miterleben mussten. Dies trifft auch auf Hao und Nop zu, die sehr Unterschiedliches zu berichten und doch eine prägnante Gemeinsamkeit haben: Sie wurden beide im Friedensdorf aufgenommen und haben später in Deutschland Fuß gefasst, bis heute. Anlässlich des 40. Jahrestages des Kriegsendes in Vietnam haben sie ihrem alten Zuhause, der Heimeinrichtung des Friedensdorfes, einen Besuch abgestattet und uns dabei an einigen Erinnerungen teilhaben lassen, wofür wir herzlich danken. Welche Erinnerungen habt ihr an den Krieg und wie geht es euch, wenn ihr daran zurückdenkt? Hao: Es war ein schrecklicher Krieg und doch hatte ich persönlich Glück, weil ich in meinem Dorf nur sehr wenig davon mitbekam. Das war bei Nop leider anders. Zwar waren wir früher gemeinsam im Friedensdorf, aber da wir in verschiedenen Häusern wohnten, hatten wir damals nicht so viel miteinander zu tun und haben nicht über unsere Erlebnisse gesprochen. Erst in den letzten Jahren haben wir angefangen, uns auszutauschen. Nop: Das stimmt. Früher hatte jeder mit seiner eigenen Zukunft zu tun. Erst heute lernt man sich gegenseitig besser kennen. Ich habe ganz im Norden von Südvietnam gelebt, fast an der Grenze. Besonders das Jahr 1969 war schlimm. Ich erinnere mich an viele, viele Tage und Nächte im Bunker, an den schrecklichen Lärm, wenn die Bomben einschlugen, an Hunger und Durst und daran, dass ich furchtbare Angst hatte. Manchmal habe ich mir gewünscht, ich würde sterben, damit ich keine Angst mehr haben müsste. Ich bin dann auch tatsächlich von einer Handgranate getroffen worden. Wie genau ist das passiert? Nop: Ich lag im Bunker, mein friedensdorf-onlinereport.de 24 Kopf drinnen, die Füße draußen. Dann warfen die Amerikaner eine Handgranate, weil sie dachten, wir wären Vietcong. Nach dem lauten Knall habe ich erst gar nichts gefühlt und dann doch etwas… Zu meinem Vater sagte ich: „Papa, ich glaub‘, ich hab keine Füße mehr!“ Irgendwie schaffte es mein Vater, die Soldaten davon zu überzeugen, dass wir keine Vietcong und auch nicht ihre Sympathisanten waren. Dann wurde ich mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus in Da Nang gebracht. Dort war es furchtbar, obwohl ich kaum noch Explosionen hörte. Ich musste mir friedensdorf.de mit drei anderen Kindern ein Bett teilen. Es gab keine Schmerzmittel und niemanden, der mir half, wenn ich zur Toilette musste. Es gab nichtmal eine Bettpfanne. Das war sehr unangenehm und meine Wunden entzündeten sich. Ich hatte starke Schmerzen und habe viel geweint. Außerdem war ich den ganzen Tag allein. Mein Vater musste arbeiten, um die Behandlung finanzieren zu können und konnte sich deswegen nicht um mich kümmern. In Vietnam war es üblich, dass der Patient von der Familie selbst versorgt und verpflegt werden muss. Wegen meiner Schmerzen habe ich aber sowieso keinen Hunger verspürt. Eines Tages kamen zwei „Langnasen“. Einer von ihnen war Fritz Berghaus, einer der Friedensdorf-Gründer. Sie haben gefragt, ob ich nach Deutschland möchte. Sie sagten, wenn ich nach Deutschland ginge, könnte ich wieder laufen. Hast du das geglaubt? Nop: Ich wollte ihnen gern glauben und vor allem wollte ich weg aus dem Krankenhaus in Da Nang. Ich habe meinem Vater davon erzählt und gesagt, dass ich mitgehen möchte. Ich hatte ja auch keine Ahnung, wo Deutschland ist. Ich dachte, das wäre in der Nähe, und mein Vater bestätigte meine Annahme. Er sagte, er würde mich jeden Mittwoch und Samstag besuchen kommen. In Deutschland habe ich vergeblich auf ihn gewartet. Erinnert ihr euch an eure Ankunft im Friedensdorf bzw. in Deutschland? Hao: Ja, das war am 21. März 1975 und ich war elf Jahre alt. Im Friedensdorf waren wir mit acht friedensdorf.de Mädchen in einer