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Bild: agrarfoto.com
Gentechnisch veränderter Raps gibt es erst seit kurzem. Aber in den USA werden bereits auf rund 80 Prozent der Fläche solche GVO-Sorten angebaut.
Auch Kanada und Australien springen auf den GVO-Zug, während in Europa von allen GVO-Pflanzen nur der Bt-Mais ein zaghaftes Wachstum hat.
GVO boomt in Amerika,
Europa ist vorsichtig
Gentechnisch veränderte Soja, Baumwolle, Mais und Raps werden vor allem
in Amerika grossflächig angebaut. In Europa besteht einzig in einigen wenigen
Ländern für einen GV-Maistyp eine Zulassung. In der Schweiz verbietet
das Gentech-Moratorium den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen.
B
Prozent der weltweiten Anbaufläche
Datenquelle: transgen.de
ereits seit 13 Jahren
wartet die deutsche
Firma «BASF Plant
Science» auf die Zulassung ihrer gentechnisch veränderten
Stärkekartoffel Amflora. Diese ist gentechnisch so verändert, dass sie nicht zwei, sondern nur eine Stärkeart pro-
duziert, nämlich diejenige,
welche
für
industrielle
Zwecke benötigt wird. Im Juli
des vergangenen Jahres hatte
die BASF genug vom Warten:
Sie reichte gegen die EUKommission eine Untätigkeitsklage beim Europäischen
Gericht erster Instanz ein.
100
80
60
40
20
0
Sojabohnen
Baumwolle
konventionell
Mais
Raps
gentechnisch verändert
Anteil der Anbaufläche von konventionellen und GVO-Pflanzen
weltweit: Während bei Soja bereits auf 70 Prozent der Flächen GVOSorten angebaut werden, sind es bei Mais und Raps rund 20 Prozent.
Einer der Gründe für die lange Dauer des Zulassungsverfahrens ist ein Antibiotikaresistenzgen. Dieses wurde
der Kartoffel eingebaut, um
schneller zu erkennen, bei
welchen Pflanzen der gentechnische Eingriff erfolgreich war. Antibiotikaresistenzgene in gentechnisch
veränderten Pflanzen sind
umstritten, da befürchtet
wird, dass die Resistenz auf
Bakterien übergehen könnte
und so resistente Krankheitserreger entstehen könnten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit
(EFSA) entschied nun aber
Ende 2008, dass die Verwendung dieser Gene keine
schädlichen Auswirkungen
auf die Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen und
Umwelt erwarten lässt. Damit
ist einer der letzten Streitpunkte im Rahmen der Zulassung beseitigt. Susanne Benner von BASF Plant Science
hofft, dass das Warten jetzt ein
Ende hat: «Eigentlich müsste
die Kartoffel Amflora nun
endlich zugelassen werden.
Wir erwarten den definitiven
Entscheid jederzeit.» Damit
wäre die Stärkekartoffel die
erste gentechnisch veränderte Kartoffel, die in der EU angebaut werden dürfte.
Soja, Baumwolle, Mais und
Raps als GVO weit verbreitet
Weltweit gesehen haben gentechnisch veränderte Pflanzen bereits einen Siegeszug angetreten (siehe Grafik
links): Fast zehn Prozent der
Ackerfläche der Welt wurden
2008 mit gentechnisch veränderten Pflanzen bebaut.
Quelle: www.transgen.de
28 PFLANZENBAU | Gentechnik
diegrüne | Nr. 23/2009
Mais
15 (3 InsRes, 5 HerbRes, 8 Herb&InsRes)
Raps
2 (HerbRes)
Zuckerrübe
2 (HerbRes)
Kartoffel
1 (veränderte Stärkezusammensetzung, für Non-Food-Bereich)
Baumwolle
2 (1 InsRes, 1 HerbRes)
Nelke
1 (veränderte Blütenfarbe)
Anzahl der eingereichten Dossiers für eine Anbauzulassung in der EU: In Klammern ist jeweils die
Eigenschaft der GVO-Pflanze angegeben. HerbRes bedeutet dabei Herbizidresistenz, InsRes bedeutet Insektenresistenz und Herb&InsRes bedeutet eine kombinierte Herbizid- und Insektenresistenz.
