die Violin Guys sind Straßenmusiker

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die Violin Guys sind Straßenmusiker
Musik
Geige soll wieder in werden
Dicht an dicht stehen acht E-Pianos. In einer Vitrine lagern dutzende
Violinen. Das hannoversche Musikfachgeschäft „Musikbrunnen“ ist
vollgestopft und ein wenig chaotisch.
Zusammen mit seinem Bruder Roman Böhmeke arbeitet der 20-jährige Christian Böhmeke im Familienbetrieb. Es ist 16 Uhr an einem Samstag. An der Tür wartet bereits ihr
Freund Paul Krämer. Zu dritt sind sie
„The Violin Guys Reloaded“ und
spielen bekannte Popsongs mit der
Violine auf der Straße.
Am Nachmittag geigen die Jungs
auf der Straße, am Abend sind sie für
einen Auftritt gebucht. Wann genau
der beginnt, weiß keiner. Auf dem
Weg zum Kröpcke macht sich der
21-jährige Paul mit Roman über Christian lustig: „Unser Management ist
schlecht.“ Die Aufgaben in der Band
sind klar verteilt: Christian organisiert, Paul arrangiert Popsongs für die
Violine und Roman macht Werbung
über Facebook und Youtube. Als die
drei am Kröpcke ankommen, wuseln
dort Menschenmassen durcheinander. Den Jungs reicht deren Aufmerksamkeit aber nicht. „Hier sind zu wenig Mädchen. Hier verdienen wir
nichts“, stellt Christian fest.
Auf der Straße musizieren „The
Violin Guys Reloaded“, um auf sich
aufmerksam zu machen. Einige Weltstars wie die Kelly Family oder Mike
Rosenberg alias Passenger starteten
ihre Karriere als Straßenmusiker.
Durch Straßenmusik entdeckt zu werden, sei möglich, aber unwahrscheinlich, meint Oliver Oppermann, einer
der beiden Geschäftsführer des hannoverschen Labels „Magic Mile Music“. Er entdecke neue Künstler durch
Konzertbesuche und Youtube- sowie
Facebookpräsenzen. Außerdem bekomme er von seinen Kontakten immer wieder Bands vorgestellt.
Für Christian ist klar, dass seine
Band jemanden braucht, der professionell mit ihnen arbeitet. Dafür
müsse man allerdings besser sein,
findet Roman. Pauls Ziele sind niedriger angesetzt: „Ich möchte so lange
wie möglich mit der Band Geld ver-
Roman Böhmeke, Paul Krämer und Christian Böhmeke (von links) spielen Popsongs mit der Violine – auf der Straße und auf Feiern.
dienen.“ Hauptberuflich studiert
Paul momentan an der Hochschule
für Musik, Theater und Medien in
Hannover. Auch die anderen beiden
haben einen Plan B: Christian macht
eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann im „Musikbrunnen“, der
19-jährige Roman will nach dem Abitur Geigenbau studieren.
Vor Galeria Kaufhof sind offenbar
genug Mädchen. Dort holen die
Jungs ihre Geigen aus den Instrumentenkoffern. Während des Spielens verständigen sich die drei durch
Blicke, lächeln sich und das Publikum an. Ihre Körper bewegen sich
im Takt der Musik, hin und wieder
schließen sie die Augen. Etwa 30
Menschen sehen ihnen zu. Nach jedem Lied applaudiert das Publikum.
Ihre Musik gefällt aber nicht jedem:
„Der Brezelverkäufer da drüben
droht uns manchmal, das Ordnungsamt zu rufen“, sagt Christian. Tatsächlich müssen Straßenmusiker in
Hannover jede halbe Stunde ihren
Standort um mindestens 100 Meter
verlagern.
Nach eineinhalb Stunden Straßenmusik hat jeder der Jungs knapp 20
Euro verdient. Beim Auftritt heute
Abend wird es wahrscheinlich mehr
sein. Wie viel, wollen die drei allerdings nicht verraten. Im Schnitt haben sie zwei Auftritte im Monat. „Wir
machen aber immer noch gerne Straßenmusik“, sagt Christian. Es ginge
ihnen auch darum, jungen Menschen
zu zeigen, wie schön es sei, Geige zu
spielen. „Klassische Instrumente sind
ja voll out. Wir tun einen guten Teil
daran, dass Geige wieder in wird“,
meint Paul. Damit sind sie nicht alleine. Gibt man auf Youtube „Pop Music
Violin Cover“ ein, erscheinen 322 000
Videos von Menschen, die Popsongs
mit der Violine nachspielen. Den
Durchbruch haben zum Beispiel der
als „Teufelsgeiger“ bekannte David
Garrett und Lindsey Stirling geschafft,
die unter anderem Videospielmusik
covert und ihr Violinenspiel mit Tanzperformances verbindet.