Gruppe und Hong hat auf uns aufgepasst. (Anmerkung: Hong Kappenberg, selbst gebürtige Vietnamesin, hat 41 Jahre im Heimbereich des Friedensdorfes gearbeitet und ist 2013 in den Ruhestand eingetreten. Allerdings ist sie immer noch ehrenamtlich aktiv. Foto unten) Ich war ja nicht kriegsverletzt, sondern als Kind an Polio erkrankt, weil es keine Impfungen gab. In Vietnam konnte mir keiner helfen. Deswegen wurde ich nach Deutschland gebracht. Eigentlich sollte ich nur sieben Monate bleiben. Mit mir zusammen kamen noch einige andere Kinder aus meinem Heimatdorf nach Deutschland. Sie waren auch an Polio erkrankt. Nop: Ich war 1969 mit neun Jahren eines der allerersten Kinder, die aus Vietnam nach Deutschland kamen. Allerdings blieb ich zuerst zwei Jahre in Hamburg im Krankenhaus und kam erst 1971 ins Friedensdorf. Es gefiel mir sehr gut im Krankenhaus und im Friedensdorf. Endlich kümmerte sich jemand um mich, fragte mich, ob ich etwas brauchte und vor allem hatte ich keine Schmerzen mehr. Ich bekam außerdem Prothesen, die alle 3-4 Jahre erneuert wurden. Trotzdem habe ich eine Weile gebraucht, um damit umgehen zu können, dass mir plötzlich von „Langnasen“ geholfen wurde, während mir zuvor von ihnen so wehgetan wurde. Als Kind bestand für mich zunächst kein Unterschied zwischen den Amerikanern, die Vietnam bombardierten und den Deutschen, die mir helfen wollten. Wie ging es weiter? Hao: Anfangs hatten wir kei- 25 nen Kontakt zu unseren Familien, aber später konnten wir uns zum Glück Briefe schreiben. Trotzdem wurde bald klar, dass wir nicht wieder nach Hause konnten und so blieben wir im Friedensdorf. Wir gingen zur Schule und lernten die deutsche Sprache und Kultur kennen. 1985 bin ich in eine eigene Wohnung gezogen und habe ein selbstständiges Leben begonnen. Ich habe geheiratet und zwei Kinder bekommen. Vier meiner Geschwister leben inzwischen in den USA. Nop: Ich bin bis 1982 im Friedensdorf geblieben und habe mein Abitur gemacht. Danach bin ich nach Wiesbaden gezogen und habe angefangen zu arbeiten. Später habe ich auch geheiratet. Ich bin froh über die zweite Chan- facebook.com/friedensdorf ce, die ich in Deutschland bekommen habe. Als behindertes Mädchen hätte ich damals in Vietnam keine Zukunft gehabt. Lehren aus der Vergangenheit Hao und Nop ist es gelungen, ihr Leben trotz schwierigster Startbedingungen zu meistern und den Spagat zwischen Vietnam und Deutschland zu schaffen. Leider gilt das nicht für alle ehemaligen vietnamesischen Friedensdorf-Kinder. Ihr Leben ist an der inneren Zerrissenheit zwischen zwei Ländern, dem Fehlen einer richtigen Heimat gescheitert. Etwas, das aus Sicht des Friedensdorfes nie wieder passieren darf. Aus der schwierigen Sozialisation der damaligen vietnamesischen Kinder wurden Lehren gezogen. So arbeitet das Friedensdorf heute ausschließlich mit Nichtregierungsorganisationen aus den jeweiligen Ländern zusammen, um eine Gefährdung der Rückführung der Kinder zu vermeiden, die unabhängig von der aktuellen Regierung bzw. den Machthabenden schnellstmöglich erfolgen muss. uch Hao und Nop haben bei ihrem Besuch im Friedensdorf Erkenntnisse gewonnen. Nach einem gemeinsamen Frühstück mit den Kindern im Speisesaal zeigten sie sich stark beeindruckt davon, wie brav und vernünftig die Jungen und Mädchen seien. A Höchststand bei 22. Paketaktion stützten und die rund 84 Tonnen Fracht zum Düsseldorfer Flughafen verbracht haben sowie beim Flughafen Düsseldorf. Bei der 22. Paketaktion ließ sich ein Höchststand verzeichnen: 5.240 Pakete mit haltbaren Lebensmitteln sowie warmer Kleidung wurden Mitte Dezember nach Tadschikistan, Armenien und Georgien gebracht und von den Partnern im ganzen Land an bedürftige Familien