Auch bei anderen Nutzpflanzen setzen die Produzenten
auf Gentechnik:
■ GVO-Baumwolle wird vor
allem in den drei grössten
Baumwollanbauländern USA,
Indien und China angebaut.
Der Anbau beläuft sich auf 66
bis 86 Prozent der jeweiligen
gesamten Anbaufläche. Die
Baumwolle hat ein Bt-Gen gegen Schädlinge eingebaut,
teilweise kombiniert mit einer Herbizidresistenz.
■ Auf 72 Prozent der weltweiten Sojaanbauflächen wachsen GVO-Sojapflanzen. Die
Flächen befinden sich vor allem in Nord- und Südamerika.
Das wichtigste Merkmal ist
die Herbizidresistenz gegen
das Totalherbizid Roundup.
■ GVO-Raps wurde bis anhin
fast nur in den USA und Kanada angebaut auf etwas mehr
als 80 Prozent der dortigen gesamten Rapsfläche. Die Rapspflanzen sind gegen das Totalherbizid Roundup resistent.
Dieses Jahr baute auch Australien erstmals GVO-Raps an.
■ Besonders gross ist die Zunahme der Flächen von GVOZuckerrüben in den USA. Bereits 2009, also im dritten Jahr
nach ihrer Markteinführung,
werden 450 000 ha herbizidtoleranter Zuckerrüben angebaut. Das entspricht 95 Prozent der gesamten Zuckerrübenfläche in den USA.
Nur Bt-Mais ist in wenigen
EU-Ländern zugelassen
In Europa hingegen sind fast
keine gentechnisch veränderten Pflanzen auf den Äckern
zu finden. Denn bis jetzt hat
einzig
ein
Bt-Mais-Typ
(Mon810) die EU-Zulassung
für den Anbau erhalten. Diese
1998 ausgesprochene Zulassung gilt zunächst für alle EUStaaten. Doch Österreich,
Griechenland und Ungarn haben sich bereits von Anfang
an dagegen gewehrt und ein
nationales Anbauverbot aus-
Spanien hat mit Bt-Mais
die meisten GVO-Flächen
Von den europäischen Ländern, die kein nationales Anbauverbot erlassen haben,
baut Spanien am meisten BtMais an. Die Flächen sind seit
dem ersten Anbau im Jahr
1998 stetig gestiegen. Momentan wird auf ungefähr 80 000
ha also rund 20 Prozent der
gesamten spanischen Maisanbaufläche Bt-Mais angebaut. Diese Anbauflächen befinden sich hauptsächlich in
Bild: BASF, Plant Science
GVO-Mais beispielsweise wird
in den USA – dem grössten
Maisproduzenten der Welt –
bereits auf 80 Prozent der
Flächen angebaut. Dies entspricht einer Fläche so gross
wie Deutschland. Innerhalb
eines Jahrzehnts haben die
Produzenten von herkömmlichen Maissorten zu gentechnisch veränderten gewechselt. Diese neue Sorten haben
ein oder mehrere Gene eingebaut, die ihm erlauben, einen
Giftstoff gegen den Maiszünsler und/oder den Maiswurzelbohrer zu produzieren (BtMais).
Auch die Produzenten in Kanada und Argentinien setzen
auf diesen Bt-Mais und bauen
diesen unterdessen auf etwas
über 80 Prozent der Maisflächen an. Einige der Maissorten, die in diesen Ländern
angebaut werden, sind in der
EU und in der Schweiz als Lebens- oder Futtermittel zugelassen (siehe Kasten oben).
gesprochen. Dies ist möglich
dank einem Paragrafen im europäischen
Gentechnikgesetz: Die Behörden können
die Nutzung von gentechnisch veränderten Organismen verbieten, wenn eine berechtigte Annahme für ein Sicherheitsrisiko besteht.
Im Jahr 2008, also zehn Jahre
nach der Zulassung des BtMaises, verbot auch Frankreich den Anbau von Bt-Mais.
Diesen
Frühling
zogen
Deutschland und Luxemburg
ebenfalls mit einem nationalen Anbauverbot nach. Diese
Anbauverbote widersprechen
allerdings den Handelsverträgen mit der WTO, und die EUKommission versucht daher,
die Anbauverbote aufzuheben. Ebenso klagte Monsanto,
der Hersteller des Mon810Mais-Typs, im Jahr 2009 erfolglos gegen das deutsche
Anbauverbot.
