Rede auf dem Ostermarsch 2015 in Herne

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Rede auf dem Ostermarsch 2015 in Herne
Rede auf dem Ostermarsch 2015 in Herne
Leonore Schröder, Friedenskreis Castrop-Rauxel
Liebe Friedensfreunde und Friedensfreundinnen!
Herzlich willkommen in Herne nach Eurer anstrengenden Radtour und herzlichen Dank
dafür, dass Ihr Euch für die Forderung nach Frieden und für die Demonstration gegen Krieg
wieder in den Sattel gesetzt habt.
Ich spreche heute zu Euch über ein bisher eher vernachlässigtes Thema, nämlich über die
Ukraine und die damit zusammenhängende gewollt provozierte Konfrontation gegen
Russland.
Seit eineinhalb Jahren erleben wir zum Thema Kriegspolitik einen für Deutschland besonders
krassen Fall, auf dessen Gefährlichkeit bisher nicht so lautstark wie nötig reagiert worden ist.
Besonders krass ist dieser Konflikt, weil an ihm die deutsche Politik unter der Regierung
Merkel / Steinmeier bei der Herbeiführung eines Putsches eine entscheidende Rolle gespielt
hat und noch spielt. Erschreckend und neu ist dabei vor allem die Rolle der Medien, aller
Medien quer durch ganz Europa, die gleichlautend einseitige, Fakten verdrehende und
erlogene Nachrichten verbreiten, die mit den tatsächlichen Verhältnissen in nichts
übereinstimmen. Wir sind einer regelrechten Gehirnwäsche unterzogen mit dem
offensichtlichen Ziel, uns für eine neue Feindschaft gegen Russland gefügig zu machen.
Man darf diese Medienpolitik, die wie mit einem Knopf im Ohr allen Redakteuren die
Kommentare online diktiert, nicht unterschätzen. Von Umfragen bestätigt, hat sich die
Mehrheit der Deutschen und vereinzelt auch Mitstreiter der Friedensbewegung
übereinstimmend die Version zu eigen gemacht, dass Russland Krieg gegen die Ukraine
führt, dass Putin die Krim gewaltsam annektiert hat und damit Völkerrecht gebrochen habe,
dass Putin das alte Sowjetimperium wiederaufrichten wolle und die Ukraine-Krise nur der
erste Schritt dazu in Richtung Westen sei. Nichts ist falscher als diese Behauptungen.
Putin wird dabei in der unflätigsten Weise als gefährlicher Aggressor und Diktator und als
neuer Hitler (schon wieder einer nach Saddam Hussein, Osama Bin Laden, Gaddafi,
Achmadinedschad und Assad) dämonisiert und ohne einen Hauch von Beweisen als Urheber
scheußlicher Verbrechen wie des Flugzeugabschusses über der Ukraine und des Mordes an
dem politischen Opponenten Boris Nemzov bezichtigt. Der Spiegel schreit auf dem Titelblatt
„Stoppt Putin jetzt“ und bildet alle 298 Absturzopfer ab, um Putins angebliche Täterschaft
damit zu belegen. Merkel, Steinmeier und Obama fordern Putin auf, den Mord an Nemzov
bitte schnellstmöglich aufzuklären, als wenn sie schon irgendwelche innenpolitischen
Befugnisse in Russland hätten und Russland tatsächlich außerhalb jeglicher Rechtsordnung
stünde. Wir erinnern uns dabei daran, dass der Flugzeugabsturz immer noch nicht aufgeklärt
ist, obwohl man da die Blackbox längst in Händen hat, und auch an die unaufgeklärten
Vorgänge auf dem Maidan.
Die Hetze in Zeitungen und vor allem in ARD und ZDF dienen offensichtlich einem Ziel: Putin
als Bösewicht schlechthin zu dämonisieren und einen Regimechange wie in der Ukraine
vorzubereiten. Kein führender Politiker in der Welt, auch kein sowjetischer während des
Kalten Krieges, hat solche beleidigenden und persönlich herabsetzenden Verleumdungskampagnen über sich ergehen lassen müssen wie Putin, und es kann nicht im Sinne des
europäischen Friedens sein, dass die jahrelangen vertrauensvollen politischen und
geschäftlichen Beziehungen zwischen Deutschland, der EU und Russland so abrupt von
einem Sanktions- und Medienkrieg zerstört werden. Auch das Auswärtige Amt der
Bundesregierung beteiligt sich an der Lügenmaschinerie, indem es den – offensichtlich für
urteilsunfähig gehaltenen - Abgeordneten des Deutschen Bundestages mit einer langen
„Handreichung“ vorgibt, wie sie im Einklang mit der Medienversion offiziell zu
argumentieren haben. Das macht klar, unter welche Einschränkung der eigenen Meinung die
Abgeordneten gesetzt werden, andererseits aber auch, wie unwohl sich die Bundesregierung
mittlerweile bei dem Problem Ukraine fühlt.