verteilt. Zusätzlich zu der nahrhaften Unterstützung, die die Hilfsgüter im oft bitterkalten Winter bieten, sind sie zudem stets ein Zeichen der Solidarität mit den Familien im Kaukasus und in Zentralasien. Wir bedanken uns bei allen fleißigen Teilnehmern, den Speditionen Hillert und Weisner und den Transportbotschaftern, welche uns bei Abholungen unter- Hilfsgüter für Rumänien Knapp 1,8 Tonnen mit medizinischen Hilfsgütern und Bekleidung transportierte das Friedensdorf Anfang des Jahres nach Rumänien. Obwohl das Land seit 2007 zur EU gehört, hat sich an den Lebensbedingungen der Menschen, vor allem in den ländlichen Gegenden, kaum etwas verändert. „Es tut sich etwas, jedoch noch zu wenig“, war auch dieses Mal das Fazit des Friedensdorf-Mitarbeiters, als er von seiner Dienstreise in die Städte Sinnicolau friedensdorf-onlinereport.de 26 „Waren wir damals auch so lieb?“, fragten sie sich beim Gehen mit einem Augenzwinkern, das tief blicken lässt. Die Neugier, mit denen die heutigen Friedensdorf-Kinder ihnen begegneten, kannten die beiden aber auch von sich selbst. „Alle Kinder dieser Welt sind neugierig! Wir haben damals auch unbekannte Besucher mit Fragen nach Name und Alter bestürmt.“ lar ist aber, dass das Friedensdorf in Haos und Nops Erinnerung nicht nur baulich anders aussieht, sondern auch ein anderes war, ein vietnamesisch-deutsches Friedensdorf. Schließlich kamen die ersten afghanischen Kinder erst im Jahr 1988 dazu – und kehrten baldmöglich wieder heim. K Mare und Cenad, rund 60 Kilometer nordwestlich von Temeswar gelegen, zurückkehrte. Nach wie vor verlaufen Gesundheitsreformen nur zögerlich. Die medizinischen Hilfsgüter des Friedensdorfes ermöglichen dem Krankenhaus in Sinnicolau Mare Einsparungen, die nun genutzt werden, um in verschiedenen Fachdisziplinen, z.B. in der Pädiatrie, eine kostenlose Behandlung anzubieten. Aktuell ruhen alle Hoffnungen der Rumänen auf dem 2014 gewählten Präsidenten Klaus Johannis. Die Bevölkerung verspricht sich einen wirtschaftlichen Aufschwung und eine Verbesserung des Gesundheitssystems. Sicherlich keine leichte Aufgabe, die über Jahrzehnte praktizierten und festgefahrenen Strukturen zu verändern. friedensdorf.de Statement zum Tag des Ehrenamtes D ie Wichtigkeit von freiwilliger Unterstützung wird schon in der Struktur der Organisation deutlich. Der stellvertretende Leiter Kevin Dahlbruch ist neben seinen übergreifenden Aufgaben mit der Betreuung und Koordination von Freiwilligen betraut. Im Interview gibt er einen Einblick in seinen Arbeitsbereich und die vielfältigen Möglichkeiten des Engagements für die Oberhausener Kinderhilfsorganisation. Wo kann man sich im Friedensdorf ehrenamtlich engagieren? Dahlbruch: Prinzipiell kann man sich in beinahe allen Bereichen des Friedendorfes engagieren. Das heißt konkret im Dorf selbst in der Betreuung und Pflege der Kinder, aber auch in der Küche, im Fahrdienst, in der Technik, im Bildungswerk, in der Öffentlichkeitsarbeit und selbst in der Hilfsgüterhalle… Auch handwerkliches Talent ist jederzeit herzlich willkommen. Hilfe können wir immer gut gebrauchen! Das gilt übrigens nicht nur in Oberhausen. Auch friedensdorf.de bundesweit betreuen Ehrenamtliche unsere Kinder während ihres stationären Aufenthaltes im Krankenhaus. Wie geht das konkret – helfen? Dahlbruch: Besonders im Kontakt mit den Kindern ist es uns wichtig und unumgänglich, die Menschen, die sich ehrenamtlich für uns engagieren möchten, kennenzulernen. Und die Helfer sollen auch uns kennenlernen. Darum organisieren wir regelmäßig Seminare, die auf die Zusammenarbeit vorbereiten. Bei diesem Seminar vermitteln wir aber nicht nur Inhalte: Wo kommen die Kinder her? Was ist im Umgang zu beachten? Wir versuchen auch, für jeden Interessierten ein passendes Aufgabenfeld zu finden. Es gibt Menschen, die sich gerne engagieren möchten, aber denen der Umgang mit unseren Schützlingen nicht liegt. Dafür helfen sie in der Küche Kartoffeln schnippeln, holen Spenden ab, veranstalten Infostände oder werden Seminarleiter im Bildungswerk. 