Feldversuch mit einer auf Phytophtora anfälligen Pommes-frites-Ausgangssorte (links) und der mittels Gentechnik daraus weiterentwickelten Sorte
(rechts). Die Parzellen wurden künstlich mit Phytophtora-Sporen infiziert. BASF nennt zum jetzigen Zeitpunkt den Namen der Ursprungssorte noch nicht.
Gentechnik | PFLANZENBAU 29
Nr. 23/2009 | diegrüne
Gebieten mit sehr hohen Populationen des Maiszünslers
und der Maiseule. Ohne
Bekämpfung müssten die
Landwirte dort hohe Ertragsausfälle in Kauf nehmen.
Neben Spanien bauten im
Jahr 2008 auch Landwirte in
Tschechien, Rumänien, Portugal, Deutschland, Polen und
der Slowakei Bt-Mais an. Gesamthaft wuchsen im Jahr
2008 Bt-Mais-Pflanzen in der
EU auf einer Fläche von
108 000 Hektaren. Dies entspricht der Fläche des Kantons Uri und etwas mehr als
einem Prozent der Maisanbaufläche der EU.
Im europäischen Sortenkatalog sind unterdessen um die
100 Bt-Mais-Sorten eingeschrieben, die alle das Genkonstrukt MON810 enthalten
und sich für die verschiedensten Anbauregionen eignen.
Die Warteliste von GVO-Pflanzen für eine Zulassung und
den Eintrag im europäischen
Sortenkatalog ist indes lang:
Verschiedene Typen von
GVO-Mais, -Raps, -Zuckerrüben, -Industriekartoffeln und
Baumwolle sowie ein in der
Blütenfarbe veränderter Nelkentyp finden sich auf dieser
Liste (siehe Kasten).
Aufwändige Sicherheitsprüfungen in Europa
Während in Europa bis jetzt
nur ein relativ alter Bt-MaisTyp zugelassen ist, werden –
wie zuvor aufgezeigt – auf dem
amerikanischen Kontinent in
riesigen Ausmass gentechnisch veränderte Pflanzen der
neusten Generation angebaut.
Einer der Gründe für diesen
Unterschied liege im Zulassungsverfahren, meint Franz
Bigler, Leiter der Gruppe Biosicherheit
bei
Agroscope
Reckenholz-Tänikon (ART).
«Die Sicherheitsprüfungen für
eine Zulassung in der EU sind
extrem aufwändig, und die
EU-Länder sind sich kaum je
einig, ob und welche Risiken
es beim kommerziellen Anbau von GVO-Pflanzen gibt.
Dies, weil die Prüfverfahren
und Anforderungen an die Sicherheit der GVO-Pflanzen in
der EU nicht klar sind und das
Gentechnikgesetz zudem einen grossen Interpretationsspielraum offen lässt.»
In den USA dagegen seien die
Prozesse der Risikobewertung
relativ klar geregelt. «Zudem
dürfen in den USA die Experten, welche die eingereichten
Dokumente prüfen, mit dem
Hersteller der Pflanze in
direkten Kontakt treten, um
wissenschaftliche Fragen zu
klären. Dies ist den Experten
der europäischen Zulassungsbehörde nicht erlaubt, da befürchtet wird, dass sonst die
Unbefangenheit nicht mehr
gewährleistet ist.» Das verunmögliche manchmal klärende
Diskussionen bei einer wissenschaftlichen Frage und
verlangsame damit das Zulassungsverfahren.
Wenn die europäische Zulassungsbehörde alle sicherheitsrelevanten Dokumente erhalten und geprüft hat, muss die
GVO-Pflanze von der EU-Kommission zugelassen werden.
Oft kommt dort aber kein Entscheid zustande, so dass sich
das Verfahren nochmals verzögert. «Das System in den
USA ist viel pragmatischer
und professioneller und dadurch auch schneller», ergänzt Franz Bigler. «In Europa
hingegen ist die Zulassung
sehr zeitaufwändig und damit
kostenintensiv für die Hersteller der Pflanzen. Deshalb
konzentrieren sich die grossen Entwickler und Hersteller
von GVO-Pflanzen auf andere
grosse Märkte, wie die USA,
Kanada, Brasilien und Argentinien.»