Was in der politischen Diskussion bisher fehlt, ist der weltpolitische Hintergrund der
Ukraine-Katastrophe, ohne dessen Einbeziehung sie nicht zu verstehen ist und auch die
Gefährlichkeit der weiteren Entwicklung nicht deutlich wird. Am Anfang der Ukraine-Krise
stand nicht nur das Volk, das von seiner Regierung Reformen und einen Anschluss des
Landes an den Westen forderte. Das wäre ja legitim gewesen. Aber diese Demonstrationen
waren von langer Hand von den USA vorbereitet worden, die in der US-Botschaft in Kiew ein
eigenes Büro unter dem Milliardär und Politstrategen Georges Soros unterhielten mit dem
Ziel, eine amerikafreundliche Regierung unter dem schon lange dafür ausgesuchten
Ministerpräsidenten Arsenij Jazenjuk zu installieren. Wie weit die blutigen Gewaltexzesse
auf dem Maidan mitangestoßen waren, kann nicht gesagt werden; eine ordnungsgemäße
Untersuchung der Vorgänge einschließlich der Rolle der Scharfschützen auf den Dächern hat
ja nicht stattgefunden. Wir haben aber sehr wohl vernommen, dass die US-amerikanische
Vize-Außenministerin Victoria Nuland von 5 Milliarden US-Dollar sprach, die die USA in die
Ukraine gesteckt hätten. Es gibt also das Interesse der USA an diesem Konflikt.
Das führt uns zu dem eigentlichen Hintergrund. Seit dem Ende des Kalten Krieges und der
Auflösung des Warschauer Paktes 1991 fühlen sich die USA als Sieger in der Weltpolitik. Als
einzig verbliebene Supermacht wiegt sich ihre Politikerklasse in Allmachtsphantasien, dass
ihr Land berufen sei, alle Länder der Welt unter ihre Oberherrschaft zu bringen, selbstverständlich unter Einsatz von militärischer Gewalt, um sie zur Demokratie, zu Menschenrechten und endgültigem Frieden zu befreien. Das Schema dazu hat einer ihrer
Chefstrategen im Weißen Haus, Zbigniew Brzezinski, Berater mehrerer US-Präsidenten, in
seinem 1997 erschienenen Buch „Die einzig verbliebene Weltmacht. Amerikas Strategie
der Vorherrschaft“ ausgearbeitet. Darin gibt es „Störer“ auf dem Weg zur Weltherrschaft
und „Konkurrenten“. Die kleinen Störer sind in der endlosen Blutspur von Kriegen, die seit
1999 die Welt überziehen, abgearbeitet worden: Jugoslawien/ Serbien 1999, Afghanistan
2001, Irak 2003, Libyen 2011, Syrien seit 2012, 2015 aktuell Jemen, mit der Folge von
Millionen Toten und im Chaos zurückgelassener zerstörter unregierbarer Länder. –
Die großen Konkurrenten sind Russland und China. Von diesen ist jetzt Russland an der
Reihe, niedergekämpft zu werden.
Russland ist der Betrogene und Hintergangene der westlichen Politik der letzten 25 Jahre.
Wir sollten uns in der Friedensbewegung nicht in Themen verbeißen wie der Frage, ob
Annexion oder Sezession der Krim, sondern einen Blick auf das Sicherheitsbedürfnis
Russlands richten. Russland ist 1991 im „Zwei plus Vier“-Vertrag zugesichert worden, dass
sich die Nato nicht nach Osten ausdehnen werde. Mit der Auflösung des Warschauer Paktes
war es in der Abrüstungsfrage vorausgegangen. Bereits 1999 aber zog die Nato Polen,
Tschechien und Ungarn in ihr Bündnis. 2004 präsentierte US-Präsident Bush triumphierend
in Washington den Beitritt von gleich 7 Ländern zur Nato, nämlich Bulgarien, Rumänien,
Slowakei, Slowenien und die 3 baltischen Staaten. In den neuen Ländern wurden sogleich
auch Vorrichtungen für den Nato-Raketenabwehrschirm getroffen. Auf dem Nato-Gipfel
2008 in Bukarest ließ Bush die Katze aus dem Sack: Er forderte unmissverständlich die
Aufnahme Georgiens und der Ukraine. Putin erklärte daraufhin den USA ebenso unmissverständlich: „Die Präsenz eines mächtigen Militärblocks an den Grenzen unseres Landes
wird in Russland als eine direkte Bedrohung für die Sicherheit unseres Landes
wahrgenommen.“ In nachfolgenden Gesprächen bemühte sich Putin um Lösungen und
schlug einen Neutralitätsstatus für die Ukraine vor. Er warnte die USA, Russland könne die
Einverleibung der Ukraine nicht ohne Reaktion hinnehmen. Man wußte im Westen also,
was man provozierte.