27 Gibt es formale Voraussetzungen für ein Ehrenamt? Dahlbruch: Wir arbeiten mit Kindern und Jugendlichen. Deshalb müssen Freiwillige in der Regel mindestens 18 Jahre alt sein. Dann kommt es auf die Bereiche an: Wer im Dorf mit den Kindern arbeitet, bitten wir um ein erweitertes Führungszeugnis. In der Küche braucht man ein Gesundheitszeugnis und wer unsere Schützlinge zum Arzt fährt, sollte eine Insassenversicherung haben. Wie viele Ehrenamtliche gibt es im Friedensdorf? Dahlbruch: Das ist schwierig pauschal zu beantworten. Es gibt besonders in der Krankenhausbetreuung immer mal wieder Städte oder Regionen, in denen einfach einige Monate kein Kind behandelt wird. Trotzdem können die Menschen dort ehrenamtliche Mitarbeiter sein, wenn sie auch gerade kein Kind aktiv betreuen. Auch Krankheit, Lebensumstände oder eine längere Reise können bedeuten, dass jemand vorüber- facebook.com/friedensdorf gehend „raus“ ist, aber eigentlich doch weiter dabei ist. Darum kann man keine Zahl konkret nennen. Es sind aber mehrere hundert. In einigen Städten der Bundesrepublik haben sich mehrere Freunde zu einem Friedensdorf Freundeskreis zusammengeschlossen, die sehr effektiv arbeiten und wichtige Multiplikatoren für das Friedensdorf darstellen. Was ist die Herausforderung im Umgang mit Ehrenamtlichen? Dahlbruch: Man muss die Menschen dort abholen, wo sie sind. Es gibt ganz unterschiedliche Motivationen, sich ehrenamtlich zu engagieren. Viele möchten sich mit dem einbringen, was sie gut können. Andere nutzen ein Eh- renamt auch, um mal etwas ganz anderes zu tun, als das womit sie täglich beispielsweise im Beruf zu tun haben. Auf die unterschiedlichen Bedürfnisse einzugehen und alle so einzusetzen, dass sie auch wirklich eine Hilfe sind, ist nicht immer einfach. Und das schönste? Dahlbruch: Es ist für uns alle immer wieder schön zu sehen, dass es so viele Menschen gibt, die ehrenamtlich das tun möchten, wofür wir hauptamtlichen Mitarbeiter nicht immer die Zeit finden. Daran sieht man, dass man einen ganz tollen, wertvollen Job hat. Ich lerne so viele Menschen kennen, die sehr engagiert sind und jede Menge Potenzial und Ideen haben. Das ist sehr bereichernd. Besonders für die Praktikanten und Volontäre gilt das. Ich begleite über das Jahr viele junge Menschen aus unterschiedlichen Ländern. Ich erlebe, wie das Ehrenamt sie verändert und bereichert und wie sie im Team mit den hauptamtlichen Kollegen arbeiten. Das bereitet viel Freude. Unsere älteren Kolleginnen und Kollegen erzählen aber immer mal wieder, dass auch das gemeinsame Älterwerden zu den Momenten zählt, die das Friedendorf ausmacht. Gemeinsam durch Täler gehen und gemeinsam die schönen Momente „leben“, das ist es, was wir wohl allen nicht missen möchten. Seminare für ehrenamtliche Helfer In diesen Seminaren erfahren die (zukünftigen) Helfer alles, was es über das Friedensdorf und die verschiedenen Aufgabengebiete ehrenamtlicher Tätigkeiten zu wissen gibt. Die nächsten Seminare mit dem Thema „Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten - Einführung ins Ehrenamt“ finden zu folgenden Terminen statt: • Kompaktseminar III: 24. - 26. Juli • Kompaktseminar IV: 16. - 18. Oktober Bei Interesse senden Sie uns bitte eine Mail mit Ihren Kontaktdaten an: [email protected]. Mehr zum Thema Ehrenamt: http://friedensdorf.de/Ehrenamt.html friedensdorf-onlinereport.de 28 friedensdorf.de