Phytophtora-resistente
Kartoffel wartet im Labor
Auffallend ist, dass weltweit
bis jetzt für typische Nahrungsmittel wie Weizen, Reis
oder Kartoffeln noch keine
gentechnisch
veränderten
Sorten zugelassen sind. Dies
könnte sich allerdings in Eu-
Aktuelle Situation in der Schweiz
Die Zulassungen und Importmengen für GVO-Lebens- und Futtermittel
in der Schweiz sind auf folgendem Stand:
Anbau:
Keine Sorte bewilligt.
Feldversuche:
Ein Feldversuch mit gentechnisch verändertem Weizen ist im Rahmen
des nationalen Forschungsprogramms 59 (NFP 59) bei Agroscope
Reckenholz-Tänikon und Agroscope Changins-Wädenswil erlaubt.
Lebensmittel:
■ In der Schweiz sind zurzeit eine Sojalinie (Roundup-Resistenz), drei
Bt-Maislinien, zwei Vitamine und zwei Labfermente zur Verwendung
in Lebensmitteln bewilligt.
■ Jährlich werden einige wenige 100 Kilogramm Lebensmittel importiert, die als «gentechnisch verändert» deklariert sind. Eine Deklaration ist nötig, wenn das Lebensmittel mehr als 0,9% gentechnisch
veränderte Bestandteile enthält.
Futtermittel:
■ Zugelassen sind eine Sojalinie (Roundup-Resistenz), drei Bt-Maislinien sowie alle in der EU zugelassenen Maiskleber, Maiskleberfutter, Maisspindelmehl, Sojaextraktionsschrot und Sojakuchen.
■ Im Jahr 2008 wurden in die Schweiz erstmals keine GVO-Futtermittel importiert. In den Jahren zuvor wurden von den gesamten importierten Futtermitteln zwischen 0,01 und 0,5% GVO-Futtermittel
importiert. Enthält ein Futtermittel mehr 0,9% GVO-Bestandteile,
muss es als «gentechnisch verändert» deklariert werden.
ropa in den nächsten Jahren
ändern. Eine krankheitsresistente Kartoffel sollte in den
nächsten Jahren auf den europäischen Markt kommen:
Sie ist resistent gegen die
Krautund
Knollenfäule
(Phytophtora).
Hergestellt
wurde die Kartoffel wie bereits schon die Stärkekartoffel
von der Firma «BASF Plant
Science». Dazu wurden einer
europäischen Kartoffelsorte
zwei Gene aus Wildkartoffeln
eingepflanzt, welche die Kartoffel resistent gegen die
Krautund
Knollenfäule
macht. Susanne Benner von
der BASF Deutschland ist zuversichtlich: «Unsere Feldversuche zeigen, dass die Kartoffel gegenüber Phytophtora
tatsächlich resistent ist. Wir
erhoffen uns eine Zulassung
für die europäischen Ländern
ab dem Jahr 2014.»
In der Schweiz haben die
Stimmberechtigten im November 2005 ein Gentech-Moratorium beschlossen. Während dreier Jahre ist der An-
bau von GVO-Pflanzen verboten, abgesehen von den wissenschaftlichen Versuchen im
Rahmen des nationalen Forschungsprogramms NFP 59.
Die politischen Zeichen deuten darauf hin, dass das Moratorium um weitere drei Jahre,
also bis ins Jahr 2013 verlängert wird. Dann werden auch
die Ergebnisse von laufenden
Studien bekannt sein.
Die Kommission des Ständerats hat Anfang Oktober eine
entsprechende Änderung des
Gentechnikgesetzes
gutgeheissen und folgt damit der
Botschaft des Bundesrats.
Nun müssen noch Ständerat
und Nationalrat entscheiden.
Es ist aber anzunehmen, dass
auch diese zustimmen werden. Somit wird die Schweiz
voraussichtlich zumindest bis
ins Jahr 2013 landwirtschaftlich eine gentechnikfreie
Zone bleiben.
| Claudia Frick
Die Autorin ist freie Mitarbeiterin der
«grünen» und ist Inhaberin des Büros
Sciencetext.