Während der Autofahrt zum Auftritt erzählen die Jungs von ihren Erlebnissen als Straßenmusiker. „Einmal kam eine besoffene Oma vorbei.
Die hat uns zehn Minuten zugehört.
Dann gab sie uns einen Kuss und
steckte jedem zehn Euro in die Hosentasche“, erzählt Christian. Roman
und Paul kichern. Normalerweise
würden eher jüngere Frauen Interesse zeigen. Und zwar durch Zettel im
Violinenkoffer. „Für Roman ist Straßenmusik mehr so eine Kontaktbör-
se“, feixt Paul. Der Jüngste aus der
Gruppe bekomme die meisten Liebesbriefe.
Heute treten „The Violin Guys Reloaded“ im „Lister Turm“ auf. Mit ihren Geigen schreiten Roman, Paul
und Christian in den Saal und spielen dabei „Viva la vida“ von Coldplay.
Nachdem sie das Stück beenden, ertönt tosender Applaus. „Danke, dass
wir hier sein dürfen“, sagt Christian.
„Und danke für den, der als erstes geklatscht hat“, fügt Paul hinzu. Das
Publikum lacht. Während die jungen
Geiger spielen, lauschen die Menschen im Saal aufmerksam. Als sie
ihr letztes Lied ankündigen, rauscht
ein „Oooooh“ durch die Menge. „The
Violin Guys Reloaded“ wissen, was
nun gefragt ist: „Wenn Sie danach
klatschen, gibt es eine Zugabe.“
Text und Fotos: Sarah Franke
Buchtipp
Im Gefühlschaos
Wie wäre eure Reaktion, wenn
die Eltern einen zwingen, mit
seinem Ex-Freund eine Ewigkeit
im Auto zu fahren? Die 17-jährige Courtney aus dem Buch
„Love trip – Bitte nicht den Fahrer küssen“ von Lauren Barnholdt, lässt sich darauf ein und
fährt, wie geplant, über mehrere
Tage mit ihrem Ex-Freund Jordan zu dem College, auf welches
sie beide gehen werden.
Auf dem Weg dorthin gibt es
mehrere Komplikationen, und
es werden viele Geheimnisse
entlüftet, zum Beispiel aus welchem Grund er sich wirklich
von ihr getrennt hat. Angeblich
hat er nämlich eine neue Freun-
din, doch auch Courtney erweckt den Eindruck, sie wäre
jetzt mit ihrem besten Freund
zusammen. Allerdings haben
die beiden noch immer Gefühle
füreinander, was den Leser sehr
in das Geschehen hineinbezieht.
Zudem sind ihre besten Freunde
ebenfalls ein Paar und rufen
ständig bei den beiden an, wodurch sich auch Einblicke in deren Beziehung ergeben.
Nachdem ich die ersten drei
Kapitel gelesen hatte, dachte ich
erst, es wäre schwer, den Faden
der Geschichte nicht zu verlieren, denn es wird abwechselnd
jeweils aus der Sicht von Courtney oder Jordan geschrieben.
Zudem wird aus der Zeit vor
und während des Trips berichtet. Da das Geschehen sehr fesselnd ist, war es leicht der Geschichte zu folgen und der Zusammenhang war gut verständlich. Diese Schreibweise macht
sogar noch neugieriger und erhöht die Spannung.
Abschließend ist zu sagen,
dass ich dieses Jugendbuch allen
Mädchen empfehlen kann, die
gerne Liebesgeschichten lesen.
Ich persönlich fand es jedoch
schade, als ich die letzte Seite gelesen hatte, weil die Geschichte
kein wirklich abgeschlossenes
Ende hat und einige Gespräche
offen blieben.
Roxana Gilster
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Gefühlsverwirrung auf der Autobahn.
Gilster