Und hier sind wir wieder bei Herrn Brzezinski, der die Ukraine als den Schlüsselstaat auf dem
Eurasischen Kontinent bezeichnet hat, ohne den Russland keine eurasische Großmacht mehr
sei. Und wenn wir dann noch in Betracht ziehen, dass auf der Krim die russische
Schwarzmeerflotte liegt, die jetzt schon von US-Kriegsflottenmanövern belästigt wird,
werden wir verstehen, dass eine Reaktion Putins und Russlands in irgendeiner Weise
erfolgen würde. Dies so zu sehen, ist keine „blauäugige Verteidigung Russlands“, sondern
die Antwort auf die Frage, wie lange denn ein betrogener Staat wie Russland seiner
militärischen Umzingelung fröhlich zusehen und den Aufmarsch an seinen Grenzen
gleichgültig tolerieren kann.
Wie es aussieht, stehen der Ukraine schreckliche Zeiten bevor. Die USA lassen nicht locker
und haben bereits, von Poroschenko mit großem Hallo entgegengenommen, gepanzerte
Geländewagen für den Städtekampf in die Ukraine geschickt, das heißt, Donezk und Lugansk
werden wahrscheinlich dem Erdboden gleich gemacht. 600 Militärausbilder der USA sollen
den ukrainischen, zu einem beträchtlichen Teil faschistischen Freiwilligenbataillonen
erfolgreiches Kämpfen beibringen. Die USA heizen also den Konflikt an. Wenn jetzt nicht,
auch von deutscher Politik aus und auch von der Friedensbewegung, energisch gegen die
Kriegstreiberei eingegriffen wird, wird die Ukraine in einem blutigen Bürgerkrieg geopfert,
dessen Ziel nicht die Einheit der Ukraine ist, sondern der Zugang der Nato und der USA zu
Russland. Und ist es blauäugig, die Gefahr eines Nato-Krieges gegen Russland zu sehen, in
den Deutschland dann von der Nato miteinbezogen würde, je nachdem welche
Konstellationen und Provokationen sich noch ergeben. Und wissen wir nicht, dass russische
Bomben dann zuerst auf Deutschland treffen werden, weil alle Kriegshandlungen der USA
von Militärbasen auf deutschem Boden ausgehen? Und wissen wir nicht, dass schnell auch
ein Weltkrieg aus dieser Krise werden kann, der für Europa wirklich der letzte sein wird?
Wir sind aufgerufen, diese Zusammenhänge zu durchschauen, Fakten nachzuschlagen, gegen
die augenblickliche Gehirnwäsche anzulesen und anzudenken, die wahren Brandstifter zu
benennen und unseren Protest gegen Kriegshetze und Kriegsvorbereitungen weithin hörbar
zu machen. Das ist unsere Aufgabe.
Liebe Friedensfreunde und Friedensfreundinnen!
Vergessen wir nicht, dass Deutschland schon einmal Krieg gegen Russland angefangen hat,
an dessen Ende 26 Millionen Russen durch deutsche Schuld gestorben waren.
Deutsche stehen von daher in der Schuld der Russen. Wir haben uns das nur nie klar
gemacht, und die Russen haben ein Schuldbewußtsein nicht eingefordert.
Fordern wir unsere Bundesregierung auf, auf
Kriegsvorbereitungen in der Ukraine hinzuwirken!
einen
sofortigen
Stopp
der
Fordern wir sie auf, in einer internationalen Konferenz eine tragbare politische Lösung für
die Ukraine-Krise zu finden!
Fordern wir die Regierung Merkel /Steinmeier auf, die Sanktionen aufzuheben und zu
einem respektvollen diplomatischen Umgang mit Russland zurückzukehren!
Fordern wir die Medien auf, ihre verunglimpfenden Hetzkampagnen gegen Putin
einzustellen und zu wahrheitsgemäßer neutraler Berichterstattung zurückzukehren!
Frieden für die Ukraine!
Nie wieder Krieg gegen Russland!
Ich danke Euch fürs Zuhören.
Leonore Schröder, 5. April 2015
www.friedenskreis-castrop-rauxel.de